1886 / 120 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 May 1886 18:00:01 GMT) scan diff

entralblatt für das Deut sche Reich. Nr. 21. Inhalt: 9 en: Bekanntmachung, betreffend die Unfallversicherung E für bejiebungaweise Staais rech gerei, innenschiffahrts⸗, Flößerei Prahm⸗ und Finanz wesen: Nachweisung über Einnahmen des Reichs vom 1. bis Ende April 1886. Joll⸗ und Steuerwesen: Bestellung eings Statienz Controleurs. = Konsulatwesen;:; Ernennung, Todesfall. Poltzei wesen; Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. Anlage zum hr ee nes n Nr. 10. Nachweisung des in Reichsmarf berechneten . Dien st⸗ einkommens und der nach 6oteln von demselben ent— fallenden Beträge der Pensionen der Marine ⸗Offi—⸗ ziere ꝛce. (Zum Gesetz vom 21. April 1886. Diese Nachweisung tritt an Stelle der . 3 Nr. 10 gehörigen Anlage. Letztere ist zu kassiren. Fenn ferm der Bauverwaltung. Nr. 20 A. In halt: n = , . Kraftübertragung durch verdünnte Luft. Belgische Seekanäle. Vermischtes: Preis bewerbun für Entwürfe zur Anlage eines Atriums am Dome in Aachen. Bücherschau.

Statiftische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standess mtern in der Woche vom 9. Mai bis inel. 15. Mai er. zur Anmeldung gekommen: 279 Ehe⸗ schließungen, 857 Lebendgeborene, 30 Todtgeborene, 648 Sterbefälle.

Bevölkerung der beiden Mecklenburg. (Stat. Corr.) Das vorläufige Ergebniß der Volkszählung voin 1. Dezember vorigen Jahres lautet für das Großherzogthum Mecklenburg

chwerin ungünstig. Die ländliche Bevölrerung hat sich während der letzten fünf Jahre vermindert, was ja auch in manchen anderen Gegenden des Deutschen Reiches der Fall war; aber die Zunahme der städtischen Bevölkerung, durch welche anderswo jene Abnahme mehr als ausgeglichen wurde, erwies sich hier nicht stark genug, so daß für den Staat im Ganzen ein Verlust an Menschen gegen den Stand vom 1. Dezember 1889 eingetreten ist. Wenn die Orte Bürgerhof und Heidekrug bezw. die Güter des Klosters zum heiligen Kreuz, welche 1880 als städtische Güter betrachtet wurden, schon für jenes Jahr den xitterschaftlichen bezw. den 6 Gütern zugerechnet

werden, ergiebt die Vergleichung der Ortsanwesenden: ö Proz.

männl.

in den Ortsklassen: 18890 1885 davon Zu⸗ 95277 540 1,3

nahme Domänen. 194315 191775 . 2 ritterschaftliche Güter. 131 J70 125 425 63 303 —6 544 4,85 Klostergüter .. 9068 8 752 4285 , 816 355 Städte und städt. Güter 241902 249 187 120773 47285 3,60 zusammen. 7 066 D775 140. 284 7538 = 15. 63

Am auffälligsten ist das Ueberwiegen des männlichen Geschlechts auf den ritterschaftlichen Gütern, woselbst ihm unter hundert Oris⸗ anwesenden 50,95 angehören, während das Geschlechtsverhältniß im ganzen Großherzogthume 49,42: 50,98 war.

Von den beiden größten Städten des Landes wuchs die Haupt⸗ stadt Schwerin um 1586 oder 4,60 υίο auf 31 532 und die erste Han⸗ delsstadt Rostock um 2407 oder 6,51 0 auf. 39 374 Bewohner an. Diese Vermehrung bleibt zwar hinter derjenigen von Lübeck zurück, übertrifft jedoch die von Hamburg und Bremen, welche letztere Stadt bei jetzt lis 515 Einwohnern nur eine Zunahme von 6162 Personen oder 348 0 der Bevölkerung von 1880 erfahren hat. J

Die Bevölkerung des Großherzogthums Mecklenburg⸗Strelitz hat eine verhältnißmäßig noch größere Einbuße als die des Nachbar— staates erlitten, namlich um 1898 Personen oder 1,89 Co, da laut der vorläufigen Zusammenstellung nur 98 371 Ortzanwesende ermittelt worden sind. Von 1875 bis 1880 hatte die 1877 eröffnete Nordbahn eine für das Land sehr ungewöhnliche Zunahme um 4696 Personen oder 4, 80 ½ hervorgebracht; dieselbe hat sich also zum Theil wieder verlaufen. .

Beiträge zur Statistik der inneren Verwaltung des Großherzogthums Baden. Herausgegeben vom Mini—⸗ sterium des Innern. Vierundvierzigstes Heft. Ergebnisse der beruft, statistischen Erhebung vom H. Juni 1883. 1. Theil: Berufsstatistik⸗ Tabellenwerk. Karlsruhe. Chr. Fr. Müllersche Hofbuchhandlung. 1885.

Fünfundvierzigstes Heft. Ergebnisse der berufsstatistischen Er⸗ hebung vom 5. Juni 1882. II. Theil. Gewerbestatistik, Tabellenwerk.

Gt n st f d! Mittheilungen über das Großherzogthum Baden. Nr 2. Inhalt: Der Ernteausfall im Jahre 1865. Die Preise des Jahres 1885.

Kunsft, Wissenschaft und Literatur.

