Aichtamtsliches. Dentsches Reich.
Preußen. Berlin, 18 Juli. Für den Lauf der kurzen Verjährung aus 5. 1 des Preußischen Gesetzes vom 31. März 1838 ist es, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 21. Mai d. J., leichgültig, ob und wann die Rechnung über die ge⸗ ieferten Arbeiten und Waaren dem Schuldner zugestellt worden, auch wird der Beginn des Laufes der Verjährung durch die Verzögerung der Abnahme der Arbeiten, welche die Forderungen verursacht haben, von Seiten des Schuldners nicht aufgehalten.
— Der Kaiserliche Gesandte in Bukarest, Wirkliche Ge⸗ heime Legations-Rath Dr. Busch, hat einen ihm bewilligten Urlaub angetreten Während der Dauer seiner Abwesenheit fungirt der Legations⸗Sekretär Graf von Wallwitz als interimistischer Geschäftsträger.
— Der hiesige Großherzoglich badische Gesandte, Frei⸗ herr von Marschall, hat einen ihm bewilligten Urlaub angetreten.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 17. Juli. (Weim. Ztg.) Das heute früh ausgegebene Bulletin über das Befinden Ihrer Hoheit der Prinzessin Elisahbeth lautet:
»„Prinzessin haben eine gute Nacht gehabt; der Puls hat sich weiter gehoben auf 73. Günstiger Fortschritt der Rekonvalescenz. Temperatur 36. Dr. Pfeiffer.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 15. Juli. (rg. Abdbl.) Im Ackerbau-⸗Ministerium wurde gestern eine Enquete eröffnet, welche bestimmt ist, einen von der Regierung als Substrat vorgelegten Gesetzentwurf über die Bruderlade⸗ Reform zu begutachten.
Pola, 16. Juli. (Wien. Itg.) Die diesjährigen Flotten⸗ manöver fanden mit dem gestrigen Tage ihren Abschluß. Nachdem am 14. d. M. mit einer Rekapitulation der sämmt—⸗ lichen, von der Uebungsescadre durchgeführten Evolutionen be— gonnen worden war, nahm Vize-Admiral Baron Sterneck die Schlußmanöver unter eigenem Kommando durch. Die der diesjährigen Panzerescadre eigenthümliche Exaktheit im Manövriren bewährte sich auch an diesem Tage in glän⸗ zender Weise. Die schwierigsten Divisions-Evolutionen wur— den mit Leichtigkeit vollführt, sodaß das Signal des Marine—⸗ Kommandanten „Man belobt die Manöver“ als wohlverdiente Anerkennung vom Topp des „Greif“ wehen konnte.
Schweiz. Bern, 17. Juli. (W. T. B.) Der Bunde s⸗ rath hat beschlossen, zu dem Kongreß, welcher, anläßlich der fünfzigjährigen Feier der Eröffnung der belgischen Eisenbahnen, in Brüssel, am 8. August d. I, zur Prüfung der Verbesserungen der im Bau begriffenen und im Betriebe befindlichen Eisenbahnen zusammentritt, eine Vertretung abzuordnen.
Belgien. Brüssel, 16. Juli. (Wes.-3tg.) Die Deputir⸗ tenkammer nahm gestern nach stürmischer Debatte die 15prozen⸗ tige Zuschlagssteuer auf auswärtigen Zucker an. — Die Kammer beschloß ferner das von dem früheren liberalen Mi⸗ nisterium herrührende Gesetz über die Reform der Sittenpolizei zu berathen und am kommenden Mittwoch mit den Berathun— gen über das neue Wahlgesetz in den Abtheilungen zu
beginnen.
— 1 7 . teten, kammer legte der Minister der Eisenbahnen, Posten und Telegraphen, van den Peerebom, einen Gesetz— entwurf vor über die Rückzahlung oder Kon⸗ vertirung der Obligationen der von dem bel— gischen Staate zurückgekauften Großen Luxemburgi— schen Eisen bahn. Die Obligationen von 500 Fr. sollen mit 625 Fr. eingelöst werden. Die Inhaber können die Obligationen gegen Titres einer neuen Ausgabe der 31½pro— zentigen belgischen Rente eintauschen.
Großbritannien und Irland. Lon don, 16. Juli. (A. C.) Die Königin inspizirte gestern in Osborne die aus dem Sudan zurückgekehrten Mannschaften des schweren Kameelcorps.
— 17. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Unter⸗-Staatssekretär des Aeußeren, Bourke, daß die Regierung ihr Möglichstes thun werde, um die baldige Emission der beabsichtigten egyptischen An— leihe herbeizuführen. Die bezüglichen Unterhandlungen seien noch im Gange. — Der Kanzler der Schatzkammer, Hicks-Beach, theilte mit, daß in Betreff Afghanistans keine weiteren Nachrichten eingegangen seien. Sodann trat das Haus in die Berathung über den Antrag Parnells: eine Untersuchung anzu⸗ stellen über die Verwaltung und die Handhabung der Ausnahmegesetze in Irland von Seiten des srü— heren Vizekönigs Spencer. Der Kanzler der Schatzkammer, Hicks -Beach, erklärte: der jetzige Vize— könig von Irland, Carnavon, sei bereit, jeden Fall be— züglich der Anwendung der Ausnahmegesetze, welcher ihm schriftlich unterbreitet werde, persönlich sorgfältig zu unter⸗ suchen; die Regierung könne aber in die von Parnell be⸗ antragte Untersuchung nicht willigen. Parnell wollte hierauf seinen Antrag zurückziehen, das Haus bestand aber auf der Berathung desselben und lehnte denselben schließlich ohne besondere Ahstimmung ab.
Im Oberhause theilte der Lord⸗Geheim-Siegelbewahrer, Earlof Harrowby, mit, daß die Regierung mit der Prüfung des Vertheidigungszustandes der Küste und der Handelshäfen Englands beschäftigt sei, und hoffe, bald eine hierauf bezügliche Erklärung abgeben zu können. Die lokalen Bestrebungen würde sie durch Torpedoboote und Kanonenboote unterstützen. Der Zustand der Flotte sei ebenfalls der Gegenstand sorgfältiger Erwägungen, um Verbesserungen herbeizuführen. Die Regierung hoffe, durch solche Maßnahmen den Frieden am Besten zu sichern. Die Regierungsvorlage, nach welcher der Verkauf von Pachtgütern an Pächter in Irland dadurch erleichtert werden soll, daß der Staat den Pächtern den ge⸗ sammten Kaufschilling gegen 4 Prozent Zinsen vor— streckt, wurde in erster Lesung angenommen.
