K
konstatiren, daß das Motiv, welches diese Personen zusammenge⸗ führt habe, kdig g ein politisches und patriotisches gewesen sei.
Der Abg. Richter entgegnete, er habe auch nicht mit einer Silbe angedeutet, daß der Abg. Hammacher sich an dieser Ge⸗ sellschaft betheiligt hätte oder betheiligte, um Geschäfte zu machen, wenn dies an sich auch nichts Unehrenvolles oder Un⸗ erlaubtes wäre. Er und die anderen Herren hätten hier à fonds perdu Mittel bewilligt, und die Fonds seien ja auch perdu. Wenn der Abg. Hammacher bei dieser Gelegenheit versichere, daß die Gesellschaft die Ehre der Kolonialpolitik habe retten wollen, so sei das wieder ein Zeichen für die innere Schwäche dieser ganzen Kolonialpolitik. Wenn die Ehre und die Zukunft der deutschen Kolonialpolitik zunächst davon abhänge, daß der Abg. Hammacher und einige reiche Leute in Berlin zusammenträten und 200000 S6 A fonds perdu zusammenschössen, wie sei dann eine solche Kolonial⸗ politik beschaffen, die in Deutschland auf das Wohlwollen einiger bemittelten Herren gestellt sei? Dann sollte man sich wahrlich hüten, sich allzusehr darauf einzulassen.
Der Titel wurde bewilligt. Der Antrag Möller wurde egen die Stimmen der Deutschfreisinnigen und der Sozialdemo—⸗ raten abgelehnt. Dem Antrage der Kommission gemäß wur— den folgende Abstriche gemacht: 7500 MSι bei Tit. 6 „Deck⸗
Offiziere“; 53 460 (S bei Tit. 10 „Löhnung und Zulagen für 2 Matrosen⸗Divisionen“; 24 804 S6 bei Tit. 11 „Löhnung und Zulage für 2 Werft-Divisionen“; 50 000 S für See⸗ zulagen und 1060000 (S6 für Instandhaltung der Schiffe; 27700 6 bei der Naturalverpflegung; 5562 ½e für Servis.
Auf eine Aeußerung des Dr. Abg. Hänel über Gleichstellung der Werftschreiber mit den Subalternbeamten bezüglich des Wohnungsgeldzuschusses erklärte ein Kommissar, daß eine h Gleichstellung nach Lage der Gesetzgebung nicht mög—
ich sei.
Beim Kap. 60 (Werftbetrieb) brachte der Abg. Liebknecht die Entlassung von Arbeitern aus den Kaiserlichen Werften zur Sprache. Es sei zuzugeben, daß bei den Werften das Prinzip der Ausbeutung nicht so intensiv ausgebildet sei wie bei der Privatindustrie; gleichwohl beklagten sich die Arbeiter, wie er zahlreichen an ihn gerichteten Briefen entnehme, über außerordentliche bureaukratische Härte. Besonders hart sei die Bestimmung, daß kein Arbeiter über 40 Jahre in Arbeit genommen werde. Trotz der Versicherung des Chefs der Admi— ralität, daß mit den Arbeiterentlassungen sehr schonend werde vorgegangen werden, seien auch in diesem Jahre zahlreiche Arbeiterentlassungen unter erschwerenden Umständen — so wegen Zugehörigkeit zur Sozialdemokratie und selbst gegen— über kranken Personen — vorgekommen. Die Behandlung der Arbeiter sei vielfach eine überaus harte. „Spitzbubenbande“ sei eine ehrenrührige Beschimpfung, die sich selbst ein Arbeiter nicht brauche gefallen zu 361 Auch die Lohnabzüge wegen Verspätungen und peinliche Untersuchungen gäben zu lebhaften Klagen Anlaß. So habe man Arbeiter untersucht, ob sie Schnapsflaschen bei sich trügen. Nach Einführung des Mo— nopols würde man sie wohl im umgekehrten Sinne untersuchen. Redner verlas zum Erweise seiner Behauptungen mehrere Briefe von Werftarbeitern.
Der Chef der Admiralität von Caprivi entgegnete hierauf:
Ich muß gestehen, daß die Aeußerungen des Hrn. Abg. Liebknecht mich mit Befriedigung erfüllt haben, insofern, als ich glaubte, wenn ein Chef der Sozialdemokratie unter 7000 Werftarbeitern gravamina gegen die Verwaltung sucht, und diese gravamina im Wesentlichen auf fubjektiven Behauptungen des Arbeiterstandes beruhen, eine andere Blumenlese zusammen kommen würde, als die vorgeführte. Ich kann mich auf Einzelheiten nicht einlassen. Die Partei, zu der der Herr Vorredner gehört, ist in der Budgetkommission nicht vertreten gewesen. Wären mir diese Dinge dort zu Ohren gekommen, so würde ich viel leicht das eine oder andere hier haben richtig stellen können; jetzt bin ich dazu nicht in der Lage. Ich kann nur konstatiren, daß die Verwaltung auf den Werften eine straffe sein muß, wenn nicht eine Vergeudung von Reichsgeldern entstehen soll. Ich kann nur wiederholen, was ich schon in der Budgetkommission gesagt habe: ich von meinem Standpunkt habe vielmehr damit zu kämpfen, daß die menschliche Gutmüthigkeit da, wo sie mit Reichsgeldern wirthschaftet und nicht mit eigenen, eher über das erlaubte Maß der Ausgaben hinausgeht, als dahinter zurückbleibt.
Ich kann selbstredend auf das, was der Herr über den Ge⸗ brauch der deutschen Sprache gesagt hat, nicht eingehen, auch kann ich mich der Untersuchung über die Schnapsflaschen enthalten. Daß eine Untersuchung der Arbeiter stattfindet und stattfinden muß, ist durch die Veruntreuungen, die in einem kolossalen Maßstabe in früherer Zeit vorgekommen waren, nothwendig geworden. Es findet also jeden Mittag und Abend eine solche Kontrole statt, und es werden einzelne Leute herausgenommen und daraufhin untersucht, ob sie Kupfer, Bronze und andere werthvolle Gegenstände mit⸗— genommen haben oder nicht. Ich will mit dem Herrn Abgeordneten nicht streiten, ob es fehlerhaft war, wenn Offiziere bezüglich einer „kleinen Unterschlagung“ den Ausdruck „Spitzbube“ gebraucht haben; ich müßte erst die Thatsachen genauer kennen, um zu wissen, o der Ausdruck gerechtfertigt ist oder nicht.