Ven dem Kulturgeschichtlichen Bilderbuch aus drei Jahrhunderten!‘ welches hr. Georg Hirth in München herausgiebt und verlegt, liegen drei neue Lieferungen, 39 bis 41 (IV. Bandes) vor. Die in diesen Lieferungen nach den kostbaren und seltenen Original⸗Kupferstichen täuschend faesimilirten Folioblätter gehören der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts an. Höchst werthvoll für die Kostümkunde ist gleich zu Anfang der 39. Lieferung die „»Ihèéftre de la France“ betitelte Bilderfolge von de St. Igny, welche die Verschiedenheiten der Herren⸗ und Damen ⸗Kostüme jener

eit am französischen Hofe und im Bürgerstande, je nach Titel und tand der Personen, in sorgfältiger Zeichnung und Charakterisirung Rrstellt. Dann (folgen drei interessante historische , . König Gustav Adolf von Schweden und seine Gemahlin Maria Eleonora, von Lukas Kilian, und der bayerische Gene⸗ ral Graf Pappenheim, pon. Anton van Dyck. Damit treten wir in die Zeit des ö Krieges, welche für mehrere sehr interessante Blätter von Matthias Merian den Vorwurf geboten haben, wie der Angriff der Schweden auf. Deutz und Köln, die Schlacht bei Lützen, mit vollständigem Schlachtplan, das Todtenbild Gustar Adolfs, weiterhin detaillirte Schilderungen des Ueberfalls und der Ermordung Wallensteins und seiner Getreuen 2c. Diese Bilderchronik, welche, wir dem bewunderungs— würdig fruchtbaren alten Meister Merian verdanken, at für den Geschichtsfreund einen ganz eigenthümlichen Reiz. Die Bildnisse des schwedischen Generals Gustav ern und des Obersten Joh. Georg Aus dem Winkel, der Kaiserlichen Generale Walter Leslie und von Fugger, von Lukas Kilian, söwie die kleineren Porträts des Kaiserlichen . Melchior von Hatzfeld (von Auhry), des schwedischen Generals Banér szweimal von Aubry und ECustodis), der Kaiserlichen Feldmarschälle Grafen von Gallas und Egon von Fürstenberg, des Herzogs Georg von Braunschweig, des Kurfürstlich sächsischen Feldherrn Joh. Georg von Arnheim (Arnim) u. A. in den folgenden Lieferungen gehören auch noch in diese Kategorie. Eine dazwischen eingeschobene Reihe figurenreicher Blätter von dem Italiener Steffano della Bella schildert mit vielem Fleiß in allen Einzelfiguren und einer Manier, welche realistische Wahr⸗ beit mit Eleganz der Komposition zu. vereinigen strebt, Nie große, prächtig ausgestattete polnische Gesandtschaft, welche im Jahre 1633 zum Papst nach Rom zog. Die 49 Lieferung enthält außer den schon vorerwähnten Blättern eine Serie lothringischer Kostümbilder von Jacques Callot sowie eine Anzahl für die Manier dieses Meisters bejeichnender . aus der Folge seiner Bettler . 6 Blättern von Abratßam de Bosse, wie „Der Spion“ u. a. sind in dieser Lieferung besonders interessant die An⸗ sichten aus dem alten Paris, welche Matthias Merian in den Jahren 1632 bis 1635 aufgenommen hat, und denen ein sätoßer, Prospelt der Stadt. vorangestellt ist. Aus der Al, Lieferung ist der Kuriofität wegen zunächst ein fliegendes Blatt aus dem Jahre 1637 bemerkengwerth, welches sich auf die Krönung Kaiser ne, III bezieht und dessen Worte zum Theil durch Bilder (Rebus) ersetzt sind. Demfelben folgen eine Jusammen⸗ stellung von Bildern, von J. C. Gertner, welche die Krönung selbst darstellen, und dann die Porträts des Kaiferlichen Paares selbst, von der Hand Anton van Dycks. Für den Historiker und Kunft—=

v

freund gleichmäßig im hächsten Grade anziehend und werthvoll ist die weiter sich anreihende Porträt Galerie bedeutender 9 onlichkeiten jener Zeit von demselben are, Meister

röffnet wird sie d das sprechend lebendige Brustbild des schwedischen Kanzlers Axel Orxenstierna und das liebliche, idealisirte Bildniß einer jungen. unbenannten Dame (vermuthlich der später noch einmal wiederholten Engländerin Elifabeth Harvey); ferner 5 dann die Kniestücke der Gräfin Lucia Carlyle, der Fürstin Beatrix Cosantia von Cantecroy, des Grafen und der Gräfin Arundel sowie anderer Mitglieder der vornehmen englischen Gefellschafst aus der Mitte des 1L. Jahrhunderts (wie des Earl of Strafford, der Gräfinnen Margareta Carlyle, von Devon, von Sunderland, von Portland), dann der beiden holländischen Maler de Wael und des jugendlich schönen Pfalzgrafen Carl e bei Rhein. Einen höchst eigenartigen Kontrast zu den eben erwähnten Schöpfungen bilden die letzten Blätter der Lieferung, welche, im Gegensatz zu dem Vertreter des Idealismus und eleganten Maler der vornehmen West, dem rücksichtslos wahren Schilberer der Armen und Bedrückten gehören; es sind eigenhändige Radirungen Rembrandts aus den Jahren 1630 bis 1654, welche uns hier in getreuem Fac- simile geboten werden. Die vielen Vere rer des mit unnachahmlicher Virtuosität im Häßlichen schwelgenden Meisters werden an den mei⸗ sten Blättern ihre hohe Freude haben; namentlich dürften solchen Feinschmeckern die beiden abscheulich treffend charakterisirten Kerle gefallen, welche der günstler selbst durch die Beischristen, Hats niet. und, tis vinnich hout. näher bejeichnet hat; aber auch das in dem tief durchfurchten Gesicht und den zusammengelegten, starkadrigen, knöchernen zänden mit unendlicher Sorgfalt 6 Bild einer alten, nachdenklich im Sessel sitzenden Frau, sowie ein vor der mit Zuhörern besetzten Thür eines Hauses musizirendes verlumptes Vagabundenpaar werden ihren ganzen Beifall haben. Und wie billig können sie sich mit Huͤlfe dieser die Originalradirungen Strich für Strich in allen Feinheiten wiedergebenden, Faesimile⸗Nachbildungen diesen Kunstgenuß verschaffen und sich die Quelle desselben dauernd erwerben! e der häufig mit enorm großen pekuniären Opfern er⸗ rungene, sorgsamst gehütete und schwer zugängliche Besitz der staat⸗ lichen oder privaten Kupferstichkabinette ist, das gelangt mittelst dieser vollendeten Reproduktionen in die Hand jedes Freundes der Kunst und Kulturgeschichte, in den Besitz des Hauses und der Familie, wo es unmittelbar erfreuend, belehrend und , zu wirken vermag. Dr. Georg Hirths Kulturhistorisches Bilderbuch‘ fei deshalb noch— mals warm empfohlen.