Der erste Lord der Admiralität, Lord Hamilton, äußerte heute bei dem Empfange einer Deputation der Londoner City unter Führung des Lordmayors, daß die
größeren Anzahl von Torpedos zu verbessern beabsichtige. — 18. Juli. (B. T. B) Der Gesandte Morier ist von Madrid hier angekommen und geht unverzüglich nach St. Petersburg zur Uebernahme der dortigen britischen Botschaft, während Thornton sich sofort als Botschafter bei der Pforte nach Kon stantinopel begiebt.
Frankreich. Paris, 16. Juli. (Fr. Corr) Der Kriegs-Minister hat gestern die Räumung des Lagers von Pas⸗-des-Lanciers und die Auflösung der Reserve⸗ Division angeordnet Die Regimenter kehren direkt in ihre Garnisonen zurück, doch werden sie daselbst zuvor in isolirten Gebäuden und in Baracken untergebracht werden. Nach dem Bericht des General-Arztes Decliot beläuft sich die Gesammt⸗ zahl der Typhuskranken auf 17658; der Bericht bemerkt jedoch zugleich, daß der Zustand der in den Hospitälern von Marseille, Avignon, Aix und Tarascon vertheilten Kranken wenig Beunruhigung einflöße.
Der General Chagrin de Saint-Hilaire, Com⸗ mandeur der 27. Infanterie⸗Division in Grenoble, ist auf seinen Antrag zur Disposition gestellt worden. Es hängt dies mit einem Vorfall zusammen, der sich am Tage des Nationalfestes in Grenoble ereignete. Die „von Irrsinn befallen“ Frau des Generals riß nämlich plötzlich unter dem Geschrei: „Nieder mit der Republik!“ die auf der Komman⸗ dantur ausgesteckten Fahnen in Fetzen und erregte damit einen ebenso peinlichen wie stürmischen Volksauflauf.
Der Kriegs-Minister hat von dem General de Courchy nachstehende Depesche aus Hus, vom 15. Juli Abends, erhalten:
„Ich bin so (glücklich, Ihnen mitiheilen zu können, daß alle Prinzen von Geblüt zurückgekehrt und auf der französischen Gesandtschaft versammelt sind. Die Königliche Familie bat bis zur Rückkehr des Königs Thor-Uan den Onkel des Königs, Ten Duc, als alleinigen Regenten bezeichnet. Die Prinzen werden sich in ihren Prꝛivatbesitzungen einrichten; die Königin—⸗ Mutter, die morgen mit den Königinnen zurückkehrt, wird den Palast des Grabdenkmals von Ten⸗Duc bewohnen Der Co-Mat (Geheime Rath) wurde mit den uns nicht feindlichen Ministern reformirt, denen eine gewisse Anzahl hoher Beamter, unseren Anhängern ent— nommen, beigesellt worden sind. Das in meine Hände über— gebene Kriegs-Ministerium wurde von mir Herrn de Champeaux, unserem Residenten in Hus, anvertraut. Morgen wird von dem neuen Regenten eine Proklamation erlassen werden Sie wird allen Beamten in Annam und Tongking befehlen, daß sie die Ruhe wieder herzustellen, die Plüünderer und Aufrührer zu bestrafen und die fran zösische Armee mit allen möglichen Mitteln zu unterstützen haben. Thu Jet ist in der Citadelle von Cam⸗Lo: er hat nur noch 1500 Mann mit sich. Der Gesundheitszustand ist ein ausgezeichneter. Die Trup⸗ pen erbolen sich von ihren ermüdenden Anstrengungen.“
Der „Temps“ schreibt zu den Vorgängen in Annam: Unsere Angelegenheiten in Annam nehmen eine günstige Wen— dung. Einerseits ist der Prinz Thu Jet von der Mehrzahl seiner Leute verlafsen worden und hat in Cam Lo nur unbedeutende Streit- kräfte um sich; andererseits hat die Königliche Familie nicht lange ge zögert, von der Erlaubniß, die ihr General de Courey gab, Gebrauch zu machen, und ist nach Hus zurückgekehrt. Obgleich der junge König noch immer Gefangener in Cam Lo ist, erscheint uns die Lösung dieser Annam ·˖ Affaire befriedigen Die Annexien des Landes war in jeder Hinsicht unmöglich.“ Sie hätte uns diplomatische Rekla— mationen zugezogen und sicherli b große Verwaltung schwierig⸗ kelten geschaffen. Annan ist gegenwärtig ein Land ohne Werth; wir haben ihin in weniger als einem Vierteljahrhundert seine zwei reichsten Provinzen, seine Reiskammern, genommen: Cochinchina 1861 und Tongking in den letzten Jahren. Das Beste also, was wir thun können, ist, einen modus vivendi herzustellen, der uns Gewalt über das Mandarinenthum giebt, und nach und nach das annamitische Volk zu uns herüber zu ziehen, da dieses sehr gut den Wohlstand erkennt, welchen wir nach Cochinchina gebracht haben, wo Ackerbau und Handel seit unserer Okkupanion in einer Wöse prosperiren, wie man sie unter der Herrschaft von Hus nicht kannte. Auch müssen wir nur wenig Beamte in Annam lassen. Uebrigens wären wir auch sehr in Verlegenheit, Viele dorthin zu schicken, denn die erste Bedin gung, um daselbst wirkliche Dienste zu leisten, ist. annamitisch zu sprechen, und wir haben nicht viele Landsleute, die dies verstehen. Erobern ist nicht Alles, man muß auch regieren können. Man wird aber nur dahin gelangen, Tongking wirklich zu pacificiren, wenn man es weise verwaltet, und man wird dies erst erreichen, wenn die euro— päischen Beamten in direktem Verkehr mit den Bevölkerungen sein werden obne die Vermitilung von eingeborenen Dolmetschern, die uns fast immer täuschen und ihre Stellung benutzen, um ihre Lands leute auszubeuten, die sonach meinen, daß unsere Herrschaft nichts ge— ändert hat, und daß das Regime der Franzosen kaum mehr werth ist als das der Mandarine.“ .
Die lateinische Münzkonferenz wird nach mehreren Vertagungen nunmehr am 20. d, in Paris zusammentreten. — . 17. Juli. (W. T. B.) Die Deputirten kammer genehmigte heute den Gesetzentwurf, durch welchen die Regierung ermächtigt wird, die Eingangszölle auf rumänische Produkte zu erhöhen. — Im weiteren Verlauf der Sitzung beschloß die Kammer, da sie die Mittel, um den Ertrag des Papierzolls zu ersetzen, nicht für aus— reichend erachtet, die Aufhebung des Papierzolls bis zum 1. Dezember 1886 zu verschieben, und nahm sodann das Budget im Ganzen an.
