1886 / 75 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Mar 1886 18:00:01 GMT) scan diff

*

bestreitet. Wenn das Bedürfniß aber anerkannt wird, so handelt es ich nur noch um die Art der Aufbringung, um den Gegenstand der

esteuerung. Als ein solcher ist der Branntwein von Vielen, nament · lich auch von Seiten der ö in vielen früheren Aeuße⸗

rungen anerkannt worden, fo lange die Regierung nicht Vorschlãge in der Richtung machte; sobald aber die Reglerung bei dem Branntwein Vorschläge macht, dann ist es ganz etwas Anderes, dann ist der Branntwein der Branntwein des armen Mannes, tabn, an dem man nicht rühren darf; dann ist der Schankwirth ein sehr einflußreicher Mann in der Welt. Ich glaube, daß kaum eine Kategorie in der wählenden Bevölkerung einem Abgeordneten, der wiedergewählt werden will, so gefährlich werden kann, wie der Schankwirth. Gefährlich ist es deshalb, den Schankwirth zu reizen. . Aber, meine Herren, das kann doch für die Gesetzgebung einer großen Ration nicht maßgebend sein; Deutschland kann weder im Interesse der Schankwirthe regiert werden, noch viel weniger durch die Schankwirthe. Wenn das Uebel erkannt würde, daß die Schank⸗ wirthe wegen ihres mächtigen Einflusses auf die Wahlen bei uns eine maßgebende Herrschaft bekämen, dann muß man Front machen gegen diese gefährliche Kauponokratie, die uns dort zu erwachsen droht. Ich glaube nicht, daß irgend Jemand zugeben wird, daß er. bei dieser Ab⸗ stimmung über den Branntwein von Rücksichten auf seine Wiederwahl geleitet werde; aber im Lande wird man. sich doch immer das Seinige dabei denken, und 9 ö. en bleiben dieselben, aus welchen Gründen Sie das Gesetz auch ablehnen. . Wenn i der Branntwein das richtige Material zur Besteue— rung sst, so fragt es sich, in welchem Stadium die Besteuerung ein= setzen soll, ob in dem der Produktion oder in dem der Konsumtion. Um uns darüber ein Urtheil zu bilden, müssen wir näher ins Auge faffen, wie fich der Erwerb in den beiden Stadien des zu besteuernden Prozesses stellt. Wenn Sie einfach die Besteuerung im Stadium der . verdreifachen wollen, so haben Sie dann statt circa 30 Millionen Mark 1560 Millionen, also 1090 Millionen Mark mehr, als wir gegenwärtig besitzen, was, wenn alle die Ausgaben gemacht werden sollen, die darauf zu übernehmen sind, wenn die gesammte Grund⸗ und Gebäudesteuer den Gemeinden überwiesen, die Mieths⸗ steuer abgeschafft werden und andere vorher charakterisirte Wohlthaten erfolgen sollen, doch kaum für Preußen ein ausreichendes Quantum ergiebt. Aber wie wirkt dann schon diese Verdreifachung der Steuer? Auf den Verbrauch so gut wie gar nicht. Jetzt trägt das Liter Alkohol etwa Ih 3 Steuer; es würde dann 560 mehr tragen. Das würde den Preis von einem Glas Branntwein noch nicht um irgend einen Bruchtheil eines Pfennigs steigern. Wie stellt sich aber die Sache für den Produzenten? Nehmen Sie eine Brennerei, die schon zu den großen und besser situirten gehört, die im Jahre 18000 Centner Kar⸗ soffeln verarbeitet ich nehme gerade diese Ziffer der Einfachheit der Rechnung wegen, weil zur Herstellung von einem Hektoliter vollwich⸗ tigen Alkohols gerade ungefähr 18 Centner. Kartoffeln durchschnittlich erforderlich sein werden. Der Brennereibesitzer wird also von seinen 18 060 Centnern Kartoffeln, die er verbrennt, 1000 hl Spiritus her⸗ stellen, und wird dafür nach jetzigen Preisen 34 bis 35⸗, im besten Verhältniß 36000 M6 einnehmen. Dabei wird er 15 bis 166000 6 Steuern bezahlen; es werden ihm also zur Deckung seiner Brennerei und der Kosten des Kartoffelbaues ca. 20 0004 übrig bleiben. Ich will die Unkosten der Brennerei für den Zuschuß von. Gerste, der fich nie bezahlt macht, weil die Gerste theurer ist, als sie verrechnet wird und als sie hergiebt, ferner für die Feuerung, für die Löhne, welche gezahlt werden, für die Verzinsung der ganzen Anlage, kurz und gut für den ganzen Betrieb, fuͤr das Verfahren, für das ganze Risiko nur 10 000 6 als Brennereiunkosten auf die 18909 Centner berechnen; jeder Sachkundige, der gewohnt ist, Buch zu führen, wird mir fagen, daß das eine niedrige Rechnung ist. Dann erhält der Brenner für seine 18000 Ctr. Kartoffeln einen Bruttoertrag von gö06 Me, d. h. also für den Centner Kartoffeln 50 F, und da er, um 18 000 verbrennen zu können, doch mindestens etwa 21009 bauen muß, ganz abgesehen von seinem Konsum, der apart ist, fo hat er nur zwischen 40 und 50. z für den Centner Kartoffeln Bruttoettrag. Nun ist es ganz gewiß, daß man dafür den Centner Kartoffeln bei heutigen Arbeiterpreisen nicht bauen kann, außer unter ganz außerordentlich günstigen Verhältnissen. Der Brenner hat also so gut wie gar keinen Reinertrag von seinem Kartoffelbau übrig, er muß aber 15 000 ½. Steuer gegenwärtig, und, wenn die Steuer ver— dreifacht wird, 45 000 M Steuer zahlen, und zwar vorweg unter allen Umftänden zahlen, wenn auch seine Produktion nicht in dem gehofften Maße einschlägt. Nur sehr reiche, sehr große Brennereien können das aushalten; wie denn auch die Erfahrung zeigt, daß jede Steigerung der Produktionssteuer mit einer überraschend stärken Verminderung der Zahl der Brennereien, und zwar der kleinen und periklitirenden, be⸗ gleitet gewefen ist. Den reichen, großen Fabriken der schlesischen Magnaten, die dem Hrn. Abg. Richter vorschwebten, werden die Kon⸗ kurrenten beseitigt. Verdoppeln Sie die Steuer, dann übernehmen Sie auch die Verantwortung für die Klagen Derer, die dadurch ruinirt werden; die schlesischen Magnaten gehören nicht dazu.

