Arrangement beigetretenen Gläubiger angefochten werden, wenn er durch positiv unwahre Vorspiegelungen oder durch absicht⸗ liches Verschweigen der wahren Sachlage in den Irrthum ver— setzt worden war, daß eine Bevorzugung anderer Gläubiger nicht stattfinden werde, während solche Bevorzugungen that⸗ sächlich doch stattgefunden haben, und er dadurch zum Beitritt zum Arrangement bestimmt worden war.
Sigmaringen, 5. Jan. (Karlsr. Ztg. Die Feier des 25jährigen Regierung s-Jubi läums Sr. Majestät des Kaisers und Königs wurde hier in würdigster Weise begangen. Früh Morgens sandten Böller ihre donnernden Grüße durchs Thal hin. Die ganze Stadt war reichlich beflaggt. Vormittags 9 bezw. 10 Uhr fanden in den Kirchen beider Konfessionen Gottesdienste statt. Abends 7 Uhr hatte sich eine zahlreiche Versammlung aus allen Ständen der Bevölkerung in dem geschmackvoll dekorirten Saale des Hotel Schach zu einem Festbankett ein— gefunden, woselbst Gymnasial-Direktor Dr. Buschmann im Auftrage des Gemeinderathes eine treffliche Ansprache hielt und der Liebe zum Kaiser und zum Deutschen Vaterlande einen beredten Ausdruck gab. Musikvorträge der dortigen Kapelle, abwechselnd mit patriotischen Gesängen, hielten noch ferner die Festtheilnehmer bis zur späten Abendstunde in freudiger Stimmung beisammen.
Sachsen. Dresden, 7. Januar. (Dr. J.) Der Großherzog von Oldenburg ist heute früh nach Olden— burg zurückgereist. — Am 5, Abends, traf der Fürst Leo— pold von Hohenzollern von Berlin hier ein, stieg in der Königlichen Villa zu Strehlen ab und ist gestern Nachmittag nach Sigmaringen weiter gereist.
— J. Januar. (Dr. JX. Beide Kammern nahmen heute ihre Arbeiten wieder auf. Die Zweite Kammer beschäf— tigte sich zunächst mit der allgemeinen Vorberathung mehrerer von Mitgliedern eingebrachter Anträge. Ein Antrag des Abg. von Oehlschlägel auf Beseitigung des 25 prozentigen Zu— schlages zu den Gerichtsgebühren für Grund- und Hypothekensachen wurde nach einiger Debatte, in welcher sich außer dem Abg. Georgi sammtliche der Kammer angehörige Redner im Sinne des gestellten Antrags aus— sprachen, Staats-Minister Dr. von Abeken hingegen darauf hinwies, daß diese Erleichterung bei der Geringfügigkeit der in Betracht kommenden Beträge dem Grundbesitz kaum fühlbar sein werde, daß die Einnahmen aus den Gebühren für nicht— streitige Rechtssachen in den letzten Jahren stetig herabgegangen seien, und bei den stets gestiegenen Kosten für die Rechts— pflege der Staat wohl berechtigt sei, von den an einer guten Rechtspflege vorzugsweise Interessirten höhere Gebühren zu . — der ersten Finanzdeputation überwiesen Derselbe
eschluß wurde gefaßt bezüglich eines Antrages des Vize— Präsidenten Dr. Pfeiffer auf Erhöhung der in den Etat für Wegebau-Unterstützungen an Kommunen und private Grundbesitzer eingestelltlen Summe von auf 200 000 S6, nachdem der Geheime Rath von Einsiedel Namens der Staatsregierung das Ein— verständniß der Letzteren mit dem Antrage erklärt und mehrere Redner einer noch weitergehenden Erhöhung der Wegebau⸗ Unterstützungen das Wort geredet hatten. — Zum Schluß bewilligte die Kammer die im außerordentlichen Etat für bauliche Anlagen auf den ö höfen zu Chemnitz und Flöha sowie in den Eisenbahnwerkstätten zu Chemnitz ge— sorderten Summen.
Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg, J. Januar. (W. T. B.) Der Landes-Ausschuß ist durch Kaiserliche Ver— ordnung zum 18. d. M. einberufen worden.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 6. Januar. Die Meldung
der „Bud. Corr.“, wonach die für gestern anberaumt gewesene emeinsame Minister-Konferenz nicht stattgefunden
ätte, ist, wie die „Presse“ erfahren hat, durchaus unrichtig. Es
anden vielmehr gestern im Mi nister-Präsidium Berathungen statt. Minister⸗Präsident Tisza, welcher heute Vormittag von dem Kaiser in längerer Audienz empfangen wurde, kon— ferirte spüter mit dem Grafen Kalnoky, der Handels⸗-Minister Graf Szechenhi und Staatssekretär Matlekovies mit dem Sektionschef Szögyenyi. Mittags fand ein unga⸗— rischer Ministerrath statt, dem auch die Minister beiwohnten. Von 1 bis 4 Uhr
eine gemeinsame Minister—
; Es wurde die Frage der Revision der Verzehrungs— und des verhandelt. Be⸗
. vereinbart.
Schweiz. Bern, 7. Janugr. (Bund,) Das nunmeh nach den if. der eidgenössischen Räthe definitiv festge— stelltle Budget für das Jahr 1886 weist folgende Bilanz auf: muthmaßliche Einnahmen 57 639 000 U muthmaßliche Ausgaben 57 T9 000 Fr.; somit beträgt das muthmaßliche Defizit 140 000 Fr.
Die eidgenössischen Zölle haben im verflossenen Jahre 21 963 279. 41 Fr. abgeworfen, oder 423 298. 18 Fr. weniger als im Jahre 1884. Dieser Ausfall ist namentlich der beträchtlichen Mindereinnahme im Dezember 1885 (600 673. 20 Fr.; zuzuschreiben. Gegenüber der budgetirten Summe ie eo haben die Jölle 1533 1218279 413 Ir. mehr abgeworfen. Für das Jahr 1886 sind die Zollein— nahmen auf 20 335 000 Fr. veranschlagt.
Großbritannien und Irland. London, 6. Januar. (Allg. Corr) Die Königin hat das Patronat der im
180 000 S6
Mai in Süd⸗Kensington zu eröffnenden kolonialen und indischen Ausstellung übernommen.
Die „Times“ weist darauf hin, daß nach der Eröffnung des Parlaments die Adreßdebatte der Punkt sei, auf den sich die Aufmerksamkeit aller praktischen Politiker richte, da sie kaum ermangeln könne, zu zeigen, ob die liberale Partei unter Mr. Gladstone's Führerschaft im Stande sein werde, sich auf der
asis einer irischen Politik zu einigen, oder nicht. Die „Times“ kann keine Aussicht auf eine solche Einigung er⸗ blicken. Tag um Tag sammelten sich die Beweise, daß sich in jeder Gruppe der Opposition Männer befänden, und leitende Männer noch dazu, die nicht gewillt seien, den irischen Se— zessionisten ruinöse. Zugeständnisse zu machen, um die Konser— vativen aus dem Amte zu verdrängen.
