— Das „Marine⸗Ver.⸗Bl.“ veröffentlicht folgende Nach⸗ richten über Schiffs bewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nach dem Orte Abgang von dort) S. M. Kreuzer „Adler“ 25. 9. Cooktown 3/10. (Poststation: Sydney Australien !) — S. M. Kreuzer „Albatroß“ 15. 0. Avia. (Poststation: Sydney [Australien ) S. M. S. „Arcona“ Danzig 12.12. 14/12. Kiel. (Post⸗ station: Kiel.. — S. M. Knbt. „Cyclop“ 6.19. Kamerun 8. 12. — 10/12. Gaboon 14. 12. Poststation: Kamerun.) — S. M. S. „Friedrich Carl“ 8.9. Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven. — S. M. Kreuzer „Habicht“ 23.19. Georgetown Ascensions = 25. 10. — 12. 11. Kamerun. (Poststation: Kame⸗ run.) — S. M. S. „Hansa“ 24/9. Kiel. (Poststation: Kiel) — S. M. Knbt. „Hyäne“ 10.11. Sansibar. (Poststation: San⸗ sibar. — S. M. Fahrzeug „Loreley“ 15.11. Malta. — Letzte Nachricht von dort 6.12. (Poststation: Mata) — S. M. S. „Luise“ 8. 12. St. Thoms (Insel) 9. 12. (Poststation: St. Vincent Cap Verdes) — S. M. Kreuzer „Möwe“ 16.11. Sansibar. (Poststation: Sansibar) — S. M. Panzerfahrzeug „Mücke“ 28.7. Wilhelmshaven. sPoststation: Wilhelmshaven.) S. M. Kreuzer „Nautilus“ 26. 11. Kobe 56. 12. (Poststation: Hongkong.) — S. M. S. „Nixe“ 30. 1]. Barbados 15. 12. (Poststation: St. Thomas Westindien))] — S. M. S. „Oldenburg“ 25.9. Kiel. (Poststation: Kiel.) — S. M. Transport-Fahrzeug „Rhein“ 9/8 Kiel. (Poststation: Kiel.) — S. M. S. „Sachsen“ 25. /9. Kiel. (Poststation: Kiel.“ —
M. S. „Sophie“ 29.11.
ö Adn 1.12. — 11.12 Sansibar. (Poststation: Sansibar. — S. M. Knbt. „Wolf“ 13.11. Hongkong. — 14.12. Canton. (Poststation: Hongkong.) — S. M. Torpedoboot „N. 1“ 20G. 11. Kiel. — S. M. Torpedoboot „Vorwärts“ im September Kiel. (Post⸗ station: Kiel. — Schulgeschwader: S. M. Schiffe „Stein“ (Flaggschiff, „Moltke“, „Prinz Adalbert“ 27.11. St. Vin— cent Cap Verdes] 6.12. (Poststation; St. Thomas West⸗ indien!) — Kreuzergeschwader: S. M. Schiffe „Bismarck“ (Flaggschiff, „Carola“,6, „Olga“ 30.9. Chefoo. 14.12. Sansibar. (Poststation: Sansibar.)
Württemberg. Stuttgart, 15. Dezember. (Allg. Itg Den Ständen ist heute ein Gesetzentwurf zugegangen, i welchem die Regierung die Aufnahme eines neuen Eisen bahnanlehens im Betrage von 2 760 000 66 beantragt. Von dieser Summe sollen 1 900 000 (66 zur vollständigen Herstellung der Bahnlinien Bietigheim — Hessenthal, Heilhronn — Eppingen und Freudenstadt — Schiltach, sowie zur Herstellung einer Zweig— bahn von Schiltach nach Schramberg, 1 310 900466 für Erweiterun— gen und Verbesserungen an den in Betrieb befindlichen Bahn linien und 450 000 S6 für Vermehrung des Betriebsmaterials der Staatsbahnen verwendet werden. Für den Bau der Zweigbahn Schiltach — Schramberg istzein Betrag von 190000 46 aus Restmitteln bestimmt. — Nachdem die Zweite Kammer die beiden Kirchengesetzentwürfe durchberathen hat, wird sich der Landtag morgen, spätestens übermorgen, vertagen, um voraussichtlich erst im Februar nächsten Jahres wieder zu— sammenzutreten.
Braunschweig. Braunschweig, 1s. Dezember. (Hann. Cour.) Die verwittwete Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin ist heute von hier abgereist. — Heute fand eine große Hoftafel statt, zu welcher 130 Ein— ladungen, auch an sämmtliche Mitglieder der versammelten Landessynode ergangen waren.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 14. Dezember. (Hann. Cour.) Zu dem Staatshaushalts— Etat auf die Finanzperiode 1887/89 hat der Finanz— ausschuß nunmehr Bericht an den Landtag er⸗ stattet. Die innere Finanzlage wird als befriedigend aner— kannt. Bezüglich des Reichs-Etats pro 1887/88 ist der Finanzausschuß damit einverstanden, daß das Mehr— erforderniß von 161 000 66 aus den verfüglichen Kassenbestän— den entnommen werde; daneben stellt er aber noch folgenden Antrag: „Der Landtag wolle beschließen: Die Herzogliche Staatsregierung wird ersucht, eine Gestallung bes Reichs— haushalts in der Richtung zu erstrehen, daß eine Mehrbelastung der Staatskassen der Einzelstaaten für die Zwecke des Reichs vermieden und eine Vermehrung der Reichs-Einnahmen, soweit sie unabweisbar ist, durch bessere Ausnutzung der dem Reich überwiesenen Einnahmen erzielt wird.“
— 15 Dezember. (H. C.) Der Landtag ist gestern schon bei Beginn der Etatsberathung über den Antrag des Finanz— ausschusses, die bessere Ausnutzung der dem Reich überwiesener Einnahmen betr., schlüssig geworden. Der Antrag wurde von den Deutschfreisinnigen bekämpft, von den Konseryativen und Nationalliberalen befürwortet. Nachdem Staats-Minister von Giseke sich mit dem Antrage einverstanden, denselben für zeitgemäß erklärt und hervorgehoben hatte, daß im Reichstage eine Koalition gegen die in dem Antrag befür— worteten Bestrebungen bestehe, daß es im Hinblick auf die letzte Kaiserliche Thronrede angezeigt erscheine, dieser Koalition aus der Mitte der Bevölkerung heraus entgegen zutreten, und daß die Stimme einer so hochansehnlichen Ver— sammlung wie der meiningische Landtag sicher von großer Bedeutung sein werde, wurde in namentlicher Abstimmung der Antrag mit 15 gegen 9 Stimmen angenommen.