Wie stellt sich nun daneben das gewerbliche Einkommen des Schankwirths? Ich will die einfachsten Verhältnisse zu Grunde legen, d. h. ländliche Preise, wie sie dicht am Thore der Brennereien in Gegenden von wenig Verkehr, wenig Konkurrenz und wenig Trin⸗ kern üblich sind, also beispielsweise wie ich sie aus meiner Varziner Begüterung kenne. Der Preis eines Liters Alkohol beträgt nach dem heutigen Preise ungefähr 3 Silbergroschen in altem Gelde, d. h. der Liter Alkohol zu 160 Prozent. Aus dem werden von Branntwein, wie er getrunken wird, 3 Liter hergestellt; es kostet also jedes Liter Branntwein 1 Silbergroschen. Aus einem Liter Branntwein schänken Sie, wenn ich den großen Schnaps des Varziner Kruges mir vergegen⸗ wärtige, 32 Gläser, das ist . Achtel, ein randvollgegossenes Achtel zum vierten Theil. Das ist ein Glas, wie es in den Städten nicht geschänkt wird; da werden aus dem Liter 64 bis 70 Gläser geschänkt. Ich habe hier die Gläser probiren lassen, von denen gehen 50 auf das Liter. Ich will nun aber einmal bei dem hinterpommerschen Glase von 32 auf das Liter oder vielmehr 33 wegen der runden Rechnung mit 106 stehen bleiben. Dann schänken Sie also aus dem 3 Silber— groschen koftenden Liter reinen Alkohols genau 100 Schnäpse. Jeder einzelne davon kostet 5 z mir ist ein niedrigerer Preis gar nicht bekannt. Wenn ich für die Vorlage, die wir Ihnen gemacht haben, einen Irrthum anerkennen muß, so ist es der, der nicht hier im Cen—Q trum der preußischen Verwaltung liegt, sondern der in den Bericht⸗ erstattungen der preußischen Behörden aus den Provinzen seinen Grund hat: daß nämlich ein viel zu niedriger Preis für den glasweisen Aus⸗ schank angenommen worden ist. Da ist. z. B. „für Ost⸗ vreußen angegeben, daß bei dem glasweisen Ausschank das Liter ordinären Trinkbranntweins nur zu 40 verwerthet werde. Da müßte ja also das einzelne Glas nur etwas über 1. 3 kosten. Nun weiß ich nicht, warum es in Ostpreußen so viel billiger sein sollte wie in den mir bekannten pommerschen Krügen, wo unter 5 3 nie ein Glas Branntwein ausgeschänkt wird. Wenn aber 32 Mal aus 11 verdünnten Alkohols ein Glas à 5 8 gegossen wird, so bringt man aus diesem Liter 16 Groschen, also 1,60 4 heraus, und nicht, wie hier angegeben ist, 40 . Aus eigener Erfahrung sind mir ferner die Preisverhältnisse in Lauenburg und Holstein be kannt, und zwar um so genauer, als ich indirekt zu der von mir be— kämpften Klasse der Schankwirthe gehöre ich weiß nicht in 5 oder 6 verschiedenen Gemeinden, wo ich zufällig die Lokalitäten mit dem Ankauf von Grund und Boden erworben . und das Geschäft seinen Fortgang hat. Davon zahlen mir Einige, die nichts weiter als den Ausschank haben, doch eine Pacht, die mit die höchste Verwerthung ist, die ich kenne, sie geht in die Tausende, und ich kämpfe gegen mein eigenes Fleisch, wenn ich der Schankwirth⸗ schaft entgegentrete. Dort giebt es zwei Preise für den Branntwein, einen für die Honoratioren, nämlich 15 3 das Glas, und einen auf der anderen Seite der Straße, wo der Krug für die gemeinen Leute ist, von 19 3, also genau das Doppelte wie in Varzin. Da wird alfo das Liter gewöhnlichen Branntweins schon zu 3,20 M ausge⸗ bracht, und das Liter Alkohol ungefähr zu 19 6, da, wo es 10 * kostet. Nun sind die Kosten der Verdünnung durch Wasser ja sehr ig. Die Krüge liegen einen halben Kilometer

83 83 r g re

von den großen Brennereien, sie haben keine Kosten in der Beischaffunß; * das Handwerkszeug, das sie brauchen, ist auch gering, und das Gewerhe hat viel Anziehen des, weil der Betheiligte doch darauf rechnet, daß, wenn er nicht das Mit⸗ essen, doch das Hitern hat, und weil ihm der Verkehr mit den Gäßten angenehm ist; es ist auch keine sehr angreifende n . Wird die Sualität dadurch veredelt, daß man ein vollkommen werth⸗ loses, in einem Bruchtheil von Pfennigen . nicht berechenbares Duantum von fluͤfsigem Zucker oder aͤtherischem Oel irgend einer 6 hinzufetzin, dann sleigt der Preis des Ausschanks unter Um— känden, wie Ihnen Allen bekannt sein wird, auf 25 3 für ein Gläschen Liqueur. Ich darf alfo mit ziffermäßiger Sicherheit hier⸗ aus den Schluß ziehen, daß der Schankwirth von seinem Geschäfte einen Vortheil von 10600 bis 3000 Jo hat, und daß, wenn die Steuer irgendwo einsetzen soll, ez wohl das Richtigste ist, mit ihm zu begin- nen. Daß dabei die Schankwirthe nicht reich werden, das hat seinen einfachen Grund in dem ungeheuerlichen Andrang, der zu diesem be⸗ quemen und einträglichen Gewerbe vorhanden ist. Auf cinem Dorfe reichen 20 Kunden 'ungefähr schon hin für eine Schankwirthschaft,— da brauchen keine Säufer dabei zu sein, sondern Leute, die in der Familie in der Woche ein Lster Branntwein verzehren, also im Jahre 0 1. An 1056 1 ist schon ein ausreichender Profit zu machen, um als kleiner Besitzer, als Häusler zu bestehen und zu den. Honoratioren zu gehören. Sie fehen auch in Dörfern. daß der Krug, die Schnapsschänke, immer das am besten aussehende Etablissement im ganzen Orte ist. Mir sind Dörfer bekannt aus eigener und persönlicher Anschauung unter 300 Finwohnern mit 2 Schnapsschänken, die dabei die prosperirendsten Einrichtungen sind. Und es ist keineswegs wie man gewöhnlich annimmt = eine Bevölkerung, die dem Trunk ergeben ist. Ich lebe in jedem Jahre mehrere Monate auf dem Lande, aber ich erinnere mich nicht, auf melnen Gütern und in den Dörfern, die ich berühre, jemals einen Betrunkenen gefehen zu haben im Zeitraum von 19 bis 15 Jahren. Die einzigen Bekrunkenen, die uns in den Weg kommen, kommen aus der Stadt, sind Bauern, die vom Markte mit, ihren Waaren heimkehren; die haben sich in einer Mischung von Bier und, Brannt⸗ wein betrunken. Die Bevölkerung auf dem Lande ist bei Weitem mäßiger, als man in der Stadt annimmt, und der Arbeiter nament⸗ lich; er nimmt zwei warme und zwei kalte Mahlzeiten am Tage. Zu den kalten Mahlzeiten trinkt nur der keinen Branntwein, der ihn nicht bezahlen kann; wer aber zu den warmen Branntwein trinkt, hat mit seiner Frau zu thun, und gilt für einen Menschen, der auf Ab⸗ wege gerathen ist; das ist schon eine Seltenheit. Der Trunk sist recht eigentlich ich fpreche immer nur von den Provinzen, die ich kenne in den Städten zu Hause, wird dort ausgebildet, wird mit Bier großgezogen und endigt mit Branntwein. Er wird auch da mit viel mehr Nachsicht behandelt. Ich habe einmal einen Offiziers burschen sagen gehört: Ja, wenn es den Herren mal passirt, dann heißt es: „sie sind heiter gewesen“, und trifft es Unsereinen, dann heißt es: „das Schwein ist besoffen!! So ungefähr ist, die Beur— theilung zwischen Stadt und Land. Wenn hier in Berlin zur Zeit des Bockbiers eine Niederlage auf den Straßen stattfindet, so daß der größte Theil der Bevölkerung, den man auf den Straßen sieht an dem Tage als betrunken zu betrachten ist, dann heißt es; sie sind sehr heiter gewesen, sie haben dem Gambrinus glorios geopfert; das wird mit Wohlwollen beurtheilt. Wenn aber der ländliche Arbeiter sich betrinkt, das ist wieder ganz etwas anderes, er wird mit Verachtung dafür bestraft. Die Thatsache also, daß von zwanzig mäßigen Kunden ein Schankwirth im Dorfe leben kann, ist noch kein Zeichen, daß in der Bevölkerung gerade der Trunk zu Hause ist; im Gegentheil, sie ist viel nüchterner als die hiesige. Wenn die Schankwirthe nicht reich werden, so beruht das, wie ich schon sagte, nur auf dem übermäßigen Zudrange zu diesem bequemen Gewerbe, wie in jedem anderen Gewerbe, wo heutzutage etwas zu holen ist; da sind ja gleich die Begehrlich— keiten, wie die Fliegen am Honig, vorhanden. Wenn ich hier in Berlin mal in der Lage bin, irgend einem Menschen aus der dienen⸗ den Klasse förderlich zu sein, so begegne ich dem Wunsche, hier in Berlin einen Keller zu etabliren, eine Wirthschaft, wo man mitessen, mittrinken und seine Gäste bedienen kann; es ist das ein außerordent⸗ lich beliebtes Gewerbe, ob für den Staat ein sehr nützliches, das ist freilich eine andere Frage. Wenn wir vor diesem Gewerbe gerade Halt machen und ihm zu Liebe den Klassensteuerpflichtigen der Ge— meinde weiter auspfänden lassen, ihm zu Liebe die Ungleichheiten der Steuer, die Unzufriedenheiten in den Provinzen bestehen lassen und uns damit trösten, daß unseren Schankwirthen nichts zu Leide ge⸗ schieht, dann, glaube ich, sind wir auf falschem Wege; damit werden Sie die Zufriedenheit, das Wohlwollen der Bevölkerung, die Sie vertreten, auf die Dauer nicht verdienen können. Es dauert lange, ehe die Wahrheit durchkommt; aber wenn sie durchkommt, dann wird sich auch danach die Situation ändern.