Der Feldzug im Sudan ist zu Ende. General Stephenson hat auf höheren Befehl aus London die Ver— folgung der fliehenden Mahdisten eingestellt und, wie aus Abri unterm 5. d. gemeldet wird, ist ein Theil der ersten Brigade bereits nach Koscheh zurückgekehrt. Heute wird die ganze Truppenmacht nach dem Norden dirigirt.
Die britische Armee hat, den neuesten Ausweisen zu— folge, eine Effektivstärke von circa 250 000 Mann, von denen 205 000 Mann unter den Fahnen stehen, nahezu 40 000 Mann der Reserve ersten Aufgebots und irc 7000 Mann der Re⸗ serve zweiten Aufgebots angehören. Die Miliz ist, einschließlich ihrer Reserve, 144 0090 Mann und die Landwehr-Kavallerie circa 11 500 Mann stark. Die Königliche Marine zählt, einschließlich der Küstenwache, der See- Artillerie und-Infanterie, gegen 60 000 Mann. Die Freiwilligen⸗Bataillone im In⸗ lande umfassen 220 000 Mann; die indische Sepoy⸗Armee hat jetzt eine Gesammtstärke von 150 000 Mann, und die canadische aktive Miliz zählt über 45000 Mann. Diesen Hülfsquellen reihen sich an: mehrere Miliz-Regimenter auf den Kanal⸗Inseln sowie Frei⸗
N
willigencorps in West-Indien, am Kap, in Ceylon, Hongkong,
Malta, Natal, Neusüdwales (einschließlich eines Corps regu⸗ lärer Artillerie), Neuseeland, St. Helena, Singapore, Süd— Australien (einschließlich der permanenten Artillerie), Tasma— nien, Victoria, West-Australien und Indien.
Großbritanniens Staatseinkünfte vom 1. April bis 31. Dezember 1885 betrugen, einschließlich eines vorgetra— genen Saldos von 4993207 Pfd. Sterl., 53 205 829 Pfd. Sterl. gegen 58 671 395 Pfd. Sterl. im entsprechenden Zeit— abschnitt des vorhergehenden Finanzjahres, das mit einem Saldo von 5 632 569 Pfd. Sterl. begann. Die Ausgaben in dem gleichen Zeitraum beliefen sich auf 64 852 481 Pfd. Sterl. gegen 60037490 Pfd. Sterl. in den entsprechenden drei Quartalen des vorigen Finanzjahres. Das Guthaben des Schatzamts in den Banken von England und Irland betrug am 31. Dezember 1 534 443 Pfd. Sterl.
Ueber die Zustände in Birma wird dem „Reuterschen Bureau“ aus Rangun, unterm 5. d., gemeldet, daß das Freibeuterwesen in Nieder⸗Birma noch immer beträchtliche Lebensfähigkeit zeige. Eine von dem Befehlshaber in Shwegyin eingegangene Depesche meldet, daß er dringend Verstärkungen brauche, da 8600 Shans seine Streitkraft anzugreifen drohen. In Folge dessen wurden sofort 100 Mann Truppen mit einigen Ka⸗ nonen in Eilmärschen zu seinem Beistande abgeschickt. — Nach Berichten des Generals White, des Befehlshabers in Mandalay, vermehren sich die Freibeuter in großem Maßstabe. Sie seien nicht länger blos Marodeure, sondern folgten den Fahnen von Thronprätendenten. In Folge des von diesen Frei⸗ beuterbanden in der Umgegend von Mandalay und selbst innerhalb der Hauptstadt ausgeübten systematischen Terro⸗ rismus herrsche thatsächlich ein allgemeines Gefühl der ünfide h Es ist demnach heschlossen worden, ausgedehnte und thätige Operationen zu beginnen, um die Macht der Rebellen zu brechen und der Bevölkerung einen Beweis von dem britischen Uebergewicht zu geben. Zu diesem Zweck sind drei Kolonnen von einer Gesammtstärke von 1200 Mann gegen die Rebellen entsandt worden. — General Prendergast langte am 28. v. M. in Bha mo an. Der birmanische Truppen— befehlshaber Cesitai flüchtete bei der Annäherung der britischen Truppen und übergab den Befehl dem Wun von Bhamo, der sich dem General Prendergast unterwarf.
Frankreich. Paris, 7. Januar. (W. T. B.) Der Präsident Grévy hat die Dekrete, betr. die Ernen— nung der neuen Minister, heute Abend 6 Uhr unter— zeichnet. Das Ministerium ist folgendermaßen zusammen— gesetzt: de Freycinet, Präsidentschaft und Auswärtiges; Sarrien, Inneres; Sadi Carnot, Finanzen; Goblet, Unter— richt; Boulanger, Krieg; Aube, Marine; Demole, Justiz; Baihaut, öffentliche Arbeiten; Develle, Landwirth—⸗ schaft; Lockroy, Handel; Granet, Posten und Tele— graphen. — Die Verwaltung der unter das Pro— tektorat Frankreichs gestelltlen Länder, wie Annam, Tongking, Madagaskar, Cambodscha, ist von den Ministerien der Marine und der Kolonien abgezweigt und wird künftig dem Ministerium des Auswärtigen unterstehen. Der Conseils⸗Präsident wolltedie Organisation dieser Pro⸗ tektorate sich selber vorbehalten. Mit Rücksicht auf die Aus— debnung der die Arbeiterklassen interessirenden Fragen hat das Handels-Ministerium die Bezeichnung „Ministerium für Handel und Industrie“ angenommen.
Eine Depesche des Generals de Courcy meldet: Aufständische hätten Ende Dezember das katholische Missionsgebäude in dem Gebirge von Nghan-Annam erstört. Ein französischer Missionar und gegen 500 Christen . getodtet worden. Eine Truppen⸗Ahtheilung unter dem Oberbefehl Chaumonts hätte die Aufständischen verfolgt und ihnen Waffen und Munition abgenommen.
— 8. Januar. (W. T. B.) Die Mehrzahl der hiesigen Zeitungen nimmt das neue Kabinet, da dasselbe als ein Kabinet der Versöhnung anzusehen sei, günstig auf. Es heißt: Constans werde zum General-Gouverneur von Algier ernannt werden.
