Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich, Se. Hoheit der Fürst von Hohenzollern und Se. Hoheit der Prinz Ludwig Wilhelm von Baden sind gestern in Baden-Baden eingetroffen.
— Anläßlich des er n. Geburtstages Ihrer Ma⸗ jestät der Kaiserin und Königin haben sämmtliche ih Gebäude sowie eine große Zahl von Privathäusern estlichen Schmuck angelegt. In den Theatern werden die Vor⸗
ᷓ— durch einen Prolog eingeleitet werden.
— Nach kurzem Krankenlager verstarb heute früh der General⸗Intendant der Königlichen Schauspiele, Kammerherr Botho von Hülsen.
Des Kaisers und Königs Majestät verlieren in ihm einen langjährigen, treuen Diener, der in rastloser, bis in seine letzten Lebenstage fortgesetzter Thätigkeit die umfangreichen und schweren Pflichten seines Amts während eines Zeitraums von länger als 35 Jahren wahrgenommen hat. Am 1. Sep— tember 1833 in das Kaiser Alexander Garde⸗-Grenadier⸗ Regiment Nr. J eingetreten, wurde vom 1. Juni 1851 ab der damalige Premier Lieutenant von Hülsen unter Verleihung des Charakters als Hauptmann und Ernennung zum König⸗ lichen Kammerherrn mit der Leitung der Intendantur der Königlichen Schauspiele beauftragt und bereits im März 1852 zum General-Intendanten der Königlichen Schauspiele ernannt. Als im Jahre 1867 die Theater in Hannover, Kassel und Wiesbaden in die Königliche Verwaltung über— nommen wurden, wurde ihm die Oberleitung auch dieser Bühnen übertragen. Was er in dieser Stellung an der Spitze von fünf großen Theatern für die dramatische Kunst geleistet, was er auch über die nächsten Obliegen— 5 seines Amts hinaus für einen engeren Zu— ammenschluß der deutschen Bühnen und für die Sicherstellung des Looses der an denselben thätig gewesenen Künstler und ihrer Hinterbliebenen gethan hat, kann heute hier nicht eingehend gewürdigt werden, sondern wird an andern Stellen eine ausführlichere Darstellung finden müssen. Zahl⸗ reiche Anerkennungen sind dem Verewigten zu Theil geworden, insbesondere die bei Gelegenheit seines fünfzig⸗ jährigen Dienstjubiläums mittelst eines überaus huld⸗ vollen Allerhöchsten Handschreibens erfolgte Verleihung des Rothen Adler⸗Ordens erster Klasse mit dem Emaille⸗ band des Königlichen Kronen-⸗-Ordens. Von der her— vorragenden Stellung, die er sich in der deutschen Bühnen— welt durch seine Verdienste erworben, gab der Verlauf jener Feier ein beredtes Zeugniß.
— Se. Majestät der König haben auf den Vortrag des Ministers des Innern, des Justiz-Ministers und des Ministers für Landwirthschaft 3c. zu genehmigen geruht, daß im Interesse der Förderung der heimischen Pferdezucht und zur Verhinderung des heimlichen Wettens mit sogenannten Buch- machern die Aufstellung und Benutzung von Totalisatoren auf den Rennplätzen auf jedesmaligen besonderen Antrag der Unternehmer, und zwar auf Grund einer von den be⸗ treffenden Regierungs-⸗Präsidenten, bezw. Regierungen und dem Polizei⸗Präsidenten hierselbst unter Vorbehalt des Wider⸗ u. im Falle der Nichtinnehaltung der nachstehend aufge⸗ führten Bedingungen zu ertheilenden polizeilichen Erlaubniß gestattet werde.
Die bei Ertheilung dieser Erlaubniß zu stellenden Bedin— gungen sind folgende:
1) Die Veranstalter des Totalisators dürfen sich bei dem an demselben stattfindenden Glücksspiele in keinem Falle be⸗ theiligen, sie haben sich vielmehr lediglich auf die Erhebung einer je nach den örtlichen Verhältnissen von der die Erlaub⸗ niß ertheilenden Behörde festzusetzenden, ausschließlich zu Renn⸗ zwecken zu verwendenden Tantièeme, welche von allen Einsätzen ohne Unterschied zu zahlen ist, als Vergütung für die frag— liche Veranstaltung zu beschränken.
ö. Die Wetteinzahlungen dürfen nur in ein für alle . estimmten, nicht zu niedrig festzusetzenden Einheitssätzen estehen.
3) Der Totalisator ist in einem von den übrigen Theilen des Rennplatzes abgeschlossenen Raume aufzustellen, auch der Zutritt zu demselben nur den Inhabern des ersten Platzes gegen ein besonderes, entsprechend hoch zu bemessendes Eintritts— geld zu gestatten.
4) Die Kontrole über die Ausführung dieser Bedingungen, welche sich eventuell auch auf eine Einsicht der betreffenden Bücher und Listen des Unternehmers zu erstrecken hat, ist von der Ortspolizeibehörde auszuüben.
Die betreffenden Regierungs⸗-Präsidenten 2c. sind von den Ressort⸗Ministern unterm 30. August er. veranlaßt worden, danach in künftigen Fällen zu verfahren, im Falle der Er⸗ laubnißertheilung den Betrieb der Totalisatoren streng über⸗ wachen und namentlich darauf achten zu lassen, daß der Zutritt zu denselben nur dem . begrenzten Personen⸗ kreise gestattet und die Tantime ausschließlich zu Rennzwecken verwendet werde.
Die Buchmacher sind wie bisher mit allen zu Gebote stehenden Mitteln von den Rennplätzen fern zu halten und geeigneten Falls zur Bestrafung zu ziehen.
Die von dem Minister des Innern erlassenen Verfügungen vom 4. Januar und 14 April 1881 sind, soweit sie das Verbot der Totalisatoren betreffen, aufgehoben.
— Der Chef der Admiralität, General-Lieutenant von Caprivi, ist von den Inspicirungen des Manövergeschwaders hierher zurückgekehrt.
— Der Dampfer „Roma“, mit der abgelösten Be— aun S. M. e, , „Bismarck“ und S. M. Kreuzer „Nautilus“, ist am 29. September cr. in Wilhelmshaven ein— getroffen.