2 n
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 169. Dezeniber. (Wn. Abdp.) Heute waren abermals mehrere Landtage, darunter die— jenigen von Böhmen, Mähren und Galizien, versammelt. Im Laufe der nächsten Woche werden die genannten Körperschaften, des Weihnachtsfestes halber, ihre Verhandlungen unterbrechen, um dieselben nach Neujahr wieder aufzunehmen.
Rt, 17. Tesemher (R T. B) Im Unterhguse beantragte heute bei der Berathung eines Nachtragskredits für die Erweiterung des Dienstgebäudes des Han— dels-Ministeriums der Abg. Envedy Namens der äußersten Linken: „den Nachtragskredit abzulehnen und die Mißbilligung des Hauses über das ungesetzliche, eigenmächtige Vorgehen des Handels-Ministers auszusprechen.!“ Bei der namentlichen Abstimmung wurde der Nachtragskredit jedoch mit überwiegender Majorität angenommen und das Tadel s— votum mit 129 gegen 85 Stimmen abgelehnt. Agram, 16. Dezember. (Wn. Ztg. In der heutigen Sitzung des Landtages wurde der Gesetzentwurf, be— treffend die Deckung des Budgets, acceptirt. Mazzura beantragte: die Regierung anzuweisen, eine Gesetzes vorlage
zum Schutz der Preßfreiheit einzubringen, und ferner: der , möge aussprechen, daß er einen Eingriff der executiven Gewalt in die richterliche Unabhängigkeit verurtheile. Beide!
Anträge wurden jedoch abgelehnt. Ein Antrag Smitschiklas' auf Untersuchung der Archive und der Archivalien⸗Frage wurde in der Abendsitzung nach längerer Debatte ebenfalls abgelehnt.
Frankreich. Paris, 15. Dezember. (Fr. C.) Der „Temps“ schließt einen Artikel über die gestrige Kammersitzung wie folgt: „Dieser erste Tag war also ein guter Tag für das Ministerium, nicht nur wegen des fast einmüthigen Votums der Kammer, sondern ob der vollständigen Ohnmacht, zu der seine Gegner auf der Rechten und der äußersten Linken verurtheilt schienen, und namentlich wegen des noch einmal gelieferten praktischen Be⸗ weises, daß das einzig feste Gebiet, um eine Politik darauf zu bauen, dasjenige ist, welches es zu unterscheiden verstanden und wo es sich fest niedergelassen hat. Es halte sich und arbeite auf demselben, und wir werden vielleicht im Laufe seiner Geschicke sehen, daß es alle die schlimmen Prophezeiungen, die an seiner Wiege angehäuft wurden, zu Schanden macht.“
— 16. Dezember. (Köln. Ztg.) Aus zuverlässiger Quelle verlautet, daß General Boulanger in der That bei Bildung des neuen Ministeriums seinen Eintritt in dasselbe an die ausdrückliche Bedingung geknüpft hat, daß ihm ein Kredit von 360 Millionen Franes für militärische Ausrüstungszwecke bewilligt werde. Das Ministerium Goblet hat diese Bedingung einstimmig angenommen. Demgemäß wird die Kreditvorlage in dieser Höhe die Kammer gleich nach Neujahr beschäftigen und trotz der schlechten Finanz⸗ lage auch gewiß angenommen werden. — Der Staatsrath bestätigte heute endgültig die Annahme der von dem Her zog von Aumale dem Institut von Frankreich ge— machten Schenkung des Gutes Chantilly mit Sammlungen und Mobiliargegenständen. Der Geldwerth der Sammlungen und des Mobiliars wurde auf 8344 000 Fr. festgesetzt.
— 15. Dezember. (Köln. Ztg.) Die 11 Mitglieder der Kammer, welche gestern gegen die zwei Zwölftel stimmten, gehören zur äußersten Linken. Die Rechte rechtfertigte ihre Zustimmung mit der Erklärung, daß sie dieselben nicht der Regierung, sondern dem Lande hewillige, bessen öffentlicher Dienst nicht eingestellt werhen könne. Der wahre Grund ihrer Bereitwilligkeit ist aber in dem Umstande zu suchen, daß sie auf eine Auflösung der Kammer hinarbeitet; deshalb will sie den öffentlichen Dienst in Frankreich zum min— desten für zwei Monate sicherstellen. — Da der Finanz— Ausschuß des Senats die Herabsetzung der Zinsen für die Spzarkassen nicht genehmigt hat, so wird der betreffende Gesetzentwurf wahrscheinlich an die Kammer zurückgehen und dort zur nochmaligen Berathung kommen.
Italien. Rom, 14. Dezember. (Köln. Ztg.) Der Kronprinz wird nach Ablegung der Offizierprüfung eine dreimonatliche Reise nach dem Drient antreten. — Der Gesetzentwurf zur Umbildung der Ministerien, welcher in den Ausschüssen auf lebhaften Widerspruch stößt, wird einige kleine Abänderungen erfahren. Hr. Depreris wird aber an dessen Annahme die Kabinetsfrage knüpfen, und man zweifelt nicht daran, daß derselbe im Plenum an— genommen wird. Der Minister-Präsident wird in nächster Woche die provisorische Verwaltung auf zwei Monate bean— tragen, und dann soll die Kammer bis Mitte Januar vertagt werden.
Amerika. Washington, 17. Dezember. (W. T. B.) Der Senat nahm heute eine Bill an, nach welcher Trade⸗ Dollars im Betrage bis zu 1 Million Dollars monatlich bis zum 1. Juli 1887 gegen Standard-Dollars um⸗ getauscht und in Standard Dollars umgeprägt werden sollen. Diese umgewechselten Trade-Dollars sollen wie Barren behandelt und bei den Ankäufen von Barren durch das Schatz⸗ amt, wie solche durch die sogenannte Standard-Coinage-Bill angeordnet sind, ein entsprechender Abzug gemacht werden
Zeitungsstimmen.
h der Nord de nrschen Allgemeinen Zeitung!“ lesen wir:
Im Lande fängt man an, gegenüber dem zweifelhaften Verhalten Stellung zu nehmen, welches verschiedene Parteien gegenüber der Militärvorlage von vornherein beobachteten
In Bromberg beschloß nach einem Vortrage des Prof. Contzen der konservative Verein, den Reichstagsabgeordneten für den dortigen Wahlkreis, Ober-Verwaltungsgerichts-Rath Hahn, zu bitten, dem Reichstage die Ueberzeugung der weitaus größten Mehrheit der Be— wohner unserer östlichen Grenzlande zur Kenntuiß zu bringen,
daß es dringend geboten erscheint, die im Interesse der nationalen
Sicherheit und volkswirthschaftlichen Wohlfahrt des Deutschen
Reichs Seitens der Reichsregierung eingebrachte Militärvorlage
je eher desto besser anzunehmen, da es sich hierbei um keine poli—
tische Parteifrage, sondern um eine allgemeine Volkssache handelt . . .