Amerika. Washington, 5. Januar. (Allg. Corr.) Heute trat der Kongreß wieder zusammen. Das Reprä⸗ sentantenhaus empfing von seinen Mitgliedern eine unge— heuere Anzahl von neuen Gesetzvorlagen. Der Sprecher, Mr. Carlisle, hat seine Liste der Ausschüsse fertig gestellt. Mr. Bland ist zum Vorsitzenden des Ausschusses für das Münzwesen ernannt worden, aber, wie man sagt, opponirt die Mehrzahl der Ausschußmitglieder der Politik fort⸗
esetzter Prägung von Silberdollars. Mr. Morrison aus . ist zum Vorsitzenden des Ausschusses über Wege und
ittel gewählt worden, Mr. Randall aus Pennsylvanien zum Vorsitzenden desjenigen über Geldbewilligungen, Mr. Hewitt
— — —
aus New ⸗York über Marine⸗Angelegenheiten, und Mr. Belmont aus New⸗York über auswärtige Angelegenheiten.
— J. Januar. (W. T. B.) Der Präsident CEleve⸗ land hat dem Senat Schriftstücke vorgelegt über die Schritte, welche von der amerikanischen Regierung gethan wurden, um die Ansichten der auswärtigen Regierun⸗ gen über die Feststellung eines internationalen Werth— verhältnisses zwischen Gold und Silber zu erfahren.
Afrika. Egypten. Kairo, 7. Januar. (W. T. B.) Die Konferenzen des Khedive mit Drum mond Wolff und Mu khtar Pascha über die sudanesische Frage wer⸗ den gemäß der Konvention demnächst beginnen. Wie es heißt, wünscht der Khedive die Konvention durchgeführt zu sehen. Mukhtar Pascha äußerte sich heute anläßlich einer vorläufigen Besprechung zu Gunsten einer Vermehrung der egyptischen Armee auf 16009 Mann, wodurch die egyptische Regierung in den Stand gesetzt würde, selbst die Grenze des Sudan zu vertheidigen. Wolff macht seinerseits geltend, daß das Budget für die hierzu erforderlichen Ausgaben nicht ausreichen würde.
Zeitungsstimmen.
Die „Deutsche Volkswirthschaftliche spondenz“ schreibt zur wirthschaftlichen Situation:
Es ist ein abgenutztes Manöver, wenn die „National-Zeitung“ berichtet, daß „die Einfuhr nach Deutschland zunimmt, die Ausfuhr dagegen in Quantität und Werth ö, und daraufhin eine fulminante Anklage gegen das System der schützenden Zölle formulirt. Was war denn der Zweck der Inaugurirung der nationalen Wirthschaftspolitik anderes, als der Schutz der deutschen Industrie und ihrer Entwickelung? Ist diese Entwickelung vielleicht ausgeblieben? Wir haben noch kürzlich auf den Bericht des britischen Geschäftsträgers in Dresden verwiesen, in welchem die „National-Zeitung“ lesen kann, wie das Ausland von der Entwickelung der deutschen Industrie denkt. Die wirthschaftliche Lage ist nicht befriedigend; gewiß nicht. Aber sind 2 . 2 s n ö ö 6 6 22 5 denn die Schutzzölle schuld, oder, wie die „National-Zeitung sagt, »die Ausbildung des Protektionismus, welche zu den besonders scharf charakterisirenden Merkmalen des Jahres 1885 gehört?“ Wir glauben doch kaum, daß die Redaktion der „National⸗ Zeitung! sich zu der Behauptung bekennen will, daß die wirthschaftliche Situation besser wäre, wenn man im Jahre 1879 nicht mit den Lehren der manchesterlichen Wirthschaftspolitik gebrochen hätte. Als dieser Bruch damals erfolgt war, besserte sich die wirthschaftliche Lage in ganz bemerkenswerther Weise, worin man den Beweis zu erblicken hat, daz es in der That die frei⸗ händlerischen Bahnen waren, auf welchen man damals zu so un— günstigen Verhältnissen gelangt ist. Wären aber an der Ungunst der gegenwärtigen Verhältnisse die Schutzzölle schuld, so müßten doch in dem Land des Freihandels par excellence Spuren von dem zu entdecken sein, was die „National-Zeitung“ die Wohlthaten des Freihandels nennen würde. In Wahrheit sind jedoch die Verhältnisse in England noch weit schlechter als bei uns. Die „National⸗Zeitung“ giebt dies zu und gewährt dem folgenden Bild von dem abnehmenden Verkehr nns Aufnahme in die umfangreichen Spalten ihres Jahres— erichts:
Corre⸗
England führte ein führte aus 1884 1883 1882 1884 1885 1882 Millionen Pfund Sterling
Ueberhaupt . 389,) 426,90 411,8 232,9 239, 8 Davon aus —
resp. nach: Deutschland . 23,6 ; 25,8 30,7 31,8 30,5 Frankreich.. ⸗ 38,6 39,0 26,3 29,4 29, 8 Britische Be⸗
n en, ul 98, 99,4 80, d 83,5 84, ð
Die Abnahme des Absatzes englischer Waaren in den englischen Besitzungen ist insbesondere symptomatisch. In den ersten 11 Monaten des Jahres umfaßte Englands
Import Export 188. 1884 1883 1882 1885 1884 1883 1882 Millionen Pfd. Sterl. 3 . 197,7 Die „National-Zeitung“ bemerkt dazu:
„Großbritannien, das im Verlaufe von Jahrhunderten, unbehelligt im Besitze des Monovols des überseeischen Verkehrs, groß geworden und zu einer Kapitalmacht erstarkt ist, welche bislang im Kampf um den Vorrang auf dem Weltmarkt und gegen die Konkurrenz anderer Staaten als unbesiegbar galt, sieht sich nunmehr von allen Seiten bedrängt und zum Theil aus seiner Stellung geschoben“.
Wir wollen uns dazu die Frage erlauben: Woher kommt es denn, daß England, das seither im Konkurrenzkampf als unbesiegbar galt, jetzt von allen Seiten bedrängt und zum Theil aus seiner Stel— lung geschoben ist? — In der Hauptsache doch daher, daß die ande⸗ ren Staaten sich von dem Irrlicht des Cobden-Klubs und seiner Lehre, die nur England zu Statten kam, abgewandt haben. Wären Deutschland und andere Staaten, von denen wir besonders die Ver— einigten Staaten nennen wollen, dem Freihandel treu geblieben, so sähe es jedenfalls besser mit der britischen Handelsbilanz aus; um so ungünstiger würden aber die wirthschaftlichen Verhältnisse in Deutsch— land sich gestaltet haben.
