1886 / 294 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Dec 1886 18:00:01 GMT) scan diff

anlassung der General⸗Inspektion des Militär⸗Erziehungs. und Cin we sere ausgearbeitet. 5. . Mit 18 Tafeln in Stein⸗ druck und 32 Abbildungen im Text. (320 M C. S. Mittler & Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin 8W., Kochstraße 68 70) Der Leitfaden für den Uaterricht in der Terrainlehre, welcher auf den Königlichen Kriegsschulen in Gebrauch ist, ist soeben in fünfter Auf⸗ lage, wefentlich vermehrt, erschienen. Derselbe enthält nicht nur die Lehre vom Terrain in dessen geographischen Elementen und nach dessen militärischer Bedeutung, sondern behandelt auch das militärische Planzeichnen und Planlesen und das militärische Aufnehmen selbst, lehrt alfo zugleich die MefsInstrumente kennen und deren An— wendung in den verschiedenen Arten der Aufnahme einschließlich des oquirens. ̃ ; * 6 Milchwirthschaftliches Taschenbuch für 1887. erausgegeben von Benno Martiny. Elfter Jabrgang. Bremen, 86 und Verlag von M. Heinsius. In Leinwand geb. Preis 2Wö0 „4, in Leder geb. Preis 3 n Bas Milchwirthschaftliche Taschenbuch“, welches den Aufschwung auf dem Gebiete des Molkerei wesens während der letzten zehn Jahre begleitet hat, legt auch in seinem nunmehr elften Jahrgange Zeugniß ab von dem eifrigen Bemühen des Ver- legers wie des Serausgebers und seiner Mitarbeiter, dem deutschen Milch wirthe in der Form eines Taschen. und Schreibkalenders einen Ge- schäftsbegleiter zu bieten, welcher ihm in allen Lagen der milch— wirthschaftlichen Praxis stützend, Auskunft und Rath ertheilend, zuver⸗ lässig zur Seite stehe. Neben dem bekannten und bewährten Alten begegnen wir in diesem elften Jahrgange des „Milchwirthschaftlichen Taschenbuchs“ manchen den Fortschritten entsprechenden Vervoll⸗ ständigungen und Aenderungen. Professor Fleischmann hat eine Formel hinzugefügt, mittels deren man aus dem spezifischen Gewicht und dem Gehalt an Trockensubstanz und Fett einer Milch, frisch und in verwässertem Zustande, berechnen kann, wie viel Wasser derselben zugesetzt wurde, und eine Tafel eingeschaltet zur Umgehung der Multiplikationen und Divisionen bei Berechnung des Trockengehalts der Milch aus dem spezifischen Gewicht und aus dem Fettgehalt, bez. des Fettgehalts aus dem spezifischen Gewicht und dem Trocken— gehalt zwei Neuheiten, die beide bei Milchuntersuchungen er wünschte Dienste leisten werden. Ebenso willkommen wird gegenüber der Ausbreitung des Schleuderbetriebes die ebenfalls neu hinzu— gekommene Zusammenstellung der bei Bedienung der Milchschleudern zu beobachtenden Vorschriften vom Ingenieur Helm sein. Kaum minderem Bedürfnitz dürfte die von dem Herausgeber selbst neu bei⸗ gegebene Tafel für den Schleuderbetrieb entsprechen, welche angiebt, wie viel Butter bei bestimmtem Fettgehalt der Milch in regelrechtem Betriebe erhalten werden müsse. Die Verzeichnisse der öffentlichen milchwirthschaftlichen Anstalten, der Molkereischulen, Molkereivereine, der milchwirthschaftlichen Literatur ꝛ2c. sind wie immer nach dem jeweili⸗ gen Zustande berichtigt; dazu ist diesmal das Verzeichniß der Molkerei— schulen durch geographische Anordnung, entgegen der früheren chrono— logischen, übersichtlicher gemacht. Wie früher, hatte auch in diesem Jahre der Herausgeber durch die „Milchzeitung“ dazu aufgefordert, be⸗ treffs weiterer Ausgestaltung des, Milchwirthschaftlichen Taschenbuchs“ etwa gehegte Wünsche ihm zu erkennen zu geben. Durch Berücksichti⸗ gung dieser Wünsche hat der Herausgeber den praktischen Werth des Taschenbuchs wesentlich erhöht.

Gewerbe und Handel.

Der Aufsichtsrath der Preußischen Im mobilien⸗ Aktien-Bank hat die laut Generalversammlungs-⸗Beschluß vom 28. November 1885 zurückzuzahlende Quote des Aktienkapitals auf 20 υί 80 (6e pro Interimeschein festgesetzt. Die Aktionäre haben ihre Interimsscheine ohne Talon und Dividendenscheine behufs Aus— zahlung und Abstempelung bei der Preußischen Boden-Credit-Aktien⸗ Bank hierselbst zu präsentiren. Vom 1. Januar 1887 ab nimmt der zurückzuzahlende Betrag an der Dividende nicht mehr Theil.