Wie es heißt, wird der Senat die Berathung des Budgets am 27. d. M. beginnen. Die Kammern würden somit nicht vor Ansang August auseinandergehen können. Die Zeitungen schließen hieraus, daß die allgemeinen Wahlen nicht vor Ende September stattfinden werden.
Ein Telegramm des Generals de Courcy, von gestern, meldet, daß derselbe sich nach Haiphong zu einer Besprechung mit den Divisions-Generalen begeben und sodann bei der Rückkehr nach Hus die Häfen von Annam be— sichtigen werde.
Italten. Rom, 17. Juli. (W. T. B.) Der Pap st empfing heute den ehemaligen Erzbischof von Köln, Melchers, in besonderer Audienz.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 17. Juli. (W. T. B. Das „Journal de St. Pétersbou rg“ äußert sich über die Sen sationsnachrichten in der ausländischen Presse und sagt: Nach den Londoner Depeschen soll eine gewisse militärische Thätigkeit unter den Afghanen in den westlichen Distrikten, namentlich in der Richtung auf Herat, herrschen; ein Londoner Telegramm spricht auch von Verstärkungen der russischen Truppen in der Rich— tung auf Zulficar. Wir sind in der Lage, zu erklären, daß, wenn einige Bewegungen der russischen Truppen statt— gefunden haben, diese ganz unbedeutend gewesen sind. Jeden— falls ist die russische Regierung fest entschlossen, Nichts zu thun, was das Resultat der schwebenden Verhandlungen kom— promittiren könnte. Die öffentliche Meinung möge sich nicht durch haltlose Gerüchte beunruhigen lassen. Wir selbst messen den Diatriben gewisser Blätter in der saison morte
Regierung die Marine durch eine neue Klassi-!
6
fizirung der Panzerschiffe und durch Anschaffung einer
Afrika. Egypten. Kairo, 15. Juli. (Allg. Corr) Dem Gerücht, daß der Mahdi todt sei, wird von den hiesigen Arabern der besseren Klasse allgemein Glauben beigemessen. — Hussein Pascha Khalifa meldet, daß Lupton Ben
und die unter seinem Befehl stehende Garnison in Senaar angekommen sind. — Die Hungersnoth in Kordofan nimmt fürchterliche Dimensionen an. Auch in
Khartum herrscht großer Mangel an Lebensmitteln. — Ein Vormarsch der Rebellen gegen Dongola wird nicht vor Monaten erwartet.
Zeitungsstimmen.
Aus den Kreisen der Eisen⸗ und Stahlindustrie ist dem Handelstheil der „Kölnischen Zeitung“ die folgende Mit— theilung zugegangen:
Am 13. Juli hat bei der italienischen Regierung in Rom die dritte entscheidende Verhandlung in Betreff des schon mehrfach be— sprochenen großen Lteferungsgeschäfts von 18950 t Stahlschienen stattgehabt. Zu dieser Verhandlung waren zwei Angebote eingereicht worden, eins von dem der Vereinigung der Schienenwaljwerke nicht an— gehörenden englischen Werk Steel Tozer und Peech mit einem weiteren Abgebot von 1,‚7950o, das andere von den vereinigten Werken mit einem solchen von 266 0so; letztere sind also, wenn auch mit großen Opfern, Ersteher geblieben, denn der verbleibende Preis übersteigt die vor Bestehen der Vereinigung erzielten Preise nur unwesentlich Deutschland ist an obigem Geschäft mit rund S000 t betbeiligt, welche den Werken Bochumer Gußstahl ⸗Verein, Phönir“ und Eisen. und Stahlwerk Hösch zufallen. Außerdem sind den deutschen Werken in letzter Zeit? noch mehrfach Schienenaufträge vom Auslande ge worden, so u. A. der Firma Krupp 10400 t für die südaustralische Regierung und zwar zu Preisen, welche im Gegensatz zu dem italie— nischen Geschäft nichts zu wünschen übrig lassen.“
Die „Deutsche volkswirthschaftliche spondenz“ knüpft hieran folgende Bemerkungen:
Beide Geschäfisabschlüsse sprechen an sich für die Anerkennung,
welche die Leistungsfähigkeit der deutschen Eisen- und Stahlindustrie sich im Auslande erworben hat. Es treten außerdem in jedem Fall noch einige besondere Momente hinzu, welche, wenn vorurtbeilslos betrachtet, dazu beitragen, die Strebsamkeit unserer Industriellen, sowie die Vortbeile, welche die Industrie den Arbeitern verschafft, selbst unter ungünstigen Umständen, ins rechte Licht zu stellen. Bei dem italienischen Geschäft hatte die deutsche Bewerbung nicht nur eine starke, sondern auch eine energische Konkurrenz zu hekämpfen, die ihrerseits entschlossen war, sich mit einem geringen Gewinn zu begnügen. Wenn es der deutschen Offerte dennoch gelang, sich geltend zu machen, so liegt das an der vorzüglichen Leistungsfäbigkeit der⸗ selben, an der günstigen Meinung, welche für sie im Ausland besteht, und an der Bereitwilligkeit der Industrie, selbst für geringen — eventuell sogar ohne Gewinn — zu arbeiten, im Hinblick auf die wirthschaftlichen Nachtheile, welche ein Beharren auf den als ange— messen erachteten Preisen nach sich ziehen könnte. Wir glauben aber hier an einen ungerechten und der Parteisucht entsprungenen Vor— wurf erinnern zu sollen, welchen unversöhnliche manchesterliche Blätter in den letzten Wochen speziell gegen die Eisen. und Stahl— industrie gerichtet hatten. Als damals der Bericht des „Vereins deutscher CEisen⸗ und Stahl ⸗Industrieller‘ erschien, griff namentlich das „Berliner Tageblatt“ die Ziffern desselben heftig an und wollte darin den Beweis sehen, daß entweder 1) die Industrie keine Zölle gebrauche oder ?) sie benutze die Zölle, um im Inland theurer zu liefern als im Ausland. Was den ersten Punkt angeht, so wissen wir alle nur zu gut, was der Freihandel aus der deutschen Eisen und Stabl— industrie gemacht batte. .. Glücklicherweise war Fürst Bismarck anderer Ansicht und seiner Hülfe verdankt es die Industrie, wenn sie heut in Italien und Australien, wie auf dem ganzen Erdball mit der einst so übermäch⸗ tigen englischen Industrie in die Schranken treten kann. Daß die Zölle nöthig waren, um der Industrie Zeit zum Wachsen zu geben, darüber sollte man doch heute gar nicht mehr ernsthaft diekutiren dürfen. Ist man doch selbst in England, der Hochburg des Frei— handels, dem Gedanken nahe gekommen, daß sützende Zölle unter Umständen doch sehr wirksame Waffen sind. Was aber den andern Vorwurf angeht, daß die Industrie die Zölle benutze, um dem Inland theurer als dem Aus— land zu verkaufen, so ist zu bemerken, daß die Industrie im Ausland der Konkurrenz des Auslandes gegenübersteht. Es ist ihre Aufgabe, die fremde Konkurrenz im Auslande möglichst zu verdrängen und des halb steht ihr auch das volle Recht zu, dort unter die heimischen Preise zu gehen. Denn der heimische Markt ist glücklicherweise ge— schützt; der deutsche Arbeiter braucht nicht zu feiern; was die Induftrie verdient, davon bekommt er sein redlich Theil. Gelingt es aber der deutschen Industrie, den Markt des Auslands zu erobern, so hat auch der Arbeiter zu Hause Vortheil davon. Es liegt also aar kein Grund vor, der Industrie einen Vorwurf zu machen, wenn sie einmal im Ausland billiger liefert, als auf dem heimischen Markt.
