9 8 0 druderei ohne Debatte erledigt. .
Bei Schluß des Blattes begann die ra über das Extraordinarium der Verwaltung des Reichs⸗ heeres. z
— Rechtshandlungen, welche der Prokurist des Gemeinschuldners als solcher innerhalb der Grenzen 2 handelsrechtlichen Befugniß in der dem anderen Theil
ekannten Absicht, die Gläubiger seines Prinzipals zu be⸗ nachtheiligen, vorgenommen hat, sind, nach einem Urtheil des Reichsgerichts. III. Civilsenats, vom 17. November v. g den an r wie die von dem Gemeinschuldner ö (dem Prinzipa
ungen.
Bayern. München, 11. Februar. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten setzte heute die Berathung des Ausschuß⸗Antrages fort, welcher dahingeht: die ver⸗ 4 6 gegen das Brannt wein⸗Monopol
er Regierung zur Würdigung und thunlichsten Berücksichtigung zu überweisen. Der Abg. chan efürwortete, die definitive Gestaltung e, e, rer n durch den Bundesrath abzu⸗ warten. Der Ertrag des Monopols ermögliche . ür
(. die Gemeinden. Der Abg. Frankenberger sprach fin ie Annahme des Ausschuß-Antrages. Der Fin anz-Minister erklärte: die von dem landwirthschaftlichen General⸗Comits ö. gemachten Bedingungen würden erfüllt werden. Das
e interessire insbesondere die Einzelstaaten. Nachdem da ich die lune n Besteuerung für sich in Anspruch genommen habe, müßten aus derselben den Einzelstaaten die erforderlichen Mittel ofscafft werden. Der Antrag des Aus⸗ schusses wurde schließlich mit 90 gegen 45 Stimmen an⸗ genommen.
Sachsen. Dresden, 11. Februar. (Dr. J.) Die Erste Kammer beendigte heute die Berathung des Etats des Finanz⸗Ministeriums. — Die Zweite Kammer erledigte die noch übrigen Theile des Rechenschaftsberichts auf die Finanzperiode 1882/83.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 11. Februar. (W. T. B.) Der Landtag genehmigte , die Regie⸗ rungsvorlage, betreffend den Bau einer Eisenbahn von Weimar über Rastenberg nach Großrudestedt.
Braunschweig. Braun schweig, 11. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Landtagssitzung wurde eine Inter— pellation über die Stellung der braunschweigischen Regie⸗ rung zum Branntwein-Monopol eingebracht. Die Be⸗
a
antwortung erfolgt voraussichtlich in den nächsten Tagen.
Anhalt. Dessau, 10. Februar. (Anh. St. Anz.) Gestern Abend war die i. Leiche des verewigten Erb⸗ prinzen Leopold in ernster feierlicher Stille, umwogt von einer ehrfurchtsvoll trauernden Volksmenge in die Residenz, in die Schloßkirche zu St. Marien gebracht worden. Der 10. Fe⸗ bruar war für die feierliche Beisetzung des entschlafenen Herzogssohnes bestimmt; allenthalben hatten die Bürger schwarze Fahnen als Zeichen der aufrichtigsten Trauer a auf dem Erbprinzlichen Palais war die Flagge halbmast gehißt. Aber mehr als diese äußeren Zeichen der Betrübniß sprach für die allgemeine Herzenstrauer das Drängen und Streben der Einwohner Dessaus nach der Erlangung von Einlaßkarten zu der Beisetzungsfeier in der Schloßkirche. Gegen 9 Uhr umstanden bereits Hunderte von Leuten das t aus, wo jene Karten zur Vertheilung gelangten. Von bis 1 Uhr war der Zutritt zur Schloßkirche, wo der Sarg aufgebahrt war, dem Publikum frei gestattet; lange vor 10 Uhr drängte sich aber an der bestimmten Eingangsthür eine solche , . daß gar Viele, welche sehr zeitig zu kommen wähnten, wieder umkehrten, um eine günstigere Stunde abzu⸗ warten. Aus ganz Anhalt trafen nun Deputationen ein, welche Kränze an der Bahre des geliebten Fürsten niederlegen wollten. Die Kunde von dem Tode des Erbprinzen trug Trauer in viele deutsche Lande, und Beileidsbezeugungen trafen von überallher ein. Die verwandten Fürstenhöfe ordneten die An gung der Trauer an und schick⸗ ten Abgesandte zu der Beisetzungsfeier nach Dessau. Bereits am Sonnabend trafen hier ein: Se. Durchlaucht der
ürst und Ihre Hoheit die ö. von Schwarzburg⸗
ondershausen, Ihre Königliche Hoheit die verwittwete Land⸗ räfin von Hessen in Begleitung Sr. Hoheit des Prinzen . Karl von Hessen und mit Gefolge, Ihre Königlichen oheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherz ogin von Mecklenburg⸗Strelitz; am 9. d. kam Se. Hoheit der Prinz Albert von Sachsen⸗Altenburg an. Am Nachmittag des Be⸗ gräbnißtages kam auch Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nach Dessau, um dem Trauerakt eizuwohnen. Empfangen von Ihren Hoheiten dem Herzog, dem Prinzen Eduard und Prinzen Aribert begrüßte Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit die Hohen Herrschaften in der ihm eigenen herzgewinnenden Weise und sprach:
Ich bin von Sr. Kaiserlichen Majestät beauftragt worden, Höchstderselben tiefgefühlte Theilnahme bei dem schmerzlichen Verluste, den das anhaltische Herzogshaus betroffen, auszusprechen. Gleichzeitig ist es aber auch Mir ein Herzensbedürfniß gewesen, Eurer Hoheit, sowie Ihrer Hoheit der Frau Herzogin und Ihrer Hoheit der Frau Erbprinzessin persönlich Meinem innigsten Mitgefühle Ausdruck zu geben.“
Außer den Fürstlichen Trauergästen war auch eine De— putation des 1. Garde- Dragoner⸗Regiments erschienen, dem der Hohe Verewigte als Rittmeister angehört hatte.
