1886 / 66 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 17 Mar 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Aeußerung: „Wenn er (V.) die ihm vorgezeigten en,. für en Schwiegersohn einlöse, so werde dieser wegen echsel⸗ ãlschung nicht bestraft werden, wenn er (V.) dagegen die Wechsel nicht einlöse, müßten sie vorgezeigt werden“ . löste die Wechsel ein und veranlaßte sodann? die Einleitung des . gegen den Direktor H. wegen Erpressung. Die Strafkammer sprach ihn frei, und die vom Staatsanwalt eingelegte Revision wurde vom Reichs gericht, III. Straf⸗ senat, durch Urtheil vom 14. Januar d. J., verworfen. In der Begründung heißt es: „Der Begriff der Drohung erfor⸗ dert objektiv die Ankündigung oder Inaussichtstellung eines Uebels. dessen Verwirklichung irgendwie von der Macht oder dem Willen des Bedrohenden abhängt und dessen Eintritt der Bedrohte derartig zu fürchten hat, daß diese Befürchtung seine freie Willensbethätigung beeinflußt; subjektiv wird das Be— wußtsein des Drohenden von dieser Wirksamkeit seiner Kund— gebung auf den Willen des Bedrohten ed Unwesentlich ist die äußere Form der gebrauchten Redewendung und im konkreten Falle der Umstand, ob Angeklagter ausdrücklich an⸗ kündigte, er werde oder wolle den VJschen Schwieger— sohn wegen Wechselfälschung zur Verfolgung bringen, oder ob so—lche Ankündigung nur stillschweigend in den Worten enthalten, aber vom Angeklagten beabsichtigt war und vom Bedrohten in diesem Sinne verstanden werden mußte. Nun erklärt aber die Vorinstanz eine derartige Willensrichtung des Angeklagten thatsächlich für nicht ermiesen, verneint schlechthin, daß Angeklagter den Willen des V. durch die fest— estellte Aeußerung habe beugen wollen, geht vielmehr von der uffassung aus, daß, unabhängig von der Einwirkung des Angeklagten, nach der ganzen objektiven Sachlage V. bezw. dessen Schwiegersohn bereits mit der Eventuaglität einer Konstatirung der etwa vorgekommenen en bedroht war, daß Angeklagter dem V. ediglich diese bedrohliche Situation mitgetheilt und ihm in der Wechseleinlösun ein Mittel an die Hand gegeben ht das drohende Uebel abzuwenden, oder doch abzuschwächen. licht also, weil Angeklagter dem V. irgendwie in Aussicht stellte er könne oder wolle die Frage der Wechselfälschung gerichtlich anhängig machen, hat sich letzterer . gesehen, die Wechsel einzulösen, sondern weil V. in Folge der Mit— theilungen des Angeklagten glaubte, er könne durch Einlösung der Wechsel die sonst nach dem Laufe der Dinge unvermeid— liche Anhängigmachung der Sache abwenden, hat er sich zu der vom Angeklagten in Anregung gebrachten Maßregel entschlossen“.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Kaiserlicher Unter⸗-Stagtssekretär r. von Mayr und Fürstlich lippischer Kabinets-Minister Freiherr von Richthofen sind . ein⸗ getroffen. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Derzoglich sachsen⸗meiningische Staats Minister Freiherr von Gise ke ist von hier wieder abgereist.

S.. M. Kreuzerkorvette„Luise“, Kommandant Kor— vetten Kapitän Graf von Haugwitz, ist am 15. März er. in Norfolk eingetroffen und beabsichtigt, am 24. dess. M. wieder in See zu gehen. .

S. M. Brigg „Mus quito“, Kommandant Korvetten— Kapitän Piraly, ist am 14. März er. in Havanna eingetroffen und beabsichtigt, am 1. April cr. wieder in See zu gehen.

M. S. Knbt.

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6.2. Hongkong. ost⸗

26.36. ab Aden) S. M.

stantinopel. Letzte Nachricht

nstantinopel) S. M. S. „Luise“

tion: Norfolk Virginia, Nord⸗

Kreuzer „Möwe“. Letzte Nachricht aus

(Poststation: Zanzibar) S. N. Brigg

„Musquito“ 22. /1. St. Thomas 11.2. 12.2. St. Croix

15. 2. 19/2. Jamaica 2.3. (Poststation: Norfolk Vir⸗

ginig, Nord-Amerika!) S. M. Panzerfhrzg. „Mücke“ 15.6.

S5 Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M.

Kreuzer „Nautilus“ 23 / 12. 85 Shanghai 16.55. 14. / 3.

Amoy. (Poststation: Hongkong) S. M. Tender „Ublan“

2.9. 85 Kiel. (Poststation: Kiel.) Schulgeschwader: S. M.

Schiffe „Stein“, „Moltke“, „Sophie“, „Ariadne“ 11./3. Ply⸗

mouth 21. 3. (Poststation: Plymouth.) Kreuzergeschwader: S. M.

Schiffe „Bismarck“, „Gneisenau“, „Olga“ * 28. 2. Sydney. (Poststation: Sydney.)

Bayern. München, 16. März. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten bewilligte heute das pro⸗ visorische Steuergesetz. Ein Antrag auf Abänderung der irn n , in Bezug auf die Zulassung einer Dis— kussion bei Interpellationen wurde einslimmig angenommen. Die Regierungsvorlage, betreffend den Zuschuß von 350 000 MM zu dem Bau einer Lokalbahn von Reichenhall nach Berchtesgaden, wurde Seitens der Rechten mit 74 gegen 71 Stimmen abgelehnt. Ein Antrag Sodens, die Regierung zu ersuchen, dem jetzigen Landtage einen Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Herstellung der genannten Bahn durch den Staat, vorzulegen, wurde mit 69 gegen 57 Stimmen angenommen.

Sachsen. Dresden, 16. März. (Dr. J) Se. Majestät

der König wird sich in Begleitung Ihrer Königlichen . des Prinzen Geerg und des Prinzen

17.1.

