rüfter Apparate (Federn, Maßstäbe u, s. w.), sowie auf 97 —— Prüfung einzelner Apparattheile (Federn, Maß⸗ stäbe u. s. w.) erstreckt werden. ö Als 3 wird für einen ganzen Apparat der Satz von X bis 126 M bestimmt, für die Nachprüfung einzelner Theile eines bereits geprüften Apparates der Satz von 10 bis 26 M, für die Prüfung einzelner Theile eines noch nicht im Ganzen geprüften Apparates der Satz von 20 bis 60 M Berlin, den 23. Dezember 18835. . Königliche Kommission zur Beaufsichtigung der technischen Versuchs⸗Anstalten. Schultz.
Befanntmach ungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878
Auf Grund des §. 12 des Reichsgesetzes gegen die gemein⸗ gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober Isg wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die vom 4. und 18. Dezember 1886 datirten Nummern 3 und 4 der in London erscheinenden periodischen , , . „Die Autonomie. Anarchistisch⸗kommuni tisches Organ“. Gedruckt und herausgegeben von R. Gunderson, Iz Wardour Street, Soho Square, London W., nach 5§. 11 des gedachten Gesetzes durch den Unterzeichneten von Landes⸗ polizeiwegen verboten worden sind,
Berlin, den 29. Dezember 1886. —
Der Königliche Polizei⸗Präsident. Freiherr von Richthofen.
Aichtantliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 28. Dezember. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag 111½ Uhr militärische Meldungen hg e . und ertheilte darauf dem Königlich sächsischen Geheimen Regierungs⸗ Rath Dr. Hassel eine Audienz.
Abends wohnten die Kronprinzlichen Herrschaften der Vorstellung im Deutschen Theater bei.
— Diejenigen Personen, welche Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin aus Veranlassung des eintretenden Jahreswechsels ihre Gluͤckwünsche darbringen möchten, haben ihre Karten am 31. d. M. bei der Ober⸗Hofmeisterin, Gräfin
von Perponcher, abzugeben.
— Für diejenigen Personen, welche Ihren Königlichen Hoheiten dem . und der Frau Prinzessin Wilhelm anläßlich des Jahreswechsels ihre Glückwünsche darzubringen beabsichtigen, werden am Neujahrstage in Berlin im Königlichen Schlofse — Wartesalon Portal 17 — und in Potsdam im Königlichen Stadtschlosse, von 8 Uhr Morgens ab, Meldebogen ausliegen.
— Die erhöhte Haftpflicht wegen Unfälle beim Betrieb einer Eifen bahn (5. 1 des Reichs⸗-Haftpflichtgesetzes) erstreckt sich nach einem Urtheil des Reichsgericht s, IL. Civilsenats, vom 16 November d. J., auch auf unterirdische Förderbahnen in Bergwerken und Gruben, bei welchen eine Reihe von Wagen, gezogen von einem Pferde, sich hintereinander auf eisernen Schienen fortbewegen und der Gefahr der Entgleisung ausgesetzt sind.
nach
— Das nhalt des Ministerial⸗Erlasses vom S. Januar 1883, betreffend die Instradirung der Remonte⸗ Schlepp⸗Komman dos, mit der Militärbehörde vereinbarte Verfahren, wonach die Remonte⸗Ankaufs⸗Kommissionen von nothwendig werdenden Abänderungen der ursprünglich fest⸗ gestellten Marschroute den Regierungs-Präsidenten u. s. w. kelegraphisch Kenntniß geben sollen, hat sich insofern nicht bewährt, als es nach den in einzelnen Bezirken gemachten Erfahrungen nicht möglich gewesen ist, auf Grund dieser telegraphischen Mittheilungen die danach erforder⸗ lichen Abänderungen der ursprünglich festgesetzten Marsch⸗ route im laufenden Geschäftsgange zur Kenntniß der Betheiligten zu bringen. Der Kriegs-Minister hat sich daher, dem Vorschlage des Ministers des Innern entsprechend, bereit erklärt, Anordnung zu treffen, daß die Seitens der Remonte— Ankaufs⸗Kommissionen zu machenden telegraphischen Mit— theilungen fortan an die betreffenden Landräthe und in be— sonders schleunigen Fällen direkt an die betheiligten Orts— behörden gerichtet werden. Von der Mittheilung kleiner Aenderungen in der Mannschaftsstärke wird dabei Abstand enommen werden, da aus dem Umstande, daß einige Mann⸗ sen, mehr oder weniger, als angemeldet worden, unter— zubringen sind, Schwierigkeiten für die zu bequartierenden Gemeinden nicht entstehen dürfen.
— Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats⸗
Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 9 enthaltend Entscheidungen des Reichsgerichts, nebst Titel und Inhaltsverzeichniß 1886 beigefügt.
Stettin, 29. Dezember. 3 T. B.) Der dritte große Reichs⸗Post dampfer ist te Mittag 12 Uhr auf der Werft des „Vulkan“ glücklich von Stapel gelassen worden. Die Taufe vollzog die Gemahlin des sächsischen Gesandten in Berlin, Grafen von Hohenthal und Bergen. Der Dampfer erhielt den Namen „Sach sen“.
Württemberg. Stuttgart, 28. Dezember. Wie der „St. A. f. W.“ vernimmt, wird sich der kommandirende General von Alvensleben am 30. d. M. nach Berlin begeben, um am 1. Januar 1887 Sr. Majestät dem Kaiser die Glückwünsche des Armee⸗Corps zu Allerhöchstdessen SMjährigem Militär⸗Dien stjubiläum darzubringen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 26. Dezember. (Wn. Ztg.) Der Vorarlberger Landtag wird bald nach seinem Wiederzusammentritt, am 3. Januar, die Berathung des Landesvertheidigungs-Gesetzes beginnen. Man hat hier absichtlich gewartet, bis das Gesetz den
Tiroler Landtag passirt habe; selbst das mit der Vor⸗ berathung betraute Comité, ging eigentlich nicht über die Konftituirungssitzung hinaus. Es ist kein Zweifel, daß die Vorlage in der von den Tirolern acceptirten Textirung auch hier angenommen wird. Das von der Regierung ein⸗ gebrachte Jagdgesetz beabsichtigt der Vorarlberger Landtag durch einen Paragraphen zu bereichern, durch welchen die Aus⸗ übung der Wed an Sonn⸗ und Festtagen verboten wird.