Lange vor Beginn des auf. 6 Uhr Abends anberaumten Gottesdienstes füllten sich die dem Publikum überlassenen Em⸗
oren in der Schloßkirche rechts und links der Orgel mit Zu⸗ chauern. Die Kirche war schwarz drapirt, der Altar mit
almen umgeben, und der mit Kränzen überdeckte Sarg, welcher vor dem Altare stand, war von einer großen Anzahl Wachskerzen beleuchtet, während das Schiff der Kirche durch Gasflammen erhellt war. Glockengeläute verkündete den Beginn des Trauergottesdienstes und die Trauergäste nahmen allmählich die ihnen bestimmten Plätze ein. Rechts und links vom Altar hatten die Abgesandten fremder Hofe, der Herzog⸗ liche Haus- und Staats⸗Minister und das Gefolge der Höchsten
errschaften Platz genommen. Kurz nach 6 Uhr traten die
öchsten Herrschaften ein und ließen sich auf den in unmittel⸗ barer Nähe des Altars , ,. Sitzen nieder. Die Orgel intonirte einen Choral, worauf der General⸗Superintendent Teichmüller vor den Altar trat und nach dem Vortrag eines Chorals Seitens des Chores die Trauerrede hielt. Nach Beendigung der Trauerfeier begann der Akt der Beisetzung
vorgenommenen derartigen Rechts hand⸗
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Hierauf wurde das Extraordinarium der Reichs⸗s unter dem Geläute der⸗Glocken aller 5— — der Stadt. Der
Sarg wurde unter den Klängen der von 12 * ] alle ber
lichen Förstern unter Vortritt des Hofmars r kavaliere und 8 beiden . Sr. Hoheit Herzogs, welche die Orden s Hohen Entschlafenen trugen, aus der Kirche getragen. Dem Sarge folgten Se. ann der Lrrzeg mit den Hohen Leidtragenden, den Ab⸗ 2 fremder Höfe, dem s⸗ und Staats⸗Minister und em Gefolge der Höchsten Herrschaften. Außerhalb der Kirche war eine Abtheilung Soldaten aufgestellt, welche als Leichen⸗ parade die Honneurs machte; Fackeln erleuchteten den Kirch⸗ hof, den eine zahlreiche Volksmenge umstand. Choralgesang empfing und begleitete den Trauerzug, bis er in der Thüre zur Gruft verschwand, in welche nur die Höchsten Herrschaften mit ‚eintraten. Um 7 Uhr war die ernste Feier zu Ende.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 11. Februar. (Los. Ztg. f. Els.́ Lothr ) In der Estrigen C.). Plenarsitzung des Landesausschusses wurde zunächst die zweite 2 des Etats der Verwaltung des Innern beendigt. Zu 54 (Polizeidirektionen) beantragte der Abg. Dr. North, die dies⸗ jährige Mehrausgabe von 2100 6 (zur Erhöhung der Gehälter der Schutzmianngwachtmeister) zu streichen. Dr. North befür⸗ wortete seinen Antrag, während der Staats⸗-Minister von Hof⸗ mann und der Abg. Dr. Gunzert gegen denselben sprachen. Bei der Abstimmung wurde, dem Antrage entsprechend, die Mehrforderung gestrichen. Bei Kap. 21 (Kantonal⸗Polizeikommissäre) brachte der Abg. Baron Zorn von Bulach (Vater) eine Reihe von Beschwerden vor, auf welche der Staats⸗Minister von Hof⸗ mann erwiderte. Kap. 27 (zur Herausgabe amtlicher Zeit⸗ schriften) rief eine längere Debatte hervor. Es handelte sich, abgesehen von einer speziellen Beschwerde des Abg. Winterer, insbesondere um den Stand der Preßfreiheit in Elsaß⸗ Lothringen und um die Censur, welche den aus Frankreich kommenden Blättern gegenüber geübt wird. Kap. 29 (Medizinalwesen) führte bei Tit. 6 6 entliche Impfungen) zu einer längeren Debatte, in welcher sich der Abg. Dr. Rgeis über die Unbrauchbarkeit der von der Metzer Impfanstalt gelieferten animalen Lymphe beschwerte; der Abg. Dr. Ruhl⸗ mann konstatirte, daß er mit animaler i nur gute Resultate erzielte. Der Staats⸗Minister von Hofmann erklärte, daß der Regierung nur günstige Berichte über die Wirkun der animalen Lymphe vorlägen, und rer inan n Dr. Krieger sprach die Zuversicht aus, daß in Zukunft die Metzer Lymphe ebenso wirksam sein werde wie die Straß— burger. Der Abg. Speckel sprach zu Kap. 30 (öffentliche Armenpflege) den Wunsch aus . weitergehender Hülfe für arme Blinde, und der Staats⸗Minister von Hofmann be—⸗ tonte die Bereitwilligkeit der Regierung, alle Bestrebungen in dieser Richtung zu unterstützen. Bei den einmaligen Ausgaben gab Tit. 4 (Zuschuß zu den Kosten der Herrichtung von Bureauräumen in dem Bezirks⸗Präsidium zu Metz für Auf⸗ nahme der Forstabtheilung 20 MV) zu längerer Diskussion Anlaß, indem der Abg. Dr. Gunzert die Ansicht vertrat, daß diese Ausgabe Sache des Bezirks sei. Der Titel wurde an— . Der Rest des Etats wurde ohne Diskussion er— edigt.