Triedrich August zur Beglückwünschung Sr. Majestät des

eutschen Kaisers, Königs von Preußen, aus Anlaß Aller⸗ höchstdessen bevorstehenden Geburtsfestes am Sonntag, dem 21. d. M., Vormittags 10 Uhr 17 Minuten, via Zoffen nach Berlin begeben.

Die Erste Kammer erledigte die Kap. 42 bis 58 des Etats der Zuschüsse, Departement des Innern, durchweg nach den Beschluͤssen der . Kammer und erklärte, gleichfalls nach dem Vorgange der letztern, mit dem Inhalte der König⸗

lichen Gesammt⸗Ministeriums an die Kammern 23 Denkschriften, die Begründung versicherungs⸗Amts, die

Sammlung des Kommissions-Raths Klemm, den aufzucht⸗Verein betreffend, ihr Einverständniß. längere Debatte knü Präsidenten Dr. Pfei

auf 200 000. Hierbei ĩ Königliche Staatsregierung wolle eine höhere Einstellung dieser Wegebau⸗Unterstützung j die Zukunft in Erwägung ziehen. 3. Antrag, sowie der weitere Antrag der Depulatlon, welcher eine anderweite Erwägung der für die Wegebau— Unterstützungen maßgebenden Grundsätze empfiehlt, wurde an— genommen. . Die Zweite Kammer bewilligte zunächst die das Medizinalwesen betreffenden Kap. 59 bis 63 des Staatshaus— halts⸗Etats den Vorschlägen der Finanzdeputation gemäß nach der Vorlage, mit der Maßgabe, daß zu einer mit der Staats? regierung vereinbarten veränderten Ausführung der geplanten Veubauten für die Thierarzneischule eine etwas erhöhte Summe ausgesetzt wurde. Ferner beschloß sie einstimmig auf Varschlag der Deputation, die Regierung um Erwägung zu ersuchen, in welcher Weise dem fühlbaren Mangel an Aerzten in gewissen Orten und Gegenden des Landes am geeignetsten abgeholfen werden könne. Die Kammer wendete sich sodann der Berathung des Kap. 111 des Staatshaushalts⸗-Etats:. Dotationen an die Schutzgemein⸗ den, zu. Die Finanz-Deputation A. beantragte die Genehmi⸗ gung der Vorlage, nachdem verschiedene Gegenvorschläge, die sie in Erwägung gezogen hatte, ihr . oder weniger bedenklich erschienen waren, . der Abg. Kirbach Ablehnung des Kapitels bean—⸗ tragte, weil er es nicht für gerechtfertigt hielt, Steueruberschüsse anders als zu Steuererlassen zu verwenden. Im Laufe der Debatte beantragte der Vize⸗-Präsident Streit, die Dotation an die Gemeinden halb nach den Grundsteuereinheiten, halb nach der Bevölkerungsziffer zu vertheilen, andererseits wollte der Abg. Dr. Mehnert aus dem Wortlaute des Kapitels die Bezug— nahme darauf, daß es sich um Vertheilung der Hälfte der Grundsteuern handle, entfernen.

Baden. Karlsruhe, 16. März. (W. T. B. Der Erbgroßherzog fühlte sich nach einem gestern Mittag ein⸗— getretenen und bis heute früh anhaltenden Schweiße und nach einer unruhigen, durch wiederholte, theilweife nervöse Be— schwerden gestörten Nacht heute Morgen zwar schwach und angegriffen, doch war derselbe zum ersten Mal seit Beginn der Krankheit fieberfrei.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 1. März. (Th. C.) Der Großherzog und die Frau Großherzo gin sind gestern Abend wohlbehalten in Bordighera eingetroffen, woselbst sie die Prinzessin Elisabeth in bestem Wohlsein fanden.

Braun schweig. Braunschweig, 16. März. (W. T. B.) Im Landtage theilte der Staats-Minister Graf Görtz⸗ Wrisberg mit, daß in den nächsten Tagen die mit Preußen abgeschlossene Militärkonvention dem Hause vorgelegt werden würde und daß voraussichtlich Mitte der nächsten Woche der Schluß des Landtages erfolgen würde.

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DHeserreich ungar . Wien, 17. März. (W. T. B.) Der Kaiser hatz ein e, an den Minister⸗ Präsidenten Grafen gaffe gerichtet, durch welches der Handels-Minister Pins von Friedenthal auf sein Ansuchen seines Amtes in Gnaden enthoben und die einstweilige Leitung des Handels-Ministeriums' dem Sektions— ö Pußwald übertragen wird. Ein zweites Hand⸗ schreiben des Kaisers an den bisherigen Handels⸗-Minister Pino von Friedenthal spricht demselben für seine dem Staate mit großem Eifer und patrlotischer Hingebung geleisteten viel⸗ jährigen und vorzüglichen Dienste die volle Anerkennung aus. Pest, 16. März. (W. T. B.) Das Abgeordneten— haus hat den Regierungsentwurf über die Gerichts— verfassungsreform als Grundlage für die Spezialdebatte mit 207 gegen 141 Stimmen angenommen. Alle anderweitig eingebrachten Anträge wurden abgelehnt.

Schweiz. Bern, 16. März. (B.) Nach einer vor— läufigen Zusammenstellung wird die Berwaltungs rechnung der Eidgenossenschaft vom Jahre 1885 mit einem Ueberschuß der Einnahmen von cireg 2 Millionen Franken abschließen. Davon wird voraussichtlich wieder, wie letztes Jahr, eine Million zur weiteren Anhäufung des Invalidenfonds und der Rest zu Amortisationen verwendet werden. Gestern Nach— mittag ist in Luzern die Kommission des Ständeraths zur Vorberathung des Bundesgesetzes, betreffend das Verböt der Doppelbesteuerung, zusammengetreten (Präsident Hr. Alt⸗ wegg),. An den Verhandlungen der Kommission betheiligt sich auch der Chef des eidgenössischen Justiz- und Polizei— Departements Hr. Ruchonnet.

