1886 / 10 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Jan 1886 18:00:01 GMT) scan diff

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Württemberg. Stuttgart, 12. Januar. (W. T. B.) Der „Staats⸗Anzeiger für Württemberg“ meldet die Ver⸗ lobung des Prinzen Wilhelm mit der Prinzessin Charlotte von Schaumburg⸗Lippe und fügt hinzu: der König sei durch diese Verbindung von innigster Freude erfüllt, welche im ganzen Lande den lebhaftesten Wiederhall finde; Se. Majestät . zuversichtlich, daß der Entschluß des Prinzen zum Wohle des Landes gereiche.

Mecklenburg Echwerin. Schwerin, 10. Januar. fn Folge des Ablebens des Staats⸗Ministers Grafen von Ba witz ist der Staatsrath Dr. Buchka, welcher seit 20 Jahren dem Justiz-Ministerium sowie den mit demselben verbundenen Abtheilungen für geistliche und Unterrichts-Angelegenheiten vorsteht, mit dem Vorsitz im Staats-Ministerium und mit den Funktionen des Ministers des Auswärtigen und des Großherzoglichen Hauses einstweilen betraut worden. In diesen Tagen hat sich derselbe zu dem Großherzog nach Cannes begeben.

Oefterreich⸗ Ungarn. Wien, 10. Januar. (Wien. Abdp.) Im niederösterreichischen Landtage wurde gestern die Debatte über die Vorlage, betreffend die Errichtung einer Landes⸗Hypothekenbank für Nieder-Oesterreich, zu Ende geführt. Das Resultat derselben ist die Annahme der Maggschen Anträge, durch welche die Angelegenheit bis zur nächsten Session vertagt erscheint. Außerdem wurde eine Reihe kleinerer Vorlagen der Erledigung zugeführt.

Großbritannien und Irland. London, 9. Januar. (Allg. Corr.) Der in der Sitzung der irischen National⸗ Liga am Dienstag verlesene neueste Ausweis der zum irischen parlamentarischen Fonds beigesteuerten Gaben weist einen Gesammtbetrag von 3603 Pfd. Sterl. 12 Sh. 6 P. auf, in welcher Summe Amer ika mit 3000 Pfd. Sterl., Austral-Asien mit 500 Pfd. Sterl., Canada mit 52 Pfd. Sterl., Neuseeland mit

50 Pfd. Sterl. und Irland mit 1 Pfd. Sterl. 12 Sh. 6 P.

figuriren. Die „St. James' Gazette“ kann nicht umhin, angesichts dessen auszurufen: ‚Von Amerika 3000 Pfd. Sterl.; von Irland 1 Pfd. Sterl. 12 Sh. 6 P.! Hier sehen wir, wie die Liga erhalten wird: Durch Leute, denen die legislative Unabhängigkeit Irlands ganz gleichgültig ist, aus— genommen als Mittel, um das von ihnen verabscheute Eng— land zu plagen, zu demüthigen und zu ruiniren. Nun ist die Frage, ob Engländer gedenken, sich durch Unzufriedene in der Heimath beschwatzen oder durch die Kreaturen fremder Bös— willigkeit einschüchtern zu lassen, um eine der ihnen von diesen Herrschaften angebotenen Alternativen anzunehmen, nämlich: die Vernichtung ihrer parlamentarischen Institution oder den Ruin des Reichs!“

Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Bhamo (Birma), vom 31. Dezember (via Minhla, 8. Januar):

Das Hauptquartier kam am 24. d. in Nyadoung an. Der Wun versammelte die Einwohner vor dem Gerichtshofe und verlas die britische Proklamation. Sämmtliche Einwohner schienen freundlich gesinnt und willig zu sein, die Engländer zu unter— stützen. Die Vorhut der Expedition erreichte Bhamo am 28. d. ohne auf Widerstand zu stoßen, sodaß keine , Verluste zu melden sind. Am nächsten Tage folgte das Hauptquartier und die Flotten⸗Brigade. Der Wun kam in einem landesüblichen Boote dem Dampfer des Generals entgegengefahren, und versicherte demselben, daß die Stadt friedlich gesinnt sei. Alsdann landete der General und wurde von dem Wun durch die Stadt geführt. In sämmtlichen von ihnen passirten Straßen bildeten die Einwohner, unter denen sich auch viele Chinesen befanden, Spalier.

12. Januar. (W. T. B.) Jackson, Mitglied des Unterhauses für North Leeds, ist an Stelle Ridley's zum Finanz-Sekretär im Schatzamt ernannt worden.

Frankreich. Paris, 9. Januar. (Fr. Corr.) Heute früh trat der Ministerrath im Elyséepalasi zusammen, um

ereits von linie unterrichtet.

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Die regel—

Tongking und Madagascar zu Diese dreifache Auf⸗ gabe wird nach der Ansicht des Conseils-Präsidenten enügen, das laufende Jahr auszufüllen, so daß es 1887 mög— ich sein werde, die politischen Fragen, die sich auf den ver— schiedenen Programmen der Republikaner befinden, zu prüfen. Auf die wirthschaftlichen und finanziellen Fragen, auf die Re⸗ formen zu hu fe der nationalen Arbeit gedenkt das Kabinet vorerst sein Augenmerk zu lenken. Hinsichtlich des Budgets will der Conseils-Präsident weder neue Steuern noch eine An— leihe, sondern rechnet hauptsächlich zur Herstellung des Gleichgewichts auf die Einschränkung in den Ausgaben. Namentlich beim Kriegsbudget beabsichtigt General Bou— langer, ohne dem Wesen irgend eines Zweiges Eintrag zu thun, eine ganz bedeutende Ersparniß durchzusetzen. Sollten aber die Verringerungen in den Ausgaben nicht ge— dn dann würden die ungenügenden Einnahmen durch Erhöhung der Alkoholsteuer und Aenderung der Verpflich— tungen des Staatsschätzes vermehrt werden, welche die allzu nahen Rückzahlungen auf einen genügend langen Zeitraum ver— theilen, so daß die im Budget eingeschriebenen Annuitäten vermindert werden. Außerdem be hd en, sich der heutige Ministerrath mit dem Budget-Entwurf für 1887, dessen allgemeine Grundzüge der Finanz⸗Minister Sadi Carnot zur Kenntniß brachte. Der Finanz-Minister beab— sichtigt, ein wirkliches und ehrliches Gleichgewicht im Budget herzustellen, ohne jedoch zur Kreirung neuer Steuern noch zu

