kasino statt. Das Geschwader wird Kohlen und Wasser ein— nehmen und bis Montag hier bleiben.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 23. Oktober. (Wn. Abdp.) Im Abgeordnetenhause des Reichs raths hielt heute der Budgetausschuß in Anwesenheit des Finanz ·Ministers von Dunajewski eine Sitzung ab, in welcher die Regierungs⸗ vorlage, betreffend die Forterhebung der Steuern und Abgaben sowie die Bestreitung des Staats haushalts bis Ende März 1887, zur Berathung gelangte. Von eiten des Referenten Abg. Dr. Mattusch wurde eine Verlängerung des Budget⸗Provisoriums bis Ende April 1887, von Seiten des Abg. Dr. Klaitsch bis Ende Mai 1887 beantragt, welche Anträge jedoch von den Abgg. Dr. Menger und Hausner bekämpft wurden. Der Finanz⸗ Minister erklärte, daß es die ebührende Rücksicht erheische, dem Abgeordnetenhause die Beurtheilung anheimzustellen, wann es mit der Budgetberathung fertig zu werden hoffe. Aus diesem Grunde habe die Regierung nur ein dreimongtliches Budget⸗ Provisorium vorgelegt. Der Budgetausschuß lehnte hierauf die weitergehenden Anträge ab und nahm die Regierungs⸗ vorlage unverändert an. Schließlich erledigte der Budget⸗ ausschuß mehrere Referate über Theilungsabschlüsse aus den Jahren 1882 und 1883. — Der Plenarsitzung des Ausschusses folgte eine Berathung des Subcomitss über die Regie⸗ rungsvorlage, betreffend das Mehrerforderniß für den Etat der Staatseisenbahnen. Der Berathung wohnte der Handels⸗Minister Marquis von Bacquehem hei.
74. Oktober. (W. T. B.) Der ehemalige Reichskanzler, Graf Beust, ist gestorben. ᷣ
— Die ungarische Delegation wird, wie der „Pester Lloyd“ meldet, am 3. November, Nachmittags 4 Uhr, im Ab⸗ geordnetenhause in Pest eine Vorkonferenz halten.
Frankreich. Paris, 33. Oktober. (W. T. B.) Die Deputirten kammer hat bei der heute fortgesetzten Be⸗ rathung über das Gesetz, betreffend den Primär-Unter⸗ richt, den Artikel 16, welcher vorschreibt, daß in den öffent⸗ lichen Schulen jeder Ordnung der Unterricht ausschließ— lich von Laien zu ertheilen ist, angenommen.
Serbien. Nisch, 25. Oktober. (W. T. B.). Der um Vertreter Bulgariens bei der diesseitigen Regierung
6 8
esignirte Dr. Strans ky ist aus Sofia hier eingetroffen.
Bulgarien. Sofia, 23. Oktober. (W. T. B.) Die Mitglieder der Regentschaft, Stambuloff und Mutkuroff, der Minister⸗Präsident Rados lawoff und mehrere Deputirte sind nach Tirnowa abgereist. Der Minister des Auswärtigen, Natschevitsch, reist am Montag dahin ab. — Die Sobranje wird, soweit bis jetzt bestimmt, am 19. Gl) Oktober eröffnet werden. — Gadban Effendi soll sein Bedauern über die Abreise der Minister nach Tirnowa ausgesprochen, jedoch gleichzeiti bemerkt haben, daß er trotzdem auch fernerhin vermittelnd un verföhnend zu wirken bestrebt sein werde.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. Oktober. (W. T. B. Das „Journg!l de St. ,, , . be⸗ merkt zu der Londoner Nachricht, nach welcher die Mächte darüber einig wären, daß Rußland eine leitende Rolle in der Beschwichtigung der bulgarischen Krise zukomme: allerdings habe . dem von ihm befreiten Lande gegen⸗ Über ein ganz besonderes Recht zu jener Rolle. Das Journal weist ferner auf die heutige Einweihung des Denkmals zum Gedächtniß der im Kriege von 1877178 Gefalle— nen hin und hebt hervor: diese Feier erinner aufs Neue an die unvergleichliche Tapferkeit der xussischen Armee; das seien Blätter in der Geschichte, die nichts verlöschen könne.
Anläßlich dieser Feier wirft der „Russis che Inva⸗ lide“ einen hi storischen Rückblick auf die von der ru s⸗ sischen Armee in diesem Kriege erfochtenen Siege und gedenkt hierbei der zahlreichen Opfer an Menschen, die er auf ca. 160 000 angiebt. Der „Invalide“ schließt mit den Worten: „Durch den standhaften Widerstand des Gegners kam der Sieg uns theuer zu stehen. Das durch die großen Verluste in den Truppentheilen hervorgerufene allgemeine Bedauern fand den wärmsten Widerhall in dem großmüthigen Herzen des verewigten Kaisers. Derselbe benahm fich den Truppen gegenüber wie ein liebender Vater und verbarg seine Thränen nicht bei den Nachrichten von den schweren Verlusten. Möge das heute zu enthüllende Denkmal die Truppen nicht nur an die Mühseligkeiten und Errungen⸗ schaften des letzten Krieges erinnern, sondern auch an die Liebe ihres in Gott ruhenden obersten Führers, ebenso an die heilige Pflicht aller russischen Krieger, dem erhabenen Sohne . treu zu dienen, wie sie dem Vater gedient haben.“
— 24. Oktober. (W. T. B.) Der heute ö . statt⸗ gehabten feierl ichen Enthüllung des Denkmals für bie in dem Kriege von 18776 18 Gefallenen wohnten der Kaiser und die Kaiserin, die anderen Mitglieder des Kaiserlichen Hauses, die Hofstaaten, das diplomatische Corps, die Staatswürdenträger und die ehemaligen Führer sowie Reprä⸗ sentanten sämmtlicher Truppentheile bei, welche an dem Feld⸗ uge theilgenommen haben. Unter den Truppenführern be⸗ ö sich, außer den , Großfürsten Nikolaus bem Aelteren und Michael, die Generale Gurko, Radetzky, Paul Schuwaloff und v. d. Roop. Aus den aus der Pro⸗ vinz eingetroffenen Repräsentanten waren drei Bataillone kombinirt; die Garde und die St, Petersburger Garnison stellten zu der Feier 11 Bataillone, 101 Schwadronen und 22 Geschüͤtze. Die ganze Parade kommandirte Großfürst Wladimir Alexandrowitsch. Die Umgebung des Festschauplatzes war sinnig geschmückt, und für das Publikum waren Tribuͤnen errichtet. Die Kaiserin und die Großfürstinnen nahmen in einem zu diesem Zweck errichteten prächtigen Pavillon Platz, um welchen sich die Hofstaaten und das diplomatische Corps gruppirten. Nach⸗ dem der Kaiser mit den Großfürsten und der militärischen Suite die Front der Truppen abgeritten, begann der Weihgottes⸗ dien st, während dessen das Denkmal enthüllt wurde. Als das Gebet für die Seelenruhe des Kaisers Alexander II., des im Kriege gefallenen Herzogs Sergius von Leuchtenberg und der anderen im Kriege 1877/78 ge allenen russischen Krieger gesprochen wurde, ließen sich sänimtliche Anwesende auf die Knie nieder. Alsdann präsentirten die Truppen das Gewehr, und gaben die Geschütze der Peter⸗Pauls⸗Festung 101 , ab. Zum Schluß defilirten die Truppen, beide Feldmarschälle voran, vor dem Kaiser. — Bald nach der Enthüllungsfeier and eine Speisung der Truppen Seitens der Stadt St.
etersburg statt, welche auch der Kaiser mit der Kaiserin be⸗
uchte. Beide wurden überall mit jubelnden Zurufen begrüßt.
