2
5 9 2 vVolnischen Frage im europäischen Sinne unter Betheiligung und Mit⸗ wirlung anderer Nationen, die seitdem nicht wieder von der Bildflächt vollständig verschwunden ist.
wege Eindruck dieses damals auf die preußischen Autoritäten
machte, darüber haben wir ein Votum, welcheg der damalige kom⸗
. Hre vor Grolmann — ein Name, der keineswegs an waltionãre enzen erinnert — über die Situation in Polen einrachte, und welches das Datum vom 25. Mär; 1852 trägt. Es liegt nicht in meiner Absicht, Sie mit der Vorlesung die⸗ ses ganzen Botums zu belästigen; ich will nur zur Charakteristrung der damaligen Situation die erste Seite dorlesen:
Als der geringe Theil —
ich bitte aber die 4 Stenographen, nachzuschreiben; ich kann dieses Aktenstück nicht aus den Händen geben - :
Als der geringe Theil der ebemaligen preußischen Besitzungen in Polen im Jahre 1815 unter dem Namen eines Großherzogthums Mosen wieder mit dem preußischen Staate vereinigt ward, zählte dieses, von ungefähr S800 000 Einwohnern bewohnte Land 350 900 Teutsche und 450 000 Polen und Juden. Durch seine Lage im Herzen des preußischen Staates, auf der Verbindung zwischen Schlesien, Prenßen und Pommern, nur 18 Meilen von Berlin entfernt, gehört dieses Land so innig zum preußischen Staate, daß jede Dee einer Trennung von demselben als wahrer Hochverrath angesehen werden muß, und jeder, der es ehrlich mit seinem Vater⸗ lande meint, seine letzte Kraft anspannen muß, nicht allein, um dieses Land dem preußischen Vaterlande zu erhalten, sondern es auch gutgesinnt, das heißt teutschgesinnt zu machen.“
Ich lese noch eine Seite, die mir besonders prägnant erscheint, — 86 2 bererts einen Anklang bietet für die Maßregeln, die wir jetzt vorhaben:
Im Großherzogthum Posen befinden sich einige hundert olnische Güter besitzende Edelleute, die mit ihrem Besitz, ihrem Anhange von Vettern, Schlachtschützen, Woyten, Vögten und Haus— bedienten einige tausend Köpfe bilden, die das böfe Prinzip der Provinz sind,“
— sagt der General Grolmann — ̃
und deren allmähliche Entfernung von dem wesentlichsten Nutzen
sein würde, da noch Generationen darüber hingehen, ehe ihre
polnische Natur sich zu einer staatsbürgerlichen preußischen ausge⸗ bildet haben wird.
Der anliegende Aufsatz entwickelt einige Ideen, wie Preußen von diesen gefährlichen Menschen, ohne Ungerechtigkeiten zu begehen, zu befreien ist, die mir einer Beherzigung werth scheinen, und die ich deswegen beifüge. Es ist wohl kein Zweifel, daß, wenn Preußen die ansehnlichen Kosten, die uns die Anstalten gegen die polnischen Insurrektionen gekostet haben, in den letzten 15 Jahren verwendet hätte, um die polnischen Gutsbesitzer auszukaufen, das Großherzog thum Posen eine ganz sichere preußische Provinz wäre, statt daß wir jetzt durch jeden unvorhergesehenen Zufall und vielleicht unter viel schlimmeren Verhältnissen als bisher noch zu viel größeren Opfern genöthigt sein werden u. s. w.“ .
Das Aktenstück eignet sich wegen seiner, wie Sie schon aus dieser kleinen Probe ersehen haben, scharfen und polemischen Fassung nicht zur vollstãndigen Veröffentlichung; aber ich werde dasjenige, was ohne Unhöflichkeit gegen lebende Leute veröffentlicht werden kann, doch der 23 demnächst anheimgeben. Ich verzichte deshalb auf eine weitere Verlesung.
Das Ergebniß dieser, in dem Grolmannschen Elaborat keimenden Auffassung war das, was man heutzutage die Flottwellsche Politik nennt. König Friedrich Wilhelm III. war diesem Gedanken zugäng⸗ lich, und es wurde von Seiten des Königs und des Finanz · Ministers eine nicht sehr erhebliche Summe bewilligt, für welche Güter aus polnischen Händen aufgekauft wurden, um sie zur Vermehrung der deutschen Berõlkerung in der Provinz weiter zu veräußern. Wenn auch Riese, Operationen nicht überall und in jedem einzelnen Fall mit Geschick und namentlich späterhin auch nicht unter n der ursprünglichen Bestimmung betrieben worden sind, so haben sie doch, so lange dieses System das herrschende in der Verwaltung war, einen erheblichen Zuwachs der deutschen Bevölkerung geschaffen. Das
mandirende General in rn
System wurde aber außer Kraft gefetzt, als im Jahre 1816 der hoch⸗
selige König zur Regierung kam, der seinerfeits der Meinung war, Daß die wohlwollenden Gefühle, welche er für seine polnisch sprechen⸗ den Unterthanen hatte, das Vertrauen, welches er zu ihnen hafte, auf der anderen Seite durch analoge Gefühle vollständig erwidert würden, und der in diesem Glauben bestärkt wurde durch eine Rundreise, die er bald nach seiner Thronbesteigung in der Provinz bei den hervorragendsten Edelleuten der polnischen Nation machte; er glaubte — ein altes Sprüchwort sagt, „Zutrauen bewirkt Edelmuth! — man habe die Polen nur unschuldig gekränkt, sie wür⸗ den treue Unterthanen ihres wohlwollenden Königs sein, wenn man ihnen mit Vertrauen entgegenkäme, und die Wohlthaten der preußischen Regierung im Vergleich mit den Zuständen, in denen sich die Be— völkerung früher befand — ja, ich kann, ohne unsere Nachbarn zu verletzen, wohl sagen, in denen sich auch die jenseits der Grenze lebenden Polen befanden würden allmählich die Herzen gewinnen. Der hochselige König wurde aus diefen vertrauens— vollen Empfindungen in einer gewisfen unangenehmen Weife gestört durch die insurrektionellen Bewegungen, die vom Jahre 1846 bis 1848 in den verschledenften Phasen statt— fanden. Er mußte erleben, daß im Jahre 1848 auf den Barrikaden von Berlin ein Bündniß zwischen der preußischen und ausländischen Demokratie und den Polen geschlossen wurde, was zur Folge hatte, daß kurze Zeit darauf mehrere tausend preußische Unterthanen, theils polnisch⸗ theils deutschredende, im Großherzogthum Posen in gegen⸗ seitigen Kämpfen erschossen oder verwundet wurden. Indessen das Ergebniß der damaligen Exeignisse war doch immer ein gesetzlicher Zustand, der den polnischen Bestrebungen dieselbe Freiheit