1887 / 33 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Feb 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Die Nummer 15 des in Offenburg erscheinenden Wochen⸗ blattes: „Der Volksfreund“ wird auf Grund der 55. 11 und 12 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 verboten.

Freiburg, den 6. Februar 1887.

Der Großherzogliche Landeskommissär für die Kreise Lörrach, Freiburg und Offenburg. Hebting.

Von dem unterzeichneten Stadtrath als Landes-⸗Polizei⸗ behörde für den Bezirk der Stadt Gotha wird hierdurch die Nummer 4 (vom 1. d. M.) der von W. Bock hier redigirten und verlegten und von W. Vockroth hier gedruckten Zei⸗ tung: „Der Schuhmacher, Organ für die gewerblichen Interessen der Schuhmacher und des Unterstützungsvereins deutscher Schuhmacher und der deutschen Schuhmacher-Fach— vereine sowie der Zentral-Kranken- und Sterbekasse der Schuh⸗ macher und verwandten Berufsgenossen Deutschlands (E. H.)“ und das fernere Erscheinen dieser Zeitung auf Grund der §§. 11 und 12 des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 verboten.

Gotha, den 6. Februar 1887.

Der Stadtrath.

Der Wahlaufruf: „An die Wähler des Bremischen Wahlkreises!“ mit der Ueberschrift: „Wähler! Mitbürger!“ und den Schlußworten: „Wilhelm Liebknecht“, herausgegeben von E. Knöpfel in Bremen, gedruckt von H. Hillger in Bremen, wird auf Grund von §. 11 des Sozialistengesetzes vom 21. Oktober 1878 verboten. Bremen, den 6. Februar 1887. Die Polizei-Kommission des Senats: Tetens. Schultz.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preuszen. Berlin, 8. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen im Laufe des heutigen Vor— mittags den Polizei⸗Präsidenten, Freiherrn von Richthofen, nahmen militärische Meldungen entgegen und arbeiteten längere Zeit mit dem Chef des Militärkabinets, General von Albedyll.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag um 111 Uhr militärische Meldungen entgegen.

Abends 7 Uhr begaben Sich Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften mit der Prinzessin Victoria, Königlichen Hoheit, in das Opernhaus, und um 93½ Uhr folgten Höchstdieselben einer Einladung des italienischen Bot— schafters zum Ball.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr, für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Justizwesen hielten heute eine Sitzung.

In der heutigen (15.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats— Ministeriums, Minister des Innern von Puttkamer, nebst zahl— reichen Kommissarien beiwohnte, theilte der Präsident mit, daß eingegangen seien: 1) ein Antrag der Abgg. von Cuny und Ge— nossen auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend die Er— gänzung des Gesetzes vom 20. Mai 1885 über die Veräußerung und hhypothekarische Belastung von Grund— stücken im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts; 2) der Bericht über die bisherige Ausführung von Bestim— mungen verschiedener Gesetze über den Erwerb von Privat— Eisenbahnen für den Staat; 3) ein Gesetzentwurf, betreffend den weiteren Erwerb von Privat-Eisenbahnen für den Staat; 4) ein Gesetzentwurf, betreffend die weitere Herstellung neuer Eisenbahnlinien für Rechnung des Staats und sonstige Bau— ausführungen auf den Staats-Eisenbahnen.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein, deren Gegenstand die Fortsetzung der zweiten Berathung des Ent— wurfs des Staatshaushalts-Etats für 1887.88, und zwar des Etats des Ministeriums des Innern, war.

Die Einnahmen, Kap. 31 und Ila, wurden ohne Debatte bewilligt.

Bei den dauernden Ausgaben, Kap. 83 Tit. 1 (Minister— Gehalt) beklagte sich der Abg. Rintelen darüber, daß bei Beschwerden über Verwaltungssachen die angerufene Instanz den Lokalbehörden oft zu viel Vertrauen schenke. So habe der Minister eine Beschwerde aus dem Kreise Neuwied über den Landrath von Runkel und den Bürgermeister Conrad auf Grund von Depositionen der Angeschuldigten zurückgewiesen. Aehnlich liege die Sache in Rheinbrohl. Auch dort seien gegen den Bürgermeister Conrad die schärfsten Beschwerden er— hoben worden. Ein rheinisches Blatt habe dieselben öffentlich bekannt gegeben. Ein Strafantrag gegen das Blatt sei nicht gestellt worden. Wenn das, was in dem Blatte behauptet worden, wahr sei, so dürfe der Bürger— meister nicht mehr auf seinem Posten bleiben.

Der Minister des Innern, von Puttkamer, erwiderte, daß es kaum im Interesse des Hauses liegen könne, sich in einer Angelegenheit zum Richter aufzuwerfen, die so verwickelt und durch den Vorredner keineswegs völlig aufgeklärt sei. Der Sache selbst würde es gewiß mehr gedient haben, wenn die Beschwerde in einer Petition an das Haus gebracht worden wäre. Da er nicht darauf vorbereitet gewesen sei, daß heute diese Angelegenheit hier vorgebracht werden würde, so habe er sich nicht aus den Akten informiren können und könne seine Erklärungen nur nach seiner Erinnerung ab— geben. Soviel sei aus den eingeforderten Berichten hervor— gegangen, daß dem Bürgermeister Conrad keinerlei Vergehen zur Last fiele. Auch der Landrath von Runkel sei in völlig unberechtigter Weise angegriffen worden. Er glaube, der Abg. Rintelen würde die Sache nicht wieder aufgenommen haben, wenn derselbe nicht zuviel Gewicht auf die Glaub—

würdigkeit seiner Zeugen gelegt hätte, die indessen desselben nicht durchaus würdig zu sein schienen.