Gewerbe und Handel.

Nach einer Bekanntmachung des Warschauer Magistrats wird der diesjährige , , Warschau am 15. Juni d. J. be⸗ innen und age dauern. . .

; ö 21. Mai. (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten 1786 Ballen La Plata⸗Wollen, wovon 1714 Ballen ver— kauft. Auktion belebt, schöne Wollen 5. Centimes höher als gestern, andere Wollen unverändert. -

New⸗PYPork, 21. Mai. (W. T. B.) Baumwollen—⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 29 006 B. Ausfuhr nach Großbritannien 34 000 B., Ausfuhr nach dem Kon— tinent 14 000 B., Vorrath 596 000 B.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 22. Mai. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Eider“ ist gestern Vormitttag 11 Uhr in New⸗JYork eingetroffen. y

Hamburg, 21 Mai. (W. T. B.). Ver Post dampf er Albingia“ der Ham burg⸗Amexikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft hat, von Westindien kommend, heute Lizard passirt.

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Malta.

Durch Bekanntmachung des Gouvernements vom 8. Mai 1886 ͤind zusätzlich zu der Bekanntmachung vom 18. April d. J. (Reichs Anzeiger Nr. 102 vom 30. April 1886) die sämmtlichen italieni⸗ schen Häfen am Adriatischen Meere für von der Cholerg angesteckt erklärt. Die aus diesen Häfen kommenden Schiffe werden in Malta nicht zugelassen. Die Bestimmungen der §§8. 3 und 4 der zuletzt erwähnten ekanntmachung finden auf alle italienischen Häfen am Adriatischen Meere und auf die aus denselben oder aus den Pro— vinzen Venedig und Vicenza ankommenden Reisenden Anwendung.

Portugal, .

Inhaltlich zweier Erlasse der Königlich portugiesischen Regierung vom 14. Magi 1886 sind ö JJ

1) die Häfen des Departements Finisterre, sowie die übrigen zwischen Havre und Bordeaux belegenen Häfen seit dem 5, Mai d. J. als cholerafrei (Vgl. . R. 'A.“ Nr. 62 vom 12. März 1886), dahin⸗

egen .

. ) die Häfen Italiens im Adriagtischen Meere als cholera- an— gesteckt, sowie die Häfen Italiens im Mittelländischen Meere als cholera⸗verdächtig erklärt worden.

Berlin, 22. Mai 1886.

Zum ehrenden Gedächtniß Karl Friedrich von Klödens wurde zestern anläßlich seines hundertsächrigen Geburtstages von dem Berliner Geschichts verein, dem Verein für die Geschichte

der Mark Brandenburg sowie von der Friedrich⸗ Werderschen Gewerbeschule, welcher der Gefeierte lange, Zeit als Direktor vorgestanden, in der Aula des genannten Instituts eine Feier abge— halten. Unter den geladenen Ehrengästen bemerkte man den Pro⸗ vinzial⸗Schulrath Klix, viele ältere err gegen aus den persönlichen Bekanntenkreisen Klödens und zahlreiche ehemalige Schüler der Friedrich⸗Werderschen 8h nr, Nachdem die Gesangsklasse der r den Choral „Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren“ angestimmt hatte,, nahm Direltor Gallenkamp, der Nachfolger Klödens, das Wort, um den Heimgegangenen in seiner Stellun

als Direltor der Anstalt und als Pädagog überhaupt zu feiern. Na

einem zweiten Chorgesange wies Stadtrath Friedel, als Vor⸗ sitzender des Berliner Geschichtsvereins, auf Klödens Bedeutung für die Geschichte der Mark Brandenburg und der Stadt Berlin hin. Hr. Dr. jur. Beringuier nahm altdann dag Wort, um ein ausführ—= liches und eingehendes Lebensbild von Klödens vorzuführen. Noch andere Redner, feierten das Andenken des Dahingeschiedenen., Dann beendete ein abermaliger Chorgesang die würdige Gedächtnißfeier.

Verein für Geschichte der Mark Brandgęnburg. Sitzung vom 12. Mai 1886. Dr. Brode entwarf ein Bild von der Art und. Weise, wie der Große Kurfuͤrst im schristlichen Verkehr mlt seinen Geheimen Räthen Berathung über Staattzangelegenheiten pflog. Zu. diesem Zweck ließ er auf eine Uebersicht über die allge—⸗ meine politische und militärische Lage der Kriegsjahre 1672 und 1673 die Vorlesung einer Anzahl von ungedruckten Schreiben folgen, in welchen der Kurfürst aus dem Feldlager mit seinen in der Hauptstadt zurückgebliehenen Ministern die Nothwendigkeit erörtert, einen Separat⸗ frieden mit Frankreich abzuschließen, nachdem seine Bundes genossen ihn im Stiche gelassen. Professor Koser verglich die in dem politischen. Testament Friedrichs I. vom Jahre 1752 enthaltenen Grundsätze für die Erziehung eines preusischen Prinzen mit den Instruktionen, durch, welche 1695 Kurfürst Fried— rich III, 1718 König Friedrich Wilhelm 1. und 1751 der große König selbst die Weisungen für die Erziehung ihrer Thronerben ge—

eben haben. Im Gegensatz gegen die Instruktion von 1718 steilt * König in mehreren ere, die Vorschriften von 1695 ö.