der Bewegung verfassungsmäßig und gesetzmäßig verschaffte, welche den deutschen Unterthanen gewährt war; die Freiheit der Bewegung aber, die die Polen gewannen auf dem Ge— biete, des Vereinzrechts, der Presse und des Verfassungslebens, hat in keiner Weise dazu beigetragen, ihr Wohlwollen und Entgegen⸗ kommen für Deutschland zu vermehren; im Gegentheil, wir sehen als rucht davon nur eine Verschärfung der nationalen Gegensätze, das t eine einseitige Verschärfung auf der polnischen Seite. Der Ent⸗ wicklung derselben kam die Eigenthümlichkeit des deutschen Charakters in manchen Hinsichten entgegen; einmal die deutsche Gutmüthigkeit und underung alles Ausländischen, eine Art von Neid, mit dem unsere Land leute Denjenigen betrachten, der im Auslande gelebt und gewisse ausländische Allüren angenommen hat, und dann auch die deutsche Tradition, die eigene Regierung zu bekämpfen, wefür man in den- Polen immer bereite Bundesgenossen zu finden sicher war; endlich die eigentbümliche Befähigung des Deutfchen, die sich bei keiner anderen Nation wiederfindet, aus der eigenen Haut nicht nur heraus, sondern in die eines Ausländers hineinzufahren und vollstãndig Pole, Franzose oder Amerikaner, kurz und gut etwas der Art zu werden. Ich erinnere mich aus meiner Kindheit, die popu⸗ lärsten Melodien in Berlin, die ich gelernt habe, waren polnische, vom alten Feldherrn: Denkst Du daran, meim tapferer Lagienka ;. — Ferdere Niemand, mein Schicksal zu hören“; — Mein Vaterland.; — Das, war aber nicht etwa das deutsche Vaterland, sondern das ,. was der Berliner Lecrkastenmann damit beklagte. Es e das seinen entsprechenden Zwilling in dem Interesse fuͤr alles ranösische. Wer hat, der mit mir gleichaltrig ift, nicht, Bertrands 6. B. mit Vegeisterung vortragen hören, oder die Poefien reiherrn von oder Anderer zur Verherrlichung Napoleons J., der die Deutschen recht gründlich gehauen hatte, wofür sie ihnr eine Dankbarkeit bewiesen, die ich durch kein zoologisches Beiwort charakterisiren mag. erinnere an die Bewunderung des fremden gaffenglanzes in der ‚Mitternächtigen Parade“, kurz an alle diese Schwächen der Deutschen. = Ich entfinne mich meiner ,.
⸗
Ich lernte damals als ju. ger Mensch chnige der hervorragenden Leute des damaligen pelnischen Reichstages kennen; es waren interessante, liebenswürdige Leute. Aber das. was mich im Augenblick daran interessirt, ist die Erinnerung an die Begeisterung, mit der diese Polen in allen Städten Mitteldeutschlands empfangen wurden. Ich babe nachher den Einpfang unserer, aus siegreichen und gerechten Kriegen zurückkehrenden Armee erlebt; aber so warm war er kaum, wie der Empfang dieser polnischen Flüchtlinge in jeder deutschen Stadt, die dadurch — ich habe sie selbst gesprochen — keineswegs in ihren Bestrebungen entwaffnet wurden gegen Deutschland und deutsch umgestimmt wurden. Ich entsinne mich, daß ich mit einem der . zufällig über die slavischen Reminiszenzen sprach, die in den Namen vieler Ortschaften in meiner Heimath sich zeigten aus den früheren wendischen Zeiten her, und daß mir der fagte — die Unterredung wurde französisch geführt — „attendez, nous leur rendrons bientt leurs noms primitifs“. Sie finden es ja auch in den Aufrufen aus den Revolutionen von 1846 und 1863 bestätigt, daß die Hersteller Polens auch nicht auf eine einzige Dependenz verzichteten; — die Provinz Pommern gehört gerade so gut dazu wie Pomerellen, und Poömerellen gerade so gut, wie Warschau selbst. ch habe schon erwähnt, wie groß das Entgegenkommen der Be⸗ wohner der heutigen deutschen Residen; damals im Jahre 1848 gegen die Polen war. Ich erinnere mich, daß ich an der Ecke der Charlottenstraße und Linden im Publikum den Jug der Beerdigung der gefallenen Märzkämpfer angesehen babe, und daß dabei in einigem Widerspruch zu einer Trauerfeierlichkeit auf einem reich geschmückten Wagen in einem malerischen polnischen Kostüm Mieroslawski stand, der der eigentliche Held des Tages war. Sein Aufzug — und er sah sehr gut aus, kann ich Ihnen versichern — machte auf die Berliner faft mehr Eindruck, beschäftigte die Gemüther fast mehr, als der des Königs, durch den die Absicht kundgegeben wurde, daß Preußen in Deutschland aufgehen sollte; also die deutsche Nationalität ging damals spurlos vorüber, obschon sie durch den höchsten Träger der preußischen Nationalität repräsentirt war. Am allerstärksten bethä⸗ tigte sich die Sympathie für Polen noch einige Zeit später, wie ich bereits an dieser Stelle als preußischer Minister stand. Es wird im nächsten Monat genau 23 Jahre, daß ich von dieser selben Stelle her eine Polendebatte zu führen hatte von einer Lebhaftigkeit, die, wie ich hoffe, die heutige nicht erreichen wird. Ich war damal hierher ge⸗ kommen und hatte das Ministerium übernommen in der Hauptfache, um Sr, Majestät dem König meine Dienste im Kampfe für die Monarchie gegen die damals erstrebte Herrschaft der Fortschrittspartei zu leisten. enn ich außerdem noch persönliche und positive Neben⸗ zwecke hatte, so waren es die von dieser einflußreichen Stelle auß der Entwiskelung der deutschen Nationalität nach Möglichkeit zu dienen. Die Veröffentlichungen, die über meine Thätigkeit in Frankfurt a. M. seitdem stattgefunden haben, werden mich überheben, die Thatsache näher nachzuweisen, daß ich die Absicht, Deutschland auf nationalem Wege zu dienen, in diese Stellung hineinbrachte und mich durch keine Anfeindung darin habe irre machen lassen. Ich wurde empfangen mit Entrüstung darüber, daß man „diesem Menschen“ die wichtigste Stellung in Deutschland beilegte. — Dieses Epitheton habe ich da— mals ertragen müssen. Ich zweifle garnicht, daß unter meinen Gegnern sehr viele mit mir dieselben Ziele erstrebten; aber ich weiß nicht, ob nicht mit der Art, wie sie sich die Er— reichung dieser Fiel dachten, doch immer der Nebengedanke ver⸗ bunden war, daß sie entweder persönlich