billigste

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einer Anleihe zu schreiten. Er richtete daher an seine Kollegen das Ersuchen, ihre respektinen Budgets einer neuen ernst— lichen Prüfung zu unterwerfen und jede nur mögliche Er⸗ sparniß vorzunehmen Wie es heißt, sind insbesondere der Kriegs und der Marine⸗-Minister gewillt, umfassende Erspar⸗ nisse in ihren respectiven Budgets eintreten zu lassen. Der Finanz⸗-Minister Sadi Carnot theilte bei dieser Gelegenheit mit, daß die Steuer Erträgnisse des letzten Dezember ganz be⸗ sonders ungünstige gewesen seien, namentlich in Folge des er— heblichen . beim Zucker. Das Jahr 1885 ist somit um 37 Millionen hinter den Voranschlägen des Budgets zu— rückgeblieben. Die Neuwahlen in den vier Departe—⸗ ments Ardäche, Corsica, Landes und Lozére, deren Abgeord⸗— nete invalidirt wurden, sind auf den 14. Februar fest⸗ gesetzt. Der Präsident der Republik unterzeich⸗ nete außerdem eine lange Reihe von Ernennungs— Dekreten höherer Beamter in den verschiedenen Ministerien. Ganz besonders durchgreifend gehen diesmal der General Boulanger und der Admiral Aube vor. Im Kriegs- wie im Marine-Ministerium wurden sämmt— liche Direktoren und Chefs durch andere Persönlichkeiten ersetzt. Zum Kabinets-Chef des Kriegs-Ministers wurde der Oberst Yung und zum Chef des Großen Generalstabes der Divisions—

eneral Galland, zu Unter-Chefs die Brigade⸗Generale Peau— cellier und de la Roque ernannt. Der Marine-Minister, Admiral Aube, der ein überzeugter Anhänger der Torpedos und ein Gegner der großen Panzerschiffe ist, soll sehr umfang— reiche Neuerungen und Reformen im Marine-Departement in Aussicht nehmen.

10. Januar. (Köln. Ztg. Im Marine-Mini⸗ sterium fanden folgende Personal-Veränderungen statt: Pertier, Ober-Inspektor des Verwaltungsdienstes, Direktor der Kolonien, wurde seiner Stelle entsetzt; Chatelain, Inspektor des Verwaltungsdienstes, wurde zum Direktor desselben er— nannt. Der Contre-Admiral Olvy, Direktor des Personals, wurde durch den Contre⸗Admiral Vignes ersetzt. Ducos, Audi⸗ teur erster Klasse im Staatsrath, ehemaliger Kabinets-Chef des Handels-Ministers Herisson, ersetzt Fournier, Direktor der Buchführung; Renard, Unter-Direktor im Handels-Ministerium, Faure, Unter⸗-Direktor der Buchführung, und Hervoches de Guillon den General⸗-Kommissar Lureau. Der Justiz— Minister hat den ö des Gerichtshofes in Tunis versetzt, weil er gegen den General-Residenten eine feindselige Haltung gezeigt habe.

11. Januar. (W. T. B.) Die Kammern werden morgen die Wahlen der Präsiden ten vornehmen. Die Verlesung der Botschaft und der ministeriellen Erklärung erfolgt voraussichtlich am Donnerstag. Der Handels-Minister Lockroy erklärte Vertretern des Ge— meinderaths gegenüber: er bereite einen Gesetzentwurf, betreffend die Ausstellung im Jahre 1839, vor, und werde denselben demnächst vorlegen.

Spanien. Madrid, 11. Januar. (W. T. B.) Offizielle Depeschen aus Cartagena melden über einen Versuch, sich des Forts St. Julien zu bemächtigen, Folgendes: Der Militär⸗Gouverneur von Cartagena wurde heute früh 1 Uhr davon benachrichtigt, daß auf dem Fort St. Julien ein Aufstand stattgsfunden habe. (Das Fort liegt am Meere in der äußeren Vertheibigungslinie) Ein Sergeant hatte sich unter dem Schutz der Dunkelheit an der Spitze einer Anzahl Bauern dem Fort genähert und ein anderer Sergeant der Garde öffnete das Thor. Die Aufrührer drangen ein und überraschten den Gouverneur des Forts. General Fajardo, von dem Ueberfall benachrich— tigt, rückte von Cartagena aus mit 5 Compagnien gegen das Fort vor, ließ die Compagnien indessen in einer gewissen Entfernung Halt machen und begab sich nur mit 4 Gendar— men näher an das Fort, um die Aufständischen zur Ueber— gabe zu bringen. Letztere gaben jedoch Feuer und verwunde— ten den General durch 4 Schüsse. Da sie aber die Unmöglich— keit erkannten, in dem Fort Widerstand zu leisten, weil sie durch die Besatzung nicht unterstützt wurden, so entflohen sie nach dem Meere. In Cartagena herrscht Ruhe.

Italien. Neapel, 11. Januar. (W. T. B.) Pozzolini ist nach Massauah abgereist.

Griechenland. Athen, 11. Januar. (W. T. B.) Der Kollektivschritt zur Herbeiführung der Abrüstung fand heute mittelst einer von sämmtlichen Vertretern der Groß— mächte unterzeichneten Note statt.

Serbien. Belgrad, 11. Januar. (W. T. B.) Die Nachrichten von der Demission des Ministers des Innern, Marinkowitsch, und von Konferenzen aller Parteiführer im Königlichen Palais unter Vorsitz des Königs werden von kompetenter Seite für unbegründet ertlärt.

19 Janna. (B. T. B) Die Vertreter der Großmächte überreichten heute eine Kollektivnote, in welcher auf Anregung der russischen Regierung die Ab— rüstung der Balkanstaaten gefordert wird. General Leschjanin ist gestern zum militärischen Beirath bei den Friedensverhandlungen ernannt worden. Der König kehrt heute Mittag mit dem militärischen Gefolge nach Nisch zurück.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. Januar. (W. T. B.) Das Journal de St. Pétersbourg“ be⸗ stätigt, daß die Mächte dem russischen Vorschlage, Serbien und Bulgarien zur Entwaffnung aufzu— fordern, zugestimmt haben. Das „Journal“ bemerkt hierzu: diese Zustimmung bekunde in bestimmter Weise die Einmüthigkeit der Mächte angesichts der Gefahren, welche jene Länder bedrohen; ungeachtet des Mißerfolges der Konferenz könne dies der Ausgangspunkt einer neuen diplomatischen Aktion werden, welche, wenn sie diesmal aufrichtige Unter— stützung finde und wirksam fortgeführt werde, den Orient vor neuen Komplikationen bewahren dürfte.

