1886 / 297 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Dec 1886 18:00:01 GMT) scan diff

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Ministerium des Innern.

Auf Grund der bei der letzten Volkszählung gewonnenen Materialien wird in diesseitigem Auftrage von dem Königlichen Statistischen Bureau eine neue Auflage des „Gemein de⸗ Lexikons für das Königreich Preußen“ vorhereitet, welche binnen Kurzem in einzelnen Heften für jede Provinz der Oeffentlichkeit übergeben werden soll. Die neue Auflage wird in tabellarischer Form, nach Regierungsbezirken und Kreisen geordnet, neben den Angaben über die Vevolkerungsziffern, die konfessionellen Verhältnisse, die Zahl der Wohngebäude u. s. w. auch über die Zubehörigkeit der einzelnen Städte, Landgemeinden und Gutsbezirke zu den verschiedenen Ver⸗ waltungs- und Gerichtsbezirken, sowie zu den Landwehr— Bataillonen und den Kirchspielen die erforderlichen Mittheilun⸗ gen enthalten, und außerdem für jede Kommunaleinheit deren Areal, die land- und forstwirthschaftlich genutzte Fläche mit Unterscheidung der Hauptkulturarten und die durch⸗ schnittlichen Grundsteuerreinerträge der letzteren übersicht⸗ lich nachweisen. Bei dieser Reichhaltigkeit seines Inhaltes wird das Gemeinde⸗Lexikon ein besonders wichtiges und werth⸗ volles Hülfsmittel für den geschäftlichen Gebrauch und Verkehr bilden. Indem ich daher Ew. Hochwohlgeboren auf das Er⸗ scheinen des Werkes aufmerksam mache, ersuche ich Sie zu—⸗ gleich ergebenst, gefälligst dasselbe auch den nachgeordneten Behörden in entsprechender Weise zu empfehlen. ö

Der Preis der einzelnen Hefte wird nach vorläufiger Festsetzung, und zwar: . für die Provinz Hannover, ca. 20 Druckbogen (320 Seiten),

4 M,

für die Hohenzollernschen Lande ca. 159 Druckbogen (28 Seiten), 0,40 ,

für die Provinz Hessen-Nassau, ca. 11 Druckbogen (176 Seiten), 2, 0 6 .

für die Provinz Westfalen nebst den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont, ca. 1214 Druckbogen (196 Seiten), 2,60 (6,

für die Provinz Schlesien, ca. 373 / Druckbogen (598 Seiten), 7,60 M,

für die Provinz Westpreußen, ca. 15/3 Druckbogen (246 Seiten), 3,20 (b,

für den Stadtkreis Berlin und Provinz Brandenburg, ca. 20 Druckbogen (320 Seiten), 4 a6,

ür die Provinz Ostpreußen, ca. 255/38 Druckbogen (410 Seiten), 5,20 b,

für die Provinz Posen, ca. 19 Druckbogen (312 Seiten), 4 MS,

für die Provinz Pommern, ca. 18 Druckbogen (292 Sei⸗ ten), 3, 80 M6,

für die Provinz Sachsen, ca. 15./ Druckbogen (252 Sei— ten), 3,20 „6,

für die Provinz Rheinland, ca. 2153/5 Druckbogen (342 Seiten), 4,40 est,

für die Provinz Schleswig-Holstein, ca. 11 Druckhogen (176 Seiten), 2,20 s(⸗.

betragen, während bei Entnahme des Gesammtwerkes eine Pr eisermäßigung auf 40 ( eintritt. Berlin, den J. Dezember 1886. Der Minister des Innern. von Puttkamer.

An die Königlichen Regierungs-Präsidenten in den Kreisordnungs⸗Provinzen einschließlich Hannover und Hessen-Nassau, die Königlichen Regierungen in den übrigen Provinzen und den Königlichen Regierungs-Präsidenten zu Sigmaringen.

Ju stiz⸗Ministerium.

Der Rechtsanwalt Hembd in Landsberg a. W, ist zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Landsberg a. W., und

der Rechtsanwalt Köppen in Lobsens zum Notar für den Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Posen, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Lobsens, ernannt worden.

Der Notar Holter in Aldenhoven ist in den Landgerichts— bezirk Düsseldorf, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Düssel⸗ dorf, versetzt worden.

nt n g ch n ng en auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 18735.

Auf Grund des §. 28 des Gesetzes gegen die gemein— gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Okto— ber 1878 (Reichs-Gesetzblatt Seite 351) wird mit Zustimmung des Bundesraths für die Dauer Eines Jahres angeordnet, was folgt;

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Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen ist, kann der Aufenthalt in dem Stadt- und Landkreise Frankfurt a. M., dem Stadt— und Landkreise Hanau, dem Kreise Höchst und dem Ober— Taunuskreise von der Landes⸗Polizeibehörde versagt werden.

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In dem Stadt- und Lunbkreise Frankfurt 4. M, dem Stadt- und Landkreise Hanau, dem Kreise Höchst und dem Ober-Taunuskreise sind das Tragen von Stoß-, Hieb⸗ oder Schußwaffen, sowie der Besitz, das Tragen, die Einführung und der Verkauf von Sprenggeschossen, soweit es sich nicht um Munition des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine handelt, verboten.

Von letzterem Verbote werden Gewehrpatronen nicht be— troffen.

ñ Ausnahmen von dem Verbote des Waffentragens finden att:

1) für Personen, welche kraft ihres Amts oder Berufs zur Führung von Waffen berechtigt sind, in Betreff der letzteren;

2) für die Mitglieder von Vereinen, welchen die Be— fugniß, Waffen zu tragen, beiwohnt, in dem Umfange dieser Befugniß;

Y) für Personen, welche sich im Besitz eines Jagdscheines befinden, in Betreff der zur Ausübung der Jagd dienenden Waffen;

M für Personen, welche einen für sie ausgestellten Waffen⸗ . bei sich führen, in Betreff der in demselben bezeichneten affen.

