Um der Budgetkommission und der Kommission zur Berathung der Militärvorlage etwas Raum für ihre Arbeiten zu geben, schlug der Präsident vor, die nächste rn erst am Freitag abzuhalten. Widerspruch dagegen erho ich nicht.
6. . 2, Uhr vertagte sich das Haus auf Freitag 1 Uhr.
— Ein von, einem Kaufmann betriebenes Damen⸗ konfektions-Geschäft von beträchtlichem Umfange, bei welchem eine größere Zahl von Arbeitern resp. Arbeiterinnen in großen Arbeitsräumen, mit fabrikmäßiger Arbeitstheilung unter den Arbeitenden, beschäftigt werden, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Strafsenats, vom 18. Okto— ber d. J, als eine Fabrik im Sinne der Reichs-Gewerbe⸗ ordnung aufzufassen; die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter resp. Arbeiterinnen bei einem . . Betriebe fällt demnach unter die Bestimmungen der §§. 135 ff. der Reichs-Gewerbe⸗ ordnung.
— Se. Durchlaucht der Prinz Heinrich XIII. Reuß, General-Lieutenant, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 14. Division, . sich nach Düsseldorf zurückbegeben; ebenso hat der General⸗
ieutenant Freiherr von Gemmingen, Commandeur der 21. Division, Berlin wieder verlassen.
Hannover, 5. Dezember. In der heutigen (8.) Sitzung des Hannoverschen . . wurde die Berathung des Haushalts-Etats der Provinz fort— gesetzt.
Mecklenburg Schwerin. Schwerin, 7. Dezember. Aus den letzten Malchiner Landtags-Sitzungen ist noch zu berichten, daß der staatsrechtlichen Kommission der Entwurf einer Verordnung, betreffend die Heranziehung der Militärpersonen zu Abgaben für Gemeindezwecke, überwiesen wurde. Die im Offiziersrange stehenden Militärpersonen des Friedensstandes sollen nach dieser Regierungsvorlage eine Abgabe entrichten, welche 60 einer nach §. 30 des ein— heimischen Kontributions⸗-Ediktes von einer gleich hohen Ein— nahme zu erhebenden Zinsensteuer beträgt. Die mit Pension zur Disposition gestellten Offiziere werden dabei den verabschiedeten Offizieren gleichgestellt, die vor dem J. April d. J. mit Pension zur Disposition Gestellten jedoch nur dann, wenn ihre Militärpension auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. April d. J. entsprechend erhöht worden ist. Erreicht aber die Pension den jährlichen Betrag von 250 S6 nicht, so ist dieselbe von der Besteuerung freizulassen und nur das übrige Einkommen zu den Kommunalsteuern heranzuziehen. Die Verordnung soll mit dem am 1. Juli k. J. beginnenden Steuerjahre in Kraft treten. — In einem anderen Regiminal— reskript wird in Bezug auf den Ausbau des Hafens von Boizenburg a. E. vorgeschlagen, der Stadt aus der Kasse für Landeshülfen zu Chaussee⸗, Eisenbahn- und Wasserbauten eine eihülfe von MM zu gewähren. Die Vorlage ward der Kommission für Verkehrswege zur Berathung übergeben. — Ferner wurde mitgetheilt, daß die Einnahmen der Kasse zur Verwaltung und Ver— zinsung der von beiden Landesherren aus dem ganzen Lande garantirten Anleihe der aufgelösten Elde⸗Schiffbarmachungs— Aktien-Sozietät pro 1. Juli 1885/86 15 033,96 S6 betragen und mit der Ausgabe saldiren. — Sodann wurde dem Comité für Verkehrswege ein schwerinsches Reskript vom 27. November überwiesen, betreffend die Herstellung eines die Städte Rostock und Güstrow verbindenden Wasserweges durch einen Kanal von Bützow nach Güstrow. Wir haben neulich bereits über dieses projektirte Unternehmen unter der Rubrik „Verkehr“ berichtet und bemerken daher jetzt nur noch, daß die . von den Ständen die Genehmigung dazu fordert, daß Rostock und Güstrow zu dem Kanalbau eine Landeshülfe in der Höhe von drei Vierteln der Effektivkosten, aber im Maximalbetrag von 759 000 S ern und daß nach Herstellung die , von Rostock is Güstrom zur Unterhaltung in landesherrliche Verwaltung übernommen werde. — Ueber einen Verordnungs-Entwurf, betreffend die Visitation der Apotheken, berichtete die Polizei⸗ Kommission, nach deren Vorschlägen die Vorlage von der Landtagsversammlung genehmigt wurde. — Morgen finden die Wahlen zur Besetzung der seit dem letzten Landtage erledigten ständischen Aemter statt, und Abends wird von den Land— marschällen ein Landtagsball veranstaltet.
Reuß ä. L. Greiz, 6. Dezember. (Lpz. Ztg.) Dem Landtage ging heute als neue Vorlage ein Nachtrag zu dem Gesetz vom J0. Juni 1873, die Ablösung der auf einem ding⸗ lichen Rechtsverhältnisse beruhenden Geld- und Naturalabgaben sowie gewisser Dienstbarkeiten betr., zu, welcher bezweckt, die Ablösung der an Geistliche und Schuldiener zu entrichtenden Leistungen dieser Art zu beschleunigen. Die Vorlage, betr. die, Verpflichtung der Gemeinden zur Beschaffung von Mikroskopen zur Untersuchung, des Schweinefleisches auf Trichinen, wurde ebenso wie einige kleinere Vorlagen (so betr. die Bewilligung von Stipendien aus Landesmitteln für unbemittelte Zöglinge des Fürstlichen Lehrerseminars 2c) an⸗ genommen.