Aus Halle wird uns ein an die Wähler des „deutschfreisinnigen“ Hrn. Dr. Alexander Meyer gerichtetes Inserat eingeschickt, durch welches eine Anzahl Mitbürger an jene Wähler das Ersuchen richten,
angesichts der bedrohlichen Zeitlage durch eine patriotische Kund—
gebung genannten, von ihnen erwählten Herrn Abgeordneten zu bitten, dem in Berathung stehenden Heeresgesetze seine Zustimmung geben zu wollen.
Das Blatt, in welchem das Inserat erschien, gehört keineswegs zu den gouvernementalen Organen, sondern pflegt wegen seiner strikt oppositionellen Haltung bei den ‚„deutschfreisinnigen“ Blättern sich einer besondern Beachtung zu erfreuen.
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In Dresden beschloß eine vom konservativen Verein einberufene Versammlung unverzüglich nachstehende Petition an den Reichstag zu richten:
„Die Thronrede, mit welcher die jetzige Sessien des Deutschen Reichstages eröffnet worden ist, bezeichnet in ihren Anfangsworten als die wichtigste Aufgabe, welche den Reichstag beschäftigen würde, die Mitwirkung bei der ferneren Sicherstellung der Wehrkraft des Reichs. In allen Kreisen, in denen man die hohe Wichtigkeit der bezüglichen Vorlage anerkennt und mit den verbündeten Regierungen darüber einverstanden ist, daß die beste Gewähr für den Schutz des Frirdens eine starke und schlaͤgfertige Armee bietet, hat man in Rück— sicht auf die gesammte politische Lage und insonderheit im Hinblick auf die gesteigerte militärische Organisation und Entwickelung unserer Nachbarstaaten im Osten und Westen es für durchaus gerechtfertigt und wünschenswerth gehalten, daß die in Aussicht genommene Erhöhung der Präsenzstärke des Heeres mit thunlichster Beschleunigung und wenn irgend möglich noch im Laufe dieses Jahres im Reichstage zur Annahme gelange. Obwohl die finanziellen Gesichts—⸗ punkte der Militärvorlage nicht zu unterschätzen sind, müssen doch in kritischen Zeiten, wie die gegenwärtigen, finanzielle Bedenken entschieden zurückstehen, wenn es das allgemeine Wohl und die Ehre unseres deutschen Vaterlandes erheischt. Das deutsche Volk hofft und wünischt in seiner Gesammtheit, daß die Nothwendigkeit dieser im Interes:e unserer nationalen Sicherheit unabweislichen, durch die berechtigtsten Autoritäten nachgewiesenen Forderung, den Intentionen der Kaiserlichen Thronrede ent=
—
sprechend, auch von seinen Vertretern im Deutschen Reichstage mit voller Entschiedenheit anerkannt werden möge. Wir richten daher um so dringender, da Gefahr im Verzuge ist, an den hohen Deutschen Reichstag das Ersuchen, die Gesetzesvorlage der verbündeten Re— gierungen, betreffend den Friedenspräsenzstand des deutschen Heeres, mit thunlichster Beschleunigung zur Erledigung zu bringen.“
In der „deutschfreisinnigen „Dresdener Zeitung“ ver⸗ öffentlicht ferner das der „deutschfreisinnigen 1Partei angehörige Mitglied des sächsischen Landtages, Rechtsanwalt Schreck, folgende Erklärung:
„Die in jüngster Zeit bezüglich der an den Reichstag gebrachten Militärvorlage in Ihrem geschätzten Blatte erschienenen Leitartikel haben die volle Zustimmung vieler hiesiger Mitglieder der deutsch— freisinnigen Partel. Wenn ein solcher Mann, wie der Feldmarschall Graf Moltke, im Reichstage bei der Befürwortung der Militär⸗ vorlage Erklärungen abgiebt, wie die jüngst gehörten, so ist sich der⸗ selbe gewiß der ungeheuren Verantwortlichkeit, welche er hierdurch übernommen hat, vollständig bewußt gewesen. Graf Moltke hat es nicht verdient, daß man in seine Worte Zweisel setzt. Die jetzige politische Situation ist sonach klar. — Andererseits ist es nahezu kindlich, zei einer politischen Lage, wie die jetzige, von der Reichs— regierung in der betreffenden Kommission noch weitergehende Mit— theilungen, etwa gar über föderative Abmachungen der Mächte, zu beanspruchen. Derartige Mittheilungen ohne genügenden Schutz gegen deren Verbreitung wären nahezu Landesverrath. Bei der jetzigen, nach dem Obigen vorliegenden, politischen Lage ist eine weitere Beanstan⸗ dung der Genehmigung der Militärvorlage offenbar unpatriotisch, und ich verwahre mich, im Einverständniß mit mehreren meiner politischen Freunde, ausdrücklich hiermit dagegen, daß die Haltung einzelner Mit— glieder der deutschfreisinnigen Partei in der gedachten Kommission als der Ausdruck der Gesinnungen der Gesammtheit dieser Partei an— gesehen werde.“
— Man schreibt der „Frankfurter Zeitung“ über die deutsche Wirkwaaren-Industrie:
„In den meisten Geschäftsbranchen unserer großen Wirkwaaren— Industrie herrscht bis jetzt eine Lebhaftigkeit, wie wir solche nur in den besten Jahren wirthschaftlichen Aufschwunges kennen gelernt haben. In allen Distrikten, wo diese große Industrie ihren Sitz hat, waren die in derselben beschäftigten Arbeitskräfte in den letzten Monaten in voller Thätigkeit, und oft genug wurde mit Ueberstunden gearbeitet, um die vorliegenden Ordres pünktlich auf den Weg bringen zu können. Wenn von vielen Seiten Preissteigerung der Garne als Hauptmotiy für die Aufbesserung der Lage in der Wirkwaaren-Industrie bezeichnet wird, so ist die günstige Situation doch nicht ausschließlich auf diese Thatsache zurückzuführen, in erster Reihe ist es jedenfalls der ge—⸗ steigerte Konsum und zwar hauptsächlich derjenige des Exports, welcher anhaltend Beschäftigung den Fabriken zukommen ließ. Die Ausfuhrliste des amerikanischen Konsulats in Chemnitz beziffert den Mehrbetrag des Chemnitzer Exports nach den Vereinigten Staaten im letzten Fiskaljahr im Vergleich zum vorjährigen auf 1 800 847 Doll. Dieses Plus ist zum großen Theil der Mehrausfuhr von Wirkwaaren zu— zuschreiben. In demselben Verhältniß sind die Ausfuhrziffern anderer Distrikte gestiegen. Neben Nord-Amerika hat sich diesmal Süd⸗ Amerika aufnahmefähiger gezeigt als sonst. Die Donau-Fürstenthümer wie überhaupt der ganze Orient haben mehr bezogen als in früheren Jahren, nach Spanien und Italien und nach England dürfte der Export zugenommen haben; wenn in einzelnen anderen Ländern der Export etwas zurückgegangen ist, theilweise veranlaßt durch die in den betreffenden Ländern selbst erstarkende Industrie, so ist dieser Einfluß bis jetzt doch noch auf das Gesammtresultat kaum von nennenswerther Bedeutung gewesen. Die Ausdehnung, welche der Trikotartikel im