1886 / 51 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Feb 1886 18:00:01 GMT) scan diff

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mäblichen Undanks dieser gegen uns. Lernen sollen wir aus der 8 wir erkennen, daß die Politik den polnischen Unter⸗ tbanen gegenüber eine falsche gewesen ist, und sollen nnn daran gehen, soweit und so schnell es möglich ist, diesen Fehler gut zu Die thörichtste Frage, die aufgeworfen werden lann, ist die der Gegner; „warum gerade jetzt!? Diese Frage ist gleich berechtigt oder vielmehr unberechtigt zu jeder Zeit. Sie wäre vor einem, 5 wäre vor zehn Jahren erhoben worden, sie würde ebenso nach jehn Jahrzehnten erhoben werden, wenn wir noch so lange warten Im Uebrigen giebt es sogar auf diese müßige Frage eine recht einfache Antwort. Alle diese gen und schweren Aufgaben lassen sich nicht gleichzeitig in Angriff nehmen, und daß Fürst Bismarck, seit er an die Spitze der preußischen Regierung und der deutschen Reichsregierung getreten, keinen Tag gerubt, den Kampf gegen des Reiches Feinde unablässig und eifrig geführt, werden wohl auch dessen erbittertste Gegner zugestehen müssen. . .

Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ schreibt man aus Norddeutschland: . . In ihren Versuchen, Stimmung zu machen, ist die sich heute deutschfreisinnig“ nennende Partei jederzeit unermüdlich gewesen und pat auch leider viele Erfolge zu verzeichnen. Trotzdem aber glauben wir, daß das Strohfeuer, welches sie gegen das Branntwein⸗Monopol entzündet hat, in seiner ersten Gluth rasch verfliegen wird, wenn man in gewissen Kreisen erst zur Besinnung kommt und den Muth seiner Ueberzeugung wiedergewinnt. Die Abänderungen, welche die Mono⸗ polvorlage neuerdings durch den Bundesrath erfahren hat, werden die grundsätzlichen Gegner freilich nicht umstimmen; aber es ist ja nicht ausgeschlossen, daß auch der Reichstag noch weitere Verbesserungen anbringt, und daß dann die Mehrzahl namentlich der kleineren Interessenten, die jetzt von dem Deutschfreisinn ins Schlepptau genommen ist, andere Gedanken darüber bekommen wird. Darüber dürfen sich wenigstens die Herren Eugen Richter und Ge⸗ nossen nicht täuschen, daß das Branntwein-Monopol auch nicht an⸗ nähernd der Abneigung im Volke begegnet, wie s. 3. das Taback- Monopol, und wenn die Regierung erst den überzeugenden Nachweis erbracht haben wird, daß das Branntwein⸗Monopol dem verheerenden Schnapskonsum erfolgreich entgegenzutreten im Stande ist, dann werden die Stimmen wohl anders klingen. Es soll hier nicht auf die sachlichen Gründe, die für und gegen das Branntwein⸗ Monopol bereits vorgebracht worden sind, eingegangen werden. Aber auf Eins hinzuweisen, ist vielleicht am Platze, nämlich darauf, daß die Einführung einer hohen Fabrikatsteuer nothwendig ein anderes Monopol, das des Kapitals, zur Folge haben wird. Wenn die kleineren Brenner und namentlich die kleinen Liqueurfabrikanten sich vergegenwärtigen, daß eine hohe Steuer auf ihr Fabrikat ihnen die Existenz auf die Dauer unmöglich machen wird, und daß sie von ihren größeren Konkurrenten aufgezehrt werden, ohne das Benefiz einer Real- und Personalentschädigung zu genießen, dann kann doch ihre Entscheidung keinem Zweifel mehr unterliegen. Thatsächlich sagen sich das die Leute auch alle selber, aber sie lassen sich von dem fortschrittlichen Taumel mit fortreißen, und die Führer der Bewegung sorgen schon dafür, daß sie an so „kleinlichen“ Interessen und „selbst⸗ süchtigen“ Gedanken nicht hängen bleiben.

In den „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir: ; ö

Die Frage der Konkurrenz des indischen Weizens auf den europäi⸗ schen Märkten, welche bekanntlich im Währungsstreite eifrig ventilirt wird, findet in dem französischen Blatt „‚Paris-Bourse“ eine Be⸗ sprechung aus der Feder eines Mannes, dem man eine Legitimation, zur Sache zu sprechen, um so weniger wird streitig machen wollen, als er lange Jahre in Indien gelebt hat, die einschlägigen Verhält⸗ nisse aus eigener Anschauung gründlich kennt und gegenwärtig Sub— Rirektor der Banque d'Escompte in Paris, sowie, gleich Hrn. de Soubeyrgn, ein hervorragender Vertreter der bimetalliftischen Lehren isst . ö. .

Der Verfasser konstatirt zunächst, daß der Unterschied zwischen dem Pariwerth der indischen Rupie und dem heutigen Wechfelcours nur 9.47 Fr. per Rupie ausmache, was für die Preisnotirung für 100 kg. Weizen 3,85 Fr. ergebe. Mithin müßten andere Ursachen die Baisse herbeigeführt haben. In früheren Jahren, als der Suezkanal noch nicht erbaut war, die Transportmittel kostspielig oder noch gar nicht vorhanden, die indischen Eisenbahnen noch im Bau, der Laderaum der Schiffe unzulänglich, die Spesen hoch waren, konnte der mit enormen Kosten belastete indische Weizen auf den europäischen Märkten nicht konkur⸗ riren. Heute wird derselbe aus Nord- und Mittelindten per Bahn nach den Häfen von Kalkutta und Bombay geliefert, geht per Eilfracht auf Dampfern nach Marseille, Dünkirchen, London, und der Laderaum der Schiffe überschreitet den Bedarf derartig, daß die Fracht nach den genannten Häfen auf 20 und selbst 15 Sh. per Ton gefallen ist. Selbst nach Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen verfügbarem Laderaum und der Nachfrage nach solchem werde der Frachtpreis nie wieder die alte Höhe erreichen, weil die Ueberfahrt jetzt dreimal weniger Zeit als früher in Anspruch nehme.