Der Abg. Berger hob hervor, daß der Landrath von Runkel einer der verdientesten Beamten der Monarchie sei. Der Abg. Rintelen, der sich über grundlose Verdächtigungen seiner Zeugen beschwere, habe sich nicht abhalten lassen, ohne irgend 22 Beweis Anklagen gegen den Bürgermeister Conrad zu er— heben. Keiner verarge es einem der Petenten, daß er früher liberal gewesen und jetzt ultramontan geworden sei. Auch der Abg. Rintelen sei 1861 Fortschrittskandidat gewesen.

Der 26 Rintelen erwiderte, daß er sich nur darüber beschwert habe, daß eine erhobene Beschwerde nicht ordnungs— mäßig untersucht worden sei. 1861 hätten auch Katholiken und Konservative für ihn gestimmt.

Der Minister des Innern, von Puttkamer, hob hervor, daß der Abg. Rintelen sich mit seinen Angriffen bereits zurück— gezogen habe. Gegen das von demselben genannte rheinische Blatt sei bereits der Strafantrag gestellt worden.

Der Abg. Dr. Freiherr von Schorlemer-A1lst erklärte es als bezeichnend, daß Landrath von Runkel gelobt werde, weil er gegen die Klerikalen auftrete.

Der Minister des Innern, von Puttkamer, legte Ver— wahrung dagegen ein, daß Landrath von Runkel tendenziös gegen die katholische Bevölkerung vorgehe.

Die Abgg. Dr. Natorp und von Pilgrim bestätigten, daß der Abg. Rintelen 1861 als Kandidat der Fortschrittspartei aufgetreten sei.

Der Abg. Hansen wünschte eine gesetzliche Regelung der Verpflichtung, für bedürftige Familienangehörige zu sorgen.

Der Ministerial-Direktor von Zastrow erklärte, daß die . einer derartigen Forderung sympathisch gegenüber— stehe. Der Abg. Dr. Czarlinski wies auf die Verdeutschung polnischer Or snamen in Posen hin, die nur schädlich wirke.

Der Abg. Möllmann beklagte die Zunahme der statistischen Arbeiten in den städtischen Verwaltungen.

Der Abg. von Jazdzewski fragte nach der Höhe der Zahl der Ausgewiesenen und wie sich diese Ausgewiesenen auf die einzelnen Konfessionen vertheilten.

Der Minister des Innern, von Puttkamer, erwiderte, daß 28 6906 Personen ausgewiesen seien. Ueber die Konfession der Ausgewiesenen seien keinerlei Erhebungen gemacht.

Der Abg. von Jazdzewski erklärte, daß in einem Be— zirke auch die Konfession der Ausgewiesenen festgestellt wor— den sei.

Der Minister des Innern, von Puttkamer, erwiderte, daß von der Centralstelle keinerlei Anweisung dazu ergangen sei.

Die Diskussion wurde hierauf geschlossen und der Titel bewilligt.

Schluß des Blattes.

Ein Pfandleiher, welcher auf ein verpfändetes Sparkassenbuch wegen seiner noch nicht fälligen Forderung widerrechtlich Geld erhebt, macht sich nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 13. Dezember v. J., dadurch der Unterschlagung, nicht aber auch der nach §. 290 Str.⸗G. B. zu bestrafenden unbefugten Ingebrauchnahme der Ffandfache schusbie.

In der „Hekunnten Strafsache wider die zwölf— jährige S., welche ein kleines Mädchen durch Hinauswerfen aus einem hochbelegenen Treppenflur-Fenster getödtet hatte und vom Landgericht 1 Berlin wegen Mordes verurtheilt worden war, hat das Reichsgericht, II. Strafsenat, durch Urtheil vom 14. Dezember v. J. folgende Rechtssätze aus— gesprochen: Die mangelhafte geistige Entwickelung eines Indi— viduums, welches demzufolge statt ethisch-rechtlicher Motive nur Begriffe der Nützlichkeit und Schädlichkeit zu verwerthen weiß, schließt nur dann die Zurechnungsfähigkeit desselben im Sinne des Strafgesetzbuches aus, wenn sie aus einer krankhaften Geistesstörung zu erklären ist. Beruht dieser Mangel aber auf mangelhafter Erziehung, auf Ver— nachlässiguna und Verwilderung, so kann er höchstens eine geminderte Zurechnung motiviren. „Die neuere Theorie hat das Vorhandensein von Irrsinnszuständen angenommen, in welchen die logischen Prozesse ungestört von Statten gehen, die äußere Besonnenheit erhalten ist und Wahnideen und Sinnestäuschungen ganz fehlen, gleichwohl aber die Bedin— gungen der Zurechnungsfähigkeit geschmälert sind bis zur Auf— hebung derselben, insofern das Individuum statt ethisch⸗recht— licher Motive nur Begriffe der Nützlichkeit und Schädlichkeit zu verwerthen weiß und bei diesem sittlichen und intellek— tuellen Defekt mehr oder weniger widerstandslos seinen egoistischen unsittlichen Antrieben preisgegeben ist. Ob diese Theorie pon deim oral chen JFrresen / är eine spätere Gesetzgebung verwerthet werden kann, muß hier ungeprüft bleiben. Soviel ist indeß klar, daß nach den dem deutschen Strafgesetzbuch zu Grunde liegenden An— schauungen durch den von der Theorie angenommenen Mangel jeglichen moralischen Halts die Zurechnungsfähigkeit nur dann für ausgeschlossen gelten kann, wenn der Mangel aus krank— hafter Störung zu erklären ist. Zu demselben Ergebniß führt die Auslegung des Gesetzes nach seinem Wortlaut. Nach 5. 51 in. keineswegs die bloße Unfähigkeit zur freien Willens—

estimmung einem Anreize gegenüber, es muß vielmehr die freie Willensbestimmung durch einen Zustand von Bewußt— losigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit aus— geschlossen sein.“

Nach einem Cirkular des Ministers für Landwirth— schaft ꝛct, vom 27. Januar d. J., werden vom 1. April d. J. die Bekanntmachungen über Holzverkäufe ec. nicht mehr im „Deutschen Reichs- und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger“, sondern in dem „Allgemeinen Holzverkaufs— anzeiger“ (Hannover) erfolgen.