Allgemeinen genommen, hat die Wirkwaarenbranche in ganz hervorragender Weise in Anspruch genommen: nicht allein durch direkte Aufträge, sondern auch dadurch, daß überflüssige Arbeits— krifte, die bisher in veniger bevorzugten Geschäftszweigen Beschäftigung fanden, hier leichtes Unterkommen hatten. In Berlin waren die Fantasiewaarenbranche, die Trikotwaarenfabrikation während der ganzen Saison in voller Thätigkeit. In Chemnitz hat die Strumpfwaarenfabrikation eine erfreuliche Wendung genommen, die nunmehr beendete Wintersaison versetzte die Fabrik in volle Thä⸗ tigkeit, ein Fall, der seit vielen Jahren nicht dagewesen ist, die Aus⸗ sichten für die kommende Saison sind die denkbar günstigsten, bereits sind neue Ordres von ziemlichem Umfange ertheilt worden. Diese Tendenz wird auch ferner anhalten, wenn die Fabrikanten aus den vorangegangenen Jahren tiefer Depression die Lehre gezogen haben, daß Ueberproduktion resp. ungleichmäßige Vertheilung der Erzeugung der größte Feind des normalen Geschäfts ist. Nur die Handschuh— fahrikation bleibt noch immer von den Segnungen eines guten Ge— schäftsganges ausgeschlossen. Es mangelt in dieser Branche viel weniger an Beschäftigung, als die durch große Produktion und große Konkurrenz veranlaßte Ueberproduktion, das Bestreben nach Erlangung großer Aufträge, um die Fabrik in Thätigkeit zu erhalten, das Preisrendement auf das niedrigste Niveau zurückgedrängt haben. Viele Handschuhfabrikanten sind zu der Fabrikation von Trikotstoffen übergegangen und finden hierin lohnendere und reichlichere Beschäf— tigung. Die Mittheilungen, die uns aus der thüringischen und schle—⸗ sischen Wirkwaaren-Industrie in beiden Distrikten ist sie reichlich vertreten und beschäftigt viele tausend Arbeitskräfte — zugehen, wissen sämmtlich von Entfaltung lebhaftester Thätigkeit, von reichlich vor— liegenden resp. vorgelegenen Ordres zu berichten.“
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 51. — Inhalt: Konsulatwesen: Ernennungen. — Bestellung eines Konsular-Agenten. — Entlassung. — Ermächtigung zur Vornahme von Civilstandsakten. Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende November 1886. — Finanzwesen: Nachweisung über Einnahmen des Reichs vom 1. April bis Ende November 1886. — Zoll- und Steuerwesen: Ab— fertigung der unter die Tarifposition 227 f. fallenden Fußdecken. — Anwendung der Tarifnummer 3 des Reichsstempelgesetzes auf Kirchen und Schulgemeinden. — Stempelfreiheit der Loose von Lot— terien zu mildthätigen Zwecken. — Stempelfreiheit von Obligationen im Falle der Konverlirung. — Zollabfertigung von Baumwollengarn, Leinengarn und Leinenwaaren. — Post- und Telegraphenwesen: Er— scheinen einer Post- und Eisenbahnkarte des Deutschen Reichs. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Marinen Verordnungs- Blatt,. . Friedens⸗Geldverpflegungs⸗-Reglement. — Ausrüstung S. M. Schiffe mit Karten. — Berichtigung von Dienstvorschriften ꝛc. — Befesti⸗ gungen an der unteren Weser. Schiffsbücherkisten. — Personal— veränderungen. — Benachrichtigungen.
Justiz⸗Ministerial⸗ Blatt. Nr. 47. — Inhalt: Erkenntniß des Reichsgerichts vom 15. April 1886. (Verstempelung von Briefen als kaufmännischen Dispositionsscheinen.)
Centralblatt für die gesammte Unterrichts-Ver⸗ waltung in Preußen. November⸗Dezember-Heft, Inhalt: Ministerium der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten. — Die zweite Aus— gabe der „Amtlichen Nachrichten über das Preußische Staatsschuld— buch“ betreffend. — Infseratenwesen beim ‚Reichs- und Staats-An⸗ zeiger“. — Vorschriften über die Ausbildung und Prüfung für den Staatsdienst im Baufache. — Uebernahme der Wohnungsgeldzuschüsse für die etatsmäßig angestellten, als Hülfsarbeiter zu einer, anderen Behörde einberufenen Beamten auf den Hülfsarbeiterfonds dieser Be— hörde. — Friedrich⸗Wilhelm-Stiftung für Marienbad. — Ver⸗ leihung goldener Medaillen für Kunst und Wissenschaft, und Zuerkennung „der ehrenvollen Erwähnung“ aus Anlaß der akademi⸗ schen Jubiläums⸗-Kunstausstellung zu Berlin im Jahre 1885. — Stipendienfonds für Studirende und für Schüler höherer Lehr— anstalten. — Verleihung der Mendelssohn-Bartholdy⸗Staatsstipendien für Mufiker. — Preisausschreiben bei der Dr. Adolf Menzel-Stistung für Maler und Bildhauer, — Verfahren bei der Ausstellung, von
Zeugnissen über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig⸗ freiwilligen Militärdienst. —
Verpflichtung der mit pensionsberech⸗ *
nigten Besoldungen angestellten Schuldiener an den staatlichen böheren Lehranstalten zur Entrichtung der Wittwen- und Waisengeldbeiträge. Aufnahme von Büchern in die Schülerbibliotheken der höheren Schulen. — Sechswöchentliche Seminarkurse für evangelische Kan⸗ riaten der Theologie. — Befähigungszeugnisse aus der Prüfung für Vorsteher an Taubstummen⸗Anstalten. — Zahlung des Antritts geldes zur Elementarlehrer⸗Wittwen⸗ und Waisenkasse. — Die von Volksschullehrern nach bestandener Lehrerprüfung als Hülfs— sehrer (Unterlehrer, Gehülfen) an öffentlichen Volksschulen zugebrachte zeit ist denselben bei der Pensionirung als Dienstzeit anzurechnen. — Brundsätze für Anstellung, Beförderung und Einkemmensverbesserung der Lehrer an mehrklassigen Schulen. Zuständigkeit zur Entscheidung über das Aufrücken der Lehrer in höhere Gehaltsstufen. — Fest— stellung des der Berechnung der Pension eines Volksschullehrers zum Grunde zu legenden Diensteinkommens in dem vormaligen Herzog thum Nassau. — Bei Festsetzung der Pension von Lehrern und Lehrerinnen an öffentlichen Volksschulen sind nur die nach Vorschrift der Cirkular-Erlasse vom 18. Juni 1873 und 9. Juli 1874 gezahlten staatlichen Dienstalterszulagen in Anrechnung zu bringen. — Bei der Verechnung der pensionssähigen Dienstzeit eines Volksschullehrers fommt auch diejenige Zeit in Anrechnung, während welcher ein mit einem neu erworbenen Landestheile übernommener Lehrer in einem anderen Theile des Landes, welchem seine Heimath vor der Vereinigung mit Preußen angehört hat, im öffentlichen Schuldienste oder im unmittelbaren Dienste der damaligen Landes Rerrschaft sich befunden hat. — Abhaltung eines Kursus zur Aus— bildung von Turnlehrerinnen im Jahre 1887. Eigenthumsrechte an Vermögensstücken vereinigter Schul- und Küsterstellen. — Personal⸗ chronik.