Während man darüber in dem konkurrirenden Ausland einig ist, daß die deutsche Zollpolitik der deutschen Industrie mächtig unter die Arme gegriffen hat, bleiben nur die deutschen Freihändler (d. h.: das, was von ihnen übrig geblieben ist) dabei, daß die schützenden Zölle etwas Verwerfliches seien. Man kann jedoch versichert sein, daß sie sich nicht begnügen würden mit einer abfälligen Kritik, sondern daß sie versuchen würden, eine freihändlerische Agitation in Gang zu bringen, wenn die Thatsachen ihnen dazu eine Grundlage böten. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Wenn heute in Deutschland, wie in der ganzen Welt, die wirthschaftlichen Zustände Anlaß zu Klagen geben, so liegt dies daran, daß der Konsum nicht mit der rapide entwickelten Produktion Schritt gehalten hat....
Wenn wir jedoch, an der Schwelle des neuen Jahres, Umschau halten über die wirthschaftliche Situation aller Völker, so können wir in Deutschland mit der unsrigen noch immer zufrieden sein. Wir besitzen eine kräftig entwickelte leistungsfähige Industrie, die ihren Konkurrenten stetig Terrain abgewinnt, einen abundanten Kapitalbesitz und einen auf Ausdehnung bedachten Handel. Wessen es bedarf, das sind nur günstige politische Verhältnisse und Erweiterung des Absatz⸗ gebietes für die Industrie, um bessere Zustände herbeizuführen.
—. In den „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir:
Ueber die wirthschaftliche Bedeutung eines eigenen Kolonialbesitzes sucht unsere „freisinnige“ Opposition, gestützt auf die Sandloch⸗ resp. Nasenstübertheorie bekannter Parteigenossen, dem deutschen Volke die allerverkehrtesten Anschauungen beizubringen. Leider nimmt der am agitatorischen Gängelbande geleitete deutsche Arbeiter und Kleinbürger nur zu Vieles auf Treu und Glauben hin, was sich die gleichen Volkskreise anderer Länder nun und nimmer bieten lassen würden. Ein englisches Arbeiterpublikum z. B. würde jeden Volksredner einfach auslachen, der ihm weismaͤchen wollte, die Kolonien Großbritanniens seien eine unnütze Last für das Mutterland; denn er weiß, daß dieselben, und namentlich Indien, das Rückgrat des englischen Handels, der englischen Industrie, somit eine der vornehmsten Quellen seines eigenen Verdienstes sind. Letztere Thatsache geht ganz besonders deutlich aus der neuesten statistischen Neber— sicht des englischen Eisengeschäfts im abgelaufenen Jahre hervor. Während der ersten elf Monate des Jahres 1885 kaufte Australien eng⸗
24 1,5
216,0 2203 223,
isches Eisen im Werthe von 30398 107 Pfd. Ster, Indien für hic och Pfd., Kanada für 1139 000 Pfd, Süd-Afrika. für 264 525 Pfd. Sterl. Die Kundschaft dieser vier hauptsächlichsten Rolonialbezirke Englands repräsentirt also allein in der Eisenbranche einen Werth von nahezu ? Millionen Pfd. Sterl. — 140 Millionen Mark. Dazu treten noch die Vereinigten Staaten mit einem Kensum im Werthe von 3779 359 Pfund Sterling. Und diesen Ziffern ent⸗ spricht die Konsumfähigkeit der Kolonien für fast sämmtliche anderen englischen Industrie⸗ und Fabrikationsbranchen. Und ange⸗ sichts solcher Erfahrungsthatsachen hat der „Deutschfreisinn“ nebst Anhängseln nur Hohn, Spott und Mißachtung für die Inaugurirung einer selbständigen Kolonialpolitik des Reichs.
Statistische Nachrichten.
Die Einfuhr von Getreide, Kü lsenfrüchten und Malz hat nach dem Novemberheft zur Statistik des Deutschen Reichs in der Zeit vom 1. Januar bis Ende November 1885 im Ver⸗ gleich zu demfelben Zeitraum des Vorjahres, ungeachtet der erheblichen Steigerung dieser Einfuhr im ersten Halbjahr 1885 vor dem Eintritt der höheren Zollsätze, im allgemeinen eine nicht unerhebliche Abnahme erfahren. Es wurden nämlich eingeführt (alles in D. C. — Doppel⸗ Centnern zu 109 kg) an Weizen 5 549 867? (— 1170594), Roggen 7236 234 K DVafer 20560 049 2 I 406 260). Buchweizen 156 3 ( 44 528), Gerste 3 962 703 ( 4222727. Kal; 5p 136 P iI7 436), Mais und syrischem Dari, roher Hirse und Dälsenfrüchten zu⸗ sammen 2339981 ( 29910), im ganzen demnach 3 412 885 D. C. weniger als in dem korrespondirenden Zeitraum des Vorjahres. Auch die Einfuhr von Mühlenfabrikaten (Mehl, geschrotene oder ge⸗ schalte Körner, Graupen, Gries, Grütze) ist gesunken, nämlich von 56 485 auf 258 697 D. C.; ebenso die Einfuhr von Reis von 759 7182 auf 728 087 D. C. — Die Ausfuhr von Getreide, Hülsenfrüchten und Malz belief sich in dem gedachten Zeitraum nur auf. 301 9776 bezw. 7 707 und 5 837 D. C. gegen g09 982 bezw. 64 579 und S6 633 D. C. im gleichen Zeitraum des Vorjahres, ist demnach nur bei Hülsenfrüchten gestiegen, im übrigen merklich zurückgegangen. Weniger war dies bei der Ausfuhr von Mühlenfabrikaten der Fall, die von 1214670 auf 1202946 D. C. gesunken ist.
— Am 1. September 1885 belief sich der Beamten⸗ und Arbeiterbestand der sächsischen Staatsbahnen und der unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen nach einer amtlich vor— genommenen Zählung auf 25 184 Köpfe; davon waren 832 fest⸗ angestellte Beamte und. 16 552? gegen Tage⸗ oder Wochenlohn be— schäftigte Arbeiter. Dieser Personalbestand vertheilte sich auf die verschiedenen Dienstzweige wie folgt:
Es entfielen .
auf Beamte Arbeiter d ee 324 264 J 3132 7218 D , 2018 4194 deen 1636 912 den Maschinenbetriebsdienst JJ 1287 938 die Maschinen⸗Hauptverwaltung . 158 2842 e 36 177
zusammen S632 16552
Gegen das Vorjahr ist eine Zunahme von 784 Köpfen zu ver— zeichnen, und zwar von 148 Beamten — 1,ů! Go und 636 Arbeitern oder 460 , sowohl in Folge des gesteigerten Verkehrs wie der Er— öffnung von fünf neuen Linien. Das sächsische Staatsbahnnetz (ein schließlich der unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen) hatte am genannten Tage eine Länge von 2320 km, so daß auf jeden Kilo— meter Bahnlänge 5,71 Beamte und 7,13 Arbeiter entfielen.