— 25. Oktober. (B. T. B) Der Großfürst und die Großfürstin Wladimir sind nach Skierniewice abgereist.
Afrika. Egypten. Kairo, 22. Oktober. (A. C.) Oberft Kitchener telegraphirt: Nur 60 Mann von der Garnifon von Tamai haben Tokar erreicht. Fort= während werden Briefe von Tokar abgesandt. Die Rebellen⸗ Scheiks haben sich nach Kassala um Verstärkungen gewandt. Ich glaube, daß die Uebergabe Tokar's bevorsteht. Die Forts Jon Tamai find in die Luft gesprengt und alle Hütten ver—⸗ brannt worden. 10
Zeitungsftimmen.
Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ sagt unter der Ueberschrift „Heer und Manchesterthum “: ö.
Der Lärm, den die ultramontane und freisinnige Presse . als der Gedanke einer möglichen gelinden Verstärkung der Wehrkraft Deutfchlands erörtert wurde, hat uns wieder einmal darüber belehrt, wie wenig Verständniß immer noch die große Bedeutung des Heeres in einem Theil des Volkes findet und wie tief und festgewurzelt die Irrthümer sind, die sich an die Einrichtung der stehenden Heere seit Jahrzehnten knüpfen. Für die Blätter der genannten Richtungen ist es felbstverständlich, daß die Ausgaben für das Heer eine das Volk außerordentlich drückende, ja für dasselbe unerträgliche Last sind und daß jeder. der seine drei Jahre im Heere zubringt, dadurch einer weit nützlicheren und sowohl für sich, wie für das ganze Wirthschaftsleben des Volkes einträg⸗ licheren Beschäftigung entzogen wird. Diese Auffassung, welche wie ein rother Faden das ganze Verhalten der Opposition allen auf das Militär bezüglichen Fragen gegenüber durchzieht, ist von jeher mit so großem Nachdruck vertreten worden, daß auch diejenigen, welche Ver⸗ ständniß und Sympathie für das germ haben, davon nicht ganz ohne Einfluß geblieben und thatsächlich überzeugt sind von der Größe der Opfer, welche das Volk zu bringen habe, wenn sie auch mit Rück— sicht auf die Ehre und Sicherheit des Vaterlandes zu den ihnen abver⸗ langten Opfern gern bereit sind. ĩ 4
Diefe Auffaffung von der Unwirthschaftlichkeit und Unerträglich⸗ keit der Heeresausgaben,. wie von dem Schaden, welcher der nationalen Produktion durch die Entziehung so vieler arbeits- und produktions⸗ fähiger Hände erwachse, ist, — wie dies in einem neuerdings erschie⸗ nenen Buche (. Der erweiterte deutsche Militärstaat in seiner sozialen Bedeutung, von Gustav Tuch; Leipzig, Duncker und Humblot) zu— treffend ausgeführt ist — nichts Anderes als ein Ausfluß manchester⸗ licher Lehren“. .
Was ein starkes Heer im Lande nützen kann, sollte jeder Deutsche wissen. Ganz unermeßlich ist der Vortheil gewesen, welchen Deutsch— land von feinem Heere gehabt hat. Man braucht darüber weiter kein Wort zu verlieren. Aber es bedarf nicht einmal eines Krieges, um den Werth der in dem Heere steckenden Güter zu realisiren. Das Heer ist eine Schule der Erziehung für viele junge Leute, die ohne diese Schule vielleicht wirthschaft⸗ lich, sozial und sittlich verkommen würden. 6 ber Schrift, „Die Wehrpflicht! von General von Hartmann wird in trefflicher Weise ausgeführt, welchen segensreichen Einfluß die Disziplin im Heere auf das ganze Leben der jungen Leute hat, die damit in ihre bürgerlichen . ein unschätzbares Gut hinüber⸗ nehmen; es werde hiermit „der unter den Einflüssen der Industrie mik ihrem Siechthum und ihrem Pauperismus fortschreitenden Entartung der Bevölkerung dag wirksamste Gtgenmittel gegeben.“ Was aber würde, die Folge sein, wenn die picken auf das. Heer vermondten Gelder gespart!, die Steuern vermindert und ein, zwei oder drei Hunderttausend Soldaten entlaffen würden? Von den politischen Gefahren, die sich dem Lande eröffnen wurden, ganz abgesehen, würde auf dem schon jetzt mehr als überfüllten Arbeitsmarkt ein solches Angebot von Arbeitskräften zu erwarten sein, daß sich die Zahl der Beschäftigungs- und Existenzlosen in gefährlicher Weise vermehren und der Lohn aufs äußerste herab— gedrückt werden würde. .
Wir wollen den weiteren Ausführungen der Tuch'schen Schrift nicht folgen. Es genügt, dem Standpunkt, von welchem militärische Fragen namentlich von der Opposition behandelt zu werden pflegen, einmal jene Gesichtspunkte gegenübergestellt zu haben, welche sich von den landläufigen entfernen. Auf anderen Gebieten ist schon längst die Verderblichkeit und Kurzsichtigkeit manchesterlicher Lehren erkannt worden: es wäre zu wünschen, daß man auch in militärischen Fragen mit dem Einfluß jener Lehren breche und, die Bedeutung des Heeres für die Nation allerseits unbefangen würdigen lerne.