Reuß j. L. Gera, 6. Dezember. (Lpz. Ztg.) Heute Vormittag wurde im neuen Ständehause hierfelbst durch den Präsidenten Fürbringer der Landtag wieder eröffnet. Während seiner Vertagung seit dem November hat die Finanz— kommissien an den ihr überwiesenen Negierungsvorlagen für die Berichterstattung gearbeitet. Nach Beendigung dieser Vor⸗ arbeiten und während der Landtag nun in die zweite Be— rathung eintritt, fördern die übrigen Kommissionen die Vor— berathung der ihnen überwiesenen Vorlagen. In der heutigen Sitzung wurden zunächst kleinere Programmnunmnern in Be— rathung genommen, wie die Verleihung des ritterschaftlichen Frei⸗ tischstipendiums, Wegebaubefreiung oberländischer Gemeinden und Gewährung einer Jahres subvention für das Bad Lobenstein aus Staatsmitteln. Sodann trat der Landtag in die zweite Be⸗ rathung des Etats ein. In der Einleitung der Regierungs- vorlage ist gesagt: Die Regierung betrachte die Aufbesserung der Beamtengehalte als ein unabweisbares Gebot. Dieselbe entspreche dem Vorgange der meisten Nachbarstaaten und werde gerechtfertigt durch das Sinken des Geldwerthes und die Preissteigerung der Lebensbedürfnisse überhaupt, ins— besondere aber durch die in Gera, dem Wohnsitze der meisten Beamten des n, . obwaltenden besonderen Ver⸗ r Der Kommissionsbericht bemerkt dagegen, daß man ich dem nicht durchweg anschließen könne. Zunächst habe eine merkliche Preissteigerung gegenüber den Vorjahren nicht , n,. und dann sei dem Sinken des Geldwerthes
urch mehrfache Gehaltsaufbesserung während der letzten Jahre
übrigens nicht für durchgehende Ablehnung der Gehalts—⸗ erhöhungen, sondern nur gegen solche, deren bisheriger Satz bereits 3000 S6 beträgt. Landgerichts Direktor Dr. Hagen sprach mit vieler Wärme für Annahme der Regierungsvorlage und legte die Verhältnisse der Beamten in einer Weise dar, daß sie Zeugniß gäben für das wirkliche Bedürfniß einer Gehaltsaufbesse⸗ rung. Es entwickelte sich hierüber eine umfangreiche Debatte, deren Endresultat sich doch mehr der Auffassung der Kommission zu⸗ wandte. Bei der folgenden Berathung der einzelnen Titel fanden sich u. a. für Reichszwecke: 270 441 4M für „Matrikular⸗ beiträge und Militärausgaben“ eingestellt, die ohne Debatte genehmigt wurden. Staats-Minister von Beulwitz erwähnte hierbei, daß die Matrikularbeiträge voraussichtlich noch um weitere 64 944 M, also auf 335 385 4M steigen würden. Das Land werde aber trotzdem in der Lage sein, diese Beiträge zu gewähren, weil der Etat sich hierin mit den Einnahmen aus dem Reiche decken werde.
Oefterreich⸗ Ungarn. Wien, J. Dezember. (Wn. Ztg.) Die am 28. November R. J. zu Pola geborene Tochter des Erzherzogs Karl Stephan und der Erzherzogin Maxia Theresia erhielt bei der am 2 d. M. durch den Bischof von , Dr. Johann Flapp, vollzogenen Taufe die Namen Eleonora Maria Immaculata Josepha Christina Sosthensia. Taufpathin war die Erzherzogin Maria Immaculata. .
— J. Dezember. (W. T. B.) Bei der heutigen Ankunft der bulgarischen Deputation auf dem hiesigen Bahn— hofe fand keinerlei Demonstration statt. Die Deputation will morgen bei dem Grafen Kälnoky und bei Lobanoff vor—
sprechen.
Pest, 6. Dezember. (Prg. Ztg. Das Abgeordneten— haus genehmigte die Indemnitätsvorlage in der General⸗ und Spezialdebatte. .
— 7. 2 (W. T. B.) Die bulgarische De⸗ putation, bestehend aus Grekoff, Stoiloff und Kaltscheff, traf heute Nachmittag 1 Uhr 40 Minuten hier ein und wurde am Bahnhof von einem zahlreichen Publikum, unter welchem auch die studirende Jugend vertreten war, begrüßt. Nachdem im Namen der Letzteren ein Student eine Ansprache an die Deputation gerichtet hatte, dankte Grekoff für die Kund— gebung, welche, wie er wisse, nicht ihm und den anderen Mit— gliedern der Deputation, sondern dem bulgarischen Volke und der bulgarischen Sache 9 Bulgarien habe den Kampf um seine Rechte und Unabhängigkeit aufgenommen; die gegen—⸗ wärtige Lage hätten die Bulgaren nicht verschuldet, ihnen falle die Verantwortung für dieselbe nicht zu. Das bulgarische Volk acceptire ö. Garantie, welche die konstitutionelle Unab— hängigkeit Bulgariens verbürge; es fühle sich glücklich, daß die Sympathien der edlen ungarischen Nation es inmitten der schweren Kämpfe begleiteten. Dies werde das bulgarische Volk nie vergessen. Grekoff schloß mit einem Hoch auf die ungarische Nation und Ungarn. Um 2 Uhr 40 Minuten reiste die Deputation nach Wien weiter.
Schweiz. Bern, J. Desember. (W. T. B.) Der Nationglrath erklärte heuté⸗ mit 88 gegen 43 Stimmen das kirchliche Verbot der Benutzung von Simultankirchen durch Katholiken und Altkatholiken als für die Staatsbehörden nicht maßgebend und wies den Rekurs der Regierung von Luzern gegen die bezügliche Entscheidung des Bundes⸗ raths zurück.
Belgien. Brüssel, J. Dezember. (W. T. B) In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer er— klärte bei der Debatte über den persönlichen Militär— dienst der Finanz-Minister Beernaert: die Regierung beabsichtige weder die persönlichen noch die finanziellen Lasten zu erhöhen. Die militärische Lage des Landes sei in jeder Hinsicht eine befriedigende. Bei der Berathung des Budgets des ‚Kriegs-Ministeriums äußerte der Finanz— Minist er, daß die Kriegsstärke der Armee schon mehr als 130 000 Mann betrage, daß Kredite zur Verbesserung der Infanteriewaffen gefordert werden würden und daßtz, obwohl die, Hauptstütze der nationalen Vertheidigung Antwerpen bleiben müsse, es doch nothwendig werden könnte, die Forts, welche die Maas-Linie vertheidigen, zu verbessern.
Großbritannien und Irland. Lon don, J. De⸗ zember. (W. T. B.) Heute Nachmittag fand hier unter dem Vorsitz Hartington's eine stark besuchte Versammlung von unionistischen Liberalen statt, welcher auch Goschen beiwohnte. Es wurden Briefe von Bright und Cham⸗ berlain verlesen. Bright bekämpft in seinem Briefe ent⸗ schieden den Plan eines irischen Parlaments in Dublin und sagt: die Haltung Gladstone“s in der irischen Frage habe derselben sehr geschadet. Es sei zu bedauern, daß Glad— stone seine Stimme nicht zu Gunsten des Friedens habe hören lassen. Auch Parnekl habe Nichts gesagt, um dem Unglück, welches Irland bedrohe, vorzubeugen; im Gegentheil, sein Organ „United Ireland“ habe die Pläne Dillon's unterstützt. Hartington erklärte: die jüngsten Reden Glad— ston ens und Harcourt's, in welchen sie sich weigerten, die Bedeutung der Ansichten der Unionisten anzuer— kennen, machten eine Versöhnung unmöglich; die Unionisten müßten also die Tories unterstützen. Er halte einen Entscheidungs kampf zwischen der Ordnung unsd Unordnung in Irland jn unvermeidlich. Ehe in Irland die Ruhe hergestellt werden könne, müsse man der jetzigen übertriebenen Agitation entgegentreten, welche einfach der Anarchie gleichkomme. Es sei Pflicht Gladst one's, bei der gegenwärtigen Krisis ein Wort zu sprechen, welches das
Bündniß zwischen den Liberalen Englands und den Nationalisten
Irlands beseitige.