oder durch die Partei, der sie angehörten, eine, hervorragende Rolle bei dem Ueber- gang in das neue Verhältniß spielen würden; vielleicht war ihnen der Gedanke unerträglich, daß ein Fremder ihnen ihre Aufgabe vorweg nähme, und zwar Jemand, mit dem Viele von ihnen kurze Zeit vor⸗ her in diesen selben Räumen im scharfen parlamentarischen Kampfe gestanden hatten. Es ift mir erinnerlich, daß damals Jemand, den ich vollständig eingeweiht hatte in meine Absichten, die ich damals unmöglich sagen konnte, ohne sämmtliche Großmächte zu entfremden und den europäischen Seniorenkonvent . gegen uns aufzu⸗ bringen, daß dieser Herr — er lebt nicht mehr, sonst würde ich davon nicht sprechen — der nach seiner amtlichen Stellung verpflichtet war, mir beizustehen, damals, so wie ich ihn eingeweiht hatte, zu Anderen in meiner Abwesenheit sagte: Nun macht dieser Mensch meine Politik und macht sie alf 4 Was Gefühl hatten sehr viele von den Herren, die mir damals in diesen Räumen feindlich entgegenstanden. Ich kann nicht dafür, daß ich damals nicht verstanden worden bin; ich habe mich namentlich in den bekannt gewordenen und zwar nicht ganz richtig bekannt gewor⸗ denen Aeußerungen, die durch die Worte ‚Blut und Gisen“ gekenn⸗ zeichnet waren, — recht deutlich darüber ausgesprochen, deutlicher fast vielleicht, als es gut war damals. Es handelte sich um militärische Fragen und ich hatte gesagt: legt eine möglichst starke militärische Kraft, mit anderen. Worten, möglichst viel Blut und Eisen in die Hand des Königs von Preußen, dann wird er die Politik machen können, die Ihr wünscht; mit Reden und Schützen⸗ festen und Liedern macht sie sich nicht, sie macht sich nur durch. „Blut und Eisen.“ Das ist die Sache— Ich wäre vielleicht verstanden worden, wenn ich nicht zu viel Rivalen auf diesem Gebiete, Deutschland herzustellen, damals gehabt hätte. In diefer Lage also befand ich mich mit einer bewußten Absicht, die ich noch nicht gussprechen durfte, weil, wenn ich es gethan hätte, mir eine Unterstützung weder bei Rußland noch Frankreich, weder bei Oester⸗ reich noch auch bei England anders als bei dem Letzten mit Worten und bei den Anderen auch nicht einmal mit Worten — zu Theil ge⸗ worden wäre. — Die Saat, die ich sorgfältig kultivirte, wäre im Keime erstickt worden durch einen kombinirten Druck des gefammten Furopa, das unsern Ehrgeiz zur Ruhe verwiesen hätte, denn aus Liebe für uns hätte Keiner etwas für die deutsche Sache gethan, auch nicht einmal aus Interesse. . In diesen Erwägungen befand ich mich bereits, als ich Gesandter in St. Petersburg war, wo ich doch berufen war, an der auswärtigen Politik nicht bloß, sondern auch an der deutschen Politik des preußischen Staates einen persönlichen Antheil zu nehmen, und ich hatte dort die russischen Verhältnisse Polen gegenüber ziemlich aus nächster Nähe beobachten können, in Folge des großen perfönlichen Vertrauens, welches mir der hochselige Kaiser Alexander schenkte. Ich hatte die ieberzeugung gewonnen, daß im russischen Kabinet zwei Prinzipien thätig waren; das eine, ich möchte sagen, das antideutsche, welches das Wohlwollen der Polen und der Franzosen zu erwerben wünschte und welches hauptsächlich vertreten war durch den Reichs⸗ kanzler Fürsten Gortschakoff und in Warschau durch den Marquis Wielopolski; das andere, das hauptsächlich in dem Kaiser und anderen seiner Diener . Sitz hatte, das auf dem Bedürfniß beruhte, die freundschaftlichen Beziehungen mit Preußen unter allen Umständen festzuhalten — und man kann sagen: eine preußenfreund—⸗ liche, antipolnische und eine franzosenfreundliche polnische Politik kämpften um den Vorrang im russischen Kabinet. Wer die Verhand⸗ lungen der damaligen Zeit gelesen hat, wird sich der berüchtigten Kon⸗ vention vom 58. Februar, der sogenannten Seeschlange, erinnern, die, wie der Erfolg gezeigt hat, praktisch gar kein Resultat hatte — mili⸗ tärisch; aher sie hatte ihre Bestimmung erfüllt in dem Moment, wo sie in St. Petersburg unterzeichnet wurde, das heißt: sie entfchied über die Parteinahme der Kaiserlich russischen Politik für Preußen gegen die polnischen Bestrebungen, die bis dahin sehr zweifelhaft war. Deshalb war meine Stellung als auswärtiger Minifler dem russischen Kabinet gegenüber einigermaßen vorbereitet, und von allen europäischen Kabineten damals konnte man nur von diesem, ich will nicht sagen: eine Unterstützung, aber doch eine tolerari posse unserer deutschen Politik allenfalls erwarten. Ich hatte deshalb bas nteresse, die Beziehungen zu St. Petersburg besonders zu pflegen. enn ich mir bewußt war, mit der Mehrzahl meiner Landsleute in diesem Raume der Volksvertreter ein und dieselben natisnalen Ziele zu erstreben, ö war es hart für, mich, 3 ich für die Erreichung dieses Zieles auch von keinem Einzigen eine nterstützung, eine Mitwirkung zu diesem Zweck zu erwarten hatte; im Gegentheil, die eigenthümliche Lage, in die wir durch eine geheime Konvention, der gegenüber man einen
waren, lieferte die Mittel, die übrigen, europäischen Kabi gegen ung zu verhetzen, ihnen enn . Anzeige zu machen unseren Schwächen und von Fehlern, die diesseits begangen waren, bon — ich kann es nicht anders nennen — in Paris und in dondon un verklagen wegen der russenfreundlichen Politik, die wir machten un s war nicht ohne Erfolg. Ich habe durch einen Zufgsl, der im! 1870 stattfand, in dem eine Anzahl geheimer Kenne Papiere unsere Hände fiel, Indizienbeweise in die Hand bekommen für w Verbindungen, die damals von hiesigen Mitgliedern der Qppofit mit der hiesigen französischen Gefandtschaft stattgefunden haben. 8. werde dag. Hebeimniß darüber auch ferner bewahren, weil ich n Veröffentlichung nicht für nützlich halte. Es sind seitdem 23 Jahre ber gangen, und manche politische K hat sich geändert, und haben in der Politik etwas gelernt seitdem; die pokitische Bildung ff heut eine andere. .