Das einzige, worauf ich näher eingehen will, waren Ausführungen des Hrn. Liebknecht, worin er sich gegen die Bestimmung wendet, daß Arbeiter über 40 Jahre in der Regel nicht aufgenommen werden. Diese Bestimmung ist in der Werftordnung niedergelegt worden, und sie ist eine nothwendige. Die Werften sind militärische Institute, die namentlich im Mobilmachungsfall in einer gegebenen Zeit gege⸗ bene Leistungen ausführen müssen, bei denen also das Ueberhand⸗ nehmen alter Arbeiter im kritischen Momente geradezu gefährlich werden kann. Ich weiß aber auch nicht, was Auffallendes in dieser Bestimmung liegt. Jede Privatfabrik setzt sich auch ihre Grenzen. Der Staat, wenn er Staatsdiener anstellt, verlangt auch ein gewisses Alter und pflegt in der Regel nicht Greise zu , ,, Dies alles vorausgeschickt, so ist trotzdem das Alter der Werftarbeiter keineswegs ein jugendliches, und die humane Behandlung, namentlich derjenigen Arbeiter, welche länger im Werftdienst sind, führt dahin, daß wir verhältnißmäßig viele alte Werftarbeiter haben. Am meisten tritt das hervor bei der ältesten unserer Werften, bei der, welche am längsten funktionirt, die am längsten Arbeiter in Dienst hat, der Werft in Danzig. Die Werft in Danzig hat Arbeiter unter 40 Jahren 52,1 G, zwischen 40 und 50 Jahren 23,6 Jo, zwischen 50 und 60 Jahren 16,2 9½ν, zwischen 60 und 70 Jahren 7,4 oυ und über 70 Jahren O7 ,. Ich glaube, daß eine inhumane Benachtheiligung des Alters aus diesen Zahlen nicht gefolgert werden kann.
Der Abg. Dr. Hänel betonte, daß ihm Klagen von Werft— arbeitern, wie sie der Abg. Liebknecht vorgetragen habe, nicht zu Ohren gekommen seien. In Betreff der Arbeiterentlassungen meine er, daß auch die Marineverwaltung sich nach dem Be⸗ darf an Arbeit kt richten habe. Das Recht auf Arbeit, das hier einmal proklamirt sei, könne auch eine Reichsverwaltung nicht durchführen. Ueber die Entlassungen selbst dürfe man sich daher wohl nicht beschweren, sondern nur über die Art und Weise, wie sie erfolgt seien. Es handele sich hier nicht um gewöhnliche Tagelöhner, die rasch wieder Arbeit fänden,
vorgehen sollen, wie das besonders im Juli geschehen sei. Weiter hätte man auf das Alter ücksicht nehmen sollen, und in diesem Falle hätte es . auch wohl gehört, daß man den deutschen Arbeitern eine besondere Berücksichtigung hätte zu Theil werden lassen. Er bezweifle die wohlwollenden Absichten des Chefs der Admiralität und der Werftverwaltung keineswegs. Er habe deshalb auch gegen sie keine Anklagen erheben, sondern nur die Gesichtspunkte geltend machen wollen, die bei der Entlassung von Arbeitern Berück⸗ sichtigung finden sollten.
Der Abg. Liebknecht bestritt, daß er besondere An⸗ strengungen gemacht, um Beschwerdematerial von den Werft— arbeitern zu erlangen. Was er vorgetragen, sei ihm von Ar⸗ beitern freiwillig zugetragen worden.
Das Kapitel wurde bewilligt, und auch im Uebrigen das Ordinarium nach den Kommissionsbeschlüssen genehmigt.
Bei den einmaligen Ausgaben beantragte die Kommission, statt zweier geforderten neuen Kreuzer nur einen zu bewilligen, und demgemäß 600000 (6 zu streichen.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er werde nicht nur für die von der Kommission beantragte Streichung stimmen, sondern auch für Streichung des anderen Kreuzers, weil die beiden Schiffe in Folge der Kolonialpolitik gefordert würden. Ehe man nicht größere Klarheit über die ferneren Ziele dieser Politik habe, werde das Centrum Mehrbewilligungen dafür überhaupt nicht zustimmen. .
Der Referent Rickert wies darauf hin, daß ein Zusammen—⸗ hang der Position mit der Kolonialpolitik nicht nachgewiesen und auch in der Kommission nicht zur Sprache gekommen sei.
? Der Chef der Admiralität von Caprivi bestätigte dies als richtig.
Der Abg. Dr. Windthorst erwiderte, aus den der Position im Etat beigefügten Erläuterungen ergebe sich gerade die Richtigkeit seiner Anschauung.
Der Antrag der Kommission wurde angenommen.
Die Kommission beantragte, die für einen neuen Aviso als erste Rate geforderten 8090 000 „0 zu streichen.
Die Abgg. von Saldern⸗Ahlimb und Hammacher befür— worteten die Bewilligung der Forderung. Im Interesse der Küstenvertheidigung sei der Bau eines neuen Avisos dringend erforderlich. ö.
Der Abg. Meier (Bremen) bemerkte, man habe aus Sparsamkeitsrücksichten die Bewilligung der Forderung ver— sagt. Das sei eine falsche Sparsamkeit, gerade vom Stand— punkte der Sparsamkeit müsse er die Bewilligung der Forde⸗ rung empfehlen. Im Jahre 1884 habe sich die Admiralität gezwungen gesehen, vom Lloyd einen . zu chartern, weil sie keinen Aviso zur Verfügung gehabt habe. Derselbe sei kaum zurückgekehrt gewesen, als er aufs Neue ge— chartert worden sei und noch ein zweiter dazu. Beide Dampfer hätten natürlich ihre Aufgabe nur in unvollkommener Weise erfüllen können, weil sie nicht für einen solchen Zweck erbaut gewesen wären. Solche Fälle würden sich wiederholen, und man werde erfahren, daß dieser Forderung gegenüber Sparsamkeit nicht angebracht sei. Man gebrauche schnellere Schiffe; die alten Avisos seien nicht mehr im Stande, den Dienst so zu versehen, wie sie sollten; und dieser neue Aviso solle zugleich als Torpedofänger dienen. Die englische Regierung baue jetzt 10 solcher Torpedokreuzer mit einer Geschwindigkeit von 16 /“ Knoten, während die deutschen Avisos nur eine Geschwindigkeit von 13—14 Knoten hätten. Die deutschen Schiffe seien also den Schiffen anderer Nationen egenüber nicht mehr im Stande, das zu leisten, was sie eisten sollteen. Wenn man der deutschen Marine enge Grenzen ziehen müsse, so sollte man innerhalb der⸗ selben doch suchen, die Schiffe in den vollkommensten Zu⸗ stand zu versetzen und so die Streitfähigkeit derselben zu erhöhen, so daß, wenn auch die Flotte nur klein sei, sie doch in einzelnen Fällen Aussicht hätte, siegreich aus einem Kampfe hervorzugehen. Hier liege ein Fall vor, wo man nicht sparen, nicht knickern sollte; es wäre das nur eine verkehrte Sparsam⸗ keit. Diesmal habe die Admiralität die Dampfer noch zu mäßigen Preisen erhalten, weil die Schiffahrt darnieder gelegen habe. Sei das nicht mehr der Fall, so würden sich die Preise ganz anders gestalten. Aus Sparsamkeit bitte er das Haus daher, die Forderung zu bewilligen.