— Dem einen stattlichen Band bildenden Bericht des Magistrats von Frankfurt a. M. an die Stadtverordneten über die Verwal⸗ tung und den Stand der Gemeindeangelegenheiten am Schluß des Etatsjahres 1883 — 35 ist Folgendes entnommen: Das Standes⸗ amt verzeichnete 4129 Geburten, 3145 Sterbefälle, 1340 Eheschließungen, 1400 Aufgebote, 29 Ehescheidungen. Rechneiamt. Die Anlehens— schuld betrug am 31. März 1885: 37 285 488,43 (66. gegen 34 764 260,04 M1. im Vorjahre. Die Einnahmen im Ordinarium betrugen insgesammt 8 927 806,09 „6, überstiegen den Voranschlag um 442 796,53 4 Die Ausgaben mit 8 352 755,47 „M blieben gegen den Voranschlag zurück um 132 253,94 M Es ergab sich somit im Ordinarium ein in dem Extraordinarium zu verwendender Ueberschuß von 57h 00 68 „e Die Einnahmen im Extraordingrium er⸗ gaben 4 214 33 b (davon 2 970 244 s aus Anlehen). Die Ausgaben erforderten 4 789 934 6 An direkten Staatsst euern gingen in Frankfurt a M. ein: Grundsteuer 26 443 n, Gebäudesteuer 743 9714, Gewerbesteuer 362 671 A6, Klassensteuer 472 500 M6, Einkommensteuer L 630746 , zusammen 3 236 332,38 S6. oder 20,81 S pro Kopf der Bevölkerung. Die städtischen Steuern ertrugen: Zuschläge zur Staats-Klassensteuer 300 036 6, zur Staats-Einkommensteuer 2454071 46, Einkommensteuer von juristischen Personen und Forensen 326 048 S, Wohnungs- und Miethssteuer 1 089 915 S½ , Währschafts— geld 219 007 „6, sonstige Steuern 116227 6, Summa der städtischen Steuern 4 805 006,52 6 oder 30,)9 (it pro Kopf der Bevölkerung. Der Stadtwal!d ergab einen Netto⸗Ertrag von 124 724,6 S6. Bau⸗ bescheide wurden 634 ertheilt. Die städtische Wasserleitung mit einem Anlagekapital von 11 692 499 4 hatte Einnahmen aus Wasser⸗ geld u. s. w. 1040 496 6, Betriebsunkosten 280 463 0, Ueberschuß der Einnahme 760 033 „Sς, Durchschnittsverzinsung des Anlagekapitals somit 6,0 pCt. An den städtischen Kanal sind angeschlossen 7144 Haͤuser mit 21131 Wohnungen. Die Länge der städtischen Siele selbst ist 166 479 m. Das städtische Quel lwasser⸗Rohrnetz hat eine Gesammtlänge von 143 399 m, das Flußwasserrohrnetz eine solche von 4434 m. Von der Straßenbau⸗Abthlg. wurden 31 271 4m neue Fahrbahnflächen, 20498 4m neue Trottoirflächen, 6073 4m Chaussirungsflächen hergestellt und 83 840 am Pflaster⸗ und 81 710 4m Chaussirungsflächen reparirt. Im Schlachthaus wurden geschlachtet
12557 Ochsen, 3711 Kühe, 41 095 Schweine, 38 375 Kälber, 19 259
Hammel. Der neuerbaute Viehhof umfaßt 3 ha 1 a 60 qm und enthält neben Verwaltungs- und Börsengebäude Stallraum für 300 Stück Großvieh, 4190 Stück Kleinvieh. Der Großviehmarkt bietet Raum für 1000 Stück Großvieh. Auf den Viehhof wurden angetrieben 23 472 Ochsen, 16724 Kühe, 47 439 Schweine, 34 892 Kälber, 16 500 Hammel ꝛc. Ortskrankenkassen sind 16 gebildet, welche Anfangs Januar 1885 7140, Ende März 1885 bereits 9395 Mitglieder zählten und sich wohl bewähren. Die Berufs— feuerwehr bestand aus 1 Branddirektor und 77 Mann. Die frei— willige Feuerwehr kesteht aus 290 Mann und wird ständig beim Sicherheitsdienst, wie bei größeren Bränden herangezogen. Die Theaterfeuerwehr besteht aus 1 Mann. Das städtische Feuer— Telegraphenkabel ist 47 875 m lang und beförderte 34 139 De— peschen. Die Straßenreinigung erforderte 133 874,50 S0. Es wurden gereinigt insgesammt 1 365 139 m Straßenfläche. Das Per— sonal ist 140 Mann stark. Die Straßenbegießung erforderte 82 741 09 1 Wasser und kostete 37283 60 Der städtische Fuhr⸗ park besteht aus 90 Pferden. Die städtischen Schulen wurden besucht von 17973 Schülern. Die Einnahmen betrugen 856 500 ., die Ausgaben L695 495 , somit städtischer Zuschuß 238 597 . An den 27 städtischen Schulen unterrichteten z94 Lehrer und 75 Lehrerinnen. Die Armenverwaltung unterstützte 11 303 Personen und erfordert? die Außenarmenpflege 308 715 „S, die geschlossene Armenpflege 375 535 (. Das städtische Pfandhaus hat bei Be— rechnung von 12 (0 Zinsen auf 43 176 Gegenstände 553 706 6 dar- geliehen und erforderte einen städtischen Zuschuß von 6657 0 Dem Jahresbericht der Stadtverwaltung ist ein ausführliches Tabelken—
werk über die Sterbefälle zu Frankfurt a. M. in den Jahren
1872, 1876 und 1881 beigefügt.