Bayern. Würzburg, 29. September. (W. T. B.) Der Prinz⸗Regent ist heute Vormittag 9 Uhr au dem hiesigen Bahnhofe eingetroffen und von dem Bischo Dr. von Stein, dem Regierungs-Präsidenten Grafen von Lurburg und dem Bürgermeister empfangen worden. In den reich bekränzten und beflaggten Straßen, durch welche der Zug sich nach der Königlichen Residenz bewegte, bildeten die ö und die Innungen Spalier; Gesangvereine begrüßten den hohen Gast durch eine Hhmne. Von 11 Uhr an fand Empfang statt. Für den Nachmittag ist eine Fahrt nach der Universität und der Neuen Kaserne, und Abends eine Festvorstellung im Theater in Aussicht genommen. Hieran
soll sich eine Rundfahrt durch die prächtig erleuchtete Stadt schließen.
Sachsen. Dresden, 29. September. (Dr. J.) Die Herzogin-Mutter von Genua ist gestern Abend um 10 Uhr aus Italien hier eingetroffen und auf dem böhmischen Bahnhof von dem König und der Königin, dem Prinzen Georg, den Prinzen Friedrich August, Johann Georg und Max, sowie den Prinzessinnen Mathilde und Maria Josepha auf das herzlichste begrüßt worden. — Der außerordentliche Botschafter des Kaisers von Oesterreich, Graf Ferdinand Trauttmannsdorff, Geheim⸗Rath und Oberst-Kämmerer, wird mit 4 Hofkavalieren heute 7 Uhr Abends über Prag erwartet, während der Großherzog von Toskana nebst Ge⸗ mahlin, sowie der Herzog Thomas von Genua um 10 Uhr eintreffen werden.
= 30. September. (W. T. B. Erzherzog Otto, der Bräutigam der Prinzessin Maria Josepha, traf . früh Si Uhr hier ein und wurde am Bahn— hofe, woselbst eine Ehren⸗Compagnie aufgestellt war, von dem König, den Prinzen Georg, Friedrich August, Johann Georg und Max und der gesammten Generalität begrüßt. Die Mitglieder der hiesigen österreichischen Gesandtschaft, sowie die zum Ehrendienst des Erzherzogs kommandirten Offiziere waren demselben bis Tetschen entgegengefahren. — Der Herzog von Genug und der Großherzog und die Groß⸗ herzogin von Toskana sind gestern Abend hier eingetroffen.
Leipzig, 29. September. (W. T. B.) Die Ein—⸗ weihung der neu erbauten Börse fand heute in Anwesenheit des Königs, der Minister der Finanzen und des Innern, des General⸗Direktors der saächsischen Staats⸗ bahnen, sowie der Spitzen der Behörden statt. Nachdem der König mit einem dreifachen Hoch begrüßt worden war, hielten Konsul Direktor Wachsmuth, Ober-Bürgermeister Dr. Georgi und der Börsenvorstand, Banquier Becker, Ansprachen. Bei dem hierauf folgenden Déjeuner drückte der König seine große Befriedigung über den Bau und die Einrichtungen der Börse aus.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Wei mar, 29. September
(Th. Corr.) Der Großherzog, der sich gestern nach Ba den⸗ Baden zur Feier des Geburtstages der Kaiserin begeben hat, wird gegen Ende der Woche von dort zurückerwartet. — Am Sonnabend treffen auch die Großherzogin von Hein⸗ richau in Schlesien und der Erbgroßherzog von einer nach Schluß der Kaisermanöver nach England unternommenen Reise hier ein. — Am 3. Oktober wird der Besuch des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg— Schwerin am Großherzoglichen Hofe erwartet. Der Landtag ist zur Wiederaufnahme und Beendigung seiner Berathungen auf den 11. Oktober einberufen worden. Es handelt sich in erster Linie um Fertigstellung des Etats für die nächste, am 1. Januar 1887 beginnende dreijährige Finanzperiode.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 29. September. (W. T. B.) Der Reichsrath hat seine Sitzungen heute wieder begonnen. Im Abgeordnetenhause richtete ver Abg. Heilsberg die Anfrage an den Minister-Präsidenten Grafen Taaffe, ob er geneigt sei, durch eine unzweideutige Erklärung die bezüglich des österreichisch-deutschen Bündnisses aufgetauch⸗ ten Gerüchte als eine müßige Erfindung zu bezeichnen.
Pest, 29. September. (W. T. B.) Das Unterhaus begann heute mit der Generaldebatte über die Vorlage, be— treffend die Verlängerung des Zoll- und Handels— bündnisses. Vor Schluß der Sitzung interpellirte Szilagyi den Minister-Präsidenten Tisza: ob er ein Protektorat Rußlands über Bulgarien mit dem Ber— liner Vertrage für vereinbar halte und ob die von einem Theile der deutschen Presse verbreitete Darlegung, wo— nach Bulgarien und Rumelien nicht in die Interessensphäre der österreichischen Monarchie falle und das Hauptgewicht der äußeren Politik Oesterreich-Ungarns in der Gewinnung einer großen zum Aegäischen Meere führenden Verkehrsstraße liege, mit den Prinzipien der Orientpolitik der Regierung über⸗ einstimme.
In einer Konferenz der liberalen Partei des Reichstages theilte der Minister-Präsident Tisza mit, daß er die Antwort auf die Interpellatio nen in Betreff der bulgarischen Frage morgen im Plenum des Unter— hauses ertheilen werde. In Anbetracht der Wichtigkeit des Gegenstandes und um etwaigen Mißverständnissen, welche durch Verbreitung einzelner Details seiner Antwort entstehen könnten, vorzubeugen, werde er von der gebräuchlichen vor— nen Skizzirung der Beantwortung vor der liberalen Partei absehen.
Großbritannien und Irland. London, 28. Sep— tember. (A. C.) In Folge einer Einladung des Lord— mayoxrs fand gestern im Man sion House ein vorläufiges Meeting von Bankiers und Kaufleuten statt, um den Brief des Prinzen von Wales zu erwägen, worin Se. König— liche Hoheit zur Cooperation behufs Gründung eines Reich 5— Instituts der Kolonien und Indiens, als des passendsten Andenkens an das Jubiläum Ihrer Majestät Regie— rung, einladet. Nach Ansprachen des Lordmayors, des Gouver⸗ neurs der Bank von England und Anderer wurde beschlossen, einen kleinen berathenden Ausschuß zu ernennen, der die besten Schritte zur Aufbringung der nothwendigen Geldmittel in Er— wägung ziehen soll.