Fürst Alexander von Battenberg traf heute Abend hier ein und wurde auf dem Bahnhofe von dem General Duplat als Vertreter der Königin und dem Herzog von Teck empfangen. Der Fürst wird sich morgen . Windsor
begeben.
— (A. C) Die Admiralität hat befohlen, den Bau der auf der Werft von Portsmouth befindlichen 6 großen Panzerschiffe (drei Thurm⸗ und drei Harde enen chf) so zu bes chleunigen, daß sie noch rechtzeitig fertig werden, um an der anläßlich des 0 jährigen Regie rungsjubiläums der Königin im . Juni auf der Höhe von. Spithead zu veranstaltenden großen 5 Theil nehmen zu können. Auf der erft von
bereits Rechnung getragen worden. Die Kommission ist
Harland u. Wulff in Belfast werden gegenwärtig zwei große Kanonenboote gebaut, von denen das eine, die „Lizard“,
bis auf die Armatur schon fertig ist, das andere
„Bramble“, binnen Kurzem vom Stapel gelassen 3. Auch ini Heere stehen Verände run ge i ndern wir?.
so sollen
umgewandel theils ue .
die Enfieldgewehre in Magazingewehre die Küstenforts theils neu armirt, werden.
Frankreich. Paris, 7. Dezember. (W. T 3) 3 der Deputirtenkammer beantragte heute Nichesnn M transigent) eine Revision der Verfassung und'be 1 z dies sei das einzige Mittel, um aus der Verwirrung h t zukommen. Derselbe verlangte die Dringlichkeit sůr aut. Antrag. Barodet erklärte sich im Namen der 6 Linken gegen die Dringlichkeit: durch eine Verstan die cn Republikaner müsse man aus der Krisis herauszukommen an eine Verfassungsrevision würde die Republikaner nur 2 mehr spalten. Ornano (Bonapartist) befürwortete die nd lichkeit, Andrieux bekämpfte dieselbe. Die Drin li ö wurde schließlich mit 431 gegen 41 Stimmen ab e fen fat
Der Afrikareisende, Graf de Brazza, ist heulen dem Kongogebiet abgereist. ah
Die Nachricht des Observer“, daß die englische e ,. bereits auf die Anfragen der franz östschn zetreffend die Räumung Egyptens und die Reuel! sirung des Suezkanals geantwortet habe, wird von . „Agence Havas“ für unbegründet erklärt. ;
33 8. Dezember. (W. T. B.). Der Präsident Gray konferirte gestern Nachmittag mit Ferry, Briffon i. 59 s ö. und hatte später eine längere Unterredung mit
oquet.
— 8. Dezember. (W. T. B.) Wie es heißt, hit Floguet dem Präsidenten Grévny gerathen, Goblet'm der Bildung des Kabinets zu e tr, Im Falle dieser ablehne, werde er den Auftrag übernehmen. ö
Bulgarien. Sofia, JT. Dezember. es heißt, hätte Gadban Pascha der bulgarischen Re gierung gegenüber erklärt: die Pforte wäre geneigt, die Beschlüsse der Sobranje als gültige anzuerkennen unter der Bedingung, daß ein Ministerium gebildet würde, in welchem auch die Oppositionspartei vertreten wäre, sowie daß der Fürst von Mingrelien als Thronkandidat designirt würde? Regierung hätte erwidert: sie sei bereit, in der Personen⸗ frage Opfer zu bringen, die Wahl des Fürsten stehe jedoch der Sobranje zu, und diese scheine der Kandidatur des Fürsten von Mingrelien nicht geneigt.
bau
Zeitungsstimmen.
Der „Düsseldorfer Anzeiger“ bringt unter der Ueberschrift; Kann Deutschland höhere Lasten tragen?“ föl— genden Artikel:
Den Haupteinwand gegen die Militärvorlage haben die fre— sinnigen und ultramontanen Blätter bisher aus der angeblichen Ulͤ= möglichkeit, dem Volke neue finanzielle Lasten aufzubürden. entnommen. Daß eine derartige Stellungnahme den betreffenden Parteien ehne gewisse Beliebtheit und Anerkennung bei den Steuerzahlern sicher, wollen wir nicht bestreiten; daß sie aber wirklich begründet sei ind thatsächlichen Verhältnissen entspreche, kann Derjenige nicht zugeben, welcher über diese Dinge einmal gründlich und unbefangen nach' gedacht hat. '
In Preußen zahlt jeder Einwohner an Reichs,, Staatk und Gemeindestenern im Durchschnitt jährlich 23,81 „6; nicht viel ander. werden die Verhältnisse in den Übrigen Einzelstaaten liegen, so diz man jene Ziffer auch als die Steuerlast eines jeden Deutschen be zeichnen kann. In Frankreich dagegen entfallen auf den Korf 61448 M, in England 58,75 S6. Wie man sieht, ist Deutschland viel weniger belastet, als die anderen beiden Staaten. Einer allge— meinen Tradition zufolge ist freilich Deutschland ein viel ärmere Land als Frankreich und England. Es fragt sich aber, ob diese An—ᷣ— fassung zutreffend, ob der Reichthum Frankreichs wirklich so viel größer als derjenige Deutschlands ist, daß ersteres fast dreimal mehr Steuern ertragen kann, wie Deutschland. Als Maßstab für die Beurtheilung der Steuerkraft eines Landes kann nur sein Volksvermögen oder sein Volkseinkommen dienen. Dasselbe läßt sich freilich nur schwer be rechnen. Aber es giebt doch gewisse Anhaltspunkte, aus denen sih erkennen läßt, daß das Volksvermögen Frankreichs in der That nicht so viel bedeutender ist, wie dasjenige Deutschlandz. Nach Nen mann⸗Spallart würde für England ein Volksvermögen von 18 Mi. liarden Mark, für Frankreich ein Vermögen von etwa 170 Milliarden Mark zu rechnen sein, für Preußen (von Deutschland ist es bither noch nicht berechnet) 113 Milliarden Mark; dasjenige Deutschlams würde dem Volksvermögen Frankreichs also etwa gleichkommen. Zu demselben Resultat gelangt man bei Berechnung des jährlichen Volkseinkommens, aus welchem die Steuern fließen. Bei Berechum desselben muß man nach, Roscher (System der Weltwirthschat! §. 146) die Rohstoffe, die Einfuhren, die Werthvermehrung durk Handel und Gewerbefleiß sowie die Dienstleistungen und Nutzungen von Gebrauchskapitalien in Betracht ziehen. ; .