Der „Wiener Abendpost“ zufolge wird sich der nieder⸗ österreichische Landtag am 29. und eventuell am 30. d. M. mit dem Landesbudget beschäftigen.
Belgien. Brüssel, 28. Dezember. (W. T. B) Der Schwurgerichtshof dat den Verfasser des Grand Gatéchisme du peuple“, De fu isseaux, welcher flüchtig ge⸗ worden ist, zu 4 Jahren Gefängniß und 1000 Fr. Geld⸗ buße verurtheilt. Der Drucker des „Catéehisme“, Maheu, und Dewit, welcher den „Catéchisme“ ins Vlämische übersetzte, wurden zu je 2 Monaten Gefängniß und 500 Fr. Geldbuße verurtheilt.
Großbritannien und Irland. London, 27. Dezember.
A. C) Zum ersten Mal feierte die Königin seit mehreren ahren das Weihnachtsfest im Schlosse Wind or, statt 1 Osborne. Am Mittwoch wird die Königin nach Osborne abreisen.
Dem Vernehmen nach wird morgen ein Ministerrath stattfinden und hofft man, daß Lord Hartington bis dahin in London eingetroffen ist. Eine Konferenz der libe⸗ ralen Unionisten wird wahrscheinlich auch in den nächsten Tagen abgehalten werden. Sobald das Kabinet zu einem Beschluß gelangt ist, wird sich Lord Salisbury zu der Königin nach Windsor begeben.
Aus Indien und Birma liegen folgende Meldungen des „Reuter'schen Bureaus“ vor;
Calcutta, 26. Dezember. Die ‚Lahore and Military Gazette“ erfährt, daß die gegen den Emir gerichtete Ghilzai-⸗-Bewegung noch immer stark sei und nur der Winter den Aushruch verhindere,
Mandalay, 25. Dezember. Der buddhistische Oberpriester stattete, begleitet von einer Anzahl hervorragender Geistlichen, dem General Roberts einen Besuch ab. Im Verlaufe der Unterredung zeigte sich derselbe erbötig, die Engländer in jeder Weise zu unter⸗ stützen, und versicherte dem General, daß dessen Bemühungen, dem Lande wieder geordnete Zustände zu geben, bereits von Erfolg ge—
krönt seien. .
— 26. Dezember. General Stewart telegraphirt von Sagadoung, daß die Vorposten des Feindes auf die nach den Rubinen— gruben entfandte Abtheilung feuern, daß die Hauptmacht aber ihre Stellung aufgiebt und sich vor den anrückenden englischen Truppen zurückzieht. Burgess wird am 3. Januar mit einer starken Ab⸗ theilung zur Niederwerfung der Wontho Tsawbwa vorrücken.
Rangun, 22. Dezember. Außer den kürzlich nach Birma ge— sandten 5 Regim entern ist jetzt 1 Regiment Hyderabade Infanterie und 1 Regiment Madras⸗Infanterie dahin unterwegs. Die Streit macht der Engländer daselbst beträgt gegenwärtig 63 000 Mann.
— 27. Dezember. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach beabsichtigt Lord Salisbury, falls die Verhandlungen mit Lord Harting ton wegen dessen Eintritts in das Kabinet scheitern sollten, der Königin die Auflösung des Parla— ments anzurathen.
Italien. Rom, 28. Dezember. (W. T. B.). Der österreichische Botschafter, Freiherr von Bruck, hat heute dem König sein Beglaubigungsschreiben überreicht.
Türkei. Kon stantinopel, 25. Dezember. (R. B.) Der diesseitige Gesandte att Hofe von St. Petersburg, Scha kir Pascha, welcher am 23. H. M. von hier nach Rußland zurück⸗ reiste, ist der Ueberbringer eines eigenhändigen Schreibens des Sultans an den Zaren.
Zeitungsstimmen.
Wie „Die Post“ mittheilt, haben Wähler aus dem 15. Hannoverschen Wahlkreise, welcher durch den Grafen zu Bernstorff im Reichstage vertreten wird, folgende Resolution einstimmig angenommen: ĩ
Wenngleich man sonst im hiesigen Kreise nicht gewohnt ist,
politische Meinungsäußerungen kund zu geben, so halten wir es ange⸗ sichts der bedrohlichen Weltlage und der gefaßten Beschlüsse in der Militär⸗Kommission für Pflicht eines jeden Deutschen, öffentlich aus⸗ zusprechen, daß die Mehrheit des deutschen Volkes in dieser ernsten ̃ unbedingt hinter der Reichsregierung steht, und den hohen Reichstag bittet, die Militärvorlage, deren Annahme das Vaterland zur Aufrechthaltung seiner Macht und Größe in schweren Zeiten bedarf, unverkürzt zu genehmigen. Indem wir bemerken, daß wir nicht nur einer politischen Richtung angehören, aber der Ueberzeugung sind, daß. wenn es sich um die Sicherheit des Reichs und seiner Bürger handelt, alle Parteien einmüthig um die Reichs regierung sich zu schaaren haben, ersuchen wir Sie, hochgeehrter Herr Präsident, dieses ergebene Schreiben zur Kenntniß des hohen Reichs⸗ tages geneigtest bringen zu wollen. Ferner wurde beschlossen. Sr. Excellenz dem Herrn Kriegs⸗Minister Bronsart v. Schellendorff Fol⸗ gendes per Depesche zu übermitteln: „Ew. Excellenz senden die heute im Kurfaal der Victoriaquelle zu Hitzacker zahlreich versammelten Ein⸗ geseffenen aus dem Wahlkreise Dannenberg die ganz ergebenste Bitte, festzuhalten an dem, was Ew. Excellenz zur Sicherheit unseres Vater⸗ landes für nothwendig befunden haben.“
Eine Abschrift der Resolution soll dem Vertreter im Reichstage mit der Bitte übersandt werden, die unverkürzte Militärvorlage ge— nehmigen zu wollen.
— Der „Berliner Börsen-Zeitung“ schreibt man aus Kassel, u. d. 246. Dezember:
Vorige Woche iheilte ich Ihnen mit, daß der hiesige nationalliberale Wahlverein in einer zahlreich besuchten Versammlung sich einstimmig für Annahme der Militärvorlage ausgesprochen habe. In Verfolg dieses Beschlusses hat nun der Vorstand des Vereins an den Reichstag folgende Petition gerichtet:
Hoher Reichstag! .