er. z. B. daß der Prinz Lateinisch und alte Geschichte lernen soll; . uuber 3 er 3 über die letzteren binaus, 141 in dem Be⸗ triebe philo hi ien. Dagegen nimmt er Bestimmu der Instruktion von 1718, mit denen er a. ir wenig ein verstanden ewesen, in die eigene ** dem Prinzen soll ein heiliger Nespekt vor dem Cel een ne. beigebracht werden; er soll durch Rechnungslegung über sein Taschengeld früh wirthschaften lernen; er muß den praktischen Militär. dienst üben und ein Regiment perfõnlich führen; er soll sich auch durch Reisen, aber nur im Inlande, bilden. Von den Instruktionen seines Vaters und seines Großvaters weicht der König ab, wenn er verlangt, daß der Prinz Polnisch lerne, wenn er meint, daß das religiöse Moment durch Herzensbildung zu ersetzen sei, wenn er fordert, daß man dem Prinzen Geschmack für die Lektüre einflöße, weil aus Büchern mehr zu lernen sei als durch den Unterricht des Lehrers. Vor allem betont er, daß die Individualitãt des Prinzen ge⸗ schont werden müsse; da das Bestreben der Eltern, aus ihren Kindern vollkommene Menschen nach dem eigenen Bilde zu machen, jedesmal verunglücke. Schulinspektor Jonas machte ittheilungen über, den Verbleib der jetzt zum Verkauf gebrachten literarischen Schätze des F. Nicolai'schen Nachlasses. . Schulvorsteher Budezies besprach Karstedts, Beiträge zu einer Chronik der Stadt Seelow“ und trug alsdann den ersten Theil einer größeren Arbeit über Erasmus Brandenburg, Propst zu St. Nicolai in Berlin, vor. Daß Erasmus ein natürlicher Sohn des Kurfürsten Friedrich II. gewesen, wird durch keine urkundliche Nachricht bezeugt, die sonst in Bezug auf un⸗ eheliche Fürstenkinder nicht zu fehlen pflegt, sondern ist eine von r,, 1728 aufgebrachte n zu welcher der Name

randenburg, der aber in märkischen Bürgerfamilien häufig vor⸗ kommt, die Veranlassung gegeben haben mag. E. Branden burg war, zuerst. Geistlichee in Wurzen und kam 19765 durch Stellentausch nach Berlin. Hier spielte er bald als Rath des Kurfürsten eine hervorragende Rolle und reifte viel zu diplomatischen oe, d, . mit den Nachbarfürsten, namentlich auch mit Pommern. Der Vortragende schloß vorläufig mit dem Jahre 1479, in welchem der Kurfürst bon Sachsen den auf einer Reise nach Ungarn begriffenen Propst, gleichsam als Geißel, gefangen setzen ließ, um in ,, sächsischer Unterthanen einen Druck auf den Kurfürsten von Brandenburg auszuüben.

Die Sammlung Karthagischer Funde, die auf der Nißzaer Ausstellung den höchsten Preis und das erste Chrendiplom erhielt, gelangt am 27. Mai und den darauf folgen den Tagen durch die Herren Robinson u. Fischer in London zur Versteigerung. Diese Sammlung ist von dem Grafen d' Herisson in Paris angelegt und umfaßt im Ganzen 2000 Nummern, die in Grlechenland, Egypten, Italien und auf karthagischem Gebiet zusammengebracht worden sind. Sie gebört einem Konfortium, an deren Spitze der Graf d Höriffon selbst steht und welches bekannte Pariser Namen aufweist. Besonders werthvoll und, interefsant in der Sammlung ist die in ihrer Art einzige Kollektion von Mosaiken, welche beweist, daß die musivische Kunst in eine viel höhere Epoche zu weisen ist, als es bis jetzt ge⸗ schah. Hervorzuheben sind zwei prachtvoll erhaltene Gemälde in Mar⸗ mormofaik, zwei Meisterwerke in der Größe von ungefähr einem Meter im Geviert. Dieselben bildeten, von einer größeren Zeichnung in schwarzer und weißer Marmormosaik umgeben, den Fußboden eines phönicischen Tempels in Karthago. Nicht geringes Aufsehen werden die nachge⸗ lassenen Dokumente und Schriften des Hrn. Daux erregen, welche gleich⸗ falls bei dieser Versteigerung unter den Hammer kommen. Daux, ein perdienstvoller Ingenieur, verbrachte 15 Jahre, größtentheils auf Kosten des Kaisers Napoleon III, in Tunis mit dem Auf— trage, von den dortigen alten Städten Pläne und Karten aufzunehmen und alle nöthigen Dokumente zu sammeln: eine beträchtliche Arbeit, die der Kaiser bei seiner „histoire de G6sar“ verwandte. Alle die in London zur Versteigerung kommenden Papiere und Dokumente sind die Originale von der Hand Daux's, während die Kopien, welche der Kaiser erhielt, bei dem großen Brande der Tuilerlen zu Grunde gingen, Graf d Hsrisson, gleich tüchtig als Schriftsteller und archäologischer Schriftsteller bekannt, ist in Deutschland in letzter Zeit in Folge seines Buches über die Pariser Belagerung 1870771: „Le journal d'un officier d'ordonnance“ vielfach genannt worden.

Rom, 21. Mai. (W. T. B.) Von gestern Mittag bis heute Mittag 12 Uhr kamen in Venedig 3 Cholera⸗Erkrankungen und 1' Cholera Todesfall, in Bari 6 Cholera Erkrankungen und- 1᷑ Cholera⸗ Todesfall vr.

Ca tanig, 21. Mai. (W. T. B.). Die Ausbreitung der Lava am Aetna nimmt immer größere Dimensionen an, sodaß bereits die Häuser von Belpgsso und Nicolofi in Gefahr find. Die Gegend ist in dichten Nebel gehüllt. Der Aetna schleudert glühende Massen 500 m boch in die Luft. ö

22. Mai. (W. T. B.) Gestern Abend öffneten sich noch weitere neue Krater des Aetna, die Intensität des Lava-Aus“ wurfs ist jedoch geringer geworden.