Es folgte als zweiter , der Tagesordnung die
zweite Lesung des Etats der Justiz altung. Zu Kap. 34 Tit. 24 (zu Subventionen von Gemeinden behufs Ausstattung der Amtsgerichtslokalien und zu sonstigen Ausgaben) beantragte der Abg. Köchlin die Uebertragung der von der Kommission vorgeschlagenen Erhöhung von 1000 S auf die einmaligen Ausgaben; die Versammlung gab dem Vorschlage Folge. Bei Kap. 35 (Gefängnißwesen) sprach der Abg. Winterer seine Befriedigung darüber aus, daß die Zahl der Gefangenen zurückgegangen sei, wies aber zugleich auf die hohe Zahl der rückfälligen Verbrecher hin, und gab des Weiteren eine Reihe von Darlegungen, insbesondere auf Grund der dem Hause zu— gegangenen „Mittheilungen über die Ergebnisse der Gefängniß⸗ verwaltung“. Auf eine Bemerkung des Redners über die Konkurrenz der Gefangenenarbeit erwiderte der Unter⸗Staats⸗ sekretär von Puttkamer, daß diese Konkurrenz häufig über— schätzt werde; es herrsche in den betheiligten Fabrikantenkreisen kein Zweifel darüber, daß der Werth der Gefangenenarbeit weit hinter dem Werth der Arbeit des freien Mannes zurück⸗— stehe, weshalb es auch vielfach an Nachfrage nach der Arbeit der Gefangenen fehle. Der Abg. Dr. Gunzert hob die segens— reichen Erfolge des Vereins zur Fürsorge für entlassene Ge⸗— fangene hervor. Zu weiteren Debatten führte der Etat der Justizverwaltung nicht.
Der dritte Gegenstand der Tagesordnung, Etat der Ver— waltung des Kultus, wurde ohne Diskussion erledigt.
Oefsterreich⸗ Ungarn. , (Wien. Abdp.) Im Abgeordnetenhause tagten gestern mehrere Ausschüsse. Der Budget-⸗Aus schuß, dessen Berathungen der Minister— Präsident und Leiter des Ministeriums des Innern, Graf Taaffe, beiwohnte, erledigte die ersten fünf Budgettitel dieses Ministeriums, und zwar „Centralleitung“, „Auslagen der Staatspolizei“, „Kosten des Reichs-Gesetz— blattes“, Politische Verwaltung in den einzelnen Ländern, und „Oeffentliche Sicherheit“. Bis auf den Posten „Münzverlust für die in Gold zu bezah⸗—⸗ lenden Sicherheitsauslagen“, welcher nach dem derzeitigen Stande des Goldagios berechnet wurde, fand bei keinem Titel eine Aenderung des präliminirten Er⸗ it,, statt. Eine längere Debatte, in deren Verlaufe er Minister-Präsident als Leiter des Ministeriums des Innern die entsprechenden Aufklärungen gab, veranlaßte der Titel „Oeffentliche Sicherheit“, bei welcher die Hand⸗ habung der Sicherheitspolizei in Wien, das Armenwesen und die er r fs ng zur Sprache kamen. In den übri⸗ gen usschüssen anden blos Zuweisungen von Regierungs— par e Anträgen und Petnltionen an einzelne Referen⸗ en statt.
Pest, 11. Februar. (W. T. B) Die Staatsein⸗ na hm en pro viertes Quartal 1885 betrugen 87 895 081 i waren mithin um 708 719 Fl. günstiger als im Vorjahr; die Staats⸗ ausgaben betrugen in demselben Quartal 75 505 759 Fl., waren also um 3565 459 Fl. ungünstiger als im Vorjahr. Das Jahresergebniß pro 1885 weist auf Grund der Rechnungs⸗ ausweise gegen 1884 eine Mehreinnahme von 5 031 653 Fl. und eine Mehrausgabe von 10761 3160 Fl. auf; die Bilanz ist somit um 5 730 957 ungünstiger; jedoch sind im Jahre 1885 für 5 33611 l. weniger Staatsgüter veräußert
worden, als im Jahre 1884 6 nn,,
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Großbritannien und 4 London, 10. Februar. ang Corr.) Parnell traf gestern in Galway ein, um den durch die von ihm befürwortete Aufstellung des Kapitang O' Shea zum Kandidaten * die. Vertretung von Gal im Unterhause verursachten Bruch im Lager der Hom erule⸗ Partei zu heilen. Vorher hatten 50 = der irisch⸗ parlamentarischen Partei einen an die Wähler von Galway
erichteten Aufruf unterzeichnet, worin Letztere ermahnt wur⸗
n, O 'Shea's Kandidatur zu unterstützen und Parnellz Autorität als Führer des irischen Volkes aufrecht u halten. Parnell wurde in wa nicht sehr leu eln empfangen. Am Bahnhof hatte ich eine 14 Volksmenge eingefunden, welche Hochs auf Lynch, den Gegen— kandidaten, ausbrachte und schrie: „In die Hölle mit O Shea und Parnell!“ Es kam alsdann zwischen den Anhängern Lynchs und O'Shea's . einer heillosen Schlägerei, die nicht ohne blutige Köpfe ablief. Der Einfluß Parnells bewo schließlich Lynch, von seiner standidatur zurückzutreten, gso 26 O Shea 3 der einzige Kandidat im Felde ist, während seine Gegner auf Parnells Verwenden versprachen, sich bei der Wahl neutral zu verhalten. Wie sich die Rebellen Healy und Biggar mit ihrem Chef abgefunden, darüber ist bis jetzt nichts in die Oeffentlichkeit gedrungen.
— 11. Februar. (W. T. B.). Bei der Neuwahl zum unter hauf e in Hackney wurde der bisherige Deputirte, Staatsanwalt Charles Russel, mit 3114 Stimmen gegen Scoble (Kandidat der Torypartei)h, welcher 1979 Stimmen erhielt, wiedergewählt.
Frankreich. Paris, 10. Februar. (Fr. Corr.) Die Inbetrachtnahme des Antrags Michelin, eine an, suchung über die Verantwortlichkeit in der Tongking— frage einzuleiten, ist von der Deputirten kammer mit 254 gegen 149 Stimmen verworfen worden. Die Mehrheit bestand aus 251 republikanischen Mitgliedern und 3 Mit— gliedern der Rechten (Dugus de la Fauconnerie, Freppel und Louis Passy)h. Die Minderheit umfaßte 76 Mitglieder der Rechten und 73 Radikale. Der Abstimmung enthielten sich 127 Abgeordnete, und zwar 93 Mitglieder der Rechten und 44 der Linken.
