trieben werde und viel Bewegung vorhanden sei. Die spanische Regierung läßt die Grenze, namentlich an der Seite nach San Sebastian hin, scharf überwachen.
— 6. Oktober. (W. T. B.) Die Administrativ⸗ kommission des Institut de France beschloß mit 90 von 118 an der Sitzung Theilnehmenden, die Schenkung des Herzogs von Aumale anzunehmen und demselben den Dank des Instituts für die hochherzige und patriotische Frei— gebigkeit auszusprechen.
Spanien. Madrid, 6. Oktober. (W. T. B.) Gestern wurde der Königin im Theater eine großartige Ovation dargebracht. Von allen Seiten erscholl der Ruf: „Es lebe die Königin, es lebe Alphons XIII.“ — Die Strafe der zum Tode verurtheilten Aufständischen wurde in Ver—⸗ bannung nach den Presidios und lebenslängliche Einschließung umgewandelt.
Griechenland. Athen, 4. Ottober. (A. C) Das Mittel meer-Geschwader unter dem Befehl des Herzogs von Edinburg wird am nächsten Mittwoch im Piräus erwartet, wo es bis zum 11. d. M. ankern wird.
Süd⸗Amerika. Argentinien. Buenos Aires,
J. Oktober. (W. T. B.) Während des Monats August sind
hier 33 Dampfer mit 5615 Einwanderern eingetroffen.
Die Zollein nahmen betrugen während desselben Monats
— ö 000 Piaster für Buenos⸗-Aires und 403 000 Piaster für osario.
Zeitungsftimmen.
Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ schreibt über den Reichstag und die Sozialdemokratie:
Die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion in der letzten kurzen Reichstagssession und der eigenartige Nutzen, welchen die Herren Singer, von Vollmar, Bebel u. s. w. bei dieser Gelegenheit von ihrem Mandat als Volksvertreter gezogen haben, beschäftigt noch immer die Presse. Es ist bekannt, daß die Sozialdemokraten die Verhandlungen dieser Session muthwillig hinausgeschleppt haben, und zwar mit der offen ausgesprochenen Begründung, daß der Reichs⸗ tag der einzige Ort sei, wo sie unbehelligt von der Polizei ihre Partei⸗Angelegenheiten mit einander berathen könnten, weil ihre „Fraktionssitzungen“. auch wenn dieselben nicht das Geringste mit den Reichstagsgeschäften zu thun, haben, Niemand stören darf. Selbst die „Frankfurter Zeitung“ sprach dieser Erklärung gegenüber von einer gewissen naiven Offenheit“, aber wir möchten die Dinge, um die es sich hier handelt, doch noch etwas be⸗ stimmter kennzeichnen. Wir wünschen also festzustellen, einmal daß nach dieser sozialdemokratischen Praxis der Reichstag angefangen hat, ein Schlupfwinkel für solche Handlungen oder ihre Vorbereitungen zu werden, welche außerhalb seiner Mauern, weil gegen die Ordnungen unseres Staates gerichtet, der gesetzlichen Ahndung verfallen würden, und zweitens, daß die Sozialdemokraten ihr Reichstagsmandat und die damit verbundenen persönlichen Bevorzugungen eingestandenermaßen auch zu solchen Zwecken ausnutzen, welche ganz außerhalb der Äb— sichten des Gesetzgebers, der die Institution dieser Volksvertretung geschaffen hat, liegen.
Ein solcher Zustand erscheint uns unhaltbar, nicht weil er uns unbequem und verdrießlich ist, was ja unter Umständen auch eine Richter'sche oder Windthorst'sche Rede sein mag, ohne daß wir anders als durch Wort und Schrift gegen diese Gegner ankämpfen können, sondern weil er sich gegen den Geist unserer verfassungsmäßigen Ein“ richtungen setzt und dadurch, daß er sie auf eine neue Grundlage stellt und auf ein neues Anwendungsgebiet hinüberführt, mit innerer und äußerer Nothwendigkeit ihren Fortbestand unmöglich machen würde. Denn es liegt auf der Hand. daß der Reichstag dazu da ist. um das Deutsche Reich bauen, aber nicht um es zerstören zu helfen, um bestimmte Funktionen auf dem Gebiet der Gesetzgebung und der Ueberwachung unseres Finanz wesens auszuüben, und daß. wenn er noch etwas Anderes sein und treiben will, wenn er ein Schirmdach für ein geheimes, ungesetzliches Konventikelwesen und für Berathungen werden soll, welche mit den ihm vorgezeichneten Aufgaben nichts zu thun haben und ihre Spitze gegen die bestehenden Staatsordnungen richten, er sich mit dem Grund— charakter seines Wesens in Widerspruch setzt, sich selbst negirt, und einer Reform entgegengeführt werden müßte, welche einen derartigen Mißbrauch ausschließt.
Diese Erwägungen erhalten ein neues Verstärkungsmoment, wenn die hier berührte Erscheinung nicht vereinzelt bleiben soll, wenn es sich also beispielsweise bewahrheiten würde, was jetzt von verschiedenen Seiten gemeldet wird, daß die sozialdemokratischen Abgeordneten an den eigentlichen Arbeiten des Reichstages, im Plenum und in den Kommissionen, überhaupt nicht mehr theilnehmen, sondern ihr Mandat, nur noch dazu benutzen wollen, um bei passenden Gelegenheiten auf der Tribüne des Reichstages Agitatlonsreden zu halten. Um diese „passenden Gelegenheiten“ꝰ nach Möglich— keit zu vermehren, sollen, wie es heißt, die Parteigenossen auf— gefordert werden, den Reichstag mit Petitionen zu überfluthen, auf deren Besprechung im Plenum gerechnet werden darf. Wir ständen hier glso vor der ausgesprochenen AÄbsicht, die eigentliche Arbeitsthätigkeit des Reichstages zu stören, ihn an der Erfüllung des Zweckes, zu dem er geschaffen ist, zu hindern und dafür das Parlament des deutschen Volkes mit seinen in aller Oeffentlichkeit geführten Debatten zu einem wüsten Klubhaus, in welchem eine revolutionäre Brandrede die andere ablöst, zu machen.