Der General-Lieutenant von Strempel, Comman— deur der 2. Division, hat Berlin nach Abstattung persönlicher Meldungen wieder verlassen.

Der Genergl-Lieutenant von Spangenberg, Com— mandeur der. 12. Division, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.

. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Regierungs-Rath Landmann, ist nach München abgereist.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Mertz in Potsdam und Dr. Lohaus in Perleberg.

S. M. Kanonenboot „Cyclop“, Kommandant

Kapitän-Lieutenant von Halfern, ist am 7. Februar er. von Loanda nach Kamerun in See gegangen.

Sachsen. Dresden, 7. Februar. Wie das „Dr. J.“ vernimmt, wird beabsichtigt, die Lan dstände Anfang März einzuberufen, um deren Zustimmung zu der Erwerbung der auf sächsischem Gebiete gelegenen Strecke der Berlin⸗ Dresdner Eisenbahn einzuholen.

Elsaß⸗Lothringen. Metz, 7. Februar. (W. T. B.) Der Statthalter, Fürst Hohenlohe, ist heute Nach— mittag mit Gemahlin und Familie hier eingetroffen. Zu dem heute im Stadthause von dem Fürsten gegebenen Ball sind 700 Einladungen ergangen.

Oefterreich⸗ Ungarn. Wien, 5. Februar. Die heutige „Wiener Zeitung“ veröffentlicht den Staats— vertrag, vom 11. Juli 1885, zwischen der österreichisch— ungarischen Monarchie und der Republik Chile wegen Leistung einer Entschädigung der österreichischen und ungarischen Staatsangehörigen aus Anlaß des Krieges von Chile mit Peru und Bolivien.

(Pr.) Die nächste Sitzung des Herrenhauses wurde auf Sonnabend, den 12. d, anberaumt. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Verhandlung über das Unfallversicherungs-Gesetz. Da diese die erste Sitzung des Herrenhauses seit der Wiedereinberufung des Reichsraths ist, werden die neuernannten Herren— haus⸗Mitglieder in derselben die Angelobung leisten. Möglicherweise wird auch R. von Schmerling das Wort verlangen, um seinen Antrag in Betreff der Einsetzung einer Kommission zur Prüfung des letzten Sprachenerlasses zu begründen. Außerdem steht auf der Tagesordnung die erste Lesung des Gesetzes, womit strafgesetz— liche Bestimmungen in Betreff der Sicherung der Unter— seekabel getroffen werden.

Pest, 5. Februar. (Pr.) Die Nachricht, daß der Zu— sammentritt der Delegationen für das erste Drittel des Monats März in Aussicht steht, bestätigt sich. Des Weiteren wird gemeldet, daß die Seitens der Kriegsver— waltung an die Delegationen zu stellende Kreditforde— rung kaum die Höhe von 30 Millionen Gulden erreichen dürfte, in welchem Betrage die für Nachschaffungen bereits verausgabte Summe inbegriffen wäre.

Großbritannien und Irland. London, 7. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses kündigte Dixon-Harthand die Einbringung eines Antrages an, welcher die Besteuerung importirter fremder Fabrikate bezweckt, die mit englischen Fabrikaten konkurriren. Der erste Lord der Admiralität, Stan hope, erklärt: in Port-Castries auf Sta. Lucia werde eine Kohlen— station eingerichtet werden. Für Ballon-Experimente und den Bau von Ballons seien 3000 Pfd. im Kriegsbudget ausge— worfen. Der General-Postmeister Raikes theilte mit: es seien dreizehnmonatliche Kontrakte mit den Compagnien der Cunard- und der White Star-Linie vom 1. März ab für die Postbeförderung nach Amerika abgeschlossen worden. Es bleibe jedoch unbenommen, die Beförderung der Briefe mit einem deutschen Dampfer oder mit der In— man-Linie zu verlangen. Parnell brachte sein zu der Adresse angekündigtes Amendement ein, welches derartige Reformen der Gesetze und des Regierungssystems in Irland verlangt, wie solche den Bedürfnissen entsprechen und das Vertrauen des irischen Volks sichern würden. Parnell warnte vor den ernsten Folgen einer gewaltsamen Unter— drückung jeder offenen Agitation und begründete sein Amen— dement, indem er ausführte, daß bloße Zwangsmaßregeln nur immer schlimmere Folgen hervorrufen müßten. Die Selbst— verwaltung Irlands sei das einzige Mittel zur Beseitigung der bestehenden Schwierigkeiten; sobald diese erreicht sei, werde es sich zeigen, daß die Irländer nicht ungehorsam gegen die Gesetze seien. Der Attorney, General für Irland, Holmes, erklärte, die einzige Quelle der Unruhen in Irland sei die Agitation der Parteige nossen Parnell's. Die projektirte Reform der Strafgesetze sei nicht gegen politische, sondern gegen kriminell strafbare Verbrechen gerichtet. Die Regierung werde seiner Zeit zur Abhülfe bestehender Beschwerden geeignete Ge— setze vorschlagen; jetzt sei aber die Hauptsache die Erhaltung der Union, der Gesetze und der Ordnung. Die Debatte wurde hierauf vertagt.