Unter den weiteren Faktoren, welche den niedrigen Preis des indischen Weizens bedingen, nennt unfer Gewährsmann die fast un⸗ begrenzte Ertragsfähigkeit des indischen Bodens, die geringen Pro⸗ duktionskosten M69 Fr. per Hektoliter die bei zunehmender Ausdehnung der Kultur noch weiker herabgehen werden, die spätere Erniedrigung der jetzigen Transportkosten bis zum Hafen, endlich der Umstand, daß Indien selbst fast keinen Weizen konsumirt, sondern seine Gesammterzeugung dem Export zuführt. Es folgt hieraus, daß die Konkurrenz des indischen Weizens eine dauernde sein wird, während das Aufhören der amerikanischen Konkurrenz eintreten muß, fobald die Bevölkerungsdichtigkeit der Vereinigten Staaten derjenigen unserer Kulturstaaten gleichkommt.

Der Artikelschreiber in „Paris⸗-Bourse“ erläutert seine Darlegung durch nachfolgende Ziffern, die er als zabsolut authentisch“ bezeichnet:

Am 1. Januar 18865 notirte in Bombay der soft white genannte Qualitätsweizen mit 3 Rupien 13 Annas 3 Pice per Centner (engl.). Daraus berechnen sich mit den Kosten der Einsackung, der Mani⸗ pulation und der Verladung, die Rupie zum jetzigen Course von 1,50 Fr. angenommen, 100 kg dieses Getreides, an Bord Bombay zu 15535 Fr. Dazu kommt der Versicherungsbetrag mit Go, Fracht 20 Sh. per Tonne von 16 Ctr. (engl.), Abgang 05), 66 Tage Zinsen⸗ verlust, 5 o, und die Ausladekosten für Marfeille. 46 Ets. per Sack Gesammtunkosten z, 87 Frs., so daß 1090 Kg indischen Weizens in den Docks von Marseille sich auf 19.22 Frs. stellen. Wenn nun der Wechsescours der Rupie auf 2,383 Frs. fliege, fo würden diese 190 kg loko Marseille den Preis von 25,65 Fs. erreichen. Selbst also di von dem Artikelschreiber als möglich angenommene Steigerung des Silbercourses thatsächlich zugegeben, fo würde fie doch nicht annähernd genügen, den indischen Welzen konkurrenzunfähig zu machen; übrigens erreicht jene hypothetische Steigerung noch nicht einmal den bei ung auf fremden Weizen gelegten Eingangszoll.

dürften.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Katechismus für Packmeister- und Zugführer— Aspiranten“. Für die Prüfungen zum Packmeister und Zugführer nach, den vom Bundesrath für das Deutsche Reich erlaffenen Bestimmungen über die Befähigung von Bahnpolizeibeamten! und Lokomotipführern bearbeitet von Foßgnnes Tesch. Berlin 18386, Franz Siemenroth, 8W. Wilhelmstraße 2. Das vorliegende Werkchen bildet eine Fortsetzung zu dem in demselben Verlage vor wenigen Monaten erschlenenen. Katechismus für Bremfer— und Schaffner Aspiranten“ und soll, gleich diesem, den in ir kommenden Aspiranten als Hülfsmittel bei der Vor— ereitung zur Packmeister⸗ und Zugführer Prüfung dienen. Nach dem Reglement, betreffend die Prüfung der nicht im Stations⸗ Expeditions- oder Bureaudienst beschäftigten mittleren und niederen Staatseisenbahnbeamten (§. 3 unter Vi und VIII), sollen die Packmeister auch die für die Stelle eines Schaffnertz und die Zug⸗ führer auch die für die Stelle eines Packmeisters erforderlichen Kennt⸗

nisse besitzen. Da nun aber, wie schen Hmerkt, die Herausgabe eines 2 welcher die für einen Schaffner nothwendigen We— stimmungen enthält, bereits stattgefunden hat, so sind alle diese Bestimmungen in dem vorliegenden Buche sortgelassen, und es ist einestheils nur das für den Pachmeister⸗ bezw. Jugfübrer⸗ Aspiranten Neue behandelt, anderentheils sind da, wo die für Schaffner Aspiranten gegebenen Bestimmungen für e und Zugführer⸗Aspirantenemicht ausreichten, wie bei dem Bahnpolizei⸗ Reglement, dem Betriebs ⸗Reglement und den reglementarischen Vor⸗ schriften über Beförderung von Personen, Reisegepäck und lebenden Tbieren und Gütern, Erweiterungen vorgenommen werden, welche Fortsetzungen zu denselben Materien des „Katechismus für Bremser⸗ und Schaffner⸗Aspiranten“ bilden, also ohne Zuhülfenahme des letzteren Buches nicht abgeschlossen sein können. Der Verfasser hat sich feiner Aufgabe in Frage und Antwort auf sehr geschickte und leicht faßliche Weise entledigt. Zweifellos wird das Büchelchen einer freund⸗ lichen Aufnahme Seitens der Packmeister⸗ und Zugführer⸗Aspiranten begegnen. ü ;