Also es war für uns eine sehr bedenkliche, vollkommen isolirt Lage, in der wir uns bei der damaligen polnischen Debatte in die Räumen befanden. Beim Beginn der polnischen Infurrektion fand ich in Paris noch eine so ziemlich wohlwollende Beurtheilung; man war dort mehr antirussisch, als antipreußisch. Aber, nachdem die Verhandlungen im Abgeordnetenhause stattgefunden hatten, j gewissermaßen ein Appell des . an das Ausland waren in dem Sinne, wie das englische Sprichwort sagt: Hit him, he has no frien baut ihn, er hat keinen Freund, — in der Art wurden wit denunzirt in Paris. Da wechselte die Auffassung des Naiserz Napoleon, und er fing an, auf uns zu drücken in einer unfreum lichen Weise. Und daß wir nicht in b dieser Verhandlungen in diesen preußisch⸗deutschen Räumen nachher unter die Schraube einer diplomatischen Pression genommen worden sind, bei der England Frankreich und Oesterreich vereinigt waren, und die nur entweder mil einem schmählichen Rückzug oder mit der Aufgabe des Krieges, zu dem Rußland 1863 geneigt war, als Verbündete Rußlands endigen konnten das danken wir nur den deutschfreundlichen Regungen, die schließlig der alte Lord Rusel in England noch hatte; England Jehnte es'ah sich den Absichten Frankreichs anzuschließen. In der Gefahr befanden wir uns isolirt, ., war damals nicht so stark wie jezt wir hatten den Deutschen ö an dieser selben Stelle und wurde in diesen Räumen von der fast einstimmigen Versammlung mit einer Fluth voll Hohn und Haß über schüttet, wo ich dachte; nun, da ist. der englische, und der französische Botschafter doch noch weniger gehässig und feindlich gegen mich, alz meine Landsleute im preußischen Landtage. (Hört! hört! rechts. In meine Herren, Sie finden das jetzt lächerlich; Sie haben nicht an meiner Stelle gestanden; Sie haben nicht Tag und Nacht das Gefühl der Verantwortlichkeit für die Geschicke des Landes umhergetragen, was mich keine Minute verlassen hat in jener Zeit; seien Sie ver— sichert davon.
Ich möchte Ihnen zur Bewahrheitung dessen doch noch von den ungeheuerlichen wie, , . die ich, um keinen Irrthum zu begehen, in diesen Tagen durchgesehen habe, ein paar Telegramme anfführen:
Eins ist vom 6. März von dem preußischen Botschafter in London, Grafen Bernstorff:
Baron Brunnow, der heute Lord Russell gesehen, hat mir eben
noch bestätigt, daß das englische Kabinet die verdächtigenden b
sichten J durchschaut und sich nicht von ihm will mit sfort⸗
reißen lassen, sondern daß es die Sache Preußens in der pol⸗ nischen Frage von der Rußlands trennt und die erstere jetzt alt beseitigt ansieht, wenn nicht noch eine Intervention von anderer
Seite stattfindet.
Ein Telegramm aus London, etwas älter, vom Februar, lautet:
Zwei telegraphische Depeschen von gestern und eine von heute erhalten. Lord Russel erkennt an, daß Ew. Excellenz Erklãrung
im . die Bedeutung der Verabredungen mit Ruß.
land abgeschwächt, glaubt aber doch nicht ganz auf die Depesche ver=
zichten zu können, so lange die Königliche Regierung nicht erklart, daß sie die Konvention nicht ausführen will.
Das war also doch eine für jede unabhängige großmãächtige Regierung demüthigende Zumuthung, daß wir das zurücknehmen sollten; darauf konnten wir auf keinen Fall eingehen. Sie finden von dieser Depesche zu der ersten einen Fortschritt in der Entwickelung der Preußenfreundlichkeit Englands. Nachdem letzteres gesehen hatte, daß es Frankreich Ernst werden wollte, wollte ez doch nicht gegen den alten Verbündeten von Waterloo Arm in Arm mit Frankreich auf diese Weise auftreten.
Unsere Situation war nicht ganz so aussichtslos, wie es den Anschein hatte, wenn man nur die drei Kaisermaͤchte, die damals, England · Indien mit eingerechnet als Kaisermacht, die polnische Bewe⸗ gung unter ihren Schutz nahmen, betrachtet. Die ruffische Politik war sehr geneigt, den Degen zu ziehen, und ist im Laufe des Sommerz 1863 nur durch die ,,, Sr. Majestät des regierenden Kaisers davon abgehalten worden. Es würde auch diefe Absicht wahr= scheinlich nur ausgeführt worden sein, wenn Rußland auf das Bündniß Preußens, auf das gleichzeitige Losschlagen Preußens hätte rechnen können. Mancher glaubte vielleicht, daß durch einen solchen Krieg, bei all den Beschwerden, die wir damals gegen unsere deutschen Mitverbün⸗ deten hatten, eine zweckmäßigere Erledigung der deutschen Angelegen⸗ heiten oder wenigstens Förderung viel früher hätte stattfinden können, als nachher geschehen ist. Se. Majestät der König hat es sich aber stets versagt, die deutsche Frage anders als mit eigener Macht zu lösen und auch seine vier Augen, — ich meine, im weitesten Sinne des Worts — kur; und gut ohne fremde . zu erledigen. Diese Erwägung, das Be⸗ důrfniß, der deutschen Entwickelung einen rein felbständigen Charakter zu bewahren und keiner auswärtigen Macht für irgend welche Förde— rung in dieser Richtung Dank schuldig zu sein, hat uns abgehalten, auf diese Richtung einzugehen.
Das oben erwähnte Telegramm vom Februar fährt fort: Eine Sommation durch identische Noten wird nicht beab— sichtigt. Das englische Kabinet will überhaupt weder Preußen drohen, noch sonst verletzen; es weiß aber, daß die öffentliche Mei= nung ihm nicht gestatten würde, Preußen beizustehen, wenn Frank⸗ reich es angriffe, und wünscht daher dringend, daß die Königliche Regierung durch Beobachtung völliger Neutralität der franzöftschen Regierung jeden Vorwand entziehe.
Nun, diese öffentliche Meinung in England war doch nicht zum geringsten Theil aufgeregt durch die Debatten und die i gn, die hier stattgefunden haben, und durch die Art, in der sie von hier aus angerufen war, wie auch die Verhandlungen des englischen Par⸗ laments und der französischen parlamentarischen Regierung hier die Hauptrolle eigentlich in den Debatten spielten. ;
Bei den jüngsten Reichstags ver handlungen ist dies nicht ganz in dem Maße geschehen und auch nicht möglich gewesen. Denn unsere ,, ist nicht . eine so exponirte, wie sie es damals war; auch haben wir mehr Freunde im AÄuglande. Aber ich muß doch daran erinnern, daß eigentlich die Hauptargumente, die von unseren Gegnern im Reichstage geltend gemacht wurden, den Verhandlungen einer zwar befreundeten, aber immer auswärtigen Macht, der öster⸗= reichischen, entnommen waren. Es war immer ein Anklang, ein milder Anklang an die Debatten von 1863; nun, die Zeiten sind ja überhaupt besser geworden.