Nachdem der erste Theil der gegenwärtigen ee zu Ende ge⸗
i en ist, ohne daß die bestimmt ausgesprochene Hoffnung der ver⸗ ündeten Regierungen auf Annahme der Militärvorlage vor den Weihnachtsferien sich erfüllt hat, wollen wir als die Mitglieder des Vorstandes des hiesigen nationalliberalen Wahlvereins nicht unterlassen, auch unsererseits, und zwar in Uebereinstimmung mit den in der Versamm⸗ lung unseres Vereins , kundgegebenen Anschguungen auszu⸗ sprechen, daß wir dieses Ergebniß auf das Tiefste beklagen. Wir müssen bezeugen, daß man in den weitesten Kreisen unseres Volkes die von der Reichstags-Kommission eübte Behandlung einer Vor— lage nicht versteht, deren unbedingte Nothwendigkeit von der Reichs—⸗ regierung in ernster Stunde mit ernsten Worten wiederholt klar—⸗ 6 egt worden ist. — Im festen Vertrauen, daß die deutsche Heeres⸗ leitung dem deutschen Volke nur solche Opfer zumuthet, welche unerläßlich sind, um der Nation das kostbare Gut des Friedens zu erhalten, oder, wenn es sein muß, das noch kostbarere Gut der Ehre und Unabhängigkeit derselben siegreich im Kampfe zu if müssen wir es vorwiegend als die den Interessen der. Wähler allein entsprechende Aufgabe der Volksvertreter erachten, die wohl⸗
erwogenen Forderungen der Reichsregierung ohne Verzögerung dur
ihre Zustimmung jum Gesetz zu erheben. In dieser Ueberzeugun, wissen wir uns eins mit dem überwiegenden Theil der bien Wähler, und wir glauben und hoffen, daß gerade der Hinweis auf diese Thatsache, in. Verbindung mit ähnlichen Kundgebungen aug dem Vaterlande, der Bitte Nachdruck verleihen wird, die wir hiermit aug, sprechen: „Hoher Reichstag wolle der ihm zugegangenen Militärvor, lage in thunlichster Beschleunigung die verfassungsmäßige ZJustimmun ertheilen. (Folgen die Unterschriften Die Petition ist dem Abe Dr. Oetker zur Vorlage an den Reichstag übergeben worden. j
— Im „Hannoverschen Courier“ lesen wir:
Es ist recht charakteristisch, daß gerade diejenigen Parteien, welche das Zustandekommen der Militärvorlage moͤglichst erschweren und deren ablehnende oder doch widerwillige Haltung die Vorlage zum Scheitern zu bringen droht, jetzt so eifrig die Frage erörtern, au welche Weise die Mittel zur Durchführung der in der Militãrvorlage vorgeschlagenen Maßregeln aufgebracht werden sollen. Besteht etng die Abficht, der weiteren Förderung der Vorlage neue Schwierigkeiten in den Weg zu legen, ihr so zu sagen einen neuen Knüpnel zwischen die Beine zu werfen? Hatte vielleicht der Staatz, sekretär des Innern doch so unrecht nicht, als er in der letzten so erregten Reichstagsdebatte den Vorwurf systematischer Verschleppung der Vorlage deutlich genug erbob und in der von dem Abg. Winni. horst geäußerten Absicht, in der Militärkommission auch die finan⸗ politische Seite der Frage zur Erörterung zu bringen, nichts Weitereß fah als ein neues Mittel, den baldigen und raschen Abschluß der Komn— missions arbeiten zu verhindern? Unseres Erachtens hat jedenfalls di Militärkommission nicht die Aufgabe, auch jene Frage zum Gegenstand ihrer Berathungen zu machen, sie hat lediglich zu prüfen, ob die in der Militärvorlage gestellten Forderungen für die Erhaltung der Wehrkraft und für die Zwecke der Lander vertheidigung nothwendig sind. Wird diefe Frage bejaht, dann kann es keinem Zweifel unterliegen, daß das Reitz auch im Stande sein wird, die für die Aufrechterhaltung seiner Macht und Ehre nöthig gewordenen Geldsummen aufzubringen. Die Frage wird erst dann praktische Bedeutung erlangen, wenn nach Erledigung der Militärvorlage der durch sie noͤthig gemachte Nachtrags-Etat ein. gebracht und mit den übrigen allerdings nicht sehr erbaulichen Ergeb— nissen des diesjährigen Etats zusammengestellt werden wird. Die Budget-Kommission wird sich allerdings nicht mit der Erörterung der Frage beschäftigen, wie die Mittel zur Deckung des Fehlbetrages zu beschaffen sind. . . .
— Die „Kölnische Zeitung“ äußert:
. Wir freuen uns, daß die guten Aussichten der deutschen Militärvorlage, was die Heeresziffer betrifft, bereits ihre guten Wir« kungen gerade an derjenigen Stelle zu äußern beginnen, wo sie am er— wünschtesten sind. Wenn in Deutschland diese Seite der Militär⸗ vorlage gebührend gewürdigt wird, so kann ein Reichstag, der seiner Verantwortlichkeit sich vollbewußt ist, das Richtige nicht verfehlen; er wird der Heeresverwaltung das Unerläßliche bewilligen müssen, nach Zuhl und nach Zeit. Letzteres ist für die erwünschten politischen Wirkungen des Gesetzes nicht minder wichtig als für die militärischen. Es macht einen ganz andern Eindruck, wenn das Ausland weiß, daß für sieben Jahre die deutsche Armeeleitung sich unbehindert einrichten kann, als wenn man dort die Hoffnung nähren darf, nach dre Jahren oder gar nach einem Jahre sei wieder Alles in Frage ge— stellt. Wenn nun der jetzige Reichstag — wie es ja den Anschein gewinnt — sich von der Nothwendigkeit der geforderten Vermch— rung überteugt hat, so kann er sich auch der andern Erkenntnih nicht verschließen, daß diese Nothwendigkeit in den nächsten sieben Jahren noch nicht schwinden wird. Die Folge hieraus ergiebt sith Ihne weiteres. Der Einwand, man dürfe dem nächsten Reichstage nicht vorgreifen, ist hinfällig und oft genug widerlegt worden. Mit jedem Gesetze wird dem nächsten Reichstage vorgegriffen und wie jeder Reichstag im Verein mit den andern Faktoren der Gesetzgebum ein bestehendes Gesetz ändern kann und wie der jetzige Reichstag dat bestehende Septennat ein Jahr vor seinem Ablauf ändert, so könnte der nächste das neu zu beschließende gleichfalls verkürzen und ändern. Man wird freilich, wie die heutige Weltlage ist, an eine Aenderun zum Bessern in kurzer Zeit nicht denken können; daraus folgt abet wiederum nur, daß man für die nächste Zeit unsere Armeeleitung nicht vor das Ungewisse stellen darf. Die Bedenken gegen das Septennt sind im Vergleich zu den schwerwiegenden . der Heereb⸗ ziffer fo verschwindend gering, daß wir noch immer der Hoffnumn bleiben, an der Zeitdauer dürfe und werde das Gesetz nicht scheitern.