Der beliebte Schauspieler und Bühnenschriftsteller Sein rich Wilken, dem die Berliner so viele heitere Stunden verdanken, ist gestern Mittag von seinem langen schmerzlichen Leiden durch den Tod erlöst worden. K

Im Königlichen Opernhause trat vorgestern Hr. Fricke zum letzten Mal auf, da er seine Thätigkeit als r n . abzu⸗ schließen gedenkt. Zur Abschiedsrolle hatte der geschätzte Künstler den Sarastro in der Zauberflöte“ gewählt und bewies noch einmal seinen a, erschienenen Verehrern, welch eine tüchtige Kraft die Königliche Bühne an ihm besessen. Ein lang anhaltender, aufri tiger Beifall sowie zahllose Blumen⸗ und. Kranzspenden legten Zeugniß für die große und wohlverdiente Beliebtheit ab, deren sich der Sänger in den langen Jahren seiner Angehörigkeit Ear Königlichen Oper zu erfreuen gehabt hat. Nur mit Bedauern sieht man daher Hrn. Fricke scheiden, dessen Andenken bei den Besuchern der Hofbühne ein ehren⸗ volles bleiben wird.

m Deutschen Theater wird morgen, Sonnta Das Kathd von Heilbronn; und am Montag „Nathan der Kaise⸗ ge⸗ geben. Die nächste Aufführung von , Don Carlos“ findet am Don⸗ nerstagz den 27, statt. Außerdem bringt das Repertoire der Woche noch Wiederholungen von „Ein Tropfen Gift, „Der Widerspänstigen Zähmung“ und „Das Urbild des Tartüffe .

Belle⸗Allianee⸗Theater. Der Erfolg der Pohlschen Gesangsposse ‚Namenlos“ mit Hrn. Emil Thomas als Flickschneider Kiewe ist trotz der großen Hitze von der man übrigens in dem vorzüglich ventilirten Theater wenig belästigt wird ein so außerordentlicher, daß die Posse vorläufig noch auf dem Repertoire verbleiben wird. Der Sommergarten mit seiner n . Illu⸗ mination und seinen Vokal⸗ und Instrumental⸗Concerten ist auch in dieser Saison der Sammelplatz eines eleganten Publikums.

Das Walhalla⸗Theater bringt am nächsten Dienstag und Mittwoch die beliebte Operette Don Cesar', von Dellinger, zur Aufführung. Am Freitag, den 28. d. M. geht zum erften ale die Lecoeqsche Operette „Der kleine Herzog“ in Scene.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholi). Druck: W. Elsner. Sechs Beilagen (einschließlich Boͤrsen Beilage),

owie den Sommerfahrplan für den Bezirk der Königlichen e. Eisenbahn⸗Direktion (rechtsrhein.) zu Köln.

Berlin:

Nachrichten des Reichs⸗ . ; s

zum Deutschen Reichs⸗An

M 120.

Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den 22. Mai

zeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

; 1886.

m

Deu tsches Reich.

Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗-Versicherungsamts.

155) Ueber die Auslegung des §. 1 Absatz 4 des Unfallversiche⸗ rungsgesetzes, insbesondere darüber, ob die daselbst bezeich⸗ neten „mindestens zehn Arbeiter zum Zweck der gewerbs— mäßigen Bearbeitung oder Verarbeitung von Gegen⸗ ständen“ mit dieser Bearbeitung ꝛc. unmittelbar beschäftigt werden müssen, oder ob es genügt, wenn ein Theil der Arbeiter mit der Bearbeitung ier ein anderer Theil aber mit Vorbereitungen zur Bearbeitung oder mit dem Ver⸗ laden und r . der bearbeiteten Gegenstände be— Hhaftggt ist, hat das Reichs⸗Versicherungsamt unter dem

April 1886 sich in einem Falle wie folgt aus⸗ gesprochen: .

Die angestellten Ermittelungen haben ergeben, daß der Betriebsunternehmer zehn Arbeiter be ne , beschäftigt, von welchen sechs mit Holzschneiden und Zurichten von Bau hölzern, die übrigen theils als Flößer, theils als ö. sowie mit Verladen des Holzes vom Wasser zur Bahn und auf Fuhrwerk beschäftigt sind. Dabei beschränkt sich die Be⸗ schäftigiing der Flößer auf das Verbringen der Floßhölzer in den Floßhafen, das Losbinden der Stämme von den Flößen zc, umfaßt dagegen nicht eigentliche Floßfahrten.

Das Reichs⸗Versicherungsamt hat in Uebereinstimmung mit der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde angenommen, daß unter diesen Umständen die gewerbsmäßige Bearbeitung der Hölzer als bestimmend für die Beurtheilung der Art des Betriebes anzusehen ist; die Thätigkeit der sogenannten Flößer und Fuhrleute stellt sich als ein integrirender Bestandtheil der n n, dar. Hiernach werden in dem in Rede stehenden Betriebe zum Zwecke der gewerbsmäßigen Bearbeitung von Gegenständen zehn Arbeiter regelmäßig be⸗ schäftigt; derselbe ist deshalb gemäß Ri 1 Absatz 4 des Unfall⸗ versicherungsgesetzes versicherungspflichtig.

In einem anderen Falle hat das Reichs⸗Ver⸗ sicherungs amt dagegen folgende Entscheidung getroffen:

Die angestellten Ermittelungen . ergeben, daß die Beschwerdeführerin ein kaufmännisches Brennmaterialien⸗ Verkaufsgeschäft für Holz und Kohlen betreibt. Dieselbe be— schäftig in diesem Betriebe zwar regelmäßig zehn Arbeiter, verwendet jedoch nur zwei davon zum Zerkleinern von Holz und Kohlen. Hiernach kann die gewerbsmäßige Bearbeitung

des Holzes und der Kohlen als bestimmend für dle Beurtheilung

der Art des Betriebes nicht angesehen und der letztere, da als Fabriken im Sinne des Unfallversicherungsgesetzes gemäß §. 1 Absaßz 4 a. 4. O. diejenigen Betriebe gelten, in welchen zum Zwecke der Be⸗ oder Verarbeitung von Gegenständen regel⸗ mäßig mindestens zehn Arbeiter gewerbsmäßig beschäftigt werden, für versicherungspflichtig nicht erachtet werden.