Sydney Australien), 28. September. (R. B.) Die Eisenbahn nach Tenterfield innerhalb 10 Meilen von der Queensland⸗Grenze wird von dem Gouverneur und den Mitgliedern des iner am 19. Oktober eröffnet werden. Wenn die Eisenbahn auf der Queensland-Seite der Grenze fertiggestellt ist, werden Adelaide, Melbourne, Sydney und Brisbane durch einen Schienenweg in Verbindung gesetzt sein.
, Paris, 29. September. (W. T. B.) Der Minister-Präsident de Freycinet ist heute Mitta von Toulouse nach Montpellier weitergereist. — Alle republikanischen Blätter äußern sich beifällig über die Rede des hr de Freyeinet in Toulouse. Der „Temps“ sagt bezüglich der äußeren und kolonialen Politik: die Rede bringe die Meinung des ganzen Landes getreu und klar zum Ausdruck.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 30. Sep⸗ tember. . T. B. Der Kaiser und die Kaiserin sind gestern Abend von Szala nach Peterhof übergesiedelt.
Mos kau, 29. September. (W. T. B.) Die Mos. kauer Zeitung“ sagt bezüglich der von dem General Raul bars in Sofia abgegebenen Erklärung: der von dem Vertreter Rußlands angeschlagene feste Ton bekunde daß wie die Diplomatie sich auch gebahren möchte, der Wille del Lenkers der Geschicke Rußlands unbeugsam in seinen Ve⸗ schlüssen sei und über jeder Täuschung stehe, Europa werde zu der Einsicht gelangt sein, daß man Rußland die ihm gebührende Stellung in Bulgarien lassen müsse.
Zeitungsstimmen.
Die „Neue Reichs-Correspondenz“ schreibt über die Vortheile der Schutzzollpolitik:
In der freisinnigen Presse wird der von dem Staatssekretir von Boetticher in der Berathung des spanischen Dandelsvertraget für die Besserung der Ausfuhrverhältnisse Deutschlands angeführte Umstand, daß der angeschriebene Werth der Ausfuhr Deutschlandz in dem Jahre 1885 nur um einen Minimalbetrag geringer gewesen sei, als derjenige des besten 1879 unmittelbar vorhergehenden Jahres, als ein Beweis für das Gegentheil ausgegeben Dabei ist aber dreierlei übersehen. Zunächst ist, wie dich gerade von freisinniger Seite so stark betont ist, als ez galt, die Konseguenzen aus den aus den amtlichen Daten für die Handelsbilanz hervortretenden Zahlen zu bekämpfen, zu be— achten, daß die Ausfuhrzahlen der Zeit vor 1880 einen erheblichen Theil der Durchfuhr in sich schließen, also nur mit dieser Maßgabe mit den jetzigen Daten vergleichbar sind. Wenn daher zwischen 1i8rz und 1885 nach den offiziellen Daten eine geringfügige Veränderun des Zollwerths der Ausfuhr zu konstatiren ist, so bedeutet das au für den oberflächlich Unterrichteten in Wahrheit eine erhebliche Steigerung des Werthes der Ausfuhr.
. Ferner ist für die Beurtheilung der Frage, ob die Ausfuhr gewachsen ist oder nicht, selbstverständlich auch der Preis der expor— tirten Waaren von Bedeutung. In den meisten Zweigen der deutschen Ausfuhr sind aber seit 1878 die Preise sehr erheblich gesunken. Selbst unter der Voraussetzung eines gleichen Geldwerthes würde daher die Ausfuhr für 1885 immer noch quantitativ sich erheblich höher stellen, als die für 1878. Endlich kommt hinzu, daß die Bedingungen des eigenen Verbrauchs in Verbindung mit den Preisverhältnissen des Weltmarktes zu einer erheblichen Verschiebung in Bezug auf den Charakter der Ausfuhr geführt haben. Die Erzeugnisse der Land— wirthschaft, Zucker und Spiritus, und insbesondere das Getreide, schwinden unter der kombinirten Einwirkung beider Momente mehr und mehr in der Reihe der Exportwagren; die entstandene Lücke wird durch Erzeugnisse der Industrie ausgefüllt.
Für die letztere und die in derselben beschäftigten Arbeiter ergiebt sich hiernach aus dem amtlichen Zahlenmaterial, daß die Ausfuhr seit 1378 sowohl nach ihrem Gesammtwerth, als insbesondere nach der Masse der Ausfuhrwaaren erheblich gestiegen ist, und daß an dieser Vermehrung in verhältnißmäßig hohem Grade die Erzeugnisse der Industrie Theil genommen haben. Erhöhte Thätigkeit der letzteren bedeutet Vermehrung der Arbeit, Vermehrung der Arbeit eine Besserung in der Lage der Arbeiter. Gerade diese haben daher von der jetzigen Wirthschaftspolitik entschiedenen Vortheil.
— In der „Staatsbürger-Zeitung“ lesen wir:
Die polnische Presse in. Galizien und Russisch-Polen beschäftigt sich gegenwärtig sehr viel mit dem Polenthum in der Provinz Posen, ertheilt Rathschläge, was hier dem andringenden Deutschthum gegen— über das Polenthum zu thun habe und wie ihm zu helfen sei, und stellt dabei die Aussichten des hiesigen Polenthums in durchaus nicht rosigem Lichte dar. Eine in Lemberg seit 18 Jahren erscheinende Zeitung, die „Gazeta Wiejska“, geht ö. soweit, die Provinz Posen geradezu als einen verlorenen Posten zu bezeichnen. Sie weist darauf hin, daß das Polenthum hier nicht allein andauernd an Grundbesitz einbüße, sondern daß auch in neuerer Zeit, wo die Regierung zur Ansiedelung für deutsche Kolonisten Grundstücke ankauft, polnische Grundbesitzer der Regierung ihre Grundstücke zum Kauf anbieten. Es wird dann weiter bemerkt: „Der gegenwärtige Stand des Großherzogthumk würde sich uns nicht in so düsteren Farben darstellen, wenn wir sähen, daß die Polen in Preußen mit dem furchtharen Gegner auf den Ge— bieten der Wissenschaft, der schönen Künste, des Handels und. des Gewerbes kämpfen. Jedoch macht auch hier eine furchtbare Unthätig— keit sich bemerkbar. Das Posener Landhat in den letzten Jahrzehnten auch nicht einen einzigen großen Künstler und Gelehrten geliefert, der ganze Handel und das größere Gewerbe befindet sich in deutschen Händen, und das durch religiösen Mysticismus beeinflußte Volk er— wartet ein Wunder. Die ganze Thätigkeit des Großherzogthums Posen erschöpft sich nach einer Richtung — einer unpraktischen und völlig fruchtlosen — im Parlamentarismus. Die Provinz hat polnische Abgeordnete, welche meinen, daß sie durch das Aut—= sprechen einer schönen Tirade über das Thema der Necht= mäßigkeit. oder Nichtrechtmäßigkeit des Verfahrens der Regie— rung mit den Polen diese Regierung zur Anerkennung der nationalen Rechte zwingen — und allen genügt das! Fürwahr, eb ist dies ein verzweiflungsvolles und trauriges, aber wahres Bild, und keine Aenderung zum Bessern verkündet, keine Hoffnung gewährt uns das Großherzogthum Posen.“ — Der in Posen erscheinende , Oren— downik‘, welcher sich mit diesem Artikel beschäftigt, widerstreitet den in demselben gemachten Angaben und weist darauf hin, daß das polnische, Element, neuerdings in seinen mittleren Schichten sowohl ö. Nationalgefühl, wie im Wohlstande wachse und zu Kräften omme.