Wir wissen nun natürlich sehr wohl, daß diesen wühlerischen Absichten schon an der Hand der bestehenden Geschäftsordnung bis zu einem gewissen Punkte ein Damm entgegengesetzt werden kann. Wir haben wiederholt beklagt, daß man bei den sozialistischen Debatten zwei, drei oder noch mehr sozialdemokratische Redner ihre Hetzphrasen in breitester Suade und in immer neuen Variationen ins Volk schleu⸗ dern ließ, während in der Regel nichts im Wege stand, diese Fraktion u nöthigen, sich mit einem rednerischen Vertreter zu begnügen; wir ene in dieser donnivenz einer Reichstagsmehrheit, welche das Sozialisten⸗ gesetz für eine Nothwendigkeit gehalten und bis jetzt immer wieder erneuert hat, einen gewissen logischen Widerspruch gefunden — und man würde ja wenigstens von nun an zu der von uns empfohlenen strengeren Praxis übergehen können. Man kann ferner darauf hinweisen, daß die parla—⸗ mentarische Disziplin unseres Reichstages überhaupt eine sehr milde ist und erst nach Einführung wesentlicher Verschärfungen, welche bei⸗ spielsweise die Ausschließung eines Mitgliedes auf bestimmte Zeit von den Debatten des Hauses den bestehenden Censurmitteln hinzu— fügen, das Vorbild des republikanischen Frankreichs und anderer Länder erreichen würde. Wir haben weiter bereits geltend gemacht, von welcher Bedeutung es für den Charakter des Reichstags⸗ mandats sein würde, vor welche ernste Alternative sich die sozial⸗ demokratischen Abgeordneten gestellt sehen müßten, wenn man auch in diesem Parlament die eidliche Verpflichtung seiner Mitglieder auf die monarchischen Grundlagen des Deutschen Reichs einführen wollte. Immer aber würde, wie wir fürchten, wenn man auch alle diefe Wege zur. Zurückstauung, der sozialdemokratischen gewerbsmäßigen Wühlerei im Reichstage einschlagen wollte, doch genug übrig bleiben und in der gegenwärtigen Form des Reichstages nicht beseitigt wer⸗ den können, was einen scharfen Zwiespalt zwischen dem Zweck und den Aufgaben des Reichstages, wie sie von denen, die ihn ins Leben gerufen, vorgesehen sind, und dem gegenwärtigen Gebrauch, der von diesem Instrument gemacht wird, zu Tage treten läßt. Hier liegt also ein ernstes Memento vor, welches zumal die Sozialdemokraten selbst in gebührende Erwägung nehmen sollten.
Das Nächste und daz Beste für die Beseitigung der bezeichneten unhaltbaren und schon mit Rücksicht auf die Würde des ,. unerträglichen Zustände erwarten wir allerdings von den deutschen Wählern und der sich bereits bei den Wahlen bethätigenden vor— beugenden Einsicht aller anderen Parteien. Wir haben uns gefreut zu bemerken, daß unsere Anregung mit dem Zusammenschluß eines Kartells vorzugehen, durch welches die Sozialdemokraten für den gemeinsam, unter allen Umständen und unter Beiseitesetzung jedes anderen Partei⸗ interesses zu bekämpfenden Gegner erklärt werden, bereits hier und da Anklang gefunden hat. Ein konservatives Blatt erinnert, daran, daß solche Koalitionen im Westen Deutschlands bereits bei fruheren Gelegenheiten mit gutem Erfolge in Wirksamkeit gewesen sind, und die nationalliberalen , . Nachrichten“ vertreten mit aller Bestimmtheit denselben Gedanken wie wir. So wird denn, zumal wir nicht zu irren glauben, wenn wir in verschiedenen maß— gebenden Kreisen eine günstige Disposition für die Durchführung dieses Planes voraussetzen, die Hoffnung unterhalten werden dürfen, daß auf diesem Gebiete ein früherer verhängnißvoller Fehler von nun an vermieden und nach Möglichkeit wieder gut gemacht werden wird.
— In der „National-Zeitung“ lesen wir: .
Die „Weser⸗Zeitung., welche der deutschfreisinnigen Auffassung nahe steht und daher nicht damit einverstanden ist, daß wir unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Politik der Nationalliberalen der⸗ jenigen der Deutschfreisinnigen vorziehen, bemerlt doch über die letzteren: „Wenn das, genannte Blatt (die ‚National-⸗Zeitung“) eine Menge von Ungeschicklichkeiten der freisinnigen Fraktionsleitung, das wachsende Uebergewicht Richter's in der Fraktion und den ewig negirenden Ton anführt, so werden viele Leute mit ihm dies eben⸗ falls als Mangel und als Hinderniß für eine Wiederbelebung und Kräftigung der Partei empfinden“. Die Hoffnung sei allerdings nicht berechtigt, daß in der freisinnigen Fraktion die staatsmännischeren Naturen die Zügel an sich nehmen und auf Fraktion und Presse einen wohlthätigen Einfluß ausüben werden.“ Die Misere sei nicht ab— zuleugnen. — So die Weser⸗Zeitung'“. Was uns betrifft, so wollen wir eben an dieser „Misere“ keinen Antheil haben.
— Der „Hamburgische Correspondent“ theilt die Rede mit, welche der Bürgermeister Dr. Petersen in Hamburg bei der Vereidigung des Senators Dr. Stammann gehalten hat. Der Rede entnehmen wir folgende Sätze:
. .. Die, welche heute berufen sind, an der Leitung des Staates Theil zu nehmen, leben nicht in einer bequemen Zeit. Die Handels— blüthe, auf welcher die Wohlfahrt Hamburgs beruht, ist bedroht von einer nachhaltigen, über die ganze Erde verbreiteten Stockung des Verkehrs und von einer Konkurrenz, welche sich aus dem überall er— wachenden und fortschreitenden industriellen und merkantilen Leben naturgemäß ergiebt. Um so mehr müssen wir bedacht sein, unserem Handel und unserer Schiffahrt durch die öffentlichen Einrichtungen die Wege zu bahnen, wozu der bevorstehende Zollanschluß, wie wir vertrauen, wesentlich beitragen soll. . . .
Statistische Nachrichten.