Kunst, Wissenschaft und Literatur. Das Gerichtskassenwesen in Preußen. Systema— tische Zusammenstellung aller das Kassenwesen bei den
preußischen Justizbehörden betreffenden gesetzlichen und administrativen Vorschriften. it Erläuterungen von J. Wollenzien. Rendant der Königl. Gerichtskasse zu Pleschen. Berlin, 1885. Franz Siemenroth. 1. bis 3. Lieferung. — Wollenziens Werk wird alle auf das Gerichtskassenwesen in 1 bezüglichen Be⸗ stimmungen, soweit dieselben einerseits in den Landesgesetzen enthalten, andererseits in Instruktionen, Anweisungen und Verfügungen der Justiz⸗ verwaltung oder anderer Verwaltungsbehörden zum Ausdruck gelangt sind, in ihrer heutigen Gestaltung und Geltung umfassen. Diese Bestim⸗ mungen werden vollständig in ihrer amtlichen Textfassung wiedergegeben und in 10 Gruppen systematisch zusammengestellt werden. Diese zehn Gruppen bezw. Abtheilungen sind folgende: J. Kassenverwaltung, Il. Fondsverwaltung, III. Verwaltungszwangsverfahren, IV. Vertre⸗ tung des Fiskus, V. Kanzleiwesen, VI. Revisionswesen, VII. Defekten⸗
verfahren, VIII. Verwahrungswesen, IX. Kautionswesen, X. An⸗
hang. Die größeren und wichtigeren dieser Bestimmungs⸗ akte, insbesondere die Kasseninstruktion, die Etatsinstruttion und die Verordnungen über das Verwaltungszwangsverfahren, sind mit fort⸗ laufenden erläuternden Anmerkungen und erklärenden Hinweisen auf Parallelstellen versehen; auch, soweit diese Bestimmungsakte auf ander⸗ weite gesetzliche oder reglementarische Vorschriften verweisen, die in Bezug genommenen Vorschriften theils in ihrer ursprünglichen Fassung, theils ihrem wesentlichen Inhalt nach in den Anmerkungen wieder gegeben. Außerdem wird dem praktischen Bedürfniß durch Ein— reihung von zahlreichen Formularen und Einfügung von Beispielen Rechnung getragen. Auf diese Weise dürfte mit Wollen— ziens „Gerichtskassenwesenꝰ sowohl den Kassenbeamten und An— wärtern im Kassenfach ein den Dienst erleichterndes und die Belehrung förderndes nützliches Hilfsbuch, als auch den als Kassenkuratoren fungirenden Richtern und anderen Vor— standsbeamten zur bequemen Orientirung ein willkommenes Nach— schlagebuch dargeboten werden. — Das ganze Werk wird in 6 Lieferungen von gleichem Umfange und zum Preise von je 1,50 . ausgegeben. Die drei ersten Lieferungen, die soeben erschienen, ent— halten die J. Abtheilung, Kassenverwaltung (A. Kasseninstruktion vom l. Dezember 1884, B. Anweisung vom 11. Dezember 1884, betreffend die Wiedereinziehung der Kosten, welche bei den von der Verwaltung des Innern ressortirenden Straf- und Gefängnißanstalten entstehen, C. Allgemeine Verfügung vom 23. März 1885, betreffend die für Rechnung der Justizoffizianten-Wittwenkasse durch die Gerichtskassen zu leistenden Zahlungen) vollständig und von der II. Abtheilung, Fonds— verwaltung, die ersten 2 Unterabtheilungen (A. Allgemeine Verfügung, betreffend die Bezeichnung der Kapitel und Titel des Justizetats vom 9. Dezember 1884, nebst zugehörigem Verzeichniß; B. Instruktion für die Verwaltung der Etatsfonds bei den Justizbehörden vom 3. März 1885).
— Von der 4. verbesserten Auflage der von den Rechtsanwälten beim Kammergericht, Geh. Justiz⸗Rath G. von Wil mowski und M. Levy (Verlag von Franz Vahlen, Berlin) mit Kommentar herausgegebenen Civilprozeßordnung und des Gerichts—
verfafsungsgesetzes für das Deutsche Reich ist vor Kurzem
die 6. (Schluß⸗) Lieferung (TVI S. u. S. 1041 —1328) erschienen. Dieselbe enthält von dem 9. Buch der Civilprozeßordnung (Aufgebots— verfahren) Fortsetzung und Schluß, sowie das 10. Buch (Schieds— richterliches Verfahren). Nachdem somit die Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 in ihren 10 Büchern, von einem reichhaltigen Kom— mentar in den Anmerkungen zu den einzelnen Paragraphen begleitet, vollendet vorliegt, folgt nun in der vorliegenden 6. Lieferung das Gesetz, betreffend die Einführung der Civilprozeßordnung, vom 30. Januar 1877, gleichfalls mit ausführlichem Kommentar versehen; auf das Einführungsgesetz sodann das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 mit seinen 16, ebenfalls erläuterten Titeln (Richter⸗ amt, Gerichtsbarkeit, Amtsgerichte, Schöffengerichte, Landgerichte, Schwurgerichte, Kammern für die Handelssachen, Ober-Landes⸗ gerichte, Reichsgericht, Staatsanwaltschaft, Gerichtsschreiber, Zu— stellungs- und Vollstreckungsbeamte, Rechtshülfe, Oeffentlichkeit und Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Berathung und Abstimmung, Gerichts- ferien); endlich das Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877. An diese verschiedenen Abtheilungen schließt sich hierauf noch ein „Nachtrag“ zu den voraufgegangenen 10 Büchern der Civilprozeßordnung an. Den Schluß des trefflichen Werks endlich bildet ein sehr reichhaltiges und genaues Sachregister. Nachdem das Werk somit in der 4. Auflage zum Abschluß gelangt ist, bemerken
wir nur noch, daß auch bei der Bearbeitung dieser 4. Auflage Gesetz⸗
gebung, Literatur und Rechtsprechung nach Möglichkeit berücksichtigt und verwerthet sind, und daß, wie man sich unschwer überzeugt, das Werk von Neuem einer sorgfältiger Durchsicht unterworfen und überall, wo es nöthig schien, die zur Bereicherung bessernde Hand angelegt worden ist zur Berichtigung von Irrthümern, zur Bereicherung des Kommentars mit . Material, sowie zur Gewinnung weiterer theoretischer Erkenntniß der prezessualischen Rechtsinstitute nach ihrem dogmatischen Inhalt und ihrer geschichtlichen Entwickelung. — Der Preis für das vollständige Werk, das in der 4. Auflage 84 Bogen umfaßt, beträgt geheftet 25 M, gebunden (in 2 Bänden) 390 (.