Das „Finanz⸗Amtsblatt“ veröffentlicht eine vom Kaiser sanktionirte Entschließung des Reichsraths, wonach vom 13. (.) Januar 1886 ab im Münzsystem einige Veränderungen eintreten sollen. Es sollen Gold— münzen (Imperials) zu 10 Rubeln geprägt werden. Diese sollen, wie die zu prägenden rvollwerthigen silbernen Münzen, V0 Theile des bezüglichen reinen Edelmetalls und 1090 Theile . enthalten. Silberne Scheidemünzen, die ausschließlich für den Verkehr im Innern des Reichs bestimmt sind, sollen 500 Theile reinen Silbers und ebensoviel Kupfer enthalten.

Dänemark. Kopenhagen, 11. Januar. (W. T. B.) Das Höchste Gericht bestätigte heute das Urtheil, durch welches der Präsident des Folkethinges, Berg,

General

zu einer sechsmonatlichen Gefängnißstrafe verurtheilt worden war, weil er im Juli 1884 bei Gelegenheit einer po⸗ litischen Versammlung in Holstebro (Jütland) sich an der ge— waltsamen Entfernung des Polizeimeisters von der Redner⸗ tribüne betheiligt hatte.

Zeitungsstimmen.

Die „Kölnische Zeitung“ schließt eine Besprechung der Branntwein⸗Monopol⸗Vorlage mit folgenden Sätzen:

...Das sind Bedenken von Einzelheiten, über die sich eine Ver⸗ ständigung wohl finden lassen wird. Das Wesen des ganzen Ent⸗ wurfs ist so einfach und die Interessen der verschiedenen Brennerei⸗ betriebe sind so geschickt gewahrt, daß nur Diejenigen den Entwurf von vornherein werden abweisen können, die sich auf den grundsätz' lichen Standpuntt stellen, überhaupt jedes Monopol als solches zu verwerfen.

Die „Hamburger Nachrichten“ äußern sich über das Branntwein⸗Monopol folgendermaßen:

„Sieht man von den prinzipiellen Bedenken ab, so läßt sich vielleicht nicht verkennen, daß der Entwurf wenigstens bemüht ist, alle konkurrirenden Interessen zu berücksichtigen und dem prinzipiellen Ge⸗ sichtspunkte in ergiebiger und doch zugleich schonender Weife dienstbar zu machen, insbesondere was die Interessen der Landwirthschaft, der industriellen und gewerblichen Betriebe anlangt, dann aber auch in Betreff der Finanz⸗ und sozialpolitischen Seite der Sache. Ferner nimmt der Entwurf besondere Rücksicht auf die Volksgesundheitspflege und die öffentliche Moral. Nach allen diesen Richtungen begegnen wir in der Vorlage den beachtenswerthen Winken und Vorschlägen unter Voranstellung der Bedingungen der Zweck— mäßigkeit und praktischen Brauchbarkeit. Wir halten deshalb dafür, daß in dem Entwurf nunmehr wenigstens die geeignetste Grundlage für eine sachliche Behandlung des hochwichtigen Gegenstandes gegeben ist, welche bisher so sehr zu vermissen war.“

Ueber denselben Gegenstand schreibt der, Sch wäbische Merkur“:

... Von dem Standpunkt, jedes Monopol überhaupt zu verwerfen, ist man am Entferntesten in Süddeutschland. Hier haben Diejenigen, welche stets zur nationalen Sache gehalten haben, die Idee des Branntweinmonopols, wie früher die des Tabackmonopols, freudig begrüßt als einen Verfuch, das Reich finanziell fest auf die Füße zu stellen. Sie wollen so wenig als irgend Jemand in Bausch und Bogen annehmen, was da erfonnen worden ist. Aber sie scheuen sich nicht vor dem Worte „Monopol“ und vor dem allerdings bedeutenden Eingriff der Reichsgewalt, der darin ent— halten ist. Stärkung der Reichsgewalt ist ihnen überhaupt kein Gegenstand des Schreckens, und sie glauben auch den Einzelstaaten besser zu dienen dadurch, daß sie sie helfen in den Stand setzen, Glie⸗ der eines reiche Einnahmen ziehenden Ganzen zu werden, als ihre finanziell so schwierig gewordene Lage endlos zu verlängern. Und aufs Ganze gesehen, ist es nicht lächerlich und auf die Länge unerträglich, daß unsere Nachbarn, die ohnedies aus dem Tahack, sei es durch ein Monopol, sei es durch monopolartige Besteuerung, leichte und große Einnahmen erzielen, auch durch den Branntwein sich große Mittel verschaffen, durch die sie uns finanziell überlegen sind, was denn doch auch politisch ja sehr in Betracht kommt? Wir bedenklichen Deutschen ziehen jährlich 53 Millionen Mark aus dem Branntwein, Frankreich 200, England 300, Rußland 600! Im „Lande der Freiheit“, Nordamerika, gewinnt man damit 200 Millionen und deckt dadurch die halben Staatsausgaben.

Monopol uns helfen kann,

he f Wir sehen Wir wollen helfen an dem Werke des

Inder „Landes-Zeitung für Elsaß-Lothringen“ lesen wir:

Nicht selten werden die sozialpolitischen Bestrebungen des Deut— schen Reichs als eine Art Modesache behandelt, die ohne tieferen Grund das wohlwollende Interesse weiter Kreise auf sich zu lenken wußte; bei der praktischen Undurchführbarkeit der gesammten Ideen, so hört man oft, werde, wie bei jedem Modeartikel, so auch hier, dies Irteresse nur von kurzer Dauer sein.