Landtags⸗Angelegenheiten. Der Geheime Regierungs-Rath Dr. Francke, Bürgermeister von Stralsund und Vertreter dieser Stadt im Herrenhause, ist am 15. d. M. gestorben.
Statistische Nachrichten.
Die „Mitth. der Gr. hess. Centralst. f. d. Landesst.! vVer= öffentlichen die Ergebnisse der Volkszählung vom 1. De⸗ zember 1885 im Großherzogthum Hessen. Darnach wurden auf einem Flächeninhalt von 7681,63 dkm 135709 bewohnte und 2h76 unbewohnte Wohnhäuser, 289 hauptsächlich nicht zum Wohnen bestimmte Gebäude und 271 sonstige Wohnbaulichkeiten (Hütten, Zelte, Wagen, Schiffe u. dgl.), zusammen 139 245 Gebäude mit MWM I9g0 Haushaltungen (inkl. 14 375 einzeln lebenden selbständigen Personen und 670 Anstalten) gezählt mit einer ortsanwesenden Be⸗ völkerung von 473 724 männlichen und 487 849 weiblichen, zusammen ghö6 573 Personen (inkl. 14988 aktiven Militärs). Die Zunahme der Bevölkerung seit dem 1. Dezember 1880 betrug 8877 m. und 11426 w., zuf. 20 233 Personen (2,16 G. Auf die einzelnen Provinzen vertheilen sich die Haushaltungen D, öfteren
85 105 402 378 (4 1,98 G) Oberhessen 45 461 55 205 263 044 (— 0,59 os⸗ Rheinhessen .. 41768 62 680 291 151 (4 5b, ob υάφν6. In der Provinz Starkenburg hat die Bevölkerung in den Kreisen Offenbach um 7,19, Darmstadt 4,20, Groß⸗Gerau 445 90 zur, Frbach um 7,72, Dieburg 1,72 , abgenommen. In Oberhessen ist in allen Kreifen eine Abnahme der Bevölkerung zu konstatiren, mit Ausnahme von Gießen (4 2.831). In Rheinhessen hat in allen Kreifen eine Vermehrung der Einwohnerzahl stattgefunden, in Worms bis 6,83 C, in Mainz bis 7,63 Goo. .
Von der Bevölkerung waren 888 125 Hessen und 65,168. An— gehörige anderer Staaten des Deutschen Reichs, 964 Desterreicher, 79 Schweizer. 301 Engländer, 196 Russen, 182 Niederländer, lol Italiener, 119 Franzosen, 85 Belgier, 76 Ungarn, 38 Spanier, 30 Dänen, 17 Tuxemburger, 12 Schweden, 8 Norweger, 7 Rumänen, 3 Türken, 1 Portugiese; ferner 450 Amerikaner aus den Vereinigten
3
3 Afrikaner, 1 Australier und 13 un⸗
Gebäude Starkenburg 52 025
und 55 aus anderen Staaten, bekannter Stagtsangehörigkeit.
An Wohnplätzen mit mindestens 2000 Einwohnern waren 73 vorhanden, darunter Darmstadt mit 42794 Einw. (4 1920), Offen⸗ bach 31 578 (4 3079), Gießen 18 836 (4 1981), Mainz 65 852 (4 4947) und Worms 21 835 (4 28534). Die stärkste Abnahme der Bevölkerungszahl in diesen Ortschaften (100 oder 22 G) zeigt Beer— felden (2487 Einw.) im Kreise Erbach, Pr. Starkenburg.
Kunsft, Wissenschaft und Literatur.
Einführung in die antike Kunst. Ein methodischer Leitfaden für höhere Lehranstalten und zum Selbstunterricht von Pr. Rudolph Menge. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage mit 34 Bildertafeln in Folio. Leipzig 1385. Verlag von E. A. Seemann. kl 8. S. XII. und 256. Der Verfasser, Lehrer am Gymnasium zu Eisenach, bezweckt mit diesem auf wissenschaftlicher Grundlage beruhendem Buche eine methodische Einführung in die alte Kunst durch der richtigen Weg, daß der Schüler mit einer mäßigen erhaltener, leicht verftändlicher und interessanter antiker Kunstwerke bekannt, ge— macht werde. Um zugleich den historischen Sinn zu, nähren und den Geschichtsunterricht zu fördern, sind nach der Zeit ihrer Ent— stehung geordnete Abbildungen dieser Kunstwerke in einem besonderen Bilderatlas beigegeben, welche auf 34 Tafeln sehr sauber und scharf ausgeführter Nachbildungen angebracht sind. Diese sind theils den bekannten „Kunsthistorischen Bilderbogen“ des Seemann 'schen kunstbe—= rühmten Verlages entlehnt, theils neu, und zwar in den meisten Fällen nach Photographien angefertigt worden. Da es sich nicht nur um eine vollständige
gewiß Anzahl gut
antike Kunftgeschichte, sondern nur um eine methodische Einführung in die Kunst handelt, so dursten blos diejenigen Völker berücksichtigt werden, deren Kunsterzeugnisse diesem Zweck am besten dienen. Für die vor— liegende zweite Auflage ist dadurch eine Erweiterung eingetreten, daß die neuerlich bekannt gewordenen Ausgrabungen in Olympia, Perga— mon und Samothrake berücksichtigt worden sind. Ferner wurde der altasiatischen Kinst Beachtung geschenkt, weil durch die neueren For schungen es sich herausgestellt hat, daß die griechische Kunst, so selbständig sie auch schließlich ihre Wege gegangen ist, doch An⸗ regungen von Asien nicht minder wie von Egypten empfangen hat. Fuͤr die neuen Forschungsergebnisse hat der Verfasser die neuen Fund—⸗ orte angegeben. Der Text ist in seiner Fassung für die Schüler oberer Klassen höherer Lehranstalten berechnet, daher frei von allem gelehrten Beiwerk, klar und sachlich gehalten. Die Schrift ist de⸗ halb auch für weitere Kreise, welche durch Selbststudium die Werke der antiken