Hierzu bemerkte der Chef der Admiralität von Caprivi:
In jeder Art der Kriegführung sind Nachrichten die wesentlichste Bedingung für das Fassen richtiger Entschlüsse, für das Erreichen des Erfolges. Je sicherer Nachrichten eintreffen, um so sicherer kann der Befehlshaber handeln, um so erfolgreicher. Die Kriegführung zur See unterscheidet sich aber in dieser Beziehung von der Kriegführung zu Lande dadurch, daß auf der See das Auge die einzige Quelle der Nachrichten ist; ich mache auf der See keine Gefangenen, ich habe keine Spione, ich habe keinen Telegraphendraht, sondern nur das feindliche Geschwader, was mit Augen gesehen ist, kann ich beurtheilen. Es müssen also solche Augen da sein, das sind die Avisos. Avisos aber, die im Jahre 1873 zu brauchen waren, die sind eben heute keine mehr, weil die feindlichen Schiffe schneller geworden sind. Ein lahmes Pferd auf Vorposten kann mir nichts nützen, da muß ein Pferd sein, welches schneller geht als des Feindes Pferd, wenn es Nachrichten zur rechten Zeit bringen soll. it den alten Avisos können wir nichts mehr machen, und wir haben nur drei brauchbare. Ich will mich auf Politik nicht einlassen; aber ange⸗ nommen, es bricht ein Krieg aus und es geht aus Kiel ein Geschwader vor, so braucht es Avisos: einen nach dem Sund, einen nach dem großen Belt, einen nach dem kleinen Belt und einen gegen Norden. Da brauchen wir allein schon für den Vorpostendienst dieses Ge⸗ schwaders vier Avisos. Wir sind also vom Standpunkt des Krieges aus in Avisos in einer Weise knapp, die sich nach meinem Dafürhalten mit dem Reichsinteresse nicht verträgt, und ich würde schon aus diesem Grunde die Bewilligung aufs dringendste erbitten.
Ich stimme aber dem Hrn. Abg. Meier auch darin bei, daß dies gerade ein Fall ist, wo die Oekonomie sehr leicht ins Gegentheil um— schlagen kann, wie ich das aus dem vorigen Jahre und aus diesem Jahre beweisen kann. Ungleich eklatanter würde sich das herausstellen, wenn es zur Mobilmachung käme, und ich nicht eigene Avisos hätte oder nur in der beschränkten Anzahl, und nun genöthigt würde, auf Grund des Kriegsleistungsgesetzes Avisos zu requiriren oder gar im Auslande zu kaufen. Da würden wir ganz andere Summen zahlen müssen als jetzt, und würden doch nur Schiffe erhalten, die kaum den halben Preis werth sind.
Ich möchte mir die weitere finanzielle Bemerkung erlauben, daß die Kaiserliche Marine in Bezug auf den Ersatz und den Neubau von Schiffen in einer Weise sparsam gewirthschaftet hat, die auffallend ist. Für Ersatzbauten sind im Durchschnitt der letzten acht Jahre nur 25 Millionen jährlich ausgegeben worden. enn man unser Schiffsmaterial nur zu 150 Millionen berechnet und annimmt, was schon im Flottengründungsplan angeführt ist, . die Durchschnitts⸗ dauer eines eisernen Schiffes 30 Jahre beträgt, so würden wir, um in jedem Jahre 1,z0 der Schiffe aufzufrischen, 5 Millionen Mark jährlich ausgeben müssen. Wenn ich mich nicht irre, schreibt der Bremer Llohd jährlich 40/0 von dem Kapital ab, welches er in Schiffen angelegt hat, für seine Ersatzbauten. Wenn wir dasselbe thun wolle
,. um gehobene und auch nicht ganz junge Arbeiter. an hätte deshalb mit den Entlassungen nicht stoßweise
meinem Dafürbalten in Bezug auf diesen Punkt bis zur au Grenze der Sparsamkeit und Bescheidenheit gegangen. dersh Es trifft sich wunderbar: gerade heute würden wir, wenn v einer Stelle in fremden Gewässern einen brauchbaren Avifo nicht in der Lage sein, zu anderen Maßregel greifen zu můssen n uns hohe Summen kosten; weil aber das Schiff, was da lian mehr nutz ist, ist eine Maßregeln getroffen worden na finanzieller Effekt noch nicht zu übersehen ist; es dürfte aber do em ganze Reihe von Nullen in der Zahl stehen, die die schließliche iin gabe darstellen wird. li Und nun noch eine Bemerkung. In der Presse und aus and öffentlichen Aeußerungen habe ich gelesen, man sollte nicht u Marine erster Klasse trachten, das würden wir nicht aufbringen Die Vorausfetzung ist immer da, daß wir eine Marine zweiter Klan! Das trifft nicht mehr zu. Als der Flottengründungeplan geschaffen 6 war das die Absicht, aber seither sind 19, 12 Jahre vergangen un was inzwischen geschehen ist Seitens der Russen und Italiener in flügelt uns so, daß wir faktisch auf dem Standpunkt einer Mir dritter Klasse angekommen sind. Ich lege Werth darauf, di m dem Lande zu konstatiren. . Es ist ein gewisser Enthusiasmus für die Flotte da schwärmt gern dafür; eine richtige Vorstellung von den realen 1 äh verhältnissen aber ist nur wenig verbreitet. ug Ich habe also die Bitte: bringen Sie uns, wenigstens wa Avisos angeht, nicht unter die Marine dritter Klasse herunter. Die Diskussion wurde geschlossen. Da die Abstimmm zweifelhaft war, so wurde zur Auszählung geschritten. Ri selbe ergab bei 83 „Ja“ gegen 96 „Nein“ die Nichtbeschs⸗ fähigkeit des Hauses. ; ; In Folge dessen wurde um 5 Uhr die weitere Berath auf Mittwoch 1 Uhr vertagt.