Gegenüber solchen, theils auf gutmüthigem Unverstand, theils auf sehr verständiger Böswilligkeit beruhenden oberflächlichen Urtheilen, die gerade wegen ihrer Oberflächlichkeit für die Sozialpolitik hinter Bierkrug und Weinflasche sehr viel Verlockendes haben, ist es ein wohlthuendes Gefühl, Anschauungen zu begegnen, die in ernster, vorurtheilsloser Untersuchung der Sache tiefer auf den Grund zu gehen uchen In hervorragender Weise tritt uns nun dies letztere in einem Vortrag entgegen, welchen einer der bedeutendsten Großindu— striellen der Schweiz, Hr. H. Wunderly⸗ v. Muralt in Zürich, am 4. Dezernber v. J. in der ‚Kaufmännischen Gesellschaft“ daselbst gehalten hat und welcher nunmehr unter dem Titel: „Ueber Haftpflicht aus Fabrikbetrieb und Einführung der allgemeinen Unfallversicherung“ zei Zürcher und Furrer im Druck erschienen ist. Der Verfasser he— trachtet, großentheils im Anschluß an Erörterungen von Pro— fessor Paasche, die ganze Sache von dem Standpunkt aus, daß er die Entwickelung von der Haftpflicht zur allgemeinen Unfallversicherungsgesetzgebung mit Rücksicht auf deren Verhält— niß zu den Grundsätzen des alten Privatrechts ins Auge faßt; gerade mit diesen letzteren mußte auf diesem bestimmten Gebiete immer mehr gebrochen werden, denn so lange die Arbeiter auf Prozesse an— gewiesen waren, in denen sie den oft recht schwierigen Beweis für ein Verschulden des Arbeitgebers oder dessen Beamte zu erbringen hatten, konnte von einer Ueberbrückung der immer tiefer gähnenden Kluft zwischen Arbeiter und Arbeitgeber nicht die Rede sein. Recht hübsch zusammengestellt ist das gegenseitige Verhältniß des Haft— pflichtgesetzes, des Sozialistengesetzes (mit der beigegebenen Ver— sicherung, daß die Regierung selbst für das Wohl der arbeitenden Klassen eintreten werde), der Schutzzölle zur Beschaffung der Armee— kosten, der Heranziehung der geschützten Produzenten zu den Kosten der durch die neuen Wirthschaftsgesetze geschaffenen Einrichtungen. Dabei hat Deutschland in richtiger Erkenntniß der realen Verhält— nisse seine neue Gesetzgebung mit der Krankenversicherung begonnen, denn bei den meisten Unfällen ist nicht sofort die Natur des eingetre⸗ tenen Schadens zu erkennen und erst nach einiger Zeit zu bestimmen, ob für bleibende Schäden mit ganzer oder theilweiser Arbeitsunfähig⸗ keit zu sorgen ist. Daß Wunderly den Schutzzöllen als Basis einer So⸗ zialgesetzgebung keinen dauernden Bestand zuerkennt, ist bei dem schweizerischen Wirthschaftspolitiker sehr erklärlich, für den das „Ausland“ eine wesentlich andere Größe ist als für einen Staats— mann des Deutschen Reichs; dazu steht Wunderly in dieser Be— ziehung noch offenbar etwas stark auf den Schultern der alten Dekonomie, die nur für absolute Wirthschaftswahrheiten ihre Rezepte geschrieben hat.

Wir wünschen dem Büchlein noch manch ähnliche Nachfolger mit gleicher Urtheilskraft und gleicher Gerechtigkeitsliebe; sicherlich würde dadurch viel dazu beigetragen, daß auch in weiteren Kreisen die allgemeine Unfallverficherung anerkannt würde als ein wunderbarer Fortschritt des modernen Zeitgeistes, berufen, den Staat; zu beben und bie Familie zu beleben, die Einigkeit zu stärken und die Zusammen⸗ gehörigkeit zu fördern!“

Centralblatt der Abgaben ⸗Gesetzgebung und Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten. Rr. J. Inhalt: Anzeige der in der Gesetz⸗- Sammlung und im Reichs- Gesetzblatt erschienenen Gesetze und. Verord- nungen. I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände; Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll- und Steuer⸗ stellen. Civilrechtliche Verhaftung der bauleitenden Beamten be Anschlagsüberschreitungen. III. Indirekte Steuern: Zulassung von Privatkransitlägern ohne amtlichen Mitverschluß für Ricinusöl, butterartiges Lorbeeröl und chilenischen Honig. Denaturirung von Branntwein zur Herstellung von Antipyrin aus Essigäther. Denaturirung von Branntwein zur Herstellung von Sirituslacken⸗— Erkenntniß des Reichsgerichts. Wechselstempel. Mandatar. In⸗ haber. VI. Personalnachrichten.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 27. Dez. a. pr. bis 2. Jan. 1886 von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 23,0, in Breslau 27,I, in Königsberg 36,9, in Köln 34,4, in Frankfurt a. M. Al,, in Wiesbaden 8,4, in Hannover 26,7 in Nassel 24,9, in Magdeburg 30,1, in Stettin 25,9, in Altong 38,9, in Straßburg 20,7, in Metz 15,9, in München 23,“, in Vürnberg 20,), in Augsburg 19.4, in Dresden 24,l, in Leipzig 24,3, in Stuttgart 25,3, in Karlsruhe 26,9, in Braunschweig 24,3, in Hamburg 30,8, in Wien 25,5, in Budapest 34,K,7“, in Prag 34,5, in Triest 38,8, in Krakau 31, in Basel 12,9, in Brüssel 26,6, in Amsterdam 274, in Paris 23,8, in London 26,5, in Glasgow 23,3, in Liverpool 279, in Dublin 37,1, in Edinburg 18,3, in Kopenhagen 21,ů3, in Stockholm 19,2, in Christiania 272, in. St. Petersburg in Warschau 30,8, in Odessa in Rom 21,7, in Turin 17,1, in Bukarest = in Madrid —, in Alerandria In der Zeit vom 5. bis 11. Dezember a. pr. in New⸗Nork 22,9, in Philadelphia 17,, in Baltimore 16,9, in San Francisco —, in Kalkutta 238,4, in Bombay 26,6, in Madras 38,0. .

Während der Berichtswoche hat die Sterblichkeit in den meisten Großstädten Europas zugenommen, nur aus den größeren Städten Süddeutschlands, namentlich aus Wiesbaden, Mainz, Darmstadt, Mannheim, sowie ferner aus Lübeck und Rostock werden kleine Sterb⸗ lichkeitsziffern gemeldet. Vie größere Sterblichkeit wurde wohl zumeist durch die in vielen Orten ansehnlich vermehrten Todesfalle an Lungentuberkulose und an akuten entzündlichen Projessen der Athmungsorgane hervorgerufen, welche letztere namentlich in Breslau, Dresden, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Magdeburg, Amsterdam, Brüssel, London, Paris, Prag u. a. häufig letalen Ausgang nahmen. Auch Darmkatarrhe und Brechdurchfälle führten besonders in Altona, Berlin, Danzig, Königs— berg mehr Sterbefälle herbei, so daß die Theilnahme des Säuglings—⸗ alters im Allgemeinen eine etwas größere als in der Vorwoche war. Von je 100600 Lebenden starben in Berlin 70, in München (wie in der Vorwoche) 75 Säuglinge.