Großzbritannien und Irland. London, 15. März. (Allg. Corr. Der „Standard“ veröffentlicht einige Haupt— punkte des m iniste riellen irischen Programms, ohne die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit derfelben zu über⸗ nehmen. Danach verfügt Gladstsne's Plan die Herstellung einer gesetzgebenden Körperschaft, die in Duͤblin tagen, und aus nur einer Kammer bestehen soll. Er verkörpert das Prinzip einer Minderheit vertretung im irischen Parlament und bestimmt, daß die hierauf bezüglichen Punkte des Planes ohne Genehmigung des Reichsparlaments nicht abgeändert werden können. Irland soll fernerhin Mitglieder ins Reichsparlament senden nicht im Verhältniß zu feiner Bevölkerung, sondern seiner Beiträge zu den Reichseinkünften. Die Beiträge werden auf 3 Millionen Pfd. Sterl. veranschlagt, so daß die irischen Vertreter in Westminster etwa 30 Mitglieder zählen würden u. s. w.

Die „Times“ schreibt: „ÄUm Sonnabend wurde ein Kabinetsrath von ungewöhnlicher Dauer abgehalten, und es darf zuversichtlich khan werden, daß Mr. Gladstone's Kol— legen sich jetzt endlich im Besitz der Umrisse des irischen Planes ihres Chefs befinden. Es dürfte bezweifelt werden, ob jener Theil seines Planes, welcher ein Parlament in Dublin gründen will, schon ein ausreichend vorgerücktes Stadium erreicht hat, um in etwas mehr als Umrissen zur B gung dargeboten zu werden; aber soweit der Plan die Expropriirung der Land⸗ besitzer betrifft, so glaubt man, daß er sich in einem vor— gerüuͤckten Stadium befindet. Der Nothfschrei der Armen

lichen Dekrete über die , . des Kunstgewerbeschul⸗ gebäudes in Leipzig, sowie mit den, durch Erlasse des Kbnig—

ge⸗ eines Landes⸗ Erwerbung der bibliographischen Fohlen⸗

Eine fte sich an den Antrag des Vize⸗ er über die Erhöhung der Staatsunter⸗ stützungen für den Wegebau der Gemeinden, von 186 6006 . beantragte von Schönberg⸗Mockritz, die

der Fall sein, abtreten.

. 13 . R mond gerichteten Borschlag, bezüglich der Besetzung Wad'y⸗ Halfas durch egyptische Truppen erwiderte Me deer

fonds geht auf die Neige; bis jetzt sind im Ganzen 69 J00 Pfd. Sterl. eingegangen, die bis auf 28090 Pfd. Sterl. verausgabt sind, ohne daß viel Gutes mit dem Gelde gethan worden wäre, da die Erlangung von Unterstützung mit Schwie⸗ rigkeiten verknüpft war, daß Viele den Muth verloren und nach dem ersten Versuch keinen zweiten mehr machten. Der n . wird wahrscheinlich in Kurzem einen neuen Auf⸗ ruf an das Publikum um weitere milde Gaben für die Arbeits losen erlassen.

16. März. (W. T. B.) Der Präsident des Local-Government-Board, Chamberlain, und der Staatssekretär für Schottland, Trevelyan, haben dem Pre⸗ mier Gladstone ihre. Portefeuilles zur Verfügung gestellt, welcher dieselben jedoch noch nicht angenommen hat.

16. März, Abends. (W. T. B.) Im Unterhause theilte der Unter-Staatssekretär der Kolonien, Os—⸗ borne Morgan, mit, die Regierung habe Abschrift der Ver⸗ träge zwischen Deutschland und Transvaal und Portugal und Transvaal erhalten und dieselben gebilligt. Der alte Vertrag Portugals mit Transvaal vom Jahre 1876 sei mit Genehmigung Englands außer Kraft gesetzt. Ein Vertrag zwischen Frankreich und Transvaal' liege jetzt der französischen Kammer vor. Ein Vertrag zwischen der Schweiz und Transvaal sei zwar schon abgeschlossen, doch sei der Text derselben noch nicht eingegangen. Die nieder“ ländische Regierung und Transvaal unterhandelten wegen eines Vertrags, doch sei der Regierung noch keine offizielle Mittheilung des Resultats zugegangen. Der Sitzung wohnten Trevelyan und Chamberlain auf der Ministerbank ber Die Entlassungsgesuche derselben sollen durch eine Mittheilung Gladstone's im letzten Ministerrath veranlaßt sein, nach welcher die Verwaltung der Fonds für die Expropriation der irischen Grundeigenthümer dem irischen Parlament anvertraut werden sollte. Gladstone hat auf die Schreiben Chamberlains und Trevelyans, in welchen sie ihre Entlassung nachsuchen, in ver⸗ söhnlicher Weise geantwortet und sie ersucht, eine definitive Entschließung noch einige Tage zu verschieben, da er auf eine Beilegung der Differenzen hoffe.

17. März, früh. (W. T. B.) Die „Times“ bestätigt, daß Chamberlain und Trevelyan ihre Demission gegeben hätten, von Gladstone aber ersucht worden seien, ihren des⸗ . Entschluß nochmals in Erwägung zu ziehen. Es ver⸗— autet, Gladstone wolle seinen Plan zur Lösung der irischen Frage umarbeiten, um die Bedenken Chaniberlains und Trevelyans zu beseitigen.

Frankreich. Paris, 15. März. (Köln. Ztg.) Der Senat nahm heute den Antrag auf Ernennung eines Unter—⸗ suchungsausschusses über den Alkoholverbrauch in Frankreich an und trat sodann in die zweite Berathung über die Einrichtung des Elementarunterrichts ein.

Die gestern morgen in Dec gzeville bekannt gewordenen Erörterungen über die Interpellation Eamel inats haben die Gemüther noch mehr erhitzt, und man macht alle möglichen Anstrengungen, um die noch arbeitenden Bergleute ebenfalls zur Arbeitseinstellung zu bestimmen. Fünf neue Hetzapostel sind in Decazeville eingetroffen und haben sich sofort mit dem Deputirten Basly und der Abordnung der Strikenden in Verbindung gesetzt. Die Schwierigkeiten in den Verhand⸗ lungen über die Erneuerung des Schiffahrtsvertrags mit Italien häufen sich. Italien hält seine Forderungen im ganzen Umfang aufrecht und droht sogar mit Kündigung des Handelsvertrags von 1881.