156) Hinsichtlich der Versicherungspflichtigkeit eines Betriebes gemäß 5. 1 Absatz 4 des Unfallversicherungsgesetzes hat das Reichs-Versicherungsamt unter dem 36. April 1886 eine Entscheidung dahin getroffen, daß bei Beurtheilung dieser Frage nicht diejenige Anzahl von Arbeitern J Grunde zu legen ist, welche vorübergehend, also bei augenblicklicher, durch plötzliche Bestellungen hervorgerufenen Arbeitshäufung beschäftigt wird, sondern diejenige, welche bei regelmäßigem Geschäftsverkehr zur Zeit des vollen Betriebes während der sogenannten Saison thätig ist. Geht die Zahl der Arbeiter während eines Theiles des Jahres, in der sogenannten stillen Zeit, unter zehn herunter, so wird die Versicherungspflichtigkeit des Betriebes dadurch nicht auf⸗ gehoben. , ,. gelten nicht als im Betriebe be— schäftigte Arbeiter und kommen daher aus dem Gesichtspunkte des 5§. 1 Absatz 4 nicht in Betracht, wenngleich deren Ver⸗ wendung, namentlich wenn sie in ausgedehntem Maße statt⸗ findet, ir die Beurtheilung des Betriebes als „Fabrik“ im Sinne des 8. 1 Absatz 1 a. 4. D. von Bedeutung sein kann. (Vergleiche Bescheide Nr. 16, 53, 101, 118, 155 „Amtliche Nachrichten des Reichs-Versicherungsamts“ von 1885 Seite 82, 288 und von 1886 Seite 1, 11, 76.

157) Der Beschwerde eines Hausbesitzers gegen seine Auf⸗ nahme in die Berufsgenossenschaft der Gas⸗ und Wasser⸗ werke hat das RNeichs⸗Versicherungsamt unter bem 20. März 1886 aus folgenden Gründen stattgegeben:

Der Beschwerdeführer t in seinem Wohnhaufe einen kleinen Gasmotor (mit 1/⸗ ferdekraft), der nach Bedürfniß in Bewegung gesetzt wird, um einen hochgelegenen, zur Ver⸗ sorgung bes Haushalts mit Wasser dienenden Wasserbehãlter zu füllen. Diese Einrichtung ist als ein „Betrieb“, in welchem ein Motor zur Verwendung kommt G. i Abfatz 3 des Unfall⸗ versicherungsgesetzes) nicht anzusehen, dieselbe unterliegt mit⸗ hin nicht der Versicherungspflicht.

Mit Motoren betriebene Hauswasserleitungen werden im Allgemeinen als unfall versicherungs pflichtig nur dann zu er⸗ achten sein, wenn sie in gewerblichen Anlagen (darunter größeren Gasthöfen, Wagrenhäusern), Krankenhäusern, Gefäng⸗ nissen oder anderen größeren Staats- und Kommunalgebäuden unter Verwendung eines ständigen Arbeiters esselheizers, . betrieben werden. Dieser Fall trifft hier nicht zu.

158) In Betreff der , nn, von Warm⸗ wasserheizungsanlagen hat das eichs⸗Versicherungsamt unter dem 16. April 1886 entschieden,

daß Warmwasserheizungsanlagen im gemeinen dann als versicherungspflichtig zu erachten sind, wenn fie in gewerblichen Anlagen darunter größeren Gasthöfen, Waarenhäusern), Krankenhäusern, Gefängniffen oder anderen größeren Staat⸗ und Konmunimgigebanndeni unter. Verwendtngh tei ieh ständigen Arbeiters (Kesselwäarters 2c) mit fl sseün (im Sinne des 8. 1 Abf. 3 des Unfallversicherungsgesetzes) betrieben

werden. Vergleiche Bescheide Ziffer I6 und Ziffer 90, „Amtliche 6E leit ö . 1885 S. 353

159) i Beurtheilung en r . wer im Sinne des 8. 9

bsatz? des Unfallversicherungsgesetzes als Unternehmer

eines , etriebes anzusehen ist,

y welcher Genossenschaft ein solcher Unter⸗

nehmer gemäß §. 34 4. a. O. als Mitglied anzugehören

hat, äußerte sich das Reichs Versicherungsamt gelegent⸗

lich der Beschwerde einer Firma gegen' die Ablehnung

ihrer Aufnahme in die Textil⸗Berufsgenossenschaft R. unter dem 2. April 1885 wie folgt:

Die Beschwerdeführerin B. betreibt innerhalb der Geschäfts⸗ räume einer der Textil⸗Berufsgenossenschaft X. angehörenden 3 des Unternehmers A. eine Versandtstelle in folgender

eise.

Die Waaren der außerhalb des Bezirkes der genannten Genossenschaft domizilirenden Beschwerdeführerin werden in der Färberei des A. gefärbt und appretirt. Zur Ersparung von Fracht und Zeit ist daselbst ein Lagerraum für die Beschwerdeführerin B. eingerichtet, von dem aus die letztere mit ihrem eigenen Personal welches naturgemäß nicht selten auch mit dem eigentlichen Färbereibetriebe in Berührung kommt die Versendung der fertigen Waaren an ihre Kunden bewirkt. Wenn nun auch die Verpackung bereits hergestellter Waaren an sich nicht versicherungs—⸗ pflichtig ist (vergl. . Amtliche Nachrichten des Reichs⸗Versicherungs⸗ amts. 1885 S. 2 Ziffer 8): so erscheinen die gesammten obenerwähnten, in örtlichem Zusammenhange sich vollziehen⸗ den Manipulationen; Färben, Appretiren, Versenden der Waaren, wirthschaftlich betrachtet, doch als ein einheitlicher Betrieb, welcher , ohne die in der einen oder anderen Weise erfolgende Wiederversendung der gefärbten und appretirten Waaren nicht gedacht werden kann. Die Eigen⸗ thümlichkeit des hier in Rede stehenden Betriebes besteht nun darin, daß wesentliche Bestandtheile des letzteren für Rechnung