Von den Infektionskrankheiten wurden Sterbefälle an Masern, Scharlach und Kindbettfieber weniger, an Diphtherie mehr, an ty— phösen Fiebern und an Pocken fast die gleiche Zahl wie in der Vor⸗ woche gemeldet. So zeigen Masern, nicht selten mit Scharlach und Diphtherie complicirt auftretend, in Berlin, Braunschweig, Bre⸗ men, Dresden, Duisburg, Amsterdam, Krakau einen kleinen Nachlaß, in Barmen, Bochum, Danzig, Freiburg i. B., Königsberg, Liver⸗ pool, London, Paris, Wien eine Zunahme der Sterbefälle. Das Scharlachfieber hat in Berlin, Hamburg, Christiania. London etwas weniger, in Altona mehr Opfer verlangt. Die Sterblichkeit an Diphtheritis und Croup war an vielen Orten eine gestei— gerte, wie in Altona, Barmen, Braunschweig, Breslau, Chemnitz, Danzig, Dresden, Duisburg, Frankfurt a. M., Halle, Hannover, Magdeburg, München, Posen, Stuttgart, Amsterdam, London, Prag, Stockholm, Warschau, Turin u. a., während sie in Berlin, Freiburg i. B., Budapest, Christiania, Wien eine kleinere wurde, in Hamburg, Kassel, Königsberg, Paris fast die gleiche wie in der Vor— woche blieb. Typhöse Fieber zeigten in Hamburg. London, Warschau, Turin eine Zunahme, in Paris eine Abnahme der Sterbe— fälle. An Flecktpphus kamen aus dem Regierungsbezirk Aachen sowie aus Budapest und Rom je 1 Todesfall, aus den Regierungs— bezirken Aachen und Marienwerder 4 bezw. 8 Erkrankungen zur Meldung. Aus Prag wird 1 Todesfall, aus Nürn— berg eine Erkrankung an epidemischer Genickstarre mit— getheilt. Der Keuchhusten forderte in Berlin und Liver— pool weniger, in London. Dublin mehr Kinder, in Hamburg blieb die Zahl der neuen Erkrankungen fast die gleiche wie in der vorhergegangenen Woche. Einzelne Sterbesälle an Pocken kamen aus Berlin, Zürich, London, mehrfache aus Liverpool, Warschau, Paris, Prag. Rom zur Bexichterstattung; häufig waren Pocken noch immer in Budapest und Wien. Einzelne Pockenerkrankungen kamen Amis Breslau, Nürnberg, Edinburg zur Mirtheilung. Die Cholera ist in den ersten Tagen dieses Jahres in Algesiras (Provinz Cadiz) wieder ausgebrochen, und kainen daselbst 22 Erkrankungen' und 11 Todes⸗ fälle vor. In Italien sind seit dem 28. Dezember (Venedig) keine weiteren Erkrankungen gemeldet worden. Im Departement Finistere (Frankreich) sind vom 17.— 22. Dezember a. pr. 129 Erkrankungen und 7 Todesfälle gemeldet worden. In Triest sind in der Zeit vom 21. 24. Dezember 7 Cholerafälle mit tödtlichem Ausgange vorge— kommen. Die Behörden haben energische Tilgungsmaßregeln ergriffen. Weitere Erkrankungen sind bis jetzt nicht zur Kenntniß gekommen.

Ru dolstadt, 11. Januar. (Thür. Corr.) Die Ergeb— nisse Ler Volkszählung für das Fürstenthum Schwarz— burg⸗ Ru dolstadt weisen nach, daß die Bevölkerung von 80 296 auf 83 917 gestiegen ist. Bemerkenswerth ist, daß die Mehrzahl der Amts— gerichtsbezirke eine Zunahme erfahren hat; nur in einem einzigen Stadt-Ilm hat die Bevölkerung abgenommen. Von den 8 Städten haben 5 zugenommen Rudolstadt um 1834 Bewohner 3 haben abgenommen.

. Den ven dem Statistischen Departement des östecreichischen Dandelsministeriums herausgegebenen „Nachrichten über Induftrie, VDandel und Verkehr, entnehmen wir folgende Mittheilungen über die Statistik des österreichischen Post- und Telegraphen— wesens im Jahre 1884. Das Post- und Telegraphengebiet der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder hat eine Ausdehnung . i. ed dkm mit 22 144 244 Einwohnern nach der Zählung vom , ai umfaßte in 1884 für den Manipulations— letzteren i336 ü ,. 5 n enen e n nn, 3 Gischih . tagt 1464 zur Privatkorresponden; r e gsths 214 n. 3. 95 rivatstgtioneh unter der Leitung bruck, Pran di k Linz, Graz Triest, Inns⸗ ö 6 ,, Telegraphenanstalten umfaßte Ende 188

485 Personen, von welchen auf den administrativen Dienst 698 2 den NManipulationstienst 17787 Personen entfallen. Die , 2 J die Post beförderten Sendungen betrug 2 di, Stüc und zwar 415 160 3090 (1883 383 619 06 e 12 624 44! Postanweisungen, 3 358 261 Nachnahme— äqstenmeisungen, 119053 Postaufträge, 18 0 beförderte DJeitungsnummern und 35 362 260 Fahrpostsendungen. Der Gesammt— . . und. Werthsendungen belief. sich auf Pi? s d ir Der ( „Reiseverkehr umfaßte 232 981 Personen. Die Gesammtzahl der beförderten Telegramme betrug 6 6383 322 Stck. davon waren 6182451 gebührenpflichtig. Die Jahl der mi der

pneumatischen Post in Wien beförderten Gegenstände belief sich auf 1192238 Stück. Die Finanzergebnisse werden durch folgende Angaben charakterisirt. Es belief sich die Gesammteinnabme auf 24 749 261 fl. (1883 24 051 596 fl.); davon entfallen auf Briefpostporto 11743 024 fl., auf Fahrpostporto und Passagiergebühren 7 610 016 fl., auf Telegraphengebühren 3 776 317. Die Gesammtausgabe betrug 21 167 833 f, und zwar 20 409703 fl. (1883 19 8116522 fl.) ordentliche und 758 125 fl. außerordentliche Ausgaben; davon nahmen die persönlichen Bezüge 10774 390 fl., die Betriebskosten der Post auf Straßen, Eisenbahnen und Dampfschiffen 5033 645 fl. 2c. in Anspruch. Der Ueberschuß der Einnahmen belief sich demnach in 1884 auf 3581 428 fl.