— In dem „Düsseldorfer Anzeiger, lesen wir:
In der Schrift uber , die Arbeiterfrage“, welche der Reichstags. abgeordnete Oechelhäuser soeben hat erscheinen lassen, finden wir neben der reichen Fülle positiver Reformporschläge auch eine Reihe von Be— merkungen über die Nothwendigkeit des Sozialistengesetzes, die um so beherzigenswerther sind, als Hr. Oechelhäuser seit einem halben Jahr— hundert im industriellen Leben thätig ist und in dem vorliegenden Werkchen von Reuem auf's Schönste seine wahrhaft arbeiterfreund⸗ siche Gesinnung bekundet. Er sagt;
„Die Gegner des Gesetzes und die, welche es nach achtjähriger Wirkfamkeit schon wieder aufgehoben sehen wollen, berufen sich aller⸗ dings gerade auf seine Unwirksamkeit. Sie zeigen aber hierdurch nur, 9. sie den Zweck des Gesetzes nicht verstanden haben oder nicht ver— stehen wollen, indem sie die Abnahme oder Nichtabnahme der sozialistischen. Stimmen⸗ und Abgeordnetenzahlen zum alleinigen Kriterium“ feiner Wirkfamkeit machen. Das Gesetz ist in erster Linie nicht zur Bekehrung der Sozialdemokraten — dafür müssen andere positive Mittel dienen — sondern zum Schutz der bedrohten Gesell⸗ ., des bedrohten Feindes zwischen Arbeitern und Arbeitgebern erlassen. ⸗
Wer von dem Gesetz erwartete und nur deshalb dafür stimmte, daß binnen einigen Jahren die sozialdemokratischen Führer auf der Tribune erscheinen und pater pecegvi sagen, daß ihre geheimen Ver= bindungen sich von selbst oder durch polizeilichen Zwang lösen, daß beim geheimen und allgemeinen Stimmrecht die Zahl der abgegebenen Stimmen und der gewählten Vertreter sich in absehbarer Zeit ver— mindern würde, der hat nur für seine eigene politische Kurzsichtigkeit, für feinen Mangel an Menschenkenntniß, nicht für die Unwirk⸗ famkeit des Gesetzes Zeugniß abgelegt. Seinen eigentlichen Zweck, das Umfichgreifen der revolutionären Strömung zu verhüten, den Verhetzungen durch die Presse und Versammlungen zu steuern, und damit die Stimmung der Arbeiter, ihr Ver⸗ hältniß zu den Arbeitgebern zu bessern, Zeit und Raum für eine friedliche Weiterarbeit auf sozialem Boden zu gewinnen, diesen alleinigen Zweck hat, das Gesetz in allerhöchstem und segensreichstem Maße erfüllt. Wir berufen uns hierbei auf das Zeugniß aller Männer, die unbefangenen Blickes diesen Verhältnissen ihre Auf⸗— merkfamkeit zugewandt haben, insbesondere aller Arbeitgeber.
Und wenn die Sozialdemokraten behaupten, dieses Gesetz hätte nur die Anarchie groß gezogen, o könnte es ja fraglich sein, ob eine solche Scheidung im Schooße jener Partei beklagenswerth erscheint, indem ein starker Staat sicherlich leichter mit den offenen Anarchisten, den Verbrechern, fertig werden kann, als mit den Demagogen des Worts und der Feder.“
Sechel häuser beklagt die Nothwendigkeit des ere, ist aber der entschiedenen Ueberzeugung, daß es in seinen wesentlichen Bestimmun⸗ gen bestehen bleiben u. „bis eine andere Strömung im Arbeiter⸗ stande felbst die Ueberhand gewonnen, bis der Arbeiter sich von, der sozialdemokratischen Führung vollständig emanzipirt hat. Die För⸗ derung diefer Einsichk in den Arbeiterkreisen — das in der That ist . 5 des Sozialistengesetzes der Punkt, auf welchen Alles ankommt.
2 2 *.
— Die „Koloniglwaaren⸗-Zeitung“ äußert inn „den handelspolitischen Werth unserer Kolonien: ;
Ez hieße wohl Eulen nach Athen tragen, wollte man hoh noch den wirthfchaftlichen Werth von Kolonisatlonsbestrebungen übe? haupt erörtern, es sei nur darauf hingewiesen, daß in England und Holland der fechste oder siebente Mann sich mehrere Jahre in den Rolonien aufhält und meist mit einer hübschen Ausbeute nach einigen Jahren heimkehrt. Für uns Deuische haben aber tropische Kolonien einen ganz besonderen handelspolitischen Werth, weil sie uns in den Stand setzen, mit Dingen als Produzenten in den Weltmarkt einzu⸗ treten, die wir bisher als Konsumenten den Engländern mit Gold auf⸗ wiegen mußten. Sie haben aber auch deshalb einen unberechen baren nationalökondmischen Werth für uns, weil sie uns in den Stand setzen, jene Unsumme disponibler Arbeitskräfte, die bei uns entweder ganz brach liegen oder die schon vorhandene Ueberproduktion noch verstaͤrken helfen, geeignet zur Schaffung und Hervorbringung von Ür⸗ und Natur⸗Produkten zu machen, indem wir ferner große Menschen⸗ massen zur Kultur und somit zur Konsumtion heranziehen.
Indem Deutschland jene Kolonien erwarb, schickt es seine Kinder nicht mehr planlos in die Fremde, und indem der Deutsche dem spröden Boden des Urlandes ein Vermögen abringt, erringt er es zugleich seinem Vaterlande, weil er dessen Mitglied bleibt, von ihm konsumirt, ihm produzirt. . .
Das Märchen von der afrikanischen Wüstenei ist, längst widerlegt, ebenso das von der mörderischen Beschaffenheit des Klimas. Wir wissen jetzt ganz genau, daß Afrika nicht ungesunder ist, wie jeder Erdtheil der gleichen Zone. Hätten sich die Spanier damals von dem Fieber⸗ klim Amerikas von weiterem Vorgehen abhalten lassen, wer weiß, ob Amerika dann jemals die Bedeutung erlangt hätte, die es beute in der Geschichte und in der Industrie ein⸗ nimmt; sicher wären wir aber nie mit dem natürlichen Reichthum Süd⸗Amerikas beschenkt, den wir zur Zeit in der neuen Waarenbörfe in so überraschendem Reichthum und Fülle bewundern. Gerade die südamerikanische Ausstellung giebt uns die wünschenswerthen Fingerzeige für die Zukunft unserer afrikanischen Kolonien. Der Reichthum, den dort die üppige Tropenvegetation hervorgebracht hat, ist es auch, den wir hier zu erwarten haben, weil genau die gleichen Entstehungsbedingungen vorhanden sind. Kultur beißt der goldene Schlüssel, mit dem wir die gebeimnißvollen Schätze Neudeutfchlands dem Boden abringen, und es sei uns in einem 2. ften Artikel vergönnt, auf Grund sorgfältiger Quellenstudirung die Reichthümer, die unseres Handels dort warten, zu zeigen.
Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 53. — Inhalt: Verfuͤgungen: vom 19. Oktober 1886: Erweiterung des internationalen Telegraphennetzes.
Fentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 45. — Inhalt. Amtliches: Circular⸗Erlasse. — Personal⸗Nachrichten. — Nichtamt. liches: Künstliche Feuerlöschmittel. — Landesausschußgebäude in Straßburg i. E. Il. — Bauten in Japan. (Schluß. — Ver- mischkes: Verwendung von Buchenhol; zu Bauten. — Selbstthãtige Spannvorrichtung für eiserne Brücken. — Architekten⸗ und Ingenieur, verein in Frankfurt a. M. — Künstliches Binnenmeer in der Sahara. — Nutzholzpflanzung in den Vereinigten Staaten. — Handelsbe— ziehungen zwischen Rußland und Mittel-Asien. — Bücherschau.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Im 3. Marienwerderschen Wahlbezirk (Grau denz Strasburg) ist an Stelle des verstorbenen Abg. von Lyskowet der Staats-Minister a. D. Hobrecht (nat.-lib), mit 9335 von 17823 abgegebenen Stimmen zum Mitglied des Reichstages gewählt worden. Der Rittergutsbesitzer von Rpbinski (Pole) erhielt mi 8486 Stimmen.
Statistische Nachrichten.
Von der ‚Statistik des Hamburgischen welche von dem statistischen Bureau der Steuerdeputation bearbeite und herausgegeben wird und im Verlage von Otto Meißner in Ham burg erschienen ist, liegt das XIII. Heft mit folgendem Inhalt vor. Die Ergebnisse der Einkommensteuer in den Jahren 1878 bis 188 Die Ergebnisse der Berufszählung von 5. Juni 1882; Statistik der Reichstagswahlen im Jahre 1883; Beiträge zur Statistik der Land wirthfchaft; Die Auswanderung über Hamburg nach überseeischen Ländern in' den Jahren 1883 und 1884; Die Besitzveränderungen in Grundeigenthum in den Jahren 1878 bis 1885; Die Bewegung da Bevölkerung in den Jahren 1883 und 1884. — Ueber die Ergeb— nisse der Ein kommensteuer in den Jahren 1878 bis 1882 ent, nehmen wir dem vorerwähnten Werk Folgendes: Während von 1866 biz 1886 die Einwohnerzahl von 266 000 auf 428 50 stieg, wucht die Zahl der Steuerzahler ungleich stärker von z8 374 auf 951, das versteuerte Einkommen von 129 8 7 3090 ( auf 236 417 320 4 und die Steuererträge von 2684768 auf 4 400 25 6 an. Au 1060 Einwohner kamen 1866 144, 1870 173, 1875 223 und 186! 222 Steuerzahler; auf einen Einwohner kam versteuertes Einkommen und bezw. Steuerertrag 1866 488 resp. 9, z2 S, 1870 503 rest s. S5 S6, 1875 576 resp. 10,97 , 1889 552 resp. 10,27 A; an einen Steuerzahler kam versteuertes Einkommen beiw. Steuerertun 1866 3385 resp. 67, 36 M, 1870 2900 resp. 66, 77 46, 1875 hh resp. 49,25 M und 1880 2481 resp. 46,18 10 — Seit dem Jallt 188 wird die Einkommensteuer nach Maßgabe des Gesckz vom 7. März 1881 erhoben, welches verschiedene Aenderungen, u. 1 die Versteuerung des Einkommens der Aktiengesellschaften bestimm Der fiskalische Erfolg des neuen Gesetzes tritt in folgenden Dult hervor: Der Ertrag der Einkommensteuer belief sich überhaupt in Hamburgischen Staate in 1879 auf 3 930 403 6, 1880 4400 26 4h 881 6438510 M, 1882 6779 166 M, 1883 6748 0900 , 181 6 Sh 605 S (für' die beiden letzten Jahre ist die Ziffer der Vern lagung eingesetzt; auf den Kopf der Bevölkerung ergiebt sich darnat ein Einkommenfteuerertrag 18759 von 9,42 6, 1889 10,27, 18 14R29, 1882 14,80, 1883 14,30 und 1884 14,20 66. Dem gegenüh⸗ berechnet sich der Ertrag der Einkommensteuer auf den Kopf der V völkerung in Bremen 1879 auf. 19, 1880 1879, 1881 1786 m 18327 auf 16,58 M und in Berlin 1879 auf 17,73 s, 1880 IIb 1881 16,290 und 1882 auf 15,88 60
Kunst, Wiffenschaft und Literatur.
Gustav Freytag's Schriften sind bisher in ; Ausgaben und Formaten veröffentlicht worden. Dem berechtiss Wunfche der zahlreichen Verehrer des beliebten Schriftstellers, n Werke in einer einheitlichen, möglichst wohlfeilen Gesammtausgabe besitzen, kommt die Verlagshandlung von S. Hirzel in Leipzig, burch vie Gesammeslten Werke von Gustarv Frevtag; dankenswerther Weise entgegen. Das Ganze soll zweiundzwanzig Bin umfassen, und zwar en, , der Reihenfolge: 1. Band: Erinnerun⸗ aus meinem Leben. — Gedichte. 2. u. 3. Band: Dramen.
Band: Soll und Haben. 8—= 15. Band: Die Ahnen. 14. Band: Die Technik des Dtn J5. u. 15. Band? Auffätze über Politik und Literatur. — Gef it liche und biographische Schilderungen. 11 — 21. Band: Bilder der deutschen Vergangenheit. 22. Band: Karl Mathy. — Bescs in Werth erhält diefe Ausgabe durch die im ersten Bande enthalten interessanten „Erinnerungen aus meinem Leb en, , Erfahrung welche meinen Arbeiten Inhalt und Farbe gegeben haben“, di ) dem vorliegenden ersten Heft bis zum Ende der fünfziger 3. fortgeführt find. Sie berichten über die Erlebnisse, welche Inhalt! der Bücher beeinflußt haben, und bilden so ö schätzenswerthen Kommentar zu denselben. G. Freytag felbst sagt ü
Staatet ,
den verschieden
4. l., Su. 7. Band: Die verlorene Handsch!⸗
diese Ausgabe seiner Schriften; Viele Jahre war ich auch als Jour- nalist thätig. Nun ist selbstverständlich, daß ich das Meiste jener alten Arbeiten für den Tag von dieser Ausgahe fernhalte. Doch möchte ich mir nicht versagen, verhältnißmäßig Weniges aufzunehmen und einiges Neue beizufügen, da doch die Sammlung in gewissem Sinne ein Rechenschaftsbericht über meine gesammte literarische Thä⸗ figkeit werden soll. — Um die Freytag schen Schriften weitesten Kreisen jugãnglich zu machen, hat die Verlagshandlung den Preis der Liefe⸗ rung von mindestens zehn Bogen nur auf 1,5066 angesetzt. Monatlich werden zwei bis drei Lieferungen, erscheinen, die einen Band bilden. Die Aukstattung ist elegant. Einzelne Bände dieser Sammlung sind nicht verkäuflich. Dagegen werden die selbständigen, früheren Aus⸗ gaben unverändert fortbestehen und neben der Gesammtausgabe zu be⸗ ziehen sein. Möchte letztere recht zahlreiche Käufer finden, damit sich auch der Wunsch des Verfassers erfülle, daß seine „Ahnen“ und Bilder aus der deutschen Vergangenheit“ von recht vielen Deutschen gelesen werden.