Ueber die Ertheilung des Waffenscheines befindet die Landes-Polizeibehörde. Er wird von derselben kosten- und stempelfrei ausgestellt und kann zu jeder Zeit wieder ent— zogen werden.

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Vorstehende Anordnungen treten mit dem 18. Dezember

d. J. in Kraft. Berlin, den 16. Dezember 1886. Das Staats-Ministerium. von Puttkamer. Maybach. Lucius. Fri von Boetticher. von Goßler. von Sch Bronsart von Schellendorff.

R der heutigen Handelsregister Beilage wird Nr. 51 der Zeichenregister⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.

Aichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen.

und den Staatssekretär Grafen von Bismarck. Mittags machten Allerhöchstdieselben eine Spazierfahrt. Um 31 Uhr empfingen Se. Majestät noch den Kriegs— Minister zum Vortrage.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ertheilte dem neu ernannten japanischen Gesandten die erbetene

Antrittsaudienz.

Se. Kaiserliche und Königliche Hohei der Kronprinz nahm gestern Vormittag 111 Uhr militärische Meldungen entgegen und besuchte Abends die englische Opern—

Vorstellung im Kroll'schen Theater.

In der am 16. d. M. unter dem Vorsitz des Staats— Ministers, Staatssekretärs des Innern, von Boetticher, abge⸗ haltenen Plenarsitzung genehmigte der Bundesrath auf den Antrag Preußens, daß die im 5§. 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 vorgesehenen Anordnungen für den Stadt- und Landkreis Frankfurt a. M.,, den Stadt— und Landkreis Hanau, den Kreis Höchst und den Obertaunuskreis auf die Dauer Eines Jahres getroffen werden dürfen, erklärte sich mit der bereits erfolgten Ueber— weisung des Militärtarifs für Eisenbahnen an die Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für das Land⸗ heer und die Festungen, mit der vom Ausschuß für Handel und Verkehr vorgeschlagenen Ergänzung der Formulare zur Statistik der Krankenversicherung, so⸗— wie mit den auf der internationalen Konferenz in Bern im Interesse der technischen Einheit im Eisenbahnwesen und bezüglich der zollsicheren Einrichtung der Eisenbahnwagen vereinbarten Bestimmungen einverstanden und ertheilte dem Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Kunstbutter die Zustimmung. Der Vorsitzende legte eine Nachweisung von Grundstücken, welche in das Eigenthum des Reichs übergegangen sind, vor. Den

. in Gesetzentwurf über die unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt⸗

findenden Gerichtsverhandlungen beschloß die Versammlung

dem Reichstag wiederum vorzulegen. Endlich wurde über die weitere Ausprägung von Ein Pfennigstücken, die Sr. Majestät dem Kaiser wegen Besetzung der Stelle eines Mitgliedes des Reichsbank-Direktoriums und einer Rathsstelle beim Reichs— gericht zu unterbreitenden Vorschläge sowie über die Zulassung von Aktien auf Namen und unter dem gesetzlichen Nominal— betrage Beschluß gefaßt.

Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen hielt heute eine Sitzung.

In der heutigen (12. Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats-Minister von Boetticher, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes— rath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Prä— sident mit daß der Abg. Dr. Orterer sein Mandat niever— gelegt hahe.

Das Haus erledigte hierauf zunächst die dritte Berathung des Beschlusses des Bundesraths, betreffend die Aufnahme der Anlagen, in welchen Albuminpapier hergestellt wird, in das Verzeichniß derjenigen gewerblichen Anlagen, welche nach Bestimmung des §. id der Gewerbeordnung einer besonderen Genehmigung bedürfen.

Dann wurde die zweite Berathung des Etats fortgesetzt.

In Kap. 7 Tit. 4 werden 2550 6 für einen Kanzlei⸗ Sekretär mehr gefordert und dementsprechend eine Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses und anderer Fonds.

Die Mehrforderung wurde, dem Vorschlage der Kommission gemäß, vom Hause bewilligt.

In Kap 7a (Allgemeine Fonds) werden zur Unter— stützung des Deutschen Fischereivereins behufs Beförderung der künstlichen Fischzucht an Stelle der im vorigen Jahr bewilligten 20 000 S 30 0(½ M gefordert.

Die Kommission beantragte die Bewilligung dieser Mehr— forderung, wogegen der Abg. Rickert mit Rücksicht auf die Finanzlage dieselbe abzulehnen vorichlug.

Bei Schluß des Blattes sprach der Staats-Minister von Boetticher.

Ein einem jugendlichen Die be, Räuber, Hehler nach §. 57 Abs. 1 3. 4 des Str⸗G.⸗B. ertheilter Verweis ist, nch einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Strafsenats, vom 14. Oktober d. J, als Strafe, wie solche der 8. 244, Abs. 1 Str.G.-B. („Wer im Inlande als Dieb, Räuber oder gleich einem Räuber, oder als Hehler bestraft worden ist, darauf abermals eine dieser Handlungen begangen hat und wegen derselben hestraft worden ist, wird, wenn er einen einfachen Diebstahl begeht, mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren . . . bestraft“ voraussetzt, zu betrachten. Ist der Verweis vorschriftswidrig sofort nach der Urtheilsverkün— dung vor Eintxitt der Rechtskraft des Urtheils ertheilt worden, so wird die Strafe des Verweises mit dem Eintritt der Rechts— kraft des Urtheils in Hinsicht auf die Rückfallsstrafe wirksam.