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— In der gestrigen (6) Sitzung des Haust der Abgeordneten erklärte bei Fortsetzung der zwehn Berathung des Etats der Do mänenverwaltung n
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Abg. von Below-Saleske, das Versicherungswesen sei fürn
Landwirthschaft eine Frage von prinzipieller Bedeutung, nicht mit einem einseitigen Maßstabe gemessen nin dürfe. Der größte Theil der Freunde des Redners benist tige nicht die nackte Verstaatlichung der Versicherung; viesmt wollten dieselben das Gegenseitigkeitsprinzip nach Möglichth berücksichtigen und strebten außerdem eine Kommunallsinn derselben an. Die Ziele der Agrarier schienen auf der Linn immer noch kein größeres Verständniß gefunden zu hahn dieselben erstrebten eine möglichst gleichmäßige Vertheilung Wohlstandes, nicht Anhäufung großer Reichthümer in M Händen Einzelner. Die Interessen des Kleingrundbestg würden von dem „Normalbauern“ Dirichlet, dem Abgeordnchh für Breslau, doch nicht richtig vertreten, das habe allein sch seine letzte Ausführung über die Kartoffeln genügend bewienn
Der Abg. Dr. Seelig bemerkte, die Ansichten des Sh von Below und seiner Freunde basirten auf der Anschaunm daß die Grundrente wie einem Naturgesetz gemäß in einn kontinuirlichen Steigen begriffen sein müsse, daß es also M Landwirthschaft schlecht gehe, wenn die Grundrente stilltch oder sinke. Die Erfahrung habe aber längst gelehrt, daß es binn Grundrente genau ebenso, wie in Handel Und Industh steigende und fallende Preise gebe, daß aber ein Stagntn oder Sinken der Grundrente keinen Rückschluß auf die Ln der Landwirthschaft im Allgemeinen zulasse. ;
Der Abg. Hobrecht wies die Unterstellung des n Dirichlet zurück, als ob innerhalb der nationallibernhn Fraktion eine Verabredung bezüglich der Entgegnung auf Ausführungen des Abg. Rickert stattgefunden hätte. En solche Verabredung habe nicht stattgefunden; Redner win sagen: „habe natürlich nicht stattgefunden“, denn sie wühh— ihm sehr unanständig erscheinen, wenn ihm nicht die hauptung des Abg. Dirichlet die Vermuthung nahe legte, dj solche Manöver sonst wo vorkämen.
Der Abg. Enneccerus legte gleichfalls gegen den wy Abg. Dirichlet auf ihn verübten Angriff Verwahrung ein. N Abg. Rickert habe den Nationalliberalen die liberale G sinnung abgestritten, zur Abwehr dagegen habe Redner R Gründe darlegen müssen, die es seinen Freunden schlechte dings unmöglich gemacht hätten, mit den Deutschfreisinnizh zu gehen. Er habe nicht den nationalen Sinn dieser Pam bestritten, wohl aber ausgeführt, daß sie durch ihr Vorgchn den Liberalismus aufs Schwerste geschädigt habe, zumal i der Polenfrage.
Der Abg. Dirichlet erwiderte, der Abg. Enneccerus hi
allerdings gesagt: ich will den Herren nicht die nationale Gr sinnung absprechen, im Gegentheil; aber — und nun kim die Vorbehalte, die dann in jedem unbefangenen Zuhörer h Gefühl erwecken müßten, als . doch alle Handlungen der Dent Freisinnigen gegen das Nationalgefühl ankämpften. Wenn du Abg. Rickert den Nationalliberalen die liberale Gesinnung ib spreche, so sei das kein Vorwurf, sondern lediglich eine Chmn teristik; derselbe Vorwurf würde ja dann auch jeden Konsetm; tiven treffen. Was der Abg. Hobrecht ihm vorhalte, habe et zn nicht gesagt. Die Nationalliberalen hätten eben instinktin⸗ gehandelt, wie er es „nicht gerade ritterlich“ genannt hit Er halte demnach Alles, was er über ritterliche Kampfesmi gesagt habe, vollständig aufrecht, auch dem Abg. von Biln gegenüber. Er halte es jedenfalls für nicht staats bürgeti . als Staatspensionär auf Kosten Min derbemilteht zu leben.
Nach Schluß der Diskussion wendete sich der Abg. Ennectnmn
noch einmal in einer persönlichen Bemerkung gegen die U würfe des Abg. Dirichlet.
Die Einnahmen des Domänen-Etats wurden hierauf lt . desgleichen Ordinarium und Extraordinarium desslt⸗ ttats.
Im Ordinarium des Etats der For st er walt ist in dem Tit. ?7 des Kap. ? der Ausgaben eine ch aufbesserung der Oberförster um 150 S, in Tit. 3 eine ch der Förster um 15 66 vorgesehen.