Vom rheinisch⸗westfälischen Eisen⸗ und Kohlenmarkt wird der ‚Voss. Ztg.“ aus Dortmund unter dem 12. Dezember berichtet: Die in der Eisenindustrie eingetretene Besserung macht zwar langsame, aber stetige Fortschritte, indem sich die Preise weiter befestigen und der Verkehr in den meisten Branchen an Regsamkeit gewinnt. Die Nachfrage für heimische Eisenerze hat sich weiter gehoben, auch sind die Preise entschieden fester, was zum Theil auf die höheren Seefrachten für spanische Erze, zum Theil aber auf den größeren heimischen Bedarf zurückzuführen ist. Im Roheisengeschäft hat sich die regere Nachfrage der Vor— wochen erhalten und weiter entwickelt, so daß die Vorräthe stetig abnehmen und die Preise an Festigkeit gewinnen. Am meisten hat bis jetzt Puddelroheisen von der besseren Stimmung im Eisengeschäft profitirt, da die verstärkte Thätigkeit der Walzwerke ganz besonders dieser Roheisensorte zu Gute gekommen ist. In letzter Zeit hat auch der Bedarf in Thomaseisen und Spiegeleisen wesentlich zugenommen, so daß die Preise etwas erhöht werden konnten. Dagegen sind Gießerei⸗ roheisen und Bessemereisen weniger belebt, ebenso Luxemburger Roh⸗ eisen. In der Walzeisenbranche bleiben Stabeisen und Fagoneisen anhaltend bevorzugt. Die Käufer haben lange Zeit mit ihren Auf— trägen zurückgehalten und möchten nun vielfach gern auf längere Zeit zu den gegenwärtigen Preisen abschließen, finden darin aber nicht das entsprechende Entgegenkommen Seitens der Produzenten, indem die— selben, nach Neujahr auf bessere Preise rechnend, sich nur auf 4 bis 6 Wochen binden wollen, für welche Zeit sie aber bereits reichlich und meist auch zu etwas erhöhten Nortirungen mit Ordres versehen sind. Wenn die geplante Stabeisenkonvention zu Stande kommt, dürften die Stabeisenpreise ganz erheblich steigen. Die Preise für Façoneisen sind bekanntlich um 7 „„ pro Tonne erhöht worden. Auch in Feinblechen er— hält sich ein reger Bedarf und ist es den betreffenden Werken daher möglich, die Grundpreise um ca. 6 , neuerdings aber auch die Ueber— preise zu erhöhen. Dagegen ist der Verkehr in Kesselblechen unbelebt. Für Walzdraht hat sich die gute Meinung der Vorwochen erhalten Und dementsprechend auch die steigende Preistendenz. Im Stahlgeschäft hat die Beschäftigung in Eisenbahnmaterial weiter zugenommen, auch sind weitere Aufträge darin durch bereits ausgeschriebene Submission zu erwarten. Die Stahlfagongußwerke klagen dagegen anhaltend über mangelnden Absatz und über durch die Konkurrenz gedrückte unlohnende Preise. Einige Stahlfagongußwerke haben daher eine weitere Ein schränkung ihres Betriebes eintreten lassen müssen, finden aben eine Aus—⸗ gleichung durch Arbeiten in anderen Betrieben. Die Waggonfabriken sind zwar ziemlich befriedigend beschäftigt, jedoch bei wenig lohnenden Preisen. Für die Maschinenfabriken und Eisengießereien scheint sich eine kleine Besserung anbahnen zu wollen, und ebenso die Kessel⸗ schmieden und Konstruktionswerkstätten, da die Aufträge etwas leichter zu erlangen sind. In der Kohlenindustrie ist der Abfatz ziemlich be— friedigend, auch werden die Preise etwas fester gehalten, insbesondere aber für Koks. .

Die „New⸗-JYorker Hdls.“ Ztg.“ schreibt in ihrem vom 3. d. M. datirten Wochenbericht: Die entschiedene Abneigung, welche noch vor garnicht langer Zeit im Norden der Ver. Staaten gegen Kapitalanlage in industriellen Unternehmungen in den Süd staaten geherrscht, ist jetzt auf einmal in das gerade Gegentheil um⸗ geschlagen. Namentlich für die Erschließung des Reichthums an Kohlen und Eisen in Tennessee und Alabamg hat sich eine ganze Anzahl von Syndikaten mit vielen Millionen Dollars Kapital gebildet, und die Spekulation in südlichen Aktien hat enormen Umfang angenommen. Große Landkomplexe sind in den letzten Wochen im Slden von Kapitalisten aus dem Norden erworben worden, und alles Grundeigenthum, namentlich, wenn es einigermaßen günstig gelegen, ist bedeutend im Werthe gestiegen. Es steht zu hoffen, daß das neu—⸗ erwachte Vertrauen nicht gemißbraucht und die Bewegung nicht über⸗ trieben wird, da jedes von Beidem eine gefährliche Reaktion zur Folge haben würde. Am Geldmarkt stellte sich kurz vor dem Monatswechsel eine Versteifung des Zinsfußes für Call Loans bis auf 100ͤ, in einigen Ausnahmefällen sogar bis auf 200 p. n ein; in den letzten Tagen war Geld jedoch wieder reichlicher angeboten. Von Diskonten, für welche aus— wärtige Institute Hauptnehmer bleiben, da die New-⸗Yorker Banken nicht viel Geld dazu übrig haben, sind feinste indossirte 2 —ꝗ4 Monats⸗ Platzwechsel zu 5— 60½ zu placiren, desgleichen Solawechsel ohne

Indossement zu 6- 70 p. a. Im Laufe der Woche wurde die Engagirung von ca. 11 Mill. Dollars Gold zur Verschiffung nach hier aus Curopa · gemeldet. Der Dampfer . La Bretagne! brachte 3 521 0600 Fr., der Dampfer. Aller 60 000 Pfd. Sterl. 840 000 Frs. und 120 0900 Dollar Gold. Das Geschäft am Waaren⸗ und Produktenmarkt bat 7 einzelnen Gebieten an Lebhaftigkeit gewonnen. Dieses läßt si namentlich von Weizen sagen, der für Export in starkem Begehr stand und sich im Preise erheblich höher gestellt hat. Mais und 26 zogen ebenfalls an, sind aber nur in beschränktem Umfang ge⸗ zandelt worden. Weizenmehl verkehrte bei zunehmender Nachfrage in steigender Tendenz. Mit Ausnahme von Petroleumfrachten, die fester waren, ist in der Lage des Frachtenmarktes keine wesentliche Aenderung zu verzeichnen. Baumwollnotirungen haben in den letzten Tagen in Sympathie mit Liverpool eine Kleinigkeit angezogen. Für Brasil⸗Kaffees wurde ein weiterer Avanz etablirt, reinschmeckende Sorten verkehrten in fester Haltung. Rohzucker, wenn auch still, behauptete sich im Werthe. Am Theemarkt herrschte eine feste Stimmung. Provisionen stellten sich auf den meisten Gebieten im Preise ent schieden höher, ohne im legitimen Verkehr wesentlich lebhafter gewesen zu sein. Harz und Terpentinöl waren still und schließen willig. Raffinirtes Petroleum behauptet feste, steigende Tendenz. Die ,,, in Pipe lines Certificates findet täglich mehr nhang und redet man schon von 90 C. vor Ende Dezember. Schluß⸗ preis 8ltz C. In der Situation des Metallmarktes hat keine wesent⸗ liche Aenderung stattgefunden. Mit fremden und einheimischen Manufakturwaaren blieb es still. Der Import fremder Web⸗ stoffe beträgt für die heute beendete Woche 1357 008 Doll. gegen 1564578 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.