— Die „Magdeburgische Zeitung“ weist auf die in dem offiziellen Organ der deutschen Sozialdemokratie für die amerikanischen Anarchisten laut werdenden warmen Sympathien folgendermaßen hin: r
Schon einigemale hat der „Sozialdemokrat“, der bekanntlich in Zürich gedruckt und von dort aus nach Deutschland und Desterreich verschickt wird, Veranlassung genommen, die in Chicago verurtheilten Anarchisten unter seine besondere Obhut zu nehmen und sie seiner Sympathie und Liebe zu versichern. In der jüngsten Nummer be— zeichnet das Blatt den Anarchistenprozeß als eine „Angelegenheit von allgemein stem politischen und menschlichen Interesse“. Die verurtheilten Anarchisten werden als die „Spfer eines von der Parteileidenschaf diktirten Tendenzurtheils“ hingestellt, und um das Maß seiner Güte voll zu machen, sendet der „Sozialdemokrat“ haare 500 4 na Chicago zur Unterstützung der Anarchisten, welche bekanntlich eine Revision des Prozesses anstrengen.“
— Die „Berliner Börsen-Zeitung“ theilt ein Rundschreiben des Grubenvorstandes der Zeche „Consolidation“ bei Schalke über das auf einem der dortigen Schachte vor— . Grubenunglück mit, in welchem Schreiben es Uu. A. heißt:
.=. Eine ausreichende Unterstützung der Hinterbliebenen der Verunglückten und hülfreicher Beistand werden durch die segensreichen n . Bestimmungen des Unfall⸗Versicherungsgesetzes gewähr⸗ etstet.
— In den „Mecklenburgischen Anzeigen“ finden wir folgende Notiz: er . zwischen Deutschland und Frankreich hat im letzten Jahrzehnt eine vollständig veränderte Gestalt angenommen. Im Jahre 1875 stellte sich die Einfuhr von Deutschland nach Frankreich auf 349 . die Ausfuhr von Frankreich nach Deutsch⸗ land auf 4245,) Millionen Franes, so daß die Handelsbilan; in Frank reich eine Mehrausfuhr von 779 Millionen ergab. Nach Einführung des neuen Zolltarifg stieg im Jahre 1382 die Einfuhr von Deutsch' land nach Frankreich auf 476,5 Millionen Franes und die Ausfuhr
von Frankreich nach Deutschland ging auf 338,8 Millionen zurück, so daß der Ueberschuß der deutschen Einfuhr über die französische Ausfubr 1357 Millionen Francs betrug. Seitdem bat freilich die schlechte Konjunktur, unter der die Industrie in der ganzen Welt zu leiden hat, auch hier ihre Wirkung ausgeübt, denn im Jahre 1884 petrug die Einfuhr von Deutschland nach Frankreich nur noch 416,) Milllonen und die Ausfuhr von Frankreich nach Deutschland nur noch zr Millionen, so daß in diesem Jahre der Ueberschuß der deutschen
andelsbilanz nur 89 Millionen ausmachte. Es ist aber ein sehr günstiges Zeichen für den deutschen Export, daß die Ausfuhr von Manufakturen aus Deutschland im Allgemeinen seit dem Jahre 1874 sich mehr als verdoppelt hat. Während die gesgmmte Ausfuhr in liesem Artikel in jenem Jahre 841.8 Millionen Mark betrug, ist sie im Jahre 1884 bereits auf 1730 Millionen Mark angewachsen.
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Armee⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 23. — Inhalt: Verordnung, betreffend nähere Festsetzungen über die Gewährung von Tagegeldern und Fuhrkosten an die Beamten der Militär und Marlneverwaltung. Vom 27. Juli 1888. — Ausgabe neuer Aus—⸗ rüstungs⸗Nachweifungen. — Anwendung des Militärtarifs beim Eisen⸗ bahntransport von Militärgut. — Garnison-Verpflegungs-Zuschüsse für das 4. Quartal 1886.
Statistische Nachrichten.