16. März. (W. T. B.) In der Deputirten⸗ kammer wurde heute das Budget vorgelegt. Soubeyran erklärte, er wünsche die Regierung über die Abänderungen der im Budget spezifizirten Steuern zu interpelliren. Der Tag für die Berathung der Interpellation wird später festgesetzt werden. Der Finanz⸗-Minister erklärte, daß das Budget keine Steuer auf, die Rente auferlege und daß das Ministerium keine derartige Steuer zulassen würde. Den Abendblättern zufolge würde der Finanz-Minister die Kammer ersuchen, die Vorlage über die Emission der neuen Anleihe vor Ostern zu berathen.

Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Hanoi sind die zwischen den französischen und chinesischen Kommissaren be⸗ züglich der Fe st stellu ng der Grenze entstandenen Schwie— rigkeiten beigelegt. Die chinesische Regierung hat ihren Agenten Unrecht gegeben und ist der französischen Ansicht bei⸗ getreten; die Grenzabsteckungsarbeiten sollten gestern wieder aufgenommen werden. Aus Tientsin wird gemeldet: Li-Hung-Chang wird sich morgen nach Peking begeben, wo er etwa einen Monat verbleiben wird. Wie es heißt, haben sich LiHung⸗-Chang und Cogordan wegen des Handels— vertrags nunmehr verständigt.

17. März. (W. T. B.) Ungeachtet des aus Sofia ergangenen Dementis wird versichert, daß von dem Fürsten Alexander in letzter Stunde erhobene Ansprüche die Rati⸗ fikation der türkisch⸗bulgarischen Uebereinkunft ver— zögern.

Türkei. Konstantinopel, 16. März. (W. T. B.) Der bulgarische Minister des Auswärtigen, Tsanoff, kehrt nach Sofia zurück.

Serbien. Belgrad, 17. März. (W. T. B.) Das Minister ium hat beschlossen, nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden über den Friedensvertrag mit Bulgarien die Grenze gegen , , sofort frei für den Handels verkehr zu eröffnen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. März. (W. T. B.). Ein heute veröffentlichter Kaiserlicher Ukas genehmigt die Expropriation von privatem unbeweglichem Eigenthum zum Zweck der Errichtung von orthodoxen gem Friedhöfen, Pfarrhäusern, baltischen Provinzen und

Bethäusern und Schulen in den ordnet die Ausführung derselben nach einem beigegebenen besonderen Reglement an, wonach unter Anderem mit Wohnhäusern, Oekonomiegebäuden und Gärten besetzte Grundstücke, welche keinen Bestandtheil einer bäuerlichen Arrende oder zinspflichtigen Landes bilden, der Expropriation nicht unterliegen. Das Gleiche soll bei den nicht von Bauern arrendirten Wohn- und Oekonomiegebäuden falls die Arrendatoren dieselben nicht freiwillig

Afrika. Egypten. Kairo, 16. März. (W. T.

B.) Wolff an Mukhtar Pascha

dauert noch immer fort. Der Mansion House⸗Unterstützungs⸗

Pascha, daß die egyptische Armee gegenwärtig nicht im Stande sei, die Grenze gegen die

Aufständischen zu schützen.

Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ meldet: Zwischen dem Bankhguse Rothschild und der egyp⸗ tifchen Regierung sind Verhandlungen eingeleitet worden behufs Konvertirung der Darra- und Domänen⸗ Anleihen in eine Hprozentige Rente. Die englische Regierung

verwendet sich bei den Mächten für die Zustimmung zur Konvertirung.

Zeitungsstimmen.

Die „Kölnische Zeitung“ bringt einen Artikel, in welchem sie die Stagtsausgaben für Kolonien in England und e,, in Vergleich stellt und sagt:

Unser Reichstag hat für das laufende Jahr zu kolonialen Zwecken ganze dreimalhunderttausend Mark bewilligt genau soviel, wie England allein den beiden Vorsitzenden im Ober⸗ und Unterhaus an 3rd bezahlt. Und was hat das wieder für Kämpfe gekostet, wie widerwillig ist es geschehen! Wüßte man nicht längst, daß ein Theil unserer Volksvertreter stets gegen Geldbewilligungen eintritt.. ., so müßte man glauben, daß diese Herren nie über die Grenzen ihrer Wahl— bezirke, oder doch nie über Europa mit ihren Studien hinausgekommen feien. Denn von den Mühen und Kosten, die andere Staaten auf ihre Kolonien verwenden, haben Viele von ihnen augenscheinlich leine Ahnung. Sie könnten sonst, soweit sie nicht zu enen steten Nein⸗ fagern gehören, schwerlich über die Forderungen der Reichsregierung auch nur ein Wort verlieren... . . ö