Nürnberg, 11. Dezember. (Oopfenmarktbericht von Leo⸗ pold Held. Der Markt zeigt keine wesentliche Veränderung. Mittel⸗ und feine Hopfen sind fortgesetzt ruhig gefragt und auch geringe Sorten werden öfters zu allerdings sehr niedrigen Preisen gekauft. Der größte Theil der Käufe erfolgt durch England- und Amerika⸗ Exporteure. Der Einkauf für Amerika erstreckt sich vornehmlich auf grüne und grünliche Mittelhopfen zu 28 —40 AM, während nach Eng land hauptsächlich Gelbe zu 23—34 „MSH, je nach Qualität und Scheckige in die Zwanzig und Mittelhopfen zu 30— 46 S gehen. Die Kundschaftshändler suchen sich gutschwefelnde Mittelhopfen zu 35 45 und bessere Qualitäten, für welche sie zum Theil hohe Preise bewilligen. Der Gesammtumsatz der heute zu Ende gehenden Woche beträgt ca. 5100 Ballen. Die Zufuhren blieben hinter der Umsatz⸗ ziffer namhaft zurück, doch sind die Lagerstände immer noch be— deutend. Die Stimmung des Marktes ist ruhig, aber für schöne Waare etwas angenehmer wie im Vormonate. Der Preisstand weist keinerlei Veränderung auf. Die Notirungen lauten: Ge— birgshopfen 70- 75 S; Martthopfen 20—55 Me; Aischgründer 20– 75 Æ ; Hallertauer prima 75-90 M, mittel 45 —55 (M6, gering 25 35 S; Württemberger prima 75 90 „, mittel 40— 50 (6, gering 25 35 S; Badische prima 80— 85 „e, mittel 40— 50 S, gering 25— 32 6; Wollnzacher Siegel 70— 95 MS; Spalter Land 75 150 06; Elsässer 25 60 é; Posener 30— 85 .

London, 13. Dezember. (W. T. B. Wollauktion. Tendenz matt, Preise unverändert.

Bradford, 13. Dezember. (W. T. B.) Wolle fest, ziem⸗ licher Begehr, Garne ruhig, einfädige Garne flauer, Stoffe ruhig.

Submissionen im Auslande.

un ralien.

10. Februar 1887. M. W. B. Scandrett, Gemeindesekretär zu Invercargill (Neu⸗Seeland). Lieferung der Materialien zu einer Wasserleitung und Aufstellung derselben. Lastenhefte, Pläne ꝛc. sind einzusehen in der Union Bank of Australia in London.

II. Rumänien.

8. Januar 1887. Bukarest. Kriegs⸗Ministerium. 1 200 9000 kg

Gerberlohe für Ledergerberei. Näheres an Ort und Stelle. =

Verkehrs ⸗Anstalten.

Hamburg, 13. Dezember. (W. T. B).. Bezüglich der von der „Times“ gebrachten Notiz über eine Reduktion der Passage⸗ preise Seitens der britisch⸗amerikanischen Linien erfährt die „Hamburgische Börsenhalle“ von kompetenter Seite. daß diese Ermäßigung sich lediglich auf den Verkehr zwischen New⸗-YJork und den englischen Häfen beziehe und daß dieselbe in keiner Weise weder Len kontinentalen Verkehr, noch das zwischen den kon— tinentalen und den britischen Linien bestehende Kartell beeinflusse.

14. Dezember. (W. T. B.) Der Postdampfer „Teu⸗ tonia der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ y hat, von Westindien kommend, heute Lizard passirt.

Berlin, 14. Dezember 1886.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute angefangenen Ziehung der 3. Klasse 175. Königlich preußischer Klassenkokterie fielen in der Vormittags-Ziehung:

1 Gewinn von 1500 MS auf Nr. 185 260.

. ö. Gewinne von 500 S auf Nr. 36 107. 45053. 58597.

865.

12 Gewinne von 300 66 auf Nr. 33 811. 53 330. 70 667. 712 277. 85 359. 89 210. 106615. 129 382. 130 540. 153 420. 157 348. 180 461.

Die Frage nach dem Verfasser des nächst der Heiligen Schrift verbreitetsten und populärsten Andachtsbuches, der „Imitatio Christi“, ist im letzten Jahrzehnt in einer Reihe umfangreicher Werke wiederum außerordentlich lebhaft erörtert worden. Das Re— sultat derselben war, daß Gersen, der fabelhafte Abt, und Gerson, der berühmte Kanzler der Pariser Universität, endgültig aufzugeben seien, und daß dem Thomas von Kempen der Ruhm der Autorschaft gebühre. Die Arbeiten von Hirsche, Spitzen und Becker wenigstens traten mit Entschiedenheit für diesen ein und gewannen ihm eine be— trächtliche Zahl von Anhängern. Nur vereinzelt noch wagten die Stimmen des Widerspruchs sich zu erheben, und nur „Entdeckungen von ungeahnter Bedeutung“ schienen den Kempisten den Sieg ihrer Sache streitig machen zu können.

Ein Fund dieser Art ist nun in Wirklichkeit gelungen, und wie vor einigen Jahren der Codex Roolf an dieser Stelle die erste Er— wähnung gefunden hat, so mögen auch jetzt hier die ersten Nach— richten uͤber einen bisher völlig unbekannten oder doch un— beachtet gebliebenen Codex Coloniensis an die Oeffent— lichkeit gelangen.

Seit längerer Zeit mit Studien über die Authentie der „Imitatio“ beschäftigt, bin ich auf den Codex, welcher im vergangenen Jahre aus der ehemaligen Jesuitenbibliothek in den Besitz des hiesigen städtischen Archivs übergegangen ist, von befreundeter Seite, durch den Archiv— Assistenten Dr. L. Korth, aufmerksam gemgcht worden. Eine ein— gehende Untersuchung desselben von meiner Seite hat im Zusammen—⸗ hang mit jenen Studien so bedeutsame Resultate ergeben, daß ich ihn nebst einer umfassenden Abhandlung in Kürze zu publiziren gedenke. Ein Hinweis auf die Handschrift erscheint mir jedoch bei ihrer Wichtigkeit und dem allgemeinen Interesse, welches der Gegenstand unstreitig besitzt, schon jetzt geboten, wobei ich mich natürlich auf wenige Andeutungen beschränken muß, deren Tragweite erst jene zu— sammenhängende Darste'lung zur Anschauung bringen kann.