Der Königlich bayerische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe, Graf von Lerchenfeld-Köfering, hat einen ihm von seiner Regierung für die Weihnachtszeit be⸗ willigten Urlaub angetreten. Für die Dauer der Abwesenheit desselben von Berlin fungirt der Legations⸗-Sekretär Freiherr von Podewils als interimistischer Geschäftsträger.

f Berlin, 17. Dezember. Se. Maje stät der Kaiser und König empfingen heute zu Vorträgen den Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode, den Grafen Hochberg

Anhalt. Dessau, 16. Dezember. (Anh. St.-⸗A.) Der Herzog von Sachsen-Altenburg ist heute mit Gefolge aus Altenburg hier eingetroffen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 15. Dezember. (Wn. Abdp.) Die Verhandlungen der Landtage nehmen nunmehr, nachdem Seitens der Ausschüsse bereits genügendes Material für die Plenarberathung sertiggestellt worden, einen rascheren Fortgang. Im niederösterreichischen Landtage kamen heute hauptsächlich Subventions- und Steuer-Angelegenheiten zur Berathung.

16. Dezember. (W. T. B.) Die bulgarische De⸗ putation ist heute Abend nach Berlin abgereist.

Lemberg, 15. Dezember. (Prg. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Landtages begründete Fürst Sapieha seinen Antrag auf eine zweckmäßigere und intensivere Pflege der deutschen Sprache an den galizischen Mittelschulen. Er sagte: Polen gehöre der westlichen Kultur an und könne daher der Kenntniß der hochentwickelten deutschen Sprache nicht entbehren. Die Jugend bedürfe derselben, um ihre Carrière nicht zu verkümmern, und in einflußreicher Stellung müsse man den Staatsrücksichten Rechnung tragen. Die deutsche Sprache müsse die Armeesprache bleiben. Daß die Pflege der deutschen Sprache noch hie und da als eine heikle Frage angesehen werde, hätten jene Pseudoliberalen verschuldet, welche die billigen Ansprüche und unzweifelhaften Rechte der nichtdeutschen Stämme ihren herrschsüchtigen Aspiratio— nen unterordnen möchten. Jene Deutschen, welche ihr Deutsch— thum mit der Hintansetzung der anderen Völker nicht identi— fizirten, würden in dem vorliegenden Antrage ein neues Moment für ihre billige Anschauungsweise erblicken.

Pest, 15. Dezember. (Wn. Ztg.) Der Finanz-Aus⸗ schuß berieth heute den Voranschlag des Kultus- und Unter— richts⸗Ministeriums.

Niederlande. Haag, 17. Dezember. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat in einer Nachtsitzung die Vorlage, be⸗ treffend die Unterstützung der Zuckerindustrie auf Java, angenommen.

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Großbritannien und Irland. London, 15. Dezember. (A. C) Die „Times“ schreibt über die Bedeutung der gestrigen Verurtheilung Dillon's: „Niemand, der das englische Recht auch nur einigermaßen kennt, hat daran ge— zweifelt, daß der sogenannt? „Feldzugsplan“ das ist, als was ihn Richter O'Brien gestern charakterisirte: „eine absolut ungesetzliche Organisation“. Dennoch war die Frechheit der Agitatoren und die Furchtsam— keit der Behörden so groß, daß viele Pächter in dem Wahn befangen waren, es sei jetzt das Mittel gefunden,

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sich seiner Zahlungspflicht zu entziehen, ohne irgend welche

Unannehmlichkeit zu riskiren. Mit diesem Wahn ist jetzt auf— geräumt. Dillon und Konsorten mögen vielleicht jetzt erst recht die Bahn gehen, welche sie sich vorgezeichnet haben, die Pächter aber werden doch etwas nachdenklich werden, ehe sie sich auf das sehr gefährliche Abenteuer einlassen.“

Der „Standard“ äußert sich wie folgt: „Der Prozeß gegen Dillon wurde nicht sowohl geführt, um das Gesetz in diesem einzelnen Falle zur Geltung zu bringen, als um auf Grund richterliche Entscheidung energischere Maßnahmen ergreifen zu können. Das Urtheil ist jetzt gefällt, und die Krone kann die Operationen als „äußerst gesetzloses Komplott, die Gutsherren ihrer gesetzlichen Rechte zu berauben“, behandeln. Die zu diesem Zweck bestehende Organisation kann jederzeit, gerade wie die Landliga, aufgelöst werden. Die Regierung sollte sich vor Allem merken, daß es viel leichter und besser ist, die Ver— schwörung mit einem Schlage zu vernichten, als die zu Gebote stehenden Rechtsmittel im Einzelfalle anzuwenden.“

Die „London-Gazette“ veröffentlicht ein Königliches De— kret, welches verfügt, daß die Söhne und Töchter, welche aus der Ehe des Prinzen Heinrich Moritz von Battenberg mit der Prinzessin Beatrice entsprießen, den Titel „Hoheit“ führen sollen.

16 nher, t r men, mitglieder Dillon, O'Brien, Harris und Sheehey sind zu Loughrea in der Grafschaft Galway verhaftet worden, während sie die Einziehung des Pachtzinses von den Pächtern leiteten. Dieselben hatten Pächte bis zum Betrage von 80 Pfd. Sterl. erhoben, als ihre Ver⸗ haftung durch Polizei -Agenten erfolgte. Der Eigen— thümer, auf dessen Besitzungen Dillon und seine Kollegen die Pachtzinsen erhoben, ist Lord Chanrikarde. Derselbe hatte seinen Pächtern eine Ermäßigung der Pacht um 25 Proz, angeboten; diese war aber von den Pächtern, die 40 Prozent Ermäßigung und die Wiedereinsetzung der exmittirten Pächter verlangten, zurückgewiesen worden. Da Lord Clanrikarde hierauf nicht eingegangen war, so zahlten die Pächter die Pachtzinsen nach Äbzug der Ermäßigung an Dillon und die anderen nationalistischen Führer.

, n ill on und e, nossen sind nach kurzer Verhandlung vor dem Polizeirichter gegen Kaution auf freiem Fuße belassen worden. Die Verhandlung der Sache wurde um eine Woche zurück— gestellt. In dem Haftbefehl sind Dillon und Genossen be— schuldigt, konspirirt zu haben, um die Pächter zu bewegen, nicht die Pachtzinsen zu entrichten, zu deren Zahlung sie gesetz— lich verpflichtet sind.