Land⸗ und Forstwirthschaft. ö
8 . . . ö ö — *
Vor Kurzem erschien ein Neuer illustrirter Katalog
über Kofen der Rosenfürma Schultheis Stginfurtheberi
Bad Nauheim, Hessen, M. W. B., für Herbst 1886 und Früh⸗
sahr 1887. Derselbe enthält außer der Angabe der zahlreichen Sorten
ier welche die genannte Firma züchtet, auch mehrere Abbildungen olcher.
Gewerbe und Handel.
Der Jahresbericht der Spandauerberg⸗ Brauerei, vorm. C. Bechmann, konstatirt in befriedigender Weise, daß sich der Abfatz von 73 394 auf 75 55 t, erhöht hat und daß für das laufende Jahr ein weiterer Mehrumsatz in Aussicht zu nehmen sei Die An⸗ schaffung einer neuen Dampfmaschine nebst Maschinengebäude erforderte eine Ausgabe von 76 000 6. Der Bierbestand ist mit 15 6 per Tonne inventarifirt worden gegen 16 0 bei Uebernahme des Geschãfts durch die Aktiengesellschaft. Ein Spezialreservefonds ist mit 13 497 6 dotirt worden. Für Abschreibungen wurden 139 116. 4 verwendet. Der Reingewinn beträgt 269 950 6, wo von 706 Dividende vertheilt werden sollen
— Der Aufsichtsrath der Aktien-Brauerei⸗Gesellschaft . vorm. Patzenhofer, hat beschlossen, die
ertheilung einer Dividende von 435 o gegen 335 im Vorjahre vorzuschlagen.
Pofen, 25. Oktober. (W. T. B.) , In der heutigen General- versammlung der Posener Sprit⸗Aktien⸗Gesellschaft wurde beschlossen, nach, Abschreibung von 60 990 6 eine Dipidende von z Yo zu vertheilen, den Reservefonds mit 41 929 6 zu dotiren und eine Spezialreserve in Höhe von 165 000 „ zu bilden,
Nürnberg, 23. Oktober. (Hopfen markthericht von Leopold Held. Zum beutigen Markte kamen 400 Ballen Landhopfen und 00 Säcke per Bahn. Da unter den zugefahrenen Hopfen sich nur verhästnißmäßig wenig schöne Waare befand und für Export und Kund⸗ schaft sehr rege Frage nach gutfarbigen Hopfen vorhanden war, konnten die Preise der grünen Hopfen 3— 5 4 gewinnen. Auch für gelbe Waare zeigte sich heute einige Frage, und, wurden a. 400 Säcke solcher zu billigen Preisen verkauft. Die Stimmung ist fest. Die Notirungen lauten: Gebirgshopfen 70–- 75 „½; Markthopfen 32 —– 565 ; Aisch⸗ gründer 45 - 70 ιν; Hallertauer prima 75 - 0 jg, mittel 55 — 5 „, geringe 0-49 M; Württemberger prima 85 —90 M, mittel 50 — s0 M; Badische prima So —85 46, mittel 50 — 65 M1; Wolln⸗ jacher Siegel 76 - 95 ; Spalter Land 75-120 460
Brüf fel, 24. Oktober. (W. T. B Der Entwurf, betreffend die KLonvertirung der Schuld der Stadt Brüssel, ist von der Regierung ratifizirt worden.
Glasgow, 23. Oktober. (W. T. B. Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 828 890 Tons gegen szl 253 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 66 gegen 9! im vorigen Jahre.
New York, 23. Oktober. W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 8 991643 Doll., wovon 1938 055 Doll. für Stoffe.
Submissionen im Auslande.
Schweden. 20. November, Mittags. Stockholm. Chef für die Königliche Fortifikation. Garde⸗Regimenter zu Fuß: ein Kanzleihaus, ein Kasernenflügel, eine Baulichkeit für Schul- und Speisesaal mit Küchen und Marketenderflügeln, ein Exerzierhaus, ein Kasernement für die Musikcompagnie, ein Stallbau, ein Bagageraum, zwei Abt itts-Baulichkeiten. Naͤhere Angaben erhältlich an jedem Wochentage im Baubureau der Garde-Kasernen Stockholm, Riddargaten Nr. 3, 2 Treppen.
Bauten für die beiden
Sanitätswesen und Quarantänewesen.
Oesterreich-Ungarn. . Durch Erlaß der K. K. Seebehörde zu Triest ist gegen sämmt⸗ liche Seeprobenienzen aus dem Meerbusen von Genua beziehungs⸗ weife dem Küftenftrich zwischen Savona und Chiavari eine Quarantäne von 7 Tagen angeordnet worden.
Berlin, 25. Oktober 1886.
Morgen, Dienstag, den 26, findet im Forstrevier Kuners⸗ dorf Königliche Parforcejagd statt. Rendez⸗vous: Mittags 12 Uhr zu Michendorf.
Die englische Post vom 24. Oktober früh ist aus⸗ geblieben. Grund: Das Schiff ist in Ostende wegen starken Nebels im Kanal nicht herangekommen.
Das 5 jährige Dienst jubiläum, welches der Konsistorial⸗ Präsident D. Hegel gestern begehen konnte, brachte dem Jubilar reiche Ehren, und Dankbezeugungen. Bereits in früher Morgenstunde wurde derfelbe durch ein Ständchen überrascht, welches ihm der Bläser⸗ chor des „‚Evangelischen Vereins für kirchliche Zwecke“ darbrachte. Um
Uhr erschien der Staats⸗Minister Dr von Goßler, um dem Jubilar im Allerhöchsten Auftrage den Stern zum Rothen Adler⸗Orden zweiter Klasse zu überreichen. Den befonderen Glückwünschen der Räthe des Ministeriums
ab der Ministerial⸗Direktor Barkhausen Ausdruck. — Um 19. Uhr egab fich der Jubisar mit seiner Gattin nach der Matthãäikirche, um dort dem Gottesdienst beizuwohnen. Die Kirche war überfüllt. Auß allen Theilen der Mark waren Superintendenten und Heistliche erschienen; auch. General Superintendent P. Büchsel und die itglieder des Konsistoriums sowie Prof. D. Kleinert u. A. hatten ich eingefunden. In der Predigt wies General⸗ Superintendent Braun zuf die reich gesegnete Amtsthätigkeit den Jubilars hin und dankte hm für die Liebe, die er vor Allem der Matthãi⸗Gemeinde entgegen.