Ueber die Lebens⸗-„‚Unfall- und Rentenpersicherung in Preußen in den Jahren 1883 und 1884 entnehmen wir einer Ab- handlung, von H. Brämer im 1. und 2. Heft Jahrgangs 1888 der Zeitschrift des Königlich Preußischen Statistischen Buregus“ folgende angaben und Ziffern: Mit der eigentlichen Kapitalversicherung auf den Todesfall befaßten sich zu Ende 1884 in Preußen (ebenso wie Ende 1882) 22 preußische Gesellschaften und Anstalten (davon 7 auf Gegenseitigkeit und 15 auf Aktien), I1 andere deutsche (6 auf Gegen— seitigkeit und 5 auf Aktien) und 17 außerdeutsche (3 auf Gegenseitig⸗ keit und 14 auf Aktien), im Ganzen also 50 Gesell— schaften und Anstalten (davon. 16 auf. Gegenseitigkeit und z4 auf Aktien). Läßt man die hierunter befindliche Pariser 6 schaft „Orédit viager“, welche ebensowenig wie in den Verjahren über ihr preußisches Geschäft berichtet hat, außer Betracht, fo betrieben von den übrigen 49 Gesellschaften in Preußen außerdem j5 die Begräbnißgeld⸗ (Sterbekassen⸗) Versicherung, 40 die Kapital⸗ versicherung auf den Erlebensfall in verschiedenen Formen, 7 die Unfallversicherung und 33 die Rentenversicherung. Außer den 49 Ge— sellschaften waren ferner in Preußen thätig: 1 für Begräbnißgeld⸗ und Rentenversicherung, 2 für Kapitalversicherung auf den Erlebens— fall und Rentenversicherung, 1 für Kapitalversicherung auf den Erlebensfall, 8 für Unfallversicherung und 4 für Rentenversicherung, sodaß, einschließlich des „Crédit viager“, in den beiden Jahren sich 665 Gesellschaften in Preußen mit einem oder mehreren Zweigen der Lebens⸗, Unfall- und Rentenversicherung befaßten. — Was die Be— stände der eigentlichen Kapitalpersicherung auf den Tosesfall betrifft, so ist die Zunahme derselben in den beiden Jahren 1883 und 84 er— heblich größer gewesen als in irgend einem früheren seit 1867. Es waren nämlich versichert 1883 465 792 Personen (Zahl der Policen) für im Ganzen 1433 160 889 M, also durchschnittlich für die Person zo?7 MS; die Zunahme gegen 1882 (4353 961 Personen bezw. Policen, für 1353 138737 „½, also durchschnittlich 3083 M6) betrug mithin 26 831 Personen und 80 022152 „. Versicherungs—⸗ summe, wogegen die durchschnittliche Summe für die Person um 6 M abnahm. Im Jahre 1884 waren versichert 497 636 Personen (Zahl der Policen) für die Gesammtsumme von 16531 790 259 t, also durchschnittlich 3078 ½½ für die Person; die Zunahme gegen 1883 betrug mithin 31 844 Personen, 93 29 370 M. Ver—⸗ sicherungssumme und 1 (9 mehr durchschnittlich für die Person. Für 1867 waren die entsprechenden Ziffern: 183 009 Personen Policen), 520 897 929 M Versicherungssumme, 2771 „S im Durch2 schnitt für die Person. Für 1868 bezifferte sich die Zunahme an Personen auf 28 933, an Versicherungssumme auf 62 403 780 ct. Die nächsthöchsten Ziffern der Zunahme an Versicherungssumme nach 1883 (80 022 1573 A). 1884 (98 629 370 60) zeigen 1873 (8 980 0s A), 1874 (74 319 168 M) und 1875 74 227 451 16); die höchsten Ziffern der Personenzunahme nach 1884 (31 844) die Jahre i869 (25 475 Personen), 1868 (29 933 Personen), 1883 (E26 8Sz1 Personen) und 1873 (26 608 Personen). — Trotz dieser be⸗ trächtlichen Zunahme steht jedoch die Ausbreitung der Lebensversiche⸗ rung in Preußen im Verhältniß zur Bevölkerungszahl noch immer sehr bedeutend hinter denjenigen anderer Kulturländer, namentlich Englands und Nord-Amerikas, zurück. Worin die Ursachen hierfür zu suchen seien, ist, wie Brämer sagt, schwer zu entscheiden. Unsere Lebensversicherungs⸗Anstalten ständen in ihren Bemühungen zur Werbung neuer Versicherungen wohl. kaum hinter den englischen und amerikanischen Gesellschaften zurück, in Bezug auf Solidität und finanzielle Lage im Allgemeinen gewiß noch weniger, so daß ein irgend verbreitetes Mißtrauen des Publikums in dieser Hinsicht kaum anzu— nehmen sei. Vielleicht stehe aber gerade umgekehrt eine zu große Soli⸗ dität, d. h. eine allzu große Aengstlichkeit in der Auswahl der Risiken einer schnelleren Ausbreitung der Lebensversicherung bei uns im Wege. Das regelmäßige Zurückbleiben der wirklichen Sterblichkeit hinter der rechnungsmäßigen Erwartung gebe dieser Vermuthung wenigstens eine gewisse Berechtigung. Die große Zahl der alljährlichen Ablehnungen don Versicherungsanträgen schaffe den Gesellschaften viele Gegner und beeinflusse auch weitere reife der Bevölkerung. Es müsse dahingestellt
leiben, ob eine vorwiegende Rücksichtnahme auf möglichst große finan— zielle Erträgnisse und auf hohe Dividenden für die Versicherten, worin die großen, foliden Gefellschaften mit einander wetteifern, polkswirthschaftlich den Vorzug verdiene vor einer, durch etwas weniger Aengstlichkeit der Aufnahme zu erreichenden wefentlich größeren Zu— nahme der Versicherungen. Als einen weiteren Grund für die ver⸗ hältnißmäßig geringere Ausbreitung der Lebensversicherung könnte man auch die geringere Wohlhabenheit unferer Bevölkerung anführen; allein dieselbe finde bereits ihren vollen Ausdruck in den weit niedrigeren Durchschnittsbeträgen unferer Versicherungen im Vergleich zu denen in ngland und Rord-⸗Amerika. — Der schon oben verzeichnete Rückgang der durchschnittlichen Versicherungssumme (1879 37 6, 1880 4 4, 1881 15 46, 1882 53 M, 1883 — 6 6, 1884 1 6) in den letzten beiden Jahren hat jedoch feinen Grund lediglich in der erheblichen Zunahme der Arbeiterverficherung mit kleinen Beträgen. So befanden sich, unter den rund 69 060 Versicherungen der Gesellschaft „Friedrich Wilhelm“ in ihrem Gesammtgefchäft zu Ende 1884 nahezu 7 000 Sterbekafsen- und Arbeiter ⸗Versicherungen im Durchschnitts⸗ betrage von 263 ½ς gegen 18 568 zum Durchschnitts betrage, von 239 6 zu Ende 1882. 2 Die Zunahme an versicherten Personen von Ende 1867 bis Ende 1854 betrug bei den deutschen gegenseitigen Gesellschaften 197759, bei den Gesellschaften auf Aktien 139 768, bei den außerdeutschen Gesellschaften 11 100 Personen. Der Bestand zu