Zur Vergleichung der Leistungsfähigkeit zweier Länder gent aber schon eine Berechnung der Produktionen. In den ebersichten der Weltwirthschaft von Neumann⸗-Spallart ist die Getreideproduktion von Frankreich im Jahre 1878 auf 3100 Millionen Mark, diejenise Deutschlands auf 2440 Millionen Mark berechnet; an Kartoffel wurden dort 112, in Deutschland 380 Millionen Hektoliter Hrodu ir das sind für Frankreich etwa 220, für Deutschland 600 Mili Mark. An Wein produzirte Frankreich im Jahre 1880. für 10 Millionen Mark — aber durch die Verwüstungen der Reblaus nin diese Produktion fich jetzt erheblich vermindert haben —, Deut t land ungefähr für 200 Millionen Mark. Ist hiernach fel Seiten Frankreichs etwa ein Mehr von 1060 Millionen Mark, so f auf der anderen Seite die viel stärkere Produktion Deutschlands n Roheisen, und Kohle ins Gewicht: in? Deutschland wurden 183 3 380 806 t Roheisen, 65 360 440m t Kohle gewonnen; für Irn nee lauten die Zahlen 2 033 104 bezw. 20 803 330. Für Deutschland) die Kohlenausbeute auf 304 Millionen Mark berechnet worden, u Frankreich würden somit kaum 100 Millionen Mark kommen. 6 Bezug auf Viehproduktion halten sich beide Länder die Waage. . waͤhnt mag noch werden, daß über das Volkzeinkommen Frankren ö die Angaben zwischen 59000 und 12000 Millionen Francs pat (vgl. Roscher a. a. O.), wogegen das von Preußen im Jahre . nach den Ergebnissen der e . und Klassensteuer au 64 Millionen Mark berechnet wird; gleichwohl mag diefe Zahl . hoch erscheinen, da dieselbe auf der Schätzung der Verhältnisse in den sog. Gründerjahren beruht. 6
Alle diese Schätzungen sind freilich sehr unsicher und unhestim n Jedenfalls geht aber daraus so viel hervor, daß die Vorstellung z ö der großen wirthschaftlichen Ueberlegenheit Frankreichs über Dru h. land einer sehr wefentlichen Berichtigung bedarf. Dennoch ist Gefühl der Ueberbürdung Deutschlands mit Steuern eine ten Dasselbe ist aber nur auf die unverhältnißmäßige Höhe der . ; Steuern und Kommunallasten zurückzuführen. Diefer Steuer ö wird durch eine entsprechende Erhöhung der indirekten Lasten, . eine andere Art der Vertheilung der 6ffentlichen Lasten, sofort wese lich gemildert werden können. llen
In Preußen werden jährlich (nach einer Berechnung von Schmeo st
land also etwa 1850 Millionen Mark.
an geistigen Getränken 1600 Millionen Mark verausgabt, in eln. Sollte es da wirklich
i Kestllat steht
Thatsahe.
⸗ unerträglich sein, seine Steuern zu erhöhen? Die u s bn egi, rechnet aus, daß auf jeden Bewohner Stunt ange von den gefammten Ausgaben für Heer und Marine
; y kommen. Sollten das nicht — und sogar noch
r = die Deutschen, die wahrlich kein so armes Volk sind, 264 Schutz, die Ehre und die Sicherheit des Vaterlandes übrig
haben konnen! ö 2.3 .
Die (fortschrittlich) Königsberger „Hartung'sche n meint: zeitun am fi rlgge wird in irgend einer Form Gesetz werden, schon heute mit Sicherheit fest. Die Regierung di Vorlage mit einer Mehrheit durchbringen, in welcher neben hmm hen konfervativen Gruppen und den Nationalliberalen die n n. Platz nehmen; sie kann sich aber auch, wenn sie das vor⸗ . eine Majorität stützen, in welcher statt der Freisinnigen die nn ontanen den Ausschlag geben. Je nachdem sie sich so oder so n r wird das Gesetz in vergleichsweise unwesentlichen Punkten, un ien in der Bemessung der Geltungsdauer, eine etwas andere ue st erhalten. Die Kernfrage aber, die Vermehrung des Friedens⸗ r . um 41 000 Mann, dürfte in jedem Falle bejaht werden. . Freigniß läßt sich bereits vorhersagen, so scharfe Werte auch ling und von rechts wie aus dem Centrum gewechselt worden . und im ferneren Verlauf der Verhandlungen in vielleicht noch . ferem Grade werden gewechselt werden. Es wird nicht zu einer , een fssung kommen. und dem Ausland wird der Irthum erspart bleiben, daß in Deutschland über die Grundlagen . saatlichen Existen; gekämpft wird.
Die „Wiesbadener Presse“ schreibt.
Vie die Deutschen im Auslande über die freisinnige Partei uthãssen, davon giebt ein Brief beredtes Zeugniß, welcher Vor eingen Tagen, an einen hiesigen Herrn gerichtet, einging. Der Shreiber desselben gehörte, als er noch in seiner Heimath weilte, der sreisnnigen Richtung an, ob er heute noch freisinnig ist, sagt am beten der Brief selbst. Dieser lautet: J . Mount Pleasant bei Adelaide in Süd -Australien, 20. Oktober.