Frankreich. Paris, 16. Dezember. (W. T. B.) Der itallenische Botschafter, General Graf Menabrea, überreichte der diesseitigen Regierung heute Vormittag die Kündigung des französisch-italienischen Handels⸗ vertrages. Da dieser Vertrag erst mit dem 1. Januar 18388 abkäuft, so ließ die italienische Regierung gleichzeitig mittheilen, daß sie bereit sei, im kommenden Jahre in Ver⸗ handlungen einzutreten, um wegen eines neuen Modus vivendi zu einer Verständigung mit der französischen Regierung zu gelangen.

Der Senat hat die Vorlage, betreffend die provi⸗ sorische Bewilligung von zwei Zwölfteln des Ein⸗ nahmebudgets, unter Streichung des Artikels, nach welchem der Zinsfuß der Sparkassen herabgesetzt werden soll, ange⸗ nommen. Die . abgeänderte Vorlage wird morgen von der Kammer berathen werden.

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Italien. Rom, 14. Dezember. Kammer berieth heute das Heeresbudget. Der Kriegs⸗ Minister Ricotti, welcher für dasselbe eintrat, erklärte dabei: eine unmittelbare Kriegsgefahr sei nicht vorhanden, Italien sei indeß für jede Eventualität bereit.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 17. De⸗ zember. (W. T. B.) Das Journal de St. Péters⸗ bourg“ bemerkt anläßlich der Nachricht, daß die Kandidatur für den bulgarischen Thron von der bulgarischen Deputation dem Prinzen von Koburg ange— boten und von diesem angenommen worden sei: Diese Nachricht könne nicht ernsthaft genommen werden. Die bulgarische Deputation sei keineswegs in der Lage, den Thron von Bulgarien anbieten zu können, und es sei zu bezweifeln, daß Jemand unter solchen Verhält⸗ nissen denselben annehme. Es sei dies vielleicht ein ballon d'essai der bulgarischen Machthaber, um ihre Demonstrationen gegen Rußland fortzusetzen. Aber die Behauptung, daß diese Kandidatur keinem Hinderniß von irgend einer Macht be— gegnen würde, sei zu abenteuerlich, als daß es nöthig erscheine, dieselbe zu diskutiren.

Asien. China. Peking, 15. Dezember. (A. C.) Der Marquis Tseng ist zum Minister des Tsungli Yamen ernannt worden. Li⸗Hung-Chang hat sich für den Winter nach der Provinzial-Hauptstadt Paotingfu begeben.

Afrika. Egypten. Kairo, 14. Dezember. (A. E.) Es scheint, daß der Eisenbahn in der Nähe von Gomai von den Derwischen bedeutender Schaden zugefügt wor— den ist. Sie rissen die Schwellen auf, um daraus Hütten zu bauen. Die Rebellion der Derwische gegen Abdullah und seine Anhänger nimmt an Umfang zu. Sie wird verursacht durch die übertriebenen Steuern, welche von Derwischen, die Parteigänger Abdullah's sind, eingetrieben worden. In Kor⸗ dofan herrscht große Zwietracht. In Khartum wird die Einführung einer geordneten Regierung für den Sudan an— gestrebt. Abdullah wurde feierlich zum Mahdi ausgerufen.

Zeitungsstimmen.

Die „National-Zeitung“ bemerkt über die „Ver— schleppung der Militär⸗Vorlage“:

Aus der fortschrittlichen Presse sehen wir, daß die Absicht besteht, die Verathungen der Militär-Kommission Ende dieser Woche abzubrechen, ohne daß auch nur die Beschlußfassung der Kommission bis dahin endgültig erfolgt wäre; nur die erste Lesung dersel ben soll vor Weihnachten beendet werden, die zweite Lesung der Kommission aber erst später, wie man an— nehmen muß, nach Neujahr stattfinden. So unglaublich dies nach den wiederholten Erklärungen der Regierung über die Dringlichkeit der Beschlußfassung und angesichts der Weltlage auch erscheint, so kann man doch nicht daran zweifeln, daß es von den Faiseurs des bisherigen Ganges der Kommissionsberathung ins Auge gefaßt, wenngleich wohl noch nicht fest beschlossen ist. Wir stehen nicht an, auszusprechen, daß der Abbruch der Kommissionsarbeiten vor endgültiger Beschluß⸗— fassung über die Vorlage unter den obwaltenden Verhältnissen einer Herausforderung der Krone und des Landes gleichkommen würde.

Der Reichstag hat das Recht, die Vorlage abzulehnen; ist in der Kommission eine Mehrheit für diesen Beschluß vorhanden, so mag sie ihn fassen. Die Kommission ist auch in ihrem Rechte, wenn sie eine reifliche Prüfung der Vorlage vornimmt. Aber was sie bisher in dieser Be⸗ ziehung geleistet, giebt ihr wahrlich nicht die Befugniß, acht Tage vor Weihnachten ihre Arbeit unvollendet liegen zu lassen und in die Ferien zu gehen. Vier Sitzungen sind auf eine Generaldebatte ver⸗ wendet vorden, welche ausschlleßlich der Frage gewidmet war, ob über die Stärke der europäischen Heere der deutsche Generalstab oder der Abg. Richter besser unterrichtet ist eine Frage, über welche wohl nur wenige Personen in Europa zweifelhaft sein werden. Dann ist man gestern zur Spezialdebatte gelangt, welche höchst seltsam begann: Hr. Richter stritt mit der Militärverwaltuug darüber, wie groß der Train bei der Armee sein muß, und Hr. Rickert desgleichen über die Frage, ob der Reitunterricht der Kapalleristen beffer im Oktober oder im November zu beginnen hat. Nach solcher Benutzung der bisher verfügbar gewesenen Zeit würde es der Kom— mission an jedem Vorwande fehlen, ihre Arbeit abzubrechen. Kann sie aicht bis Ende dieser Woche fertig werden, so muß sie eben die nächsie Woche dazu nehmen und bis unmittelbar vor dem Feste tagen; die Angelegenheit um welche es sich handelt, ist wichtig genug dafür. Wir sind nach wie vor der Meinung und der dürftige Inhalt der Kommissionsverhandlungen hat sie bestätigt daß es möglich gewesen wäre, vor Weih— nachten die zweite Lesung im Plenum zu erledigen und dadurch die Regierung in die Lage zu bringen, entweder die Vorbereitungen für die Ausführung des neuen Gesetzes alsbald zu beginnen, oder an das Land zu appelliren. Die Möglichkeit, wenigstens in der Kommission vor Weihnachten fertig zu werden, sodaß während der Vertagung der Bericht ausgearbeitet werden und die zweite Lesung bald nach Neujahr stattfinden kann, war und ist aber völlig zweifellos. Wird sie ver⸗ eitelt, fo macht sich die Kommission der absichtlichen Verschleppung in einer Angelegenheit schuldig, welche von der Regierung als eine solche der Sicherheit Deutschlands bezeichnet wird.