a Die mecklenburgischen Höhenrücken Gesch ie he⸗ streifen) und ihre Beziehungen zur Eiszeit, von Dr. S. E. Geinitz, außerord. Professer der Mineralogie und Geologie an der Universitat Rostock. Mit zwei Uebersichtskärtchen und zwei Profilen. Stuttgart, Verlag von. J. Engelhorn, 1886. Die uns vorliegende Abhandlung bildet das 5. dest des ersten Bandes von, den Forschungen zur deutschen Landes⸗ und Volkskunde! im Auftrage der Centralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland 6 von Dr. Richard Lehmann, 1 der Erdkunde an der Akademie zu Münster i. W. Der Verfasser liefert mit seiner recht eingehenden Schilderung der mecklenburgischen Geschiebestreifen (von Boll als Geröll⸗ streifen bezeichnet) einen sehr werthvollen Beitrag zu manchen wich- tigen Fragen der Glacialgeologie, insbesondere zu den Fragen einer mehrmaligen Vereisung Norddeutschlands und der Gliederung des Diluviums. Auch für die Praxis wird die genaue Angabe der Bloctvorkommnisse und des Auftretens des Mergelbodens von Wich— tigkeit sein. Zugleich bilden die folgenden Mittheilungen, die eine Uebersicht über die geologischen Grundlagen der topographischen Ver— hältnisse Mecklenburgs geben, den ersten Theil einer bald folgenden Abhandlung über die Seen und Flußläufe Mecklenburgs. Die Geschiebestreifen bilden eine für die mecklenburgische Diluvial⸗ landschaft sehr charakteristische Erscheinung, die sich aber auch in den übrigen Gebieten des Baltikums, wenn erst die Auf— merksamkeit auf sie gelenkt ist, sicher in großer Ausdehnung nach— weisen lassen wird und zum Theil, wie auf. Rügen und bei Liepe unweit Oderberg, bereits bekannt ist. Während Boll in seiner „Geggnosie der deutschen Ostseeländer 184. ꝛc. drei Geschiebestreifen in Mecklenburg erwähnt, weist Professor Hr. Geinitz, welcher in seinen bisherigen Abhandlungen nur vier mitgetheilt hat, in seiner vorliegenden Abhandlung auf Grund detaillirter Auf— nahme zehn parallele Geschiebezüge in Mecklenburg nach. Möglich, daß von diesen einzelne vielleicht als zusammengehörige Nebenzüge später konstatirt werden. Mit ziemlich gleichen Distanzen, wie sie in Mecklenburg von den einzelnen Streifen inne— gehalten werden, wurden weiter im Nordosten, in Pommern, Rügen, und im Südwesten, in der Lüneburger Haide, je drei solcher Züge konstatirt. Auf dem Uebersichtskärkchen sind die einzelnen Streifen Mecklenburgs von Nordosten nach Südwesten laufend numerirt und anschließend die drei der Lüneburger Haide. Im Text ist fast durch⸗ gängig sehr ausführlich in die Detailbeschreibung eingegangen. Dieselbe beginnt mit dem am augenfälligsten und typischsten aus⸗ gebildeten Geschiebestreifen und verfolgt zunächst die nach Südwesten liegenden Parallelzüge, um zuletzt die undeutlichen und von dem Vx—⸗ fasser noch am wenigsten ausführlich unterfuchten Streifen im Nord— osten anzuschließen.

Gewerbe und Handel. ;

Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller belief sich die Roheisenpro—⸗ duktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat Januar 1886 auf 294 069 t, darunter 149 017: Puddelroheisen, 11780 t Spiegeleisen, 39 375 t Bessemerroheisen, 636 87 t Thomas⸗ roheisen und 36 610 t Gießereiroheifen. Die Produktion im Januar 1885 betrug 319801 t. ö .

Der Rechnungsabschluß der Kölnischen Hagelversiche⸗ rungs⸗Gesellschaft für das Jahr 1885 ergiebt einen Verlust von 28269 „, nach dessen Deckung aus der Rücklage die letztere noch mit 23 027 zu Buche steht. Einer Einnahme an Versicherungs—« gebühren. von 1663 032 steht eine Ausgabe, von 1 368 186 M an Entschädigungen gegenüber, wozu 85 691 „6 Feststellungskosten und 153 2453 S6 Vermittelungsgebühren sowie 133 244 M ÄVerwaltungs—⸗ kosten treten.

Dem Geschäftsbericht der Bayerischen Notenbank in München für das Jahr 1885 sind folgende Mittheilungen ent nommen: Der Aufsichtsrath beantragt nach Prüfung der Bilanz bei der Generalversammlung die Auszahlung einer go digen Dividende. Die Zahl der Zweiganstalten wurde durch Errichtung einer Agentur in Marktbreit vermehrt, so daß die Bayerische Notenbank zur Zeit insgesammt 49 Stellen zählt, eine Decentralisirung des Be— triebs, die von keiner zweiten Privatnotenbank erreicht wird. Im Bericht der Direktion heißt es: Die Geldabundanz erreichte eine vorher kaum je gekannte Höhe. Viele brachliegenden Kapitalien suchten in kurzfristigen Werthen Anlage und damit wuchs die Kon— kurrenz im Diskontogeschäft und gewann die sinkende Bewegung des . noch weiter an Ausdehnung. Diese ungünstigen Verhält— nisse haben auch auf diese Bankanstalt eine Rückwirkung geäußert. Zwar waren die Betriebsmittel voll in Anspruch genommen und von Verlusten ist das Institut völlig verschont geblieben, aber es ver— ringerte sich der Nutzen, zu welchem die Anlage der Betriebsmittel möglich war, in nicht unbeträchtlichem Maße, und ferner kommt hier die durch das verzinsliche Giro⸗ geschäft der Bank auferlegte Zinfenlast in Betracht. Die Bilanz pro 1885 gestaltete sich in allen Theilen recht befriedigend. An Banknoten wurden bis 31. Dezember 1885 emittirt 976 060) St. 77 600 000 A6, hievon bis 31. Dezember 1885 wegen beschädigten oder heschmutzten Zustandes wieder aus dem Verkehr gezogen 276 000 St. 27 600 000 AM, so daß verbleibt eine Total⸗Emisslon von 70000 000 ½. Die durchschnittliche Baardeckung der durchfchnitt⸗ lichen Notencireulation betrug 52, 16 6. Der Durchschnittsbetrag der metallisch ungedeckten in Umlauf befindlichen Banknoten“ be⸗ lief sich auf 30 44z 000 ½ο, An Banknoten waren durchschnitt⸗ lich in Umlauf 63 685 900 SJ, Im Jahre 1885 wurden an Noten anderer Privat Notenbanken vereinnahmt 29 363 006 (H. Der Gesammt⸗ Giro⸗Umsatz betrug 443 105 504 und wurde franko vermittelt. Der Bestand an Wechseln betrug am Ende 1884 453 349 709 ½υι, diskontirt und angekauft wurden 355 623 346 (, unf und begeben 354 905 130 4½,ů sodaß Ende 1885 44 967 925 6 verblieben, Hierauf verblieben als Gewinn 1598785 ½ Im Wurchschnitt des ganzen Jahres berechnet sich der Diskonto für Wechlsel auf 4,12 000. Im Lombardverkehr betrug der Beftand am 31. Dezember 18834 1 993 772 6. Im Laufe des Jahres wurden bei der . und den Filialen ausgeliehen 4 636 444 „Sς, zurück— bezahlt wurden 4213 646 6, so daß der Bestand am 31. Dezember 18880 betrug 24166570 S6 Im Durchschnitt des ganzen Jahres berechnet sich der Lombard Zinsfuß auf 5, 12 6so. Der Bestand des Referbefonds betrug am Schlusse des Vorjahres 108154 906 Die Dotirung desselben mit 200½ aus dem Reingewinn beziffert sich laut Gewinn- und Verlusteonto auf 116315 „S, so daß der Bestand am 31. Dezember 1885 1134 4859 M beträgt. Die Speziglreserve für Personalexigenz wuchs von 344 006 0, durch Zinsen und Dotation auf 387 000 M.