Der Kriegs-Minister General Boulanger bereitet ein neues Gesetz über das Avancement der Of⸗ fiziere vor. Unter den beabsichtigten Abänderungen soll sich auch die befinden, daß, ähnlich wie in Deutschland, die Offizier⸗Corps fernerhin über die Aufnahme von Lieutenants in das betreffende Regiment befragt werden würden. — Der General Thibaudin ist zum Präsidenten des In— fanterie⸗Comitéès ernannt worden.
— 11. Februar. (W. T. B.) Der „Temps“ schreibt:
Hr. de Freycinet habe bei dem gestrigen diplomatischen Empfange den griechischen Gesandten Delyannis energisch auf die Gefahren aufmerksam gemacht, denen sich Griechenland durch einen Angriff auf die Türkei aus— setzen würde. In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer interpellirte Ba sly (Sozialist) die Regierung wegen der Vor— gänge in Decazeville. Derselbe richtete dabei heftige Angriffe fee die Gesellschaft, welcher die Kohlengruben von Decazeville gehören, sowie gegen die Regierung, und zog sich dadurch wiederholte Ordnungsrufe zu. ,, brachte derselbe eine Tagesordnung ein, welche Reformen und die ee der Verhafteten verlangt. Der Arbeits-Minister Baihaut wies in seiner Ant— wort auf die Ermordung Watrains, deren Urheber und Theilnehmer bestraft werden müßten, sowie auf die Schwierig⸗ keiten hin, in denen sich die Grubengesellschaft befinde, deren Lage durch die Eisenbahntarife verschlimmert sei, was zu der J Anlaß gegeben habe. Der Minister be— tonte die Einigkeit, die zwischen Kapital und Arbeit be— stehen müsse, und den Wunsch und Willen der Regierung, allen Bürgern des Staates Schutz angedeihen zu lassen. — Im Fortgange der Sitzung nahm auch der Minister-Präsi— dent de Frey cinet das Wort. Derselbe erklärte unter dem Beifall der Kammer, daß die Regierung die Achtung der Frei⸗ heit Aller sich angelegen sein lassen, daß sie aber auch gegen— über allen an , n, von Ruhestörungen die Ordnung auf⸗ recht erhalten werde. Hierauf wurde mit 301 gegen 188 Stimmen eine von der Regierung acceptirte Tagesordnung angenommen, welche besagt: die Kammer billige die Er— klärungen der Regierung und vertraue auf deren Sorge für die Interessen der Arbeiter, sowie auf ihre Energie zum Schutze der Sicherheit aller Bürger. — Die Kammer vertagte sich sodann bis zum Montag.
Es bestätigt sich, daß das Kriegsgericht von St. Malo eine dem Obersten Herbinger günstige Entscheidung gefällt hat.
Italien. Rom, 11. Februar. (W. T. B.) Das amtliche Blatt publizirt die Versetzung des Botschafts⸗ Raths Barons Galvagna in Wien nach Konstantinopel, wo derselbe die Leitung der dortigen italienischen Bot— schaft übernehmen soll.
Griechenland. Athen, 11. Februar. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach steht die Veröffentlichung einer Königlichen Verordnung bevor, durch welche der Marine⸗Minister ermächtigt wird, die Flottenbesatzung bis auf 4500 Mann zu vermehren.
Rumänien. Bu kare st, 11. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Friedens konferenz legte der türkische Beleßgirte Maßj id Pacha seine Vo llug chf vor. Hieran nahm die Konferenz den von Madjid Pascha vorgeschlagenen ersten Artikel an, welcher die in ,,,, übliche Erklärung über die Absicht des Friedensschlusfes enthält.
Serbien. Belgrad, 11. Februar. (W. T. B.) Der Bau der serbischen Eisenbahnstrecke von Nisch über Vranja bis zur türkischen Grenze soll bis zum 1. März fahrbar sfrtig g tent sein. Der Staat wird den Betrieb jedoch erst nach Herstellung der türkischen Anschlüsse übernehmen. Bis Leskovac wird der Betrieb in den nächsten Tagen für Rechnung der Eisenbahnbetriebs-Gesell—
schaft eröffnet werden. . — 13. Februar. (W. T. B.) Eine offizielle Mitthei⸗ dem bereits
lung besagt:! Die Zeitungsnachrichten von t erfolgten Erscheinen eines Ukafes, betreffend die Demobilisirung der Armee sowie über Einberufung der Skupschtina, sind nicht begründet.
Ruszland und Polen. St. Petersburg, 12. Februar. a T. B.. Das „Journal de St. Pétersbou rg“ be⸗ tätigt, daß Rußland direkte Verhandlungen der Mächte
führung zu * en hatte.
ie Lösung der schwebenden Fragen wünscht,
hes ue Konferenz nur das erzielte . zi aistriren und die Einzelheiten und die Art und Weise der Sei erst einmal ein Ein⸗
chmen erzielt, so werde das Zusammentreten der Kon⸗ Lohne Zweifel keinerlei Schwierigkeiten bieten. 1 äRmoskau, 11. Februar. (W. T. B.) Die Wit twe akof fs beabsichtigt, die Herausgabe des Journals rtzusetzen und hat bei dem Ministerium darum
csucht, daß Demetrius Samarin als Redacteur des
s bestätigt werde.
Zeitungs stimmen.