gebracht. — Die eigentliche Dankfeier der Gemeinde fand um 11 Uhr in der Wohnung des Jubilars statt. Nachdem der Kirchenchor unter Hrn. Kawerau's Leitung die Motette: . Der
err ist mein Hirte!“ gesungen hatte, trat Der General⸗
zuperinkendent Bräun vor, um die Glückwünsche des Gemeinde⸗
irchenraths auszusprechen und die Ehrengabe der Gemeinde, das Aquarellbild' der Kirche, zu überreichen. Der Gesang „Sei
etreu beschloß diesen Theil der Feier. Inzwischen hatten sich ereits Lie übrigen Deputationen versammelt. IGm Namen des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths überreichten die beiden Prä—⸗ sidenten desselben, Dr. Hermes und D. Brückner, eine kunst⸗ voll ausgestattete Adresse. Die Glückwunsche der General⸗ Synode überbrachte Graf Arnim. Es folgten sodann die Mitglieder des Konsistoriums, welche ein silbernes Kruzifix über⸗ reichten. Im Auftrage der Provinzial⸗Synode erschien hierauf eine Deputation unter Führung des Landes-Direktors von Levetzow. Die Fphoren der Provin; ließen durch ihren Senior, Superintendenten Gensichen Tro fen, ihre Liebe und Verehrung aussprechen. Super⸗ intendent Ebeling⸗Kottbus übergab sodann die Ehrengabe der Geist⸗ lichen, das von Prof. Paul Händler gemalte Bild „Paulus in Athen. Nachdem alsdann die Unterbeamten Ides Konsistoriums durch Rech nungs⸗Rath Paucke eine Adresse hatten übergeben lassen, nahm der Ober Konsistorial Rath D. Weiß als Vertreter der . theologischen Fakultät das Wort. Die Glückwünsche des Konsistoriums der französischen Kirche überbrachten Prediger Tournier und General⸗ Sekretär Coulon. Im Auftrage der Preußischen Haupt bibel gesellschaft, deren Präsident D. Hegel seit 260 Jahren ist, überreichte Professor Kleinert eine Bibel in reichem Einbande mit kostbaren Veschlägen Die Glückwünsche des Berliner Missionshauses brachte Missionsdirektor Wangemann zu beredtem Ausdruck, Für den Evangelischen Verein für kirchliche Zwecke“, dem der Jubilar seit 18 Jahren vorsteht, verlas Kammergerichts-Rath Alingner eine Adresse. Der Evangelische Bücherverein verehrte dem Jubilar eine Auswahl seiner werthvollsten Schriften, der Hauptverein für christliche Erbauungsschriften die Ziethe'schen Andachtsbücher. Auch die Nazareth⸗ Gemeinde hatte eine Deputation abgesandt. Viele hervorragende Personen überbrachten noch ihre Glückwünsche, 9 auch in großer Anzahl in Briefen und Telegrammen eingetroffen aren.
Wissenschaftlicher Kunstverein. In der Sitzung am 19. September, mit der nach den Sommerferien das neue Semester begonnen, hielt Hr. Hofkunsthändler Eduard Quaas, unter Vorlage einer reichen Sammlung von Photographien, vervielfältigten Hand zeichnungen und Kupferstichen, einen Vortrag über die Mailändische Schule und unsere gegenwärtige Stellung zu Lionardo da Bin ei. Der Eintritt dieses genialen Künstlers in den Dienst Ludovico Sforza's, um 1484, fand dort angesehene ältere Kräfte vor, wie Vincenzo Foppa, Civerchio, Butti⸗ none, Bart. Suardi (Bramantino), B. Zenale, A. Borgognone. Durch Errichtung einer Kunstakademie verbreitete Lionardo die von ihm neu geschaffenen Formen; neben der Malerei und Bildhauerei wurde sogar der Kupferstich betrieben (es existiren Blätter mit der Aufschrift „Academia Leonardi. Vinci); an Schülern, welche ihm nahe standen, werden Giov. Ant. Bol traffio. Marco d' 'Oggienno, der Dilettant und Edelmann Fr. Melzi, endlich der Gehülfe Andrea Salaino genannt. Dem frucht⸗ baren und zum Theil eigenartigen Bernardino Luini weisen neuere Forschungen allerdings eine von unserer früheren Anschauung ganz ver⸗ schiedene Stellung an. Der Name Lionardo's ist einer Anzahl uns liebgewordener Werke genommen und mit demjenigen Luini's ver⸗ tauscht; wir nennen hier nur die Bilder „Modestia e vanita“ (B. Sciarra), Jesus unter den Schriftgelehrten (London), la Vierga au l9ys*; ferner sind die Florentiner Bilder „la mongaca vielleicht Ginesra Benci)h“ und der „Goldschmied“ dem Ridolfo Ghirlandajo; die „Vierge au bas-relief- (London) dem Cesare da Sesto, die „Madonna Litta“ (St. Petersburg) dem Bernardino de' Conti jetzt zugeeignet; andere wie „a Vierge aux balances“ (Paris), la Madonna del Lago“ und vieles Andere, ohne Möglichkeit der Ramengbestimmung, der „Schule Lionardo's⸗ zugewiesen. Der Lionardeske Madonnenstil ist zwar durch die unbestrittenen beiden Pariser Bilder „la Vierge aux rochers“ (Nr. 460), „la Vierge, enfant Jesus et St, Annę- (Nr. 459), besonders schön zumal in der für die Servitenkirche zu Florenz bestimmten, leider nur im ‚ Londoner Karton“ erhaltenen „Gruppe der h. Familie mit h. Anna“ gekennzeichnet; doch hat an unserer Vorstellung von diesem Frauentvpus im Allgemeinen B. Luini bisher einen eben so großen, wenn nicht hervorragenderen Antheil gehabt. In den übrigen Nachfolgern und den wenigen nachgewiesenen Schülern nimmt dieser Frauentypus doch einen veränderten Charakter an; am abweichendsten zeigte er sich in dem breit und kräftig charakterisirenden Boltraffio. Soviel ist gewiß, daß wir aus den wenigen, uns erhaltenen, legitimen Werken Lionardo's, den Stylbegriff kaum genügend abschließen können. Das Restergefecht bei Anghiari, soweit es uns im Karton erhalten, das h. Abendmahl, der Londoner Karton der Madonna e, b. e, Sta. Anna, offenbaren dreiso heterogene Leistungs möglichkeiten, daß wir bedauern müssen, diesen genialen Künstler mit seinen für jede neue Aufgabe bahnbrechenden Schöpfungsgedanken den malerischen Zielen nicht beharrlicher zugewendet zu sehen. — Der sehr interessante Vortrag wurde durch die Vorlage der zahlreichen Bervielfältigungen von theils ausgeführten, theils nur in Entwürfen vorhandenen Werken Lionardo da Vinci's und einiger hervorragender Künstler jener Zeit befonders belehrend und dankenswerth.