Nun können Sie mir sagen: es wird nicht Alles glasweise ver⸗ schänkt. Das ist ja sehr richtig, und es ist schwer nachzuweisen, wie⸗ viel im Detailverkauf flaschenweise und wieviel glasweise verschänkt wird; aber jedenfalls ist der glasweise Verschank bei weitem der ein— träglichste und wirkt auf die Moralität und die Gefundheit am nach⸗ theiligften. Den Haustrunk kontrolirt die Frau schon, und ehe nicht auch die verdorben ist, wird im Hause Ordnung gehalten, daß der Verbrauch kein zu großer ist. Der Trunk im Wirthshause ist recht eigentlich das, was die öffentliche Moralitätz schädigt, das Saufen und die Lüderlichkeit fördert und das Familienleben zerstört. Also bin ich der Meinung, daß wir dort einsetzen sollten mit der Steuer, und wenn Sie uns, wie ich vermuthen muß, das Monopol ablehnen, worüber wir erst die volle Quittung haben müssen, bevor wir die Verantwortlichkeit dafür übernehmen, so werden wir Ihnen auch mit neuen Vorschlägen kommen, die darauf hinausgehen, den Konsum des Branntweins vorzugsweise zu besteuern; über die weiteren Details muß ich die Beschlüsse der verbündeten Regierungen abwarten. Es wird aber die Absicht sein, die Konsumtion vorzugsweise zu be⸗ steuern. Wir werden auch vielleicht in der Nothwendigkeit sein, um uns das Errathen zu ersparen, Ihnen gleichzeitig mehr wie eine Vorlage zu machen, unter denen dann die Kommission die Auswahl haben wird. Denn wenn wir in jedem Jahre nur eine Vorlage machen, und sie jedesmal an—⸗ gebrachtermaßen abgelehnt wird, dann können wir ein Methusalems⸗ alter erreichen, ehe wir dem Reiche die Wohlthaten geben, die zur Verbesserung feiner Finanzen genügen können. Wenn die Vertreter des Bundesraths sich jetzt nach dieser Ablehnung dazu herbeigelassen hätten, schon in der Kommission neue Vorschläge aus eigener Initia—⸗ tive zu machen, so würde man gesagt haben: Die Regierung selbst hat das Monopol unter den Tisch fallen lassen; wie man mir ja schon Schuld gegeben hat, vielleicht um die eigenen Entschließungen dadurch zu decken, daß ich von der Sache zurückgetreten wäre.

Diese Vorlagen sind im Bundesrath bereits in Arbeit; wenn Sie inzwischen das Monopol noch annehmen wollen, so wird mir das große Freude machen, aber die Verantwortlichkeit für die Ableh⸗ nung des Monopols will ich keinesfalls mit Ihnen theilen; sie wird später vielleicht noch für den, der sie übernommen, nicht an— genehm zu tragen sein. Wir werden Ihnen nene Vorschläge in der Richtung inachen. Wenn ich eine gewisse Eile habe, dies zu Stande zu bringen, so liegt dies einmal in der Länge der Termine von Jahr zu Jahr. Ich sehe schon in den Zeitungen und höre in der mündlichen Besprechung den Wunsch: laßt uns doch jetzt mit neuen Vorlagen in Ruhe. Ja, das heißt: laßt uns in Ruhe bis zum Januar 1887. Ich weiß nicht, wer dann noch lebt; ich weiß nicht, wie dann die Welt aussehen wird. Ich habe das dringende Her niß, weil ich die Zukunft eben nicht vorhersehen kann, an der Be- festigung des Reichs zu arbeiten, so lange es für mich Tag ist. Ich bin alt und leidend und weiß nicht, ob ich noch lange dabei thätig sein kann. Aber ich halte es für meine Pflicht, Ihnen die Gründe, warum ich eilig bin, und warum ich Ihnen Eile in dieser Beziehung rathe, doch noch näher auseinanderzusetzen.

Man hat mir oft den Vorwurf gemacht, daß ich nichts thäte, um das Reich so zu befestigen, daß, wenn ich in meinem Amt einen Nachfolger haben muß, es auch unabhängig von dessen Persönlichkeit auf eigenen Füßen stehen könnte. Meine Herren, der Vorwurf ist sehr ungerecht; ich arbeite Tag und Nacht daran, und es ist die

einzige Sorge, die ich auf dieser Welt noch habe. Aber auf dem Wege, auf dem die Herren, die mir das vorwerfen, es zu erreichen suchen, nämlich mit verantwortlichen Reichs ⸗Ministerien, mit Schwächung der Regier ag durch Spaltung, mit Beseitigung der Verantwortlichkeit durch Einführung der Koleegialitãẽ mit stãärkerer Herrschaft der Parlamentsmajorität, meine Herren, damit würden wir das Reich nicht festigen. Eine Festigung des Reichs suche ich in einem starken Kriegsheer, in guten Finanzen und in der Zufriedenheit der Reichsangehörigen, aber auch der nen ,, ,. in den ver⸗ schiedenen organischen Gebilden. Ich betrachte als Reichsangehörige den preußischen Staat, den bayerischen Staat, ich betrachte als Reichs⸗ angehörige die Bundesregierungen; und ihrer aller Zufriedmnheit her— beizuführen, ist meines Erachtens eine der Vorbedingungm für die Festigkeit des Reichs, wenn schwere Krisen eintreten sollten.