Ein anderes Telegramm aus London vom 23. Februar lautet:
Die öffentliche Meinung ist mehr und mehr auf eregt wegen
ützung, welche es Rußland gewährt. Die Sprache der französischen
Irn, namentlich dez „ Constitutionnel / ö., hier im Publi⸗ kum und läßt eine Einmischung Frankreichs befürchten. Heut ist wieder Interpellation im Unterhause. . „Ich verlese Ihnen dies Telegramm, damit Sie vollständig die Stimmung würdigen können, mit der ich damals hier die Angriffe im Interesse Polens abzuwehren hatte. Hier ift noch ein Bericht aus Paris vom H. März, von dem ich nur die Anfangszeilen verlese: Schon seit einigen Tagen war es nicht mehr zu bezweifeln, da
der von Frankreich gemachte und in der Hiesigen Preffe bereits als eine vollendete Thatsache bezeichnete Verfuch, aus Ansaß der von
zeit in Göttingen hm Jahre 1835, wo eine Ar? Depot für po nische Flüchtlinge aus dem * ent vom Jahre 1831 sich d, n,,
Bruch des zugesicherten Geheimniffes von mir zu erpreffen suchte, gebracht
der Königlichen Regierung mit Rußland getroffenen Verabredungen
enen
Bund nicht hinter ung. Ich stand gennn
Zwistigkelten mit Oesterreich anders als unter.
, und auch die Freunde Preußens bedauern lebhaft die Unter ⸗
in mit Oesterreich und England eine diplomatische Kollektix⸗ 3
wich zn iner fe nr itt 2 jen, die wir darüber an die deut-
per fin, noche 1 * verlese ich nicht. Ich werde
ing g
ulande,
öin be fr hab
e englisch Times“ un
sish es:
Geg latter ist London al bert Mini stellungen erglis
en Erklärungen eußerungen der
4
de dies mit einem gewissen Triumphe gesagt, um den Minister einer Ünwahrheit ungerechtfertigter Weise zu zeihen. Gr is fir dielts ones kein, Cesen tand grep Befrie⸗ ö. aus der Rede des französischen Ministers gehört zu haben, daß die Haltung, welche dieses Haus in der Frage angenommen hat, ro! entscheidendem Werth gewesen ist.
Also diese Schmach kann ich nur sagen — wurde uns an⸗ han, daß der französische Minister damals offen anerkannte, die ndlungen im preußischen Albgeordnetenhause wären ihm bei den dseligen Absichten gegen Preußen von ganz besonderem Nutzen
( 6e. brauchen 6. Zeugnisse des Auslandes nicht; aber immer— hin scheint es mir doch, daß, wenn selbst auswärtige Minister an⸗ erkennen, daß in einer Frage, welche die öffentliche Ruhe Europas in einem so hohen Maße bedroht, die Haltung dieses Hauses ganz entsprochen hat den Grundsätzen einer gesunden Politik, den Grund⸗ sitzen einer Politik. welche ebenso sehr die Interessen des eigenen Landes, wie die Interessen des europäischen Friedens überhaupt wahrte — daß dann, wohl Rieses Haus einmal Anspruch erheben durfte, von der Königlichen Regierung andere Arten von Mitthei⸗ lungen entgegenzunehmen, als es bis jetzt gescheben ist. ö geht weiter in diesem Ton .
Dasselbe erklärt jetzt der Minister der auswärtigen Angelegen⸗ heiten von Frankreich, indem er geradezu in einer Depesche an den französischen Gesandten in Berlin sagt: In unseren Augen sedoch ist der größte Uedelstand der von Preußen ten Be⸗ schlüsse der, daß er gewissermaßen die polnische Frage selbst wieder in Leben ruft. . ;
Erst durch den Lärm also, der hier im Hause fe gen wurde er die Konvention — die, ich weiß nicht, durch welche Indiskretion kannt geworden war, vielleicht durch eine russische, — denn dem rsten Gortschakoff war sie äußerst unangenehm, er beklagte sie. der ifer hatte sie aber befohlen — erst durch den Lärm, der hier im use geschlagen wurde, wurde Europa aufmerksam gemacht, daß es r einen Vorwand finden könnte, und erst seitdem hatten wir die nzösischen Verstimmungen. Hr. Virchow schloß seine vorher eitirte ide mit den Worten: . . so daß wir die Besorgniß hegen müssen, es würde nicht mehr so ange dauern, wo auf das zweite Warschau ein zweites Olmütz folgen wird.
se wissen, daß sich diese Prophezeiungen nicht bestätigt haben.
Ich muß doch, gerade weil der Rückblick auf diese damaligen ztzaͤnge für die Beurtheilung, die die heutige altung einiger Turteien im Lande finden wird, nicht ohne Wirkung fein wird, noch ige weitere Auslassungen von damals eitiren. Da war der Abg.
Unruh, derselbe Herr, der mir gegenüber früher einmal, als i tsandter in St. Petersburg war, im vertrauten Gespräch die
ßerung gethan hatte: „Für ein deutsches Parlament geben wir le eine Diktatur“; — ich glaube, er hatte seine eigene darunter standen, — mir wurde nachher, als wir dieses System hatten, die ktatur niemals angeboten. — Hr. von Unruh sagte:
Der Herr Minister⸗Präsident hat die Beantwortung der Inter pellation abgelehnt; wir haben dennoch Veranlassung und Stoff 71 eine so brennende Frage hier zur Sprache zu bringen.
Ic habe kein Der urn en h gesagt sind, aber die eine ist immer für gewisse politisirende en merkwürdig:
Die i. e Politik ist eine sehr weitsichtige und dadurch nterscheidet sie sich leider von der preußischen.“ ;
Die russische und die preußische Politik einigten sich nun aber nde, und diefer Keim von Einigkeit ist uns nachher in mancher deten Beziehung recht nützlich gewesen. Ich will nun zur Kenn— hnung der Tonart in der damaligen Zeit nur eine Aeußerung des g. Waldeck, die mir erinnerlich ist, citiren — ja, „de mortuis nis i benen, aber wahrscheinlich hielt er das doch für gut, was er ge— f hat — er sagte in diefen Räumen: „Wem die Thatfache, daß ien die Gendarmendienfle für Rußland thut, nicht die Scham— he auf die Stirn treibt, ist nicht werth, ein Deutscher, nicht werth,
keuße zu fein. Damit hatte ich mein Ürtheil.
Das alles — erinnern Sie sich an den Ton und die Art, in der bleichen vorgetragen wurde — machte hier im Hause einen nieder- . Eindruck für meine Freunde vielleicht, für mich persön⸗
Es
Ih habe mir damals nur erlaubt, mich mit stumpfen Nägeln hehren, weil ich doch über die auswärtigen Dinge keine unnöthigen nil beginnen wollte.
Ich habe nur geltend gemacht, daß man, gegenüber von, aus⸗ gien Schwierigkeiten, kel der Beschimpfung der eigenen Minister i . . nach dem Urtheil der Herren eine gewisse Grenze d önnte.