Der am gestrigen Sonntage Nachmittags 1 Uhr auf der Renn⸗ bahn bei Charlottenburg abgehaltene dritte Tag des Herbst⸗ Meetings des Vereins für Hinderniß-⸗Rennen begann mit:
J. Preis von Hoppegarten. Kapt. Jos s 4jähr. br. St .Wildgraͤfin' Erste; Lt. Prinz G. Radziwill's g. br. Wallach, Consul“ Zweiter; Hrn. v. Tepper ⸗Lnaski's 4jähr. br. St,. „Fair One“ Dritte. Teicht mit dritthalb Längen gewonnen; sieben Pferde liefen. Werth 1376 S½ der Ersten, 234 M dem Zweiten. „Wildgräfin' wurde nicht gefordert.
If. Preis von Moanbit. Gr.. Sierstoryff⸗Franzdorf's 6jähr. br. W. „Crown Derby“ Erster; Major Gr. Schlippenbach's 6 jähr. br. St. ‚Penitent“ Zweite; Hrn. v. Tepper⸗Laski's a. F. H. „Horace Vernet“ Dritter. Im Handgalopp mit sieben Längen gelandet. Reun Pferde liefen. Werth 1360 M dem Sieger. „Crown Derby“ wurde um 2850 „ zurückgekauft.
n Consolations - Hürden Rennen. Hrn. W. Hiestrich's jähr. F. H. . Terminus“ Erster, Hrn. G. Long's jähr. F.⸗St. . Gold⸗ Mädchen“ Zweite, Hrn. F. Rüppel's zjähr. F. St. „Fairlight“ Dritte. Siegte nach Kampf um eine halbe Länge. Werth 1292 (46 dem Sieger, 178 „S der Zweiten; sechs Pferde liefen.
IV. Offizier⸗-Hürden Rennen. Lt. von Ravenstein's a. br. H. Imperial‘ Erster; Major Gr. Schlippenbach's 4 jähr. F. -W. Ebenholz‘ Zweiter; Lt. v. Wuthenau's 4 jähr. F⸗St. . Coralline“ Dritte. Siegte sicher mit fünfviertel Längen. Werth 780 M dem Ersten, 180 „6 dem Zweiten, 80 „ der Dritten. 8 Pferde liefen.
FJ. Fünfhundert Kronen. Rittm. v Natzmer's 5 jährige F. St. „Aalhaut“‘ Erste. Rittm. v. Schmidt-Pauliss a. br. W. „Suttun“ Zweiter Gr. Sierstorpff⸗Franzdorf's a. br. W. . Wagrant“ Dritter. Zuletzt sicher um einen Hals gewonnen. Neun Pferde liefen. Werth 5700 „M der Siegerin, 850 „S dem Zweiten, 350 6 dem Dritten.
71. Ermunterungs-Hürden-Rennen. Kapt. Joẽß's 3 jähr. br. St. „Avenella“ Erste; Herrn H. Suermondt's 3 jähr. br. St. „Savigny Zweite; Rittm. von Boddien's 4 jähr. br. H. „‚Pompey; Dritter. Leicht mit dreiviertel Längen gewonnen. Werth 1360 (S6 der Siegerin, 240 M der Zweiten. Elf Pferde liefen.
Wien, 23. Oktober. (W. T. B.). Cholerabericht. In Pest 25 Erkrankungen, 11 Todesfälle, in Triest 3 Erkrankungen, 1 Todesfall.
— 24. Oktober. (W. T. B.) Cholerabericht. Triest 1 Er⸗ krankungsfall.
NewYork, 23. Oktober. (W. T. B.) In Washington und mehreren Orten in Virginien, Tennessee, Ohio und Florida wurden gestern gleichfalls Erderschütterungen verspürt.
Am Sonnabend gelangte im Königlichen Opernhaus Offenbach's anmuthige kleine Operette Die Verlobung bei der Laterne! neu einstudirt zur ersten Aufführung. Dem naiven Inhalt sind die einfachen und ansprechenden Melodien, denen weder beißende Satire noch zügelloser Uebermuth, wie den späteren Werken Offen⸗ bach's beigemischt ist, trefflich angepaßt, so daß das Ganze ein lieb⸗ liches ländliches Charakterbild bildet. Die Darstellung war eine recht gute und fand den lehhaften Beifall des Publikums; besonders anregend wirkte das Trinklied, von Hrn. Lieban und den Damen Globig, Leisinger und Renard gesungen, und das von den beiden letztgenannten Damen ausgeführte Zankduett. er munteren Einleitung folgte als völlige Novität ein Ballet: „Deutsche Märschen m in 3 Akten und 4 Bildern von Alfred Holjbock und Louis Frappart, Musik von Joseph Baver Nach dem Muster des erfolgreichen Ballets . Wiener Walzer sind diesmal die volksthümlichsten deutschen und preußisben Märsche zur wirksamen musikalischen Begleitung einer Reihe von Kostümbildern und Tänzen benutzt worden. Einen inneren Zusammenhang haben die einzelnen Bilder nicht, wenn man nicht den kriegerischen Charakter, der ihnen allen gemeinsam ist, als solchen an—⸗ sehen will. Den Eingang macht ein Bild am Hofe des alten Dessauers; hübsche Hoffräulein mit gepuderten Köpfchen, eine Reihe eleganter Pagen bewegen sich mit anmuthigen Gärtnerinnen und steif einherschreitenden Soldaten durcheinander, während die Musik als Hauptmotiv den . Dessauer Marsch“ erkennen laßt; den Höhepunkt bildete der Tanz des mit rauschendem Beifall begrüßten rh dell, Era, welche als graziöseste aller Gärtnerinnen wieder durch ihre seltene choreographische Gestaltungsgabe glänzte. Eine kurze Liebesepisode zwischen einem Pagen und einem Hoffräulein bildet den amüsanten Kern der Handlung. Im zweiten Akt charakterisirt der „Heohenfriedberger Marsch“ musikalisch die Zeit, in welcher ein schlesische, Dorf die heimkehrenden Sieger begrüßt und ein junges. Liebespaar den Segen der Eltern empfängt. So ergiebt sich einfach Veranlassung zu einem doppelten Freudenfest, welches wieder im Tanze seinen Ausdruck findet. Landmädchen mit Rosen⸗ guirlanden bewegen sich in zierlichen Gruppen und harmonischen Stellungen durcheinander; Frl. dell' Era leistete hier als Landmädchen durch ihren anmuthigen Tanz wieder vollständig Wunderbares; zeit⸗ weise schien sie förmlich in der Luft zu schweben; der ihr gezollte Beifall war denn auch stürmisch und beinahe endlos. Der dritte Akt bringt als musikalisches Motiv den „Pariser Einzugsmarsch‘ mit einem kürzeren Bilde aus einem rheinischen Landstädtchen (1813; ein junger Ehemann wird, von der Trauung aus der Kirche kommend, zum Befreiungskampfe einberufen) und einem größeren aus einem Biwak bei Berlin (1873). Hier wirbeln alle Truppengattungen im rasenden Galopp und Walzer durcheinander, während die Scene in nebelhafter Ferne die Kaiserstadt Berlin zeigt. Frl. dell' Era er⸗ zählte im pantomimischen Tanz als frühere Marketenderin ganze Schlacht⸗ geschichten und erwarb durch ihre ausdrucksvolle Darstellung wieder lebhafteste Anerkennung der Zuschauer. Die tiefe Erregung des Publikums und der Beifall erreichten ihren Höhepunkt, als zum Schluß Truppen aller Gattungen zu Fuß und zu Pferde unter Vor⸗ antritt des in Berlin üblichen, aus Schuljungen und anderen Straßen⸗ elementen gebildeten Vortrabes vorbeiziehen. Die Verfasser mußten nach jedem Aktschluß mehrfach vor der Gardine erscheinen, um den Dank des Publikums entgegenzunehmen.