Eine Papierhandschrift in 40 liegt uns vor, welche neben anderen Dingen, von denen wir hier absehen können, eine Uebersetzung des ersten Buches der „Imitatio“ in niederdeutscher Sprache enthält. Wir

haben es mit dem Autograph des Uebersetzers zu thun welch

Arbeit am Schlusse aus dem Jahre 1434 datirt; vorgngestesf 6 poetische Einleitung von 83 Versen, die mit den Worten bit en „Von Jesus Geburt sind Jahre gezählt Taufend und vie Vierunddreißig dazu gestellt: ꝛc. Die Einleitung zu lies er en genau und sicher datirten Uebersetzung der Imitatio! ! ten Spitzen erwähnte holländische Uebersetzung von 1429 ist dies a. falls klagt über die Noth der Zeit, fordert zur Rückkehr x * auf und sagt uns über die Entstehung der Imitatio. sie ses 0 n von einem Freunde der Minne, dieser habe sich nicht nennen rerftt das gereiche ihm zum ewigen Ruhme und nur Christus ken nalen Namen.“ ö e seinen

Die Kempisten lehren uns, daß Thomas, wenig im Ei ; dem von ihm gerühmten „Ama neseiri-, sich sehr 2 dem als Autor offenbart habe, und daß er als solcher in den 8 Jahren des XV. Jahrhunderts längst in den Niederlanden w Deutschland bekannt und berühmt gewesen sei. Wie wunderba n . unser Uebersetzer da die Bescheidenheit des „Ungenannten“ r, . 1434 noch rühmt, daß er den Namen des Autors nicht len n nicht hat ermitteln können, wiewohl er, ein denkender 3 richteter Mann, als solchen stellt er sich uns auf jeder Scite ie. Uebertragung dar doch wohl nach ihm geforscht haf lun wunderbarer als er in einem den Niederlanden benachbarten Lane ; der Coder ist, wie ich erweisen werde. in Köln entstanden = lh und dem Kreise der Brüder des gemeinsamen Lebens angehörte . aus der Introduktion und der Art der Verdeutschung gewisfer 5 drücke und Stellen evident hervorgeht. 3.

Das eigentlich entscheidende Moment liegt jedoch in der Ueba— setzung einer Stelle, deren Unvollständigkeit und Sinnlosigkeit 1 Thomas⸗Autograph von 1441 man als Flüchtigkeit des ‚Autors= . sein Werk kopirte, entschuldigt und erklärt hat. Unserem Uchersehe lag jedoch jene Stelle auch nur unvollständig vor, und er fühlt st daher veranlaßt, sie als denkender Mensch zu erläutern Im Thoma Autograph ist demnach jene Auslassung keine zufällige, sie ist vi. mehr auch hier durch eine unpollkommene Vorlage hervorgerus Der Autor würde doch aber wohl, wenn er sich überhaupt entschio sein Werk nochmals abzuschreiben, nicht die unvollständige Kopie ein; Anderen zur Vorlage genommen haben, sondern seine eigene, ersz Niederschrift, welche die Stelle vollständig und sinngemäß ent, halten haben muß, und wie andere Codices beweisen, auch enthalten hat. Thomas war eben, wie er ja am Schlusse des Brüsseler Coder von 1441 selbst bekennt, nur der Abschreiber und nicht der Autor, 8 unterlassene Ergänzung eines mangelhaften Satzes ist dann bei ihn leicht begreiflich Nur andeutungsweise, wie gesagt, ist es mir hier möglich, dies Wenige zu geben, als ersten Hinweis auf den auch i sprachlicher Beziehung höchst interessanten Codex, der in dem sset Jahrhunderten geführten Streite eine bedeutsame Rolle zu spielen geeignet ist. Die eingehenden Beweise hierfür werden folgen.

Köln a. Rh. . Dr. E. Fromm.

Der unter dem Peootektorat Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Friedrich Carl stehende Geflügelverein »Cypria“ hielt gestern Abend seine Jahresversammlung ab. Der Verein zählt, dem Jahresbericht zufolge, zur Zeit 154 Mitglieder und 5. Ehrenmitglieder; 22 sind neu im Laufe des Jahres eingetreten. Den Glanzpunkt der Veranstaltungen des Jahres bildete di 14. Geflügelausstellung, die mit 305 Stammhühnern, 648 Panr Tauben, 166 Nummern gemästeten Geflügels u. dergl. und 507 Nummern Sing- und Ziervögel beschickt war.

Der Verein zur Besserung entlassener Straf— gefangener hat, wie in der gestrigen Ausschußsitzung mitgethellt wurde, in dem zu Ende gehenden Jahr 2136 ,, oder 8700 aller derer, die sich in die Listen des Arbeitsbureaus haben ein⸗ zeichnen lassen, Arbeit und Beschäftigung verschafft: ein Resultat, wie es gleich günstig bisher noch nie zu verzeichnen gewesen ist. Als be— sonders erfreulich wurde die Thatsache bezeichnet, daß von den gehabten Auslagen 554 „S durch die in Arbeit gebrachten Pflegebefohlenen zurüc— gezahlt sind. Auch mehrere Arbeitgeber haben ihrer Zufriedenheit mit den überwiesenen Arbeitskräften dadurch Ausdruck gegeben, daß sie dem Verein mehr oder weniger erhebliche Summen übersandt haben.

Nachdem mit dem 8. d. M. die Frist, innerhalb welcher nah dem seiner Zeit an alle deutschen Künstler erlassenen Konkurrenj= Ausschreiben die Entwürfe für das in Berlin zu errichtende Lessing' Denkmal einzuliefern waren, abgelaufen ist, soll am Mittwoch, den 15. d. M, die öffentliche Ausstellung der eingegangenen 2 Entwürfe, und zwar Vormittags 11 Uhr, im Uhrsaale det Königlichen Akademie, Unter den Linden 38, beginnen. Fir den Besuch dieser Ausstellung, welche am 22. Januar 1887 endigen soll, ist die Tageszeit von 11 bis 2 Uhr und ein jedesmaliges Cin. trittsgeld von 50 3 festgesetzt worden. Am Sonnabend jeder Woche soll der Eintritt frei sein.

Nordseebad Westerland (Sylt), 12. Dezember. Der Staats sekretär des Reichs⸗Postamts hat in Folge der Eingabe der Direktion der Nordseebüder auf Sylt die Umwandelung der in Westerland bestehenden Postagentur in ein ständiges Postamt genehmigt Mit der Einrichtung, welche auch eine Aenderung in den Befoͤrderunh verhältnissen zur Folge haben wird, soll in Gemäßheit einer Zuschtit des Kaiserlichen Sber-Postdirektors in Kiel vom 6. d. M. an der Direktor Pollaesek demnächst vorgegangen werden.