Das diesjährige Augustheft zur ‚Statistik des Deutschen Reichs“ bringt eine Abhandlung über die Schiffsunfälle an der deutschen Küste während des Jahres 1885, d. h. über diejenigen zur amtlichen Kenntniß gelangten Unfälle, von denen Schiffe an der deutschen Seeküste selbst, auf dem Meere in einer Entfernung von nicht mehr als 20 Seemeilen von der Küste oder auf den mit dem Meere in Verbindundb stehenden, von Seeschiffen befahrenen Binnen— gewässern im Jahre 1885 betroffen wurden. Derartige Un—⸗ fälle sind im Ganzen 170 gezählt, welche (bei 50 Kollisionen) 220 Schiffe betrafen. Die Erhebungen der vorhergegan⸗ genen 4 Jahre hatten ergeben: für 1884 230 Unfälle und 299 betroffene Schiffe, 1383 213 bezw. 273, 1882 225 bezw. 272 und 1881 236 bezw. 262. Die Abnahme der Unfälle im Jahre 1885 darf hauptsächlich als eine Folge der günstigen Witterungsverhältnisse be— trachtet werden, welche in diesem Jahre in den deutschen Küsten— gewässern herrschten. Die Zahl der bei den Unfällen an der deutschen Küste vorgekommenen Totalverluste von Schiffen ist im Lauf der letzten h Jahre erheblich zurückgegangen; dieselbe betrug 1881 101, 1882 8 1883 60, 1884 56 und 1885 39, im letztgedachten Jahre alf nur etwa 3 der für, das Jahr 1851 festgestellten entspre⸗ chenden Zahl. Unterscheidet man die Unfälle nach ihrer Art, so sind im Jahre 1885 an der deutschen Küste gestrandet 69 Schiffe, gekentert 11, gesunken 1h, in Kollision gerathen 160 und durch sonstige Unfälle betroffen 265 Schiffe. Bei den sämmtlichen Unfällen im Jahre 1885 find umgekommen 24 Mann von der Besatzung der betr. Schiffe und 3 Passagiere (1884 55 Mann Besatzung und 2 Passagiere, 1883 45 Mann Besgtzung und 2 Passagiere, 1882 18 Mann Besatzung und 1381 87 Mann Besatzung und 2 Passagiere). Der Gattung nach bestanden die im Jahre 1885 von den fraglichen Unfällen betroffenen Schiffe aus 89 Dampfschiffen (40,50 / und 131 Segel schiffen (H, o/o). Von den 89 Dampfern waren 10 Räderdampfer, die übrigen waren Schraubendampfer. Unter den 131 Segel⸗ schiffen befanden sich 5 Vollschiffe, 16 Barken, 7 Briggen und Brigantinen, 22 Schoonerbriggen und Schooner, 6 Schooner— galioten, Galeassen und Galioten, 6 Gaffelschooner und Schmacken, 16 Kuffen und Tjalken, 45 Ever, Schaluppen, Jachten, Schniggen u. dergl., 4 Leichterfahrzeuge und 4 Flußkähne. Ihrer Ver— wendung nach zerfallen diese Schiffe in 180 Kauffahrteifahrer, 13 Fischerfahrzeuge, 11 Passagierdampfer, 4 Schleppdampfer, 4 Leichter, 3 Fährschiffe, je 2 Lootsen. und Lustfahrzeuge und 1 Kriegsschiff. Von der Gesammtzahl der Unfälle entfallen 4 auf das Ostseegebiet (693 auf je 19 Seemeilen Küstenstrecke) und 6 auf das Nordseegebiet (3, 25) auf je 10 Seemeilen Küstenstrecke), und von den sämmtlichen von den Unfällen hetroffenen Schiffen fuhren 145 Schiffe unter deutscher und 75 unter fremder Flagge.
— Produktion der Bergwerke, Salinen und Hütten des preußischen Staats im Jahre 1885 (Sep.-Abdr. aus der „Itschr. f. d. B. H. und Sal⸗Wesen im pr. St.“, Bd. XXIV, Berlin, Ernst u. Korn). Nach dieser Quelle wurden im genannten Jahre in . . mit 193 188 Mann Belegschaft an Steinkohken ge— oördert:
52 879 904 t im Werthe von 2672 882 092 ½ gegen
51 867 646 „, ‚. 260 571413 , in 1884, 50 611018 2665 322 856 . 1883, 47097376 5, ö. 232 724 491, „1882, 43 780 545 . , . b h . An Braunkohlen in 428 Werken mit 22 300 Mann: 12387 284 t im Werthe von 32 370 724 M gegen 12 055 697 5, . 31 932 343, in 1884, 11 82tz 630 ö. 51 , 635,
10 798 091 . 29 59 7 18532, 10412153 (. 353126 9 15831. Asphalt:
19401 t im Werthe von 115 980 A6 gegen
190065 , ‚. 112 630 , in 1884,
20411 ö. 134 419 1883,
12996, ö. ,
15 905, . 185 768 ãd— „1881. Erdöl:
2695 t im Werthe von 343 763 0 gegen
363 ö 382 840 , in 1884,
2195 5. ä
5989. ö h9l hoh, 1882,
2
Zusammen: Mineralkohlen und Bitumen: 6h 288 384 t im Werthe von 295 712 469 M gegen 63 945 981 ö 292 999226, in 1884, 62 460 554 287 470 944 , 1883, 57 914490 (, 262 993 59, 1882, 64 211474 1 248 850 740 „ 1881.
e.
An Mineralsalzen wurden produzirt: Steinsalz: 205 492 t 133 kg im Werthe von 1962 810 4M gegen 3 i I15 181 , in 584, 208 240 , 8525 3 1262 534 1883, 16·(·· 1I 756 5g 7 188 207 858 0560 ö. 1239 2166 1881. Kainit:
195 391 t 423 kg im Werthe von 2925472 M gegen 203 120 „400 , ö ö. 2889 606, in 1884, 839 o, . 319 690 . 1883, , . 2032038 . 1882, ,,, R 2164473. 1881. Andere Kalisalze: 261 kg im Werthe von 5512383 M gegen k,, 4 5 532 755, in 1884, , 698 , 1983. . A4 941 87. is, . ö 8 15831. Bittersalze bezw. Borazit:
27t — kg bzw. 121 t 965 kgi. W. v. 216 4A bzw. 59 189 1½ gegen
erer, 9
JJ . 1883, 3471 „525 „ k 26542, 900 ,
Zusammen: 9305701 t 882g im Werthe von 9 560 070 „S6 gegen
r l, ,, . „9640 238, in 1884, 1048235 1 ö. „JY464 8109 „ „1883,
907 989 262, . 8 h 8h ao,
w do, ö ö . .
(Schluß folgt.)