Der ⸗»Norddeutschen Allgemeinen nir aus Kiel, u. d. 9. Februar, 2 chrieben:
Die „Kieler Zeitung“ faßte dieser Tage bei Besprechung der Ver⸗ kudiungen des eichstages über den Gesetzentwurf, betreffend die snal . und Krankenversicherung der in land- und forstwirthschaftlichen etrieben beschäftigten Personen, ihr Urtheil dahin zusammen: „Das das Ende der vielgepriesenen e, , . Ordnung der pfullbersicherung. Dieses Urtheil, hat gestern Abend in einer Ver⸗= mung de nationalliheralen Vereins hieselbst, in welcher das Unfall⸗ ascherungsgesetz zum Gegenstande eines Vortrages gemacht worden, eine hHherligung erfahrenz die in weiten Kreisen Beachtung verdient, und z rer fen die Wortführer der freisinnigen Partei im Reichstage 6 n merken Veranlassung haben. Dem Vortrage, der an der Hand n Thatsachen alle kleinlichen, sachlich völlig unbegründeten Angriffe n steisinnigen Partei wider das Unfallversicherungsgesetz zurückwies, tl eine Debatte an, in welcher zunächst der bedeu— mn Schiffsrheder Hr. Ferd. Lange-Kiel das Wort nahm. Hr. me, früher Mitinhaber des großen Mühlenetablissements zu zumnühlen (der größten Anlage ihrer Art auf dem Kontinent), an nltem er auch noch nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft nh Mitglied des Aufsichtsraths betheiligt ist, äußerte sich etwa wie it: „Ich halte das neue Unfallversicherungsgesetz für eine der sihsten und werthvollsten gesetzgeberischen Errungenschaften unseres zötkunderts; dasselbe bedeutet auf dem Gebiete der sozialen Wohl⸗ nt einen ungeheueren Fortschritt. Ich erkläre mich mit Demjenigen, pn der Herr ortragende gef er die Behauptungen der freisinnigen jmteiführer über die angeblich unerschwingliche Belastung der In⸗ ute eingewandt hat, durchaus einverstanden. Es liegt gar nichts u, was die Voraussagen dieser Herren begründet erscheinen ließe.
Zeitung“
ih meinem Dafürhalten werden die Kosten der Unfallfürsorge durch
e Berufsgenossenschaften nicht nur nicht höhere, sondern im Gegen⸗ kal weit niedrigere sein, wie bei den privaten Unfall versicherungs⸗ Heellshaften. Bei Gelegenheit der Errichtung des auf Gegenseitig⸗ 6 bastrenden Schiffsversicherungsinstituts „Deutscher Rhederei⸗ znin' in Hamburg haben wir vor einigen Jahren durch zwei her— khmgende Versicherungstechniker die Verwaltungsspesen der Ver— sierunggesellschaften auf Aktien berechnen lIassen. Dabei hat sich kn ganz exorbitante Vertheugrung, der Versicherung eben durch der⸗ une Nebenkosten ergeben. Ich bin durchaus überzeugt, daß solche soten Seitens der Berufsgenossenschaften auch nicht entfernt ver⸗ vlt werden. Die Baltische Mühlengesellschaft hat seither jährlich Mn an Versicherungsprämien bei Privatgesellschaften zu entrichten bt; in Zukunft, so glaube ich, werden wir mit dem Drittheil ier Summe auskommen. Ich freue mich, daß die Regierung kagegen eingeschritten ist, und namentlich darüber, daß sie den Weg smichlagen hat, der durch das Unfallversicherungsgesetz vom Jahre R bejeichnet ist. Dasselbe gereicht unserer Industrie und nien Arbeitern in gleichem Maße zum Segen.“ Der Redner er⸗ nihnte zum Schluß noch einige Erfahrungen mit der Abfindung bei unrhekommenen Schäden durch die Unfallversicherungsgesellschaften. Dit empfehlen dem Hrn. Abg. Schrader die vorstehenden Ausfüh⸗ ungen eines der hervorragendsten deutschen Rheder und Industriellen n Jenntnißnahme; soll Hr. Schrader doch neulich im Reichstage nt Bezug auf die Berufsgenossenschaft geäußert haben: „Ich komme mier mehr zu der Ueberzeugung, daß wir uns nicht auf dem richtigen Deze befinden.
( — In den „Berliner Politischen Nachrichten“ en wir:
Das in Paris erscheinende hochultramontane Blatt „L'Univers“ nit mit vollem Nachdruck zu Gunsten der Einführung des Brannt— uinchonopols — fur Frankreich natürlich — in die Schranken und utrstützt seine Forderung durch steuer- und finanzpolitische, wirth⸗ ifftliche, sanitäre und moralische Erwägungen, die wesentlich dem—⸗ En Ideenkreise angehören, in welchem sich auch die dem dies— ätzen analogen Projekt beigegebenen Motive bewegen. Der fran— sssce Ultramontanismus liefert damit den Beweis, daß er, trotz int nichts weniger denn regierungsfreundlichen Stellungnahme in ulttichen und konfessionellen Bingen gleichwohl sich ein offenes Auge ,die realen Nothwendigkeiten einer gefunden Finanswirthschaft be⸗ uit hat und weit davon entfernt ist, vitale Interessen der Allge— kenheit einer einseitigen Parteitaktik zum Opfer zu bringen. . ..
— Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ schreibt (ls dem freisinnigen Zaubersalon“:
Mit der Gewandtheit don Taschenspielern verstehen es die Leiter Agitation gegen das Branntwein⸗Monopol, nicht nur je nach Inch und Bedarf Gründe und Beweise zu wechseln, sondern auch n den widersprechendsten Behauptungen einen Strick gegen das on vol zu drehen Ih dem vom „Reichsblatt“ herausgegebenen Flugblatt: „Was . Nonopol bedeutet heißt es: durch das Monopol wird das Ge— I des armen Mannes, — so nannte es der Kanzler — sehr deutend vertheuert. Ein Liter Trinkbranntwein mit ungefähr 33 066 hol kostet jetzt in einer Destillation etwa 40 bis 45 ; ö der preußischen Vorlage soll der Bundesrath, für den 4 Branntweins einen Verkaufspreis von mindestens 2 (6 ö bächstenä 3 „6 fur das Liter, d. h. also, da aus 1.1 n Branntwein 3 1 Trinkbranntwein hergeftellt werden, von min⸗ un teac! und höchstens 1 6 für das Liter Trinkbranntwein sest— 165 Wir sehen davon ab, daß diese Rechnung nicht zutrifft. nh hic kostet ein Liter Branntwein jetzt mehr als 45 3 im unt, nach den preußischen Erhebungen kostet er in der Monarchie hnlich oi 3 ün gidsweisen Ausschank und 49 3 im sonstigen err. Aber einerlei, der arme Mann ist gewonnen, wenn man
nagt, daß sein Getränk wesentlich vertheuert werden foll. gin an entgegengesetzter Meinung, ist scheinbar die „Freisinnige . sie rechnet nach den Motiven der Vorlage aus, daß nur 9 Gen erlunj unter dem Monopol vertheuert werden solle, „wäh⸗ in er glasweise Ausschank sich durchschnittlich nicht theurer ge⸗ ) wird als jetzt. Nun follte man nach gewöhnlichen Begriffen
meinen, daß sich hieran die Folgerung knüpfen werde: also imlie Man hat gar keinen Nachtheil vom Monopol, ig inen, Vortheil, da er für denselben. Preis ein naeh Schnäpschen erhält. Da klänie man aber schön an.. 1 . hei t weiter: Damit führt das Monopol eine Prämie ein uz persönlichen Besuch der Branntweinschänken — ein eigen
n. Mittel, der Völlerei und Trunksucht entgegenzuarbeiten. . henert das Mono ol den Trinkbranntwein, so erscheint sofort 1 ö. Nann auf der Bildfläche; läßt es dieselben Preise bestehen, her sendert sich die Coulisse, und man sieht den Kaiserlichen
ein nend über Vollerei und Trunksucht. In einem wig im ij . arbeitet der Zauberkünstler auf tiefe sittliche Ent—
ire die isinn 5 icht ü j m nere Freisinnige Zeitung“ aufrichtig, so würde sie ihrer rn 8, , daß der Trinkbranntwein unter dem Mo⸗ ij n ic heurft zu stehen kommen werde, die Angabe hinzufügen, onopol durch Einschränkung der Schankstellen der Völlerei
und Trunksucht wirfsam zu begegnen geeignet ist. Aber die Errräh= nung der Einschränkung der Schankstellen ist ein nothwendiges Requisit zu einem anderen Kunststück. Für den Schank⸗ wirth muß auch noch ein Argument übrig bleiben. nach- dem man den armen Mann und den Feind der Trunksucht durch falsche Vorspiegelungen befriedigt und gewonnen hat. Sohalz der Schankwirth an die Reibe kommt, ist die Einschränkung der Schank⸗ stätten eine der allerbedenklichsten und schädlichsten Seiten des Mono⸗ vols. Man hat nun glücklich drei Heerbaufen geworben
Nun mag der — * — mit seinem Monopol nur kommen, die Orposition ist gewappnet, das Monopol taugt ganz und gar nichts: weil es den Schnaps vertheuert, 2) weil es ihn nicht vertheuert, 3) weil es die Schnapsschänken begünstigt, 4) weil es die Schnaps⸗ schänken benachtheiligt. . ..
mn,
Reichstags ⸗ Angelegenheiten.
Dem Reichstage ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 vorgelegt worden:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen ꝛc.,
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt: ä . Die Dauer der Geltung des Gesetzes gegen die gemeingesähr⸗ lichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 e, de, n. S. 351) wird hierdurch bis zum 30. September 1891 verlängert.
Begründung.
Durch die zweimalige Verlängerung der Geltungsdauer des Sozialistengesetzes ist von Seiten der gesetzgebenden Gewalten des Reichs einerseits die Thatsache zur Anerkennung gelangt, daß das Gesetz seinem Zweck, gegen die auf den Umstur; der bestehenden Staats und Gesellschaftsordnung gerichteten sozialdemokratischen Be⸗ strebungen einen Damm aufzuführen, erfolgreich gedient hat, anderer⸗ seits die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der einstweiligen Fort— dauer der in die Hände der verbündeten Regierungen gelegten außer⸗ ordentlichen Vollmachten ausgesprochen. In beiden Beziehungen ist seit der letzten, im Jahre 1884 erfolgten Erstreckung des Gesetzes bis zum 30. September 1886 die Sachlage unverändert geblieben. Weder ist es den Gegnern des , gelungen, in der überwiegenden Mehrheit der Nation den Glauben an seine für das Gesammtwohl ersprießlichen Wirkungen zu erschüttern, noch läßt sich behaupten, daß diese Wirkungen sich bereits in dem Maße dauernd fühlbar gemacht hätten, um einen definitiven Verzicht auf die Handhabung der zum Kampfe gegen die Umsturzbestrebungen bestimmten Waffen schon jetzt als zulässig erscheinen zu lassen. .