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Wallner-Theater. Die „Sternschnuppe“ ist zu einem wir lichen Zug und Kassenstück geworden und wird das Repertoire diese Bühne zweifellos bis in das neue Jahr hinein beherrschen, da trotz de dem Theaterbesuch ungünstigen Weihnachtsmonats selbst an Da Wochentagen fast allabendlich volle Häuser zu verzeichnen sind. = Da Erträgniß der am Freitag stattfindenden Vorstellung ist bon Hrn. Direktor Hasemann für einen edlen Zweck bestimmt worden Dem nunmehr völlig erblindeten Carl Mittell, dem liebenswürd;zh ‚Veilchenfresffer“ von ehemals, soll dieses Benefiz gelten, und weiße los wird das Berliner Publikum durch ein ausverkauftes Daut . weisen, daß es seinen früheren Liebling auch im Unglück nicht ver gessen hat.

Concerthaus. Der Geburtstag Beethovens . morgen durch eine Gedächtnißfeier begangen werden. Außer . Ouverturen zu „Leonore“ J, Il, III und „Fidelio“, dem Sertett ! Streichquartett und 2 Hörner) soll die Cmoll-Symphonie zur 6 führung kommen, Den Mittelpunkt des Abends aber wird die . selten gehörte Gesammtmusik zu Goethe's „Egmont“ bilden . zwar nicht nur mit den von Frl. di Grivetti gesungenen Klär ie. liedern, sondern auch mit dem die einzelnen Musikstücke verbinden ; und das Verständniß kurz vermittelnden Tert von Michael Bernayl⸗ den Frl. Morgenstern sprechen wird.

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Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

ibungen

sowie das Verzeichniß der gezogenen Schuld verschreib ung der Preusfischen Staats, Lulelhe vom Fahre 1868 A g und die Inhaltsangabe zu Nr. 5 des öffentlichen ine. 9

( Kommanditgesellschaften auf Aktien und Attiengesellscha für die Woche vom 6. bis 11. Dezember 1886.

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-A1nzeiger.

Berlin, Dienstag, den 14. Dezember

F 294. Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 14. Dezember. Im weiteren Ver⸗ lauf der gestrigen, (10) Sitzung des Reichstages sprach gelegentlich der Berathung des Antrags Neichensperger, betreffend das Due llun w esen, der Abg. Dr. Möller sein volles Einverstündniß mit den Ausführungen und dem An⸗ trage des Vorredners aus. Thatsächlich sei das Duell⸗ unwesen so weit gediehen, daß man kaum mehr ein Zeitungs— blatt zur Hand nehmen könne, welches nicht eine oder mehrere Duellnachrichten enthalte. Gerade, bei, den Konfervativen liege in erster Linie die Verpflichtung, daß sie diesem althergebrachten Unwesen gegenüber nicht den konservativen Standpunkt hervorkehrten, sondern mit den andern Parteien ernstlich gewillt seien, diesem alten rohen linwesen ein Ende zu bereiten. Redner wendete sich nun speziell gegen das in der Armee so viele Opfer heischende Duellwesen und wollte anerkannt wissen, daß das Leben des Ffftziers in erster Linie dem Vaterlande gehöre. Redner exemplifizirte sodann auf eine Kabinetsordre König Friedrich Wilhelms III. aus den zwanziger Jahren, weiche das höchste Mißfallen über die in der Armee eingerissene Duellwuth ausspreche und darauf hinweise, daß der Geist wahrer Ehre nicht auf diesem Gebiet liege. Der König hoffe zum Ruhm des Offizier⸗ Corps, daß es ihm ge— lingen werde, diesen Geist alter Vorurtheile aus seinem Reiche ju verbannen. Der Antrag des Vorredners wende sich nun allerdings weniger gegen das eigentliche Duell, als gegen das amerikanische Duell, welches eben kein Zweikampf sei, und er wünsche deshalb eine genauere Feststellung in Bezug auf gegen dies Duell anzuwendende Maßnahmen. .

Der Abg. Klemm hat in Bezug auf den Umfang des von dem Abg. Reichensperger so stark gerügten Duellunwesens Studien in den Nachrichten des statistischen Amts angestellt, aber gefunden, daß das Vergehen des Zweikampfes gegenüber den anderen im Strafgesetzbuch vorgesehenen Vergehen und Verbrechen doch nur einen sehr geringen Prozentsatz bilde. Damit sei allerdings noch nicht gesagt, daß die Schäden, welche das Duellwesen anrichte, nicht in einzelnen Fällen ganz außer— ordentlich beklagenswerthe seien. Falsch aber sei es, die Regierung direkt oder indirekt für diese Unglücksfälle verantwortlich zu machen, denn Seitens der Organe der Regierung sei auf allen Gebieten Vorsorge gegen Duelle getroffen worden, und das Strafgesetzbuch spreche sich auch in dieser Beziehung ganz präzise aus. Er würde es deshalb für unnöthig halten, die Regierung noch mit einer Resolution nach dieser Richtung hin zu behelligen, zumal doch die Diskussion auch schon zur Genüge kund gethan habe, daß der Reichstag mit dem Duellunwesen nicht einverstanden sei. Redner erörterte sodann die Schwierig- keiten, welche für eine neue Strafabmessung im Sinne des Antrag— stellers innerhalb des Rahmens des gegenwärtigen Strafgesetz— buches erstehen würden, da man doch immer anerkennen müsse, daß das Duell eben nur der Ausdruck einer ehrenhaften Ge⸗ sinung sei. Nun werde gesagt, daß das Strafgesetz sich doch ganz entschieden und mit den höchsten Strafen gegen Diejeni— gen wenden solle, welche gegenüber den Nichtduellanten, ö h. solchen, welche sich aus Grundsatz nicht duellirten, eine gewisse Verrufserklärung oder eine gesellschaftliche Mißachtung eintreten ließen; aber er möchte doch darauf hinweisen, daß es für den Staat äußerst schwierig sei, im Wege des Strafgesetzes gegen solche individuelle Meinungen vorzugehen. Er halte vielmehr dafür, daß derartige Vorurtheile sich nur auf dem Wege der Erziehung würden ausrotten lassen. Es scheine ihm aber doch fraglich, ob das akademische Duell ebenfalls als eine rechtswidrige Handlung anzusehen sei. Er meine, daß beson— ders bei den pro patria-Suiten, wo eine große Anzahl Gegner äufträten, wo mit studentischen Waffen und unter Anwendung aller möglichen Instrumente, die eine Lebensgefahr ausschlössen, Clkämpft werde, eine Ausnahme zu Gunsten der akademischen Mugend angebracht erscheine. In Bezug auf das amerikanische Duell sprach Redner seine Ansicht dahin aus, daß über die Ausbreitung desselben ganz irrige Vorstellun— n herrschten. Wie oft seien Nachrichten über das Vorkommen solcher Duelle aufgetaucht, wo es sich hinterher herausgestellt hahe, daß gar kein foiches Duell, sondern nur ein Selhstmord vorliege, dessen Motive durch das Vorgeben eines solchen Duells verdeckt werden sollten. Wenn aber auch wirklich Fälle eines solchen Duells in Deutschland vorgekommen