529 539 585915 609 742 553 9297
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Anläßlich des siebzigsten Geburtstages, welchen der verdiente Volks und Jugendschriftsteller Ferdinand Schmidt vor wenigen Tagen hierselbst beging, ist im Verlage von Fr. Sensenhauser (Berlin, Preis 1 A) eine Festschrift erschienen, welche den bekannten Volks schriftsteller und Dialektdichter Hermann Jahnke zum Verfasser hat. Vielleicht war Niemand besser dazu berufen, dem hochverdienten, betagten Dichter ein literarisches Denkmal zu setzen, als eben Hermann Jahnke, welcher seit Jahren durch innige Freundschaft mit Ferdinand Schmidt verbunden ist. Sein vertrauter Umgang mit Letzterem und das gleiche künstlerische und sittliche Streben ließen ihn besonders dazu geeignet erscheinen, und es sei gleich hier anerkannt, daß der Verfasser der Festschrift seine Aufgabe in musterhafter Weise gelöst hat. Dem Charakter des Jubilars entsprechend ist auch die Festschrift gehalten: schlicht, warm empfunden, frisch geschrieben und gerade das— jenige in das rechte Licht setzend, was uns den Volksschriftsteller, den Jugenderzieher Ferdinand Schmidt so werth gemacht hat. Die einfache, an glücklichen Tagen aber auch an Entbehrung reiche Jugend des Dichters wird uns anziehend von Jahnke geschildert. Ferdinand Schmidt wurde am 2. Oktober 1816 zu Frankfurt a. O. geboren, ist also ein Sohn der Mark Brandenburg. Die Eltern siedelten bald nach dem im Oderthale hübsch gelegenen Kloster Neu— zelle über, wo der alte Schmidt, ein Invalide aus den Freiheits— kriegen, das Amt eines Kornschreibers versah. In dieser gesegneten Landschaft erhielt das empfängliche Gemüth des aufgeweckten Knaben die ersten Eindrücke, das alte Kloster, das grünende Thal, Wald und Wiese mit ihren stillen Reizen, das Alles übte einen unauslöschlichen Einfluß auf den jungen Ferdinand aus. Mit fünfzehn Jahren wurde der talentvolle Knabe Hauslehrer auf der nahe gelegenen Oberförsterei Neuzelle, wo er mit gutem Erfolge die dort befindliche Bibliothek be— nutzte und sein Wissen namentlich in der vaterländischen Geschichte, erweiterte. Seinen Wunsch, Förster zu werden, gab er auf dringende Vorstellung seiner Schwestern auf; Vater und Mutter waren kurz hintereinander gestorben, und so zwang die Noth den achtzehnjährigen Jüngling, von seinem Lieblingswunsch abzustehen und den schneller zum Broderwerb führenden Lehrerberuf zu erwählen. Die im Jahre 1817 zu Neuzelle gegründete preußische Lehrerbildungsanstalt bot dem jungen Mann erwünschte Gelegenheit zur Ausführung seines Planes. Der strenge Zwang des Seminars wollte dem bis dahin an das freie Leben im Oberförsterhause gewöhnten Zögling jedoch nicht recht zusagen, und es bedurfte erst seiner ganzen Energie, ehe er sich in die neue Ordnung hineinfinden und mit rechter Freudigkeit an seine neue Thätigkeit gewöhnen konnte. Nach Beendigung seiner Seminarstudien nahm Ferdinand Schmidt zunächst eine Lehrerstelle an einer Privat schule in Berlin an; den damals in ihm auftauchenden Plan, Maler zu werden, opferte er der besseren Ueberzeugung von der hohen Bedeutung des Lehrerberufes. In Berlin lag damals das Volks— schulwesen sehr danieder, es gab nur zwölf fog. Kommunalschulen, die in der That nichts weiter wie Armenschulen waren. Erst den an— gestrengten Bemühungen eines Diesterweg, eines Jüngers Pestalozzi's, sollte es gelingen, zur Hebung desselben eine segensreiche Thätigkeit zu entfalten, und hier sollte auch Ferdinand Schmidt ein fruchtverheißendes Feld zu einer verdienstvollen Arbeit finden. Dem armen Volk zu helfen, für sein geistiges Wohl zu sorgen, es sittlich zu heben, das war fortan das große Ziel, welchem Ferdinand Schmidt sein Leben weihte. Der junge Privat— lehrer fand im Jahre 1838 eine Anstellung als Hülfslehrer an der G6. Kommunalschule. Der traurige Zustand, in welchem sich die diese Schule besuchende Jugend befand, die geringe oder ganz fehlende Unterstützung, welche dem Lehrer in seiner pädagogischen Äufgabe durch das Elternhaus zu Theil ward, reifte in dem dreiundzwanzigjährigen Hülfslehrer den Entschluß, zunächst eine Vermittelung zwischen Eltern und Lehrern, eine geistige Vereinigung zum kräftigen Zufammenwirken bei der Erziehung der Kinder zu beschaffen. Als das hierzu geeignetste Mittel sah Schmidt eine Zeitschrift an, „ein Blatt für die unterste Volks— klasse, aus dem sie lernen, sich erbauen, ihr Herz veredeln und so segensreich auf ihre Kinder, das werdende Geschlecht, wirken könne.“ Den Inhalt sollten gute volksthümliche Erzählungen, Rath für Haus, Wirth— schaft und Einrichtung, Anordnungen der Behörden, Ermahnungen und Belehrungen Seitens des Geistlichen, ein Denkspruch für jede Woche und ein Räthsel bilden. Die städtische Schulbehörde, welcher Schmidt diesen Plan übermittelte, erkannte dankend das Vortreffliche desselben an, sah sich aber wegen der Kosten nicht in der Lage, dafür etwas thun zu können, und da auch private Unterstützung ausblieb, so schei⸗ terte das Unternehmen. Dieser Mißerfolg entmuthigte den treuen Mitarbeiter Diesterweg's nicht; seine Liebe zu der ihm anvertrauten Jugend, der Wunsch, ihr zu helfen, regten ihn stets zu neuen Unter—⸗ nehmungen an. Seinen Bemühungen vor Allem gelang es, durch Sammlungen den sämmtlichen Kindern der zwölf Kommunalschulen alljährlich eine Weihnachtsbescheerung zu verschaffen. Sein Lieblingsplan, den Kindern und ihren Eltern eine geeignete, Herz und Sinn veredelnde Beistesnahrung zuzuführen, kam in anderer Weise zur Ausführung: Schmidt erließ in der Berliner Wochenschrift „Die Biene“ einen Aufruf, worin er um Beiträge zur Beschaffung einer Volksbibliothek bat. Ein unerwarteter Erfolg krönte sein Bestreben, denn in wenigen Tagen verfügte er über eine Sammlung von 218 Bänden, welche zu einer Bibliothek zunächst für eine Schule ausreichte. So gab Schmidt den Anlaß zur, Einführung der Volksbibliotheken, deren Zahl sich jetzt allein in Berlin auf über zwanzig beläuft. Der „Verein zum Wohle der arbeitenden Klassen', welchen Diesterweg in Verbindung mit mehreren anderen Volksfreunden, unter denen Schmidt eine befondere Thätigkeit entfaltete, gründen wollte, kam damals (1845) nicht zu Stande, da die Genehmigung der den Behörden eingereichten Statuten ausblieb. Ein Verein mit ähnlicher Tendenz, der noch jetzt bestehende Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen! wurde bald darauf von anderer Seite ins Leben gerufen. In jener Zeit wurde F. Schmidt, der inzwischen, bei einem monatlichen Cinkommen von 18 Thalern einen eigenen Herd gegründet, durch den Verleger der Biene“ veranlaßt, Schilderungen aus dem Volksleben, welches der junge Lehrer in sei⸗ nem 2 zur Gründung von Volksbibliotheken so ergreifend ge⸗ schildert, für die ‚Biene“ zu liefern. Mit Freuden ergriff Schmidt