Man hat bei der ersten Lesung als einen besonderen Vorwurf der Monopolvorlage hervorgehoben, daß sie den Staat stärle. Man hat dabei wohl keine Neigung gehabt, auszusprechen, daß da Staat, um den es sich bier handelt, das Deutsche Reich ist; man hat viel⸗ leicht nicht den Muth gehabt, sich zu fürchten vor einer Stärkung des Deutschen Reichs. Aber den Staat stärken ja, meine Herren, was heißt denn das? Ich fürchte, es werden noch die Jüngern von Ihnen Zeiten erleben, wo sie sich nach einem starken Staat unsehen und sich vergebens dann darnach umsehen.

Ich arbeite allerdings an der Stärkung des Staates, wil er die Kraft nicht hat, und weil auch ich im Reich die Festigkein nicht finde, die ich vor 15 Jahren in ihm zu finden und heutzutge zu finden hoffte. Meiner Berechnung nach sollte die Hauptstütz. der Festigkeit und der Einheit des Reichs der Reichstag sein; ich hatte damals zu den Dynastien nicht das Vertrauen nach meinem ganzenVor— leben wie heute; aber auf den Reichstag hatte ich mein ganzes Ver— trauen gesetzt.

Nun, meine Herren, wenn wir die Majorität des Reichstages an— sehen, so werde ich zuerst nachdenklich gemacht durch den Umsund, daß die Majorität eine solche ist, daß die eingestandenen Intransigeiten und dauernden Gegner des Reichs im Anschluß an sie ihre Rechmn zu finden glauben. Wenn ich sehe, daß diese Majorität den Beial der Polen hat, die sich nie mit dem Deutschen Reich vertragen habn, den Beifall und die Unterstützung der Franzosenfreunde, den Beifll. und die Unterstützung der Sozialdemokraten, die für uns unmöglige Ziele erstreben, dann werde ich bedenklich, ob ich in dieser Majoritc, der alle, der diese und andere Nuancen, die ich anführen könnte, mt Hoffnung auf die Zukunft angehören, ob ich in der wirklich de sicheren Angelpunkt für die deutsche Einheit finden kann. Er ist mi peinlich, dieser Zweifel, aber ich kann ihn nicht ganz abweisen. Id will Niemand Unrecht thun und Niemand verdächtigen, daß er sich der Konsequenzen, die ich aus diesem Bilde ziehe, auch seinerseits voll⸗ ständig bewußt wäre.

Es ist uns aus der englischen parlamentarischen Tradition die hier bereitwillig angenommene Regel überkommen, daß man bei jedem Abgeordneten keine anderen Gründe seiner Abstimmung voraussetzen darf, als diejenigen, die er selbst dafür angiebt, und um es kurz zu sagen daß die Abgeordneten unter einander und die Regierung ihnen gegenüber verpflichtet ist, alle Welt für tugendhast und vater—⸗ landsliebend zu halten. Das ist eine ganz natürliche englische Tradition: die französische und italienische entspricht ihr nicht. Ich will gleich sagen, warum. In England haben die parlamentarischen Traditionen sich ge⸗ bildet zu Gunsten einer Aristokratie, die in den beiden Parteien, Whigs und Tories, immer noch eine kleine regierende Minorität im Lande bildet. Die hatten das dringende Bedürfniß, gegenüber der con— tribuens plebs ihr Ansehen nicht herabzusetzen, und waren still⸗ schweigend darüber übereingekommen; unter uns, und Einer dem An— deren gegenüber, sind wir veipflichtet, uns für anständige Leute zu halten und öffentlich zu erklären; für vaterlandsliebende Leute will ich lieber sagen. Man wird deshalb in England nie gefunden haben, daß Einer dem Anderen Mangel an Patriotismus vorwirft, weil es eben eine Minorität war, die regierte, und die das Bedürfniß hatte, auch das Ansehen des Gegners nicht zu sehr herabzusetzen, weil sie doch Beide abwechselnd regieren.

Ob sich das in England nun weiter in den breiteren Formen der Vertretung halten wird, das wollen wir abwarten. Sicher ist, daß in Frankreich, wo die Gleichheit unbestritten ist, schon kein Mensch sich genirt, dem anderen ins Gesicht zu sagen, was er von ihm häl, und daß man in Frankreich auch gar nicht diese Art von Gerechtigket gegen den Gegner mehr übt, daß man ihn beispeilsweise in de Kommission oder zu irgend etwas wählt. Sie werden bei der jüngsten Wahl im franzoͤsischen Parlament gefunden haben, daß alle Parteien sich geeinigt haben, die Konservativen von den Kommissioren auszuschließen. Man ist unter sich, man debattirt mit mehr Leichig— keit; es kürzt die Verhandlungen ja wesentlich ab. Es ist nicht im Interesse der Höflichkeit, der Liebenswürdigkeit, aber vielleicht im Interesse des Landes, daß man auf diese Weise unmaskirt mit ein— ander verkehrt. Wir werden uns mit der Zeit ja auch zu dieser Höhe vielleicht aufschwingen.

In Italien ist es ebenso. Bei uns aber sind wir bisher noh in einem Stadium, daß es für unrecht und unparlamentarisch gilt, wenn man den Gegner nicht für tugendhaft und patriotisch hält, und ich will mich also nicht weiter aussprechen. Ich will nur sagen, daf eine Majorität im Reichstage, die gestuͤtzt ist auf nothwendig und srinzi⸗ piell reichsfeindliche Fraktionen, die deren freudige Unterstützunz hat, nicht als die feste Stütze der Zukunft des Reichs angesehen verden 6. die ich vor fünfzehn Jahren geglaubt habe im Reichstage zu

inden.

Wenn dies nun meine Ueberzeugung ist, so suche ich um so eifriger nach den Befestigungen der Reichseinrichtungen, wie ich sie vorher charakterisirte: die Armee, die Finanzen, und Zufriedenheit. Ih halte es für das Reich nicht für nützlich, wenn es schlechte Finanzen hat; ich halte es nicht für nützlich, wenn es auf die Unterstützung der Einzelstaaten, auf deren Matrikularbeiträge irgendwie angewiesen ist. Man hat den geringschätzigen Ausdruck gebraucht: die Einzelstaaten sollen nicht Kostgänger beim Reich sein. Ja, mein Gott, sie sind doch bei dem viel bescheideneren Zollverein Kostgänger gewesen, und sind auch Kostgänger des Reichs durch die lex Huene, und es ist ja doch dieselbe Nation, die davon lebt. Es ist ja eine ganz willkürliche Methode, die Formen, unter denen das Reich sich dar— stellt, zu personifiziren als Jndiwiduen die verschiedene Interessen von einander hätten. Ob das, was die deutsche Nation zur Bethätigung ihres politischen Lebens gebraucht, in der Form von Kommunal-, von Einzelstaaten⸗ oder von Reichsabgaben aufkommt, ist vollkommen gleichgültig; es fragt sich blos, wo es am bhequemsten zu tragen ist. ünd am bequemften ist es in den indirekten Ausgaben zu tragen, über die die Regierungen ihrer Zeit vertrauensvoll die Schlüssel dem Reichstage anvertraut haben.