Es hat dabe h von S
aben, noch 8 /
ö den Wunsch aus, da ät raumen möchte, o ga aber in der Sa
us fri
gefahr zu
die Pole tiber denken. ich gh will mir erlauben, ein Mitglied zu eitiren, das sich neu⸗ 7 . der Interpellation n den Vordergrund gestellt hat, es war ber hie für Inowrazlaw. Derselbe * uns bei einer früheren
. ung gesagt: .
ungsmerne Herren, was unsere Losung ist, was wir im Herzen,
; 1 im Gefühl und in der Hoffnung tragen, erlauben Sie,
ig unfere Sache ist, und ware es auch Polen in den Grenzen bine L'73, Niemand kann uns dasz zum Vorwurf machen. d di einem Bedauern hat bei der neulichen Reichstagsdebatte iese Aeußerung eines Polen eine Bestätigung durch den m. t gefunden. Berselbe sagte am 16. Januar 1886 —
ir enn man cine derartige Mahßregel fo vertheidigt, dann ind ü illendings wein k 53 denn unsere polnischen Mit⸗
alle die Injurien zu wiederholen, die
brüder außerbalb des Völkerrechts gestellt? Haben sie nicht auf Grund der Verträge, nach denen sie uns gehören, das Recht, das zu thun und zu erstreben, was sie thun? — also das Polen von 1772 zu erstreben! —
ch lese noch weiter, meine Herren: . Die Sache ist einfach: sie dürfen von alledem, was sie wünschen und erstreben, — von alledem, beherzigen sie wobl! — nichts durch ungesetzliche Mittel tbun. — gerade wie die Welfen. — ;
Wenn sie aber übrigens an ibr altes Vaterland denken und wünschen, daß es wiederhergestellt werden möge, dann kann ihnen das Niemand verwehren, und ich muß gegen derartige Exzesse deutsch⸗ nationaler Gesinnung, wie sie hier zu Tage gekommen sind, meines⸗ theils Protest einlegen. . ;
Deutsch⸗nationale Gesinnung! Zu meinem Bedauern sind wir zu dieser Gesinnung erst sebr selten gelangt; ich würde mich freuen, wenn ich nach dieser Seite hin ein gewisses Rumoren und Radschlagen 1 bemerkte, — das ist mir aber bis jetzt noch nicht vor⸗ ekommen. ; Der Hr. Abg. Windthorst giebt also noch beute damit zu, was der Hr. Abg. von Vincke schon damals nicht zugab, obwohl er mein persönlicher Gegner war; er findet, daß man rebus sie stantihus sich, über derartige Sachen nicht verwundern dürfe. Ich erinnere mich, daß bei einer Diskussion im Reichstag über das Kullmannsche Attentat auf meine Person der Herr. Ab Windthorst sich ungefäbr in derselben Art aussprach; id vergesse ihm das nicht; wem mein Leben und, meine Gesundheit so vollständig gleichgültig ist, macht mir damit immer einen Eindruck, und ich habe immer ein gewisses Andenken an diese Zeit gehabt. Der r. Abg. Windthorst sagte damals — ihm selbst wird ja seine Aeußerung genau in der Erinnerung sein, und der stenograpbische Bericht wird dies ja bestãtigen — wenn man sich so benehme, dann dürfe man sich über solche Folgen nicht so sehr verwundern. Also ungefähr dasselbe. . Der Abg., von Vincke fährt in seiner Rede weiter fort: . Wenn Ihnen das noch nicht bestimmt genug sein sollte, so will ich Ihnen noch ein anderes hervorragendes Mitglied citiren, das zu meinem innigsten Bedauern, ich weiß nicht warum, hier nicht anwesend ift; es ist der Hr. von Niegolewski. Am 22. April 1861 hat er uns gesagt: . Glauben Sie aber nicht, 2 wir unsere Hoffnungen auf die Wiederherstellung Polens aufgeben werden. Diese unsere Hoffnung versteht sich von selbst, sie ist unser Evangelium, — Sie gehört also zu den Hoffnungen, die auch der Hr. Abg. Windt⸗ hörst hegt. Also aus dem eigenen Lager hat eine Stimme, die weniger durch den . der damals geschürt wurde, eingenemmen war, die Warnung ertheilt! — ö ö .
Aber, meine Herren, wie ich schon erwähnt habe, es sind, seit ich auf dieser selben Stelle stand und die Aeußerungen, von denen ich einige citirt habe, gefallen sind, 23 Jahre vergangen; die Leidenschaften sind kühler geworden. Ich habe den Eindruck, daß unsere deutsche Volkserziehung für die europäische Politik doch zu spät begonnen hat, als daß sie 18653 schen hätte vollendet sein können. Wenn wir be⸗ denken, wie viel milder und ruhiger wir uns gegenseitig beurtheilen, als nach den Echantillons aus der gereizten Zeit, die ich citirt habe, der Fall war, so dürfen wir uns die Hoffnung nicht versagen, daß wir auch ferner Fortschritte in der Versoͤhnung und gegenseiti⸗ gen Anerkennung machen werden. Nur bitte ich daran nicht die Hoffnung zu knüpfen, daß ich jemals den Anspruch unserer polnischen Kollegen hier auf Wiederherstellung irgend eines polnischen Reichs innerhalb preußischer Grenzen anerkennen werde; das werde ich nie und unter keiner Bedingung. Wir werden ihnen den Schutz gewähren, auf den sie von der Obrigkeit Anspruch haben, aber sobald
ie innerhalb der preußischen Grenzen eine polnische Frage anregen, o sage ich auch mit meinem früheren und vielleicht späteren Kollegen, dem Minister Gladstone: hands off, Hände weg! Auch nicht um eines Haares Breite Konzessionen! ;
Seit 1866 haben wir vom Auslande her eine Unterstützung der polnischen Bestrebungen bei uns nicht weiter zu erleben gehabt, viel⸗ leicht deshalb, weil wir stärker geworden waren, als wir damals waren, vielleicht deshalb, weil Frankreich, das das Hauptinteresse an der Wiederherstellung Polens hatte, — weil eine polnische Armee immer ein französisches Corps an der Weichsel sein würde, — weil Frank reich einstweilen in der Politik andere Gedanken hat, als die polnische Frage; das Ziel seiner Gedanken liegt viel näher: es denkt inehr an
eutschland, es denkt direkt an uns, während es früher indirekt dachte. Es sind keine französischen Bestrebungen, wie sie unter Kaiser Napo—⸗ leon, wie sie unter Louis Ybiliy ziemlich harmlos stattfanden, zu Gunsten Polens weiter im Auslande bemerkbar gewesen; auch ist die europäische Politik.! durch die Ereignisse von 1866 und 1870 hinreichend beschäftigt gewesen, um auf Polen nicht einzu⸗ gehen. Trotzdem ist aber der Kampf ums Dasein zwischen den beiden Nationen, die auf dieselbe Scholle angewiesen sind, unvermindert, man kann sagen, mit verstärkten Kräften fort⸗ eführt. Die Zeit der Ruhe ist auf polnischer Seite keine Zeit der y,, und des Finlebens gewesen, und das Eigenthümliche ist, daß in diesem Kampf nicht etwa, wie man im Auglande vielfach glaubt, und wie unsere Optimisten meinen, die deutsche Bevölkerung die Siegerin ist und der Germanismus fortschreitet, sondern um— gekehrt. Die polnische Bevölkerung macht ganz zweifellose Fort⸗ schritte, und man fragt sich, wie das bei der angeblich so großen Unterstützung, die das deutsche Element von Seiten der Regierung hat, möglich ist. ᷣ .