Die Engländer haben ungefähr um dieselbe Zeit, wo wir uns in Südwest⸗-Afrika festsetzten, weiter östlich das Betschuanaland ihrem Schutzgebiet einverleibt. Sie haben dazu etwa 4000 Soldaten unter Sir Charles Warren von England hingeschickt, was ihnen etwa eine Million Pfund Sterling gekostet haben soll, und daß sie dabei einen im besten Ruf der Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit stehenden Führer gewählt hatten, ergibt die eben eintreffende Nachricht, daß dem General Warren die grade jetzt als äußerst wichtig erkannte Oberleitung der Londoner Polizei übertragen worden ist. Bet schuanaland ist ein Gebiet von etwa 185 090 englischen Quadrat⸗ meilen, dünn bevölkert und in seiner Fruchtbarkeit unserm Angra Pequena⸗Gebiet ähnlich. Das englische Unterhaus hat sich am 1. ds. mit einem ergänzenden Kredit für 1885 beschäftigt, in welchem auch eine Forderung der Regierung für Betschuanaland enthalten war. Anfangs sollte, die Kapkolonie die Verwaltung des neu erworbenen Gebietes selbst inn die Hand nehmen Aber der dortige Gouverneur, Sir Hereules Robinson, forderte, daß England. 50 909 K für 1885 zahle und daß es außerdem die Kosten für eine berittene Polizei bestreite, die unter der Kapregierung stehen sollte. England hatte anfänglich nur 30 090 für Betschuanaland ausgeworfen; das Unterhaus mußte sich aber doch endlich entschließen, für die Ver— waltung von Betschuangland. für die oberen Behörden, für eine Polizeimannschaft von 00, Mann, für Bauten,. Telegraphen und dergl., die Summe auf 75 0)0 K oder 1] Millionen Mark zu erhöhen. Anderthalb Millionen in einem Jahre für die Einrich⸗ tungen in Betschuanaland, das zu besitzen und zu organisiren bei der Uebermenge kolonialen Besitzes doch für England von sehr geringer Bedeutung sein dürfte. Und doch ist es wohlbekannt, daß England sein Geld nicht auszugeben pflegt, außer wo es darauf rechnet, es mit gutem Gewinne wieder zurückzubekommen. Als ob der englische Abgeordnete nicht ebenso gut oder schlecht als der unsere für den Säckel, der Steuerzahler sorgte! Aber er besitzt einen weitern, erfahrenern Blick dafür, was diesem Steuerzahler gut ist. Er weiß, daß Kolonien sich wieder bezahlen, wenn sie auch Anfangs etwas —ᷣ Er weiß z. B, daß die in der Nähe unseres Togo befind⸗ liche Handelskolsnie Lagos längst, keinen Schilling mehr vom Multerlande fordert, sondern sich einen eigenen Kolonialschatz angelegt hat und dem Mutterlande, durch, seinen Handel Ge— winn bringt. General Warren hatte die Gehälter für einen Gouver neur und sonstige Beamten in Betschuanaland auf 10 900 * (200 0909 Æ angeschlagen. Wir haben für das sogenannte - Südwest⸗ afrikanische Schutzgebiet für Beamtengehälter 21 G00 A6; wir geben für die Verwaltung unserer, gesammten Kolonien budgetmäßig noch kaum mehr aus, als die Hälfte von dem, was England allein für seine Polizeimannschaft in Betschuangland bezahlt! Und dabei wollte Hr. Windthorst nicht das Geld bewilligen, um unserm Kaiserlichen Nommissar dort ein Haus zu schaffen. Wollten unsere Herren Nein— sager nur lernen, so fehlte es an Lehrmitteln auch auf diesem Ge— biete wahrlich nicht.

Dem „Reichs boten“ wird aus Roseville in New— Jersey, 4. Februar 1886, geschrieben: ö. .

Seit zwei Tagen wüthet nun hier an der Küste von New⸗Jersey ein furchtbarer Schneesturm, begleitet von sibirischer Kälte, und wie er hier wüthet, so wüthet er über den ganzen Osten, Norden und Westen der Vereinigten Staaten, nur mit dem Unterschiede, daß er im Norden und Westen stets viel schrecklicher auftritt. Die Be⸗ jammernswerthen, welche ihm zum Opfer, gefallen sind, werden nach Tausenden zählen, und, wie Viele mö⸗ gen schon in den vorhergehenden Eis⸗ und Schnee— stümen umgekommen sein. Freilich werden wir im civili⸗ sirten Osten über die wahre Zahl der Opfer durch die ge⸗ wissenlosen Landspekulanten stets im Unklaren gehalten; in ihren Diensten stehen die westlichen Pressen, sie suchen die traurigen Nach⸗ richten nach Kräften zu unterdrücken und zu beschönigen, lediglich um die Einwanderung nach jenen nichts weniger als Glück und Reichthum verheißenden Regionen im Flusse zu erhalten und so ihr Land los zu werden, K was dann aus den armen Opfern wird, die meistens noch außerdem schändlich geprellt und betrogen werden. Dennoch dringen Nachrichten über die Verwüstungen und Schreckensbilder zu uns nach dem Osten und bleibt solchen., die hier seßhaft sind, der wahre Sachverhalt nicht verborgen. Viele von diesen haben gleich mir im Westen ihr Glück versucht, sie haben die Verheerungen des Winters daselbst mit eigenen Augen angeschaut und darin gelitten, wie ich, um sich glücklich zu preisen, daß eine höhere Hand sie lebend wieder zurück⸗ geführt hat. Aber immer und immer kommen neue Züge von Ein— wanderern an, um sofort nach dem Westen und Norden befördert zu werden. Kaum haben sie den Fuß auf das Land gesetzt, so dringt man ihnen schon die Eisenbahnkarten und, Billete unter den schönsten Vorspiegelungen auf, und im Verhältnisse zu den kolossalen Ent⸗ fernungen sind es wahre Spottpreise, die man für die letzteren fordert. Wie leicht lassen sich dadurch die ahnungslosen Ankömmlinge bewegen, wie gern schenken sie den unerhörten Schwindeleien Glauben. . Mit Freuden wird es begrüßt von der deutschen Bevölkerung. daß die deutsche Einwanderung in den letzten Jahren im Abnehmen. begriffen ist. O, wenn sie sich da drüben doch ganz belehren ließen und Niemand mehr herüber kommen wollte, mag das Heim, welches er, im, Vaterlande bewohnt, auch noch so bescheiden Fein. „Die Zeiten sind vorüber! wo man hier noch ein gutes Stück Land erhalten konnte. Das jetzt noch übrige Land ist entweder gänzlich werthlos und liegt, so zu sagen, am Ende der Welt, allen Einflüssen einer wilden Natur ausgesetzt, oder es befindet sich in den Händen der Spekulanten, deren Agenten über die ganze alte, eivilisirte Welt verbreitet sind. Glaubt den schönen Zerichten ja nicht, die sie euch frei und mit wunderbarer Bereitwilligkeit übermitteln. Sei gewarnt vor dem in hohem Maße über⸗ böskerten Osten, vor dem blutarmen, Fieber erzeugenden Süden, sei gewarnt vor den überall gepriesenen Zulunfts⸗ staaten des Westens und Nordens der Union, denen voran Dakota steht, wo ich seinerzeit mein Brot gesucht habe. Man träumt da wohl von üppigen Prairieländereien und Goldfeldern, aber man läßt sich nichts ahnen von den furchtbaren, verheerenden, langen Wintern, denen jährlich Tausende und Abertausende zum Opfer fallen, einsam in den endlosen Schneefeldern, verlassen und vergessen, getäuscht in allen ihren Hoffnungen, und mit einem bitteren Gefühle im Herzen für das Adoptiv⸗Vaterland. . .. ;