Der prächtige, große Dampfer des. Norddeutschen Lloyd, Hohenzollern“, welcher die Küste unseres Kontinents der Reihe nach angelaufen hat und eben wieder zurückkehrt, wird morgen in Adelaide erwartet. Dieser Brief geht mit ihm Das waren unvergeß— lie Tage für das Deutschthum in Süd- Australien, welches unter dem wohlthätigen Einflusse von Bismarck's weitschauender Politik, nach langen. trüben Tagen volitischer Verkümmerung wieder aus den pontinischen Sümpfen der Gleichgültigkeit emporstieg, das underwüstliche Phlegma, welches uns Deutschen anklebt, ab— schittelte und sich plotzlich für die zu neuem Leben erwachsene deusche Marine begeisterte! — Wie ein vom Nebel, des Alter— tluns halb verschleiertes Phantom stieg vor meinem geistigen Auge sene merkwürdige Zeit empor, in der die alte deutsche Hansaflotte alle Rieere befuhr, einen großen Theil des Welthandels beherrschte und Feespekt und Ehrfurcht vor ihrer Macht einflößte Innerer Zwiespalt, Eifersucht und die damalige Ohnmacht Deutschlands be⸗ wirkten den Untergang der alten Herrlichkeit und England trat die Erbschaft au. — Aber jetzt kommt Lie politische Nemesis und zift den wissenschaftlich vor allen Völkern weit vorauseilenden. Deutschen, damit sie auf friedlichem Wege die alte Stellung im Welthandel wieder zurückerobern, und eine neue deutsche Hansa“ hat alle Aussicht, unter Bismarck's Aegide an die Stelle der alten hervorzutreten . Sie hätten in Nelaide sein sollen, um Zeuge zu sein von dem unbegrenzten Enthusiasmus und den großartigen Festlichkeiten, mit denen die DOfffiere und Mannschaften des Dampfers von den hiesigen Deutschen empfangen wurden. .. ... . .. . Hr. Eugen Richter, und mit ihm seine ganze Partei, haben die Sympathien der hiesigen Deutschen duch ihre... Opposition gegen die Postdampfer⸗Subsidien voll⸗ ständig verloren! Das mußte doch ein ee enn, Sohn seines Vater⸗ landes sein, der da kleinliche Parteirücksichten nimmt, wo die Zukunft der denschen Handelspolitik in Frage gestellt war! Hr. Richter mag wohl sonst ein talentvoller Mann sein; aber keinenfalls . Stande, die Schwere der mit der deutschen Handelspolitik zusammen⸗ hängenden Fragen zu begreifen, und so kam es, daß Bismarck ihn und y. auch bei dieser Gelegenheit gänzlich in den Schatten ö
Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amtz. Nr. 49. — Inhalt: Gesundheitsstand. Witterung. w Volks krankheiten in der Berichtswoche. — Volkskrankheiten und Sterblich— leit im Oktober. — Sterbefälle in deutschen Staͤdten pon 40 000 und meht Einwohnern. — Desgleichen in größeren Städten des Aus⸗ landeß. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern — Desgleichen in deutschen Stadt- und Landbezirken. — Witterung. — Cholera— Nachrichten. — Pocken in Pest. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volklrankheiten. — Thierseuchen. Rinderpest in, Rußland. — Nedijinalgesetzzebung 2c. (Provinz Schlesien.) Anzeige von Todes⸗ fil in Folge von Bröchdurchfall. — (Schweiz) Regelung des
Verlehrt mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegen⸗
finden (Fortsetzung.) — (Großbritannien) The Animals Order of Bob. Fortsetzung.) — Verhandlungen gesetzgebender Körperschaften. Deutsches Reich Ausdehnung der ärztlichen Prüfung auf die Schutpocken⸗ Impfung. (Entwurf) — Geschenkliste — Sterbefälle in eutshen Drtken mik 15 Ho und mehr Einwohnern für den Monat tober 1836 — Desgleichen in größeren Orten des Auslandes. Ministerial⸗Blatt für die gefammte innere Verwagl— tung in den Königlich preußischen Staaten. Herausgegeben im Vureau des Ministeriums des Innern. Nr. 10. — Inhalt: Behörden und Beamte. Bildung eines Stadtkreises Kottbus. — Verwaltung er Kommunen, Korporationen und Institute. Revision eingeschrie⸗ er Hülfsfassen. — Verwaltung der öffentlichen Arbeiten. Befug⸗ * der Strombauverwaltung gegenüber den Uferbesitzern an öffent · ichen Flüffen. — Praktische Ausbildung der Regierungs-Bauführer ß Hoch⸗ und Ingenieur-⸗Baufachs — Polizeiverwaltung. A. im hemeinen. Anzeigen von Ausweisungen aus dem Reichsgebiete. — gi ewerbepolizei. Konzessionspflichtigkeit und Besteuerung des kinandels mit Spiritus ün Nebengewerbe. — O. Traneporfwesen. bihrenfaßze für Untersuchung von Transportanden Seitens nicht enter Aerzte. — Transport von Verbrechern, welche an aus in he Staaten auszuliefern sind. — D. Sanitaͤtepolizei. Verbot er Abführung unreiner Kanalwässer in die öffentlichen Stromläufe. n wallung für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. Be—⸗ mndlung des Diensteinkommens der Forsthülfsaufseher bei Ein fsant zu, militärischen i , . — Militär- und Marine⸗ ngelegenheiten. Pferde⸗Aushebungs⸗Reglement.
—
Kunft, Wissenschaft und Literatur.
Goethe's Leben und Werke. Von G. H. Lewes.
lp. Auflage.? ̃ e Dr. Ludwig Geiger. h ge . 3 Bearbeitet von Professor Dr. Lu 9g 9
2. seinen Gang zu der deutschen Leferwell. Ein Lieblingsbuch der * schen Nation ist diefe Goethe⸗Biographie von Anfang an gewesen, mit . in deutscher Uebertragung ihr zu eigen gemacht wurde. Aber ahl em Anwachfen der Goethe⸗Wifsfenschaft, mit dem Erschließen der reich Duellen, die in Briefwechseln zc. sich erst allmählich auf. e. hat sich der Stand der GoetheKenntniß fo wesentlich ver, 1 daß ein vor mehr als wan n Jahren geschriebenes Buch Eil ben naturgemäß nicht mehr vollständig entsprechen konnte. ume i Heiger, der Herausgeber des Goethe- Jahrbuchs des ghgufene Goethe Forscher, hat nun, eine Bearbeitung 9 uches vorgenommen, die ein Mufter größter Gewiffenhaftigkeit han unt zu werden verdient und das Buch nun erst recht zu einem
und gar deutschen macht. Was man zuvor an demselben ge—
5 (MSM. Verlag von Carl Krabbe in Stuttgart. — um I8. Male in nicht ganz 30 Jahren unternimmt Lewes' bekanntes
schätzt, die glühende Pietät, die Frische und Warmherzigkeit des Ver⸗ fassers, ist ihm geblieben. Alles, was uns fremd darin anmuthete ist beseitigt, die . der Daten und Thatsachen ist unzweifel⸗ haft, und so ist hier im engen Rahmen ein schönes, wahres, echtes Bild des großen Dichters und Menschen gegeben seinem ganzen Bolk D vor Allem auch den deutschen Frauen und der deutschen Jugend. Ein genaues sorgfältiges Register ist der 15. Auflage dieses Goethe⸗ buchs beigegeben; die Ausstattung ist nach jeder Richtung sehr schön.