Der Abg. von Risselmann erklärte diese Aufbessernn für absolut ungenügend. Seit 13 Jahren hätten die an beamten allen übrigen Beamtenkategorien gleichen 9. nachstehen müssen, insofern ihnen die Gehalts aufbessen⸗ entgangen sei, welche den übrigen Beamten durch das a von 1873 über die Wohnungsgeldzuschüsse zu Theil wih, Gerade die Oberförster seien am allerdringendsten an 6 Aufbesserung ihrer Bezüge, nicht aber ein ügigen bedürftig; statt des 3 von 150 einen ö von 360 6 für geboten erachten. von 600 Thalern könne den Cher rf in 6 eine Lebenshaltung ermöglichen, die man richtig als gin t Elend bezeichne. Der selbständige Betrieb der Landwirth se Seitens der Förster werde in seinem Ertrage auch durchg; fn lirte Lage der Etablissements u. dgl. ungünstig beeinflußt n
n so würden wir 6 Millionen jährlich brauchen. Wir sind also nach
uh h , ph über den bayerischen Beamten gleicher Kategorie seien di . ßischen Förfter und Ober förfter' befonders benachtheiligt. mn
schaf Heime Herren! Ich theile das Bedauern des Herrn Verredners,
asse lm
. 3. 6. * 5 C 33 2 sej (., stej ö der Forst⸗ Etat seit sieben Jahren in seinen steigenden
danken. Die steigenden Forsterträge sind nicht sowohl auf einen
it ihrer Pflichttreue und Unverdrossenheit ver— s dente Tor ge, i , Faktoren. Min⸗ ö Yrußte im nächsten Etat die Ausgleichung 3 des hnungs geldzuschusses, demnächst aber eine reichliche Auf⸗ hesserung der Gehälter erfolgen. 3 . Demgegenüber erwiderte der Minister für Landwirth⸗ ft Domänen und Forsten Dr. Lucius:
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nicht möglich gewesen ist, schon jetzt in reichlicherer Weise für du 5h srzaufbesserung der Forstbeamten zu sorgen. Es ist voll⸗ eine en betend, daß die Gehälter der Forstbeamten nicht in dem 6 en fert worden sind, wie diejenigen der anderen Beamten aße aut 1 late rien vollständig zutreffend, daß die Gehaltsaufbesserung, die 4 Beamten zu Theil geworden ist, bei Gelegenheit der Ge⸗ den aer guss Wohnungegesdzuschuffes, daß die den Sberförstern und . ztzangen ist. Allein, auf der anderen Seite muß ich es doch als Forstern n; van Seiten des Hru. Finanz- Ministers anerkennen, daß e , . ich vor der allgemeinen Gehaltsaufbesserung den Forstbeamten jet schn . Aufbefferung zu Theil. geworden ist. Ich glaube . l Cine den Herrn Finanz⸗Ministers zu Ie hen, wenn ich er⸗ Wie Königliche Staatsregierung diese Aufbesserung nur als Schritt ansieht, dem weitere folgen, müßten. Es. ist voll⸗ zutreffend, daß die Lage des Königlichen Jerstheamten wöhnlich bedrängte ist, in sehr vielen Beziehungen. . ch steht er den anderen höheren Beamten—⸗ ener, gleich. In Betreff seiner sonstigen Lebens⸗ ut h ge sind ihm nach vielen Richtungen hin ungewöhnliche Ent- . und auch ungewöhnliche Leistungen auferlegt, während er 6 it gegen Jene zurücksteht, Wenn wir tratzdem es. anerkennen 1m , kaum ein anderer Beamtenstand mehr Berufsfreudigkeit na en nit mehr Hingabe an seinen Beruf thätig ist, so müssen bebt 4 diesen Stand doppelt hoch anrechnen. Ich pi a. hier es gern, daß aus keinem Berufskreise die Zabl . Ni iplinar ⸗Uinterfuchungen geringer, eine seltenere ist wie gerade . Stand, und muß es doppelt hoch anrechnen, wenn man sich 6. wartigt welche großen Werthe der Verwaltung des Einzelnen i n sind und wie viele persönlichen Opfer an Bequemlichkeit . z an h sundheit gerade mit der gewissenhaften Ausübung . Forstdienstes verbunden sind. Nun giebt aber gerade
eine
Erträgen ein erfreuliches Bild davon, wie , einer T hatig⸗ keit dieser Stand wirkt. Denn wenn wir seit 1878/19 ein regel⸗ mäßiges Steigen der Nutzhgtz-⸗rgzente haben. so. ist das im Wesentlichen allerdings den Bemühungen der Oberförster zu ver⸗ höheren Abtrieb von Solz uurückzjuführen, obgleich ia, auch eine quantitative Steigerung der Abnutzungssätze Iittfindet in Folge der regelmäßigeren neuen Vetric ke e gulirung ; . iin Wefentlichen liegt die Steigerung auf dem Gebiet, daß , utz⸗ holz⸗Prozente herautgewirthschaftet werden ie sind von 36 go 9. h r in den letzten Jahren gestiegen, und daß dies geschieht, ist wesent ich eine Frucht der persönlichen Bemühungen des. Reviernerwaltters die Nutzholzausbeute zu steigern durch zweckmäßige Veranstaltungen beim Ausbieten, bei dem Verkauf und bel. dem Aushalten des Hohes für bestimmte Zwecke. Auch die frühzeitige Ausschreibung der Lizi⸗
enen hat nützlich gewirkt. Also es liegen hier besondere persönliche sei —e , i der , fundienhesitz überwöge. Wenn die Güter im QOsten einen
Rerdienste des Foͤrstpersonals vor, denen ich gern auch an dieser Stelle die i mn, . die der Hr. Abg. von Risselmann pollstandig berechtigter Weise ausgesprochen hat. Also ich kann meines⸗ theils die Anregung aus dem Hause nur dankbar begrüßen und kann bestätigen, daß ich sehr gern zu helfen bereit bin, sobald die allgemeine Finanzlage es gestattet, mit einer Aufbesserung dieser Beamten kategorien weiter fortzufahren. ;
Der Abg. von Minnigerode sprach die Erwartung aus— daß nach dieser wohlwollenden Erklärung des Ministers auf demnächstige größere Berücksichtigung der Forstbeamten mit Sicherheit gerechnet werden dürfe, zumal im ganzen Hause die Geneigtheit vorhanden zu sein scheine, mit einer Ver⸗ besserung der äußeren Lage dieser Beamten vor der allge— meinen Gehaltsaufbesserung vorzugehen.
Der Abg. Bork plaidirte für eine selbständigere Amts⸗ stelung der Oberförster, namentlich den Forstmeistern gegen— über. ö ö
Der Abg. Schmidt (Stettin) erklärte sich mit den Ausfüh⸗ rungen des Abg. von Risselmann völlig einverstanden. Wie wohl⸗ disziplinirt das Corps der preußischen Forstbeamten sei, er⸗ gebe sich schon daraus, daß an das Abgeordnetenhaus noch nie eine Petition aus diesen Kreisen um Gehaltsaufbesserung gelangt sei; privatim aber höre man ständig schwere Klagen Über die mangelhafte Dotirung Seitens der Forstbeamten aus den verschiedensten Landestheilen. Redner empfahl ferner die Gewährung größerer Stipendien für das Forstfach und erklärte sich gegen die Einschränkung der Befugnisse, der, Forstmeister, die ein nothwendiges Glied in der Kontrole seien. Sehr zu wünschen wäre zuweilen ein etwas freundlicherer Verkehr der Oberfbrster mit dem Publikum, namentlich bei den Holzlizi— tationen. Die Veröffentlichung der Termine nur durch den Reichs⸗-Anzeiger“ sei nicht berechtigt. .
Der Ober⸗-Landforstmeister Donner entgegnete, die Frage der Beseitigung der Zwischeninstanz der Forstmeister sei nament⸗ lich in den kleineren deutschen Staaten sehr oft ventilirt wor⸗ den; in Baden z. B. seien sie beseitigt. Für, Preußen empfehle sich die Ahh fung schon wegen der räumlich so viel umfangreicheren Ausdehnung der Staatsforsten nicht. Die Stellung unserer Oberförster sei mindestens eben o selbständig, wie in den übrigen deutschen Staaten, auch die Belastung mit Schreibwerk sei keineswegs übermäßig. Eine Bestimmung, daß die Holztermine nur im „Reichs-Anzeiger“ veröffentlicht werden sollten, existire nicht. . w
Der Abg. Büchtemann wünschte eine n spezielle Angabe der erzielten Bauholz- und Brennholzpreise Seitens der Forstverwaltung.