Summarische Uebersichten der Zahl der Studirenden auf der Königlichen Rheinischen Friedrich⸗Wilhelms-Univer⸗ sität zu Bonn im Winter⸗Semester 1885/86. A. Im Sommer⸗ Semester 1885 sind immatrikulirt gewesen 1253. Davon sind a. verstor⸗ ben 1, b. abgegangen mit Exmatrikel 398, e. weggegangen, ohne sich abzumelden und daher gestrichen 37, d. gestrichen auf Grund des §. 13 für die Studirenden ꝛc. vom 1. Oktober 1879 6, e. gestrichen aus sonstigen Gründen 12, zusammen 454. Es sind demnach geblieben 799. Dazu sind in diesem Semester gekommen 271. Die Gesammt⸗ zahl der immatrikulirten Studenten beträgt daher 1070. De von zählt: die katholisch-theologische Fakultät 77 Preußen, 4 Nichtpreußen, zu— die evangelisch-theologische Fakultät 93 Preußen, 3; die juristische Fakultät 217 Preußen, 14 Nichtpreußen, zusammen 231; die medizinische Fakultät 256 Preußen, 11 Nichtpreußen, zusammen 267; die philosophische Fa⸗ kul ät a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 262, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach 5. 3 der Vorschriften vom 1. Okteber 1879 55, zusammen Preußen 317, e. Nichtpreußen 76, zusammen 393. Unter den Immatrikulirten der philosophischen Fakultät befinden sich 59 Preußen und 18 Nichtpreußen, zusammen 77, welche der landwirth⸗ schaftlichen Akademie zu Poppelsdorf angehören. B. Außer den im— matrikulirten Studirenden haben die Erlaubniß zum Hören der Vor— lesungen vom Rektor erhalten: nicht immatrikulationsfähige Preußen und Nichtpreußen 34. Die Gesammtzahl der Berechtigten ist mithin 1104. Von diesen Berechtigten hören Vorlesungen AA. von den im— matrikulirten Studirenden: in der katholisch⸗theologischen Fakultät 81, in der evangelisch'theologischen Fakultät 05, in der juristischen Fa⸗ kultät 231, in der medizinischen Fakultät 263, in der philosophischen Fakultät 389, zusammen 10660. Vom Hören von Vorlesungen dis— pensirt sind: in der evangelisch⸗theologischen Fakultät 2, in der medi— zinischen Fakultät 4, in der philosophischen Fakultät 4, zusammen 16; BB. von den übrigen berechtigten Personen: nicht immatrikulirte Preußen und Nichtpreußen 22. Die Gesammtzahl der Berechtigten, welche Vorlesungen hören, ist mithin 1082.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage von E. S. Mittler u. Sohn in Berlin erschien die „Geschichte des 1. Großherzoglich mecklenburgischen Dragoner-Regiments Nr. 17, zusammengestellt vom Premier— Lieutenant Seeler.“ Das Dragoner-Regiment blickt auf eine statt—

jsammen 813 ; 5 Nichtpreußen, zusammen 98;

Entstehung. Der damals regierende Großherzog Friedrich Franz J. entschloß sich auf die dringende Forderung des Deutschen Bundes, mit der Aufstellung eines Reiter⸗Regiments zu beginnen, vorläufig jedoch aus Sparsamkeitsrücksichten von nur einer Escadron.

seine

Erster Chef war der ehemalige K. K. österreichische Türassier⸗Oberst

von Pentz, ein geborener Mecklenburger, welcher österreichische und hannoversche Wachtmeister, Unteroffiziere und Trompeter engagirte und die Ausrüstungsstücke für Mann und Pferd anfertigen ließ. Das Offiziercorps bestand aus Oesterreichern und Mecklenburgern. Am 21. Juni 1821 trat die zusammen. bei Ausbruch von Unruhen in Schwerin und Wismar Deutsche Bund mobil, ohne daß es zum Schlagen kam; aus diesem Anlaß wurde eine zweite Escadron gegründet. Sechs Jahre später fiel auf höchsten Befehl die Bezeichnung „Chevaurlegers“ fort und der Name „Dragoner“ trat an ihre Stelle. 1841 wurden noch zwei Escadrons eingerichtet, aus welchem Anlaß mehrere preußische Of— fiziere angestellt wurden. Der erste Feldzug, welchen das Regiment mitmachen sollte, war der in Schleswig-Holstein 1848; am 1. April erhielten die 3. und 4. Escadron die Mobilmachungs-⸗Ordre. Bei Munkmolstrup und Oeversee wurden die Mecklenburger zum ersten Mal handgemein mit dem Feinde. Das stürmische Jahr 1848 sollte das Regiment auch noch anderweitig beschäftigen, denn es nahm thätigen Antheil an dem Feldzuge in Baden. Im Feldzuge 1866 sollte nach einigen andern kleinen Affairen der 29. Juli ein Ehrentag für die mecklenburgischen Dragoner werden, indem sie einen kühnen Angriff auf das von Bayern besetzte Seu— bottenreuth machten, wobei namentlich die erste Escadron unter Ritt⸗ meister von Boddien, welcher eigenhändig die feindliche Fahne eroberte, sich auszeichnete. Die 1. Escadron machte 2 Offiziere und 8363 Mann zu Gefangenen, und die dritte zeigte sich nicht minder wacker und machte 28 Gefangene. Am 30. Juli fielen der 2. Escadron in dem Dorfe Eschenau 4 feindliche Offiziere, 176 Mann und 1 Compagnie— fahne in die Hände. Die 1. Escadron wurde nach erfolgtem Friedensschlusse der Ehre theilhaftig, an dem feierlichen Einzuge der siegreichen Truppen in Berlin theilzunehmen; die Regiments-Standarte erhielt später vom König von Preußen ein Fahnenband mit Schwertern. Der Eintritt Mecklenburgs in den Norddeutschen Bund machte eine Vermehrung und Neuorganisation der Großherzog⸗ lichen Truppen nöthig, und so fand denn am 22. September 1867 die Errichtung cines 2. Dragoner⸗Regiments statt; ein Jahr später gelangte die preußisch⸗mecklenburgische Militärkonvention zum Abschluß; im Herbst 1868 rückten die mecklenburgischen Dragoner zum ersten Male als ein Theil der 17. Division und des IX. Armee-Corps in das Manöver. Die nächste Mobilmachung war diejenige für den großen deutsch⸗französischen Krieg. Die Hoffnung, gleich vor den Feind zu kommen, sollte jedoch getäuscht werden; erst am 24. August traf die Marschordre für die mit Ungeduld der Antheilnahme am Kriege entgegensehende 17. Division ein. Dieselbe sollte zur J. Armee unter Befehl des Generals von Steinmetz stoßen, um die Cernirungs⸗ truppen vor Metz zu verstärken. Auch an der Einnahme von Toul nahmen die Mecklenburger Theil. Die 4. Escadron war sodann vor Mezisres lebhaft betheiligt; die Franctireurs bereiteten hier viel Schwierig⸗ keiten. Von größeren Waffenthaten, welche die 17. Division mit vollbringen half, sei zunächst genannt die Schlacht bei Loigny⸗Poupry. Die Division hatte 10 Offiziere, l4 Mann todt, 34 Offiziere und 814 Mann verwundet verloren, und hatte 1 französischen General, 20 Offiziere und 2000 Mann gefangen genommen, 8 Geschütze und 1 Munitionswagen erobert. Die blutige Schlacht um Orleans folgte und endete mit dem siegreichen Einzug des Großherzogs an der Spitze der 17. Division; letztere hatte schwere Verluste erlitten. Die betreffende Armee⸗Abfheilung hatte sich an drei Tagen siegreich geschlagen, 14 000 Gefangene gemacht und 46 Geschütze erobert. Auch in die Gefechte bei Meung, Beaugency⸗Cravant, Marchsnoir griffen die Dragoner thätig ein; in letzterem Scharmützel machte der tapfre Gefreite Kaschube von der 5. Escadron auf eigene Faust 20 Gefangene. Die Gefechte von Fröteval und Morée folgten. Am 31. Dezember trafen 13 eiserne Kreuze 2. Klasse für das Regiment ein. Weitere Gefechtstage bei Vibraye, Connerrs und Thorignsé folgten, die Schlacht bei Le Mans war die letzte große Affaire. Am 8. März hatte das Regiment die Ehre, die große Parade bei Rouen, welche ursprünglich vom Kaiser selbst abgehalten werden sollte, vor dem Kronprinzen mit⸗ zumachen. Am 15. Juni zog das Regiment in seine Garnison Ludwigslust ein. Die Standarte des Regiments erhielt am 30. Mai 1872 das eiserne Kreuz und am 9. Januar 1873 eine neue Auszeichnung, nämlich von dem Kaiser einen silbernen Ring mit der Inschrift: „Es wurde mit dieser Standarte in der Hand am 2. Dezember 1870 verwundet und starb in Folge dessen Unteroffizier Lange.“ In dem Feldzuge sind ge— fallen resp. ihren Wunden oder Krankheiten erlegen 8 Unteroffiziere und 15 Mann. Die mit Fleiß und sorgfältiger Benutzung der vorhandenen Quellen geschriebene Geschichte bildet für das Regiment