Kunst kennen lernen wollen, leicht verständlich und aus allen diesen Gründen angelegentlichst zu empfehlen. ; — Historisches Taschenbuch. Begründet von Friedrich von Raumer. Herausgegeben von Wilhelm Maurenbrecher. VI. Folge, 6. Jahrgang. Teipzig, F. A. Brockhaus, 1887. — In diesem neuesten Bändchen der wegen ihrer fesselnden, stets die neueften Er— gebnisse der Forschung darbietenden Beiträge nicht blos dem Historiker von Fach, sondern dem weiteren Kreise aller Geschichtsfreunde seit vielen Jahren stets willkommenen Taschenbücher bespricht zunächst Prof. Dr. Bernhard Kugler in Tübingen unter dem Titel Gottfried von Bouillon? das seltsame Schicksal, das dem Eroberer Jerusalems beschieden gewesen, nämlich zuerst überschwenglich gelobt und gepriesen und dann wieder von der historischen Kritik in ungerechter Weise unterschätzt zu werden. Man hat gefagt: Gottfried sei zu rechter Zeit für seinen Nachruf gestorben, weil er als Herr von Jerusalem nichts Rühmliches mehr vollbracht und auch die hierzu unentbehrlichen Fähigkeiten nicht besessen habe. Wie unrichtig dieses Urtheil ist, sucht der Verf. durch eine Lebensskizze des Helden zu beweisen und darzuthun, ein wie schwerer Schlag der frühe Tod Gottfried's für die christliche Sache gewesen. Ueber die mehr gepriesenen und eitirten als noch gelesenen „Colloquia“ des Erasmus
von Rotterdam bringt Prof. Dr. Adalbert Horawitz in Wien einen
interessanten Essau, in welchem er den Ursprung und Inhalt dieser
nicht nur tiefe Einblicke in das Wesen des gewaltigen Philologen,
sondern auch in die geistige Bewegung jener Zeit eröffnenden Ge—
sprächssammlung erörtert und den berühmten Humanisten gegen
die Anklage zu vertheidigen sucht, als verstieße sein Buch gegen Re—
ligion und Sittlichkeit, indem er behauptet, daß wenn Jemand ernst haft eine Reform der Kirche gewollt, es Erasmus gewesen sei, dessen
irenistischen Strebungen in der Geschichte der katholischen Reformation
eine ebenso hervorragende Stellung gebühre, wie sein Name stets
unter den Reformatoren vor der Reformation genannt werden müsse.
— Dr. Konrad Häbler bespricht eine Episode aus dem bewegten Leben
des Eroberers und ersten Vize⸗Königs von Mejiko, Fernan Cortes:
seinen Antheil an dem Tode seiner ersten Gemahlin Catalina. —
Daran reiht sich der zweite Theil einer Arbeit von Dr. Julius Asbach
in Köln über den großen Historiker der römischen Kaiserzeit, Cornelius
Tacitus. Der Verfasser gelangt in Betreff desselben zu dem ab—
schließenden Urtheil: Tacitus habe in seinen Geschichtsbüchern die Rolle
eines Advokaten gespielt, der seinen Klienten ins hellste Licht zu setzen
suchte, die Schwächen der Gegenpartei aber rücksichtslos bloslege.
Seine rhetorische Tendenz habe ihn dazu geführt in Wort und
That hervorragende Männer zur Geltung zu bringen, und so habe er Persönlichkeiten wie Caesar Germanicus, Domitius Corbulo, Paetus Thrasea und Julius Agricola über das Maß der Wirklichkeit hinaus— gerückt, andere dagegen, wie Tiberius, Otho, Vitellius bis zur Un— kenntlichkeit verzerrt. — Vieles Neue und in vieler Hinsicht Charak⸗ teristisches bietet die umfangreiche Arbeit von Prof Dr. Gustav Frank in Wien: eine Sammlung der verschiedenartigen Erscheinungen des Mysticismus und Pietismus, wie sie noch unser aufgeklärtes Jahr— hundert aufzuweisen gehabt hat. — Die von Papst Leo XIII. im Jahre 1881 verfügte Eröffnung des vatikanischen Archivs ist der Gegenstand eines Beitrages des Privat⸗Dozenten Dr. S. Löwenfeld in Berlin. Derselbe schildert darin die großen Schwierigkeiten, welche früher der wissenschaftlichen Benutzung des päpstlichen Archivs entgegenstanden, und wie zuerst mit der Berufung des zum Kardinal ernannten Professors Hergenröther, im Jahre 1879, als Praeses Vati- cani Tabularii eine neue Epoche in der Geschichte desselben angebrochen sei, die dann weiter zu jenem Schreiben des Papstes aus dem Jahre 1883 führte, in welchem der Entschluß mitgetheilt wurde: „die Erlaubniß zum Gebrauch aller Hülfsquellen zu ertheilen, welche die literarischen Schätze des Archivs zur Förderung der Religion und der wahren Wissenschaft bieten können.“ Nachdem der Verfasser noch im Einzelnen die eifrige Sorge Leo's XIII. für das Archiv und die Verwaltung desselben dargelegt, der Einsetzung der historischen Kom⸗ mission und des historischen Seminars sowie des neuen Reglements für die Benutzung gedacht hat, warnt er schließlich vor einem Mißbrauch der gewährten Freiheit und ermahnt die Forscher, sich derselben würdig zu zeigen. — Am Schluß des Bändchens giebt Privat- Dozent Dr. Georg von Below in Marburg eine Uebersicht über die Neu⸗ organisation der Verwaltung in den deutschen Territorien des 16. Jahrhunderts.