Hierauf erklärte der Minister für Landwirthschaft, Do—⸗ mänen und Forsten Dr. Lucius, es sei nicht die Absicht der Forstverwaltung, die Uebersichten jährlich zu geben. Das wäre unnütz und würde nur die Makulatur noch vermehren. In den dreljährigen Verwaltungsberichten fänden sich die ge— nauen Uebersichten, die in Zukunft noch detaillirter publizirt werden sollten. .
Die Titel 2 und 3 wurden mit den in ihnen enthaltenen Gehaltserhöhungen bewilligt, desgleichen nach uner heblicher Diskussion der Rest des Kapitels. . .
Bei Kap. 3 „Zu forstwissenschaftlichen und Lehrzwecken machte der Abg. Seelig erneut darauf aufmerksam, daß, noch immer das Gehalt des Direktors der Forstalademie zu Münden um 60 S6 gegen dasjenige des Akademie Direktors in Ebers= walde zurücstehe. Des Weiteren bat Redner darum, die Versuche mit dem Anbau ausländischer Holzarten nicht einzu— stellen. sondern planmäßig fortzusetzen. =.
Der Minister für Ear f,, Domänen und Forsten
r. Lucius erwiderte, die Versuche mit der Anpflanzung fremder Holzarten würden planvoll fortgesetzt, da sich ein
gegenüber bemerke er, daß die Erleichterungen für den Holz⸗ fransvort möglichst ausgedehnt werden würden.
Das Kapitel wurde genehmigt. . . 5 er — der Nest des Ordinariums, sowie
das Sxtraordinarium ohne erhebliche weitere Debatte bewilligt Die Rente des Kronfideikommiß-Fonds, sowie der Zuschuß dazu wurden ohne Debatte genehmigt.
Beim Etat der landwirthschaftlichen Verwaltung bemerkte der Abg. Schultz, der Abg Rickert habe wiederholt behauptet, daß die Preise der landwirthschaftlichen Produkte hoch genug und daß dieselben fortwährend gestiegen seien. Das sei ein Irrthum! Im Gegentheil seien die Preise früher viel höher gewesen. Ebenso müsse er dem Abg. Rickert gegen⸗ über erklären, daß die sachgemäße offene Darlegung des wirth⸗ schaftlichen Nothstandes durch den Abg. von Minnigerode der Lanbwirthschaft nur zur Förderung gereichen könne. Wenn der Abg. Dirichlet sage, daß alle anderen Gewerbe ebenso dar⸗ niederlägen wie die Landwirthschaft, und daß diese dieselbe Berücksichtigung verdienten, wie die Landwirthschaft, so müsse er erwidern, daß die Landwirthschaft sich nicht mit anderen Gewerben vergleichen lasse, denn die Landwirthschaft sei die Grundlage des ganzen Staatslebens., Der Forderung, sparsam zu sein Und sich technisch weiterzubilden, seien die Landwirthe stets nachgekommen, aber sie seien am Ende mit ihrer eigenen Kraft, und wenn die Wirthschaftspolitik nicht zu Hülfe ge⸗ kommen wäre, sähe es schlimm aus. Wenn der Abg. Seelig sage, daß das Steigen und Fallen der Grund⸗ rente ein Naturgesetz sei, das man eben hinnehmen müsse, so mache Redner darauf aufmerksam, welche Folgen das Sinken der Grundrente habe. Es sei die Pflicht einer weisen Staats⸗ regierung, ein derartiges Heruntergehen des Zinsstandes mög— lichst zu hindern oder wenigstens zu mildern. Man verlange vielfach, daß der Landwirth billiger produziren solle, das sei aber rein unmöglich. Redner wünschte ferner die Einführung von Landeskultur-Rentenbanken. . . Abg. Dr. Seelig wies nochmals darauf hin, daß es sich nicht rechtfertigen lasse, eine fortdauernde Steigerung der Grundrente zu verlangen. Die Kalamität der Landwirthschaft sei hauptsäch⸗ lich durch die vorausgehende Preissteigerung veranlaßt worden. Die Landwirthe seien nicht berechtigt, jetzt allein vom Staate Hülfe zu verlangen. ; . ⸗ ö 1 Abg. hr forderte eine billigere Tarifirung für künstlichen Dünger; es sei zu bedauern, daß der, Eisenbahn⸗ Minister den verschiedenen Wünschen in dieser Richtung noch nicht nachgegeben hab. . ĩ ö Der Abg. Frhr. von Minnigerode führte an, daß die Zeitun⸗ gen eine Aeußerung des Ministers Lucius in dem Landesökonomie⸗ kollegium, dahin gehend, daß in einigen Provinzen die Lati⸗ fundien in schädlicher Weise überwögen, mitgetheilt hätten. Er bezweifele, daß eine solche Aeußerung gefallen sei, und wolle dem Minister Gelegenheit geben, die Sache klarzustellen; denn ihm sei keine Gegend bekannt, in welcher der Lati—
größeren Umfang hätten, so liege das an den klimatischen Corn dem leichten Boden und dem Vorherrschen des Waldes. . . . Der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Dr. Lucius berichtigte die etwaige irrthümliche Auffassung des Vorredners, als habe er im Landesökonomie Kollegium einer Befürchtung des Ueberhandnehmens von Latifundienbesitz in der preußischen Monarchie Ausdruck gegeben. In dem bei weitem größten Theil der Monarchie sei zu dieser Befürchtung kein Grund vorhanden. . ⸗ Beim Kapitel „Auseinandersetzungsbehörden wünschte Abg. Krah den baldigen Erlaß eines Verkanpelungs⸗ gesetzes für Schleswig⸗Holstein. . geset geg Abg. He dr, den Minister, die Spezialkommission anzuweisen, daß in die Separationsrezesse keine Bestimmungen über die Wegebau⸗ und Unterhaltungslasten aufgenommen werden möchten, weil daraus die unangenehmsten Rechtsfragen entständen. .
. Der Minister für an , Domänen und Forsten Dr. Lucius erwiderte, er erkenne ie vorhandenen Schwierig⸗ keiten vollkommen an, zum Theil seien dieselben aber schon erledigt, da in den östlichen Landest eilen keine Separationen mehr stattfänden und die alten Rezesse keine Rechtskraft mehr hätten! Die Unterhaltungspflicht der öffentlichen Wege müsse 9 Erlaß einer Wegeordnung geregelt werden. Wenn man bei den Separationsrezessen nicht wisse, wer die. Separations⸗ Interesfenten seien, so sei hier allerdings eine legislative Tücke, die noch ausgefüllt werden müsse. .