8. Februar. (W. T. B.) Der Fackelzug durch die Hauptstraßen des Westends von London, mit welchem die Sozialisten den heutigen Jahrestag der mit Ruhestörungen und Plünderungen verbundenen, vorjährigen Kundgebung auf Trafalgar-Square zu feiern beabsichtigten, ist von der Polizei verboten worder

Frankreich. Paris, 5. Februar. (Fr. C.) Der Ministerrath beschloß heute endgültig, daß in der Frage der Zollerhöhungen, welche in der Kammer demnächst zur Berathung gelangen wird, die Regierung als solche nicht Parten zu ergreifen habe, da es sich nicht um eine grundsatz— liche Frage handle. Das Ministerium wird also, da die Mit— glieder desselben in der Frage getheilter Meinung sind, der Kammer die Entscheidung überlassen, wobei es jedoch dem zuständigen Ackerbau-Minister Develle unbenommen bleiben soll, seinen persönlichen Standpunkt zur Gel— tung zu bringen, aber ohne im Namen der Gesammt— regierung zu sprechen. Von der ursprünglichen Absicht, der Kammer eine Abänderung ihrer Tagesordnung zu Gunsten der auße rordentlichen Kredite für die Neubewaff— nung der Armee vorzuschlagen, hat das Ministerium ab— gesehen, doch wird es sich, wenn aus dem Schoße der Kammer ein solcher Antrag eingebracht werden sollte, demselben nicht widersetzen.

Die „Corr. Havas“ meldet: „Wie verlautet, wird der Krieg s-Minister demnächst eine neue Eintheilung der Direktionsgebiete des Genies und der Artillerie veranlassen. Es soll in Zukunft nur eine Direktion für jedes Armee-Corps beibehalten werden, mit Ausnahme der Festungs— regionen, in welchen eine Artillerie⸗Direktion und eine Direktion

des Festungsgenies bestehen wird.“

J. Februar. (W. T. B.) Die royalistische Gruppe der Rechten der Deputirtenkammer berieth heute über den Kredit von 86 Millionen, welcher demnächst von der Kammer zu Zwecken der Armee verlangt werden soll, und beschloß, den Kredit zu genehmigen sowie eine bezüg— liche Erklärung bei der Abstimmung abzugeben.

Italien. Rom, J. Februar. (W. T. B.) Wie die

„Tribuna“ und die „Riforma“ wiederholt melden, hätte der Minister des Aeußern, Graf Robilant, seine Ent—

lassung eingereicht. Die „Opinione“ sagt: der Minister abe den Wunsch ausgesprochen, sich zurückzuziehen; das Blatt offt jedoch, derselbe werde davon abstehen. 8

& Februar. (W. T. B.) Alle Journale bestätigen, daß Graf Robilant auf seiner Demission bestehe. Man bemühe sich jedoch, ihn zum Verbleiben zu vermögen.

Von dem General Gens ist folgende Depesche aus Massovah, vom 6. d., eingetroffen:

„Ich benutze die Abfahrt des Khedivialdampfers“ nach Suakim zur Absendung dieser Depesche. Nachdem Ras Alula in gemessener Entfernung eine Bewegung um Saati gemacht und sich in der Rich— tung auf Ghinda zurückgezogen hatte, setzte er von dort alsbald seinen Marsch gegen Asmara fort und lies in Ghinda nur das gewöhnliche Oberhaupt der Barambas, Tesamma, und einige Soldaten zurück. Von allen Seiten, selbst von den abvssinischen Eingeborenen, wird das heldenmüthige Verhalten unserer Truppen bewundert. Es ist unbekannt, ob Ras Alula sich zurückzieht, um Ver— stãrkungen abzuwarten, oder ob er in Folge der erlittenen Verluste darauf verzichtet, Massovah anzugreifen. Major Piano traf gestern mit Briefen vom Negus und Ras Alula ein. In dem von Macalle, vom 26. Januar, datirten Briefe des Negus heißt es: „Zuerst habt Ihr Massoovah genommen, jetzt seid Ihr auch nach Saati gekommen, um dort eine Festung anzulegen. Welchen Zweck habt Ihr? Gehört dieses Land nicht mir? Räumet mein Land, wenn Ihr in guten Absichten kamet, wozu bauet Ihr Festungen? Warum bringt Ihr Kanonen, Gewehre und Soldaten mit?! Ras Alula schreibt: „»Ihr seid Schuld an dem Geschehenen. Seien wir jetzt wieder Freunde wie früher. Bleibet in Eurem Lande; das ganze Land von Massovah bis hierher gehört dem Negus. Ich habe einen Bruder entsendet, damit er mit Euch spreche. Major Piano er— klärte: er habe die Mission, freundschaftliche Verhältnisse sowie die Handelsbeziehungen wieder herzustellen. Derselbe kehrt morgen mit meiner Antwort nach Asmara zurück. In derselben verfolge ich den Zweck, Salimbeni und seinen Gefährten zu helfen, ohne Ver— pflichtungen einzugehen. Es scheint gewiß, daß momentan Waffen— ruhe eingetreten ist, und daß die Abyssinier ihre militärischen Vor— bereitungen gegen uns einstweilen einstellten. Ich telegraphire dem Kriegs-Minister die Liste der gefallenen und verwundeten Offiziere.“

Rumänien. Bukarest, J. Februar. (W. T. B.) Die Meldung verschiedener auswärtiger Blätter, daß Bende⸗ rew und andere bulgarische Offiziere in Rumanien verhaftet worden seien, entbehrt der Begründung.

Amerika. Washington, J. Februar. (W. T. B.) Vom Senat wurden heute zwei Bills angenommen, durch welche der Regierung ein Kredit von zusammen 21 Millionen Dollars behufs Unterstützung der Stahlfabrikation für Zwecke der militärischen Ausrüstung der Krieas— marine und der Küstenvertheidigung bewilligt wird.