Hr. Windthorst hat bekanntlich großen Werth darauf gelegt, daß die Tispositionen für die Reichstagsarhbeiten so getroffen wurden, um, wenigstens bisher, während der Arbeit der Kommission die Fraktionen in Berlin zusammenzuhalten. Dieselben sind also in der Lage, auf ihre Vertreter in der Kommission in dem Sinne einzuwirken, daß darauf verzichtet wird, vor der Lösung der ihr gestellten Aufgabe aus— einanderzugehen. Es scheint uns, daß für die Parteien, deren Kom— missionsmitglieder eine solche Absicht hegen, sehr ernste Gründe bestehen, ihre Ausführung zu verhindern.

Die „Schlesische Zeitung“ wendet sich gegen die Behauptung bppositioneller Blätter, daß durch die Heran⸗ ziehung einer größeren Zahl junger, dem Erwerbsleben ange—⸗ hörender Männer zum Militärdienst deren Arbeitsprodukt für die Zeit dieses Dienstes der großen Gesammtheit, also dem Nationalvermögen verloren gehe, und sagt:

. Zuvörderst ist zu beachten, daß die Armee die Sicherheit des Staates und der Gesellschaft verbürgt, daß sic, wie Moltke eben aus— sprach, der beste Schutz der Finanzen ist, daß also die Verwendung von Kräften zum Milikärdienst keineswegs eine unproduktive genanni werden kann, sofern sie über das Maß des Nothwendigen nicht hinaus— geht. Ueber dieses Maß sind nun freilich die Meinungen wesentlich verschieden, und diejenigen, welche glauben, daß das Maß üherschritten fei, find durchaus im Rechte, wenn sie nicht nur auf die Steuerlast, sondern auch auf den Ausfall an wirthschaftlichem Effekt hinweisen. In letzterer Beziehung aber ist ihr Recht diesmal ausschließlich in der Theorie begründet, denn angesichts der zur Zeit obwaltenden kon— kreten Verhältnisse hat der Hinweis nicht die geringste Bedeutung.

Lebten wir in einer Zeit wirthschaftlichen Aufschwungs, wie etwa Frankreich in den Jahren 1801 bis 18053, oder Deutschland, soweit es nicht dem Gründerschwindel verfiel, in den Jahreg 1871 bis 1873, wäre das Angebot von Arbeit größer als die Nachfrage nach Arbeit, gaͤbe es also keine unfreiwillig feiernden Hände, dann würde der Ver— lust an wirthschaftlichem Effekt, der durch jeden über die aller— nothwendigste Zahl hinaus in die Armee eingestellten Mann erwüchse, sehr schwer ins Gewicht fallen. Leider aber liegen die Dinge zur Zeit und schon seit Jahren wesentlich anders. Deutschland hat bedeutend mehr produzirt und produzirt wohl auch heute noch mehr, als es abzufetzen vermag. Unsere wirthschaftlichen Bestrebungen müssen daher noch auf längere Zeit hinaus auf die der Reichsregie⸗

rung erfreulichẽrweise warm am Herzen liegende Gewinnung vonAbsatz⸗

gebieten gerichtet sein. Noch immer durchstreifen Hunderttausende von arbeitsfähigen Männern großentheils unfreiwillig als Vagabonden das Land, während weitere Hunderttausende froh sind, wenn sie, den Jahresdurchschnitt gezogen, an drei bis vier Tagen der Woche Beschäf⸗ tigung gegen dürftigen Lohn haben Durch die Erhöhung des Friedens standes der Armee, wie sie der Gesetzentwurf in Aussicht nimmt, ent— steht also für die große Gesammtheit noch kein Ausfall an Arbeits kräften, zu deren produktiver Verwendung Gelegenheit geboten wäre. So ist es heute, und so wird es zweifellos noch auf eine Reihe von Jahren hinaus sein. Wir dürfen Gott danken, wenn bis zum Ablauf des nächsten Septennats für die dem Lande verbleibenden feiernden Hände lohnende Thätigkeit geschaffen ist. Von einem Verlust an „wicthschaftlichem Effekt‘ kann demnach angesichts der Militärvorlage gar nicht die Rede sein.

Rebus sic stantibus dürfen wir die weitere sehr kühn, viel⸗ leicht parador klingende Behauptung wagen, daß auch der finanzielle Aufwand, welcher durch den Unterhalt der mehr als seither in die Armee einzustellenden 41 135 Mann bedingt wird, für die große Ge⸗ sammtheit nicht ins Gewicht fällt. Denn um genau dieselbe Zahl wird die große Masse derjenigen vermindert, die heute vom Lande er— nährt werden müssen, ohne daß ihnen Gelegenheit gegeben werden kann, durch ihre Arbeit ein Aequivalent zu bieten. Verhungern darf keiner, auf das äußerste Existenzminimum muß ein Jeder ge— bracht werden und wird er gebracht, wäre es auch als Zucht— häusler, als Armenpflegling oder als Vagabond. Letztere Kategorie ist die allerkostspieligste, da sie, wie authentisch nachgewiesen, sich bei Einnahmen, wie sie ehrliche Arbeit erträgt, keineswegs bescheidet. Berechnet doch d' Alinge, eine Autorität in folchen Dingen, die Vaga⸗ bondensteuer, welche Beutschland noch vor einigen Jahren zahlte, auf allermindestens 120 Millionen Mark. Die Koften des Unterhalts des Soldaten gehen über das Existenzminimum nur um ein bescheidenes hinaus, sodaß also durch Einstellung einer größeren Zahl von Mann— schaften in die Armee Mehrkosten kaum erwachsen.