Corre⸗
Gentralblgtt für da Beutihe Reich, Me 209. Inhalt: Konsulatwesen: Ernennungen; Exequatur⸗Ertheilungen; Ermächtigung zur Vornahme von Ciyvilstands - Akten. Bank⸗ Wesen: Status der deutschen Notenbanken Ende Juni 1885. Zoll und Steuerwesen: Veränderungen in dem Stande oder den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen; — Maßregeln jur Ausfüh— rung des Gesetzes wegen Abänderung des Zolltgrifgesetzes. — Pol izei⸗ wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Justiz ·Ministerial ⸗Blatt. Nr. 29. Inhalt: Allge⸗ meine Verfügung vom 2. Juli 1885, betreffend die Erhaltung der Uebereinstimmung zwischen den Grundbüchern und dem Steuerkataster. Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 17. — Inhalt: Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten: 49. vom 9. Juli 1885, betr. Ausführung des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 (R. G. Bl. S. 69). — Nachrichten. Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 29. — In—⸗ halt. Amtliches: Personal⸗Nachrichten. — Ertheilung von Reise— prämien an Regierunge⸗Baumeister und Regierungs⸗Bauführer in Preußen. — Nichtamtliches: Das Piasten-Schloh in Oels. — Die Festigkeit und Tragfähigkeit des Eises. — Verschiebung eines Leucht- thurmes. — Die Reinigung der Seine und die Entwässerung von Paris. — Die Welt⸗Ausstellung in New-⸗Orleans 1884/85. — Ver— mischtes: Physitalisches Institut der Universität in Bonn. Wiener Arkadenhäuser. — Niederlegung eines Fabrikschornsteins. — Verein deutscher. Ingenieure. Römische Brücke über den Trent bei South Collingham, Nottinghamshire. — Baurath Dittmar J.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Von dem gestern publiziten Gesetz, betreffend die Pensio—. nirung der Lebrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volks schulen, vom 6. Juli 1885, ist ein Separatabdruck erschienen, welker von der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt. . Wilhelmstraße 32, zum Preise von 25 zu be— ziehen ist.
— Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Povinz Posen. Redigirt von Dr. B. Endrulat, Königlichem Staats -⸗Archivar. J. Jahrgang, 1. Heft. (Posen. In Kom mission bei Joseph Jolowicz, 1885.)
»Ein günstiges Gestirn hat der Gründung der Historischen
keine Bedeutung bei.
sind verflossen,
Gesellschaft für die Provinz Posen geleuchtet. Erst wenige Monate Zahl von Geschichtsfreunden
seitdem eine kleine
ee e nn, e
1 . ö. .
253
.
‚ ö 3 J . . . 1 . . .
3 8 .
. ö
,,
.
der Stadt Posen ihre
s Pflege — 2 Förderung
in h ovinz der P⸗ el tant it einer Lien der kõchstgestellten Dem glänzenden een . sellscha er e ennen. welches die deutsamen Stellen außerhalb ee. Herrn Minister der paste Zuh'endung zut Förde
Beamten
be dieser Zeitschrift; der Herr Direktor der Staatsarchive raue gare en ie Lr. hib io het und? die vorerst Posen unterzubringen,
estattet, 6 *. der Gesellschaft lichen Staat archiyẽ zu der Akademien und wissen seiner Nachbarländer, die haben, mit unserer Gesellscha schon beute eine höchst erfreu Redacteur und Gesellschaft ein.
gegründ eten
ere Aufhellung und Bearbeitung der neueren Geschichte der Provinz 1 6. 1793 an, dann aber auch der älteren polnischen der allgemeinen Landes und Volkskunde, der Literatur-
ofen, von 1772 it!
schichte. Sprachwissenschaft,
d Aufnabme der historischen Denkmãler der Provinz, die Samm⸗ ö. . und geschichtlicher Alterthümer, behufs Bildung eines Provinz ialmuseums, und der Erwerb von Urkunden und Doku Geschichte der Proxinz.
Gesellschaft führt sich mit dem Inbalt des
menten zur Gesch Die Zeitschrift der
vorliegenden ersten Hefts viel versprechend ein.
dem vorerwäbnten einführend
rchiv-Assistenten Dr. Adolf Warschauer in Posen, über die ,, J. dieser Stadt, welche noch nicht abge— schlossen ist, und den ersten Theil einer anderen von Dr. Max Beheim⸗ in Ostrau bei Filehne, betitelt „Aus südpreußischer dieser Ueberschrift versteht der Verfasser die 14 Jabre don 1795 bis 1807, während welcher die früher polnischen Lander. die zweite Theilung Polens an die Hohenzollern gefallen waren, bis zum Tilsiter Frieden unter preußischer Verwaltung blieben. Eine fehr interessante literargeschichtliche Publikation ist das vom Prof. Br. R. Jonas nach einer Hankschrift im Königlichen Staats archiv berausgegebene deutsche kleine Drama ist in gereimten eine nicht undeträchtliche Anzahl guter
mittelalterlichen
Schwarzbach at ner
die durch
scheint dem 17. Jahrhundert a die Dichter
steine' an den Pfarrkirchen witz, von dem Gymnasial⸗ Sammlung osen, von — el mn nf finden wir Grafen Colonna.Walewefi: Müͤnzstätten. 16588 bis 1624 Zeitschrift für polnische beide (von münster verfaßt) — Die
für
Passencamp in Ostrau). —
sber die bisher abgehaltenen Sitzungen,
J.