Ende 1834 bezifferte sich fomit bei den deutschen gegenseitigen. Gesell ⸗·
schaften (1867 Vestand 36 bb Perfonen) guf 144 3153 Personen, hei den deutschen Aktien ⸗Gesellschaften (1867 Bestand 139 631 Personen) auf 330 449 Personen, bei. den außerdeutschen Gesellschaften AIs67 Bestand II 769 Personen) auf 22 869. Personen. Die versicherten Gesammtsummen bezifferten sich Ende 1884 bei, den deutschen gegenseltigen Gefelifschafken auf S6 671 245 M, seit Ende 1867 (iz? 241 054 6), alfo um 429 430 191 46 mehr, bei den deutschen Aktien ⸗Gefellschaften Ende 1884 auf 873 094 g34 4M, seit 1867 C339 S9 85 M alfo um 33 264 49 6 mehr, bei den, außer. deutschen Gesellschaften auf 92 024 080 A, seit 1867 (13 766 30 6) also um 48 2575 296 0 mehr. Der Pprozentsatz der Bethei⸗ ligung an dem Gesammtbestande hat sich seit 1867 wesentlich zu Gunsten der deutschen Gegenseitigkeits⸗ Gesellschaften. ver⸗ schoben (versicherte Personen 1867 154 JoUð 1584 24 0. Co, versicherte Summen 1867 26,55 oo, 1854 37.0 o; bei den Aktiengesellschaften 1867: versicherte Berfonen 7a, 3 /o, 1884 66,4 o, versicherte Summen:
1867 65,3 o/ 1884 570 0½), jedoch war das ahsolute Anwachsen in den meisten Jahren bei den deutschen Aktiengesellschaften ein stärkeres; zu berücksichtigen ist dabei aber, daß die Zahl der deutschen Aktien gesellschaften erheblich größer ist als diejenige der gegenseitigen. Für die ausländischen Gesellschaften berechnen sich die Prozentantheile an dem ganzen Bestande, wie folgt: versicherte Personen 1867 6,3 O/o, 1884 4,600, versicherte Summen 1867 8,4 ͤ0, 1884 6, Ou. — Was die einzelnen Gesellschaften betrifft, fo haben unter den deutschen gegenseitigen in den beiden Berichts jahren die Lebens ver⸗ sicherungsbank für Deutschland in Gotha mit 23,7, die Leipziger Lebensversicherungs · Gesellschaft mit 108, die Allgemeine Versorgungs⸗ anstalt in Karlsruhe mit 101, die Stuttgarter Lebensversicherungs⸗ und , . mit 8,9, der Preußische Beamtenverein mit 7.5, die Hannoversche Lebensversicherungs⸗Anstalt mit 5,3, die Iduna in Halle a. S. mit 4,5 Millionen Mark den größten reinen Zugang in Preußen gehabt; bei den deutschen Aktiengesellschaften desgleichen die Germania in Stettin mit 14,5, die Magdeburger mit 9,9, die Ber— linische mit 73, die Lebens- u. s. w. Versicherungsgefellschaft Friedrich Wilhelm in Berlin mit 5,9, die Concordia in Köln mit 5,2 und die Teutonia in Leipzig mit 45 Millionen Mark; unter den außer— deutschen Gesellschaften hingegen die Eaguitable in New -⸗Nork mit 5,7, die New⸗NYork Lebensversicherungs⸗Gesellschaft mit 5,3 und die Germania in New ⸗Jork mit 40 . — Das Verhältniß der Prämien⸗Einnahmen und der Schäden⸗ zahlungen zu den Kapital-Versicherungen auf den Todesfall (ein⸗ schließlich der Begräbnißgeld-Versicherungen) stellte sich 1883 wie folgt dar: Gesammt ⸗Versicherungssumme am Schluß des Jahres 1448446 545 M6, Prämien⸗Einnahmen 48 4ę2 899 M, also pro Mille der Versicherungssumme 33,45, Schädenzahlungen 22 027486 , also pro Mille der Versicherungssumme 1521, und 45,5 υ der Prämien; für 1884: Versicherungssumme 1 547 446 845 M1, Prämien- Einnahmen 52 288 560 S, also pro Mille der Versicherungssumme 33,79, Schädenzahlungen 22 819 211 ½, pro Mille der Versicherungs⸗ summe 14,75 und 43.6 (C der Prämien. (1367 betrug die Versiche⸗ rungssumme b35 169 580 , die Prämien⸗Einnahmen 166533 602 , also pro Mille 31, 08, die Schädenzahlungen 8 282 574 M, also pro Mille der Versicherungssumme 15,48 und 49,8 o der . Daß die Promille⸗Beträge der Prämien von 30,87 (im Jahre 1876) bis (1883) 33,45 und 335,75 (1884) gestiegen sind, erklärt sich aus der vermehrten Einführung der Versicherungen mit Gewinnantheil auch bei den Aktien⸗ gesellschaften, welche , Prämiensätze bedingt. Die Promille⸗ Beträge der Schädenzahlungen sind für beide Berichtsjahre niedrig (1884 14,75, 1883 15,21, gegen 18,34 im Jahre 1871, 16,54 in 1870, 15,78 in 1879, 15,73 in 1878), jedoch ist dabei die größere Zunahme der Versicherungssummen in beiden Jahren in Betracht zu ziehen. — Die gleichfalls für die letzten Jahre besonders günstigen Prozentsätze der Schädenzahlungen im Vergleich zu den Prämien (1878 49,8, 1879 49,2, 1880 46,5, 1881 45,6, 1882 45,4, 1883 45,5, 1884 43,6) werden außerdem durch die Erhöhung der durchschnittlichen Prämien⸗ sätze beeinflußt. . ⸗
Was die Unfallversicherung betrifft, so waren die Ergebnisse der⸗ selben in den Berichtsjahren folgende: 1883 605 631 versicherte Per— sonen, H 700 837 c. Prämien-Cinnahmen; 3329 405 6 Schäden⸗ zahlungen (658,4 ! der Prämien); 1884 575 581 Personen, 6 813 922 M Prämien⸗Einnahmen, 3 983 442 6 Schädenzahlungen (58, oo der Prämien). Im Jahr 1873 war die Zahl der Personen 260 116, waͤhrend die Prämien- Einnahmen I44 448 „MS, die Schädenzahlungen 241 803 6 (265,6 0 der Prämien) betrugen. Für 1881 und 1882 bezifferten sich die entsprechenden Rubriken wie folgt: 562 806 bezw. 572773 Personen, 4 201 162 bezw. 4 860 592 S Prämien-Einnahmen, 2 382 632 bezw. 2 828 437 416 Schädenzahlungen (56, bezw. 58,2 0 der Prämien). Die Angaben für die Jahre 1883 und 1884 lassen mithin ein aber—⸗ maliges Steigen der Prämien⸗Einnahmen und Schädenzahlungen er⸗ kennen; jedoch ist diesem Umstande keine große wirthschaftliche Be⸗ deutung zuzuschreiben, denn die für die Unfallversicherung mit in Be⸗ tracht kommenden Fabrikarbeiter⸗ und Handwerker⸗Unterstützungskassen, die Knappschaftskassen, die Gewerkvereine und die besonderen Unfall versicherungs⸗Genossenschaften für einzelne Industriezweige und Bezirke weisen jedenfalls weit höhere Zahlen auf; durch die 1835 ins Leben getretenen obligatorischen Berufsgenossenschaften aber ist den eigent⸗ sichen Unfallversicherungs⸗Gesellschaften bekanntlich vollends der Boden für eine umfangreichere Wirksamkeit entzogen worden.