— Von der vierten Auflage des Meyer 'schen Konversations⸗ Lexikons eipzig, Verlag des Bibliographischen Instituts) liegt nunmehr der sechste Band vor, wel ker von „Faidit' bis „Gehilfe“ reicht und, mit 19 Illustrationsbeilagen und 266 Abbildungen im Tert versehen, abermals erfreuliches Zeugniß ablegt für den Fleiß und die Sorgfalt, welche die Redaktion dieses Konversations⸗-Lexikons der neuesten Auflage desselben zugewandt hat. Von größeren Artikeln gerdienen besonders die über Fernsprecher, Festung, Firsterne, Frank— reich, Französische Literatur, Freimaurerei und Gase rühmend hervor gehoben zu werden; es sind kleine echt wissenschaftliche und dabei doch in der Form populär gehaltene Abhandlungen, welche dem großen Publikum ganze dickleibige Spezialwerke zu ersetzen vermögen. Das Material der allerneuesten Zeit für die einzelnen Artikel ist gewissenhaft benutzt worden. Wie reich dabei die Illustrationen auch in diesem Bande vertreten sind, zeigen schon die Eingangs erwähnten Zahlen. Wir verweisen, um nur ein Beispiel der Text— abbildungen zu geben, besonders auf den Artikel Festung“, der allein durch nicht weniger als 25 kleinere und größere Abbildungen illustrirt wird und auch dem Laien, soweit dies möglich und überhaupt an— gängig ist, einen Begriff vom Wesen dieses Gegenstandes giebt. Von den Vollbildern verdienen namentlich die drei in schönem Chromo— druck musterhaft ausgeführten Flaggen-Taseln Erwähnung, von denen die erste die internationalen Flaggen, die zweite diejenigen des Deut— schen Reichs und die dritte die Flaggen und Fernsignale des inter— nationalen Signalbuchs in anschaulichster Weise vor Augen führt. Ebenso ist die Chromodruck-Tafel „Gangbildungen‘ eine ganz vor zügliche Leistung. Meyer's Konversations-Lerikon entspricht sonach auch in seinem neueften Bande dieser gänzlich umgearbeiteten vierten Auf— lage allen, selbst seht hochgespannten Ansprüchen, die man an ein solches Unternehmen stellen kann, und verdient einen Ehrenplatz in jeder Hausbibliothek wie auf den Weihnachtstisch aller Gehildeten
— Offenherztgkelten aus der Armee“ von Friedrich Ferdinand (3. Tausend, Berlin 1887, Walther u. Apolant). — Der mit den militärischen Vechältnissen aus eigener Lebenserfahrung genau vertraute Verfasser bespricht in dieser Broschüre allerlei brennende Fragen“ (Ehrenpunkt, jeunesse dorée, künstliche Gegensätze, Offizier, Kafinos, konfessionelle Frage) vom wohswollenden „gut Kaiserlichen' Standpunkt aus; er tritt allerlei Vorurtheilen, die über den Offizier stand verbreitet werden, mit Entschiedenheit entgegen, läßt es aber auch an gut gemeinten Mahnungen nicht fehlen, wo, ihm diefelben nöthig erscheinen. In einem zweiten Abschnitt skizzirt er mit Humor und Verständniß einzelne militärische Typen; den guten Oberften, den Major von Grobleben, den Hauptmann Hypochonder, den verehelichten und den leichtsinnigen Lieutenant und den Lieutenant a. D. Daß das kleine Buch in kurzer Zeit schon die dritte Auflage erlebt hat, beweist am besten die beifällige Aufnahme, die es gefunden hat, und welche es durch die Unterhaltung, die es dem Leser gewährt, und seiner Tendenz nach auch verdient.
— Die Rr. 6 der von Karl Emil Franzos im Verlage von Adolf Bonz & Co. in Stuttgart erscheinenden ‚Deutschen Dich⸗ tung“ hat folgenden Inhalt: Ein Doppelgänger. Novelle von Theodor Storm (Schluß). — Gedichte: Constanze. Von Theodo— Storm (Autogramm). UÜnverbesserlich. Von. A. Fitger.ů Pflug und Schwert. Von Friedrich Bodenstedt. — Lieder und Epigramme. Von Friedrich Hebbel. (Ungedruckter Nachlaß) — Cesario. Novelle in Versen von Otto Roquette. VII. und Vill. (Schluß). — Die Weisheit Salomo's Schauspiel in fünf Akten von Paul Heyse. Dritter Aft. — Heine-Reliquien. Mitgetheilt von Max Kalbeck. — Theodor Storm. Von Wilhelm Jensen. — Kleine Aufsätze und Rezensionen: Neue Erzählungen. Besprochen von J. J. Honegger. — Illustrationen: Theodor Storm. Nach einer Photographie aus dem Verlage von E. Vogelsang in Berlin — Illustration zu Theodor Storm's Gedicht „Constanze“ Von Wilhelm Steinhausen in Frank— furt a. M. .
— Soeben erschienen und für Interessenten des gesammten Fahr— wesens: Fuhrunternehmer, Poststallhalter, Möbeltransporteure, Spe— diteure, Pferdehändler 2c. beachtenswerth ist der Fuhrhalrter⸗ Kalender für das Jahr 1887. Derselbe hat folgenden Inhalt: Uebersichts-Kalender, Hauptfeiertage, wichtige Messen und Wollmärkte, Kalendarium, die gefammte Organisation der Fuhrwerks⸗-Berufs— genossenschaft in allen 39 Sektionen, amtliche Verzeichnisse der gesamm⸗ ken deutschen Postfuhrhalter, die deutschen Lohnfuhr-Unternehmer- und andere Vereine, die Möbel⸗-Transporteure, Sbediteure des In und Aus— landes, Verzeichniß deutscher und ausländischer Pferdehändler, lowie die wichtigeren Pferdemärkte im Deutschen Reich, Belgien, Däne⸗ mark, Frankreich, den Niederlanden, Rußland, Schweiz, Ungarn; aus dem Gebiet des Veterinärwesens, Gemeinnütziges 2ꝛc. Der Bezugs— preis ist pro Kalender gebunden 1 S6 (gegen Einsendung von 1,20 s. in Briefmarken franco). Zu beziehen ist der Kalender durch die Ex— pedition der Zeitschrift „Der Fuhrhalter“, Berlin 80. Schmid⸗ straße 17 2. .
— Die Nr. 51 von Schorer's Familienblatt hat folgenden Inhalt: Friede auf Erden. Von Konrad Ferdinand Meyer. Mit Vignette. — Weihnachten unter Palmen. Von Marinepfarrer
Heims. — Im Lazareth. Von A. Oskar Klaußmann 7 Illustrationen und einer Vignette. — Die Weihnachtsfee. 13 Illustrationen und einer Vignette. Weihnachtsgedanken. Dermann Lingg. — Das Christkind bei den Armen. Von M Rücker mit 2 Illustrationen. Ohne Liebe vermählt. Von C. Zö Lionheart. (4. Fortsetzung. — Weihnachtsfreude. Gedicht von Alexander Riedel. In Musik gesetzt von Johannes Kunstblätter: Die heilige Nacht. Von de Craver.
Hurra Weihnachtsmann! Driginalzeichnung von Fritz Gehrke. Die Kuckuckzuhr. Von Anna Nicolai. Mit einer Vignette. — Der Lieutenantspudel. Von Hans von Spielberg. (3. Fortsetzung. — Allein. Von Bruno Appel. Mit einer Vignette. Erinnerungen eines Pfefferkuchenmannes. Von Eduard Jürgensen. Mit einer Vignette. — Denkübungen.