Es fragt sich nun: hat der Reichstag diesem Vertrauen, mit dem die Regierungen vor 15 und vor 20 Jahren ihm die wichtigsten Ein— nahmequellen ihrer Staaten überantwortet haben, entsprochen? Ich will darüber kein Urtheil fällen. Aus dem, was ich vorher sagte, ergiebt es sich von selbst. Ich bin wenigstens überzeugt, das die⸗ jenigen, die unter der Fortdauer der gegenwärtigen Zustände leiden, diejenigen, die ausgepfündet werden, die ungerechte Steuern zahlen müssen, die Gemeinden, die unerträgliche Lasten tragen müssen, die Beamten, die verkommen, der Meinung sein werden, daß das Verhalten des Reichstages dem Vertrauen, in welchem ihm die Schlüssel der Hauptrevenüen anvertraut sind, nicht entsprochen hat. Es ist dringend zu wünschen, daß nicht auch mächtiger Individualitäten, wie den König von Preußen, dasselbe Ge⸗ fühl überkomme, daß die Opfer, die er seinerseits gebracht hat, indem er seine Inmunitäten aus der Hand gab und sie in die e der vorher von mir in ihrer Zusammensetzung geschilderten Reichstags⸗Majorität legte, daß diese Opfer die Herren nicht 6 Wenn der König von Preußen oder von Bayern oder von Sachsen die Opfer, die er der Allgemeinheit gebracht hat, bereuen sollte, ja, meine Herren, davon ist bei einem Könige, der sein Volk liebt, das Bedürfniß und das Bestreben fast unzertrennlich, dasjenige, was er zum Nachtheil seines näher angehörigen Volkes aus der Hand gegeben hat, wieder zurückzugewinnen natürlich auf gesetzlichem Wege,

wie die Polen sagen, und wie das ja, unter dem Beifall des Abg. hr Windthorst und des Centrums gesagt ist: Alles auf gesetzlichem Wege, natürlich! Glauben Sie nicht, daß es mir überhaupt, wenn ich diese Saite anschlage, die Haltbarkeit des Reichs, einfällt, mit einem Staatsstreich oder dergleichen zu drohen! Die beste Hälfte meines Tbbens klebt an der Herstellung dieses Reichs, und ich habe keine Reigung, kur; vor melnem Abtritt aus dieser Welt Hand an das zu legen, woran ich selbst mitgearbeitet habe. Ich halte es nur für meine Pflicht, nach meiner langjährigen politischen Erfahrung in den Geschäften Ihnen auch meine Sorgen, die ich für die Zukunft hege, nicht zu verhehlen, und das, was ich, befürchte, wenn der Reichstag feine Aufgabe auf diese Weise fernerhin auffassen wird.

Sie können mir ja darauf erwidern: wenn der Reichstag den ver⸗ bündesen Regierungen nicht konvenirt, so kann er aufgelöst werden. Ja, auf diefes Mittel lege ich sehr wenig Gewicht; eine Auflösung Fürde wahrscheinlich nichts anderes als annähernd denselben Bestand, den wir heute vor uns sehen, wieder herbeiführen, und ich glaube, daß die Verminderung des Gewichts, das man auf Einzelwahlen und Auf⸗ löfung legte, immer allgemeiner werden wird, jemehr man erkennt, wie die Manipulationen bei den Wahlen zugehen, wie wenig bekannt der Wähler mit dem ist, was hier vorgeht, mit den Gründen und mit der ganzen Lage, weil er darüber nur einseitig durch seinen Ab—⸗ geordneten unterrichtet wird, der natürlich as Bedürfniß hat, ihm die Sache so darzustellen, daß die Wähler sich selbst blamiren würden, wenn sie die Wahl eines anderen vornehmen wollten. !

Daß die Wahlen nicht der Barometer der Gefühle, und Empfindungen des Volkes im Allgemeinen sind, das geht einmal schon aus den arithmetischen Verhältnissen hervor. Die Maiorität des Reichstages, wie sie den Regierungen ablehnend und obstruirend augenblicklich gegenübersteht, vertritt doch ihrerseits nur etwas nicht mal gar viel über die Hälfte des Reichstages, und der ganze Reichstag vertritt in seiner Gesammtheit doch mit Nothwendigkeit nur etwas mehr als die Hälfte der Deutschen. Also dieses Viertel der öffentlichen Meinung, welches in den Majoritätsabstimmungen zum Ausdruck kommt, ist nicht nothwendig die Volksmeinung.

Wenn wir in unfsere eigenen Erfahrungen zurückgreifen auf die Konfliktszeit in den Jahren 1859 bis 1866, da haben mehrere Auf— lösungen und Neuwahlen stattgefunden, und nach jeder kehrten die— selben Herren wieder, die Freunde der Regierung in verminderter Anzahl bis, glaube ich, zu 11 herunter. Das war das Minimum in der kritischen Periode, und das Höchste waren 30 oder 69 ich weiß es nicht. Man sollte also glauben, daß die Politik, die Lie damalige preußische Regierung im Namen ihres Königs be— folgte, von der Gesammtheit der öffentlichen Meinung, von der Volksmeinung auf das Strengste verurtheilt worden sei. Es wurde eine Probe darauf gemacht, die auf das Klarste bewies, daß das nicht der Fall war. Schon mitten in der Konfliktszeit, vor und während des dänischen Krieges, konnte man sehen, daß die Truppen, auch die eingezogenen Landwehrleute und Jeder, der dabei betheiligt war, mit derjenigen Begeisterung, die dem Preußen und dem Deutschen im Kampfe für seinen Herd, im Kriege gegen den Feind eigen ist, für denselben eintraten, und daß von irgend einer Verstimmung, von irgend einem Echo jener berüchtigten Worte: „Diesem Ministerlum keinen Groschen, und wenn der Feind auf dem Kreuzberg stehts“ auch nicht die Rede war. Viel schärfer zeigte sich das, als die Mobilmachung gegen Oesterreich war. Ein Krieg gegen Oesterreich war doch wirklich etwas, was vielen Leuten, vielen

eutschen und mir selbst gegen den Strich ging, und was unsere innersten Gefühle peinlich berührte. Ist dabei derselbe Geist, der doch, während die Feindseligkeiten im Gange waren, und nach abgeschlosse⸗ nem Frieden in der Verwerfung der Reichsverfassung sich zeigte, irgendwie bei dem Volke in Waffen zum Ausdruck gekommen, auch nur in einer gelegentlichen Aeußerung, auch nur mit einem Zeitungsartikel? Ich habe davon nichts gehört, und ich habe seitdem auf die Frage, ob Auflösung oder Wahlen, nicht mehr dasselbe Gewicht gelegt wie früher, als ich Abgeordneter war. Da schien mir auch das Allerwichtigste, was in Frage kommen konnte, ob ich bei der nächsten Wahl wiedergewählt werden würde, oder ob ein Anderer mich aus meiner Stelle verdrängen würde.