„Zeigen wir, daß wir das Vertrauen, welches die Regierungen Zeigen wir, daß wir die Aner⸗

in uns setzen, zu würdigen wissen zeigen kennung, welche der Reichskanzler Fürst Bismarck in seinen letzten großen Reden dem Arbeiterstande widerfahren ließ, auch verdienen, indem wir bei der Wahl nur solchen Männern unsere Stimmen geben, von denen wir erwarten können, daß sie, beseelt von Vaterlands— liebe, eintreten werden für Christenthum und Monarchie und dadurch das Wohl des Reichs nach innen und außen in gebührender Weise fördern helfen.“

Die „Times“

bezeichnet das Schreiben Jacobini's als ein neues Element in der Richtung des Friedens, das Schreiben werde unzweifelhaft die Hände des Fürsten Bismarck stärken, ein Sieg des deutschen Reichs— kanzlers bei den Reichstagswahlen werde den Ausbruch eines Krieges noch unwabrscheinlicher machen.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Die Einnahmen des Ministeriums des Innern (4 577 515 ) sind in dem Etat 1387783 um 34137 M geringer ange⸗ setzt als im Etat 1836 37. Der Ausfall entsteht hauptsächlich dadurch, daß die Polizei⸗Strafgelder aus der Provinz Hannover (563 098 M) von diesem Etat dem des Finanz-Ministeriums überwiesen sind.

Die dauernden Ausgaben stellen sich auf 42543717 666 ( 393823 ). Von dem Mehr treffen auf die Amtsblätter 12 633 M, auf 3 Landräthe in den aus Theilung der Kreise Dort— mund, Hagen und Mülheim a. R. zu bildenden drei neuen Kreisen Hörde, Schwelm und Ruhrort 12 660 ( und 11700 6 Dienstauf— wandsentschädigung; auf in den Kreisen Ruhrort, Teltow und Nieder— Barnim anzustellende Kreissekretäre 8109 6 Bei der Polizeiverwal— tung in Berlin sind neu eingestellt 2550 6 für einen neu einzustellenden Dezernenten bei der II. Abtheilung des Polizei— Präsidiums; zur Vermehrung der Subalternbeamten 12300 0; ferner für die in Folge Zunahme der Bevölkerung nothwendige Ver— stärkung des Exekutivperfonals 1134090 6 ; es sollen neu angestellt werden 1 Abtheilungs⸗Wachtmeister, 11 Wachtmeister der Schutz— mannschaft, 80 Schutzmänner (inkl. 20 Kriminal-Schutzmänner); ferner an Wohnungsgeldzuschüssen 24 840 . 28 828 n für andere persönliche und 9200 „M für sächliche Ausgaben sowie 8856 (16 Dienstaufwandsentschädigung. Die Kosten der Polizeiverwaltung in den Provinzen stellen sich um 116038 „S höher, die der Distrikts— kommissarien in der Provinz Posen um 144 6653 „S, die der Land— gendarmerie um 80 203 S. Die Kosten der Strafanstalten ermäßigen sich um 223 092 (6

Zu einmaligen und außerordentlichen Ausgaben sind 559 626 ( ( 417 174 M) ausgeworfen, und zwar u. a. 53 000 für das Kaiserliche Statistische Bureau behufs Verarbeitung und Publikation der Resultate der Volkszäblung von 1885, 450 000 dritte Rate für den Neubau der Strafanstalt in Groß ⸗Strehlitz und 38 800 zur Erbauung eines Ringofens bei der Strafanstalt in Wartenburg.

Zeitungsstimmen.

In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ lesen wir: .

In Arnsberg hat man Hrn. Dr. Reichensperger in der Person

s Regierungs⸗ und Schulraths Dr Roß einen Kandidaten gegenüber⸗ stellt, der für das Septennat eintritt, kirchenpolitisch aber auf dem Standpunkt Reichensperger's steht.

Der im 3. badischen Wahlkreis aufgestellte Centrums⸗ kandidat, Landgerichts-⸗Rath Birkenmayer, hat sich verpflichtet, für das Septennat zu stimmen. - ;.

Zum Bröckeln im Centrum wird der Bad. Landpost. aus Offenburg gemeldet, Landgerichts-Rath Junghanns habe eine Kandi— datur abgelebnt, weil er die Stellung des Centrums gegen das Sep— tennat mißbillige. In Folge dessen wurde dann ein anderer ultra— montaner Kandidat aufgestellt.

In der ‚Rostocker Zeitung“ legen dortige „Deutsch— freisinnige! mit der Erklärung, auf dem Boden des Septennats zu stehen, auf das entschiedenste Protest ein „gegen die Aufoktrovirung eines Kandidaten für unseren V. Wahlkreis von Berlin und resp. durch die ‚Freisinnige Zeitung“. Um für Hrn. E. Richter die Pille noch schmackhafter zu machen, erklärt gleichzeitig die ‚Rostocker Zei⸗ tung‘ (Nr. ders.), daß auch sie gegen den Versuch, von Berlin aus in die Wahlbewegung der liberalen Partei unseres Wahlkreises einzugreifen, die entschiedenste Verwahrung einlegt.

Auf das Rostock betreffende Dekret der ‚Freis. Ztg.“ haben die dortigen „Deutschfreisinnigen!ꝰ durch Aufstellung des national— liberalen Bankdirektors Büsing aus Schwerin, der natürlich für das Septennat ist, geantwortet. In Mecklenburg dürfte überhaupt ein Gegner des Septennats nicht in Frage kommen.

In einer gestern in Bonn stattgehabten und zahlreich be— suchten Versammlung von Wählern des Wahlkreises Bonn-Rheinbach, welche die Bewilligung des Septennats wünschen, wurde der Land⸗ gerichts-Rath Haaß (Katholik), der sich für die Bewilligung des Septennats verpflichtet hat, einstimmig zum Reichstags-Kandidaten gewählt.

Die „Wei marische Zeitung“ meldet:

Selbst innerhalb des Berliner Fortschrittsringes kracht es: im Verein Waldeck lehnten, wie Berliner Blätter berichten, die seit⸗ herigen Vertrauensmänner zum Theil ab, weiterhin für die Partei in Thätigkeit zu treten. Da begreift es sich, daß in einer im dritten Berliner Wahlkreise abgehaltenen Versammlung Hr. Lr. A. Mever die Wähler bereits mit, dem Gedanken vertraut machte, daß die „deutschfreisinnige“ Partei „in geringerer Zahl in den Reichstag zurück— kehren“ würde.