— Hans Hänschen, das Etwas werden wollte. Ein
Büchlein fur kleine Kinder von Heinrich Jide. 4. Auflage. (250 4 Verlag von Carl Flemming in Glogau). — Ein reizendes Kinder⸗ und Bilderbuch, das mit seinen trefflichen Versen von Jäde und Bildern von Venus und Geißler einen tiefen Eindruch auf das Kindesgemüth hervorbringen muß. Es erzählt, wie Hänschen in keinem Berufe als Lehrling aushielt, und führt all' die von ihm er- griffenen Gewerbe in effektreichen prächtigen Bildern vor. Uebrigens hat sich dieses Bilderbuch ja schon dadurch selbst empfohlen, daß es bereits in vierter Auflage vorliegt. .
Klein Lieschen. Erzählung für die Kleinen von Marie Hut⸗ berg. Mit sechs Farbenbildern. (2. Auflage. Glogau, Verlag von Carl Flemming) — Für Mütter, die ihren Kleinen frohe und ernste Geschichtchen erzählen oder vorlesen wollen, auch für kleine Mãdchen und Jungen, die die Anfangsgründe des Lesens schon hinter sich haben, ist „Klein Lieschen! ein geeignetes Büchlein. Es ist mit. Kunst ge⸗ schrieben, da die schöne und gesunde Sprache sich dem kindlichen Sinn anschmiegt; es ist mit Verständniß für das Kindesgemüth erdacht, da diese kleinen Geschichten aus dem Interessenkreise des Kindes heraus— gegriffen sind. Das treffliche Büchlein mit seinen sechs Farbenbildern ist ganz geeignet, den Müttern und Kindern so manche schöne Stunde zu bereiten. . .
Der reiferen Jugend bietet der C. Flemming'sche Verlag in Glogau als passende Weihnachtsgeschenke: Helden der Sage und der Geschichte, für die deutsche Jugend geschildert von Wilhelm Osterwald, mit 11 Illustrationen von Professor Carl Jäger. — Welche Sage, welche Heldengestalt schildert man dem Leser, die er nicht ausder Schule, aus Büchern her kennt? Diese Frage mochte sich der Verfasser wohl vorgelegt haben, als er als echter Erzähler Stoffe fand, die in jeder Beziehung interessant, bisher doch nicht so bekannt wurden, wie sie es eigentlich verdienten. So schildert Oster⸗ wald die großartige Geschichtsepisode unter Roderich, dem letzten König der Gothen, und führt uns in der Erzählung „König Aelfred der Große“ eine der wichtigsten Epochen aus der Geschichte Englands vor. Das phantastische und schimmernde Gebiet der Sage wird durch die zwei schönen Erzählungen „Die Roncepalschlacht- und „Gottfried von Bouillen“ vertreten. während die Schilderung der Abenteuer, des gewaltigen Seehelden Vasco de Gama zwischen Sage und Geschichte schillert. In einer Diktion, die sich oft zu poetischem Schwunge stei gert, lebhaft und spannend geschrieben, werden diese Erzählungen auf den jungen Leser einen tiefen Eindruck hervorbringen. Das Werk be— steht aus 2 Bänden (geb. à 4 ), die auch einzeln käuflich sind
Ferner ‚„Geschichtsbilder“, Erzählungen und Skizzen für die reifere Jugend, von Ferdinand Pflug, mit 16 Bildern in Farben druck von J. Scholtz, A. Diethe, Rich Knötel und Chr. Sell, zwei Bände, geb. 2 4 M6. Der bekannte Verfasser vereinigt in sich das Talent des Historikers mit der Kraft des Poeten, in seinen Geschichtsbildern⸗ hi er ein Werk geschaffen, das gleich anregend und fesselnz, gleich interessant und lefenswerth ist für die Jugend und — für die Alten. In zwei stattlichen, mit zahlreichen und vorzüglichen Bildern ge⸗ schmückten, schön gehundenen Bänden entrollt Pflug eine Reihe farben— satter historischer Gemälde aus der Geschichte Deutschlands und Preußens. Die unruhigen und wildbewegten Zeiten des Itz. und 17. Jahrhunderts; ferner die uns näher stehenden Begebenheiten: der siebenjährige Krieg und die großen Tage des Befreiungskrieges ziehen mit ihren gewaltigen Gestalten im ersten Bande vor uns vor— über. Der zweite Band, seinem Hauptinhalte nach die neuesten Er— eignisse schildernd, bringt reizende Skizzen aus dem Feldzug von 1866 und packende Seenen aus dem Kriege von 1870 und 1871, Glänzend, warm und voll anschaulicher Plastik geschrieben, sind diese Erzählungen wahre . Geschichtsbilder“, weil sie mit der Vereinigung des poetischen Clements, das die schöne und rein menschliche Staffage bildet, die historischen Begebenheiten so energisch, hervorheben, daß der Leser eine volle und klare Anschauung vom geschichtlichen Ereigniß sowohl, wie von der Zeit und ihren Menschen mit deren Thun und Wollen er⸗ hält. Die Pflug'schen Geschichtsbilder“ sind ein Werk, das wir seines trefflichen Inhalis halber bestens für die Familie wie für die Jugend empfehlen können. Jeder Band kann einzeln bezogen werden.
Zahlreiche andere treffliche Weihnachtsbücher weist der unter dem Titel „Festgeschenke für Jung und Alt“ erschienene Katalog des C. Flemming'schen Verlags nach.