Das 3. Heft 24. Jahrgangs 1886 der vortrefflichen Vorbilder— sammlung für Kunstindustrielle, welche unter dem Titel. Gewerbe—⸗ hallen in Stuttgart bei J. Engelhorn erscheint, bringt auf der ersten Tafel ein von den Redakteuren des Organs, Architekten Eisenlohr

Wappen und Inichrift. Ferner veranschaulicht das Heft an schönen 6. i, ein behagliches Sopha in Verbin⸗ dung mit Bücherschränken (alles gediegen mit. Holzschnitz rei und Intarsien verziert) catworfen ven den Berliner Architekten Ihne und Stegmüller, ausgeführt von Ferdinand Vogts u. Co. hier⸗ selbst, sewie eine große Kollektion geschmackvoll geformter und ornirter Glasgefäß (Urnen, Vasen,. Kannen, Schalen 26 von der wohl. bekannten Firma J. u. L. Lobmeyr in Wien. Auch die Abbildungen auf der Chromodruck⸗Tafel des Hefts gehören dem neuzeitlichen Kunstgewerbe an und zeigen eine Anzahl Tapeten ⸗Bordüren von schöner, reizvoll er= fundener Ornamentik und vornehmer Farbenzusammenstellung. An älteren Arbeiten bietet die Lieferung zunächst die Abbildungen eines Holzkandelabers aus der Kirche San Giorgio in Braida zu Verona, und eines Bronzekandelabers aus dem Bargello in Florenz (beide im Styl der edelsten Rengissance), aufgenommen von dem Architekten Ch. Hinderer in Nürnkerg. Dann sehen wir die Auf⸗ nahme einer Wandvertäfelung aus der Kapelle des Palais des Beaux arts in Paris, welche der Architekt Duban aus Stücken ver⸗ chiedenster Herkunft (die meisten aus Ault und anderen rten Frankreichs, aber auch aus Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden) mit originellem Geschmack komponirt hat. Endlich ist aus dem neuesten Heft noch eine ältere Schmiedearbeit zu erwähnen, nämlich eine alte Bettstelle steirischer Herkunft von schwungvollen Formen, welche Professor C. Lacher in Graz aufgenommen hat.

Dres den, 26. Februar. (W. T. B.) In der heute statt⸗ gefundenen Aufsichtsrathssitzung der Dresdener Bank wurde die Bilanz pro 1885 vorgelegt, welche einen Bruttogewinn von 1572 692. und nach Abzug der Handlungsunkosten, Steuern und Abschreibungen einen Nettogewinn von 3 356175 4 ergiebt. Der zum 31. MNãrʒ einzuberufenden Generalversammlung wird die Vertheilung einer Divi⸗ dende von 71 υί. vorgeschlagen. Dem Reservefonds werden 180 000 zugewiesen und 39 878 auf neue Rechnung vorgetragen.

Mannheim, 26. Februar. (W. T. B.) Der Aufsichtsrath der Deutschen Unionbank bierselbst hat beschlossen, der General⸗ versammlung eine Dividende von 66 ( vorzuschlegen.

Wien, 26. Februar. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der österreichischen Kreditanstalt beschloß, der Generalversamm⸗ lung vorzuschlagen, für 1885 eine Dividende von 13 Fl. pr. Aktie zu vertheilen, den Reservefonds mit ca. 375 409 Fl. zu dotiren und den Restgewinn von ea. 45 800 Fl. auf das diesjährige Conto vor⸗ zutragen. Die Gewinne aus den Konsortialgeschäften sind, insoweit dieselben am 31. Dezember 1885 abgerechnet waren, in das zur Ver⸗ theilung gelangende Jahreserträgniß einbezogen worden.

NewYork, 26. Februar. (W. T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 93 000 B. Aut⸗ fuhr nach Großbritannien 48 900 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 6 6065 B., Vorrath i Hh 50 B.

Verkehrs ⸗Austalten. .

Von dem Reichspostamt ist ein neuer Briefposttgrif und ein neuer Packetposttarif in der ausführlichsten Weise aus⸗ gearbeitet worden. Diese Tarife sind seit 4 Jahren nicht in neuer Bearbeitung erschienen und werden in einigen Wochen die Presse ver⸗ lassen. Vorbestellungen auf diese, besonders für Waarenhäuser und Exportfirmen, sowie für Banquiers höchst wichtigen Tarife, werden sowohl in R. von Deckers Verlag in Berlin wie in allen Buch— handlungen schon jetzt entgegengenommen. .

Hamburg, 26. Februar. (W. T. B.) Der Po stdampfer Allemania“‘ der Hamburg⸗Amerikanischen Packet fahrt⸗ Aktiengesellschaft hat, von Westindien kommend, heute Lizard

passirt.

Berlin, 27. Februar 1886.

Köln, 27. Februar, 12 Uhr 29 Minuten Mittags. (Tel.) Die Post von London vom 25. Morgens ist ausgeblieben. Grund: Das Schiff in Ostende ist wegen Unweiters im Kanal nicht herangekommen.

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Ein in Nr. 38 der „Potsdamer Nachrichten“ enthaltener Artikel schildert in sentimentaler Weise die Noth der für die Dauer des Frostes auf den gewohnten Futterstellen bei Potsdam zusammen gebrachten, der Königlichen Schwanenanstalt gehörigen Schwäne. Aus der Wahrnehmung, daß sie um die von Passanten zugeworfenen Bissen eifrig kämpfen, namentlich aber aus dem Umstande, daß mehrere Schwäne in der Nähe des Proviant-Amts und anderer Orten das Wasser verlassen und sich auch auf dem Lande Nahrung suchen, wird der Schluß gezogen, die Thiere müßten bitteren Mangel leiden. Da ähnliche Berichte über hungernde Schwäne ꝛe. auch von anderen Blättern gebracht werden, so sei zur Beruhigung aller Freunde der den hiesigen Gewässern zur Zierde dienenden Thiere hier der uns von kompetenter Stelle zugehenden Erklärung Raum gegeben, daß, det schon so lange anhaltenden Frostes ungeachtet, bisher ein ungewöhn,/ licher Abgang an Schwänen nicht stattgefunden hat, und daß speziell an den Futterstellen bei Potsdam, an denen dieses Jahr etwa 500 liegen, nachweislich nur ein einziger Schwan krepirt ist: Beweis genug für eine auskömmliche Fütterung.