Die „NatioWnal-Zeitung“ sagt:

Klerikale Blätter enthüllen“ mit Entrüstung, daß ein Comité von Katholiken, als dessen Mitglieder Ober-Landesgerichts-Rath Holt— greven in Naumburg und von Bruchhausen in Halle genannt werden, die Begründung einer katholischen, aber nicht ultramontanen Zeitung in Berlin beabsichtigt.

Die Differenzen. welche auch in Bunzlau unter den Deutschfreisinnigen zu Tage getreten sind, geben einem Cor— respondenten der „Schlesischen Zeitung“ Anlaß zu einer Mittheilung, der wir Folgendes entnehmen:

Der bisherige Parteiführer der Deutschfreisinnigen im hiesigen Kreise, Stadtverordneten-Vorsteher Mueller, welcher in der hier ab— gehaltenen Wahlversammlung sich gegen den bisherigen Reichstags Abgeordneten Schmieder wandte, weist in einer Erklärung auf das Vertrauen hin, welches der Heeresleitung in allen Volksschichten seit Vollendung der Armee-Reorganisation und nach den letzten beiden Kriegen entgegengebracht werde. Nach den seit jener Zeit geschehenen gewaltigen Thaten müsse der nämlichen Armee und Staatsleitung Vertrauen entgegengebracht werden, wenn sie erkläre, daß das von den Majoritätsfraktionen Beschlossene nicht genüge, auch dann, wenn sie gegenwärtig nicht in der Lage sei, die Gründe für die Nothwendigkeit öffentlich darzulegen. Es sei übel angebracht, hinter diesem Schweigen andere als äußere Motive zu suchen und die ganze Angelegenheit als ein Monopolmanöver darzustellen. Gegen das Monopol Fönne die Volksvertretung sich auch dann noch schützen, wenn sie für das Sep— tennat stimme.

Das Arbeiterpersonal der Bahnmeisterei Hohenstein— Ernstthal bei Chemnitz erläßt, den Dresdener Nach— richten“ zufolge einen Aufruf an die Berufsgenossen, welcher mit den Worten schließt:

Statiftische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 3 vom 23. bis 29. Januar 1837 von je 100 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 21,9, in Breslau 23,B,7, in Königsberg 21,6, in Köln Il, 8, in Frankfurt a. M. 14,9, in Wiesbaden 17,3, in Hannover 24,0, in Kassel 24.5, in Magdeburg 21,9, in Stettin 25,5», in Altona 34,8,

in Straßburg 28,2, in Metz 20,1, in München 26,5, in Nürnberg 21,2,

8

in Augsburg 270, in Dresden 1936, in Leipzig 21,4. in Stuttgart 17,4, dnun un . erfreuliche, daß man sich schon deshalb mit etwa vorgekommenen Fehl— griffen aussöhnen sollte. r

in Karlsruhe 18,5, in Braunschweig 18,2, in Hamburg 276, in Wien 27,2, in Pest 33,', in Prag 33,4, in Triest 395, in Krakau 31,4, in Basel —, in Amsterdam 22,5, in Brüssel 28, ), in Paris 25,3, in London 19,5, in Glasgow 29,8, in Liverpool 25,1, in Dublin 28,2, in Edinburg 18, in Kopenhagen 23,l, in Stockholm 22.9, in Christiania 19,8, in St. Petersburg 34,2, in Warschau 26,4, in Odessa 30,, in Rom 2655, in Turin —, in Venedig 29,3, in Alexandria 34,9. Ferner in der Zeit vom 2. bis 8. Januar 1887 in New⸗Jork 29,5, in Philadelphia 22,5, in Baltimore 16,6, in Kalkutta 36,7, in Madras 41,0, in Bombay 21,6.

Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten europäischen Grosstädte blieben auch in dieser Berichtswoche günstige, wenn auch aus einer Zahl von Städten eine etwas höhere Sterblichkeit als aus der vor— angegangenen Woche gemeldet wurde., Besonders gering war die Sterblichkeit in Frankfurt a. M., Wiesbaden, Mainz, Darmstadt, Stuttgart, Karlstuhe, Dresden, Braunschweig, Barmen, London, Edinburg; auch in Berlin, Köln, Königsberg, Magdeburg, Metz, Mannheim, Leipzig, Nürnberg, Stockholm u. a. O. war die Sterb—

lichkeit keine hohe, nur in Breslau, Altona, Hamburg, Straßbura,

Elberfeld, Aachen war von den deutschen Städten die Sterblichkeit

eine für die Jahreszeit größere. Immer noch kamen akute Ent— zündungen der Athmungsorgane und Katarrhe der Luftwege in größerer Zahl zum Vorschein und führten zahlreiche Sterbefälle herbei, wenn auch vielfach die Zahl derselben eine kleinere als in der Vorwoche war. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle waren bei dem milden