Nun aber ist unbestreitbar, daß für einen Ueberschuß an arbeits⸗ fähigen Männern gar nicht zweckmäßiger gelorgt werden kann, als eben durch die Einstellung in die Armee. Selbst Hr. Richter wird zugeben, daß die Vergrößerung unseres Friedensstandes unsere Streit kraft und unsere Schlagfert gkeit erhöht, sei es auch über das Maß des von ihm als nothwendig Erachteten hinaus Und daß der Durch- gang durch die nationale Waffenschule für den jungen Soldaten selbst und für die bürgerlichen Kreise, in die er demnächst zurückkehrt, die segensreichsten Früchte trägt, ist gewiß ebensowenig zu bestreiten. Der Abg. Oechelhäuser, ein Mann, der unser Erwerbsleben unter großen Gesichtspunkten erfaßt und sich eine hervorragende Stellung in dem selben errungen hat, spricht ich in dieser Beziehung wie folgt aus:

„Mit höchster Anerkennung gedenken wir der von Preußen aus— gehenden Fortbildung der unter den Fahnen stehenden Mannschaften. Es ist ein glänzendes Zeugniß für unsere Militärverwaltung, diesem wichtigen Zweige der Volkserziehung eine steigende Aufmerksamkeit gewidmet zu haben, wodurch vielen Tausenden die Lücken ihrer Schul— bildung ergänzt werden. Der Militärdienst überhaupt, wie er in Deutschland geleitet wird, ist eine Schule der Erziehung, deren großer und wohlthätiger Einfluß vielleicht nirgendwo erkennbarer hervortritt als im Arbeiterstand. Man scheide die Arbeiter eines gewerblichen Etablissements, eines Gutsbezirks u. s. w. in die „Gedienten“ und nicht Gedienten“, und man wird stets finden, wo Intelligenz, Arbeits— kraft, Pflichtgefühl und Ordnungssinn am stärksten entwickelt sind. So tragen die ungeheuren Kosten, welche der Selbständigkeit und Größe des Vaterlandes geopfert werden müssen, auch nach anderer Richtung hin wohlthätige Früchte.“

In voller Würdigung der Motive der deutschen Reichs— regierung bei der Einbringung der Militärvorlage schreibt die „iu

„Selbst die Gegner des Fürsten Bismarck in anderen Fragen müssen zugeben, daß, wenn sich Gefahren um das Deutsche Reich zusammenballen, diese weder in einer provozirenden Politik, noch in dem Mangel an umsichtiger Führung seiner Angelegenheiten ihren Grund haben. Die deutsche Politik ist seit der Gründung des Reichs eminent friedlich gewesen, während die Voraussicht, der Scharfsinn, die Unerschöpflichkeit der Hülfsmistel des Reichskanzlers von den Feinden, welche er gedemüthigt hat, nicht weniger zugestanden wird, als von dem Lande, dessen Inkeressen er nimmer rastend vertritt. Wenn das Reich daher von neuen und gräößeren Gefahren bedroht ist, so müssen sie derartig sein, daß es gegen sie keine andere Sicherung, als vermehrte Kriegsbereitschaft giebt Man versteht leicht, wes— halb die Staatsmänner Deutschlands es für nothwendig erachten, die ohnehin schon schweren Militärlasten hres Volkes zu vergrößern. Es wäre freilich ein Beispiel von mehr als menschlicher Geduld, wenn sie sich nicht die Frage vorlegten, ob es kein Mittel giebt, wo— durch sich ein friedliebendes Volk von der ungeheueren Last, stets bereit zu sein für einen Krieg auf Leben und Tod, befreien kann.

Diese aufs äußerste gespannte, schließlich Erschöpfung ver— ursachende Lage kann nicht ewig dauern. Niemand kann sagen, wie und wo der Sturm losbrechen wird, aber losbrechen muß er und wird er, wenn nicht andere Mittel gefunden werden, und das in Bälde, um Europa von dem bangen Alp zu befreien, welcher auf ihm lastet, damit die Völker ihre Kräfte aufs neue friedlichen und fortschritt— lichen Bestrebungen widmen können.“

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 5. Dezember bis inel. 11. Dezember er. zur Anmeldung gekommen: 215 GEheschließungen, 901 Lebendgeborene, 35 Todtgeborene, 610 Sterbefälle.