die Gelegenheit, das „was der Jugend und dem Valke heilsam und nützlich zu sein sich eigne, auch durch die eigene Feder zu schaffen“, und diefer Wunsch sollte der Leitstern seiner ganzen literarischen Thätigkeit werden, deren Ziele und Erfolg lediglich von diesem pä⸗ fagoglschen Standpunkt aus betrachtet sein wollen. So entstanden die Volkserzählungen und Schilderungen aus dem Berliner Volksleben“. Hierin stellt er leuchtende Vorbilder von Lehrern, Erziehern und Men schenfreunden auf, die in der Kunst, in jenem idealen Geist zu wirken, Meister sind, sę z. B. in den Erzählungen: Aus dem Tagebuch ner jungen Lehrerin“, „Arme Sünder“, Ein Pantinenmädchen“, Gin Baumeister‘ u. a. m. Mit offenem Auge für die sittlichen Mängel, aber auch mit dem heißen Wunsche, Mittel zu ihrer Heilung u finden, vertieft sich Schmidt hier in das Volksleben der großen BZtadt, er schildert die Gefahren, mit denen das Leben der Großstadt die Jugend bedroht, und die Aufgaben, welche sich daraus für den Schülmann ergeben, und fordert endlich in der Betrachtung: . Einige Striche zur Charakterisirung der heutigen Volkszustände Berlins“ alle Schulmänner und Volksfreunde auf, einen Bund zu schließen, um die Uebel abzuwehren, und die Verwirklichung der Erziehungs⸗ sdeale zu fördern. Hierüber spricht er sich folgendermaßen aus: In Summa ist mein Glaube der, daß das Berliner Volks— schen vor größerem Verfall nur zu bewahren ist durch Bildung einer Fernschaar starkgesinnter Männer und hochherziger Frauen, die mit klarem Bewußtsein und unerschütterlicher Ausdauer derartige Ziele verfolgt, die namentlich dem Gedanken allseitige Anerkennung ver— schafft, daß des Volkes Jugend unser vornehmster Staatsschatz ist, und daß das erwachsene Geschlecht die heilige Pflicht habe, sein Leben und Treiben nach der Frage zu regeln und zu gestalten, ob und wie weit dem jungen Geschlecht Segen daraus erblühe .... Zur Förderung seiner erziehlichen Bestrebungen richtete Schmidt in Verein mit anderen Schulmännern die Sonntags ⸗Nachmittags⸗ unterhaltungen ein, welche dazu dienen sollten, auf die früheren Schüler und Schülerinnen geist- und gemüthbildend, einzuwirken und sie vor bösem Einfluß zu bewahren. Aus gieser Einrichtung er— wuchs bald eine andere: „»Der Verein zum Wohle der heranreifenden Jugend.“ Auch die Bemühungen Schmidt 's, am Weihnachts-Heilige⸗ zbend bedürftigen. Personen eine Festfreude Zu bereiten, fanden in weiteren Kreisen liebevolle Unterstützung. Von dieser engeren, auf das Wohl der Berliner Jugend gerichteten. Werkfreudigkeit aus er⸗ weiterte sich Schmidt's Schaffensthätigkeit und literarijche Arbeit auf weitere Kreise und zog allmählich die gesammte deutsche Jugend in den Kreis seiner pädagogischen Wirksamkeit; er wollte ein Lehrer des deutschen Volkes werden und dessen Jugend in der von ihm für richtig und heilsam erkannten Weise erziehen helfen. Mit Vorliebe führte er der Jugend das Beispiel großer Männer vor Augen, „um zu ihnen, den Edlen, Liebe in den jungen Herzen zu erwecken, um zu zeigen wie edle Naturen trotz aller Hinder⸗ nisse unaufhaltsam aufsteigen, der Blume, dem Baume, der Flamme gleich — nach oben“ und die Kinder dadurch selbst nach oben zu führen. So stellte er dem jungen Geschlecht die leuchtenden Vor— bilder eines Herder's, Goethe's, Schiller's vor Augen, er erzählte ihm von dem großen Kurfürsten, von Friedrich I., er lehrte sie das geistige Streben und Schaffen der Künstler und Denker, wie Mozart, Fichte u. A. kennen; die Gestalten Franklin's, Washingten , Helden der Vorzeit, wie Karl, der Große, Barbarossa, edle Erscheinungen wie die der Königin Luise und die ihres erlauchten Sohnes, des Deutschen Kaisers, sie alle werden in. ihren Schicksalen, Thaten und Erfolgen der Jugend dargestellt und ihre Bedeutung in schlichter, dem Kinderverstand angemessener Darstellung gewürdigt., In sebendiger, von wahrem Patriotismus durchdrungener Schilderung führt Ferdinand Schmidt große Thaten aus der Geschichte in seiner Welt⸗ geschichte für Schule und Haus, in seinen Bildern aus der vaterländi⸗ schen Geschichte dem deutschen Volke vor Augen, überall den alleinigen . dabei verfolgend, belehrend und versittlichend zu wirken. Volks⸗ ildung und Aufklärung in richtig verstandener Weise zu ver— breiten und zu fördern, ist überall sein Bestreben gewesen, und die Verbreitung, die Anerkennung, welche seine Schriften im deutschen Volke gefunden, müssen für den greisen Dichter der schönste Lohn sein. Hermann Jahnke fällt über die literarische Bedeutung Schmidt's das zutreffende Urtheil: „Alle seine Werke athmen ein Herz voll. Liehe⸗ reinen Kindersinn und Kindeseinfalt, eine tiefe, wahre Religiosität, unerschütterlichen Glauben an die göttliche Weltregierung und die allmähliche Bezwingung des Schlechten durch das Gute, der Lüge durch die Wahrheit, der Ungerechtigkeit durch die Gerechtigkeit, der Selbst⸗ sucht durch die Liebe, der Unfreiheit durch die Freiheit“ «= Nachdem Ferdinand Schmidt 43 Jahre lang in seinem Lehramt thätig gewesen, genießt er jetzt das wohlverdiente otium eum dignitate, aber trotz seines Alters in ungebeugter Frische stets noch schöpferisch thätig, um auch noch am Abend seines