Das Kapitel wurde genehmigt; ebense, das Kap. 102: „Landwirthschaftliche . . . Um 4 Uhr wurde die Berathung abgebrochen. Nächste
Sitzung Mittwoch 12 Uhr.
In oi n unseres gestrigen Berichts über den ersten
Theil der Verhandlungen lassen wir noch die Rede des Mi⸗ nisters für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Dr. Su cis, im Wortlaut folgen. Auf bezügliche Aeußerungen des Abg. Dirichlet antwortete der Minister: .
Der Herr Vorredner hat es mir zum Vorwurf gemacht, daß ich in Vertretuͤng landwirthschaftlicher Interessen getrennte Wege marschire, je nachdem es sich darum handelt, Zollerhöhungen zu befürworten oder aber fechnische Fortschritte der Landwirthschaft zu konstatiren; daß ich meine Schilderungen rosig oder schwarz färbe, je nach dem Zweck, den ich verfolge. Nun, ich muß sagen, ich, glaube doch, von rechtswegen hätte ich diesem Mißverständniß nicht ausgesetzt sein dürfen von Seiten eines Abgeordneten, der seit Jahren den Verhandlungen im Reichstage sowohl, wie hier beigewohnt hat. Ich pflege meine Reden nicht zu färben, sondern ich, gebe die Schil⸗ derungen, wie ich sie für sachlich richtig halte und wie sie der Sache entsprechen, die ich zu vertreten habe. Ich habe wiederholt an dieser Stelle und im Reichstage hervorgehoben, daß es keineswegs ein Wider⸗ spruch, eine Gegenfaͤtzlichkeit it, zu betonen, daß die Land— wirthschaft, der Grundbefitz sich in einer Nothlage befindet, während ich andererseits oder bei anderen Gele enheiten zu konstatiren gehabt habe, daß in dem landwirthschaftlichen Betriebe fich außerordentlich große und wesentliche Fortschritte vollzogen haben. Das ist kein Gegenfatz, und ich habe das schon wiederholt eingehender erörtert. Der Herr Vorredner zwingt mich aber, gerade auf Vor⸗ gänge der letzten Zeit zu exemplifiziren. ;
Wir haben vor wenigen Wochen im Reichstage eine Vexhand— lung gehabt, wo — es handelte sich um Abänderung des Zucker— steuergesetzes — von einem Redner der Opposition ausgeführt wurde, daß die ganze Nothlage der Landwirthschaft und der landwirthschaftlichen Betriebe im Besonderen geschaffen fei durch das Spystem der Reh⸗= besteuerung, wie es bisher der Zuckexindustrie 1 Grunde gelegen. Er führte aus, daß eigentlich unsere Landwirthschaft im erfolg des
u f. w. Ich habe dem widersprochen meines Erachtens mit vollstem Recht und babe es auch bewiesen, daß es gerade umgekehrt ist. „Ich sebe keinen Verfall der Landwirthschaft', so habe ich wörtlich gesagt. Das ist aber in diesem Zufammenbang gar nicht anders zu verstehen, als daß es sich in diesem Augenblick nicht auf die allgemeine Lage der Landwirthschaft bejog, sondern nur auf die Lage derjenigen Tandwirthschaft, die betrieben wird in Verbindung mit der Zucker⸗ industrie. Ich glaube, daß ich nach den Gesetzen der Logil dabei voll- stãndig im Rechte war, und daß von einer willkürlichen Färbung nicht die geringste Spur zu finden ist. Mit vollem Rechte habe ich aus⸗˖ geführt, daß fich die Landwirthschaft, so weit sie betrieben wird in Verbindung mit der Zuckerfabrikation, seit einer Reihe von Jahren in der außerordentlichsten Weise vervollkommnet und entwickelt Fat, und daß, vielleicht abgesehen von der preußischen Agrargesetz⸗ gebung selbst, nichts so dazu beigetragen hat zur Vervollkommnung des technischen Betriebes wie gerade die Zuckerindustrie, die wieder ihrerfeits durch das System der Materialbesteuerung bedingt war. Wie darin, wenn man dann andererseits bei Besprechung der Ge⸗ sammtlage der Landwirthschaft wesentlich begründete Klagen aus⸗ spricht, ein Gegensatz, eine Widerlegung liegen soll, ist mir wenigstens unverfländlich. Ich fetze mich, wenn ich das thue, durchaus nicht in Widerspruch, wenn von der Gesammtlage des ländlichen Besitzes und der Tandwirthschaft die Rede ist, von dem landwirthschaftlichen Erwerbe — wenn ich da die trüben Bemerkungen bestätige, welche Hr. von Schor⸗ lemer, Hr. von Minnigerode und andere Redner von der jetzigen Lage
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der Landwirthschaft gemacht haben in ihrer Allgemeinheit. . Ich meine, gerade auch die Vorlage, an die Hr. von Minnige— rode gerade seine heutigen Ausführungen angeknüpft hat, ist der voll⸗ kommene Beleg für das, was ich behaupte und was auch von der rechten Seite des Hauses behauptet ist. ⸗ Es sist diefe Vorlage die Uebersicht über die neue Domänen verpachtung. Wo giebt es Mehrerträge? Eine Steigerung der Pachtzinse? Und das ist nicht nur in diesem Jahre der Fall, sondern schon seit einigen Jahren, und wird auch im nächsten Jahre der Fall sein. Die Mehrerträge repräsentiren diejenigen Do⸗ mänen, welche im Rayon der Zuckerindustrie liegen. ö solcher Domänen, unter Umständen eine einzige trägt durch die Mehrerträge bei. Neuverpachtung die Ausfälle, welche 20 — 35 andere Domänen verursachen. Daraus ist zu schließen, daß diejenigen landwirthschaftlichen Betriebe, die nicht in Verbindung mit einem technischen Gewerbe — also hier, um mich an diese Spezialität zu halten, an die Zuckerxindustrie — also nicht in Verbindung mit diefem Betriebe sind, mit ihren Erträgen zurückgegangen sind, obgleich die Betreffenden sich die Hülfsmittel der modernen Technik, die fie in den besser situirten Wirthschaften vor Augen haben, zu Dienften machen. Man wird behaupten, und nachweisen können, daß Überall in den größeren Wirthschaften — und das sind durchweg die Domänenwirthschaften, die als Elitewirthschaften betrachtet werden können — von einem Zurückbleiben im technischen Betrieb, im Fleiß, in Sparsamkeit der Dirigenten absolut nicht die Rede ift. Es mögen ja vereinzelte Ausnahmen vorkommen, aber durchweg ist das Beftreben vorhanden und auch bis zu einem gewissen Grabe erfolgreich gewesen, die Erträge aus landwirthschaftlichen Be⸗ trieben nach Maßgabe der klimatischen und Bodenverhältnisse zu steigern, die für die einzelnen Wirthschaften gewissermaßen Naturgesetz bilden, . ; .