In die Renten⸗-Versicherung lassen die wenigen, in den amtlichen Nachweisen enthaltenen Daten eingehendere Einblicke nicht zu, auch setzt die große Verschiedenartigkeit der Einrichtung der einzelnen Renten ⸗Anstalten einer zusammenfassenden statistischen Uebersicht ihrer Ergebnisse große Schwierigkeiten entgegen. Brämer berechnet in Preußen für Ende 1883 71 449 und für Ende 1884 71 359 bei deut— schen Gegenseitigkeits⸗-Anstalten versicherte Personen, wogegen die ent⸗ sprechenden Ziffern bei den deutschen Aktiengesellschaften für 1883 As, für 1884 aber 2521 (bei außerdeutschen 192 bezw. 171) be— trugen. Wie es scheint, haben demnach die Rentenversicherungen der Lebensversicherungs ⸗Gesellschaften auf, Gegenseitigkeit in Preußen im Ganzen einen kleinen Rückgang, diejenigen der Aktiengesellschaften einen nicht unerheblichen Zuwachs erfahren.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
„Geh. Rath Dr. S. Wiese's Sammlung der Verord—⸗— nungen und Gesetze für die höheren Schulen in Preußen“; Dritte Ausgabe, bearbeitet und bis zum Anfang des Jahres 1886 fortgeführt von Prof. Dr. Ot to Kühler, Direktor des Königlichen Wilhelms ⸗Gymnasiums zu Berlin. Erste Abtheilung. Die Schule. Berlin, Verlag von Wiegandt u. Grieben, 1886. Preis 8 Me 50 4. — Inhaltsangabe: J. Die gesetzliche Grundlage des höheren Schul⸗ wesens. II. Die verschiedenen Arten der höheren Schulen. Ihre Aufsichtsbehörden und deren Obliegenheiten. III. Errichtung und Er⸗ haltung der höheren Schulen. IV. Der Unterricht. V. Zeit- ordnung der Schule, häusliche Beschäftigung. Pädagogische und disziplinarische Einrichtungen. VI. Verschiedene Bestim⸗ mungen über die höheren Schulen. VII. Prüfungen und Prüfungszeugnisse. VIII. Geltung der, Schulzeugnisse in öffent· lichen Verhältnissen. A. Im Civilgebiet. B.. Im militärischen Gebiet. — Nachträge. CEhronologisches Register. Sachregister. — Auf Wunsch des Geheimen Ober ⸗Regierungs⸗ Raths a. D. Dr. Wiese hat sich Professor Dr. Kübler der Bear⸗ beitung der vorliegenden dritten Ausgabe unterzogen. Derselbe hat die Anordnung in wesentlicher Uebereinstimmung mit den früheren Ausgaben (erste 1867, zweite 1875) gehalten. Weggelassen sind am Schluß der ersten Abtheilung die Abschnitte 1X und X der zweiten Ausgabe wegen ihrer Beschraͤnkung auf einzelne Anstalten und be— sondere Verhältnisse. Die eingreifendste Veranderung liegt in Ab—⸗ schnitt IV, in welchem nach Erlaß der revidirten Lehrpläne vom 31. März 1882 nothwendig geworden und überhaupt zweck mäßig erschienen ist, die normativen Grundlagen des Cirkularresfripts vom 34. Oktober 1837 und ihre erste Modifizirung durch die Cirkular⸗ verfügung vom 7. Januar 1866, sowie die Unterrichts⸗ und Prüfungs⸗ Ordnung der Realschulen und der höheren Bürgerschulen vom 6. Sk⸗ tober 1559 in ihrem eigenthümlichen Zusammenhange herzustellen, während sie vorher nach einzelnen Abschnitten an diejenigen Stellen vertheilt waren, auf welche sich ihre Bestimmungen bezogen. Auf⸗ gehobene Verordnungen sind nicht wieder qufgenommen; von einigen jedoch sind noch diejenigen Theile, auf welche noch Bezug genommen werden kann, soweit als erforderlich, wieder abgedruckt. — Sehr an⸗ genehm ist es, daß bereits dieser ersten Abtheilung zwei besondere Register, ein chronologisches und ein Sachregister, der leichtern. Be⸗ nutzung halber beigegeben sind. Die zweite Abtheilung (.Das Lehramt und die Lehrer“) hofft Professor Dr. Kübler noch im Laufe dieses Jahres bearbeiten zu können. — Das vorliegende Buch dürfte in seiner jetzigen bedeutend vervollkommneten, Gestalt nicht nur den Lehrern an den höheren Lehranstalten, den Mitgliedern der städtifchen Schuldeputationen, Schulkuratorien und Schul—⸗ kommissionen, sondern auch Allen, welchen an einer authentischen Auskunft über die Geltung der Schulzeugnisse in den öffentlichen
Verhältnissen, deren Berechtigungen und die Bedingungen der Zu ⸗ lassung zu Prüfungen, Bildungeinstituten und verschledenen Berufs⸗ arten gelegen ist, ein sehr erwünschter Rathgeber sein. 2.