seien, so würden sie doch meist nur auf puren Wahnsinn zurückzuführen sein. Wenn nun aber auch solche Verbrechen nur ganz vereinzelt vorkommen sollten, so werde doch zuerst hier die größte Strenge des Gesetzes in Anwendung kommen nüssen, und empfehle er in dieser Beziehung den Antrag des g. Neichensperger dem Wohlwollen des Hauses. „Der Abg. Dirichlet meinte: Was das sogenannte ameri⸗ lanische Duell betreffe, so sei er gegen den Antrag. Er sei sicht bafür, die Klinke der Gefetzßeßung in Anwendung zu ingen, so lange ein dringendes Bedürfniß dazu nicht vorliege. Dagegen stehe' er der Resolution Reichensperger so wohl— wollend gegenüber, daß er dieselbe sogar gleich im Plenum ig nommen haben würde, ohne gerade mit jedem Worte der—⸗ ; ben einverstanden zu sein. Im Ganzen liege ihre Erfül— Ing aber im Interesfe des Landes. Er glaube, daß die Re⸗ sierung der Fratze gegenüber nicht ganz korrekt auf dem Stand⸗ kant des Gesetzgebers stehe, wonach dem Gesetze unter allen Um⸗ . * Achtung verschafft werden müsse, sondern sie sehe es hen daß, wenn es irgend möglich sei, von Verstößen gegen esen Theil des Straf⸗Gesetzbuches keine Notiz genommen . e. An und für sich seien die Vorkommnisse. dieser Art . gering an Zahl, weil sie sich auf die sogenannten ie den lid hut end beschränkten. Redner wies auf die ö.. . ie der Gesetzgebung hin, wonach Jemand durch gesetz ö den rdnungen gezwungen werden könne, gegen das Gesetz It! stoßen. Die Folge davon sei naturgemäß, daß die ale, welche der Gesetzgeber auf ein von ihm veranlaßtes gerinn gegen das Gesetz setzen werde, nur, eine sehr hau 6 sein könne. Das Duellwesen habe seinen Grund Tuhtsüchlich in gewiffen gesellschaftlichen Ansichten, doch

. gef 6 ne es . gewiß nicht 8 im! Interesse des. Staates

legen, daß diefe Ansichten zu einem System der Verehrung

ausgebildet würden. Ein jeder Lebensstand habe ja seine Vergehen, die in hervorragender Weise hervorträten. Der in der Nähe des Forstes wohnende arme Mann werde kein Ver— gehen darin finden, wenn er den Baum, den Gott wachsen lasse, für sich in Anspruch nehme, eine andere bevorrechtete Kaste halte das Duell auch für etwas nicht Schimpfliches, und nun frage man sich doch, warum der arme Mann für den Holzdiebstahl schimpflich bestraft werde, während das andere Vergehen des Höhergestellten sich mit dem Nimbus der Ehre umgeben dürfe? Ebenso wenig, wie den Leuten, welche sich des Holz— diebstahls schuldig machten, der Begriff beizubringen sei, daß dies eine gesetzwidrige Handlung sei, ebenso wenig könne den betheiligten Kreisen das Standesvorurtheil genommen werden, daß mit dem Duell ein Verstoß gegen die bürgerliche Ordnung verknüpft sei. Man spreche von einer Romantik des Duells. Ja, dieselbe Romantik und Ritterlichkeit finde man in der Handlungsweise der italienischen Straßenräuber, deren Leben noch dazu durch ihr Gewerbe einer steten Gefahr ausgesetzt sei, dieselbe Romantik müßte man dann auch dem Schmuggler— gewerbe zugestehen. Was nun die Bestrafung des Zweikampfes anbetreffe, so könne man zwei Methoden festhalten, die, welche in England bestehe, und die der Abg. Reichensperger geschildert habe: das Duell als solches nicht in das Straf— gesetzbuch aufzunehmen, sondern es dem Ermessen des Richters zu überlassen, wie der einzelne Fall zu sühnen sei, und einen milderen Weg einzuschlagen, indem man bestimmte strafrecht— liche Momente festsetze, und dann im gegebenen Fall ent— scheide, welches davon durch den vorliegenden Fall berührt werde. Er wolle nicht untersuchen, welcher Weg der richtige

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sei und zum Zwecke führe; er wolle nur konstatiren, daß das Duell, als solches die gesetzlichen Bestimmungen, wie man sie jsttzt habe, unter gewissen Formen verletze. Der kriegerische Zustand sei wohl geeignet, die bürgerlichen Pflichten zurücktreten zu lassen. Er müsse hier ein Beispiel anführen, weil ihm die dabei vorkommenden Personen zum großen Theil bekannt seien. In diesem Falle wäre es wohl geeignet, die Strafgesetze zu verschärfen. In einem Kreistage in Ostpreußen sei es zu Meinungsverschieden— heiten über die Art der Vorbereitung der Vorlagen gekom— men. Der vworsitzende Landrath habe sich allein berechtigt geglaubt, die Vorlagen vorzubereiten. Es sei zu stürmischen Debatten gekommen und ein Kreisdeputirter, ein früherer Reichstagsabgeordneter, habe geäußert, daß die Propositionen so unvollkommen seien, baß man nicht Hing daraus werden könne. Der Vorsitzende sei aufgesprungen und habe das Zimmer verlassen. Da derartige Ereignisse schon öfter vorgekommen wären, so habe man die Sache danit abgethan geglaubt. Aber nein der Landrath habe eine Duellforderung an den Betreffenden erlassen, da er angegeben, nicht nur Landrath, sondern auch Offizier des Beurlaubten— standes zu sein, wahrscheinlich oder natürlich sei der Her Kavallerie-Offizier und zwar in erster Linie Kavallerie-Offizier und dann erst Landrath, und sich als solcher durch jene Aeußerung beleidigt . habe. Jener Kreisdeputirte, das älteste Mitglied des Kreistages, sei darüber so empört gewesen, daß er der Königlichen Staatsanwaltschaft Anzeige gemacht und dieselbe als Kreisdeputirter unterzeichnet habe. Darauf habe er vom Staatsanwalt die nach dem Stande der Gesetzgebung allerdings ganz korrekte Antwort erhalten, daß Herausforderungen von Militärpersonen nicht der bürgerlichen Gerichtsbarkeit unter— lägen. Daß die Militär-Gerichtsbarkeit eingeschritten sei, habe er (Redner), ohwohl mehrere Monate vergangen seien, noch nicht gehört. Nebenbei habe sich aber auch die Staats⸗ anwaltschaft den kleinen Scherz erlaubt, den Schreiber der Anzeige wegen Anmaßung eines falschen Titels heranzuziehen, da er, als er jene Anzeige erlassen, wenige Tage vorher sein Mandat als Kreisdeputirter niedergelegt gehabt habe. Aber das sei das Humoristische, dem Landrath sei die Niederlegung des Mandats noch gar nicht bekannt gewesen, da er sonst schon eine Neuwahl hätte ausschreiben müssen. Wenn bei anderen Anlässen so leicht die Klinke der Gesetzgebung ergriffen werde, so erscheine ihm (em Redner) gerade in diesem ersten Falle ein solches Ergreifen und die entsprechende Abänderung des Paragraphen des Militär-Strafgesetzes dringend geboten. Wie jetzt die Dinge lägen, so komme es nur zu häufig vor, daß die auf das Duell in Aussicht stehenden Strafen gar keine Abschreckungs⸗, ja vielleicht noch ein Anlockungsmittel bildeten, um sich über manche unbequemen Differenzen hinweg zu helfen. Ein paar Wochen auf der Festung in einem „fidelen Gefängniß“ seien ja nicht so schlimm, und nachher komme die Glorifizirung und der Empfang in allen Ehren. Redner schloß mit einer Empfeh— lung des Antrages, für den er, wenn auch mit einigen ji änderungen, in der Kommission stimmen werde.