Die sächsische Landbevölkerung in Siebenbürgen Der Professor der Nationalökonomie an der Rechtsakademie in Hermännstadt, Dr. von Meltzl, hat es in seiner Statistik der sächsischen Landbevölkerung in Siebenbürgen“ (Hermannstadt, 1886) unternommen, die Bevölkerungs⸗, wirthschaftlichen und kulturellen Verhältniß des jenigen Theiles der Siebenbürger Sachsen darzustellen, welchen er als den „Grundstock“ des sächsischen Volkes bezeichnet: der sächsischen Bauernschaft. Er versteht hierunter die sächsische Bevölkerung derjenigen Landgemeinden Siebenbürgens, in welchen von Alters her Sachsen gewohnt haben und in welchen sie noch Heute eine evangelische Kirchengemeinde Augsburgischen Bekenntnisses bilden. Es sind 227, die nach der jetzigen Verwaltungs Bezirks- Eintheilung in 13 verschiedenen Komitaten Siebenbürgens zerstreut liegen. Die in Deutschland vielverbreitete Meinung, daß die Zahl der Sachsen in stetem Rückgange sei, wird durch die Erhebungen des Ver— fassers widerlegt. Die Gesammtzahl der sächsischen Einwohner jener 227 Landgemeinden betrug 1765: 95 209, 1883 aber 151 072 Kopfe. Die hieraus sich ergebende jährliche Durchschnittszunahme von 9,49 Yso ist zwar im Vergleich mit anderen europäischen Ländern eine schwache, aber immerhin nicht unbeträchtlich höher, als die der Gesammt— bevölkerung Ungarns und auch nicht einer Zuwanderung von außen zuzuschreiben. In jenen Landgemeinden wohnen neben den j5l G32 Sachsen ungefähr 100 009 Nichtdeutsche, und zwar so, daß in 160 Gemeinden mit zusammen 166404 Einwohnern die Deutschen 76,6 (o, in 77 Gemeinden mit zusammen 84 078 Seelen die Deutschen 6,3 o der Gesammtberölkerung ausmachen. Auch die zweite Gruppe der von Sachsen bewohnten Gemeinden hat zum größeren Theil ihren sächsischen Charakter behalten, da sich unter den Nichtdeutschen viele Ortsfremde, meist dienende Personen, befinden, und die Deutfchen überall die besitzende, meist grundbesitzende Klasse ausmachen. Die Magyaren bildeten 1880 nur 243 (6m von der Ge— sammtbevölkerung jener 227 Gemeinden; dagegen gehörten 349 9e den Romänen an, welche die überwiegende Mehrzahl jener Nicht— deutschen bilden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das allgemeine Berggesetz für die preußischen Staaten vom 21. Juni 1865 nebst Ergänzungen und Erläuterungen durch Gesetzgebung und Wissenschaft. Bearbeitet von Dr. Ludwig von Rönne, Appellationsgerichts-Vize⸗Präsident a. D. 2356 Bg. 8. R. v. Decker's Verlag. G. Schenck in Berlin. (Preis geb 4 16 50 .) Die bisher erschienenen Kommentare zu dem Allgem. Berggesetze haben den Inhalt der dasselbe erläuternden Erlasse der zustandigen Ministerialinstanzen, sowie der betreffenden veröffentlichten Entscheidungen der Gerichtshböfe, insbesondere des vormaligen Ober-Tribunals und des Reichsgerichts, nicht vollständig mitgetheilt. Da indeß jene Erlasse und Entscheidungen eine der hauptsächlichsten Quellen zum Verständniß des Gesetzes bilden, so hat die oben gedachte Bearbeitung es sich zur Aufgabe gestellt, diesem Mangel abzuhelfen, indem sie dem Gesetzes⸗ tert in systematischer Anordnung die bis in die neueste Zeit ergangenen ministeriellen Erlasse und gerichtlichen Entscheidungen anreiht. Im Anschluß hieran werden überall die Ansichten der Kommentatoren, sowie aus den Materialien des Gesetzes alle zu dessen Verständniß dienenden Erläuterungen mitgetheilt. Der Verfasser bietet mit dieser neuesten Arbeit daher nicht blos den zur Anwendung des Gesetzes berufenen Behörden und Beamten, sondern auch den Kreisen der Besitzer von Bergwerkseigenthum eine willkommene Gabe von erheblichem, prak— tischem Nutzen dar.

Städtegeschichten. Aus allen Gauen des Vater⸗ landes. Historische Erzählungen und Sittenschilderungen aus deut schen Städten. Von Dr., Karl Oppel. Mit 42 Textabbildungen und einem Titelbilde nach Zeichnungen von Konrad Ermisch und B. Mörlins. Leipzig und Berlin. Verlag und Druck von Otto Spamer. 1887. VIII und 366 S. 80. Preis geheftet 6 „, gebunden in Prachtband 7.50 „M Aus dem diesjährigen Weihnachts— katalog der Firma Spamer beiläufig bemerkt, einem reich illustrirten Prachtheft von über 60 Quartseiten auf. Velinpapier verdienen die „Städtegeschichten! für den Weihnachtstisch be— sonders hervorgehoben zu werden. Sechs deutsche Städte sind die Schauplätze für sechs kulturhistorische Erzählungen, welche sich die Aufgabe gestellt haben, alles, was der Geschichte angehört, sei es Perfon oder Ereigniß, nach zuverlässigen Quellen zu schildern, in der Darstellung aber den Ton des Zeitalters, welchem sie gilt, zu treffen. In der Wahl der Städte wie der geschichtlichen Epochen ist der Ver— fasser glücklich gewesen: Frankfurt a. M. vor hundert Jahren (1785— 1797), Augsburg in der Mitte des 15. Jahrhunderts, Hamburg in den Jahren 1684 —1686, Schweinfurt um 15395 1440, Wien zur Zeit der Pest (bis 1679) und Berlin in den Oktoberwochen 17605 bieten unter der Feder eines gewandten Erzählers Mannigfaltigkeit und Belehrung genug für den Leser. Der Verfasser erzählt gut, namentlich gelingen ihm Volksscenen. Der Hauptvorzug seiner Darstellung bleibt, bei dem Geschick, die Sprache vergangener Zeitalter nachzureden, die ge— schichtliche Treue. So hält sich auch die letzte Erzählung: ‚Ber⸗ liner Kinder“, welche in die Zeit der russischen Okkupation fällt, bis auf wenige Nebendinge, an die historisch verbürgten Vorgänge. Der gesunde Berliner Humor, der hier sprudelt, dürfte den reichshaupt— städtischen Lesern besonders behagen. Die Illustrationen sind zu loben; das Landschaftliche in diesen Bildern ist meist recht geschickt gehand— habt. Als eine ausgezeichnete Leistung der Kunstindustrie muß die in Emailmanier gehaltene Ausschmückung des Einbandes gelten: Von einem grünenden Eichbaum, welcher die Muse der Geschichte über schattet, hängen die farbenprächtigen Wappen der sechs Städte herab, das Berliner obenan; den Rücken des Bandes ziert der heraldische schwarze Adler auf Goldgrund mit Eichenlaub.