— Der Professor Dr. Krümmel hat am 18. d. M. im Nationalliberalen Verein zu Kiel über die Militärvorlag— einen Vortrag gehalten, in welchem er, nach einem Bericht des „Hamburgischen Korrespondenten“, u. A. Folgen. des ausführte: —
Wie viel bringen wir Deutschen zur Vertheidigung unsern Grenzen auf? Zieht man nur die Ausgabe für die Landarmee in Friedenszeiten, nicht für die Flotte, in Betracht, so giebt Deutschlan Ss5 Millionen Mark für das laufende Jahr aus; bei 46,8 Millionen Einwohnern in Deutschland macht das für jeden Kopf der Bevölkeuunm S8 M6 3 aus. Wird diese Ausgabe vertheilt auf den Melt Grenze, so kommen 68 e auf jeden zu deckenden Meter, In Frankreich entfällt an Ausgahe für die aktive Landarmee in Friedent⸗ zeiten 12 4 84 3 auf jeden Kopf der Bevölkerung, also etwa 44 30 mehr als in Deutschland. Großbritannien, das von Bayern, wenn es sein Nachbar wäre, aus dem Felde geschlagen werden könnt giebt 9 M 20 auf jeden Kopf der Bevölkerung für die aktipe Landarmee aus, also fast 1 M 260 mehr als Deutschland. j Desterreich entfallen auf den Kopf der Bevölkerung an Ausgabe fin das stehende Landheer 7 „6, in Italien 5 „ 68 3, in Rußlam (wenn man den Rubel zu 3 t rechnet) J S 82 3.
Bildlich kann man sich so ausdrücken: Deutschland legt zun Schutze seiner Sicherheit 68 M auf jeden Meter Grenze, Frankreich dagegen 112 M6 5 3, Großbritannien (die Hauptinsel) 74 ., Italie 45 d, Oesterreich 36 , Rußland hat nur die Westgrenze vom Bottnischen Golf bis an die Küste des Schwarzen Meeres, S0qh kn Grenzlinie, zu vertheidigen, und giebt für jeden Meter Gren 253 Rubel gleich 76,5 M aus, also auch mehr, als Deutschland auf seine schwachen Grenzen verwendet. .
Im Großen und Ganzen können wir uns nicht beklagen, daß n übermäßig viel aufbringen zur Landesvertheidigung, im Vergleich
e h nn 23 Millione⸗
Ver it
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dem Militi.
Franʒofen, sondg
alle übrigen Staaten leisten für ihre Armee mehr als wir für n unfrige. Wenn ein gewisser Theil unserer Volksvertreter so viel
er eigenen Würde“ zu reden weiß,
i 1 so kann man nur s ? il. diese Würde erheischen sollte, eee, , s
anstandslos das zu bewilligen,
az die Sicherheit des Vaterlandes erheischt!
Dem selben Blatt geht nachstehende Erklärung ham— hurgischer Gewerbtreibender über die Militärvorlage zur Verösfe
1 nnn , ö Vorständ
„Wir unterzeichnete Vorstände gewerblicher Vereinigungen Ham— purgs hatten beabsichtigt, behufs einer öffentlichen! e, 1. Hunsten der Militärvorlage eine Versammlung einzuberufen. Wir hatten uns dabei auf die Einladung der uns zunächststehenden Ge— nossen des Handwerkerstandes beschränken wollen, schon weil der von und gemiethete größte Saal Hamburgs sonst schwerlich ausgereicht hatte, die Jahl der gleichgesinnten Crschienenen zu fassen. Nachdem sedoch dies⸗ Versammlung die auf Grund des So zialistengesetzes er⸗ orderliche Genehmigung der Polizeibehörde nicht erhalten hat, haben wir beschlossen, der in unseren Kreisen herrschenden Ueberzeugung und Hesinnung auf diesem Wege Ausdruck zu geben, in der zuversichtlichen Hewißheit, daß nachstehende Erklärung von der Versammlung unserer Hewerbsgenossen einmüthig gutgeheißen worden wäre.
: Erklãrung.
Wir hegen zu der Regierung unseres Kaisers das unbedingte, auf eine Bewährung ohne Gleichen gestützte Vertrauen, daß sie die Verstaͤrkung der deutschen Wehrkraft, wie sie die Militärvporlage in Aussicht nimmt, nur gefordert hat innerhalb der streng bemessenen Iren zen gewissenhaft erwogener, gebieterisch drängender Nothwendig—⸗ Lit. Die hierdurch bedingte Mehrbelastung des Volkes erscheint uns gering im Vergleich mit den ungeheuren Opfern und Einbußen, die ein Zurückbleiben hinter den Geboten dieser Nothwendigkeit zu kosten droht. Die Worte schweren Ernstes, die der greise Feldmarschall Moltke gesprochen, haben uns bestärkt in der Ueberzeugung, daß das inschätzbare Gut des Friedens nur zu bewahren ist, wenn an dem unerschütterlichen Zusammenstehen der Nation mit der Regierung für die Vertheidigung von. Deutschlands Sicherheit und Machtstellung dem Auslande kein Zweifel gelassen wird. Wir lebten daher in dem ruhigen Glauben, daß auch bei uns, wie bei allen übrigen Völkern der Welt, in einem Falle solcher Art die Rücksichten der Partei und
arteisucht verstummen würden vor der klaren Stimme der vater— i. Pflicht. . .