Marineverordnungsblatt. Nr. 5. Inhalt: Füh⸗ rung der Kriegsflagge. Reservedivisionen. Werftdienstordnung. Militäranwärter. Wehrordnung. Nebungsmunition. Aen⸗ derungen an Bestimmungen im 2. Halbjahr 1885. Amtskautionen. ni ensversicherungsanstalt. Personal veränderungen. Benach⸗ richtigungen.

, ,, Nr. 8. Inhalt: Allerhöchste Konzessions⸗-Urkunde, betreffend den Ban= und Betrieb einer Eisenbahn von Ischipkau nach Finsterwalde durch die Zschipkau⸗ Finsterwalder Eisenbahn⸗Gesellschaft. Vom 16. Dezember 1855. 2 Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 10. März 1886, betreffend Funktionszulagen der Unter-Beamten für besondere Dienst⸗ leistungen. Nachrichten.

Reichstags ⸗Angelegenheiten.

Dem Reichstage ist folgender Entwurf eines Geszetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung (Reichs— Gesetzbl. von 1883 S. 177), zugegangen:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen e., ; . verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt:

Hinter §. 1049 der ere , wird eingeschaltet:

Durch Beschluß des Bundesraths kann Innungsverbänden die Whig e beigelegt werden, unter ihrem Namen Rechte, insbesondere Figenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden. In solchem Falle haftet den Gläubigern für alle Verbind— lichkeiten des Innungsverbandes nur das Vermögen desselben.

Der Beschluß des Bundesraths ist durch den Reichs⸗Anzeiger zu veröffentlichen. Auf diejenigen Innungsverbände, welchen die gedachte Fähigkeit beigelegt worden ist, finden die Bestimmungen der 85. 1041 bis 1040 Anwendung.

§. 104.

Der Innungsverband wird bei gerichtlichen wie bei außer⸗ gerichtlichen Verhandlungen durch seinen Vorstand vertreten. Die Befugniß zur Vertretung erstreckt sich auch auf diejenigen Geschãfte und Rechtshandlungen, für welche nach den Gesetzen eine Spezial—⸗ vollmacht erforderlich ist. Durch das Statut kann einem Mitgliede oder mehreren Mitgliedern des Vorstandes die Vertretung des Innungsverbandes nach außen übertragen werden. ;

Zur Legitimation der Vertreter des Innungsverbandes genügt bei allen Rechtsgeschäften die Bescheinigung der höheren Verwaltung⸗ behörde, in deren Bezirk der Vorstand seinen Sitz hat, daß die bezeichneten Personen zur *,, Verbandes befugt sind.

Der Innungsverband ist befugt, Einrichtungen zur Erfüllung der im §. 9. Nr. 2 bezeichneten Aufgaben, sowie Einrichtungen der im §. 97 a2 Nr. 1, 2, 4, 5 vorgesehenen Art gemeinsam für die ihm an— gehörenden Innungen zu treffen. Beschließt er die Herstellung von Einrichtungen der im 8. 97a Nr. 4, 5 bezeichneten Art, so sind die dafür erforderlichen Bestimmungen in Nebenstatuten zusammenzufassen. Diese sowie Abänderungen derselben bedürfen der Genehmigung durch den Reichskanzler. .

Auf die von dem Innungsverhande errichteten Unterstützungs— kassen finden dieselben Vorschriften Anwendung, welche für gleichartige von einer Innung errichtete Kassen gelten. Sofern für solche Unter⸗ stützungskaffen Zwangsvollstreckungen vorzunehmen sind, haben die in den einzelnen Bundesstaaten für die Beitreibung von Gemeinde— abgaben zuständigen Behörden sich gegenseitig im unmittelbaren Ge⸗ schäftsverkehr Rechtshülfe zu .

Der Innungsverband unterliegt, vorbehaltlich der Vorschrift des §. 104 e, der Aufsicht der höheren Verwaltungsbehörde, in deren Be⸗ zirke der Vorstand seinen Sitz hat. . ;.

Die Aufsichtsbehörde überwacht die Befolgung der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften und kann dieselben durch Androhung, Festsetzung und Vollstreckung von Ordnungsstrafen gegen die Inhaber der Aemter des Verbandes erzwingen. *, gg

Sie entscheidet Streitigkeiten über die Aufnahme und Aus— schließung von Verbandsmitgliedern, über die Wahlen zu den Ver⸗ bandsämtern sowie, unbeschadet der Rechte Dritter, über die Rechte und Pflichten der Inhaber derselben. . -

Der Aufsichtsbehörde ist jährlich ein Rechnungsabschluß nebst Vermögensausweis vorzulegen.

104 m.

Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Innungsverbandes hat die Auflösung des letzteren kraft Gesetzes zur Folge. Der Vorstand des Innungsverbandes hat jedoch dis während des Konkursverfahrens dem Gemeinschuldner zustehenden Rechte wahr— zunehmen.

§. 1049.

Bei der statutmäßig beschlossenen Auflösung eines Innungs— verbandes wird die Abwickelung der Geschäfte, sofern die Verbands⸗ vertretung nicht anderweitig beschließt, durch den Vorstand unter Aufsicht der im 5. 1041 bezeichneten Behörde vollzogen. Genügt der Vorstand seiner Verpflichtung nicht, oder tritt die Auflösung auf Grund des 5. 1049 oder des §. 104m ein, so erfolgt die Abwickelung der Geschäfte ö einen Beauftragten der Aufsichtsbehörde.