Hierauf ergriff der Vize⸗Präsident des Staats⸗-Ministeriums, Staats-Minister von Puttkamer das Wort:

Meine Herren! Wenn ich mir erlaube, in diese Diskussion mit einigen Worten einzutreten, so geschieht das nicht in der Absicht, auf den Gegenstand selbst, welchen der Herr Antragsteller in seinem Ge⸗ setzentwurf und der vorgeschlagenen Resolution angeregt hat, sehr tief einzugehen, schon aus dem Grunde nicht, weil die verbündeten Regie⸗ rungen bisher sich mit diesen Vorlagen zu beschäftigen noch in keiner Weise Gelegenheit gehabt haben, und weil deshalb eine Aeußerung meinerseits nur das Gewicht einer bloßen privaten Meinungsdarlegung haben würde.

Wenn Sie übrigens meine bescheidene persönliche Ansicht über den uns beschäftigenden Gegenstand in Kürze entgegennehmen wollen, so ist es einfach die, daß ich in den beiden Vorlagen des Hrn Abg. Reichensperger, sowohl in seiner Resolution als in dem Gesetzes— vorschlag einen zwar fehr wohlgemeinten, aber, wie ich glaube, er— folglosen Versuch erblicke, ein großes Problem zu lösen, an dessen Löfung sich Jahrhunderte vergeblich abgemüht haben.

Meine Herren, denken Sie an die Richelieu'schen Duell mandate, denen es an Schneidigkeit und Schärfe gewiß nicht fehlte, und gleichzeitig an die parallele Thatsache, daß durch diese Duellmandafe die damals, wie ich annehme, in sehr viel größerem Maße grassirende Duellwuth nicht vermindert, sondern erheblich ver— mehrt wurde. Wenn man also diesem, wie ich meine, sehr zarten Gegenstande mit Strafgesetzen und Disziplinarmaßregeln beikommen will, so wird man sehr leicht in die Gefahr gerathen auf einen falschen Weg zu kommen, der zur Lösung dieses großen Problems, ob das Duell erlaubt sei oder nicht, wenig beitragen wird. Inzwischen ist es, wie ich wiederhole, nicht meine Aufgabe hier in eine Betrachtung des Gegenstandes tiefer einzugehen, zumal da ja, wie

ich annehme, in der Kommission, die voraussichtlich von dem hohen Hause beschlossen wird, noch Gelegenheit genug sich finden wird, uber die Anschauungen der verbündeten Regierungen nähere Mit⸗ theilungen zu machen.