Durch die Verhandlungen und Beschlüsse der Militärkommission des Reichstages sind wir aus diesem Glauben aufgeschreckt worden. heber den Eindruck, den die Art von Kritik, wie sie im Schooße dieser Kommission an der Vorlage geübt wurde, auf uns und auf alle Un— befangenen auch außerhalb Deutschlands gemacht hat, schweigen wir. Aber unser schmerzliches Erstaunen müssen wir aussprechen über die Leichtherzigkeit, womit die Mehrheit der Kommission sich jedes Ge— dankens entschlagen hat an die vergntwortungsvolle Aufmunterung, die der Anblick mangelnden Einmuths, selbst bei einer Gelegenheit wie dieser, unseren Feinden und Neidern bereiten muß. Gegen diesen Erfolg ihres Verhaltens würde der berechnete Schein des Entgegen⸗ kommens verschwinden, auch wenn die Bewilligung eines Theiles des Geforderten für ein Jahr nicht ein greiflicher Widersinn wäre.
Angesichts dessen legen wir Berufung ein von der Kommission an das Haus, von den Führern der beiden Hauptparteien der Oppo— sition an die große Me rzahl ihrer Genossen. Zu diesen versehen wir uns, daß sie, ein Jeder für sich, in einer Sache, die so ganz eine nationale und gar nicht eine Parteisache ist, nicht anders denken und empfinden als wir, als alle guten Deutschen im Reich. Wir bitten und beschwören sie, den Bann des Fraktionsgeistes zu durchbrechen und das Ihre zu thun, damit das klägliche und gefahrvolle Schau⸗ spiel des Feilschens um das Unerläßliche nicht weiter geführt wird. Wir erwarten vom Deutschen Reichstage die ungesäumte und unver— kürzte Annahme der Militärvorlage. ,
Unterzeichnet ist das Schriftstück, wie das „Hamb. Blatt“ kon— satirt, von einer Anzahl von Handwerkern und Gewerbetreibenden, eren Namen zu den bedeutendsten in den betreffenden Branchen ge— hören. Die Erklärung soll in Cirkulation gesetzt werden zur Beschaf— fung einer möglichst großen Zahl von Unterschriften.
— Der „Schwäbische Merkur“ schreibt:
Die von der deutschen Partei in Tübingen beschlossene Adresse an den Reichstag lautet: An den deutschen Reichstag. Der Beschluß des Heeresausschusses hat wie in weiten Kreisen, so auch bei uns Erstaunen und Unwillen hervorgerufen. Das deutsche Heer soll dem⸗ nach nicht diejenige Stärke erlangen, welche die bewährtesten Sach— verständigen, an ihrer Spitze unser siegreicher Kaiser und sein ruhm— bedeckter Feldmarschall, für unbedingt nothwendig erachten, und der Bestand des Heeres soll nur auf drei Jahre dem Streite ber Parteien entrückt sein. Und dies zu einer Zeit, in welcher dez Heer die wichtigste Grundlage unserer Wohlfahrt bildet; zu einer Zeit, in der sich Rachsucht, Haß und Neid gegen das neu— erstandene Deutsche Reich erheben; zu einer Zeit, wo der Tag vielleicht nicht mehr fern ist, da es gilt, in erneutem Ringen die Lebenskraft unseres Volkes zu erproben. Möge der Reichstag, mögen die Gewählten des deutschen Volkes sich ihrer Aufgabe bewußt sein und durch unveränderte Annahme der Vorlage ihre bessere Einsicht und vaterländische Gesinnung bewähren. Die Unterzeichneten wenigstens wollen keine Verantwortung dafür tragen, daß die Lebens interessen des Volkes zum Gegenstand politischen Marktens und Han— delns gemacht werden, daß das Partei⸗Interesse höher gestellt werde, als das Vaterland, und daß das Befferwissenwollen Einzelner das Dasein der Gesammtheit gefährde. Ernste Bilder ziehen am orizont herauf; nicht nur die Jeiten des letzten Krieges, der schwere Opfer genug ge⸗ kostet hat, können sich erneuern, sondern unsägliches Elend kann auf lange Zeit über Deutschland kommen. Mögen Diejenigen, in deren Hände nunmehr die Entscheidung gelegt ist, sich besinnen, ob sie
chuld sein wollen, wenn das Ausland zum Angriff gegen uns er— muthigt wird und wenn durch die hereinbrechende Kriegsfluth mit dem Hader und der Selbstzufriedenheit der Parteien auch der Frieden und das Glück des deutschen Volkes hinweggeschwemmt werden.
Dem selben Blatt wird aus Heilbronn, 26. Dezember, berichtet:
Die Haltung der Reichstagskommission für das Militärgesetz hat auch hier . Unwillen hervorgerufen. Wenn man auch . ist daß der Reichstag felbst ihren Beschlüssen nicht folgen wird, so fühlt man sich doch in feinem nationalen Gefühl verletzt und vor dem Ausland bloßgestellt. Die deutsche Partei wird daher auf
ontag, 3. Januar, eine Versammlunz einberufen, die gegen die Annahme eugniß geben wird, als ob eine demokratische Versammlung, die Kürzlich hier ftattfand, der Ausdruck der hiesigen Bürgerschaft. gewesen ei. Rur darüber könnte Meinungsverschiedenheit sein, Eb die Kund⸗ gebung in einer Petition an den Reichstag, dessen Mehrheit für nationale Regungen des Volkes verschlossen ist, bestehen soll, oder in einem Beschlusfe, von dem dann gallerdings auch dem Reichstage
e rn zu geben wäre. Der erftere Weg wird wohl eingeschlagen en.
—
Reichstags ⸗ Angelegenheiten.
Das dem Reichstage vorgelegte Gesetz, betreffend die unter Ausschluß der Oeffentlichkeit stattfindenden erichtsverhandkungen, hat folgenden Wortlaut:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛe.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
undesraths und des Reichstages, was folgt:
— i . Die §8§. 174 bis 17s des Gerichtsberfassungsgesetzeg werden durch achstebende Bestimmungen erseht: ö
ĩ §. 174. . . ff * Verkündung der Urkheilsformel erfolgt in jedem Falle enklich.
5. 175. —
Ueber die Ausschließung der Oeffentlichkeit wird in nicht öffent. licher Sitzung verhandelt. Der Beschluß, welcher die Oeffentlichkeit ausschließt, muß öffentlich verkündet werden.
Das Gericht kann den bei der — anwesenden 6. die Geheimhaltung des Inhalts bestimmter Theile der Verhandlung besonders zur Pflicht machen, sofern von dem Bekanntwerden desselben eine Gefährdung der Staatssicherheit zu befürchten ist. Der Beschluß ist in das Sitzungsprotokoll nnn en.