Mädchen-Philosophie auf der Hochschule des Lebens. Aus Erinnerungen der Jugendzeit in gereimter und ungereimter Briefform dargestellt von B. Schweikart und M. Hoffmann. Mit 70 Kopfleisten und Schlußvignetten, sowie 7 ganzseitigen Extra⸗ bildern. Leipzig. Verlag und Druck von Otto Spamer. 1887. VIII u. 197 S. gr. 8 0. Preis geheftet 3 „M, elegant gebunden 4, 50 S Der Titel macht neugierig. Zwei Damen schreiben einfach als junge Mädchen für junge Mädchen, die bei ihrem Austritt aus Schule oder Pensionat ihre noch kindlichen Anschauungen als wahre Weisheit naiv zur Geltung bringen wollen, bis sie auf der Hochschule des Lebens fort— schreitend es lernen, daß die Philosophie des Weibes einzig im Herzen und nicht im Kopfe ihren Sitz hat. Indem diese 42 „Briefe von Hertha und Walli“ die verschiedensten Situationen, in welche der gesellschaftliche Verkehr junge Mädchen bringen kann, mit jener dem Frauenherzen so wohl anstehenden Wärme und Schaltheit erfassen und zur Darstellung bringen, werden sie dankbare Leserinnen finden. Denn gewiß alle wird ihr heiterer Ton angenehm unterhalten; die jungen unter ihnen werden aber zugleich aus diesen Briefen lernen; diejenigen, welche die Jugend hinter sich haben, die eigene Erinnerung in der fremden spiegeln können. Die beigegebenen Bilder fixiren geschickt den Moment und erfüllen ihren Zweck. Die Ausstattung ist ansprechend.

Le Galyralre l par Gettde irbegn n, m Ollendorff. 6diteur, 22 bis rue de Richelieu. 1887, 3 Ers. 50 C.) Der energielose Notar Mintis verliert durch leidenschaftliche Liebe zu einer verworfenen Prostituirten sein Vermögen und seine Ehre; er will seine Schmach dadurch büßen, daß er offen darlegt, wie er von Stufe zu Stufe gesunken ist: das ist der Inhalt dieses Romans, und dadurch erklärt sich auch der Titel, aus dem der Leser, der das Buch zur Hand nimmt, leicht auf eine fromme, sittliche Tendenz schließen könnte. Er würde aber sehr enttäuscht werden, wenn ihn Hr. Mirbeau in das unsittlichste Treiben der Pariser Gesellschaft einführt und ihn wdiese Mysterien mit einer an Zola erinnernden Rücksichtslosigkeit inweibt. Der Verfasser stellt noch eine Fortsetzung des Buchs in Ausficht La Rédemption)R, man muß deshalb mit dem Urtheil über Le Calvairer bis nach dem Erscheinen des zweiten Theils zurück halten, in welchem hoffentlich die Disharmonien des ersten eine be⸗ friedigende Lösung finden werden. Was aber uns Deutschen in „Le Calvaire, ein besonderes Interesse erweckt, das sind die Bilder aus dem Feldzuge 1870 71, an den Mintié in einem im September 1870 in Le Mans gebildeten neuen Regiment theilgenommen hat (S. 42 89). Mit derselben Offenheit, wie später die Pariser Lasterhaftigkeit, ent⸗ hüllt der Verfasser hier die kaum glaublichen Mängel der damaligen französischen Armeeorganisation und Leitung, die Brutalitäten, die die Soldaten gegen ihre eigenen Landsleute verübten und die man den Prussiens in Rechnung stellte, fowie den traurigen moralischen Zustand, wenigstens des betreffenden Theils der Armee, der keinen sehnlicheren Wunsch hatte, als von den Prussiens gefangen, um dem Kampfe für das Vaterland überhoben zu werden. Desto wohlthuenden berührt es, daß der Verfasser sich über die Prussiens, selbstoerständlich zurückhaltend, aber doch immer mit Achtung äußert.

Der Feier des 50. Geburtstages (13. Dezember) des Münchener Porträtmalers Franz von Lenbach hat die ‚Kunst für Alle“ lherausgegehen von Fr. Pecht, München, Verlagsanstalt Bruckmann) ihr neuestes Heft (65) ausschließlich gewidmet und bringt darin zu einem längeren, mit Lehnbachs neuestem Porträt geschmückten Aufsatz Pecht's über den Jubilar als beredtestes Zeugniß für seine Verdienste Reproduktionen von 10 seiner vollendetsten Werke. In bunter Reihe finden wir darunter den Charakterkopf des greisen Feldmarschalls Grafen Moltke, die Königin Margaritha von Italien, den Humoristen Wilhelm Busch, die wundervollen Züge der Gräfin Görz⸗-Schlitz (diese sämmtlich als Vollbilder), Papst Leo XIII., Minister Minghetti, Bischof von Stroßmayer, Gladstone und Döllinger u. v. a. über— genug, um das Heft nicht nur dem Künstler, sondern auch jedem Laien überaus interessant zu machen. Dasselbe bringt des weiteren noch einen Aufsatz über den grandiosen Monumental-Friedhof in Mailand, und den Schluß der Weihnachts-Bücherschau, zu letzterer u. a. illu⸗ strativ auch einen prachtvollen Frauenkopf von Professor Karl Becker (Berlin) aus der ‚Berliner Bunten Mappe?. Preis der Num⸗ mee g.

Von dem Verein Deutscher Eisen⸗ und Stahl⸗ industrieller wird ein „Musterbuch für Eisenkonstruk⸗ tionen“ herausgegeben, bearbeitet von C. Scharowsky, Ciril- ingenieur in Berlin, in zwei vollständig getrennten, auch sachlich