— „Bürgermeist erwahl“, Humoristisches Epos mit wrischen Einlagen von Hugo Söderström. (Verlag von 8. A. Kittler in Leipzig. In Original-Luxus-Band „M 450.) — Der Dichter schildert in launigen Versen die deutsche Kleinstädterei, wie sie sich bei einer Bürgermeisterwahl besonders charakteristisch zeigt Der Schauplatz der Handlung, „Glückrode“ ist zweifelsohne ein schlesisches Städtchen, aber die vorgeführten, mit scharfen Zügen gezeichneten Personen mit. ihrer Selbstfucht, ihrem beschränkten Gesichtekreis, ihrer Selbstüberschätzung und ihrem politischen Oppositionsfangtismus finden sich mehr oder weniger auch in anderen, und nicht allein kleinen Städten. Deshalb darf diese Gabe in weitesten Kreisen auf Interesse und Beifall rechnen. Der Dichter bat seine Satire geschickt durch ein eingeflochtenes Liebes- verhältniß gemildert., welches die Erzählung zu einem versöhnenden Schluß bringt. Besonders wohlthuend aber wirken zahlreiche, die Trochäen unterbrechende, tief empfundene kleine lyrische Dichtungen, die der ‚„Bürgermeisterwahl“ einen die Satire überdauernden Werth verleihen. . ö. k J des Buchs eine auf den Weihnachtstisch berechnete, glänzende. . ö (. 4 . . Tannenbaum wetitelt sich eine im Ver— lage von Wilhelm Friedrich Nachfolger (Ad. Hertz und H. Süssen⸗ guth) in Berlin erschienene Sammlung von Märchen und Geschichten für die Jugend von F. Leoni (F. Lorsch), die den Kleinen rechte Freude bereiten werden, zumal das Buch mit h Buntdruckbildern ge⸗ schmückt ist. Es sind recht sinnige, zum Theil gereimte, auf die kind—⸗ liche Phantasie und das Kindesgemüth berechnete, unterhaltende Er · zählungen und Märchen, die hier für den Weihnachtstisch angeboten werden. w ; ,
— Im Verlage von Gustav. Weigel, Leipzig, erschien für Weih⸗ nachten ein anziehendes und gediegenes Spiel: Geschichte, des deutschen Kaiserhauses der Ho benzollern im Spiel, von Ortleb (Preis 3 MS, Prachtausgabe, die Regentenbilder in sauberem . 6 M6 und bringt auf unterhaltende Weise durch 162 Frage⸗ ärtchen den Kindern die wichtigsten Begebenheiten und Daten der deutschen Geschichte ins Gedächtniß. Den Lottotafeln sind die Bild— nisse lin ganzer Figur) sämmtlicher Negenten aus dem Hause Hohen · zollern vorgedruckt. Das Spiel verbindet das Unterhaltende mit dem Belehrenden. . h. . „Zwischen zwei Weihnachten“ betitelt sich eine im Verlage von Max Babenzien in Rathenow erschienene Novelle von Roth⸗Weiß. Der pseudonyme Verfasser sucht den Leser weniger durch spannende Situationen zu fesseln — die Handlung ist einfach und verwickelt sich nur gegen den Schluß — als durch Bilder zu unterhalten, die er mit großem Talent zu zeichnen versteht. Er weiß mit dem Eisenbahn⸗, Post- und Telegraphenbetrieb genau Bescheid, ist auch eifriger Jäger und hat von dorther den Stoff zu recht anziehenden Bilpern entnommen. Das Originelle, was die Erzählung dadurch erhalten hat, ist auch in der äußeren Form aus. gedrückt. denn die Löfung liegt schließlich in einer in den Zeichen des Morse⸗Apparats abgedruckten telegraphischen Depesche, die sich der Leser nach dem belgefügten Schlüssel selbst entziffern muß. Die Novelle, in welcher ein kleiner bissiger Dachshund eine Hauptrolle spielt, ist flott und mit Humor geschrieben, zeugt aber auch von dem tiefen Gemüth und den ernsten Lebensanschauungen des Verfassers
— Unter den literarischen Weihnachts⸗Katalogen, die jedes Jahr erscheinen, nimmt der von der Verlagsbuchhandlung F. A. Brock⸗ haus in Leipzig ausgegebene „Illustrirte Katalog“ ausge⸗
wählter Werke ihres Verlags sowohl seines Inhalts als seiner typo grapbischen und artiftischen AÄusstattung halber eine hervorragende Stelle ein. Derselbe ist foeben in neuer, bis auf die jüngste Gegen. wart vervollständigter Ausgabe erschienen und führt auf 64 Seiten Großoctav gegen 500 Werke aus den verschiedensten Literaturgebieten vor; zahlrelche vortreffliche Abbildungen sind als Prohen aus den illustrirten Werken abgedruckt. An der Spitze des Katalogs steht die 13. Auflage von Brockhaus Conversations⸗ Lexikon, die gerade für das diesjährige Weihnachtsfest sich besonders als Festgeschenk empfiehlt, da sie, von ihren fonstigen Vorzügen abgesehen, nach der schon in aller⸗ nãchster .. bevorstehenden Vollendung das neueste vollständig vor⸗ liegende Konversations-Lexikon ist. Dann folgen: Brockhaus Kleines Konversations⸗-Lexikon in 4. Auflage, eine Volksausgabe des bekannten „Bilder ⸗Atlas„, mehrere Prachtwerke, Bibelausgaben, worunter die „Illustrirte Bibel“ ꝛc. Eine stattliche Reihe bilden die Reisewerke, mit deren Verlag die Firma sich bekanntlich in erfolgreichster Weise beschäftigt; wir finden darunter die berühmten Werke von Stanley, Nachtigal, Rohlfs, Lenz, Schweinfurth, Vordenskjöld, mehrere der⸗ selben auch in populärer Bearbeitung. In den uͤbrigen Fächern be ⸗ gegnen wir ebenfalls Autorennamen bom besten Klang, wie Boden- stedt, Carriere, Gregorovius, Gottschall, Hammer, Sturm, Schlie⸗ mann,. Schopenhauer und vielen andern. Brockhaus' „Illustrirter Katalog“, der in allen Sortimentsbuchhandlungen zu haben ist, empfiehlt sich somit jedem zur Durchsicht, der ein literarisches Fest⸗ geschenk auszuwählen hat.