Ja, meine Herren, vielleicht lehrt das noch, daß die Unterstützung, die die Polen von Seiten der OQpposition haben, stärker ist, wie das— jenige, was die Regierung nach der heutigen Verfassung leisten kann; aber die Thatsache, daß die Polen von sich sagen können: vexilla regis prodeunt, unsere Fahnen rücken vor — die ist ja ganz un— zweifelhaft. . . . .
Wenn man über die Gründe dafür nachdenkt, so fällt mir vor⸗ zugsweise die damalige katholische Abtheilung ein, die ihrerseits schließ⸗ ki bis zu ihrer Aufhebung nach meiner unmittelbaren Erfahrung, die ich als Minister-Präsident zu machen Gelegenheit hatte, rein den Charakter eines polonisirenden Organs innerhalb der preußischen Verwaltung hatte. Sie war unter der Leitung des Hrn. Krätzig, von dem ich hoffe, daß er noch lebt, ein Institut in den . einiger großen polnischen Familien geworden, in deren Dienst ĩ
ich diese Behörde behufs Polonisirung in allen zweifelhaften deutsch⸗ polnischen Distrikten gestellt hat. Deshalb trat mir die Nothwendig⸗ keit nahe, auch meinerseits den Anträgen auf Aufhebung dieser Ab⸗ theilung zuzustimmen, und das ist eigentlich der Grund, aus dem ich überhaupt in den Kulturkampf gerathen bin. Für meine persönliche Auffassung hätte es wohl gar keinen Kulturkampf ge eben. — Ja, meine Herren, was Sie dagegen sagen können ich lasse Ihnen Ihren Zweifel daran; es wird einige Leute vielleicht geben, die mir glauben, es ist mir aber ziemlich gleichgültig ob mir überhaupt Je mand glaubt; aber ich habe Loh das Bedürfniß,. Jedem, der sich darüber informiren will, meine persönliche . u sagen. Wer mich in den Kulturkampf hineingezogen hat, das ist Hr. Krätzig, der Vorsitzende der katholischen Abtheilung, derjenigen Abtheilung, die inner⸗ halb der preußischen des Kö ind de Kirche 9 wahren, gebildet war, die aber ausschließlich eine Thätigkeit in der Richtung entwickelte, daß sie die Rechte der römischen Kirche sowohl, wie namentlich aber die polnischen Bestrebungen gegenüber dem König mit seiner Autorität und unter seinem Siegel wahrnahm. Und deshalb mußte . aufgelöst werden. . Eine zweite Erklärung für den Fortschritt der Polen liegt in der Leichtigkeit, die sie für die Agitation durch die Einfuhrung der Reichs- ,, der Reichsgesetze über Presse und Vereine gewonnen haben. Die Polnischen Herren sind nicht schüchtern gewesen in der Ausbeutung aller der Gesetze, die im Deutschen eich und in Preußen egeben waren. Sie erkennen sie ihrerseits nicht an, sie erkennen ihre ugehörigkeit zu Preußen nur auf Kündigung, und zwar auf 24 stün⸗
dige Kündigung an; wenn sie heute Gelegenheit hätten, gegen uns
üreaukratie, die Rechte des Königs und der
vorzugehen und stark genug wären, so würden sie nicht einmal gegen 24 stũůndige Kündigung, sondern ohne * losschlagen. Ja, meine Herren, ist Einer von Ibnen, der sein Ebrenwort darauf geben kann, daß das nicht wahr ist, F alle die Herren zu Hause bleiben werden, wenn die Gelegenheit sich bietet, mit ihren Banderien auszu⸗ rücken, — dann will 4 meine Behauptung zurücknehmen; aber das Ehrenwort verlange ich. Und daß Sie mir einreden wollen, das wäre ein Irrthum — meine Herren, so dumm sind wir wirklich nicht, ich wenigstens nicht.
Also das Zweite ist eben die reichliche Agitationsmöglichkeit, welche die , eben, und die für die deutschen Abgeordneten im Reiche ein Bedürfniß war, um mit den nöthigen Kampfmitteln gegen die eigene Regierung ausgerüstet zu sein Gerade in dieser Äb⸗ neigung, in diesem für alle deutschen Generationen viel⸗ leicht traditionellen Bedürfniß des Kampfes und der Krink gegen die eigene Regierung finden die Polen wiederum eine sehr kraftige , Sie eignen sich Alles an, was von irgend einer Seite der preußischen Regierung vorgeworfen wird, weil deren Schwächung ja das Erste ö. was sie hier innerhalb der preußischen Grenzen überhaupt zur Realisirung und Wiederherstellung der polnischen Republik zu leisten haben.
Dann hat ihnen die Reichsverfassung eine starke Anlehnung an verschiedene Parteien gegeben, die ihrerseits ebenfalls bereit sind, die Regierung unter allen Umständen zu bekämpfen; in dieser Negatire findet sich ja eine beträchtliche Anzahl, unker Umständen sogar die Majorität im Reichstag zusammen, eine Majorität, die ganz unfähig ist, eine positive Regierung zu bilden, eine Majorität, deren leitende Prinzipien in den letzten Fällen, die vorlagen, von der polnischen und von der sozialdemokratischen Fraktion bestimmt wurden, und allenfalls noch von den übrigen — ich kann wohl sagen, fenischen, nihilistischen Fraktionen — womit ich keine kränkende Bezeichnung brauchen will; ich meine nur eine Fraktion, die unter allen Umständen die jetzige Regierung nicht nur, sondern die jetzigen Reichtseinrichtungen negirt und die sie nicht will, eine Fraktion, auf welche ich ein Sprüchwort an⸗ wenden möchte, das mir aus meiner Zeit als Deich⸗Hauptmann in der Erinnerung ist: Wat nich will dieken, dat mut wieken;“ — was nicht will deichen, das muß weichen; wer nicht mit⸗ arbeiten will am Staat zu seinem Schutz, der gehört nicht zum Staat, der hat keine Rechte an den Staat; er soll weichen aus dem Staat. So barbarisch sind wir nicht mehr, daß wir die Leute austreiben, aber es wäre eigentlich die gerechte Antwort gegen alle Diejenigen, die den Staat und seine Einrichtungen negiren, daß ihnen auch ihrerseits der staatliche Schutz in allen Beziehungen entzogen werde, desjenigen Staates, den sie negiren. Das nannte man im alten Deutschen Reich: Bann und Acht;“ es ist ein hartes Verfahren, zu dem wir heute zu weichmüthig sind. Aber es ist kein Grund, Den⸗ jenigen Rechte am Staat einzuräumen, die ihrerseits alle Pflichten negiren. Diese Anlehnung an andere Parteien bedingt gerade die verhältnißmäßige Gefährlichkeit, die ich der polnischen Spposition zuschreibe. Wenn die zwei Millionen Polen ganz allein ständen, würde ich sie nicht fürchten, zumal unter der Million Oberschlesier doch die Feindseligkeit gegen den preußischen Staat nicht so entwickelt ist, wie die Leiter der Agitation es wünschen; aber in der Anlehnung an andere Staaten, an andere Parteien, die auch den Staat negiren, und die ihn auch bekämpfen, da bilden sie eine erkleckliche Macht, eine Majorität, von der ich für die weitere Entwickelung des Deutschen Reichs wenig Heil in der Zukunft erblicken kann. .