gesegneten Lebens immer noch, einen Stein zu dem von ihm errichteten geistigen Gebäude hinzuzufügen. Wir schließen uns dem Wunsche Hermann Jahnke's, der mit dem Jubilgt zugleich auch sich selbst mit dieser Festschrift ein ehrendes Denk— mal setzt, an: daß es dem betagten Schriftsteller vergönnt sein möge, e laͤnge sein segensreiches Wirken zum Wohle des Volkes fortzu— etzen. . t — Die in Leipzig und Berlin den 9. Oktober erscheinende Nr. 2258 J folgende Abbildungen: Von den Kaisertagen im Elsaß: Der Kaiser in Weithruch. Nach einer Skizze. — Die großen Kavallerie⸗Manöver bei Metz; Wald attacke der Deutzer Kürassiere auf, dem Kavallerie⸗Uebungsplatz bei Frescgty. Nach dem Leben gezeichnet von unserem Spezialzeichner Th. Rocholl. — General-Lieutenant von Heuduck, kommandirender General des XV. deutschen Armee Corps. — Schloß Persenbeug an der Donau, Geschenk des Erzherzogs Karl Ludwig von Oesterreich an seinen Sohn, Erzherzog Otto, den Gemahl der Prinzessin Maria Josepha von Sachfen. Nach der Natur gezeichnet von J. N. Geller. — Aus der Jubiläums -Kunstausstellung zu Berlin. 3 Abbildungen: Die Vestibülgruppen im Ausstellungspalast. Nach photographischen Aufnahmen von A. Hensel u. Co. in Berlin. Phantasie und Kunst. Von Emil Hundrieser. Der Künstler und die Natur. Von Gustav Eberlein. Othello vertheidigt sich vor dem Dogen gegen die Anklage des Brabantio. Gemälde von Professeor Karl Becker. Mit Bewilligung der Photograpbischen Gesellschaft in Berlin. — Das Maljutin'sche Gestüt in Rußland. 5 Abbildungen. Original= zeichungen von John Ber. 1) Stallgebäude für zweijährige Pferde. Y Einsegnung der Ställe. 3) Hengst. 4) Mutterstuten, mit Fohlen im Freien. 5) Traben. — General Baron Kaulbars, diplomatischer Agent Rußlands in Bulgarien. Nach einer Photographie von A Lorens in St. Petersburg. — Oberst Mutkuroff, militärisches Mitglied der bulgarlschen Regentschaft. Nach einer Photographie von D. A. Karastojanoff in Sofia. — Der Taschlich am Wiener Donau⸗ lanal (das Gebet um Vergebung der Sünden am jüdischen Neujahrs⸗ tag). Nach einer Zeichnung von W. Grögler. — Eduard von Steinle, Fam 18. September. — Botho von Hülsen, am 30. September. — Die eingestürzte Kettenbrücke in Mährisch⸗Astrau. Nach einer Clog ravhis gen Augenblicksaufnahme von Aug. Rotter in Mährisch⸗ strau. — Autograph eines Erdbebens in Tokio, durch den Wagner'— schen Erdbebenmeffer aufgezeichnet. .
Gewerbe und Handel.
Die Deutsche Bank legt im Verein mit dem hiesigen Bankhause Mendelsfohn C Co. sowie der Deutschen Vereinsbank und der Firma Gebr. Bethmann in Frankfurt a. M. eine 5 C0 Anleihe der Argentinischen Provinz Buenos Aires im Betrage von 30 645 758 S½ zum Course von 808 ί zur Subskription auf. Die
mortisation der Anleihe erfolgt vom 1. November 1886 ab binnen
Jahren durch jährliche Verloosungen. Die gezogenen Stücke werden zum Nennwerth, Coupons und Obligationen steuerfrei ein⸗ gelöst. Für den Dienst der Anleihe wird das gesammte Rein- einkommen der Provinzbank überwiesen. Außerdem haftet dafür das
ermögen der Provinz. J
— Dem Aufsichtsrath der Brauerei Königstadt wurde von der Direktion der Jahrezabschluß pro 1855/86 vorgelegt; dem Antrage der Direktion entsprechend, beschloß derselbe, der ordentlichen General⸗
versammlung neben den üblichen Abschreibungen für das abgelaufene Geschäftsjahr die Vertheilung einer Dividende von 79½ in Vorschlag zu bringen. Ferner wurde beschlossen, nachdem der ordentliche Reservefonds mit 5 o dotirt, so daß derselbe zuzüg⸗ lich des Agios aus der Neuemissien im Geschäftsjahre 1885, 86 die Summe von 345 000 „ erreicht hat. ca. 41 000 M dem Spezial⸗ Reservefonds zuzuführen, so daß die Höhe dieses letzteren Fonds auf 68 000 M anwächst. Die Dotirung des Spezial⸗Reservefonds mit letzterer Summe ist für den Fall vorgenommen worden, daß das Er⸗ kenntniß des Landgerichts, demzufolge der Bierbestand nicht zu dem Kostenpreise, sondern nur zu dem Herstellungspreise aufzunehmen ist, in letzter Instanz Bestätigung finden sollte. Würde das Reichsgericht das Erkenntniß des Land— gerichts adoptiren, so wäre die Gesellschaft durch den Spezial⸗ Reservefonds in der Lage, den Bierbestand um mindestens 26 6 pro Hektoliter billiger aufzunehmen, als derselbe in der Bilanz aufgeführt worden ist, und hierdurch die Möglichkeit geboten sein, sofort den Bierbestand den gesetzlichen Bestimmungen gemäß, d. h. zum Her— stellungspreise, in die Bilanz einzustellen.
— Die in der gestrigen Sitzung des Verwaltungsraths der Dortmunder Union vorgelegte Bilanz für das Geschäftsjahr 1885,86 ergiebt einen Bruttobetriebsgewinn der Ahtheilungen in Höhe von 3347 270 ½ͤ und, nach Abzug der Zinsen und Generalunkosten, in Höhe von 1835097 „ ; vorbehaltlich der speziellen Revision, wurde beschlossen., im Hinblick auf erhebliche Neu- und Umbauten auf den Horster Werken und die hiernach erwünschte. Verstärkung der liquiden Mittel den diesjährigen Coupon mit o einzulösen und den ganzen übrigen Gewinn zu Abschreibungen zu verwenden resp. auf neue Rech— nung vorzutragen. . . Nürnberg, 5. Oktober. (Oopfenmarktbericht von Leopold Held. Bei einer Landzufuhr von 1200 Ballen war das Geschäft am heutigen Markte ein sehr schleppendes, und nur grüne feine Hopfen jedweder Herkunft gingen schlank zu festen Preisen ab. Mittel! und geringe Württemberger und Hallertauer waren vernachlässigt und trotzdem sie schließlich mehrere Mark niedriger angeboten wurden, konnten nur wenig hiervon placirt werden. Auch die Markthopfen büßten in Folge der großen Landzufuhr einige Mark ein, doch wurden sie zum größten Theil von Exporteuren und. Kundschaftshändlern schließlich gekauft. Die Notirungen lauten: Gebirgshopfen 60 - 70 16; Markthopfen 3— 55 M; Aischgründer 45 — 65 ; Sallertauer prima 75 — 80 , mittel 5h — 60 S, geringe M — 40 „; Württemherger prima 85 — 90 M, mittel 50 — 60 S é; Badische prima S0 386 Mt, mittel 45— 60 υν é; Elsässer 359—60 (06; Vosener 45— 70 AM; Wollnzacher Siegel 75— 30 M; Spalter Land 70 - 90 .