Wetter etwas häufiger und riefen in Berlin Breslau, Augsburg,

Altona, Wien, Paris, London,. St. Petersburg u. a. O. mehr Todesfälle hervor. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war im Allgemeinen keine gesteigerte, von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin 62

in München 88 Säuglinge. Von den Infektionskrankheiten haben

Masern und Diphtherie weniger, Scharlach, typhöse Fieher und Pocken etwas mehr Todesfälle als in der Vorwoche veranlaßt. Masern herrschten in Breslau, Köln, London, Prag, Paris, St. Peters—

burg; die Zahl der gemeldeten neuen Erkrankungen hat jedoch in Breslau,

2 8

London, sowie in Berlin, Barmen, Frankfurt a. O., in dem Regierungs⸗Bezirk Marienwerder abgenommen, während sie in den Regierungs⸗Bezirken Düsseldorf, Aachen, Münster, Schleswig größer wurde. Das Scharlachfieber bedingte in Hannover, Köln, Danzig, Dublin, Liverpool, St. Petersburg, Warschau, Odessa etwas mehr Todesfälle, dagegen nahm die Zahl derselben wie auch die der Neuerkrankungen in Berlin, London, Pest, Edinburg, Christiania ab. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup hat in Berlin, Dresden, Hamburg, Leipzig, Köln, Königsberg, Frankfurt a. M. Danzig, Chemnitz, Kassel, Wien, Pest, Prag, Paris, Kopenhagen abgenommen, während sie in Breslau, Dresden, Magde burg, London, Stockholm, Odessa, St. Petersburg eine größere wurde und in Straßburg und Nürnberg die gleiche wie in der vorhergegangenen Woche blieb. Auch die Zahl der gemeldeten Neuerkrankungen war in den meisten dieser Städte eine geringere. Todesfälle an Unterleibs—⸗ typhus waren in Berlin, Hamburg, Paris und London vermindert, in St. Petersburg vermehrt; in Hamburg sank auch die Zahl der zur Meldung gekommenen Erkrankungen erheblich. An Flecktyvphus kam aus London, Warschau, St. Petersburg je 1 Todesfall, aus Edin— burg 1 Erkrankung, an Rückfall fieber aus St. Petersburg 2 Todesfälle zur Mittheilung. Aus Berlin werden 1, aus Kopenhagen 2 Erkrankungen an epidemischer Ge⸗ nickstarre berichte. Der Keuchhusten hat in Paris und London mehr Opfer gefordert; in Berlin. Hamburg und Nürn— berg nahmen die Erkrankungen ab, in Kopenbagen zu. Rosen⸗ artige Entzündungen des Zellgewebes der Haut waren in Berlin, Nurnberg, Kopenhagen häufig. Dem Kindbettfieber erlagen in Paris 7, in London 3 Frauen. Todesfälle an Pocken kamen aus dem Regierungsbezirk Schleswig und aus Wien je 1, aus Venedig 2, aus Prag 6, aus Paris 7, aus Warschau 10, aus St. Petersburg und Rom je 15, aus Pest 26 zur Anzeige; Erkrankungen aus Hamburg 1, aus Breslau 3, aus St. Petersburg 21, aus Pest 173. In Kulkutta hat die Cholera wieder größere Ausdehnung gewonnen.

Runst, Wiffenschaft und Literatur.

Gestern Nachmittag 31 Uhr verschied hier nach etwa vierzehn⸗ tägigem Krankenlager im kräftigsten Mannesalter der berühmte Gynäkolog der Berliner Universität, Geheime Medizinal⸗Rath Pro⸗ fessor Dr. Carl Schroeder. In ihm verlieren nicht nur seine jahlreichen Schüler cinen aufs Höchste von ihnen geachteten Lehrer, sondern auck die Universitaät Berlin und die ss

gesammte wissen der mit Ehren ge⸗ nannt wird, soweit die Kenntniß der von ihm vertretenen Wissenschaft gedrungen ist. Carl Schroeder wurde geboren zu Strelitz am 11. Sep⸗ tember 15338. Anfang der sechziger Jahre ging er mit Professor Veit nach Bonn und wurde 12638 nach Erlangen zunächst als Professor extraordinarius berufen. Im Jahre 1876, nach Martin's Tode, wurde er noch nicht 38 Jahre alt an die Berliner Universität berufen und hat hier in den fast 11 Jahren eine großartige Thätigkeit nicht nur in wissenschaftlicher, sondern auch in praktischer Beziehung entfaltet. Sein Name war bekannt in der ganzen Welt, und namentlich in den letzten Jahren war sei Sammelpunkt von Aerzten und Patienten aus aller Länder. Seine großartigste Schöpfung aber ist die von ihm oraanisirte und nach seinen Ideen gebaute Königliche Universitäts Frauenklinik, welche nach seiner Absicht eine Art von Central-Institut der ganzen vertretenen Wissenschaft sein sollte.

Die stenographischen B lun gen der Enguste i ; Patentgesetzes vom 25. Mai st amtlick und dem Publikum durch den Buchhandel (R. von Decker's in Berlin) zugänglich gemacht umfassen 169 und bringen das Programm der Kor 7 rungen sowie die stenozraphischen Berichte der t Kommission, die aus 7 Mitgliedern und 33 Sachverständigen b und in der Zeit vom 22. —27. November v. J. tagte. Die ein umfangreiches Material ük Patentgesetzgebung,

Xetor⸗ * 31H91 rj 3e R YP 3548 sro nteressenten von hoher Wichtigkeit ist. Der Band koste

ne Klinik der n

.

In J. J Heine's Verlag hierselbst erschien soeben: ‚Die Bau ⸗Polizeiordnung eis Berlin vom 15. Januar 1887, für den praktischen Gebrauch der Grundbesitzer und Architekten erläutert von ; ndi der Berliner Architektenvereinigung. (Prei einenband 1B 75 A) Ueber diese von ihm mit Erläuterungen versehene Bau⸗Polizeiordnung hat sich der Verfasser in einem dieser Tage gehaltenen Vortrage ausführlich ausgesprochen. Bei der Wichtigkeit der neuen Ver— fügung und dem allgemeinen Interesse, welche dieselbe in betheiligten Kreisen erregt. dürften die in diesem Vortrage gegebenen Ausführungen weitere Beachtung verdienen. Die ganze Verordnung ist danach nicht in einem Zuge entstanden, sondern sie ist das Resultat eines langen Kampfes gegenüberstehender Interessen. Anf der einen Seite standen

ie G tückseigenthümer, Bauunternehmer, Baubeflissenen und Spe— den Grundbesitz möglichst ausbeuten wollten, auf der