i liche Brennereien unter b

Verhältnisse zu erfolgen, wie dies in al. 3 nur für die kleinen Bren—⸗ nereien vorgesehen ist.

Stamm-Eseadron in ihrer Garnison Grabow b , , ö 9 8 . . ; ; K. . ahn oder Branntweinmagazin) muß das Interesse des Produzente Ihre erste ernste Verwendung fanden die Chevauxlegers gaz nuß das Interesse des Produzenten 1 Folge der 1831 von Frankreich drohenden Kriegsgefahr machte der

hat beschlossen,

selbst ein werthvolles literarisches Monument, für die Heereskunde einen dankenswerthen Beitrag. Fünf farbige Kunstbeilagen mit Porträts schmücken den sauber ausgestatteten Band.

Von den Beiträgen zur Erläuterung des deutschen Rechts“, die, in besonderer Beziehung auf das preußische Recht mit Einschluß des Handels- und Wechselrechts, von Dr. J. A. Gruchot begründet, in dritter Folge vom Reichs⸗ gerichtsRath Rassow und dem Kammergerichts⸗Rath Küntzel Berlin, Frz. Vahlen) herausgegeben werden, sind kürzlich wiederum 2 Hefte, das 6. Heft des 1X. Jahrgangs (des XXIX. Jahrg. der ganzen Reihe der Beiträge) und ein „Beilageheft“ zu demselben erschienen. Wie die früheren Hefte, über deren Inhalt wir bei ihrem Erscheinen berichtet haben, bringt auch das vorliegende 6. mit seinem „Beilageheft“ für den Juristen nicht unwichtiges Material. Zunächst enthält das 6. Heft 4 Abhandlungen (Nr. 18— 21) und zwar 1) über den Umfang der Erweiterung der Prozeß⸗ und Dispositionsfähigkeit der Minderjährigen in Folge der Vorschrift des §. 51 al. 1 der Civil⸗ prozeßordnung unter besonderer Berücksichtigung des in dem Bezirk des vormaligen Ober-Appellationsgerichts zu Kassel geltenden Rechts, vom Gerichts⸗Assessor Fuchs (Schluß von Nr. 14 dieses Jahrgangs); über die Restitutionsgründe des §. 211 ff. der C.⸗P.⸗ V., vom Ober⸗Landesgerichts⸗Rath Dr. Ude; 3) Klagbitte und Ürtheilsnorm des Grundschuldanspruchs, vom Amtsrichter Voß; 4) über Anzahl und Besetzung der Civilkammern, vom Bürgermeister Westerburg. Auf diese Abhandlungen folgen unter der Üeberschrist „Aus der Praxis, einzelne Rechtsfälle“, längere oder kürzere Mittheilungen von Urtheilen des Reichsgerichts bei verschiedenen Rechtsfällen und Prozessen (Nr. 52 50). An diese Mittheilungen schließt sich sodann noch eine „Literatur“, d. h. eine Anzahl theils längerer theils kürzerer Besprechungen und Anzeigen juristischer und staatswissenschaftlicher Schriften sowie eine Uebersicht rechtswissenschaftlicher Zeitschriften an. Außerdem enthält dasselbe 6. Heft noch ein „Inhaltsverzeichniß des XXIX. Jahrganges (Dritte Folge IX.)“, sowie ein „Sachregister zum XXIX. Jahrgang (Dritte Folge 1) Das „Beilageheft“ liefert unter der Ueberschrift Aus der Praxis, einzelne Rechtsfälle“ eine Fortsetzung des im 6. Heft mitgetheilten Abschnittes, von Nr. 61 bis 171 nebst einer genauen Inhaltsangabe des „Beilagehefts.“

Land⸗ und Forstwirthschaft.