Sitzung am 5. März d.
selben gehaltenen Vorträge:
Bau. und Kunstdenkmäler
Über „Siegelabbildungen mit besonderer
vinz Posen“; vom Ober⸗Lan auf
Referate gegeben. Am Ende des He Gesellschaft veröffentlicht.
sitzen der;
vertretender Schriftführer;
als Kassenwart; ferner die Herren
Marien⸗Gymnasiums; Nöt
Wilbelmẽé⸗Gymnasiums, und Perkuhn, Regierung Rath. der Mitglieder beirug am 24. Juni d. J.
mitgetheilte Verzeichniß de
welche bisher mit der Historischen Gesellschaft in Schriften ⸗Austausch
getreten sind, ist schon recht eingegangenen i. liche Alterthümer sind dem
Grundstock zu dem für spätere Zeit in Provinzial Museum bilden. Zwecke des Vereins förderliche Zugabe, händler und Antiquar Joseph Jolowicz in
in Kommission genommen) bildet die Bibliographie d
Provinz Pofen und die Nachbarländer.
immer den Zeitraum der drei
dos Wichtigste der erschienenen bezüglichen Publikationen registriren. — Die gut ausgestattete Zeitschrift
lung zum Preise von 8 „t — Von der Beschre
Olympia ausgegrabenen Bildwerke“,
verwaltung der Königlichen sechste Abdruck zur Ausgabe Spemann hierselbst“).
Veterinärwesen. . euche des Rindvlebs ist in den Vereinigten
Die Lungens Staaten von Amerika for
wärtig werden schon die Staaten Conn? cticut, New⸗ Delaware, Maryl
g n in nn d Indian ·Territorium West. Virginsa, Tennessee, Indiana, Arkan as und Indian. Terri ) mithin er mii für die Viehzucht in Betracht kommenden Staaten und ea en. Texas , verdächtig betrachtet. Die größten Verheerungen scheint Tie ttelhhh in i un verursacht zu haben, woselbst die Entwerthung des ö. bestandes in Folge der Seuche auf mehr als eine Million Dollar
vanien, New. Jersev, Columbia, Illinois,
östlich vom 950 W. L.,
geschätzt wird.
Gewerbe und Handel.
Der Vorstand der 3 in dem Geschäftsbericht pr
Jahre hindurch über gute, ja selbst richtet werden konnte, ist für das
schlechtes Ergebniß zu ver Jahretz haben außer den. ungünstige Thatsachen mit
die Zuckerfabrik, deren Betrieb anstatt des S ergeben
Verlust von 12819 gangenen Jahre erzielten,
des hist orischen Sinnes der deutschen Einwohner
zusammenutreten, Anzabl von über 300 Mitaliedern, die den besten Provinz angehören und an deren Spitze wir den derselben Beweise bierdurch dem Gedanken der Gründung unserer Theil geworden, entsprach das überaus freundliche
der Grenzen des Deutschen Reiches gefunden. So verdanken
erste stellvertretende Vorsitzende seinen dem 1. Heft der JZeitschrift vorangeschickten Aufsatz über die Aufgaben der neu⸗
der sogenannten ersten Schlesischen Dichterschule, burlesken Scenen athmen einen gesunden, bisweilen recht kräftigen Humor. — Dann ffolgt eine archäologische Untersuchung über die Naäͤpfchen⸗
von Volkssagen und Erzählungen aus der Provin; dem Gymnasiallehrer Otto Knoop in
dem Gymnasiallehrer
„‚Fundchronik“ berichtet u. a. über einen i é fund, k Raschkow beim Bau der dortigen katbolischen Kirche gemacht worden ist (erstattet
Posens Verbältnisse im Jahre Kurtzmann, über „Bibliotheken des
efts wird das Verzeichniß der Mitglieder der 6h Den Vorstand derselben bilden: der Ober— Präsident, Wirkliche Geheime Rath von Guenther, als Vorsitzender; der Staats- Archivar Br. Endrulat, als erster stellvertretender Vor⸗ der Ober Regierungs Rath Gaeh der Vorsitzender; der Archiv. Assistent Dr. Ehrenberg, ) der Regierungs, und Schulrath Skladnyn als Bibliothekar und stell⸗
Schriften schließt sich an.
gleichgesinnten Mitbürger einlud, mit
ihrer bistorischen Interessen zu einer und heute ist diese Gesellschaft
erblicken,
fest Billigung
und
begründet.
von Aufmun·
neubegründete Gesellschaft an vielen be⸗ unserer Provinz, ja vielfach sogar jen⸗
geistlichen z. Angelegenheiten eine nam⸗ tung unserer Zwecke, insbesondere zur
wissenschaftlichen Samm⸗ in den Räumen des König⸗ und die Zahl schaftlichen Vereine Deutschlands und ihre Bereitwilligkeit ausgesprochen ft in literarischen Verkehr zu treten, ist liche. — Mit diesen Worten leitet der
Als solche werden darin bezeichnet: die
Kunst⸗ und Naturgeschichte, die Erhaltung
Dasselbe bringt nach
en Artikel von B. Endrulat eine Arbeit
Handwerker⸗ Spiel. Das ganze Versen geschrieben, unter denen sich Alexandriner findet. Die Sprache nzugehören und erinnert sehr an Opitz und fz Die
zu Klecko, Lekno. Rogasen und Wongro⸗ Oberlehrer Dr. H. Hockenbeck, und eine
Posen. — In dem Besprechungen der Abhandlung von dem „Beiträge zur Geschichte der polnischen „„ scwie einer in Krakau erscheinenden Numismatik und Sphragistik, welche Dr. M Kirmis in Neu— Numismatiker von Interesse sind. bedeutenden Münz⸗
von dem Gymnasial⸗Oberlehrer Dr. Daran reihen sich weiter die Berichte von der konstituirenden bis in den Juni. Ueber die in den von Dr. Ehrenberg, über . die älteren der Stadt Posenz; von Dr. Endrulat, Bezugnahme auf die Pro. desgerichts Rath Dr. Meiener, „ein Blick 1935; vom Rektor a. D. . Großherzogthums Posen“ sind
el, als zweiter stellvertreten˖ als Schriftführer;
der Ober ⸗Landgerichts-Rath Dr. Meisner, Dr Meinertz, Direktor des Königlichen Direktor des Königlichen Friedrich Die Zahl bereits 341. — Auch das Gesellschaften ꝛc.,
el,
rjenigen Akademien,
Die Einzelaufführung der Auch Münzen und vorgeschicht⸗ Verein geschenkt worden und werden den Aussicht genommenen Posener
dankenswerthe, für die welche der bekannte Buch Posen (der die Zeitschrift regelmäßig zu liefern versprochen bat, er neu erschienenen Schriften über die Diese Uebersichten werden letztvorhergangenen Monate umfassen und
umfänglich.