— Hülfsbuch für den Unterricht in der branden⸗ burgisch-preußischen Geschichte für höhere Lehranstalten und Mittelschulen, von Dr. K. Lohmeyer, Professor an der Universität zu Königsberg i. Pr., und A. Thomas, Oberlehrer am Realgymnasium zu Tilsit. Halle a. S. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses. 1886. Preis 1 6 — Bekanntlich sind zwar zahl⸗ reiche, auch vielfach aufgelegte Hülfsbücher für den Unterricht in der preußischen Geschichte bereits vorhanden; gleichwohl ist das vorliegende geschichtliche Lehrbuch keineswegs überflüssig, da in jenen sehr oft die Forschungen der letzten Jahrzehnte und ihre reichen Ergebnisse wenig oder gar nicht berückeichtigt sind. Dies ist jedoch von den Verfassern der vorliegenden Schrift durchaus und überall geschehen, obwohl sie sich bei dieser Berücksichtigung des gegenwärtigen wissenschaftlichen Standpunkts mit Recht nur auf feststehende Resultate beschränkt und Alles, was sich noch in der Schwebe befindet oder nur auf Vermuthung beruht, bei Seite gelassen haben. Das vorliegende Buch ist zunächst für die Ober-Tertia höherer Unterrichtsanstalten berechnet, kann aber auch an Mädchenschulen, an Mittelschulen und im Privat— unterricht Verwendung finden. Was die Auswahl des Stoffes betrifft, so ist, in Unterscheidung von den meisten anderen Hülfs⸗ büchern der preußisch⸗brandenburgischen Geschichte, im 1. Abschnitt die Geschichte des Ordenslandes Preußen mit besonderer Ausführlich⸗ keit (auf 17 S., bis z. J. 1618) behandelt, weil, wie die Verfasser sagen, gerade dieser Theil der preußischen Geschichte in den Schul⸗ büchern mit hervorragender Kritiklosigkeit behandelt zu werden pflege. Auf diesen Abschnitt folgt sodann (vp. S 18 — 28) in 8 Abschnitten übersichtlich und klar die Geschichte bis zur Herstellung des Deutschen Reichs durch Kaiser Wilhelm am 18. Januar 1871. Dieser zusammen— hängenden geschichtlichen Darstellung sind ferner noch die wichtigsten Jahreszahlen aus der brandenburgischpreußischen Geschichte bis zum 10. Mai 1871, eine Uebersicht der äußeren Entwickelung des bran⸗ denburgisch-preußischen Staatsgebiets bis auf die Gegenwart (1866), sowie 2 genealogische Ta bellen angefügt. .
In demselben Verlage und für denselben Preis erschien soeben, gleichfalls von Professor Dr. Lohmeyer und Oberlehrer Thomas verfaßt, ein Hülfsbuch für den Unterricht in der Deutschen Geschichte bis zum westfälischen Frieden“ (35 S.). Dieses Buch bildet die Ergänzung des oben besprochenen Hülfsbuchs für die brandenburgisch-preußische Geschichte, so daß beide Bücher zusammen den für die Tertia höherer Lehranstalten vorgeschriebenen Steff um— fassen und abschließen. Doch dürfte auch dieses Büchlein nicht blos an den höheren Unterrichtsanstalten im engern Sinne des Worts, sondern auch an Mädchenschulen, an Mittelschulen, und beim Privat- unterricht Verwendung finden können. Auch bei dieser Arbeit sind die Verfasser bemüht gewesen, den streng wissenschaftlichen Standpunkt zu wahren. Die äußere Einrichtung entspricht genau der des andern Buches. Am Schluß sind, außer der Inhaltsangabe der Deutschen Geschichte bis zum westfälischen Frieden 1648, die wichtigsten Jahres— zahlen aus der Deutschen Geschichte bis zum westfälischen Frieden und 5 genealogische Tabellen beigegeben.
— „Berlin und Wien in den Jabren 1845 —1852, poli⸗ tische Privatbriefe des damaligen Königlich sächsischen Legations— Sekretärs Karl Friedrich Grafen Vitzthum von GEckstädt, mit einem Vorwort von Dr Karl Müller.“ (338 S. gr. 80. Stuttgart, Verlag der F. G. Cotta'schen Buchhandlung, 1886, geh. 5 , eleg. geb. 6 S). — Die zahlreichen hier der Oeffentlichkeit über—⸗ gebenen Briefe sind in den Jahren 1845 bis Mitte 1847 in Berlin, dann bis April 1852 in Wien, wohin der Verfasser versetzt worden war, geschrieben, und sind, stets unter dem frischen Eindruck der Er— eignisse verfaßt, ein getreuer Spiegel der politischen Verhältnisse ihrer Zeit, insonderheit in der deutschen Frage, welcher Graf Vitzthum ver— möge seiner amtlichen Stellung, dann aber auch aus persönlichem In— teresse mit besonderer Aufmerksamkeit folgte. Er hat in Berlin die Zeit des Vereinigten Landtags, in Wien die Märzrevolution mit ihren Nachwehen und Folgen, Oesterreichs Siege und sein Ringen um die
, . in Deutschland erlebt, alle Ereignisse theils aus eigener Beobachtung, theils aus Erkundigung an bester Quelle klar gestellt und darüber fortlaufend mit photographischer Genauigkeit an seine Mutter in den hier vorliegenden Briefen berichtet. Sie enthalten daher ein sehr werthvolles und zuverlässiges geschichtliches Material, welches um so schätzbarer, als es nicht nach politischen Rücksichten verarbeitet ist: die Briefe sind vielmehr die Ergüsse eines für sein Vaterland glühenden jugendlichen Herzens, welches in seinen Sorgen bei der hochverehrten und hochgebildeten Mutter Trost, in seinen Hoffnungen bei ihr Stär⸗ kung sucht, daher sich immer offen und wahr ausspricht. Graf Vitz—⸗ thum, im Jahr 1845 als 25jähriger Mann in Berlin angestellt, zeigt in seinen Briefen eine für seine Jahre ungewöhnliche Reife des Ur— theils, die er seinem ernsten Charakter und seiner gediegenen klassischen Bildung zu verdanken hat, eine feine Beobachtungsgabe und eine nicht ungewöhnliche Darstellungskunst. Die Briefe sind daher schon an sich eine anziehende Lektüre, sie berühren schon durch das Vertrauen zwischen Mutter und Sohn, welches sich aus ihnen kundgiebt, wohlthuend und fesseln durch den reichen Inhalt, der sich nicht auf Politik allein bezieht, sondern Alles umfaßt, was auf den jungen Grafen Eindruck gemacht hat und die theilnehmende Mutter interessiren konnte: Religion, Kunst und Wissenschaft, Personalien, Feste, Theater un s. w., auch einzelne andere Briefe sind eingestreut. Aber ihr publizistischer Werth liegt in der Beleuchtung der großen politischen Fragen, über die hier neues Licht verbreitet wird. Der konservative und religiöse Graf Vitzthum hatte in Berlin seine Hoffnungen für das deutsche Vaterland