Im Deutschen Theater müssen wegen Unwohlseins der Fr. Niemann die zu morgen und Mittwoch angefetzten Aufführungen von Gräfin Lamhach“ und „Ein Tropfen Gift“ abgeändert werden. Es wird statt dessen morgen, Dienstag, „Zopf und Schwert“ und am Mittwoch „Haus Fourchambault“ gegeben.
Der Gellovirtuss Hr. Sigmund Bürger, im Konser⸗ vatorium zu Wien ausgebildet, gab, am Sonnabend im Saal der Sing⸗Akademie ein Concert, in welchem er eine reiche Auswahl meiftens moderner Kompositionen zum Vortrag brachte. Die beden⸗ tendste derselben war das Concert von Volkmann, ein Werk, das sich, anderen Erscheinungen auf diesem Gebiete gegenüber, durch größere Selbständigkeit des Stils und Tiefe der Er⸗ sindung auszeichner, und das in der vollendeten Vortragsweise des Hrn. Bürger einen wahren Kunstgenuß darbot. Der Kuͤnstlẽr vereinigt mit gründlich ausgebildeter Technik eine stets fein⸗ sinnige, verständnißvolle Ausdrucksweise. Sein voller, vornehmer Ton im forte, sowie die graziöse Behandlung des piano sind rühmend an⸗ zuerkennen. Diese Vorzüge kamen auch in mehreren kleineren Salon⸗ stücken zur Geltung, unter denen eine „Berceuse“ von Mosz⸗ kowski,. der Elfentanz“ von Popper, dem ein Dacapo⸗ Ruf folgte, und die „Airs baskyrs? von Piatti und Bür— ger (dem Concertgeber) ganz besonders hervorzuheben sind. Das Andante von Schumann war eine kleine aber willkommene Gabe. Eine Suite für 2 Celli von Popper, bei der der rühmlichst bekannte Cellist Hr. Grünfeld den Concertgeber unterstützte, errang sich gleich⸗ falls lebhaften und wohlverdienten Beifall. — Frl. Bertha Wich mann aus Schweden, eine mit sehr umfangreicher und klangvoller Sopranstimme begabte Concertsängerin, unterstützte das Concert durch den Vortrag einer Kavatine aus der Oper:; „Bergkönigs Braut“ von dem schwedischen Komponisten Ivar Hallström. Der hier noch wenig bekannte Ton⸗ dichter hat in diesem wie in, seinen anderen Werken eine speziell nationale Färbung bewahrt, die an die Weise Lindblada's erinnert. Frl. W. scheint dem Vorbilde der unvergeßlichen Jenny Lind nachzu⸗ streben. Besondere Zartheit des Ausdrucks, bewundernswerthe Kehl⸗ fertigkeit, sicheres Einsetzen bei schwierigen Intervallsprüngen sind lobend hervorzuheben) doch dürfte, der Sängerin ein größeres Maß im Tremoliren anzurathen sein. Das Erzittein der Stimme soll im Momente einer leidenschaftlichen Erregung stattfinden; das unausgesetzte tremolo aber verhindert den Gffekt und ermattet das Stimmorgan. Der Vortrag der rein idyllischen Gesänge „‚Mainacht! von Brahms und „Zauberlied“ von Meyer Hellmuth litt am meisten unter jenem Uebermaß. — Die Klaviervorträge hatte für diesen Abend Frl. Leubuscher über⸗ nommen; sie zeigte in drei Klavierstücken von Schubert⸗Liszt, Chopin. und Moszkowski eine bereits weit vorgeschrittene technische Fertigkeit, doch blieb mitunter eine größere Saukerkeit des Spiels, z. B. in dem Nocturne“ von Chopin, zu wünschen. Das sehr zahlreich erschienene Publikum begleitete die meisten Vorträge dieses Concerts mit sehr lebhaften Beifallsbezeigungen.
Morgen, Dienstag, Abends 8 Uhr, findet im Saal der Sing⸗ Akademie ein Concert des Pianisten S. van Groningen und des Baritonisten. Joh. Mes schaert statt.
Am Mittwoch, den 27. Abends 77 Uhr, konzertirt ebendaselbst der Pianist Hr. Felix Dreisch ock.
Am Montag, d. 1. November, Abends 7 Uhr, wird in der Dreifaltigkeits kirche von Marie Schmidtlein unter Mitwirkung der Hrrn. Prof. Robert Hausmann und Franz Schulz, des Violinisten Hrn, Schuster, der vereinigten Chöre der Dreifaltigkeits⸗ und Zwölf⸗ Apostelkirche unter Leitung des Hrn Prüfer ein Concert zum Besten der inneren Ausschmückung der Dreifaltig⸗ keitskirche gegeben und zwar mit folgendem Programm: I) Prä⸗ ludium und Fuge für Orgel, Bach. 2) Rezitativ und Arie aus „Salomo! Händel 3) Violoncellvortrag. 4) a. Motette, Palestrina; b. Zwei Choräle, J. S. Bach. . Arie a. d. Matthäus⸗ Passion, J. S. Bach. 6) Zwei Sarabanden für Violoncello, 2 Bach. 7 a. Recordare 9. d. Requiem, Hasse; b. Rezitativ und Arie aus „Paulus“, Mendelssohn; S. Geistliches Lied, Beethoven. s a. Motette, Mendelssohn; b. Motette, Alb. Becker.