Eine
ist von der genannten Buchhand⸗ für den ö zu 6 . i der Gips ⸗Abgüsse i
6166 welche die General- Museen berausgegeben hat, ist soeben der gelangt (Preis 20 , Verlag von W
. in Zunehmen begriffen. Gegen⸗ twährend im Zuneh 6 egg. Maryland, Ohio,. Distrikt von Kentucki, Massachuseins,
als verseucht bezw. heit
uckerfabrik Körbisdorf äußert sich o 188485 wie folgt: Während mehrere glänzende Geschaflsergebnisse be⸗ veiflofsene Geschäftsjahr ein sehr Zu dem großen Verluste des Juckerpreisen noch viele andere In erster Linie war es freilich gewohnten Gewinnes einen hat. An Stelle des im ver—=
zeichnen. niedrigen gewirkt.
26,9 10 pro 50 hat die dies jäbrige Produktion von rund 4 0055090 Eg nur durchschnittlich 19,30 A erbracht. Von befonderem Mißgeschick ist im vergangenen Jabre auch die Landwirth⸗ schaft der Gesellschaft heimgesucht worden, da die * kurz vor der Ernte von wiederholten Hagelwettern ketroffen wurden.
Der längst beschlofsene Umbau des Kesselbauses ist im ver- flossenen Geschäftejahr zur Ausführung gekommen mit einem Kostenaufwande von circa 94 000 Æ Der Verlust beträgt 12 819 1 bei der Fabrik, 7974 . Mehrausgabe beim Bau des Kesselbauses, 51 864 M Ausgabe für Stallbauten, 53 392 ge⸗ wöhnliche Abschreibun gen, 188 028 „ Zinsen und Hendlungsunkosten, zusammen 314077 M Hiervon gebt nur ab der Ueberschuß von 10 225 4 der Koblengrube und 56 235 6 der Landwirthschaft; es bleiben mithin 267 617 „ Gesammtverlust. Da ein Gewinnvortrag von 7311 S und ein Reservefonds im Werthe von 1707982 4 vor⸗ handen ist, so bleibt abzüglich 18 6 unabgehobener Dividende nur ein Verlust von 89 496 4, der als Unterbilanz vorzutragen ist. Der Geschäftsbericht der Aktiengesellschaft für Pappenfabrikation (vorm. Biermann Wigankow) pro 1884,85 enthält folgende Mittheilungen: Die Ueberproduktion welche bereits im vorjährigen Geschäftsberichte als eine Ursache des zurückgegangenen Nutzens bezeichnet wurde, hat auch im verflossenen Geschäfts jahr an- gedauert. Der Gewinn des veiflossenen Jahres stellt sich auf 2 495 und erböbt sich durch den Gewinnvortrag von 1883/84 auf 75 307 4 Hiervon fließen zum Reservefonds 35624 16; die Tantiemen absorbiren 6524 M; für die Dividende von 20/0 werden 61 875 M verwendet, und 32835 S werden auf neue Rechnung vorgetragen.
Wien, 17. Juli. (W. T. B.) Nachdem die Verbandlungen zwischen der Regierung und der Nordbahn, beendet sind, hat die Direktion der Nordbahn beschlossen, in der zweiten Hälfte des Monats August eine außerordentliche Generalversammlung einzuberufen. welcher der Antrag auf Annahme des von dem Reichsrath abgeänderten Ueber einkommens vorgelegt werden soll.
New. Jork, 17. Juli. (W. T. B.). Baum wolten Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 2100 B.,. Aus. fuhr nach Großbritannien 800 B.. Ausfuhr nach dem Kentinem S000 B., Vorrath 239 000 B
Verkehr s⸗Anstalten. Stettin, 17. Juli. (W. T. B.) Der Stettiner Llopd⸗ dampfer Martha“ ist, von New⸗York kommend, heute Vor⸗ mittag wohlbehalten in Gothenburg eingetroffen. ö Bremen, 18. Juli. (W. T. B) Der Dampfer des Norddeutfchen Lloyd „Eider“ ist gestern früh 7 Uhr in New ⸗ Vork eingetroffen.
Sanitätswesen und Quarantänewesen.
Malta. . Laut Verordnung der Lokalregierung vom 7. Juli 1885 unter, liegen Ankünfte aus spanischen Häfen einer Quarantäne von fünf vollen Tagen.
Berlin, 18. Juli 1885.
Bilder aus Kamerun. Von E. Buhklitz.
Ein Besuch am Kamerun. . Eine Reise nach den deutschen Besitzungen in West · Afrika hat heutzutage keine besondere Schwierigkeit. Regelmäßig gehen von amburg Dampfschiffe dorthin ab, welche dem Handlung bause 9 Wörmann u. Eo. gehören. Unaufbörlich arbeitet die mächtige Schtaube des Dampfels, bis sie uns aus der nebligen, stürmischen Rordfee in die tiefblauen Fluthen des Südens bringt, Zu . unserer Linken taucht die Westküste Afrikas auf, flach und ein förmig, bald sandig bald sumpfig. Plötzlich — die dritte Woche unserer Reise ist fast zu Ende — steigt ein mächtiges Gebirge gerade vor uns auf. Unmittelbar aus den Fluthen erhebt sich der Kegel des Kleinen Kamerun, der um 1060 Fuß höher ist, als unsere Schneekoppe. Seine faft schroffen Wände sind bis oben hin dicht bewaldet. Hinter diesem steigen die mächtigen Gipfel des Großen Kamerun zu mehr als doppelter Höbe empor In den oberen Theilen des Ge⸗ birges finden sich ausgedehnte Hochflächen mit Graswuchs und niedrigem Buschwerk. Die böchsten Kuppen sind kahl und zeitweise selbst mit Schnee bedeckt. Dem von der Fieberhitz Afrikas ermat—= seten Europäer winkt dort oben kühle, balsamische Luft als unüber reffliches Heilmittel entgegen. . ; . . fin n e wir an dem Gebirge vorüber, so wird die Küste zu unserer Linken wieder flach wie zuvor. Untiefen balten uns dem Lande fern. Plötzlich verschwindet dieses ganz. Rur das Fernglas zeigt uns an einigen Punkten die dunkle Linie der Ufetwälder. Wir befinden uns in dem großen Mündung becken des Kamerun eg, in dag sich wer Wirklichkeit mehrere zum Theif́ sehr breite Flüße von, allen Seiten ergießen fit einem ganzen Netz von Mündungsarmen. Wir kiegen in den hbieitesten Fluß gegen Nordosten ein. Bald haben wir zur Rechten ein über 100 Fuß hohes Ufer, bekleidet mit üppigem Grün. Mitten in der breiten Wasserstratze liegen mehrere alte, ab⸗ geiafeite Schiffe verankert, sogenannte Hulken. Sie haben ein Schutzdach von Palmblättern oder Zink und dienen den europãischen Kaufleuten zur Wohnung. Wegen des küblen Seewindes ziehen sie z vor, auf dem Wasser zu wohnen. Doch auch am Strande sehen wir eine ganze Anzahl von Häusern und Wagrenmagazinen. Dies sind die Faktoreien der deutschen Kaufleute; E. Wörmann u. Jantzen und Thormälen.