Submissionen im Auslande.
Niederlande. .
1) 12. Oktober, Mittags 12 Uhr. Direktion der Artillerie- Stapel- en Construetie⸗Magazynen“ zu Delft (Prov. Süd-⸗Holland) im Direktions-Gebäude Houttuinen:
Lieferung von 23 5050 kg Zink in Blöcken.
Näheres an Ort und Stelle. Einschreibung muß durch in den Niederlanden wohnhafte Personen erfolgen. ö ö.
2) 13. Oktober, Vormittags 11 Uhr. Bürgermeisteramt zu Til⸗ burg (Provinz Nord⸗Brabant) im „Stadhuis“ daselbst;
Lieferung von 1250 m gegossenen eisernen Röhren (175 mm) und von Hülfsstücken. . ,
Räheres in der Gasfabrik zu Tilburg.
Verkehrs ⸗Anstalten.
Ham burg, 5. Oktober. W. T. B) Der Postdampf er Suevia“ der Hamburg-Amexrikgnischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute früh auf der Elbe eingetroffen.
Sanitätswesen und Quarantänewesen.
Oesterreich⸗-Ungarn. . .
Nach einem Erlaß des Königlich ungarischen Kommunikations⸗
Ministeriums werden bei denjenigen Postämtern, in deren Bezirk die Cholera herrscht, benutzte Kleider, Weiß⸗ und Bettwäsche zur Post⸗ versendung nicht angenommen, und zwar weder nach dem Inlande, noch nach dem Auslande. Nach Serbien darf von solchen Orten Schinken, Speck, Salami, Wurst und Wurstwaaren nicht eingeführt werden. . Die Königlich ungarische Seebehörde zu Fiume hat die für Pro— venienzen aus Meteovich, Fort' Qpus und Neum angeordnete Quaran⸗ täne (,R.⸗A.“ Nr. 205 vom 1. September 1886) aufgehoben.
Spanien. . J
Zufolge eines in der „Gaceta de WVadrid veröffentlichten
Cirkukars der Königlich spanischen Sanitäts⸗Direktion vom 27. Sep— tember 1886 sind alle Provenienzen des Golfes von Cagliari (Sardinien) als verdächtig erklärt worden. In Folge dessen unter⸗ liegen die Schiffe, welche seit dem 26. September d. J. von dem ge—⸗ nannten Meerbusen in See gegangen sind, in Spanien einer ent⸗ sprechenden Quarantäne. .
Portugal.; . .
Inhaltlich eines Erlasses der Königlich portugiesischen Regierung
vom 25. September d. J. sind — unter entsprechender Abänderung des Erlasses vom 20. desselben Monats (. R. A.“ Nr. 232 vom 2. Oktober d. J) — seit dem 13. September er.
I) alle Häfen Italiens am Mittelländischen Meere. — ausge— nommen die zwischen Genua und Gasta (beide einschließlich) gelegenen, die auch fernerhin als cholera verdächtig zu be⸗ trachten sind — sowie . .
2) die Häfen Sardiniens und Siziliens, und zwar aufs Neue
als choleraangesteckt erklärt worden.
Berlin, J. Oktober 1886.
Nachruf.
Das Königlich preußische, Landes Oekonomie⸗Kollegium hat durch den Tod seines langjährigen Vorsitzenden, des Wirk⸗ ichen Geheimen Raths von Schuhmann, Excellenz, einen schwer zu ersetzenden Verlust erlitten. Zum Mitglied des Kollegiumß im Jahre 1865 ernannt, wurde Excellenz von Schuhmann nach der Reorganisation des Kollegiums im Jahre 1879 zum Vorsitzenden , erwählt und in dieser Würde durch wiederholte Neuwahl nach Ablauf jeder Session be⸗ stätigt. Das Vertrauen der Mitglieder des Kollegiums, welches ihn zu dieser Ehrenstellung berief, gründete sich nicht allein auf die vielfach bewiesene Befähigung zur unparteiischen Leitung von Verhandlungen, in welchen widerstreitende Standpunkte und Interessen zur Geltung zu kommen suchen, sondern auch auf die in den verschiedensten Zweigen der Staatsverwaltung erworbenen reichen Kenntnisse und Erfahrungen des Verewigten. Hervorgegangen aus der landwirthschaftlichen Verwaltung und mit den Be⸗ dürfnissen und Lebensbedingungen der Landwirthschaft durch langjährige Beschäftigung mit derselben aufs Innigste ver⸗ traut, war unfer Vorsitzender berufen gewesen, an den wichtigsten Maßregeln zum Ausbau der preußischen Agrar⸗ esetzzebung und der Besteuerung des Grund und Bodens einen ö Antheil zu nehmen und dann in gleicher Weise
in der . und allgemeinen Staatsverwaltung thätig zu
sein. Die solchergestalt erworbene gereifte Erfahrung in den
Dienst der Landwirthschaft seines Landes zu stellen, war dem Verewigten auch nach seinem Austritt aus dem direkten Staatsdienst ein Bedürfniß, dem er mit Auf⸗ opferung selbst dann noch nachkam, als die Rücksicht auf seine Gesundheit ihm nahegelegt hätte, sich von jeder an⸗ strengenden Thätigkeit zurückzuziehen. So hat er, getragen von dem Vertrauen und der Verehrung der Mitglieder des Kollegiums, in stets gleicher unparteiischer und selbstloser Weise nach allen Seiten hin versöhnlich und entgegenkommend die Geschäfte des Kollegiums erfolgreich geleitet und durch seine Vertretung desselben nach innen und nach außen nicht wenig dazu beigetragen, das Ansehen desselben zu erhalten und zu vermehren. Die Mitglieder des Kollegiums sind sich dessen dankbar bewußt und werden nicht nur dem bewährten Vor— sitzenden, sondern auch dem liebenswürdigen Menschen und Freunde stets das wärmste Andenken bewahren. Berlin, den 7. Oktober 1886. Das Königlich preußische Landes-Oekonomie⸗-Kollegium. von Herford-Tauchel, Stellvertreter des Vorsitzenden.
Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.) Bei der gestern angefangenen Ziehung der 1. Klasse 115. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in Ziehung: ö. Jug r age h g; M auf Nr. 136 701. . 8 2 Gewinne von 500 MS auf Nr. 1 505. 134 632. 3 Gewinne von 300 M auf Nr. 101 876. 106634.
118 259.
Bei Ber heute fortgesetzten Ziehung der 1. Klasse 175. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Vormittags— Ziehung: . ö
1 Gewinn von 30 000 ½ auf Nr. 135138.
1Gewinn von 5009 6 auf Nr. 40.
2 Gewinne von 3000 S auf Nr. 107 659. 175 855.
2 Gewinne von 1500 M auf Nr. 151 164. 177319.
1 Gewinn von 500 ι auf Nr. 41 801. .
3 Gewinne von 300 S auf Nr. 45 243. 79 400. 187315.
Allgemeiner deutscher Sprachverein. Zweigverein Berlin. — Die erste ordentliche Versammlung am Dienstag eröffnete der Vorsitzende, Prof. Dr. B. Suphan, mit einer Ansprache an die zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste, in welcher er auseinander—⸗ seßte, welche Zwecke und Ziele der Verein verfolge. Auf die Freiheit in der Bewegung und Stellung, die unserer Mutter— sprache gegönnt sei, lege man heute zu wenig Werth. Ferner erschienen zu häufig die Umschreibungen mit würde statt der kräftigen durch den Ablaut gebildeten Formen des Zeitworts. Am schlimmsten an der Verunxeinigung der Sprache sei der sogenannte Inseraten- und Annoncen“-Theil unserer Zeitungen betheiligt; alle Stände und Berufe vergingen sich hier. Der Berliner Zweigverein suche hauptsächlich durch eine innerliche Wirksamkeit seine Zwecke zu erreichen. Zum Schluß hob der Redner hervor, daß in zwei Stellen das Fremdwort nicht eingedrungen sei, das sei das. deutsche Lied und die deutsche Predigt. — Der Geschäftsbericht des Schriftführers Dr. Edm. Pentzhorn verbreitete sich über die Gründung und Entstehung des Vereins sowie über die bisherige Thätigkeit und die weiteren Fortschritte desselben. Der Verein zählt 200 Mitglieder aus allen Kreisen und Ständen; zu wünschen wäre, daß die Frauen sich noch zahlreicher an den Verein anschlössen. I„n kommenden Winter wird der Verein noch 4 Ver⸗ sammlungen abhalten, jedesmal am ersten Dienstage des Monats. Der Stand der Kasse ist ein recht günstiger. Die für das laufende Jahr voraussichtlich nothwendig werdenden Ausgaben sind durch den Baarbestand reichlich gedeckt. -Der Vortrag des Hrn. Schul⸗Inspektors Dr. F. Jonas handelte von den Gedanken eines Berliner Gelehrten vor 100 Jahren über Sprachreinigung und Sprachbereichexung. Der Vortragende berührte in der Einleitung die Aufsätze der „Deutschen Rundschgu„, in denen Otto Gildemeister und Hermann Grimm ein gewisses Miß trauen gegen den Verein ausgesprochen haben, ehe derselbe noch recht in seine Thätigkeit eingetreten war, sowie auch die Stellung unserer Klassiker zur Sprachreinigung, und Sprachbereicherung. So⸗ dann ging er ber n einer verschollenen, Aber reich⸗ haltigen kleinen Gelegenheitsschrist des bekannten Schul mannes Friedrich Gedicke „über Purismus und Sprachbereicherung “, und entwickelte im Anschluß an die Gedanken dieser Abhandlung die Aufgaben und das Ziel, die der Verein sich verständigerweise zu stellen habe. Am Ausführlichsten ging er auf den Theil der Schrift ein, der von der Neubildung deutscher Wörter handelt, und erläuterte durch zahlreiche Beispiele, wie auch unsere Klassiker reichlich zur Fortbildung unserer Sprache beigetragen haben.
Im Lichthofe des Kunst gewerbe⸗Museums findet bis zum 17. d. M. die 17. Sonder⸗Ausstellung: Sammlung japanischer Naturstudien, statt.
Wien 6. Oktober. (W. T. B) Cholera⸗Bulletin. In Triest 19 Erkrankungen, 3 Todesfälle, in Pest 10 Erkrankungen, 7 Todesfälle. . —
2E edin, 7. Oktober. (B. T. B) Cholera-Bulletin. 20 Erkrankungen, 9 Todesfälle.
Das Walhalla-Theater bleibt, morgen wegen Vorberei⸗ tungen zu der Genée'schen Operetten⸗-Novität Die Piraten“, welche am Sonnabend zum ersten Male in Scene geht, geschlossen.
Im Zoologischen Garten sind zwei junge Eisbären ein⸗ getrof . 1. Lücke, die der Tod des alten Exemplars dem Thierbestand geschlagen hatte, in erfreulichster Weise wieder ausfüllen. Die Thiere sind noch jung und keineswegs ausgewachsen, vermuthlich erst T refp. 3 Jahre alt. Sie kommen aus Rußland, wo sie sich bereits seit einiger Zeit in Gefangenschaft befanden, Das männ⸗ liche Eremplar zeichnet sich vor der Bärin durch seine Größe aus. Mit großer Lebhaftigkeit und Ausdauer spielen die Thiere fast den ganzen Tag in übermüthiger Weise hald auf festem Boden, bakd im Waffer, was oft zu den komischsten Situationen Anlaß giebt. — Als weitere Ankömmlinge sind zwei junge Wölfe zu bezeichnen, von denen das Männchen aus Ungarn, das Weibchen aus Bosnien stammt. Letzteres Thier fällt wegen seiner gestreckten schlanken Formen und seiner eigenthümlichen schwarzen Färbung auf. Die Wohnung dieser Thiere befindet sich im alten Raubthierhause. — Auch die prächtige Affensammlung hat einen besonders interessanten neuen Zuwachs erhalten durch eine Gattung, welche in früheren Jahren sehr häufig bei Bärenführern, Kameeltreibern und in Menagerien gefunden wurde, jetzt aber zur Seltenheit geworden ist. Es ist dies der Magot, Macacus éeandatus, dessen deimath NordAfrika ist und der außerdem — der einzige seiner ganzen Verwandtschaft — auch in Europa vorkommt, und zwar auf dem Felsen von Gibraltar. Dort findet sich heute nur noch eine kleine Kolonie dieser interessanten Geschöpfe, welche unter dem Schutze der englischen Regierung stehen und dadurch vor gänzlicher Ausrottung gesichert sind. Die Magots sind im alten Affenhause untergebracht.