verschiedener Unternehmer betrieben werden? Bei der zweifellos gebotenen Anwendung des Unfallversicherungsgesetzes auf den gesammten Betrieb wird diesem Umstande im Änschluß an die thatsächlichen Verhältnisse in der Weise Rechnung zu tragen sein, daß ein jeder der beiden bei dein Betriebe betheiligten Unternehmer wegen . Betriebstheiles Mitglied der zu⸗ ständigen Textil⸗Beru sgenossenschaft N wird, und demgemäß für die von ihm beschäftigten Arbeiter die Lohnnachweisungen einsendet und die Beiträge zahlt. Es sind alsdann die in dem Gesammtbetriebe beschäftigten Arbeiter gegen alle Betriebs⸗ unfälle versichert, mögen sich dieselben in dem Betriebstheile des Unternehmers A oder in führerin B ereignen.

160) Auf die Anfrage einer Stadt⸗Polizeiverwaltung, in welcher Weise einem Betriebsunternehmer der Mitgliedschein zuzustellen sei, wenn die 2, des letzteren, wie überhaupt jede Erklärung in der Sache verweigert werde, erwiderte das Reichs⸗Versicherungsamt unter dem 12. April 1885:

Die Zustellung des Mitgliedscheines ist durch Uebergabe . zu bewirken, ohne daß es dazu einer förmlichen An. nahme Seitens des Betriebsunternehmers bedarf.

Wird die Annahme ausdrück ich, aber ohne gesetzlichen Grund verweigert, so ist der Mitgliedschein am Orte der Zu⸗ stellung zurückzulassen (vergl. §. I5öß und §. 170 der Cidil⸗ prozeßordnung).

w em ,, der Behörde bleibt es anheimgestellt, ob

sie dem Unternehmer demnächst eine Rechtsbelehrung über den

Inhalt der 898. 34 Absatz 1 und 37 Absatz 4 des Unfall—

der chm e e. zu Theil werden lassen will.

161) Ein Sektionsvorstand beantragte auf Grund des 8. 78 des Unfallversicherungsgesetzes beim Genossenschafts⸗ vorstande, dieser möge einen Fabrikbesitzer zur Abände—⸗ rung gewisser von dem Beauftragten (G. 82 a. a. D.) beanstandeter Einrichtungen auffordern und demselben dazu gemäß S. 78 eit. eine angemessene Frist setzen. In Folge dessen richtete der Genossenschaftsvorstand die Frage an das Reichs⸗Versicherungsg nit, „ob der Ge— nossenschaft irgend eine direkte Einwirkung beziehungs⸗ weise direkte Möglichkeit gegeben fei, die Beseitigung

demjenigen der Beschwerde—

ungenügender Einrichtungen in einzelnen Betrieben zu . und, von vornherein dem Betriebsunter— nehmer im Weigerungsfall die Einschätzung in eine höhere ger n ge in Aussicht zu stellen. Das RNeichs⸗Versicherungsamt hat darauf uͤnter dem 5. April

1886 erwidert: ; Das Unfallversicherungsgesetz sieht nur Unfall verhütungs⸗ vorschriften allgemeiner Art vor, welche „für den . des

bestimmt abzugrenzende Bezirke zu erlassen sind. Daß die ein⸗ zelnen Berufsgenossen . Vorschriften befolgen, kann die Ge⸗ nossenschaft durch „Beauftragte“ kontroliren lassen (8. S2 a. g. O.), und die Betriebe Zuwiderhandelnder kann sie' in eine höhere Klasse des Gefahrentarifs einschätzen G. 78 Ziffer I). Dagegen steht es der Genossenschaft nicht zu, ohne vor⸗ gängigen Erlaß entsprechender allgemeiner Unfallverhütungs⸗ vorschriften die Beseitigung ungenügender Einrichtungen in einem einzelnen Betriebe unter Androhung einer höheren Ein— schätzung desselben von dem Unternehmer zu verlangen. Dem Vorstande kann daher nur rr eben werden, auf den Erlaß der dortfeits für erforderlich erachteten Unfall⸗ verhütungsvorschriften allgemein Bedacht zu nehmen.

Unter den in dem Bericht des Beauftragten , . Mängeln scheinen übrigens keine zu fein, deren Abstellung sich nicht mittelst solcher allgemeinen Voerschriften anordnen ließe. Aber auch abgesehen von dem Erlaß derartiger Vorschriften

1 4 für zulässig zu erachten, schon bei der ersten Einschätzung

a. a. O Folche Betriebe, welche ausreichende Ein richtungen zur Verhütung von linfallen nicht besitzen, zu einer entsprechend höheren Gefahrenklasse zu veranla en, falls der Gefahrentarif in seinen Klassen so gebildet ist, daß er für Be⸗ triebe gleicher Art, je na dem sie mit guten Einrichtungen und Schutz Vorrichtungen versehen sind oder nicht, eine niedrigere oder höhere Einschätzung zuls

Genossenschaftsbezirks oder für bestimmte Industriezweige oder gt ; ö senschaft ebe ñ s in trim ig, g vorstand zu bestimmenden Titeln der Genossenschafts rechnung

ist, haben mehrere Berufsgenossenschaften eine dahingehende Einrichtung der Gefahrentarife in Aussicht genommen.

Sollte übrigens, so lange die Eingangs erwähnten all⸗ gemeinen Vorschriften nicht erlassen worden sind, in einzelnen Fällen eine Abhülfe gegenüber 2 Betriebseinrichtungen dringend nothwendig sein, und der etriebsunternehmer 9 den Mahnungen der Genosfenf cheftsorgane gegenüber ablehnend verhalten, so würde die Anzeige bei der Orts⸗ Polizeibehörde auf Grund des 85. 120 Absatz 3 der Neichs⸗ Gewerbeordnung nicht ausgeschlossen sein.