ö
Ibre Geschäfte waren mit der Zeit zu umfangreich geworden, so daß der Raum in den Hulken nicht mehr aus reichte Mehr als die Hälfte des gefammten Handels von Kamerun besiadet fich seit 19 Jahren in deutschen Händen. Zum Schutze dieses Handels ist im Juli 1884 die deutsche Flagge am Kamerun aufgepflanzt worden Die vornehmsten Häuptlinge des FDugkka⸗Volkes, das dort seine Sitze hat, hatten selbst um diesen Schutz gebeten. Seitdem hat et unserer hraven Marine freilich schon daen härten Kampf gegen aufrührerische Eingeborene gekostet. Nun aber scheint Deutschlands Macht und Besitz dort erst recht gesichert. Auf der Höhe lugen zwischen breitblättrigen Bananen und ge— fiederten Kokospalmen die viereckigen Hütten der Schwarzen bervor. reibt sich Borf an Dorf wobl ? Meilen lang hinter einander, Jeder Ort wird nach seinem Häuptling benannt, dessen Name wie die Häuptlingsmürde erblich ist. So jahren wir den Fluß hinauf. vorürer an den Städten des „Königs Bell“ und seines rebellischen Unterbäuptlinas Joß. Beide Ortschaften sind in den erwähnten Kämpfen in Flammen aufgegangen — was übrigens bei der leichten Bauart der Hütten nicht viel besagen will. Weiter kommen wir an die Stadt des Königs Aqua.“ Dort auf der Yöhe gewahren wir auch einige Backsteinhäuser. Sie gehören der Missignsstanion Bethel an, wo seit mehr als drei Jahrzehnten englische Missionare am Werke der Heidenbekehrung tbätig sind. II. Leben und Sitten der Eingebornen am K ie Dualla leben fast auschließlich vom Zwischenhandel. ie . den Verkehr der europäischen Kaufleute mit den Bewohnern des Binnenlandes. Jede andere Beschäftigung, als der Dandel. er · scheint ihnen eines freien Mannes unwürdig. Die schwaribraunen Gestalten, die meist als einzige Bekleidung ein Tuch um die Hüften geschlungen haben, machen sogleich auf den ersten Anblick den Gindruck des Hochmuths und der Trägheit. Treten wir in eine ihrer Hütten ein! Die Wände sind aus gespaltenem Bambus geflochten, das Dach aus Palmblättern hergestellt; den Fußboden bildet die festgestampfte Erdschicht. Das ganze Bauwerk ist nach bergebrachter Mode ohne inen einzigen Nagel errichtet. Als einziges, aber bedenkliches Zeichen europäischer Kultur findet sich daran ein Vorhängeschloß. Im Innern bemerken wir nur wenig nützliche Geräthe und Werkzeuge, dagegen manchen Tand und Flitter: Glasperlen, Nippssachen, Bilder nicht der
schon niedrigen Durchschnittspreises von
schönsten Art, und bei den Reicheren fehlt selten die Spieldose, die so
lange ibre Melodien abklimpern muß, bis das Rãderwerk leinen Dienst verfagt. Manche Hütten sind lang gestreckt mit verschiedenen Abtbeilungen. In ibnen wobnen die Frauen. Ein wobl babender Dualla vflegt sdrer 10 bis 12 zu haben, die Häuptlinge 50 bis 60. Wohl wird eine Frau immer als die Hauptgemablin ausgezeichnet, doch sind sie ällesam mt gekauft, stumpfe und träge Geschöpfe, denen die Tabag. pieise das liebte Geräth ist und die furchtbar scharfe Priese die bswfte Erquickung. Welch einen tiefen Standpunkt der Kultur bezeichnet doch die Vielweiberei! . !
Neben den Weibern bestebt der Besitz eines reichen Neger am Kamerun hauptsächlich in Sklaven. Obgleich die weißen Leute solche nicht mebr kaufen, werden sie noch immer aus dem Innern zum Verkauf gebracht. Die zu jedem Orte gehörigen Sklaven wobnen in einiger Entfernung von demselben in noch viel elenderen Hütten inmitten der eingehägten Pflanzungen, die sie zu bebguen haben Ihr Loos ist nicht eben hart In der Arbeit strengen sie sich nicht an. Finige dürfen sich selbst an dem einträglichen Handel beteiligen. Dennoch werden sie von den freien Leuten mit tiefer Verachtung be handelt und als ‚Busch⸗Nigger“, d. h. Neger aus dem Hinterlande, bezeichnet. ö
Von Natur ist der Neger feige. Hat er sich aber Muth ange⸗ trunken — und die Trunksucht ist am Kamerun in erschreckendem Maße herrschend — so feuert er seine alte Muskete mit dem Stein. schloß bei der geringsten Gelegenbeit auf leden ab, der nicht gerade zu feinem Stamme gehört. Der erste Schuß ist das Signal. Von beiden feindlichen Parteien greifen die Mãänner zu den Waffen, setzen sich ihre großen Kriegsmützen aus Ziegenfell auf, suchen gedeckte Stellungen im Gebüsch und nun beginnt das Schießen. Glücklicher weife treffen die wenigsten Schüsse, denn viel gezielt wird nicht, da solch ein Held die Flinte in möglichster Entfernung von leinem Leibe abfeuert. Ist aber einmal einer verwundet oder gar zetödtet, so wird der Kampf sofort eingestellt. Nun beginnt die Blutrache ihr Spiel. Harmlose Fischer des gegnerischen Stammes oder Weiber und Sklaven, die vielleicht ohne etwas von den feindseligen Vorgängen zu wissen noch in entfernteren Pflanzungen arbeiteten, werden womöglich lebendig gefangen. Dann zerschlägt man ihnen die Knochen oder bereitet ihnen andere ausgesuchte Qualen. Beim Begräbniß eines im Kampfe Ge⸗ fallenen werden sie noch lebend ins Grab geworfen, um dem Leichnam als Unterlage zu dienen. Natürlich rächen sich die Feinde bei nächster Gelegenheit durch eine ähnliche Grausamkeit. .
So lange der Krieg dauert, ziehen die Krieger täglich in den Dörfern und dem Strande umber, meist im Gänsemarsch um eine möglichst große Vorstellung von ihrer Anzabl zu geben. Dabei sieht man oft wunderliche Figuren. Ein Kriegsbote des Häuptlings Priso Bell paradirte einmal völlig unbekleidet, nur mit einer preußischen Pickelhaube auf dem Kopf. Die Häuptlinge stellen bei solchen Ge⸗ legenbeiten gern ihren ganzen Reichthum zur Schau.