Wenn die früheren gesetzgeberischen Verhandlungen dieses als die bisherige gemeinschaftliche Ueberzeugung der verbündeten Regierungen und des Reichstages festgestellt haben, so wird nur die Frage aufzu⸗ werfen sein, ob etwa seit dem Erlaß des letzten Verlängerungsgesetzes thatsächliche Momente in die Erscheinung getreten sind, aus denen die Folgerung gezogen werden könnte, daß die Bedingungen für das Fortbestehen jener Ueberzeugung nicht mehr vorhanden seien. Es könnten als solche Momente in Betracht kommen einmal das Anwachsen der Zahl der sozialdemokratischen Abgeordneten bei der letzten Reichstagswahl, sodann die Ermordung des Polizei⸗ Raths Rumpff zu Frankfurt a. M. Wenn — so wird argumentirt werden — das Sozialistengesetz weder das durch die wachsende Zahl der sozialdemokratischen Reichstags⸗Abgeordneten erwiesene Anschwellen der Bewegung, noch die Verübung anarchistischer Attentate zu ver⸗ hindern im Stande gewesen, so ist damit seine Erfolglosigkeit erwiesen, so liegt es klar vor Jedermanns Augen, daß sein etwaiger Werth für den Schutz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung außer Verhältniß steht zu den schweren politischen Bedenken, welche jedes Ausnahmegesetz, geschweige denn ein gegen die ungehinderte Aus— übung wichtiger Freiheiten gerichtetes, erregen muß. Beiden Ein⸗ wänden ist indessen entgegenzuhalten, daß ein Gesetz nicht um des— willen von vornherein als unnöthig zu verwerfen ist, weil es den von ihm erwarteten Erfolg nicht vollständig erzielt hat. Die verbündeten Regierungen sind jedesmal bei der Vorlage der die Verlängerung des Sozialistengesetzes bezweckenden Entwürfe von der Ueberzeugung ausgegangen, und sie haben auch gegenwärtig keinen Anlaß, an dieser Ueberzeugung nicht festzuhalten, daß gegenüber den Zuständen, in welche Deutschland ohne den Erlaß des Gesetzes vom 21. Oktober 1878 durch die ungehinderte Entfaltung der Umsturzbestre⸗ bungen gerathen sein würde, die heutige durch dieses Gesetz und seine ener⸗ gische Handhabung geschaffene Lage ungeachtet des nur theilweise erreichten Zieles immerhin als eine sehr hoch anzuschlagende Verbesserung be— trachtet werden muß. Freilich sind die Führer der Sozialdemokratie aus dem Reichstage nicht verschwunden; sie sind sogar in doppelter Anzahl in demselben erschienen. Aber es wird nicht fehlgegangen sein, wenn man annimmt, das, was die sozialdemokratische Bewegung an Breite gewonnen, sie an Intensität und revolutionärer Energie wenigstens zum Theil eingebüßt hat. Die großen Massen, der hinter den sozialdemokratischen Abgeordneten stehenden Wähler beginnen die ernsthafte Betheiligung ihrer Vertreter an den Aufgaben der legislativen Gewalten, namentlich zur gesetz⸗ geberischen Lösung der sozialpolitischen Probleme der Gegen— wart zu verlangen. Es muß an der Hoffnung festgehalten werden, daß vor dem Ernste dieser Aufgaben die revolutionären Ten—⸗ denzen au treten, oder wenn nicht, die zur Zeit den sozialdemokratischen Führern blindlings folgenden Massen zu der Einsicht e, werden, daß auf dem Wege der gewaltsamen Aenderung der bestehenden staat⸗ lichen und gesellschaftlichen Ordnungen kein Heil für sie zu erwarten ist. Es wäre aber eine Illusion zu glauben. daß dieser Zeitpunkt bereits gekommen oder auch nur in naher Aussicht stehend 9 Deshalb vermögen die verbündeten Regierungen ihrerseits die Verantwortung dafür nicht zu übernehmen, im gegenwärtigen Augen—⸗ blick durch den Verzicht auf die ihnen anvertrauten außerordentlichen Vollmachten den Agitationen der Umsturzpartei wiederum Thor und Thür zu öffnen. . l .
Durch diese Erwägungen rechtfertigt sich der Vorschlag einer anderweiten Verlängerung des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie um fernere fünf Jahre.
Landtags ⸗Angelegenheiten.
Dem Hause der Abgeordneten ist nachstehender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Bestrafung der Schul⸗ versäumnisse im Gebiete der Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen vom 11. De
ember 1845 und des Schulreglements vom 18. Mai 1801 fa die niederen katholischen Schulen in den Städten und auf dem platten Lande von Schlesien und der Graf⸗ schaft Glatz, zugegangen:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie für das Gebiet der Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen vom 11. Dezember 1845 unz des Schulreglements vom 18. Mai 1801 für die niederen kathelischen Schulen in den Städten und auf dem platten Lande von Schlesien und der Graf— schaft Glatz, was folgt: 6
Der §. 4 der Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen vom 11. Dezember 1845 (GesetzSamml 184358 S. I) und die Litt. a des §. 39 des Schulreglements vom 18. Mai 1891 für die niederen katholischen Schulen in den Städten und auf dem r en Lande von Schlesien und der Grafschaft Glatz werden auf— gehoben.
ch bei der Parteileitung allmählich in den Hintergrund
An ibre Stelle tritt der 5 48 des Allgemeinen Landrechts Theil NH Titel 12. * 5
z §. 2.
DRieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1885 in Kraft, unbeschadet des Rechtes der zuständigen Behörden, schon vor diesem Termin rr zur Bestrafung der Schulversäumnisse, mit ver⸗ indlicher Kraft vom 1. April 1886 ab, zu erlassen.
Begründung.
Das Allgemeine Landrecht bestimmt im 8 48 Theil IL Titel 12, daß es den Schulaufsehern obliege, unter Beistand der Obrigkeit darauf zu sehen, daß alle schulfähigen Kinder erforderlichen Falls durch Zwangsmittel und Bestrafung der nachlässigen Eltern zur Be⸗ suchung der Lehrstunden angehalten werden, und es verordnet Ar⸗ tikel 21 Absatz 2 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850, daß Eltern und deren Stellvertreter ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen dürfen, welcher für die öffentlichen Volkeschulen vorgeschrieben ist.
Auf Grund dieser Bestimmungen ist die Bestrafung der Schul⸗ versäumnisse in den einzelnen Provinzen nach Maßgabe der besonderen Verhältnisse und Bedürfnisse im Wege der Polizeiverordnung in einer im Ganzen zweckmäßigen Weise geregelt worden.
Für den n, der Schulordnung vom 11. Dezember 1845 für die Elementarschulen der Provinz Preußen und des Schulreglements vom 18. Mai 1801 ftr die niederen katholischen Schulen in den Städten und auf dem platten Lande von Schlesien und der Grafschaft Glatz tritt einer gleichen Regelung der Umstand entgegen, daß die en, m,. der Schul ver sãumnisse provinzialgesetzlich geregelt ist.
Es bestimmt der 5. 4 der Schulordnung vom 11. Dezem⸗ ber 1845:
Die nicht gerechtfertigten Schulversäumnisse werden an den Eltern und Pflegern der schulpflichtigen Kinder nach fruchtloser Ermahnung von Seiten des Schulvorstandes durch eine für Zwecke der Schule zu verwendende Geldstrafe von 4 Pfennigen für jeden versäumten Tag geahndet. Erweist sich diese Strafe nach wieder⸗ holter Anwendung als unwirksam, so kann dieselbe bis auf 5 Silber⸗ groschen für den Tag verschärft werden.