In der gestrigen (3) Sitzung des Deutschen Landwirth— schaftsraths gelangten folgende Anträge zur Annahme:

Der Deutsche Landwirthschaftsrath wolle beschließen:

L. In Erwägung, daß der von der Königl. preußischen Regierung dem Bundesrath vorgelegte Gesetzentwurf, betr. das Branntwein⸗ monopol, im Wesentlichen den im gemeinsamen Antrage der Referen— ten aufgestellten Forderungen entspricht, erklärt der Deutsche Land— wirthschaftsrath sich im Prinzip mit dem oben genannten Entwurfe einverstanden.

III. Der Deutsche Landwirthschaftsrath bittet jedoch den Herrn Reichskanzler, bei der definitiven Feststellung des Gesetzentwurfs fol— genden Wünschen Rechnung zu tragen:

1) ad §. 4 al. 1. Der Begriff „regelmäßig“ ist näher zu defi⸗

n ! 3 9 . . niren. liche Reihe von Jahren zurück, denn bereits vom Jahre 1819 datirt ;

2) ad §. 4 al. 2. Die Festsetzung der Produktion hat für sämmt—⸗

illiger Berücksichtigung der wirthschaftlichen

5 al. 2: Geschäftsgang in 2? In⸗ rgesehenen einen Instanz ist festzu⸗

3) ad 1 2 und 3 ad stanzen statt der im Entwurf vo setzen.

4) ad S§. 10. Unter den von der Monopolverwaltung anzuschaf— fenden Gegenständen sind auch die „Meßapparate“ aufzuführen.

5) ad §. 22 al. 2. Bei der Wahl der Ablieferungsstelle (Eisen⸗

möglichste Berücksichtigung finden. 6) ad S. 23 al. 1. Ist einzufügen hinter den Worten: Tarif bestimmt“: „unter Berücksichtigung der jeweiligen Produktions

faktoren“.

7) ad §. 23 al. 2. Ist einzufügen hinter den Worten: zu be⸗ stimmen ist“„: „dem Kartoffelbranntwein ist auch solcher Branntwein gleichzuachten, welcher solchen anderen Rohmaterialien entstammt, die unter bestimmten Nothlagen (Mißwachs) zur Futtergewinnung ver— arbeitet wurden“.

8) ad §. 23 al. 3. Der den kleinen Brennereien zu gewährende Zuschlag ist auf keinen Fall unter der Höhe des gegenwärtig denselben bewilligten Steuernachlasses zu normiren.

Gemerbe und Handel.

Der Cours für die hier zahlbaren Oesterreichischen Silber-Coupons ist auf 160,50 M für 100 Fl. österr. Silber herabgesetzt worden.

Der Aufsichtsrath des hiesigen Börsen-Handels-Vereins der Generalversammlung vorzuschlagen, auf Cours— bericht-Conto eine Abschreibung von 50 000 S6 vorzunehmen und die Dividende pro 1885 auf 90 festzustellen.

Der Aufsichtsrath der hiesigen Getreide-Maklerban hat die Dividende pro 1885 auf 70 festgesetzt. Gleichzeitig wurde beschlossen, daß in der bevorstehenden Generalbersammlung von dem Aufsichtsrath und der Direktion der Antrag auf Liquidation gestellt werden soll.

NM ßhrnhbherg 9. JIJamar. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Der Markt ist völlig unverändert. Bei einer Zufuhr von gegen 500 Ballen betrug der Umsatz der zweiten Hälfte dieser Woche etwas über 1000 Säcke,. Gutfarbige Hopfen sind rege gefragt und halten sich fest im Preise, gelbe aber bleiben selbst bei den billigsten Angeboten total unverkäuflich. Men zahlt jetzt für wirkliche Primahopfen bis zu 9 „Se, für grüne Mittelhopfen 0 —50 MS und für leichte hellgrüne Waare 26— 50 .. Die Herkunft spielt, mit Ausnahme von Siegelhopfen, keine Rolle mehr, nur die Qualität ist ausschlaggebend. Partieen sind als solche nur dann verkäuflich, wenn sie ausschließlich aus guütfarbigen Hopfen bestehen; andern Falls müssen die Eigner, wenn sie zum Verkauf kommen wollen, stets die gelben Ballen zurückbehalten.

Amsterdam, 11. Januar. (W. T. B.) Die Kommandit⸗ gesellschaft Lens u. Bergsma, welche hauptsächlich nach Indien Handel treibt, hat ein Moratorium nachgesucht. Die Werthe der Kolonialbanken sind in Folge dessen um 1 bis 35 o gefallen.

Glasgow, 11. Januar. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 4600 gegen 7500 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 11. Januar. (W. T. B. Wolle fest, ruhiger, Garn ruhig, fest, in Stoffen mehr Geschäft für das Inland.

Kopenhagen, 12. Januar. (W T. B.) Ein Consortium, welchem die hiesige Landmannsbank, S. Bleichröder (Berlin), M. A. von Rothschild u. Söhne (Frankfurt a. M.), die Diskonto— Gesellschaft (Berlin) und L. Behrens Söhne (Hamburg) angehören, schloß mit dem schwedischen Reichsschulden-Comptoir eine Staatsanleihe von 72 Millionen Kronen, zu 35 οὴ wver— zinslich, ab.

New⸗York, 11. Januar. (W. T. B.). Zum Präsidenten der Philadelphia-⸗Reading-Eisenbahn ist Gowen gewählt wor— den; zu Mitgliedern des Verwaltungsraths der Bahn sind Anhänger Gowens gewählt.

Submissionen im Auslande. Italien.

I) 14. Januar. Rom. Ministerium der öffentlichen Arbeiten. General⸗Inspektorat der Eisenbahnen. Schienenlieferung für die Bahn Viterbo Attigliano. ;

J, Loos: Bessemerstahlschienen 2546, 167 t, Voranschlag 534 645 Lire, Kaution prov. 27 000, def. 54 000 Lire.

II. Loos: Bol;en 25 094, Haken 93 632, Voranschlag 47 611,25

ö d 2 3 f 9 Kaution prov. 2400, def. 48090 Lire.

2) 20. Januar. Provinz Calabria ultra prima. Arbeiten und Eisenlieferungen an den Brücken Amigdala und Palizzi. Voranschla 57 740, Kaution prov. 3000, def. 7050 Lire. Näheres an Ort und Stelle.

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