Den freien Leuten macht es oft Noth, ihre Sklayen und auch ihre Weiber in gehörigem Respekt zu, erhalten. Die Ersteren sind so zahlreich, daß sie oft eine bedrohliche Haltung annehmen. Dem soll der ‚Mungi“ vorbeugen, ein Geheimbund, wie er sich in ãbn⸗ licher Weife bei den meisten westafrikanischen Völkern findet. In schrecklichher Vermummung,. die uns jedoch nur lãcherlich erscheinen würde, ziehen einige der Eingeweihten mit einem Döllenlãrm durch den Dꝛt' Keiner von den Uebrigen darf sich dann blicken lassen, sonst schleppt ihn der tolle Haufe in den Wald, wo er für immer ver⸗ schwindet. Es beißt dann: der Mungi hat ihn gefressen.
Bei den Aqua-Leuten ist indeß der Mungi schon abgeschafft. Es ist dies den Bemühungen der Missiongre zu verdanken, die überhaupt auf das ganze Volk einen unverkennbaren Einfluß ansgeübt haben und es an mildere Sitten gewöhnen. Am meisten zeigt sich dieser Einfluß natürlich bei dem Häuflein Ein eberener, die sie als christ · liche Gemeinde um sich gesammelt haben. Finden sich bei diesen schwarjen Christen auch noch viel Schwachbeiten, so zeigen fis mem. lteng doch schon in Aeu eren eine vorteilhafte Veränderung. Sie kleiden sich volständiger und bauen bessere Wohnungen. Ja etliche von ihnen haben es bis zu Backsteinhäuschen gebracht. Daß bei manchen von ihnen mit der civilisirteren Lebensweise, die sie angenommen haben, sich ein un. angenehmer Dünkel eingestellt hat, wollen wir nickt versaznelgen, Vielleicht hätten auch die Missionare mit etwas anderer Methode sie von vornherein mehr an Demuth und Bescheidenheit gewöhnen können. Trotzdem sind bei aller Unvoll kommenheit. der Bekehrten die segensreichen Wirkungen der Mission in der kleinen Gemeinde, sowie ihr Einfluß auf den ganzen Volksstamm nicht zu verkennen.
II. Der Handel sverkehr am Kamerun.
Bis in die Fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts hinein war das Kamerungebier einer der hauptsächlichsten Schauplätze des west · afrikanischen Sklavenhandels. Lange Züge elender schwarzer Ge⸗ stalten, mit schweren Ketten beladen, wurden unter unsäglichen Qualen aus dem Hinterlande herbeigeführt. Ihrer viele kamen schon auf den anstrengenden Märschen ums Leben, oder bei der Fahrt auf dem Flusse, wo sie wie Schlachtvieh in die Kanoes eing viercht wurden. Wo jetzt die Faktoreien stehen, befand sich Damals eine Reihe. hol. zernet Schuppen, in denen die gefesselten Sklaven „auf Lager? ge⸗ balten wurden, bis ein Schiff eintraf, um die Unglücklichen über den Ozean ju befördern. Der abscheuliche Handel war in den Händen von Portugiesen. Aber die Dualla machten schon damals die Zwischen ⸗ bindler. Kein Sklaventransport durfte direkt an die Europãer ab⸗ geliefert werden; beim Einkauf und Verkauf nahmen die Häuptlinge
sedesmal hohe Prozente.
. Die . jener dunklen Zeiten. wirken heute noch nach. Die“ natürliche Roheit der Eingeborenen hat. sich durch jenen Verkehr zur grausamsten Blutgier gesteigert. Der mühelose Verdienst ließ die letzten Reste von Fleiß erlöschen, auch schreibt sich aus jener Zeit die Gewöhnung an den Branntweingenuß, der auch dort furchtbar demoralisirend wirkt.
Am Räamerun wurde der Sklavenhandel noch eifrig hetrieben, als er an anderen Punkten der westafrikanischen Küste längst unter. drückt war. Die zahlreichen Flußarme und. Wasserstraßen boten dort den Sklavenhändler willkommene Schlupfwinkel dar, wohin ihnen die britischen Kreuzer nicht folgen konnten Endlich aber erlosch der ver⸗ brecherische Handel, als man jenseits des DOeeans die schwarze Waare
icht mehr kauste. . J nun bietet der Handelsverkehr am Kamerun ein ganz an⸗ deres Bild dar. Auf der deutschen Fakiorei tönt uns ein reges fröh⸗ liches Leben und Treiben entgegen. Auf der Schiffswerft längs des Flußufers sind euroräische Zimmerleute mit ihren ichwarzen Gꝛebülfen n vollster Arbeit. Aus der Böttcherei, wo die Fässer. für das Palmõl zusammen geschlagen werden, tönt einförmiges, dumpfes Klopfen her⸗ über. Allen diesen Läÿöm übertönt aber noch das laute Gekreisch der Weiberstimmen. Vor der Thür eines der Magazine kauern die schwarzen Gestalten auf dem Boden In langen, aus Palmzweigen geflochtenen Tragkörben haben sie Lebensmiftel für den Bedarf der weißen Kaufleute herbeigeschleppt. Mit lautem Geschrei bieten sie ihre Waaren, Bananen, süße Kartoffeln, Eier, auch einige magere Hübner und frischnefangene Fische zum Verkauf an. Dafür werden shnen von einem der Guroräer, dem (n saubergekleideter Schwarzer ais Diener zur Seite steht, cinige Ellen leichten Kattuns, auch Schecten, Meffer, Nedeln und allerlei Schmugsachen, hesonders rothe Korallenschnüre als Bezahlung verabrei bt. Der Handel ist noch vollständig Tauschhandel, gemünztes Geld ist am Kamerun unbekannt.
In viel großartigerer Weise gestaltet sich natürlich der Handels- verkehr, wenn Karawanen aus dem Innern angelangt sind. In langen Zügen haben die schwarzen Träger auf den Köpfen die Waaren derbeigebrocht: Palmöl, Palmkerne, die faustgroßen Ballen des belriechenden Kautschuks und kostbares Elfenbein. Das alles ist bereits von einem der Häuptlinge aufgekaust, der sich nun, mit einer abgelegte Offiziersuniform oder Bedientenlivree bekleidet, eingefunden hat, um mit dem Europäer das Geschäft zu maben. Das aber geht nur vermittelst eines Palowers “, weitläufiger Unterhand⸗ lungen, bei denen viel hin und ber geredet wird. Aaders thut es der Schwarze nun cinmal nicht. Der Weiße aber muß sich dabei sehr in der Geduld üben. Die Tauschartikel: alte Steinschloßgewehre, ein
11
Fäßchen Schießpulver, einige Stücke Baumwollenzeug, verschiedene