Ich halte es für dringend wünschenswerth und nothwendig, daß die Politik der Regierung vor einer großen volksvertretenden Ver— sammlung öffentlich berathen und besprochen werde, daß ohne deren Zustimmung nicht die Gesetze gemacht werden, die Steuern nicht auf— erlegt werden, kurz und gut, daß die Regierung durch das Veto einer Volksvertretung vor Thorheiten und Einseitigkeiten bewahrt werde. Aber das einzelne Votum des Reichstages kann unter Umständen, wie ich schmerzlich bedauere, einen Zeitverlust verursachen; aber das emotionirt mich nicht in dem Maße, daß ich an dem Werke, dem ich mein Leben gewidmet habe, mich vergreifen möchte. Meine Herren, das Deutsche Reich kann Gefahren aus— deseht sein, die nicht Unmittelber aus unseren inneren Verhältnissen herrühren. Der frühere Deutsche Bund, der Frankfurter Bundestag beruhte auch auf sehr bündigen Verträgen, gegen die sich gar nichts einwenden ließ, und schließlich widerstand er dem nicht sehr starken Winde von 1848 doch nicht 24 Stunden; ich nenne den Wind nicht sehr stark, weil lein Ausland hinter ihm war. Nichtsdestoweniger wäre der Bund im Jahre 1854 schon in die Brüche gegangen, wenn der Krimkrieg sich so weit entwickelt hätte, daß Oester⸗ reich für die Westmächte Partei genommen hätte. Im Jahre 1866 wurde er von Preußen unter dem Beifall der großen Mehrzahl der deutschen Nation aufgelöst und beseitigt, weil er den Erwartungen, die die deutsche Nation von ihm gehegt hatte, nicht entsprach, weil er ihre Bedürfnisse nicht erfüllte, und vor allen Dingen, meine Herren, weil er die Realitäten nicht berücksichtigte, nämlich das Gewicht der Einzelstaaten, das Gewicht der Dynastien. Es waren ja damals im Jahre 1866 im Wesentlichen noch vorwiegend dynastische Spaltungen, die Deutschland zersetzten, und Verstimmungen von Re⸗ gierung gegen Regierung. Zu diesen Spaltungen sind, wenn wieder aͤhnliche Verhältnisse eintreten, andere, innere nationale und inter⸗ nationale, solche, die die Nation und die verschiedenen Staaten durch⸗ setzen, gekommen. Wir hatten damals, 1866s, die sozialistische Be⸗ wegung nicht in diesem Maße entwickelt; wir hatten auch die natio— nale Zersetzung, den Haß zwischen Deutschen und Slaven bei uns und bei unseren Freunden nicht in dem Maße entwickelt. Es können also größere europäische Bewegungen, die ekt eintreten, in der sonder— barsten Weise komplizirt werden durch Spaltungen, von denen die Länder und die Völker in sich zerklüftet und zersetzt sind.

Ferner erinnere ich Sie an die Zeiten der ersten französischen evolution ich will sagen, an die Zeit vor 100 Jahren als Friedrich der Große noch lebte und wenig Leute daran dachten, daß das 1000jährige Deutsche Reich seinem Ende so nahe wäre, wie es sich nachher bethätigte. Die ersten französischen Kriege im Jahre 1792 waren von einer politischen Idee getragen, von der man zu Unrecht gesagt hat aber man hat es doch gesagt —: sie hätte le tonxr du monde gemacht, sie hätte sich der Bewegung der ganzen Welt mit⸗ etheilt. Immerhin ist aber so viel richtig, daß die be »egenden Ideen, welche die französischen Fahnen von 1792 ins Land orachten: der Kampf gegen Monarchie, gegen Geistlichkeit und gegen Adel, der dampf. für den dritten Stand, ein mächtiger geistiger Hebel der Siege der

ranzosen waren. Wer steht Ihnen dafür, daß, falls wir wiederum einen rieg mit demselben Lande haben sollten, nicht die Fortsetzung, gewisser⸗ maßen der vierte Theil desselben Werkes uns dargeboten werden würde, daß wir nicht an den Fahnen der feindlichen Armee, an ihren rothen ahnen die sozialistischen Ideen angebracht sehen würden? Heutzuténe steht die französische Armee den Ärbesterbewegungen in Decgzesrnle gegenüber. Wir wissen nicht, ob wir den Thatsachen mehr Rechnung lagen sollen, daß sie sie im Schach hält, oder den Andeutungen von ministerieller Seite her, daß der Soldat von heute Arbeiter von

gestern, und der Arbeiter von heute der Soldat von gestern ist; wir

wissen nicht, wer in Frankreich bei der Bewegung e, den Sieg davontragen wird. Kurz, wenn wieder große europuische Erschütterungen kommen sollten, sie werden sehr viel komplizirter sein als diejenigen, die wir hinter uns haben, und sie werden zum Theil internationaler Natur sein. Wenn solche Bewegungen kommen, fo möchte ich, daß das Deutsche Reich mit der vollen Feftigkeit, die wir ihm in der Friedenszeit zu

geben vermögen, diesen Möglichkeiten entgegentritt. Wir haben 15 Jahre Frieden gehabt, wir haben sie bisher, wenn ich con der Thätigkeit des Kriegs-Ministeriums absehe, meines Erachtens nicht so benutzt zur Festigung des Reichs, wie wir sie hätten benutzen können. Ramentlich die Herstellung der Zufriedenheit durch Verminderung des Drucks der öffentlichen Lasten, die Durchführung der sozialistischen Reformen, die wir angefangen haben, von denen wir der kostspieligsten und schwierigsien, der Altersversorgung, noch gar nicht einmal nahe⸗ getreten sind dazu hätten wir eine reichliche Zeit gehabt, und es ist noch tempus ntile. Ich sehe noch teine Gefahr, die uns un— mittelbar bevorstände, obschon ich sagen inuß vielleicht zum Schaden meiner diplomatischen Reputation —, daß ich im Frühjahr 1870 auch nicht vorhergesehen habe, daß wir in wenigen Monaten in anderen Verhältnissen fein würden. Mir liegt und deshalb eile ich mit den Reformen, die ich betreibe vor Allem am Herzen, daß wenn solche Krisen eintreten und wenn die Festigkeit der deutschen Ver⸗ fassung auf Proben gestellt wird, wie sie deren bisher nicht bestanden hat, daß man dann sagen kann: man hat in dem tempus utile des Friedens nichts versäumt, sondern das Seinige gethan, um alle Welt zufrieden zu stellen. Namentlich wünsche, ich, daß in solchen Fällen die Unzufriedenen möglichst wenig zahlreich sind, und daß sich unter ihnen nicht etwa auch die Regierungen der Einzelstaaten, na⸗ mentlich nicht der König von Preußen befinde unter Denen, die sich von den Ergebnissen und den Leistungen des Reichs, dem Se. Majestät der Kaiser viel Opfer gebracht hat, nicht befriedigt finden. Ich würde das für ein verhängnißvolles Ergebniß halten.