Aus Anlaß seiner dem Abgeordnetenhause vorliegenden Petition, betreffen Einführung der Stenographie in die höheren Lehranstalten Preußens, veranstaltet der Stolze'sche Steno⸗ graphenverein am Dienstag, den 2. März, Abends 8 Uhr, im großen Saal der Kaiserhallen, Ünter den Linden 27 1., eine Sitzung, in welcher Professor Dr. Petri über stenographischen Schulunterricht sprechen wird. ö .

London, 26. Februar. (W. T. B.) Die Königin hat heute Nachmittag der Aufführung des Oratoriums „Mors et vita“ von Gounod in der Albert Hall beigewohnt. Das Haus war sehr zahlreich und von einer distinguirten Gesellschaft be⸗ sucht. Es war das erste Mal seit mehreren Jahren, daß die Königin an einer öffentlichen Aufführung wieder theilnahm.

Birmingham, 26. Februar. (W. T. B.) In Smethwick, unweit Birmingham, stellten heute Morgen etwa 3009 in der Schraubenfabrik von Nettlefold heschstigte Arbeiter in Folge der Reduktion ihres Lohnes um 100 ½υ die Arbeit ein. Die Strikenden richteten Steinwürfe gegen den Leiter der Fabrik und zertrümmerten sodann die Fenster der eigenen sowie mehrerer anderen Schrauben— fabriken. Schließlich setzten sich die inzwischen auf etwa. 4000 Personen angewachsenen Strikenden in der Richtung auf Birmingham in Be⸗ wegung, wo sich eine andere Fabrik Nettlefolds befindet. Eine starfe Polizeimacht zwang jedoch die Menge, sich zurückzuziehen, worauf die Strikenden auseinander gingen. Sämmtliche Werkftätten Nettlefolds bleiben bis zum Dienstag geschlossen.

Im Deutschen Theater wird morgen, Sonntag, „Der Königslieutenant“ und am Montag „Don Carlos“ gegeben. Fr Niemann kehrt Anfangs der nächsten Woche von ihrem Urlaub zurck und wird am Donnerstag, den 4. März, zum ersten Mal wieder alk Hertha“ in „Ein Tropfen Gift“ auftreten. Außerdem bringt dad Repertoire der Woche noch Wiederholungen von. . Der Bureau rat . „Romeo und Julia“, „Der Königslieutenant' und „Die Lorelei“.

Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater begeht der »Zigeunerbaronꝰ am Montag bereits das Jubiläum der 25. Vor— stellung. Das Theater ist bisher allabendlich ausverkauft gewesen.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz). Acht Beilagen

Berlin: Druck: W. Elsner.

und Weigle heute entworfenes, von Huttenlocher und Sauttermeister in Stuttgart ausgeführtes Epitaphium (Renaissance⸗ Styl) mit

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

rechne,

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich

47 51.

Zweite Beilage

Berlin, Sannabend den 27 Febrüar

Preußischen Staats⸗ Anzeiger.

. 6

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noûβγuuZaaau

Nichtamtliches.