Gewerbe und Handel.
— Der Diskont der Reichsbank ist heute auf 5M, der Lombardzinsfuß für Darlehne gegen ausschließliche Verpfändung von Schuldverschreibungen des Reichs oder eines deutschen Staates auf 5 o/, gegen Verpfändung sonstiger Effekten und Waaren auf 6 o erhöht worden.
— Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller belief sich die Roheisen⸗ produktion des Deutschen Reichs leinschließlich Luxemburgs) im Monat November 1886 auf 274 057 t, darunter 133 660 t Puddelroheisen und Spiegeleisen, 31 632 t Bessemer Roheisen, 72 499 t Thomas roheisen und 31 166 t Gießereiroheisen. Die Produktion im Novem- ber 1885 betrug 308 1065 t Vom 1. Januar bis ultimo November 1885 wurden produzirt 30541 436 t gegen 3437093 t im gleichen Zeitraum des Vorjahrs.
— Die vorgestrige Generalrersammlung der Nürnberger Aktien-Bierbrauerei, vormals Heinr. Henninger, genehmigte den vorgelegten Jahresbericht und die Vertheilung der vorgeschlagenen Diridende von 4 M und ertheilte die beantragte Decharge.
Paris, 15. Dezember. (Fr. C.). Das „Journal officiel“ ver⸗ öffenklicht heute folgenden Ausweis über den Handelsverkehr Frankreichs im Monat November: Einfuhr 376117 099 Fr (1885: 326775 000 Fr.) Ausfuhr 323 125 000 Fr. (1885: 269 460 009 Fr.) und in den ersten elf Monaten: Einfuhr 3787 533 000 Fr. (1885: 3 675 078 000 Fr.) Ausfuhr 2981 2000900 Fr. (1885: 2788 461 000 Fr.)
Koenen ne pe . nahmen der Türkischen Taback⸗Regie⸗ im November c. 10 900 000 Piaster gegen demselben Monat des Vorjahres.
New-Hork, 17. Dezember. (W. T. B.) Baum wollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 256 900 B., Aus⸗ fuhr nach Großbritannien 190 000 B, Ausfuhr nach dem Kontinent 95 000 B., Vorrath 103!
d / ezember. m, d, ie Ein⸗ sellschaft betrugen
11400 000 Piaster in
Verkehrs⸗Anftalten. Die deuts che Bark Die Mannschaft
Madrid, 17. Dezember. Gonstantin ! ist bei Almeria ist gerettet.
Zanitätswesen und Quarantäneivesen.
Frankreich. Nach einer Anordnung des französischen Handels⸗Ministeriums sollen die von Genua und Spezia nach Frankreich zur Einfuhr gelangenden Waaren von jetzt ab nur einer 24stündigen Quarantäne in den französischen Häfen des mittelländischen Meeres unterworfen werden. Süd⸗Amerika. zublik Uruguay hat s? angeordnet:
Nepublik sind für die Provenienzen von
Die Regierung del 9. November 1886 Folger Art. 1. Alle Häfen Ge nua zu schließen. Art. 2. Die Provenienzen aus den übrigen Häfen Italiens ind, wenn sie in gutem Gesundheitsjustande ankommen, einer ent— sprechenen Quarantäne zu unterwerfen. Art. 3. Alle Schiffe, welche an Bord verdächtige oder als Morbus erklärte Krankheitsfälle mitbringen oder solche 1 ö haben, werden in keinem Hafen der Republik
ngenommen
Berlin, 18. Dezember 1886.
Die Eröffnung des Königlichen Museums für Völkerkunde, Königgrätzerstraße 120, erfolgte heute in der zweiten Nachmittagsstunde.
Auf dem Eck-Rundtheil des Gebäudes weht die preußische Fahne und verkündet der Nachbarschaft und den Vorüber⸗ gehenden die frohe Stunde, und drunten vor dem Hauptportal deutet ein baldachinartiger luftiger Vorbau auf das festlichi Ereigniß. Von den Pefeilerkapitellen, hinter den mächtigen Säulenschäften des Erdgeschosses bis zu zwei an der Bordschwelte des Bürgersteiges aufge— richteten Masten reicht — sieben Meter weit — das in schönem Falrenwurf auf geschlagene Zeltdach. Tannengewinde und Blattpflanzen zieren die offene Vorhalle. Den in die weite, länglich runde Flurhall' des Museums Eintretenden bietet sich ein prächtiger Anblick: rings an den Wänden frischer grüner Schmuck, oben in der Flachkuppel das von Lessing entworfene, von Salviati in Glasmosaik ausgeführte Deckengemälde: im Scheitel die Sonne, darum der Thierkreis, dann der tiefblaue Sternenhimmel mit den klassischen Gott— heiten. Unter diesem, auf breitem Friesring, in gleichen Abstän— den: sieben Rundbilder mit Frauengestalten, sinnlildlichen Darstellungen des Handels, der Wissenschaft, der Kunst, der Religion, der Gesetzgebung, des Ackerbaues und der Industrie; zwischen diesen Figurengruppen, Vorgänge aus dem mensch⸗ lichen Leben schildernd: in der Fremde, in der Heimath das Vermächtniß, die Erstgeburt, den Hausbau, die Erziehung und die Ausfahrt in die Ferne. — Durch die fünf Bogen— öffnungen der Flurhalle schaut man in den für den Er— öffnungsakt reich und malerisch ausgestatteten Licht— hof mit den Säulenumgängen und den seitlich gelegenen schmiedeeisernen Haupttreppen. Vor der Fensterwand ragt durch beide Geschosse des hohen Raumes ein altindisches Steinportal, der „Sanchi-Tope“. Von den oberen Enden der Thorpfeiler schwingt sich eine große, gleichfalls mit dem König— lichen Wappenthier Preußens geschmückte Decke empor zu dem Oberlicht, gehalten von starken, vergoldeten Tauen mit Troddeln. Zu Füßen der Topepforte breitet sich ein mit Teppi— chen belegtes Podium aus sür die Königlichen Herrschaften. Zu beiden Seiten sind Palmen, Dracänen und andere tropische Pflan⸗ zen wandartig aufgereiht. Aus der Mittelöffnung des Steinthores schaut eine siamesische Königsstatue hervor; dahinter verhüllt eine bemalte Tempelfahne aus Laos die Portalöffnung. Rechts und links in den Pflanzengruppen stehen zwei indische Gott— heiten, vorn auf dem Podium zwei jaoanische: Siwa und seine Gattin. Von der Brüstung des oberen Rundganges hängen gelbe chinesische Fahnen herab. — Der Beginn der Eröffnungs— feier war auf 1 Uhr festgesetzt.
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