an Preußen geknüpft, in Wien hatte ihn aber der Zauber der Persönlichkeit des Kaisers und des Fürsten Felir zu Schwarzenberg so 'ehr in Oesterreichs Kreise ge⸗ bannt, daß er Ende 18590 fast bedauerte, daß Fürst Schwarzenberg mit Preußen Frieden geschlossen hatte, aber bei Preußen dachte der Graf nicht an den preußischen Staat, sondern an“ eine kleine revolu⸗ tionäre Partei, welche denselben nach seiner Ansicht zeitweilig be— herrschte. So schief der Verfasser von Wien aus auch die breu— ßischen Verhältnisse jener Zeit mitunter auffaßte — er hielt es z. B. im Jahre 1850 für inöglich, daß das Ausland die preußische Regierung gegen ihre eigene Landwehr . müsse! — so interessant sind seine ausführlichen Mittheilungen über die damaligen An⸗ und Absichten Oesterreichs, über die Stimmung im Kaiserstaat und über die dort maßgebenden Persönlichkeiten. Mit der ergreifenden Erzählung von dem Tode des Fürsten von Schwarzenberg im April 1852 schließen die Briefe, da Graf Vitzthum in demselben Monat als Geschäfts— träger nach St. Petersburg gesendet wurde. Seine schon im Jahre 1848 gefaßte und bis zum Schluß der Briefe festgehaltene Ansicht, daß die deutsche Frage nur durch Krieg gelöst werden könnte, hat die spätere Geschichte bestätigt; auch sein Schmerzensschrei in einem Briefe vom 21. August 1850 „Was hilft dem Könige von Preußen die beste Armee, so lange es ihm an einem Staatsmanne fehlt, die⸗ selbe zur rechten Zeit und am rechten Orte ju gebrauchen!“ ist von der Vorsehung erhört worden, und der Jugendtraum des Verfassers, daß in Preußen „ein Staatsmann an der Spitze der Regie—⸗ rung stehen möchte, der die Sache Deutschlands zu der seinigen mache und mit vollen Segeln vorangehe, um für Preußen die erbliche deutsche Kaiserkrone zu erwerben“ (Brief vom 2. August 1848) ist Wirklichkeit geworden; darum wollen wir uns in der Gegenwart seiner patriotischen Gesinnung nur freuen und nicht mit ihm rechten, daß sie ihn zeitweise in das damals feind⸗ liche Lager getrieben hat Jedenfalls hat er Dank für die Veröffent—⸗ lichung seiner geschichtlich werthvollen Briefe verdient. Das inter— essante Buch hat durch ein im Oktober 1885 geschriebenes Fragment über den Fürsten von Metternich, mit dem der Verfasser noch persön— lich verkehrt hat, eine werthvolle Beigabe erhalten. Wer sich über die einzelnen der zahlreichen Persönlichkeiten unterrichten will, die der Briefwechsel vorführt, findet in dem angehängten Namensverzeichniß den erforderlichen Nachweis.
— Illustrirtes Lexikon der Verfälschungen und Verunreinigungen der Nahrungs- und Genußmittel, der Kolonialwaaren und Manufakte, der Droguen, Chemikalien und Farbwaaren, gewerblichen und land— wirthschaftlichen Produkte, Dokumente und Werthzeichen. Mit Berücksichtigung des Gesetzes vom 14. Mai 1879, betr. den Verkehr mit Nahrunge mitteln, Genußmitteln und Gebrauchs⸗ gegenständen, sowie aller Verordnungen und Vereinbarungen. Unter Mitwirkung von Fachgelehrten und Sachverständigen heraus⸗ gegeben von Dr. Otto Dam mer. Leipzig, Verlags⸗ buchhandlung von J. J. Weber, 1885. 3. Lieferung. — Da Verfäͤlschungen der Nahrungs« und Genußmittel be— kanntlich gegenwärtig sehr häufig vorkommen und die Prüfung der Waare in den meisten Fällen erheblichen Schwierigkeiten unter liegt, so soll das vorliegende, von berufensten Autoren verfaßte Werk hierzu ein zweckmäßiges Hülfsmittel an die Hand geben. Dasselbe bringt nämlich eine Uebersicht über alle einschlägigen Verhältnisse und giebt genaue Anleitung zur Untersuchung der Waaren, und zwar nicht nur für den auf diesem speziellen Gebiete geübten Chemiker, sondern für Jeden, welcher mit chemischen Arbeiten einigermaßen vertraut ist und den guten Willen besitzt, sich nach den gegebenen An— leitungen sorgfältig einzuarbeiten. Der Spezialist findet eine Zu— sammenstellung und Besprechung aller bewährten Methoden, und dem Apotheker, dem Industriellen, dem Konsumenten wird genau angegeben, wie er Schritt für Schritt zu verfahren hat, um ein zuverlässiges Resultat zu gewinnen. Für die minder Geübten sind in den Artikeln Analyse, Reagentien, Mifroskop allgemeine Anleitungen gegeben worden. Das Buch beschränkt sich übrigens keineswegs auf Chemikalien, es sind alle wichtigeren Waaren, auch Baumaterialien, Edelsteine, Gespinnste und Gewebe, Düngerpräparate ꝛ2c., vor Allem ausführlich aber die Nahrungs- und Genußmittel, behandelt worden. Auch die Ver— fälschung von Handschriften, von Münzen u. s. w. wurde berück— sichtigt. Dieses höchst nützliche und praktische Werk erscheint in 5 Lieferungen à 5 M. Die 3 Lieferung, die soeben erschienen ist, reicht von „Getreide“ bis zu „Kunstbutter'. Von den daselbst behandelten Artikeln heben wir besonders hervor. Getreide, Gewebe, Gold, Handschriften, Hopfen, Kaffee, Kakao.
— Die in Leipzig und Berlin am 9. d. M. erscheinende Nr. 2219 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Ab—
bildungen: Vom serbisch⸗bulgarischen Kriegsschauplatz. 2 Abbildungen.
Nach Skizzen unseres Spezialzeichners R. von Ottenfeld. Rückzug der serbischen Kavalerie-Division von den Höhen der Plotscha Gwischen Nisch und Pirot). — Lager einer serbischen Proviantkolonne auf den Höhen von Cerveng⸗Rjeka bei Ak Palanka. — Jules Grévy, der wiedergewählte Präsident der französischen Republik. — Das neue herzogliche Bibliotheksgebäude zu Wolfenbüttel. Originaljeichnung von Nobert Geißler. — Zum 100jährigen Geburtstag des Komponisten Friedr. Schneider: Porträt deßselben. — Die Menzelfeier der Kunst⸗ akademiker in Berlin. Originaljeichnung von C. Koch. (Zweiseitig !. — Eine Hofjagd in der Göhrde. Originalzäichnung von Ludwig Beckmann. Lr. Johann Palisa. — Grabmal des Fürsten Leopold von Anhalt— Dessau und seiner Gemahlin Anna Liese in der Schloßkirche zu Dessau. Nach einer Zeichnung von L. Clericus. — Medaille zur Feier des J0. Geburtstages Adolf Menzels. — Die zusammengewachsenen Zwillinge Johann und Jakob Tocci. — Polytechnische Mittheilungen:
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