Februar. In der gestrigen ges wurde die zweite Be⸗ Viehseuchengefetz mit den n Adelmann sortgesetzt. rat als eigentlicher Autor den delmann trägt. Das bisherige erfüllt und bedürfe der Ver⸗ ksamkeit habe die Seuche an dürfe nicht fragen, ob man önne, sondern ausgekommen fei, und die Antwort laute verneinend. Bei seinemn Erlaß dürfe man nicht von dem Interessenstandpunkt einer bestimmten Pro⸗ vinz oder einer einzelnen Gegend ausgehen; die Vorlage aber und der Antrag von Behr hätten hauptsächlich die Inter— essen der Provinz Sachsen im Auge, die auch dem Abg. Hasselbach und dem Minister Lucius am nächsten lägen. Das solle kein Vorwurf sein, sondern sei ganz natürlich, da in dieser Provinz die Lungenseuche am meisten an Aus— dehnung gewonnen habe, die Schwierigkeiten am größten ge⸗ wesen seien und die Vorlage veranlaßt hätten. An den wohlwollenden Absichten des Ministers für die gesammte deutsche Landwirthschaft sei deshalb nicht zu zweifeln. Die Vorlage gehe von der richtigen Wahrnehmung aus, daß die Verbreitung der Seuche hauptsächlich durch Thiere gefördert werde, die nach Verlauf von 6 Monaten, also nach Aufhebung der Sperre, in den Handel kämen und daß die betroffenen Landleute nach der Absperrung die Thiere verkauften, weil sie doch eine Ansteckung befürchteten. Daraus folge, daß die Ab— herrungsfrist verschärft, d. h. verlängert, oder daß die Thiere, die nach 6 Monaten noch Ansteckungsstoff in sich trügen, ge⸗ tödtet werden müßten. Das erstere erklärten die Regierungen für unzulässig und mit Recht, da schon die Frist von 6 Mo⸗ naten der Landwirthschaft zahhreiche Unzuträglichkeiten bringe; aber auch die nach dem bestehenden Gesetz durchaus zu⸗ lässige Tödtung auf dem Wege des Gesetzes anzuordnen, könnten sie sich nicht entschließen und schlügen den sehr ge— wagten Ausweg der Kennzeichnung ein, deren Wirkung nach der Art der Landwirthschaft oder Viehhaltung in den ver— schiedenen Gegenden eine durchaus verschiedene sein muüsse. In der Provinz Sachsen, wo man nicht allein Milch, Fleifch und Muskeln hei Zuchtvieh produziren wolle, sondern zugleich den Zmeck der Mäslung verfolge, werde der Ernährungszustand der Thiere ein anderer sein, als in Gegenden, wo nur ein einziger Zweck verfolgt werde. Die gekennzeichneten Thiere, die der Magdeburger Landwirth in den Handel gebe, würden allemal den höchsten Werth als Schlachtthier haben, den sie überhaupt haben könnten; ihr Besitzer erleide also beim Verkauf einen erheblichen Verlust, wenn sie zur Schlachtbank 5 würden. Ganz anders in Ge— genden ohne enbau oder Kartoffelbrennerei, wo also eine solche Ernährung nicht betrieben werden könne, in Gegenden mit vorherrschender Weide und Milchproduktion: da sei das Vieh häufig in einem Ernährungs⸗ justand, in dem es bei sonstigem sehr hohen Werth für den Schlächter nahezu unverkäuflich oder nur zu sehr niedrigem Preis abzugeben sei, Ein Landwirth in Schleswig⸗Holstein 3. B., der hauptsächlich Milch produzire und seine Thiere durch Weide ernähre, erleide, wenn er gezwungen werde, ge— kennzeichnete Thiere zu verkaufen, einen Verlust von W 56 Proz. Das könne einen wohlhabenden Mann ruiniren. Die Kennzeichnung würde aber au nicht ihren Zweck er— reichen. Es solle vermieden werden, daß die Thiere, die ge— xichnet seien und in den Handel kämen, unter Umständen in Stallungen gebracht würden, wo sie aufs Neue ansteckten. Aber jedes Kennzeichen könne durch ein anderes wieder un— Enntlich gemacht werden. Es fänden Kennzeichnungen statt für Thiere aus einer gewissen Zucht, Viehhändler zeichneten die Thiere, die sie gekauft hätten und in andere Gegenden brächten; in Gegenden des Weidegangs, wo Weiden vermiethet würden, müßten die Thiere aus den verschiedenen Ställen ge⸗ xichnet werden, damit man sie im Herbst beim Verlassen der Weide wiedererkenne. Den Viehhändlern sei also wohl so viel Findigkeit zuzutrauen, daß sie das Kennzeichen der Polizei⸗ behörde durch ein anderes unkenntlich machten, die von derselben gezeichneten Thiere würden in den Handel kommen und die Seuche weiter verbreiten. Die Kennzeichnung könnte gerade des alb für Gegenden gefährlich werden, in denen man sich bisher durch energische Handhabung des Gesetzes don der Seuche frei gehalten habe, indem man sie durch Tödtung guf ihren Heerd beschränkte. Man würde aber nich ein Vertrauen im Publikum erwecken, das geradezu schädigend wirken könnte. Das radikale Schutzmittel würde nicht so theuer sein, wie der Minister es be⸗ und selbst in diesem Fall würde die Landwirthschaft den sicheren Schutz gegen die Seuche gern bezahlen. Ferner: . allgemeinen Impfung zu gelangen, erscheine höchst wün⸗ henswerth, aber bisher lagen noch keine Resultate vor, um sie vorschreiben zu können. Die Regierungen wollten sie, wie zuch der vorliegende Antrag, nur versuchsweise zulassen. ber man könne den Landesregierungen nicht bas Recht einräumen, an einem so wichtigen und werth⸗ zollen Eigenthum nach ihrem Ermessen zu experimenttren. Nan sollte die Impfung nur dann versuchsweise einführen önnen, wenn die Besitzer damit einverstanden seien, und es verde unter keinen Umständen schwer sein, Landwirthe zu finden, die ihr Vieh zu solchen Versuchen willig hergäben. Berade in der Provinz Sachsen sei man, wie ber Minister vorgestern hetont habe, für Impfung sehr eingenommen. Für ö fallende Thier könnte eine En fc mn gezahlt en. Der Abg. Nobbe trat mit Wärme für die Vorlage ein. Sein Systen' fei Tödtung des seuchekranken und seuchever⸗ dächtigen, sowie des ansteckungsverdächtigen Viehs in kleinen erden; dagegen Impfung und Kennzeichnung des an— eckungsverdächtigen in großen Heerden, wo die Tödtun zu EH wirthschaftlich Werthe vernichten würde. (Belgisches

der Vorlage ihr entschiedener Gegner gewesen, aber allmahlich während der Kommisstonsberathung zu der Ueberzeugung ge— kommen, daß der Entwurf sehr werthvolles Material liefere; und er bedauere, daß es nicht möglich gewesen sei, für die Haupt⸗ gesichtspunkte der Porlage in der Kommission eine Mehrheit zu finden. So bitte er denn, wenigstens den auch von ihm unterzeichneten Antrag Behr anzunehmen. Der Antrag von Adelmann gehe entschieden zu weit.

Der Abg. Scipio war für den Antrag Adelmann, der sich besonders gegen die obligatorische Impfung richte, mit ihren großen Gefahren für den Viehbestand Deutschlands. Daß da, wo die Viehbesitzer einwilligten, Versuche mit der Impfung unternommen werden können, sei sogar ausdrücklich im An⸗

a, Hierauf ergriff der Minister für Landwirt aft, Domänen und Forsten, Br. Lucius, das Wort: 44

Meine Herren! nur wenige Worte. Es ist nicht ein spezißsch sächsisch provinzielles Interesse, was diese Vorlage begründet, fondern durchaus ein allgemein deutsches. Es handelt sich um die Bekämpfung einer Seuche, die im selben Verhältnisse mit der Ausdehnung der Zuckerrüben. Industrie immer weitere Kreise gewonnen hat, und wenn wir nicht in der Lage sind, dieser Seuche in wirksamer Weise ein Ende zu machen, so wird das, was jetz bereits eingetreten ist, in er— höbtem Maße eintreten, naͤmlich daß die Exportfähigkeit des deutschen Viches aufhört. Seibst die Provinz, die bis vor wenigen Jahren abjolut seuchenfrei gewesen ist in dieser Beziehung, die Pro⸗ vinz Schleswig-Holstein hat, seitdem die Zuckerindustrie dort Eingang gefunden hat, unter ähnlichen Verhältnissen gelitten. Dasselbe ist in Dänemark und in Schweden der Fall. Es liegt also hier die Nothwendigkeit vor, eine Seuche, die in Verbindung mit gewissen landwirthschaftlichen Betrieben leicht sich verbreitet, in wirkfamer Weise zu bekämpfen. Es handelt sich dabei nicht um ein provinziales Interesse, sondern durchweg um ein gemeinfam deutsches, was ich glaube hier ö 6 ,, . ;