Die Bestrebungen, die deutsche Einheit herzustellen im Jahre 18148, sind hauptsächlich durch die Mißachtung der Realitäten in Deutschland zu Wasser geworden. Zu den Realitäten gehören die Regierungen und die Dynastien, und ich möchte Ihnen empfehlen, nicht, weil ich augenblicklich zur Regierung gehöre, das wird ja hoffentlich in kurzer Zeit nicht mehr der Fall sein, aber ich möchte Ihnen im Interesse des Deutschen Reichs und für dessen Schöpfung

doch empfehlen, die Regierung und ihre Vorlagen nicht so gering—⸗

schätzig zu behandeln, wie es diesmal in den Kommissionsverhandlungen der Fall gewesen ist. Ich bitte Sie, mir diese Warnung nicht zu verübeln; ich weiß nicht, wann ich bei dem Zustand meiner Gesundheit wieder zu Ihnen werde sprechen können und ob in diesem Jahre über— haupt noch einmal; die Zukunft steht ja bei Gott. Aber ich halte es für meine Pflicht, auf Grund der Erfahrungen, die ich im Dienste des Reichs gemacht habe, Ihnen meine Besorgnisse nicht zu verhehlen. Ich würde Sie, wenn es nicht fast wie Ironie klingt, noch heute bitten: nehmen Sie das Monopol an; durch das Monopol befestigen Sie das Reich, durch die Ablehnung des Monopols schädigen Sie das Reich. Wenn Sie das Monopol aber verwerfen, wenn Sie wirklich die Verantwortung dafür übernehmen wollen, dem Reich und den Einzelstaaten diese Hülfsquelle abzuschneiden, dann, meine Herren, werden wir Ihnen, wie ich schon sagte, in Kurzem zunächst eine neue Vorlage machen für ein Reichsgesetz behufs Besteuerung des Brannt— weins in seiner Konsumtion, aber auch, wenn meine Wünsche die Annahme der verbündeten Regierungen finden, was ich ja noch nicht weiß, zu einer Besteuerung der Interessenten selbst, die dazu bestimmt sein soll, die Exportbonifikatlon auf deren eigene Kosten zu verbessern. Wenn Sie uns das auch wieder angebrachtermaßen ablehnen, dann, meine Herren, glaube ich, daß der König von Preußen sich seinen Unterthanen, der Noth, in der sie sich befinden, und der Thatsache, daß in seinen Staaten 15 Millionen Auspfändungen jährlich wegen Gemeindelasten noch stattfinden, nicht länger wird verschließen können; er wird zusehen müssen, was seine preußischen Hülfsquellen ihm er— lauben, aus einer Gewerbe- und Licenzsteuer aufzubringen, und ich hege die Ueberzeugung, daß er dann an der preußischen Landesvertre— tung die Unterstützung finden werde, die ihm hier zu meinem Be⸗ dauern versagt wird.

Nach der UM stündigen Rede des Reichskanzlers erhielt der Abg. von Helldorff das Wort: Ueber die Nothwendigkeit, dem Reiche zur Befriedigung seiner und der Einzelstaaten Bedürfnisse neue Einnahmequellen zu erschließen, seien alle seine Freunde einig. Dagegen seien auch sie über die Frage, ob die Form der Besteuerung durch das Monopol die richtige sei, verschiedener Meinung. Die Mehr— heit seiner Freunde sei allerdings dafür. Sie beklagten es tief, daß die Mehrheit der Kommission jede sachliche Er— örterung abgeschnitten habe. Der Referent habe mit einer Vollständigkeit die kurzen Verhandlungen entwickelt, daß der Unkundige den Eindruck haben müßte, als habe in der That in der Kommission eine sachliche Debatte stattgefund en. Die Debatte habe aber nur die äußerste Oberfläche gestreift. Wenn wirklich Gegenstände einer sachlichen Prüfung bedürften, dann seien es Vorlagen wie diese. Wenn irgend welche Vorlagen nicht behandelt werden dürften mit Rücksicht auf Wahltaktik und Erhaltung der Mandate, so seien es Vorlagen dieser Art. Er beklage es lebhaft, daß mehr und mehr im Reichstage die Rücksicht auf. die Wähler und die Er⸗ haltung der Mandate viel entscheidender wirke, als die Rück— sicht auf die Sachlichkeit. Es sei traurig, daß gerade in dieser hochfinanzpolitischen Frage nur theoretische Erörterungen und jene Rücksichten entschieden. Nach den Worten, die man eben von so autoritativer Stelle gehört habe, habe er es nicht nöthig, noch ein Wort darüber zu verlieren. Er selbst habe schon bei verschiedenen Gelegenheiten es ausgesprochen, daß er es für die eigentliche Aufgabe der Volksvertretung, des Reichstages halte, mitzuhelfen bei der Regierung des Reichs und diejenigen hohen Aufgaben zu lösen, die sachlich gelöst werden müßten, nicht aber Phan— tomen nachzujagen, wie dem Phantom der Parlaments⸗ herrschaft und Regierungsgewalt. Er habe den Eindruck und spreche ihn unverhohlen aus: es würden jetzt die Würfel ge⸗ worfen über die Existenz des Parlamentarismus in Deutsch— land. Der Tag sei nahe, wo das Volk, sich seiner großen Aufgaben bewußt, über den Parlamentarismus zur Tages⸗ ordnung übergehen werde. Es erübrige nur noch, zu erklären, warum seine Partei so stimme, wie sie es thun werde. Nach⸗ dem die Kommission es abgelehnt habe, in irgend eine gründ⸗ liche Erörterung der Vorlage einzutreten, sei es un— möglich für die Konservativen, noch über die Paragraphen, wie sie jetzt ständen, mit einem unbedingten Ja zu ant⸗ worten. Sie könnten und wollten aber auch nicht gegen die Vorlage stimmen, weil sie ihre Haltung nicht verwechselt sehen wollten mit derjenigen, welche nur, um Opposition zu machen, aus Gründen der Parteitaktik, gegen die Vorlage eingenommen werde. Sie wünschten nicht, daß ihr Votum mit dieser Oppo⸗ sition verwechselt werde. Sie wollten keinen Zweifel darüber lassen, daß eine Vorlage, die mit großer Gründlichkeit und mit großem Geschick, wie jeder Unbefangene anerkennen müsse, vertreten worden sei, nicht in dieser Weise abgelehnt werden könne und solle, und daß dies nicht der Stellung entspreche, die sie gegenüber dem andern tor der Gesetzgebung ein⸗ 3 sollten. Sie würden sich einfach der Irrlhm enthalten.

Der Abg. Langwerth von Simmern erklärte sich gegen das Monopol, weil es ein wirthschaftlicher Fehler sei. Dieser Gesichtspunkt allein führe ihn zu einem negatigen Votum, nicht etwa die Reichsfeindschaft, wie sie ihm und seinen Freun⸗ den vom Reichskanzler imputirt werde. Die Entrüstung, welche das Monopolprojekt allenthalben in Deutschland hervorgerufen, beweise sattsam, daß lediglich sachliche Gründe die Gegner leiteten. Er erblicke in dem Bestreben, dem Reiche immer

von Exemplaren

größere Aufgaben zuzutheilen, in der Verstagtlichung der pri⸗ vaten Betriebe, eine große Gefahr und eine Schädigung wohl⸗ begründeter Interessen der Staatsbürger.