Ein anderes Motip, welches den Polen zu gut gekommen ist, habe ich schon vorhin gekennzeichnet, das ist die schwache Entwickelung des nationalen Gefühls Deutschlands und eine gewisse Ausländerei, die uns noch immer eigenthümlich ist. Wenn Sie die früheren Zeiten mit heute vergleichen, 3 finden Sie, daß die deutsche Sprache in allen Ländern Plätze geräumt hat, die sie früher einnahm; in den nordischen Reichen war deutsch früher die Geschäftssprache, in Dänemark ganz gewiß, in Schweden wenigstens Verkehrssprache der gebildeten Leute. Der deutsche Buchstabendruck ist dort noch zum Theil geblieben, wird aber von denen, die uns nicht lieb haben, be⸗ kämpft. Das schlagendste Beispiel liefert Elsaß, dieser kerndeutsche Stamm, der schließlich doch nicht der Versuchung widerstehen kann, dem benachbarten Schwaben zu sagen: wir sind vornehmer wie Ihr, denn wir sind in Paris gewesen, wir gehören zu Paris, Paris ist unser, das sind wir; Ludwig TIV., das sind wir, wir haben mit Melac schon die Pfalz verbrannt und mit Napoleon L. sind wir fiegreich in alle 5 eingezogen. Daß dessen überhaupt ein Deutscher sich rühmen kann. das bildet auch den Stolz des antideutschen Ausländers. Dieser Bedientenstol; auf die glänzende französische Livre, der den benachbarten Bruder Bauer, der sein Stammverwandter und Vetter ist, mit Verachtung ansieht und sagt: wir Franzosen sind vornehmer! Kein Franzose bringt es über seine Lippen, daß er sich deshalb über seine Landsleute überhebt, weil er vielleicht an dem siegreichen deutschen Krieg Theil genommen hat oder in Berlin gewesen ist. Aber denken Sie ein Jeder an seine eigenen Erlebnisse — ein Deutscher, der in Paris gewesen ist, ist der nicht in seinen Umgebungen ein höheres Wesen? ich meine gegenüber allen Denjenigen, die nicht in Paris ge⸗ wesen sind; er hat wenigstens die Unteroffiziertressen. Das ist eine Kleinmüthigkeit, die ich im höchsten Grade bedauere. In Böhmen, Ungarn — Hr. von Rauchhaupt hat das schon vorher erwähnt — überall geben die Deutschen ihren Besitzstand auf, ja in Polen sogar, sie sind stolzer, wenn sie als Polen zurückkommen. Wie Viele, mit die schärfsten Widersacher vom nationalen Standpunkt unter den Polen, tragen deutsche Namen — ich will garnicht von den Huttens, Kalcksteins, von den, Rautenbergs sprechen, die haben sich seit Langem gewöhnt, die Freiheiten des polnischen Adels höher zu schätzen als ihr ursprünglich deutsches Blut. Aber nehmen Sie die Leute, die kurze Zeit in Polen gewesen sind. Wenn Jemand nach drei Jahren aus Amerika zurückkommt und spricht von; „Bei uns drüben‘, oder ge⸗ braucht englische Ausdrücke, — dann imponirt er seinen Landsleuten damit und fühlt sich, wie man sagt, ferscher als Ausländer.
Wenn aber Jemand mit einem echt deutschen Namen nach Polen geht und kommt nachher zurück ein Krauthofer als Krautowski, ein Schumann mit einem Sz geschrieben, ein Wollschläger mit einer polnischen Orthographie, ja, meine Herren, dann muß ich sagen: es liegt darin eine Gefahr; wenn man sich unter den übrigen Nationen umsieht, wird man keine finden, die sich avancirt vorkommt, wenn sie ihre Namen mit ausländischer Orthographie schreibt, die sich vornehmer, gewissermaßen edelmännischer dünkt, wenn sie den Nimbus des Ausländischen an sich hat — ja, ich wette, das ist eine schwache Seite, die unseren. Gegnern manche Blöße giebt. Zunächst in Oberschlesien — wie hat sich da das polnische Element au e breitet In, meiner Jugend kannte man gar keine polnischen Bestrebungen in Oberschlesien. Das Erste, was ich in dieser Richtung erlebt habe, ging von geistlicher Seite aus. Cs war damals im Abgeordnetenhause, und ich saß dort nach rechts zeigen), und hier (nach links zeigend) ß ein Geistlicher Namens Ec a ffrinel oder er stand vielmehr in der Regel an dieser Stelle; er hatte nämlich seinem Vorgesetzten ver⸗ sprochen, nicht mehr auf der Linken zu sitzen; aber nicht auf der Linken zu stimmen und zu stehen, das hatte er nicht versprochen. Und wenn die Sitzung sechs Stunden dauerte, so stand er wie eine Statue mit einer Kraft in den Stehwerkzeugen, die ich oft bewundert habe. Das war hier der erste polnische Ton für Oberschlesien. Wenn Jemand hier sein sollte, der schon damals mit mir im Landtage gewesen ist, so erinnere ich daran, daß er polnisch lan und breit sprach und namentlich von dieser Stelle, ein polnisches Sprüchwort eitirte, das ungefähr so lautete: Wie dies und jenes unmöglich ist — es war ein aus dem Thierreich entnommenes Bild — so ist es unmöglich, daß der Deutsche und Pole Freunde werden. Das war der erste Ton, den ich hier gehört habe. Es war, damals bei den Ultramontanen noch nicht Gebrauch, gegen die Regierung zu stimmen — 3. B. die Führer der katholischen Fraktien. die Gebrüder Reichensperger, haben stets mit der Regie⸗ rung, sogar in der Minorität von 20 Stimmen votirt; aber Schaff⸗
ranef zeigte schon den Finger der . Wie das augenblicklich sich gestaltet, das zeigt mir unter hundert anderen Dokumenten, die