Al Wenn der Verr Vorredner darauf hingewiesen hat, daß einzelne ostliche Provinzen der preußischen Monarchie 6. dieser Xe g , in minderem Grade gelitten haben, und wenn er das lediglich zurück⸗ führt auf die strenge Grenzsperre, so kann ich das bis zu einem ge— wissen Grade als richtig anerkennen. Allein in erster Linie ist die wirksame Bewachung der östlichen Grenze bedingt durch die dort stets drohende große „Gefahr der Einschleppung der Rinderpest, und diefe Gefahr hat zu einer so strengen Grenzbewachung geführt, daß eine regel⸗ mäßige Kontrole der Viehbestände von Woche zu Woche stattfin det, und in olg dessen hat der Schmuggel aufgehört. Aber auch ferner darf für Schlesien gelten, daß soweit Vieh hingeführt wird, das aus andern östlichen Provinzen geschieht. Nicht aus Süddeutschland sondern wesentsich aus den benachbarten Provinzen Preußens wird nach Schlesien Vieh importirt, in denen diefe landwirthschaftlichen Industrün' einen geringeren Umfang gehabt haben und damit auch in geringerem Maße durch die Lungenseuche gelitten haben. Ich kann nur wiederholt empfehlen, daß Sie die Erfahrungen, die in den am meisten gestraften Provinzen in dieser Beziehung gemacht worden sind, maßgebend tn lassen für die Beschlüsse, die hier zu faffen sind.

Ich könnte nur gestern Gefagtes wiederholen, wenn ich über den Antrag des. Hrn. Grafen Adelmann mich nochmals verbrelten wollte. Ich beschränke mich also darauf, wiederholt feine Ablehnung zu empfehlen. Auf eine Bemerkung des Abg. von Schalscha muß ich noch antworten. Er hat Cestagt warum die verbündeten Regierungen = ich kann freilich zur eit nur die Auffassung der preußischen Regierung über seinen Antrag hier ausdrücken W einen Widerspruch einlegen würden gegen den zweiten Absatz des dritten Alinea feines Antrags. Der Widerspruch begründet sich darauf, daß, wenn dieser Satz an— ßenommen würde, nämlich der zweite Äbfatz des dritten Alina? so hätte es jeder Viehbesitzer in der Hand, gewissermaßen die Regierung in eine Zwangslage zu bringen, das heißt, wenn er der Kennzeichnung , so muß dann unbedingt nach der Rmssung des Antrags, wie er hier vorliegt, die Tödtung des gesammten Viehbestandes erfolgen. Es ist das eine Maßregel, die unter Umftän⸗ den sehr viel zu weit gehend sein kann, und aus diesem Grunde glaube ich auch jetzt noch dem hohen Hause vorzuschlagen: wenn es sich nicht entschließen kann, für die Vorlage der verbündeten Regierungen zu stimmen, den Antrag des Hrn, Grafen Behr nur in der Fassung anzunehmen vor? behaltlich der Redaktion, daß wenigstens der zweite Satz des dritten Absatzes des Antrags des Grafen Behr gestrichen werde.

Damit schloß die Diskussion. Beide Anträge sowie die Vorlage wurden abgelehnt und die von der Kommission be⸗ antragte Nesolution angenommen.

Das Zu satzabkommen zum Weltpostvertrag von 1878 wurde in dritter Lesung ohne Debatte genehmigt.

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tischen Standpunkt gestellt. Die von ihr von den grö Landgerichten und von den k in . und Zweibrücken eingezogenen Gutachten sxprächen sich mit Stimmeneinhelligkeit gegen die Kiederein fůhrung der Be⸗ rufung aus. Die Kommission sei über diefe Gutachten etwas summarisch hinweggegangen. Dieselben seienm sehr eingehend gehalten und Fehr gut notivirt; fie behandelten alle Detailfragen; sie führten insbesondere⸗ aus, daß die zum Ersatz der Berufung geschaffenen Garantien sich nach jeder Richtung hin bewährt hätten. Außerdem sei⸗ die seit der Abschaffung der Berufung verstrichene Zeit viel zu kurz, als daß die inzwischen erlassenen neuen Torschriften sich in die Rechtsanschauungen und Gewohnheiten des Volks. eingelebt hätten. Er könne sagen, hätten sich in anderen Staaten wirklich Uebelstände nach dieser Richtung hin gezeigt, so würde die bayerische Regierung trotz ihrer Bedenken den Be! rufung zustimmen Allein auch die Gerichte und Staatzanwälte anderer deutscher Staaten hätten fich dagegen ausgesprochen. Die öffentliche Meinung, auf welche die bayerische Regierung großen Werth lege, habe ebenfalls zu einer Aenderung des bisherigen Zustandes keinen Anlaß gegeben. Der Kostenpunkt sei für die bayerische Negierung nicht ausschlaggebend, ja überhaupt nicht von Gewicht, denn sie stehe auf Seite Derjenigen, welche als Instanz nicht die Strafkammern bel den Landgerichten, sondern bei den Ober⸗Landesgerichten wollen eine Konftruktion, die unter allen Umstanden theurer zu stehen komme, als die Berufungs⸗ instanz bei den Landgerichten. . Der Königlich württembergifsche von Schmid erklärte, führungen des

ͤ Bundesbevollmächtigte ; daß er sich im Wesentlichen den 23 l „des Vorredners anschließen könne. Man habe auf die Berufung gegen die Urtheile der Schöffengerichte hin⸗ gewiesen. Aber bei der Unvollkommenheit der Besetzung dieser Instanz und bei dem Ausschluß einer Voruntersuchung werde die BVerufungsinstanz hier zu einer Nothwendigkeit. Auch sei es für die Einführung der Berufung gegen die Ürtheile der Schöffengerichte von Bedeutung gewesen, daß die Kon⸗ struktion der Berufungsinstanz hier nicht zu Schwierigkeiten führte. In Württemberg sei' die Berufung schon mit der Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1869 eingeführt gewesen. Welche Wahrnehmungen habe man nun in dem Dezennium bis zum 1. Oktober 1879 gemacht? Es seien keinerlei Miß⸗ stände hervorgetreten, keine namhaften Klagen seien in der Presse laut geworden. Dagegen sei durch eine Er⸗ fahrung konstatirt, daß sämmitliche Borsitzende der Straf⸗ kammern sich dahin ausgesprochen hätten, es habe der Ausschluß der Berufung in keiner Weise zu Bedenken Veranlassung gegeben. Auch ein hervorragender Rechts⸗ anwalt habe sich dahin ausgesprochen, daß die Wieder⸗ einführung kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt sei. Das sei die Erfahrung eines vollen Dezenninms mit einer Straf⸗ prozeßordnung, welche auf derselben Grundlage aufgebaut sei wie die jetzige deutsche Strafprozeßordnung. Auch die Er⸗ fahrung, die man seit dem 1. Oktober 1875 in Württemberg mit derselben gemacht habe, sei eine durchaus günstige ge= wesen. Im Jahre i884 habe der württembergische Justiz⸗ Minister indessen auf vereinzelt laut geworbene Klagen neue Erhebungen anstellen lassen. Auch bei diesen Er⸗ hebungen habe sich eine überwiegende Mehrheit dahin aus⸗ gesprochen, daß man mit dem bestehenden Zustande. zufrieden sei, die Anwaltskammern allerdings nicht. Doch sei auch hier eine beträchtliche Minorität für die Erhaltung des jetzigen Zustandes eingetreten. Die Wünsche nach Wieder⸗ einführung der Berufung würden zurückgeführt auf die Un⸗ vollkommenheit der Handhabung der Prozeßführung; allerdings sei das Ermittelungs verfahren nicht genügend. Auch werde eine zu große Sparsamkeit beobachtet in der Anordnung der Voruntersuchung und Vertheidigung. Wenn hier Remedur geschaffen werde, so würden die Klagen über die Beseitigung der Berufung bald verschwinden.