Der Zutritt zu öffentlichen Verhandlungen kann unerwachsenen
d solchen Personen versagt werden, welche sich nicht im Besitze der
ärgerlichen Ehrenrechte befinden, oder welche in einer der Würde des
Gerichts nicht entsprechenden Weise erscheinen. ö
Durch die Ausschließung der Oeffentlichkeit wird das aus der
Dienstaufsicht fließende Recht, Gerichtsverhandlungen beizuwohnen, nicht berührt.
Artikel II.
Wer die nach 5. 175 Absatz 2 des Gerxichtsverfassungsgesetzes ihm auferlegte Pflicht der Geheimhaltung durch unbefugte Mit⸗ theilung verletzt, wird mit Geldstrafe bis zu Eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.
z Artikel II.
Ueber Gerichtsverhandlungen, welche unter Ausschluß der Oeffentlichkeit stattgefunden haben, dürfen Berichte durch die Presse nicht veröffentlicht werden. Zuwiderhandlungen unterliegen der im Artikel I bestimmten Strafe.
Zufolge der Bestimmung im 5. 28 Absatz? des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemo⸗ kratie vom 31. Oktober 1878 (Reichs- Gesetzblatt S. 351) ist dem Reichstage über die Anordnungen Rechenschaft zu geben, welche von der Königlich preußischen Regierung auf Grund des §. 28 jenes Gesetzes unter dem 16. d. M. mit Genehmi- gung des Bundesraths getroffen und im ‚Reichs⸗Anzeiger“ vom JJ. d. M, bekannt gemacht worden sind. Der Bericht lautet:
Das Königlich preußische Staats-Ministerium hat auf Grund des 8. 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 2I. Oktober 1878 mit Genehmigung des Bundesraths für den Stadt- und Landkreis Frankfurt a. M., den Stadt- und Landkreis Hanau, den Kreis Höchst und den Ober-Taunus— kreis unter dem 16.8. M. die in der Anlage enthaltenen Anordnungen getroffen.
Dieselben sind in Nr. 2M des „Reichs⸗Anzeigers“ und auf die für landespolizeiliche Verfügungen vorgeschriebene Weise bekannt ge— macht worden. Sie beruhen auf folgenden Gründen:
. Die Stadt Frankfurt a. M. und ihre näheren Umgebungen bilden seit etwa 1 bis 15 Jahren einen besonders bemerkenswerthen Mittelpunkt für sozialdemokratische Agitationen. Die propagandistische Thätigkeit welche in West und Süddeutschland für die sozialdemo⸗ kratische Partei betrieben wird, hat hier ihre Leitung, welche zugleich die Ausbildung jüngerer Kräfte zu geschickten und gefährlichen Agi— tatoren sich zur Aufgabe gestellt hat
Unablässig werden die in Frankfurt a. M. seit seinem industriel⸗ len Aufschwunge angesammelten großen Arbeitermassen gegen die be⸗ stehende Staats, und Gesellschaftsordnung aufgewiegelt. Zahlreiche gewerkschaftliche Organisationen und n n staen , fen welche unter dem Deckmantel unpolitischer humanitärer Bestrebungen lediglich auf die Stärkung und Förderung gemeingefährlicher, sozialdemokratischer , berechnet sind, kommen dem Agitationsbetriebe zu gute.
Der Glaube an eine nahe bevorstehende soziale Revolution hat in den Arbeiter⸗ und Handwerkerschichten immer zunehmende Ver— breitung gefunden. Oeffentliche Kundgebungen revolutionärer Denk— weise, wie das Tragen rother Blumen bei Bestattung von Partei- genossen, das Aufhissen rother Fahnen zur Exinnerung an frühere. Aufruhrbestrebungen u. s. w. wiederholen sich von Zeit zu Zeit. Andere, Anzeichen, wie Lie planmäßige massenhafte Verbreitung des Züricher „Sozialdemokrat“ und anderer wegen ihres gemeingefährlichen Charakters verbotenen Druckschriften deuteten schon seit längerer Zeit auf eine vollkommen planmäßig angelegte, weitverzweigte Organisation der sozialdemokratischen . in Frank⸗ furt a. M. hin. Bie neueste Zeit hat über das Bestehen einer solchen Organisation Gewißheit verschafft. Danach ist die Stadt und ihre Ümgebung in kleine, einer Oberleitung unterstellte Bezirke eingetheilt. Jeder dieser Bezirke besitzt eine wohl zusammengesetzte Exekutive und in n nn und besorgt die planmäßige Sammlung von Geld⸗ . und die , des „Sozialdemokrat“.
Von jeher fand in Frankfurt a. M., begünstigt durch seine Lage und seine zahlreichen Eisenbahnverbindungen, ein reger persönlicher Verkehr zwischen einheimischen und fremden Parteigenossen statt. Jahr aus Jahr ein traten hier durchreisende Agitatoren in öffentlichen und Vereinsversammlungen als Redner auf und übten auch sonst Einfluß auf die Bewegung aus. ;
Wenn nach den in Frankfurt a. M. mit Hülfe und Beistand Einheimischer verübten Gewaltthaten — dem Versuch einer Dynamit Sprengung des Polizeigebäudes am 29. Oktober 1883 und der Er— mordung des Polizei⸗Raths Dr. Rumpf am 13. Januar 1885 — schon erbebliche Zweifel darüber auftauchen mußten, ob die den Be— hörden durch das Gesetz vom 21. Oktober 1878 verliehenen Machtmittel ohne eine Anwendung der im S5. 23 vor— gesehenen Anordnungen für eine wirkungsvolle Bekimpfung der sozialrevolutionaͤren Bestrebungen ausreichend seien, so lassen die seitdem und besonders in neuester Zeit gemachten Erfahrungen diese Zweifel zur Gewißheit werden, und die Noth— wendigkeit leuchtet ein, der Sicherheitsbehörde die Befugniß in die Hand zu legen, durch zwangsweise Entfernung der Hauptführer der sozialrevolutionären Organisation in Frankfurt a. M. nach Möglichkeit ihren Halt⸗ und Vereinigungspunkt zu nehmen. Zugleich ist es erfor⸗ derlich, den Besitz, das Tragen, die Einführung und den Verkauf von Waffen zu beschränken beziehungsweise an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen. Die getroffenen Anordnungen erstrecken sich daher nur auf die unter Ziffer 3 und 4 des §. 28 cit, vorgesehenen Machtmittel.
Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der im §. 28 eit. bezeichneten Maßnahmen liegen nicht allein für Frankfurt a. M, sondern auch für seine in dem Antrage bezeichneten Umgebungsgebiete vor. Für die Wirksamkeit der getroffenen Anordnungen erscheint es aber unerläßlich, daß dieselben zugleich in den Umgebungsgebieten zur Anwendung gelangen.
Statistische Rachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 12 bis 18. Dezember cr. von je 1600 Einwohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben
emeldet: in Berlin 2,3, in Breslau 29, 8æ, in Königsberg 23,7, in Köln H,, in Frankfurt a. M. I6,8-, in Wiesbaden 17,8 in Hannover 19.4, in
Kassel 16,2, in Magdeburg —, in Stettin 27,2, in Altona 31,3, in Straßburg 25,5, in Metz 278, in München 24.8, in Nürnberg 30,3, in Augsburg 25,s, in Dresden 19.4, in Leipzig 16,8, in Stuttgart 15,5, in Karlsruhe 11,1, in Braunschweig 19,5, in Hamburg 377, in Wien 26,7, in Pest ö, 8, in Prag 27,2, in Triest 315, in Krakau 20,3, in Basel 14,7, in Amsterdam — in Brüssel 4,7, in Paris in London 18,8, in Glasgow 27,0, in Liverpool 27.5, in Dublin 29.6 in Edinburg 18,2, in Kopenhagen 21,B4, in Stockholm 22, i Christiania 19,5, in St. Petersburg 24,9), in Warschau 2765, Odesfa 29,0, in Rom 26,1, in Turin — in Venedig 22,5, in Alexandria 38,1. Ferner in der Zeit vom 22 bis 27. Dezember er.: in New⸗Jork 26,1, in Philadelphia 22,2, in Baltimore 15,9, in Kalkutta 32,7, in Bombay 22,4, in Madras 34,0.
Die veränderliche naßkalte, in der Berichtswoche vorherrschende Witterung übte auf die Gesundheits- und Stenblichkeitsverhältnisse der meisten Großstaͤdte Europas keinen günstigen Einfluß aus, obwohl eine größere Zahl, besonders von deutschen Städten, wie Berlin,
München, Dresden, Leipzig, Frankfurt a. M. Wiesbaden, Bremen., Stuttgart, Aachen, Braunschweig. Mainz, Kassel, Karlsruhe, Mann ˖ heim, von außerdeutfchen Orten Basel, Krakau, Londen, Christignia, Edinburg, Venedig u. a. kleinere Sterblichkeitszahlen mittheilten. Insbesondere traten katarrhalische und akute Entzündungen Äthmungeorgane in fast noch gegen die Vorwoche gesteigerter Zahl zu Tage und riefen vielfach noch mebr Sterbefälle hervor als in der vorangegangenen Woche. — Dagegen wurden Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder seltener Todesursachen, auch war die Theil⸗ nahme des Sãuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit im Allgemeinen eine kleinere als in der Vorwoche. Von 10 060 Lebenden starben auf das Jahr berechnet: in Berlin 59, in München 8 5 Von den Infektionekrankheiten zeigten Masern und Scharlach im All⸗ gemeinen ein etwas selteneres, Diphtherie, trphöse Fieber, Keuchhusten und Pocken ein etwas häufigeres Vorkommen. — So wurden Sterbefãlle an Mafernaus Hamburg, Bremen, Paris, London, Liverpool, St. Peters ⸗ burg in kleinerer, aus Berlin, Bres lau und Prag in gleicher, aus Barmen, Mülhaufen i. E. in größerer Zahl in der Vorwoche gemeldet. In den genannten Städten waren aber auch, sowie in den Regierungs⸗ bezirken Aachen, Aurich, Düsseldorf, Königsberg, Marienwerder, n Erkrankungen an Masern noch sehr zahlreich. — Todes⸗ fälle an Scharlach wurden aus München, Hamburg, Köln, Hannover, Chemnitz, Wien, Pest, Odessa in geringerer, aus Berlin, London, Liverpool, St. Petersburg, Warschau in gesteigerter Zahl mitgetheilt; auch in Edinburg und Christiania waren Erkrankungen an Scharlach nicht felten. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Cr oup war in Berlin, Hamburg. Leipzig, Königsberg, Frankfurt a. M., Nürnberg, Altona. Wien, London, Kopenhagen, St. Petersburg, Warschau, Odesfa eine gesteigerte, in Breslau. Stettin, Hannover die gleiche, in München, Dresden. Danzig, Stuttgart, Braunschweig, Prag, Paris, Kopenhagen, Christiania, St. Petersburg. Warschau eine verminderte. — Typhöse Fieber wurden besonders in Hamburg, Paris, St. Petersburg häufig Todesveranlassung in Berlin und London zeigten sie sich in beschränkter Zahl. Neue Er— krankungen wurden aus Hamburg etwas weniger als in der Vorwoche gemeldet. Einzelne Todesfälle an Flecktyphus kamen aus Krakau, London, St. Petersburg und Odessa, aus St. Petersburg auch 2 Erkrankungen zur Mittheilung, ferner wurktzen aus Berlin 1, aus St. Petersburg 8 Erkrankungen an Rückfalls fieber gemeldet. Aus dem Regierungsbezirk Marienwerder wird 1 Erkrankung an epidemischer Genickstarre berichtet. Dem Kindbett⸗ fieber erlagen in London 9 Frauen. Rosength FIntzündungen des Zellgewebes der Haut kamen im Ganzen selleeh, Berlin etwas häufiger zur Kenntniß. — Todesfälle an Pochen wurden aus London l, aus Königsberg (Stadt) und Venedig je 2, aus VYoris? aus Warschau 6, aus St. Petersburg 8, aus Wien 9, aus Rgun !* aus Pest 62 gemeldet; Erkrankungen an Pocken aus Berlin 1, aus Breslau 4, aus Hamburg und den Regierungsbezirken Königsberg und Schleswig je 5, aus St. Petersburg 8, aus Wien 11, aus Pest 164. In Pest ist die Cholera als erloschen anzusehen, dagegen kamen in derschiedenen Orten Ober ⸗Ungarns in der ersten Dejemberwoche noch vielfach neue Erkrankungen vor. Aus Slavonien (Esseg) werden von der Mitte Dezember noch mehrfache Cholerafälle mitgetheilt