162) Seitens einer Verwaltungsbehörde wurde angefragt, nach welchen Grundsätzen die von den Vertrauen? männern einer Berufsgenossenschaft beantragte Ver⸗ eidigung derselben zu erfolgen habe.

Das Neichs⸗Versicherungsamt gab hierauf am 20. April 1886 folgenden Aufschluß:

Nach dem Statut der fraglichen Berufsgenossenschaft liegt den Vertrauensmännern unter Anderem ob: die Begutachtung der Veranlagung der Betriebe zu den Gefahrenklassen, die Mit⸗ wirkung bei der Feststellung der nicht rechtzeitig eingesandten Lohn⸗ ꝛc. Nachweisungen gemäß §. 71 Absatz 3 des Unfall⸗ versicherungsgesetzes, sowie die Ueberwachung der Betriebe ihres Bezirks in Bezug auf die Befolgung der ö. Verhütung von Unfällen erlassenen Vorschriften (88. 82 bis 85 des Unfall⸗ versicherungsgesetzes).

Es haben also die Vertrauensmänner nach den Bestim⸗ mungen des Statuts mehrfache Befugnisse auszuüben, in welchen sie als „Beauftragte“ der Berufsgenossenschaft im Sinne der §§. 82 ff. des Unfallversicherungsgesetzes erscheinen. Auf dieselben findet daher insofern auch die Vorschrift des §. 84 a. a. O. über die Beeldigung der Beauftragten Anwendung.

Als Eidesformel ist die auf Seite 363 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗Versicherungsamts“ 1885 unter Ziffer S7 Lit. A abgedruckte Formel für die Vereidigung der berufs⸗ genossenschaftlichen Beauftragten anwendbar.

163) Dem Reichs⸗Versicherungsamt ist berichtet worden, daß erfahrungsmäßig mehrfach bei Verletzungen, welche später einer Berufsgenossenschaft zur Last gefallen sind, z. B. beim Verlust eines Auges, mehrerer Finger 2c, eine Untersuchung des Unfalls (8. 53 des Unfalluerficherun ns gesetzes) um deswillen unterblieben ist, weil die Frage 3 in dem Unfallanzeigeformular ,, des Reichs⸗Versicherungsamts vom 11. September 1885, „Amtliche Nachrichten des Reichs ⸗Versicherungsamts“ 1885 Seite 222): „ob, die Verletzung voraussichtlich eine Erwerbs— unfähigkeit von mehr als dreizehn Wochen zur Folge haben wird“, Seitens des Betriebsunternehmers verneint wurde, obwohl eine dauernde theilweise“ Erwerbsunfãähigkeit des Verletzten mit Sicherheit vorauszusehen war. Das Reichs-Versicherungsamt hat sich mit Bezug hierauf unter dem 26. April 1886 dahin aus— gesprochen: Die Frage in dem Formular: ob eine Verletzung voraus sichtlich eine „Erwerbsunfähigkeit von mehr als dreizehn Wochen“ zur Folge haben wird, entspricht dem Wortlaut des §8. 53 des Unfallversicherungsgesetzes, welcher vorschreibt, daß die Orts⸗Polizeibehörden derartige Unfälle einer Untersuchung zu unterziehen haben.

Dabei ist die Bezeichnung „Erwerbsunfähigkeit“ nicht lediglich als „völlige“ Erwerbsunfähigkeit aufzufassen, sondern dieselbe begreift auch die etheilweise / Erwerbsunfähigkeit in sich. Es ist daher, damit den Drts⸗Polizeibehörden der erforder⸗ liche Anhalt dafür nicht fehlt, ob ein Unfall zu untersuchen ist oder nicht, nothwendig, daß die Mitglieder der Genossen⸗ schaften die Frage 3 bei einer dreizehn Wochen voraussichtlich überschreitenden theilweisen Erwerhsun fähigkeit entweder einfach mit „Ja“ oder mit „Ja, eine theilweise Erwerbsunfähigkeit von mehr als dreizehn Wochen“ beantworten.

164) Auf eine bezügliche Anfrage erwiderte das Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamt unter dem i3. März 1886,

daß in einer Berufsgenossenschaft, deren Sektionen ihre Ver⸗ waltungskosten selbst tragen, die Ausgaben der Genossenschafts⸗ sektionen für Verwaltungskosten in der Genossenschafts rechnung nicht speziell aufzuführen und nicht einzeln mit Rechnungs⸗ belägen zu versehen sind. Vielmehr wird es im Hinblick auf die in den Genossenschaftsstatut begründete finanzielle Selbst⸗ ständigkeit der Sektionen ausreichen, wenn in der Genossen⸗ schaftsrechnung die von jedem einzelnen Sektionsvorstande behufs Umlegung auf die Sektionsmitglieder liquidirten Ver⸗ waltungskostenbeträge, nach den von dem Genossenschafts⸗

gesondert, aufgeführt werden. Diese Titel werden so ein⸗ zurichten sein, daß daraus die nöthigen . für die an das Reichs⸗Versicherungsamt einzureichende Nachweisung der Rechnungsergebnisse (vergl. 8 77 des Unfallversicherungs ge entnommen werden können. Als Rechnungsbeläge für die Genossenschaft dienen dabei die Liquidationen der Sektions⸗ vorstände und deren Quittungen über die Erstattung des liqui⸗ dirten Betrages.

Königreich Preußen.

p rivifel n m

wegen Ausgabe auf den Inhaber lautender Anleihe 6 der Stadt 36 zum Betrage von

2

Vom 3. Mai 1886.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc. Nachdem der Magistrat der Stadt , im Einver⸗ ständnisse mit der Stadtverordneten Verfammlun daselbst beschlossen hat, behufs Bes fn der Geldmittel zum r der Gasanstalt und der Wasserwerke dasclbst, zum Reubau eines Gym⸗

äßt. Soiveit dem e Hl serungtamt bekannt geworden

nasiums, 2 Schlachthauses sowie einer Glbbrüuͤcke. zum Ausbau des Rathhauses, zur Anlegung von Straßen und zur Kana⸗