— „Studien über Entwickelung, Ergebnisse und Gestaltung des Vollzugs der Freiheitsstrafe in Deutschland ?. Von Adolf Streng, Gefäͤngniß ⸗Direktor, Stutt⸗ art. Verlag von Ferdinand Enke. 1886 — Inhalt: I. Geschicht⸗ iches: Ein Kriminalprozeß aus dem 16. Jahrhundert. — Die Straf⸗ rechtswissenschaft im 18. Jahrhundert. — Die Zustände auf dem Gebiete der öffentlichen Sicherheit in Deutschland. — Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts. — Das Zuchthaus im 18. Jahrhundert. — Die Nürnberger Gefängnisse im Anfang dieses Jahrhunderts. — The State Penitentiary at Philadelphia. — JJ. Statistik: Bayerische Kriminalstatistik. — Nachtrag zur bayerischen Kriminalstatistik. — Die hamburgische. Gefängnißstatistik im Vergleich mit der deutschen Kriminalstatistik. — III. Straf⸗ vollzug: Rückblick auf die Entwickelung des Gefängnißwesens und Strafvollzuges im Deutschen Reich. — Gewohnheit verbrecher sind durch, ausgiebige Kriminalstrafen, nicht durch Verwahrung in Arbeitshäusern unschädlich zu machen. — Ueber Verlegung der Altersgrenze strafrechtlicher Verfolgbarkeit vom voll⸗ endeten 12. auf das vollendete 14. Lebensjahr. JV. Kritiken: Gegen die Freiheitsstrafe. Ein Beitrag zur Kritik des heutigen Strafsystems von Dr. Otto Mittelstädt. — Beiträge zur Lehre von der Strafe, Von Professor Dr. Richard Sontag. — Der Gesetzentwurf über Bestrafung der Trunkenheit. — Der Verfasser, gegen⸗ wärtig Direktor des Zellengefangniseß bei Hamburg, über⸗ giebt in dem vorliegenden Buche, welches das Motto; „Pitia erunt doneèe homines“ trägt, eine Reihe zum Theil vereinzelt er schienener Aufsätze als Fortsetzung früher veröffentlichter Studien über das Zellengefängniß in Nürnberg, dessen Direktion er früher geführt hat, und die Aufgaben des Strafvollzuges gesammelt der Oeffentlich⸗ keit. Er bezweckt, durch dieselben einen Beitrag zur Klärung, des Verständnisses der Leistungen und Aufgaben der Kriminal⸗ justiz in einer nicht weit hinter uns liegenden Zeit, zur Befestigung des Vertrauens zur Strafrechtspflege unserer Zeit und zur Förderung der weiteren Entwickelung des Straf— vollzugs im Geiste verständiger Humanität zu, liefern. — Die Lektüre dieser interessanten, sehr lehrreichen Studien sind nicht nur den Kriminalisten und Strafvollzugsbeamten, sondern auch allen den⸗ jenigen, welche Antheil an den auf dem weiten strafrechtlichen Gebiet sich überall zeigenden neuen Gesichtspunkten, neuen Zielen, neuen Auf⸗ gaben nehmen, aufs wärmste zu empfehlen.
Veterinärwesen.
Nachrichten über Verbreitung von Thierkrankheiten im Auslande. Oesterreich. zahl d 2 4 er dand infizirten Orte: Laut der am 7. September 1886 vorliegenden Meldungen: Lungenseuche. J 1 , 14 w 13 ,,,, 3 ö i;; 4 ,o 11 Schafräude. , , 1 Laut der am 14. September 1886 vorliegenden Meldungen: Lungenseuche. J i;ꝗ 1 , . 13 ö 12 ,, 3 J i; 5 JJ 20 Schafräude. K ö Laut der am 21. September 1886 vorliegenden Meldungen: Mähren . wd 11 ä i te, Nieder⸗Oesterreich Gch ßen Ober⸗Oesterreich .
Schafräude.
Böhmen. w Ungarn.
Vom 17. bis 24. August 1886. Milzbrand . . in 33 Komitaten 74 Gemeinden ,,, . ) 18 ( Maul⸗ und Klauenseuche.. . 3 ‚ .
Vom 24. bis 31. August 1886. Milzbrand. J in 26 Komitaten 75 Gemeinden g m nn,,,z//e/, ö ⸗ Maul⸗ und Klauenseuche ... 3 ö . ĩ.
Schweiz. Vom 16. bis 31. August 1886. Maul⸗ und Klauenseuche.
Kantone: Infizirt: . Bern. . . in 2 Gemeinden 2 Weiden mit 70 Rindern, Graubünden. . 1 Gemeinde 1 Weide „ 58 5 Neuenburg 1 . 1Stall . 4 Schweinen,
Gewerbe und Handel.
Im Juni d. J. waren 26 Jahre verflossen, tn der Oberfchlesifche Berg- und Hüttenmännische Verein be⸗ gründet worden ist. Ber letztere hat einen Rückblick auf seine 25 jährige Thätigkeit als Interessenoertretung der oberschlesischen Montan⸗Industrie veröffentlicht, welcher aufs Neue zeigt, wie erfreulich der Aufschwung gewesen ist, den die industriellen Verhältnisse in Oberschlesien genommen, haben. Im Jahre 1861 belief sich die Förderung der Steinkohle in Ober⸗ schlesien auf 2665 333 t; dieselbe stieg bis zum Jahre 1885. auf 13733531 t. Die Zahl der im Steinkohlenbergbau beschäftigten Arbeiter bezifferte sich im Jahre 1861 auf 12812, im Jahre 1855 auf 40214. Die Roheisenproduktion, welche im Jahre 1861 97471 t ausmachte, stieg im Jahre 1885 auf 413 638 t. Im Jahre 1861 wurden an Schmiedeeisen und Stahl her⸗ geftellt 62058 t, im Jahre 1889 2653 457 t, so . die Produktion eine Steigerung um mehr als das Vierfache erfahren hat. Zinkerz wurden gefördert 283 487 im Jahre 1861 und 606 606 t im Jahre 1885. Die bei der Erzförderung beschäftigte Arbeiterzahl wuchs von 5963 im Jahre 1861 auf 10194 Köpfe im Jahre 1885. Die Arbeitslöhne zeigen von 1861 ab eine ununterbrochen steigende Tendenz. Während ihr die englische Steinkohle den Berliner Markt fast vollständig beherrschte, ist sie bis auf einen geringen Prozentsatz von der deutschen Kohle verdrängt, Im Jahre 1862 wurden in Berlin verbraucht: 180 339 t englische und 168 628 t deutsche Steinkohlen, im Jahre 1885 109868 t englische und 1029533 t deutsche Steinkohlen.
Breslau, 29. September. (W. T. B.) Ein Telegramm der Bresl. Ztg.“ aus hien vom heutigen Tage meldet: Auf dem oberschkefischen Roheifenmarkt haben in den letzten Tagen
sehr umfangreiche Abschlüsse in Puddelroheisen stattgefunden,
durch welche die Produktion der bedeutenderen Hochofenwerke bis zum Ende des nächsten März verkauft ist. Die Marktlage hat hierdurch einen völligen Umschwung erfahren. Für einen beträchtlichen Posten wurde der Preis von 2,25 S pro Centner ab Hochofenwerke bereits
gern angelegt.
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