Die Schulvorstände beantragen auf die von dem Schullehrer geführten Versäumnißlisten nach Anhörung der Entschuldigungs—⸗ gründe oder nach vergeblicher Vorladung der Eltern oder Pfleger der Kinder die e ffn bei der Orts⸗Polizeibehörde, welche dieselben festsetzt und beitreibt. Die für den Fall des Un⸗ vermögens der Zahlungspflichtigen zu verhängende Gefängnißstrafe hat auf dem Lande der Landrath und in den Städten der Magistrat festzusetzen. —
und es schreibt die LJitt. a des 5. 39 des Schulreglements vom 18. Mai 1801 vor:
»daß Eltern oder Vormünder, welche die ihnen untergebenen
Kinder eine ganze Woche lang ohne Noth aus der Schule zurück—
halten, mit einer Strafe von 4 Ggr. zur Schulkasse zu belegen sind. Können sie diese Armuthshalber nicht entrichten, so leisten
hie einen Tag Gemeinarbeit. Nur Krankheit oder nothwendige
Reisen sollen von Besuchung der Schule entschuldigen.“
. Die Erfahrung hat gezeigt, daß durch diese Vorschriften, nament⸗ lich in den Kreisen mit polnisch sprechender Bevölkerung, welche besonders geneigt ist, ihre Kinder der Schule zu entziehen, ein regel⸗ mäßiger Schulbesuch nicht gewährleistet oder zu erzielen ist.
Die Geringfügigkeit der im 5. 4 der Schulordunng vom 11. De⸗ zember 1845 vorgesehenen Strafe und die Umständlichkeit des, der Bestrafung vorhergehenden Verfahrens machen die gesetzliche Vorschrift zu einem großen Theile unwirksam.
Im Gebiete des Schulreglements vom 18. Mai 1801 aber be⸗ hindert die Bestimmung, nach welcher Schulverfäumnisse, die nicht eine ganze Woche andauern, straflos bleiben, den regelmäßigen Unterrichtsbetrieb und die Unterrichtserfolge in weitgehendem Maße.
Es empfiehlt sich deshalb, diese Vorschriften durch den §. 48 A. L. R. Il, 12 zu ersetzen und dadurch den Erlaß von Polizei⸗ verordnungen zu ermöglichen, welche den gegenwärtigen Verhältnissen, . auch den besonderen Bedürfnissen der einzelnen Bezirke Rechnung ragen.
Ferner folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Anstellung und das Dienstverhältniß der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen im Gebiete der Provinzen Westpreußen und Posen und des Regierungsbezirkes Oppeln:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen c. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, für das Gebiet der Provinzen Westpreußen und Posen und des Regierungsbezirkes Oppeln, was .
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Die Anstellung der Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Volks⸗ schulen gebührt dem Staate allein. ;
Alle hinsichtlich des Ernennung Berufungs⸗, Wahl- und Vor⸗ schlagsrechtes bei Besetzung von Lehrer- und Lehrerinnenstellen an Volksschulen entgegenstehenden Vestimmungen sind aufgehoben.
Gegen Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Volksschulen kann die in §. 16 Ziffer 1 des Gesetzes, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten ꝛc., vom 21. Juli 1852 (Gesetz-Samml. S. 465) bestimmte ö verhaͤngt werden.
Der Staat übernimmt rücksichtlich der Unterhaltung der Volks schulen auf dem Lande diejenige Verpflichtung, welche durch die Vor⸗ schrift des §. 33 Titel 12 Theil UL des Allgemeinen Landrechts den Gutsherrschaften auf dem Lande gegenüber ihren damaligen Unter⸗ thanen auferlegt wurde. /
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Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft.
Begründung. Zu 5. 1. .
In denjenigen Bezirken, welche überwiegend oder zum Theil von einer polnisch redenden Bevölkerung bewohnt werden, hat es sich, sowohl um einen erfolgreichen Unterrichtsbetrieb zu sichern, als auch um die Lehrer vor unberechtigten Einflüssen zu schützen, als noth⸗ wendig herausgestellt, die Beziehung der Lehrer an den öffentlichen Volksschulen zum Staate enger zu knüpfen. .
Gegenwärtig erfolgt die Ausübung des Lehrerberufungsrechts von Privatpersonen und Gemeinden, welche dem Einfluß der polnischen Partei zugänglich sind, meist nach nationalpolitischen Rücksichten, und es übt die Erkenntniß, daß dies geschieht, eine ungünstige Rückwir⸗ kung auf die politische Haltung und die amtliche Thätigkeit der Lehrer, zumal, wenn sie von dieser Seite eine Förderung im Amt erwarten. ö.
Auf die im Amte befindlichen Lehrer wird ein starker Druck von der polnischen Partei und aus den zu ihr stehenden Gemeinden heraus in der Richtung geübt, daß sie den deutschen Unterricht vernachlässigen oder nur mechanisch betreiben. In solchen Fällen, oder wo dem Lehrer das erforderliche Geschick fehlt, um die Schwierigkeiten, welche sein gegenwärtiges Amt bietet, zu überwinden, läßt sich die, zwar schon gegenwärtig gemäß Artikel 87 Ziffer 1 des Gesetzes vom 21. Juli 1852 (GesetzSamml. S. 466) zulässige Versetzung in ein anderes Amt nicht zur Ausführung bringen, weil für das letztere Dritten ein Berufungsrecht zusteht. J
Die ganz besonderen Schwierigkeiten, welchen der Staat in unter⸗ richtlicher Beziehung in den zweisprachigen Bezirken zu begegnen hat, wie auch die vorstebend hervorgehobenen Uebelstände lassen es geboten erscheinen, dem Staate die Befugniß zu geben, über die Anstellung der Lehrer und ihre etwaige anderweite Verwendung, unbehindert durch ein Berufungsrecht Dritter, lediglich nach den unterrichtlichen Bedürf⸗ nissen zu befinden. ᷣ .
Die Ueberzeugung, daß dies geschieht, wird zugleich die Lehrer egen die von . er Seite geübten Beeinflussungen unabhängig tellen und das Gefühl, daß sie preußische Staatsbeamte sind, in ihnen stärken.