Von dem Zeitpunkte der Auflösung ab bleiben die Verbands⸗ mitglieder noch für diejenigen Zahlungen verhaftet, zu welchen sie statutarisch für den Fall eigenen Ausscheidens aus den Verbands verhältnissen verpflichtet sind. Das Recht, diese Beiträge auszuschrei⸗ ben und einzuziehen, steht dem mit Abwickelung der Geschäfte Beauf— tragten zu.

5. 1040.

Im Falle der Auflösung des Innungsverbandes muß sein Ver⸗ mögen zuvörderst zur Berichtigung seiner Schulden und zur Erfüllung seiner sonstigen Verpflichtungen verwendet werden. War dasselbe bis— her ganz oder theilweise zur Fundirung von Unterrichtsanstalten oder zu anderen öffentlichen Zwecken bestimmt, so darf der nach. Berich⸗ tigung der Schulden übrig bleibende Theil des Vermögens dieser Be⸗ stimmung nicht entzogen werden; über seine fernere Verwendung wird bon der im 5§. 1046. Absatz 1 bezeichneten Behörde Anordnung ge⸗ troffen.

1 es zum Fortbestande der von dem Innungsverbande er⸗ richteten Unterrichtsanstalten, Hülfskassen oder sonstigen zu öffentlichen Zwecken bestimmten Einrichtungen als selbständiger Anstalten der Genehmigung des Landesherrn oder einer Behörde des Staates, in welchem die fernere Verwaltung der Anstalt stattfinden soll, so hat die im vorstehenden Absatze bezeichnete Behörde diese Genehmigung herbeizuführen. . 2.

Das hiernach verbleibende Reinvermögen des Innungsverbandes wird, soweit die Verbandsvertretung nicht anders beschließt, unter die Innungen, welche dem Verbande zur Zeit der Auflösung angehört haben, nach dem Verhältniß der von ihnen an den Verband in dem der Auflösung vorangegangenen Jahre geleisteten Beiträge vertheist. Streitigkeiten hierüber werden von der im §. 1041 bezeichneten Stelle endgültig entschieden.

Begründung. .

Im Verlauf der Ausführung des Gesetzes, betreffend die Ab— änderung der Gewerbeordnung vom 18. Juli 1881 (Reichs. Gesetzbl. S. 233), hat sich nnter den Handwerkern mehr und mehr die Ueber— zeugung geltend gemacht, daß die Innungen eine entscheidende Bedeu⸗ tung für die Hebung des Handwerkerstandes nur gewinnen können, wenn sie sich zu leistungsfähigen Innungsverbänden vereinig. .

Die tiefgreifende Veränderung der technischen Produktionsbedin · gungen während der letzten Jahrzehnte hat es im Verein mit der gegenwärtigen Ausbildung des Verkehrs, welche auch das Geschäft des

Mehrzahl bildenden der kleineren Städte mit ibrer geringen Mit⸗ gliederzahl, immer schwieriger werden lassen, für sich allein ihren Mitgliedern diejenige Förderung in technischer und geschäftlicher Hinsicht zu gewähren, welche einen wesentlichen Zwech der gewerblichen Korporationen ausmacht. Dazu sind Veranstaltungen und Einrichtungen erforderlich, welche zu ihrer zweckmäßigen Gestal⸗ tung und erfolgreichen Wirksamkeit einer breiteren Grundlage bedür— fen, wie sie nur in den die Einzel⸗Innungen zusammenfassenden In⸗ nungsverbänden gefunden werden kann. Demgemäß ist der Schwer⸗ punkt der Handwerkerbewegung, welche von dem Gesetze vom 18. Juli 1881 ihren Ausgang genommen hat, in die Errichtung von Innungs— verbänden gelegt worden. Die zahlreichen freien Vereinigungen, in welchen sich die Berufsgenossen der einzelnen Handwerke im Laufe des letzten Jahrzehnts zur gemeinsamen Wahrnehmung ihrer Inter— essen zusammengefunden hatten, haben fast ohne Ausnahme ihre Umwandlung in Innungsverbände in die Wege geleitet und theilweise auf Grund der von zuständiger Stelle genehmigten Statuten bereits vollzogen. Abgesehen von einzelnen kleineren Verbänden mit überwiegend lokaler Bedeutung haben diese Neubildungen ihren Bezirk auf den ganzen Umfang des Reichs ausgedehnt und in allen Theilen desselben Fuß gefaßt. Die Zahl der ihnen angehörenden Innungen variirt je nach der Bedeutung und Ausbreitung der einzelnen Hand⸗ werke. In den Verbänden der Perrückenmacher bezw. der Schornstein⸗ feger sind nur 14 bezw. 26, in denjenigen der Schuhmacher und Bar— biere dagegen 200 Innungen und darüber vereinigt. Die Zahl der Verbandsgenossen in den bereits konstituirten Innungsverbänden: I) der deutschen Schneider, 2 ö Schuhmacher, ( ö Barbiere und Friseure, ö Tischler, . Glaser, 3 Schmiede, ĩ Perrückenmacher und Friseure, ö Sattler, ö Schornsteinfeger, ; Fleischer, ö Bäcker, ö Stellmacher, ; Buchbinder, ö Dachdecker, . . Kürschner ist augenblicklich auf etwa 80 000 zu schätzen. ö

Die Verhandlungen wegen Umwandlung des bisherigen Bundes der deutschen Drechsler sind dem Abschluß nahe. j

Der schnelle und umfassende Fortgang, welchen die Bewegung hiernach in verhältnißmäßig kurzer Zeit genommen hat, ist wesenllich von der bei den Betheiligten überall verbreiteten Annahme beeinflußt worden, daß die bisherigen freien Vereine durch den Uebergang in di vom Gesetz dargebotene Form der Innungsverbände eine selbständige rechtliche Existenz neben und über den ihnen angehörenden Einzel⸗ Liedern und damit die Möglichkeit gewinnen würden, die materiellen Interessen und höheren Aufgaben der gesammten in ihnen organisirten Gewerbsgenossenschaft in gewissen Grenzen unabhängig von jenen Einzelgliedern und ihren oft beschränkten Interessen zu pflegen und zu fördern. .