iejsenigen, welche kein finanzielles Interesse an der

att und nach Licht und Luft riefen. Zwischen diesen

das Polizei-Präsidium, und es sei wahrlich keine leichte

Aufgabe, eine Bauordnung zu erlassen, welche möglichst die wider— streitenden Interessen ausgleichen soll. Den Kenner der Sache wundere es daher nicht, daß die Bauordnung erst jetzt herausgekommen sei. Dieselbe lasse ich vom rein technischen, vom volkswirthichaftlichen und

juristischen, besonders verwaltungsjuristischen Standpunkte aus kriti— siren. Das Letztere beabsichtige sein Voctrag. Der 5. 42 der neuen Bauordnung stelle eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zu dem früheren Rechtszustande dar; derselbe fi binsichtlich der Ausnahme⸗ konsense und Baudispense an die telle es freien Er— messens des Polizei-Präsidiums die Zulässi Verwaltungs⸗ streitverfahrens ein Dies sei die einschneidendste Bestim⸗ mung der Bauordnung, Verbesserung sei eine so

as dürften letztere nicht ohne Weiteres ignorirt werden, schon deshalb nicht, weil die Durchführung eines Verwaltungsprozesses durch alle Instanzen so außerordentlich viel Zeit

in Anspruch nehme, daß Bauunternehmer und Hauseigenthümer darüber inzwischen zu Grunde gehen könnten. Der von Sach- verständniß zeugende, e Kommentar zur Bau-Polizeiordnu durch die neue Verfügt ö 2. Heft (Februar 1887) 25. Jahr⸗ der Gen le, Organ für den Fortschritt in allen weigen der Kunstindu unter Mitwirkung bewährter Fachmänner redigirt von Ludwig Eisenlohr und Carl, Weigle, Architekten in Stuttgart; Verlag von J. Engelhorn daselbst), bietet unter anderen älteren und neueren Mastererzeugnissen des Kunstgewerbes ein beson— ders schönes Beispiel alter Holzschnitzarbeit aus dem lichen Niederdeutschland, wo die von Italien Renaissance, wie so viele werthvolle dieser Gegend darthun, nicht nur eine v sondern auch eine selbständige Ausgestaltung Anpassung an deutschen Geschmack in der Richtung auf witzigsinniger phantastischen Humor erfahren hat. Das mitgetheilte geschnitzte Stubenthür aus Münster in Westfalen (vom Ende nd 6. Jahrhunderts, jetzt im Hamburgischen Museum für Kunst ur Gewerbe, wo sie der Architekt M. Scheiwe aufgenommen hat,, ist auch ein gutes Beispiel für die geschickte Verbindung des ? werks mit figürlichen Motiven. Außerdem ist sie dadurch bemerkens⸗ werth, daß die beiden unteren, dem Fußboden nahen Thürflügel noch Schnitzwerk nach Art der gothischen Pergamentrollen. die Felder darüber nackte Kinder mit Trophäen in ziemlich derber Arbeit zeigen, während erst dem oberen, in Augenhöhe befindlichen Schnitzwerk eine auf nahe Betrachtung berechnete, feinere Ausführung zu Theil geworden ist. Schöne, ichwungvoll erfundene Muster alter Schmiedearbeit sind die mitgetheilten Thürklopfer aus dem Schlosse Grafenegg bei Krems an der Donau (aufgenommen von. Joseph Lahoda in Saljburg). Auch die letzte, in Chromodruck ausgeführte Tafel des Hefts ist dem älteren Kunstzewerbe, und zwar der Kunstweberei gewidmet: sie Aufnahmen zweier prächtiger Teppichmuster, welche Emil Fäsch Gemälden der alten Pinakothek in München aufgenommen hat, zwar von einem Gemälde des Kölner Meisters des ( schen) Bartholomäus (lum 1500) und einem ideren Rogier van der Weyden laus dem 15. rl Die weiteren vier Tafeln stellen hervorragende E modernen Kunstindustrie dar. Ein gan; besonders sch darunter ist der auf der 9. Tafel abgebildete Tafelaufsatz in der Form eines sozenannten Nautilus, welchen der Direktor der Großherzoglichen Kunst-Gewerbeschule in Karlsruhe, Professor H. Götz, entworfen und der Hof⸗Juwelier Ludwig Paar daselbst ausgeführt. Das im ganzen Aufbau und der Gesammterscheinung ̃ allen Einzelheiten vorzüglich gelungene Werk gehört zu den vollendetsten seiner Art, die das moderne Kunstgewerbe hervor— gebracht hat. Der Architekt C. Sutter in Mainz hat es im Verein mit dem dortigen Möbelschreiner Größ unternommen, dem Pianino, diesem solange in seiner stylwidrigen Erscheinung belassenen Möbel eine der modernen Renaissance angepaßte Form zu geben, und es ist ihnen in der That gelungen, diese Aufgabe in sehr ansprechender Weise zu lösen. Den Rococostyl vertritt in diesem Heft ein reich verzierter Kamin⸗-Ofen von elegantem Aufbau, den der Architekt und Direktor der Kaiserlichen Kunstgewerbeschule in Bozen, L. Thever, für das Jagdschloß der Kaiserin von Oesterreich in Linz entworfen bat. Die moderne französische Kunstindustrie ist repräsentirt durch einen prachtvollen Tisch im Style Leuis XIV., in dem die Franzosen stets unbestrittene Meister bleiben werden (von dem Fabrikanten Mazaroz in Paris). Der Text bietet, wie sonst, kleinere Aufsätze und Notizen über mannigfalkige technische Dinge, welche den Kunstgewerbtreibenden interessiren. Die Deutsche Rundschau“ (herausgegeben von Julius Rodenberg, Verlag von Gebr. Pätel, Berlin) bringt im Februar⸗ heft einen recht zeitgemäßen Aufsatz: ‚Deutschland und das Elsaß ,

. ] Und

K . s ore Boisseree⸗

. 7