Der Abg. von Fischer erklärte im Namen einiger süd⸗ deutschen Parteifreunde, daß sie sich sehr wohl hätten ent— schließen können, den Weg des Monopols, das jetzt aller⸗ dings nicht mehr Aussicht habe, Gesetz zu werden, zu betreten. Durch das Monopol wäre ein sehr reichlicher und für das Reich und die einzelnen Bundesstaaten sehr nothmendiger Mehrertrag an Steuern erzielt worden; und nebenbei meinten sie, daß im Wege des Monnools dieser finanzielle Effekt leichter als auf irgend eine andere Weise erreicht werden könne, ohne Schädigung der kleinen süddeutschen Brenner. Könne, man ihnen einen andern Entwurf vorlegen, der dieselben Erträge verspreche und der süddeutschen kleinen Brennerei denselben Schutz gewähre, wie diese Vor⸗ lage, so würden sie ihn dankbar acceptiren. Daß die großen Brenner durch das Monopol keinen Schaden hätten, errege bei seiner Partei durchaus kein Bedenken; sie sei nicht so schlecht, wie man meine, sie seien zum großen Theil verhältnißmäßig bessere Menschen und nicht so neidisch, um nicht auch den großen Brennern das Leben zu gönnen. Man solle ihnen also jetzt zunächst mit anderweitigen Vorschlägen zur Branntwein⸗ besteuerung kommen; sollte sich bei Prüfung derselben heraus— stellen, daß nur das Monopol hohe Erträge bringe, ohne die landwirthschaftlichen Brennereien zu schädigen, so einigten sich die Nationalliberalen vielleicht doch noch auf dasselbe.

Der Abg. Richter bemerkte. Wer den Abg. Buhl bei der ersten Lesung und heute den Abg. Fischer gehört habe, der werde über die Stellung der Nationalliberalen zu der Vorlage zweifelhaft sein müssen, und da heiße es aufmerksam sein. Nicht aus taktischen oder Parteirücksichten, aber auch nicht aus Liebe⸗ dienerei gegen den Reichskanzler fasse die deutsch-freisinnige Partei ihre Entschlüsse, und bei dieser Prüfung sei sie zur Ablehnung des Monopols gekommen. Die Vorwürfe des Reichskanzlers, er (Redner) hätte ihm unwahre Unterstellungen gemacht, seien durchaus unrichtig. Es sei das eben eine schlimme. Sache. Die Reden des Reichskanzlers gingen durch die offiziöse Presse, würden in hunderttausenden verbreitet, während von den Er⸗ widerungen der Gegner kein Wort in diesen Kreisen bekannt werde. Das „Deutsche Tageblatt“ habe in seinem

Reichstagsberichte den Passus gebracht: „Der Abg. Bamberger

spricht gegen die Vorlage. Lebhafter Beifall links“ Damit sei die ganze lange Rede Bambergers abgethan gewesen. Nichts desto weniger aber habe dasselbe Blatt gleich darauf mehrere Artikel gebracht, welche Aeußerungen in jener Rede Bambergers zum Gegenstand genommen hätten. Er (Redner) habe sich auch nicht gegen den Adel als solchen gewendet, auch nicht für oder gegen den ausländischen Adel gesprochen. Der Adel sei ihm überall verhaßt, wo er Privilegien auf Kosten der Allgemeinheit besitze. Die Hinweisungen auf das Taback-Monopol seien gänzlich verfehlt. Das Einzige, was daran richtig sei, das sei, daß auch das Monopol ab⸗ gelehnt worden sei. Noch niemals habe er zur Vertheidigung einer Vorlage so schwache Reden gehört, als hier in der Kommission. Der Hauptgrund, den man immer wieder vorgebracht habe, sei gewesen, daß deutscher Branntwein vielfach nach Rußland ge⸗ schmuggelt würde, und deshalb könne Rußland seinen eigenen Branntwein exportiren und Deutschland auf dem Weltmarkte damit eine gefährliche Konkurrenz machen. Dem Reichskanzler arbeiteten die Kommissionen immer zu langsam, wenn er ein

Gesetz schnell durchhaben wolle, sie arbeiteten ihm zu schnell,

wenn er andere Wünsche habe. Der Kanzler habe das Gleichniß mit dem Geheimen Rath angeführt. Nun, er (Redner) würde einen solchen Geheimen Rath anders behandeln. Er würde ihm sagen: „Wie kommen Sie mir vor? Vor 4 Jahren sind Sie mir schon einmal mit solchem Vorschlage gekommen. Damals habe ich Ihnen gesagt, daß ich von diesen Dingen nichts wissen will. Heute kommen Sie schon wieder. Wenn Sie sich so wenig an mich und meine Grundsätze gewöhnen können, so können Sie nicht mein Geheimer Rath sein.“ Ja, der Reichskanzler habe sogar seine Freunde, die Nationalliberalen, mit der Vorlage überrascht; er habe sie zwar in der Polenvorlage zu Rathe gezogen, aber nicht in der bei den Monopolen. Für ihn (Redner) gelte der Grundsatz: Jedes Gemeindewesen müsse selbst aufbringen, was es bedürfe. 35 aber spekulire jedes Ressort auf die Gutmüthigkeit des Reichskanzlers und wirthschafte darauf los. Es sei ja auch freilich leichter, sich von dem Reichskanzler das Geld durch Steuern besorgen zu lassen, als zu sparen. Dadurch komme der Reichskanzler mit Unrecht in den Geruch, immer neue Steuern zu wollen. Auch hülfen dieselben nichts. Nach jeder neuen Bewilligung laufe der Exekutor ebenso munter herum, als vordem, und nach dem Branntwein⸗Monopol würde er noch munterer drauf gehen. Uebrigens möge man die Exekutoren für weniger schädlich halten, als das große Heer der Defraudations⸗ schnüffler, die durch dieses Monopol nöthig würden. Der Reichskanzler meine, die Schankwirthe machten ein gutes Ge⸗ schäft, dort müsse die Steuer angelegt werden, dort wäre sie einträglich. Er (Redner) glaube, das treffe nicht in diesem Umfange zu. Die Schankwirthe seien sehr ab⸗ hängige Leute, was man bei den Wahlen bemerken könne. Der Reichskanzler meine ferner, es sei ihm nicht ver⸗

borgen geblieben, daß trotz des großen prozentualen Ver⸗

dienstes der Wirthe dennoch eine Menge derselben um ihre Existenz schwer zu kämpfen hätten und zu Grunde gingen. Nun suche der Reichskanzler den Grund darin, daß sich zu viele zu diesem Gewerbe drängten und sich der Verdienst zu sehr theile; er (Redner) mache jedoch darauf aufmerksam, daß die Gastwirthschaften zu den konzessionspflichtigen Gewerben gehörten. Die heutige Debatte habe eine eigenartige Gestalt angenommen. Vor einiger Zeit habe der Minister von Boet⸗ ticher gesagt: wer zuletzt lache, lache am besten. Nun möchte er (Redner) fragen: wird heute hier zuletzt gelacht? Im Gegensatz dazu habe der Minister von Scholz dann gesagt: die Regierung würde sich mit jedem entgegen⸗ kommenden Schritt begnügen. Solle man da die Versicherung des Reichskanzlers glauben, daß die Ablehnung der Vorlage so schwere Folgen haben würde, wie Jener schildere? Man müßte den Reichskanzler wenig kennen und gänzlich unterschätzen, wenn man glauben sollte, daß er den Gedanken an das Monopol aufgeben werde. Mit Nichten; er sei ge⸗ wohnt, etappenweise zu erreichen, was man ihm versage. Er a. damals, als man ihm das Tabacks-Monopol verweigert abe, auch mit der Tabackssteuer vorlieb genommen. Wenn der Reichskanzler dem . vorwerfe, derselbe habe die Berathung der Monopolvorlage überhastet, so wundere es ihn (Redner) doppelt, daß Jener dem Hause ankündige, wie er nunmehr

mit aller Hast und Schnelle neue Steuerprojekte ausarbeiten

K : / 7

e