. Der Geheime Regierungs⸗-Rath von Lente betonte: Im Kom⸗ missionsbericht sei darauf hingewiesen, daß in Preußen vom 1. Januar 1880 bis zum J. Januar 1585 von Angeschuldigten 4577 Anträge auf Voruntersuchung gestellt seien, von denen

Es folgte die Fortsetzung der dritten Berathung des Hesetzentwurfs, betreffend die n des Reichs für die Zinsen einer egyptischen' Staats anheihe, welchem die Kommission die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen beantragte. (Referent: Witte.)

Der Abg. Racks (Centrum) wünschte eine Erklärung des Bundesraths, daß es sich hierbei wirklich um hohe politische Interessen andle, oder doch, daß die deutschen Steuerzahler in keiner Weise materiell durch die Vorlage geschädigt werden könnten; sonst müsse er gegen' die Vorlage stimmen. Diese wurde darauf, ohne daß vom Tische des Bundesraths eine Aeuße⸗ rung erfolgte, mit großer Mehrheit angenommen. Einige Centrumsmitglieder stimmten dagegen.

Es folgte die zweite 6 des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Ein ührung der Be— rufung gegen die Urtheile der Strafkammern, auf Grund der Porschläge der Kommission, welcher seiner Zeit der Antrag Reichensperger über denselben Gegenstand überwiesen war. Es sollen danach bekanntlich bei den Landgerichten be⸗ sondere Straf⸗Berufungs kammern gebildet werden, die in der Besetzung von fünf Mitgliedern über die Berufung in Straf⸗ kammersachen entscheiden, während die Strafkammern selbst fortan nur mit drei Rüichtern befetzt sein follen.

. der Referent Abg. Spahn die Beschlüffe der Kommission empfohlen, bemerkte der bayerische Bundes bevoll⸗ mäãchtigte von Lastner: Der Bundesrath habe, wie der Bericht aus⸗ weise, die Wiedereinführung der Berufung , weil nicht dargethan sei, daß die Berufung das geeignete Mittel sei, um den beim Strafverfa ren hervorgetretenen Nebelständen abzu⸗ helfen. Das sei nicht der ein zige Grund gewesen. Es sei hinzugekommen, daß die Bern ung mit dem Grundsatz der Mündlichkeit und Ünmittesdarkeit des Verfahrens unvereinbar sei. Die überwiegende Mehrzahl der von den Gerichten und Staatsanwalt n abgegebenen Gutachten habe den Nachweis geliefert, da auch die in der Praxis gemachten Er—

em.) Der Abg. von Schalscha erklärte, er sei bei Einbringung

fahrungen diese Neuerung Regierung habe

nicht rechtfertigten. Die bayerische sich in dieser Frage lediglich auf einen prak⸗

richtung und Unterhaltung von

41577 abgelehnt worden seien. Daran sei der Satz geknüpft. daß von der Voruntersuchung überwiegend in Interesse der Anklage Gebrauch gemacht werde. Nun ergebe sich aber, dat in dem Reich die Verhähtnisse ganz ähnlich lägen. Im Jahre 1881 seien im Reiche 1631 Anträge auf Vorunter⸗ suchung gestellt, abgelehnt 1396, 1885 seien 1339 An= träge gestellt, 1105 abgelehnt, 1883 1052 Anträge gestellt, S48 abgelehnt, 1884 1157 Anträge gestellt, 11235 abgelehnt worden. Hier stelle sich also dasselbe Verhältniß entgegen. Es sei nichts, was zu Ungunsten Preußens spreche. Eine große Anzahl von Anträgen auf Eialeitung der Vor⸗ untersuchung sei abgelehnt worden, weil der Antrag gestellt. worden sei aus & 199 der Strafproze ordnung, und weil nicht erhebliche Grü-nde är die Einleitung der Varuntersuchung sprächen. Daraus ergebe sich, daß der Antrag erst gestellt werden könne, wenn das Gericht die Entscheidung über die Eröffnung des e,, bereit? getroffen habe, eine Voruntersuchung also nicht mehr für nöthig halte, weil im Vorverfahren Alles geschehen sei, was die Unschuld des Ange⸗ . . hätte können.

m 41 / Uhr wurde die weitere Bera— is Sonnabend 12 Uhr. j

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (29) Sitzung des Hauses der Abgeordneten bemerkte . Berathung des Gesetzentwurfs, , die Er⸗

Unte ortbil dun g z⸗ schulen in den Provinzen Westpreußen und Posen, der Abg. von Meyer⸗Arnswalde: da er bisher bei den Polen⸗ dis kussidnerr nicht zum Worte gekommen sei, bitte er, ihm jetzt einige allgemeine Bemerkungen zu gestatten. Die Temperatur der Vorlagen sei wie ihm scheine, in Folge des unberech⸗ tigten Einmischens des Reichstages in diese Angelegenheiten = keine besonders kühle, sonde rn nach Ansicht Mancher sogar eins leidenschaftliche. Die Haltung der Regierung sei nach der Aeußrung des, Landwirthschaftz⸗Ministers eine defensive; das sei' richtig, insofern die militärische