Also, wenn. die Nachweise aus den Domänenerträgen ergeben — und das thun sie — daß alle die landwirthschaftlichen Betriebe, die, obschon sie mit großer Einsicht und auch mit Benutzung des nöthigen Betriebskapitals geleitet werden — denn gerade die Königlichen Domänenpächter sind ausgewählte Leute auch insofern, als nicht. blos ihre landwirthschaftliche Qualifikation eingehend geprüft wird, ehe sie zur Konkurrenz zugelasfen werden, sondern weil auch ein verhältnißmäßig hohes Betriebskapital gefordert wird, um einen solchen Betrieb zu über⸗ nehmen — also wenn in diesen Domänen, bei denen devastirte Wirthschaften die Ausnahme bilden, in den rein landwirthschaftlichen Betrieben ein all— gemeines Abnehmen der Erträge stattfindet, so ist das uniweifelhaft ein Symptom des Rückganges der Erträglichkeit der Landwirthschaft überhaupt. Ich meine, das ist eigentlich so offenkundig wie das Tageslicht; das braucht man garnicht zu beweisen, eben weil es That⸗— ache ist. . : ö 3 erinnere an die Thatsache unserer augenblicklichen Getreide⸗ preise, die also trotz der Zollerhöhung zum Theil — ich nenne in erster Linie den Weizen — niedriger stehen wie die in London; und auf der anderen Seite den Roggen, der ungefähr gleich steht mit dem tiefsten Riveau in allen übrigen Ländern. Außerdem auch nicht blos relativ, fondern absolut gesprochen, sind doch die gegenwärtigen Weizenpreise auf einem so tiefen Niveau, wie sie meines Wissens in den letzten 30 Jahren nicht gestanden haben.
Also, das sind Thatsachen. kö .
Die verkäuflichen Produkte einer Landwirthschaft ohne technischen Betrieb bestehen doch wesentlich in Körnern, und wenn die Körner⸗ preise auf das tiefe Niveau gesunken sind, so müssen nothwendig die Brutto⸗ und auch die Netto⸗-Einnahmen aus einer Wirthschaft in ganz demselben Verhältniß sinken. . -
Auf der anderen Seite ist. das Steigen der Pro— duktionskosten eine eben so offenkundige und eben so oft auch hier bewiesene Thatsache. — Ich, will diese Details nicht wiederholen, weil ich nicht glaube, daß die Güte der Argumente durch häufige Wiederholungen gewinnt. Wir haben ausführlich in den letzten Jahren im Reichstage bei Gelegenheit der Erhöhung der Korn—⸗ 1 darüber gesprochen und zahlenmäßig nachgewiesen, daß die Wirth⸗ schaftsausgaben, was die Löhne für Arbeiter und Hausgesinde betrifft, aste erheblich gestiegen sind. Es sind damals die Prozentsätze nach⸗ gewiefen worden, daß in den letzten 30 Jahren die Löhne um 25 bis z0oso gestiegen sind, sowohl die Arbeitslöhne wie auch die des länd⸗ lichen Gesindes. Es sind also, obschon absolut die Einnahmen gefallen sind, nach Maßgabe der Getreidepreise die Ausgaben dieselben ge⸗ blieben oder sogar gestiegen, und zwar diejenigen Ausgaben, die voll⸗ ständig unabhängig sind von dem Willen des Landwirths; denn die Arbeitskräfte braucht er unbedingt, um seinen Acker zu bearbeiten, um ihn zu pflegen, um die gewonnene Ernte zu bergen. Also wenn Sie auf der einen Seite die Thatsache der niedrigsten Getreide⸗ preise anerkennen, auf der anderen Seite die Thatsache der erhöhten Betriebskosten, so ist es ganz unzweifelhaft mathematifch richtig, daß das Rechenexempel dahin geht, daß um die Differenz der gestiegenen Produktionskosten und der niedrigen Getreide⸗ preise sich die Lage der Landwirthschaft im Allgemeinen verschlechtert haben muß. Das ist zweifellos. .
Nun ist ja das vollkommen zugegeben: Es ist bei den jetzigen Getreidepreisen, wie bei jeder derartigen Erscheinung, nicht blos ein Moment maßgebend, sondern es konkurriren eine Reihe von Umständen; wir bilden weder im landwirthschaft⸗ lichen Betrieb noch im Uebrigen eine vollständig isolirte Insel, sondern wir sind vor allen Dingen influirt durch die Kon⸗ sunktur des Weltmarktes, durch die Ernte der gesammten Erde. Nun ist das letzte Jahr ein ungewöhnlich gutes Erntejahr, und zwar, wie man aus den vorliegenden Berichten ersehen kann, überall; es ist durchweg mehr als eine Mittelernte. Also wenn diese Umstände zu⸗ sammenkommen, daß der Gesammtertrag in allen Ländern fast Ueber schüsse ergiebt, so wird das u n, w einen gewissen Preisdruck Üben, auch wenn eine Zollerhöhung inzwischen für Deutschland ein— getreten ist, die uns vor der noch tieferen Depression zu schützen geeignet ist.
Wenn der Herr Abgeordnete ausgeführt hat, daß unsere Schutz⸗ zollpolitik nichts wie Mißerfolge aufzuweisen 3 so muß ich sagen, ist er meines Erachtens den Beweis dafür absolut schuldig geblieben.
Gewiß, Sie können konstatiren, wie unsere 32 augen⸗ blicklich sin x; wie sie aber wären ohne diese Zoller das können Sie nicht bestimmt behaupten.
Ich meine, der Herr Abgeordnete hat selbst einen Beleg dafür gegeben, indem er ausgeführt bat, daß durch die Zollmaßregeln die Spekulation und der Zwischenhandel auf das niedrigste Niveau . worden ist, und das halte ich gerade für richtig und nützlich. Es ist
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richtiges Urtheil erst gewinnen lasse, wenn diese Versuche O — 15 Jahre fortgesetzt seien. Dem Hrn. Abg. von Enckevort
Betriebes der Zuckerrüben -Industrie zurückgegangen, verfallen sei
jedenfalls durch die Zollerhöhungen, die doch übrigens im Wesentlichen
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