Der Umstand, daß das Gesetz vom 18. Juli 1881 nur den Innungen, nicht aber auch den Innungsverbänden die Rechte juristi⸗ scher Persönlichkeit gewährt hat, wird deshalb von den letzteren als ein ernstes Hemmniß in ihren Bestrebungen empfunden, und dies ist die Veranlassung dazu geworden, daß die Betheiligten sich unter Zurückstellung mannigfacher, auf die sofortige Entfaltung der Ver⸗ bandsthätigkeit, namentlich auf materiellem Gebiete, gerichteter Pläne zunächst die Erlangung jener Rechte für die Verbände zur Aufgabe gemacht haben. . ö .

Die zu diesem Ende an die zuständigen Stellen gerichteten Pe⸗ titionen lassen erkennen, daß die Handwerker hierin die nothwendige Voraussetzung derjenigen Aktionsfähigkeit der Innungsverbände sehen, von welcher ihnen 3 Erfolg des ganzen Innungswesens zum größten Theile abzuhängen scheint. .

Es if n ,, daß die zur technischen und geschäftlichen Förderung des Kleingewerbes bestimmten Veranstaltungen in nach⸗ haltiger Weise nur dann zweckmäßig eingerichtet und verwaltet wer⸗ den können, wenn sie von den Innungsverbänden nicht nur angeregt, sondern von ihnen selbst begründet und von ihren Organen geleitet werden. Dies ist aber nur möglich, wenn die Verbände selbst Träger derartiger Einrichtungen sind, wozu sie der rechtlichen Persönlichkeit bedürfen. . .

Dies trifft vornehmlich zu bei der für die Entwickelung des Handwerks bedeutsamen Frage der Organisation des Fachschulwesens. Vielfache Erfahrungen haben zur Genüge gezeigt, daß es einer erheb⸗ lichen qualitativen Steigerung der gegenwärtigen Leistungen des deutschen Handwerks bedarf, um seine Erzeugnisse im Inlande, wie auf dem Weltmarkte mit den Produkten anderer Nationen konkurrenz⸗ fähig zu machen. Es wird daher vor vielem Anderen darauf Bedacht zu nehmen sein, in Fachschulen möglichst weiten Kreisen der Hand— werker die Gelegenheit zur Vervollkommnung ihrer technischen Ge— schicklichkeit, zur Durchbildung ö. Geschmackes und zur Erhöhung ihrer Geschäftstüchtigkeit zu gewähren. ö ö

, . Leitung solcher Fachschulen wird im Hinblick auf ihre überwiegend praktischen Aufgaben und die über den Rahmen des lokalen Bedürfnisses hinausgehende Bedeutung derselben am zweckmäßigsten den Innungsverbänden überlassen werden, dabei aber durch Subventionen aus öffentlichen Mitteln darauf Bedacht zu nehmen sein, die förderliche Wirksamkeit derselben zu einer möglichst gesteigerten und, allgemein verbreiteten werden zu lassen. Dies ist nur möglich, wenn den Regierungen als Be— gründern der Schulen nicht lose Vereinigungen, wie es die Innungs⸗ verbände bei ihrer gegenwärtigen rechtlichen Lage nur sein können, sondern mit selbständiger Persönlichkeit ausgestattete und dadurch in sich selbst fester gestaltete Verbände gegenüberstehen. Ein ähnliches Bedürfniß macht sich auf dem Gebiete der Hülfskassen für den Hand⸗ werkerstand fühlbar. Der Beitritt zu derartigen Kassen ist für die breite Masse der kleinen Meister und der Gesellen bei ihrem fast aus nahmslos geringen Kapitale und oft geringen Verdienste in der Regel das einzige Mittel, für Fälle der Noth Vorsorge zu treffen namentlich sich und die Ihrigen gegen die materiellen Folgen bon Krankheit, Alter, Todesfällen 2c. zu schützen. Die Errichtung und Erhaltung solcher Kassen in lebensfähiger Form kann bei den gesteigerten Ansprüchen, welche in der Gegenwart mit Recht an die Höhe und die Art ihrer Leistungen gestellt werden, von der Mehrzahl der einzelnen Innungen nicht mit Erfolg unternommen werden, fällt, vielmehr als eine ihrer vorzüg⸗ lichsten Aufgaben den Innungsverbänden zu, welche zu diesem Behufe aber der Fähigkeit, Rechtssubjekt des Kassenvermögens zu sein, nicht entbehren können. ; . .

Eine besondere Bedeutung wird ferner dem Umstande beizunessen sein, daß die Innungsverbände in der Begründung der oben erwähnten Einrichtungen und in der Ansammlung eines eigenen Vermögens, wozu die Verleihung der juristischen Persönlichkeit ihnen die Mög— lichkeit gewährt, ein nicht zu unterschäͤtzendes Mittel zur Sicherung eines gleichmäßigen Fortbestandes finden würden.

In den einzelnen Innungen, namentlich der kleineren Orte, ist die Erkenntniß von der Bedeutung eines Zusammenschlusses des Handwerkerstandes, wie er in den Innungsverhänden gewonnen ist. noch nicht so weit entwickelt, wie in den intelligenteren Kreisen der Handwerker, in deren Händen sich naturgemäß die Pflege und Leitung des Verbandswesens befindet. Jene sind daher noch wenig geneigt, denjenigen Anforderungen zu genügen und diejenigen Dpfer zu bringen, welche die Verbandsorgane in richtiger Erkenntniß der Bedingungen einer kräftigen Entwickelung des gesammten Handwerks für erforderlich erachten. Der daraus entstehenden Gefahr, daß bei jeder erhöhten Anforderung des Verbandes an die Einzel⸗Innungen manche der letzteren aus dem Ver⸗ bande ausscheiden, wird am wirksamsten dadurch vorgebeugt werden,

kleinen Handwerkers von den Verhältnissen des großen Marktes ab⸗

hängig macht, für die einzelnen Innungen, namentlich für die die

daß in den vom Innungsverbande begründeten Einrichtungen und in dem von ihm angesammelten Vermögen ein materielles Band ge⸗