— Im Verlage von Karl Siegismund, Buch und Kunsthandlung, Antiquariat in Berlin W. erschien Seemann's literarischer Jahresbericht und Weihnachtskatalog für 1886. Das freundliche und vielseitige Entgegenkommen, welches der Katalog auch in diesem Jahr vom deutschen Verlagsbuchhandel erfahren hat, ist die Ursache, daß auch auf die äußere Erscheinung des nun schon sechzehn Jahre bestehenden Unternehmens ein erhöhtes Gewicht gelegt wer⸗ den konnte. Der Bericht konstatirt, daß in diesem Jahre die Fluthwelle der buchhändlerischen Erzeugnisse nicht zu jener un— geheuren Höhe emporgestiegen ist wie in früheren Jahren. Auf dem Gebiet der schönen Literatur sei entschieden eine schwache Besserung eingetreten insofern, als viel weniger Schlechtetz und Mittelmäßiges ans Tageslicht getreten sei. Wie der Bericht. aus · spricht, ist diese günstige Erscheinung dem Einflusse der billigen Kollertionen Spemann, Oldenbourg, Bachem, Engelhorn zuzuschreiben, die für mäßigen Preis Gutes liefern. Die hervorragendsten Schrift⸗ steller werden dadurch wenig berührt; Heyse, Keller und Ebers bringen dies Jahr je einen neuen Roman, Gustav Freytag eine Autobiographie: Erinnerungen aus meinem Leben, welche der bei Gustav Fork, Leipzig, erscheinenden Gesammtausgabe sceiner Werke voran⸗ gestellt wird. Wie der Bericht einer in den „Grenzboten, kund⸗ gegebenen Meinung glaubt, scheint die poetische Literatur unserer Tage immer mehr vom Geschmack der Frauen bestimmt zu werden, das Herbe, Charaktervolle, scharf Ausgeprägte hat heut weniger Hoffnung auf Erfolg. Der Bericht nimmt hier die Gelegenheit wahr, die zu dieser etwas weichlichen Richtung im scharfen Gegensatz stehende sog. junge Berliner Schule zu kennzeichnen und eine Kritik an ihr auszuüben. — Der Jahresbericht hat, bereits im fünfzehnten Jahrgang durch Beigabe eines systematischen Verzeichnisses empfeh⸗ lenswerther Jugendschriften einem oft ausgesprochenen Wunsche nachgegeben. Das Verzeichniß ist nun in diesem Jahre einer gründlichen Durchsicht unterzogen und erweitert worden, wobei der von Dr. Georg Ellendt (Halle) für die Schülerbibliotheken zusammengestellte Katalog maßgebend gewesen ist. In Bezug auf die Lektüre für Mädchen ist die von Kaiser verfaßte Broschüre: Jugend⸗ lettüre und Schülerbibliotheken zu Rathe gezogen worden. Die in dem Jahresbericht gegebenen kurzen Besprechungen sind verfaßt vom Professor Dr. Dohmke, Leipzig, Dr. A. Rosenberg, Berlin, Professor Dr. O. Seemann, Essen a. d. R., Dr. K. Heinemann, Leipzig, Dr. Lehmann, Leipzig. Allen Literaturfreunden sei der mit zahlreichen Illustrationen geschmückte Katalog bestens empfohlen. Alle in ihm aufgeführten Werke sind in der Buch⸗ und Kunsthandlung von Karl Siegismund, Berlin W. zu haben.
Von größtem Interesse ist diesmal ganz besonders der belle⸗ tristische Theil des Dezemberheftes der ‚Deutschen Rundschau“ (Verlag von Gebrüder Pätel, Berlin), welches uns drei verschiedene Autoren mit musterhaften Leistungen vorführt. Da ist zunächst Helene Böhlau mit einer neuen ihrer schalkhaften Raths mädel⸗ geschichten“, einer prächtigen Erzählung, voll echten erquickenden Humors, der sich um die beiden jungen Hauptheldinnen Rose und Marie wie Sonnenschein ausbreitet. Alexander Kielland finden wir sodann mit dem Anfange eines neuen Romans, „Schnee“ betitelt, vertreten, der auch diesmal, wieder in der Heimath des Dichters spielt und uns realistisch . führt. Mit welchem Zauber des Gemüths, mit welcher Poesie gerade Kielland einen solchen Realismus durchwärmt und erleuchtet, das wissen die Leser der „Rundschau', welcher das Verdienst ge⸗ bührt, den großen nordischen Romancier zuerst dem deutschen Publikum vorgestellt zu haben. Neben Kielland kommt noch ein anderer nor⸗ discher Autor in seiner ganzen Eigenart zu Worte und zwar kein Geringerer als Graf L. N. Tolstoi in seiner Novelle Jwan Iljitschen's Tod“, einem lebenswahren, an eigenthümlichen Schönheiten reichen Werk, dessen Schluß im folgenden Heft wir mit großer Spannung erwarten. — Unter den Aufsätzen heben wir den bedeutungs⸗ vollen Beitrag Herman Grimm's: „Die Berliner Jubiläums-Aug— stellung' hervor. Eine neue Bekanntschaft machen wir durch Fr. X. Kraus' Aufsatz: „Joubert's „Gedanken? und Briefwechsel'. Wenige nur wissen etwas von Joubert, und doch war er keiner der Letzten unter unseren Zeitgenossen, der Mann, dessen , Gedanken“ Chateauhriand zusammenlas und als Goldkörner seiner Nation darreichte, der Schriftsteller, auf den der sfeinste und sinnigste aller modernen Kritiker, Sainte⸗Beuve. immer und immerfort zurückzukommen liebte. Ein Bild dieses merkwürdigen Mannes giebt uns nun Professor Kraus und zugleich auch einen Aus⸗ zug aus Joubert's „Pensees“, damit aber eine Fülle der anregendsten Ideen. — Frisch und farbig sind E. Reyer's „Californische Skizzen“, welche uns in interessanten, lebendig geschriebenen Strichen die hydrau⸗ lischen Goldwäschen, ferner die hohe Sierra und die daran stoßende wüste Ebene schildern, uns stets mit Land und Leuten, vertraut machend. — Einen scharfen kritischen Ueberblicküber die bisherigen Ber— liner musikalische Saison erhalten wir von Theodor Krause, diesem reiht sich die Politische Rundschau“ an, welcher eine umfassende literarische weihnachtliche Rundschau folgt, Natürlich fehlen auch nicht die literarischen wie bibliographischen Notizen und ein stattlicher Weihnachts-Anzeiger. Die neueften gebundenen Bände der Deutschen Rundschau“ dürfen als eines der würdigsten und schönsten Festgeschenke gelten.
kernige, gezeichnete Figuren vor Augen
Gewerbe und Handel.
Die Preußische Hypotheken-Versicherungs-Aktien⸗ Gesellschaft versendet ein Cirkular, in welchem die Direktion, durch vielfache Anfragen veranlaßt, die Erklärung abgiebt, daß z. 3. nicht die Abficht bestehe, eine Konvertirung der 4 prozentigen Hypo— theken⸗Antheil⸗Certifikate vorzunehmen.
— In der gestrigen Generalversammlung der Vereinsbrauerei Rixdorf wurde der vorgelegte Geschäftsbericht, die Bilanz und das Gewinn und Verlust-Konto genehmigt und einstimmig Decharge er⸗ theilt. Die auf 2 festgesetzte Dividende gelangt sofort zur Aus⸗ zahlung. Der Antrag des Aufsichtsraths und der Direktion auf Aus— gabe von 2000 000 M Stamm-Prioritätsaktien wurde nach ausführ⸗ licher Motivirung desselben Seitens des Aufsichtsraths angenommen und die deshalb nöthig werdenden Statutenänderungen genehmigt. Hierauf wurde beschlossen, die Zahl der Aufsichtsrathsmitglieder auf 9 zu erhöhen. . . .
— Die „Rhein. Westf, Ztg.“ schreibt vom Rheinisch-west⸗ fälischen Metallmarkt: Auf dem rheinisch⸗westfälischen Eisen markte hält die Besserung stetig an, macht sogar in einzelnen Branchen noch geringe Fortschritte. Die andauernde flotte Beschäf⸗
tigung in diesen letzteren hat die Werke veranlaßt, auch mit ihren