— Summaxrische Uebersicht über die Zahl der Studirenden auf der Königlichen vereinigten Friedrichs⸗Universität Halle-Wittenberg im Winter⸗Semefter 1886/87. A. Im Sommer⸗Semester 1886 sind immatrikulirt gewesen (inkl. G nach⸗ träglich Immatrikulirter) 1524. Davon sind: a verstorben 3 b. abgegangen mit Exmatrikel 443, e. weggegangen, ohne sich ab⸗ zumelden und daher gestrichen 4. d. gestrichen auf Grund des 8. 17 der Vorschriften für die Studirenden 2c. vom 1. Oktober 1858 35 e. gestrichen aus fonstigen Gründen (Entfernung von der Universität) 3 Summa 489. Es sind demnach geblieben 1035. Dazu sind in diesem Winter⸗Semester gekommen 492. Die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 1523. Davon zählt: Die theologische Fakultät: Preußen 524, Nichtpreußen 74, Summa 598. Die juristische Fakultät: Preußen 163, Nichtpreußen 12, Summa 115. Die medizinische Fakultät: Preußen 278, Nichtpreußen 37, Summa 315. Die philosophische Fakultaͤt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 198, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach 8. 3 der Vor= schriften vom 1. Oktober 1879 136, e. Nichtpreußen 165, Summa 499. Gesammtzahl der in Halle anwesend gewesenen immatrikulirten Stu⸗ direnden 1527. B. Außer diesen immatrikulirten Studirenden haben die Erlaubniß zum Hören der Vorlesungen vom Rektor erhalten: nicht immatrikulationsfähige Preußen und Nichtpreußen 55. Die Gesammtzahl der Berechtigten ist mithin 1583. Von diesen Berech⸗ tigten hören Vorlesungen: AA. Von den immatrikulirten Studirenden: in der theologischen Fakultät 597, in der juristischen JAkultãt 115, in der medizinischen Fakultät 315, in der philosophischen Fakultät 4938, zusammen 1525. Vom Hören der Vorlesungen dispensirt sind (wegen Krankheit beurlaubt): in der theologischen Fakultät 1, in der philo⸗ sophischen Fakultät 1, zusammen 2. BB. Von den übrigen berech tigten Personen: nicht immatrikulationsfähige Preußen und Nicht- preußen 55. Die Gesammtzahl der Berechtigten, welche Vorlesungen hören, ist mithin 1581. Außerdem verweilen noch die im Nachtrag Bezeichneten, welche bereits exmatrikulirt sind, mit verlängertem akademischen Bürgerrecht auf der Universität und zwar: von der theologischen Fakultät 9, von der juristischen Fakultät 7, von der medizinischen Fakultät 45, von der philosopischen Fakultät 25, zu⸗ sammen N, so daß die Gesammtsumme beträgt 1668.
— Der Lurch seine Abhandlung ‚Ueber die Wanderbewegung der centraleuropäischen Bevölkerung“ bekannte Statistiker A. von Randow widmet im 5. Heft des 11. Bandes der Statistischen Monatsschrift“ einem noch wenig angebauten Zweige der Statistik seine Aufmerksamkeit, dem Vereinswesen. Wir entnehmen dem Aufsatze folgende Angaben über das österreichische Vereinswesen. Von 1867 bis 1882 ist die Zahl, der Vereine in Oesterreich von 4348 auf 18552 gestiegen. Von 1867 bis 1872 wurden durchschnittlich jährlich 1300 Vereine mehr begründet als sich auflösten, von da ab bis 1878 nur etwa 699; 1879 und 1880 erreichte die Zunahme wieder eine Höhe von 800, 1881 und 1882 sogar 1400. Bezüglich der Arten der Vereine und ihrer Vertheilung auf die einzelnen Länder ist Folgendes angegeben. Im Jahre 1833 gab es 1580 Geselligkeitsvereine, 403 Kunst und Wissenschaft fördernde Vereine, 1316 Musif⸗ und Gesangvereine, 1140 Bildungs und Belehrungsvereine, 3462 Kraft und Gewandtheit fördernde und verwerthende Vereine (einschließlich der Feuerwehren), 454 politische Vereine, 39) Gewerbe und Handel fördernde Vereine, 233 Konsumvereine, 345 Sparkassenvereine, 1175 Vorschußvereine, 3976 Schutzgemeinschaften verschiedener Art (Krankenkassen u. s. w.), 549 Aktien und Produktionsgesellschaften, 98 Loos⸗ und Sparvereine und 1329 Wohlthätigkeitsvereine. Die nördlichen Industrieländer Böhmen, Mähren und Schlesien, und die Donauprovinzen stehen nach der Zahl der Vereine obenan; hier entfällt auf je 800 Einwohner ein Verein. Es folgen die deutschen Alpenprovinzen mit einem Verein auf 1200 Bewohner, dann die slavischen Gebirgsländer mit je einem Verein auf 2509 Bewohner, endlich Galizien und die Bukowina mit je einem auf 5000. Im Nordwesten besitzt jedes normale Dorf einen Verein, im Nordosten nicht einmal jede Landstadt.
Kunst, Wifsenschaft und Literatur.
Frankreich in Wort und Bild. Seine Geschichte, Geographie, Verwaltung, Handel, Industrie, Produktion, . von Friedrich von Hellwald. Mit 455 Illustrationen. In 50 Rften à 75 . Leipzig. Schmidt C Günther. 47. — 49. Heft. — In dem 47. Heft führt uns der Verfasser zunächst nach Cette, wo man, wie er mittheilt, die Ankündigung „Jei on fabrique des vins“ mehrfach lesen könne, denn dort würden alle Weine der Welt ö Man brauche nur Johannisberger oder Tokayer oder Madeira zu bestellen, die Cetter Fabrikanten würden prompt liefern; natürlich nähmen sie die schlechtesten Weine dazu und mischten mit Veilchen pulver, Cachenille Sonnenblumen und anderen Mittelchen die verlangten Sorten fertig — und die armen Weintrinker bezahlten dafür schweres Geld.“ Die Fortsetzung der Schilderung von Süd- Frankreich bringt uns ferner interessante Orte, wie Nimes mit scinen