Was mich veranlaßt, das Wort hier zu erbitten, ist die Rede des Hrn. Abg. Dirichlet, die wir eben vernommen haben, und zwar in ihrem zweiten Theile; denn auf den ersten Theil näher ein⸗ zugehen, muß ich aus den vorher erwähnten Gründen mir rersagen. Der Herr Abgeordnete hat zur Begründung des von ihm entwickelten Standpunkres dem hohen Hause einen Vorgang aus seiner engeren Heimath angeführt, der so recht eigentlich die Noth⸗ wendigkeit scharfen, disziplinären Eingreifens von Seiten der vor— gesetzten Behörde gegen das Duellunwesen dokumentiren sollte. Nun, meine Herren, zunächst muß ich doch meiner Meinung dahin Ausdruck geben, daß diese von dem Hrn. Abg. Dirichlet Ihnen vorgetragene Erzählung, wie mir scheint, in einem nur sehr entfern⸗ ten Zusammenhang mit dem Gegenstande steht, um den es sich hier handelt; denn so weit wird der Hr. Abg. Dirichlet selbst nicht gehen, aus der von ihm erzählten Thatsache an mich, den verantwortlichen preußi⸗ schen Minister des Innern, den Anspruch erheben zu wollen, daß ich ein General mandat erlasse, wodurch ich sämmtlichen preußischen Landräthen verbiete, Herausforderungen anzunehmen oder zu stellen. Meine Herren, ich würde einer solchen Aufforderung, glaube ich, kaum Folge geben, und wenn ich ihr Folge gäbe, würde ich doch in die unangenehme Lage kommen können, nur einen sehr theilweisen Erfolg von ihr zu sehen. Wenn es sich aber darum handelt, aus der von dem Hrn. Abg. Dirichlet vorgetragenen Erzählung sich ein Urtheil zu bilden, ob ein bestimmter preußischer Beamter der inneren Verwaltung in einem bestimmten Falle das richtige Benehmen an den Tag gelegt hat, dann, meine Herren, meine ich, daß diese Seite der Sache in keiner Weise vor das Forum dieses Hauses gehört. Ich gehe sogar noch weiter, und kin sehr zweifelhaft, ob ich selbst an einem anderen Orte diese Seite der Sache einer Erörterung würde unterziehen können. Denn welche disziplinäre Maßregel ein Vorgesetzter in einem bestimmten Falle einem Untergebenen gegenüber in Anwendung bringen will, das hängt von so vielen, der Oeffentlichkeit sich entziehenden Erwägungen ab, daß es höchst mißlich ist, einen solchen Gegenstand zur parlamentarischen Diskussion zu stellen. Ich könnte mich ja auch hier einfach hinter den Kompetenzzweifel verschanzen, und sagen, ich verweigere jede Auslassung in Bezug auf das, was der Hr. Abg. Dirichlet Über diese in einem ostpreußischen Kreise vorgekommene Thatsache erwähnt hat; aber ich würde dann in eine vergleichsweise wenig günstige Lage in einem solchen Falle gerathen. Denn die Worte des Hrn. Abg. Dirichlet kommen natürlich an die Oeffentlichkeit, und ein Schweigen meinerseits würde sowohl der Sachlage gegenüber, als auch namentlich im Interesse des angegriffenen Beamten natürlich so ge⸗ deutet werden, als wenn der Minister, der zufällig anwesend war, nichts zu sagen gehabt und damit die Korrektheit dessen, was der Hr. Abg. Dirichlet vorgetragen, anerkannt hätte. Das würde nament⸗ lich in dem Landestheile, um den es sich handelt, die Autori⸗ tät der Staatshehörde in erheblichen Maße geschädigt haben und deshalb bin ich allerdings Willens, soweit das meine Stellung erlaubt, auf die Erzählung des Hrn. Abg. Dirichlet etwas näher einzugehen. Ich muß aber gleich von vornherein zu meinem Bedauern sagen, daß die von demselben gegebene Version der Sache vollkommen ungenan ist und durch meine Worte wesentlich berichtigt werden wird, obgleich er mit einem gewissen Aplomb gesagt hat, die Sache wäre ihm von einer Seite zugegangen, der er vollstes Vertrauen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit zu schenken in der Lage wäre. Meine Herren, daß in dem Landestheile, in welchem die Erzählung des Hrn. Abg. Dirichlet spielt, an manchen Orten recht schwierige, recht gespannte Verhältnisse zwischen den verantwortlichen Beamten der Staatsregierung und einem Theile ich sage ausdrücklich, einem Theile der ländlichen Bevölke⸗ rung obwalten, ist ja leider eine notorische Thatsache. Sie wird aber von dem Hrn. Abg. Dirichlet natürlich nur in der Färbung darge⸗ stellt, als ob die Schuld an diesen Dingen immer nur auf Seiten der Beamten wäre und niemals auf Seiten der betreffenden Privatleute. Allerdings macht er auch nicht einmal den Versuch, den Beweis dafür anzutreten, sondern er sagt lediglich: ich habe das von glaubwürdiger, zuverlässiger Seite, folglich muß es wahr sein, folglich hat der be—⸗ treffende Beamte Unrecht.

Nun, meine Herren, bin ich ja selbst, wie dem Hrn. Abg. Dirichlet bekannt ist, eine Zeit lang mit der Ehre be— traut gewesen, erster Verwaltungsbeamter gerade des Bezirks zu sein, auf den sich seine Schmerzen wesentlich beziehen; ich kenne sehr genau, mindestens ebenso genau wie er, die speziellen Verhältnisse des Kreises, um den es sich handelt, und bin also, glaube ich, auch in der Lage, mit einiger Autorität oder ich will sagen; mit einiger informirter Sachkenntniß über die dortigen Verhältnisse zu sprechen, und da muß ich denn doch sagen, daß in keinem anderen Landestheile den Königlichen Beamten die pflicht⸗ mäßige Ausübung ihres Berufs so schwer gemacht wird, wie in diesem. Ich nehme selbstverständlich davon die große Gesammtheit der Be⸗ völkerung aus; nein, es handelt sich immer nur um einzelne kleine Koterien in einzelnen Gott sei Dank! ganz vereinzelten Gegenden, wo man es sich zum Grundsatze macht, den Beamten mit kleinen, provokatorischen, oppositionellen Nadelstichen so lange zu quälen, bis ihm auch endlich einmal die Rerven ausgehen und sich seiner eine Stimmung bemächtigt, die dann leicht sich verdichtet zu nicht ganz angenehmen Erörterungen und Diskussionen das gebe ich vollständig zu.

Was aber den vorliegenden Fall betrifft, so habe ich schon zu meinem Bedauern in den Ausführungen des Hrn. Abg. Dr. Reichen sperger gesehen, wie tief eine falsche Darstellung der thatsächlichen Lage auf das Urtheil Einfluß übt. Denn auch er sagte, als er die Verwerflichkeit des Duells motivirte: es ist ja sogar vorgekommen, daß Verwaltungsbeamte Privatleute, Mitglieder von Selbst— verwaltungskörpern, zum Duell herausgefordert haben wegen einer ihrer Amtshandlungen. Das ist genau die Anschauung, die auch der Hr. Abg. Dirichlet versucht hat, jetzt dem Hause plausibel zu machen, und ich muß daher annehmen, daß das Urtheil des Hrn. Abg. Reichensperger schon vorher wesentlich durch Versionen beeinträchtigt worden ist, die ich will nicht sagen: ihre Quelle in dem Hrn. Abg. Dirichlet gehabt haben, aber ihm doch nicht fern stehen. Es handelt sich aber überhaupt nicht am eine wegen einer Amtshandlung erfolgte Herausforderung, die durch⸗— aus zu mißbilligen wäre. Die Sache hat sich vielmehr folgender maßen zugetragen. Der betreffende Landrath befindet sich in einem gespannten Verhältniß zu einem Theile der Kreiseingesessenen. Wen dabei wesentlich und hauptsächlich die Schuld trifft, das möge Ihnen ein Fall illustriren, den der Hr. Abg. Dirichlet wahrscheinlich nicht kennt, denn sonst würde er ihn zur Steuer der Wahrheit, um den Landrath zu entlasten, hier mit aufgeführt haben.

Meine Herren, wie weit muß es in einem Landeslheile gekommen sein, wenn Folgendes sich ereignen kann?

Weser selbe Landrath hatte einen Termin behufs Vornahme einer Wahl zum Kreistage aus dem Stande der Großgrundbesitzer anberaumt. Er bildet einen Wahlvorstand und nach der Vorschrift des Gesetzes ersucht er die betreffenden Herren, die dem Wahlvorftande angehören sollen, ihm mittelst Handschlags an Eidesstatt zu verfichern, daß sie die ihnen obliegenden Verpflichtungen treu erfüllen wollen. Was geschieht? Während sämmtliche übrigen Mitglieder diefer

selbstverständlich gesetzlichen Verpflichtung nachkommen, dreht sich