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ist, unentgeltlich und lastenfrei — der dauernd erforderliche zum Eigenthum, der vorübergehend erforderliche ur Be⸗ nutzun . die Zeit des Bedürfnisses — zu überweisen, oder die Erstattung der sämmtlichen staatsseitig für dessen Be⸗ schaffung im Wege der freien Vereinbarung oder Enteignung aufzuwendenden Kosten, einschließlich aller Nebenentschädigungen für Wirthschaftserschwernisse und sonstige Nachtheile, in rechts⸗ gültiger Form zu übernehmen und sicherzustellen. ö Verpflichtung erstreckt sich insbesondere auch auf die unentgeltliche und lastenfreie Hergabe des für die Aus⸗ führung derjenigen Anlagen erforderlichen Terrains, deren erstellung dem Eisenbahn-Unternehmer im öffentlichen Inter⸗ 3 oder im Interesse des benachbarten Grundeigenthums auf Grund landesgesetzlicher Bestimmungen obliegt oder auf⸗ legt wird. ö ö az Die Mitbenutzung der Chausseen und öffentlichen Wege ist, soweit dies die Aufsichtsbehörde für zulässig erachtet, Sei— tens der daran betheiligten Interessenten unentgeltlich und ohne besondere n für . Dauer des Bestehens Betriebes der Bahnen zu gestatten. . C. Für die . Nr. 9 Litt. a 2, 5, 9, 11, 13 und 14 benannten Bahnen muß außerdem von den Interessenten — ir die Bahn unter Nr. 13 jedoch nur von den Interessenten es Herzogthums Sachsen-Coburg⸗-Gotha — zu den Baukosten ein unverzinslicher, nicht rückzahlbarer Zuschuß geleistet werden, und zwar zum Betrage: . a. bei Nr. 2 (Terespol — Schwetz) von 60 000 6, b., bei Nr. 5 (Reichenbach —Langenbielau) von 35000 M, c. bei Nr. 9 (Glöwen — Havelberg) von 90 000 M, d. bei Nr. 11 (Cöthen —-Aken) von 60 000 , e. bei Nr. 13 (Zella-Mehlis — Klein⸗Schmalkalden) von 20000 , f. bei Nr. 14 (Flensburg — Niebüll) von 300 900 . Sollte zu dem Bau der Strecke Schmalkalden — Klein⸗ Schmalkalden der unter Nr. 13 bezeichneten Bahnlinie Zella— Mehlis — Schmalkalden —=Klein-Schmalkalden Grund und Voden innerhalb gothaischen Gebiets überhaupt nicht erforderlich werden, so ist von den Interessenten des Herzogthums Sachsen⸗ Coburg⸗Gotha außerdem noch an die preußischen Interessenten zu den alsdann denselben allein zur Last fallenden Grund— erwerbskosten dieser Strecke ein unverzinslicher, nicht rückzahl— barer Baarbeitrag von 5000 ih u entrichten.
Die Staatsregierung wird ermächtigt, zur Deckung der zu den im 5. 1 unter Nr. J vorgesehenen Bauausführungen und Beschaffungen erforderlichen Mittel von 47 938 000 4. die Bestände derjenigen Referve- und Erneuerungsfonds der Oberlausitzer, Nordhausen- Erfurter, Aachen -Jülicher und Angermünde⸗Schwedter Eisenbahngesellschaft, welche in Ge— mäßheit des Gesetzes, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, vom 28. März 1887 (Ge— setz-Samml. S. 21), zu dem vorläufig auf rund 1324 122 . ermittelten Gesammtbetrage dem Staate zufallen, insoweit zu verwenden, als über diese Fonds durch das eben erwähnte Gesetz vom 28. März 1887 nicht anderweit verfügt ist und als die Bestände dieser Fonds nach dem Ermessen des Finanz- Ministers ohne Nachtheil für die Staatskasse flüssig gemacht werden können.
ö . den alsdann noch zu deckenden Restbetrag im §. 1
6. 1,
desgleichen zur Deckung der für die im 5§. 1 unter Nr. II und III vorgesehenen Bauausführungen er— forderlichen Mittel von zusammen höchstens 23 396 000 M.
sind Staatsschuldverschreibungen auszugeben.
8. 3.
Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Zinsfuße, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Coursen die Schuldverschreibungen verausgabt werden sollen (5. ), bestimmt der Finanz⸗-Minister.
Im Uebrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der Anleihe und wegen Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Gesetzes vom 19. Dezember 1869 (Gesetz-Samml. S. 1197) zur Anwendung. 84
Jede Verfügung der Staatsregierung über die im §. 1 unter Nr. l, IL und III bezeichneten Eisenbahnen beziehungs— weise Eisenbahntheile durch Veräußerung bedarf zu ihrer Rechtsgültigkeit der Zustimmung beider Häuser des Landtages.
Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf die beweglichen Bestandtheile und Zubehörungen dieser Eisenbahnen beziehungs⸗ weise Eisenbahntheile, und auf die unbeweglichen insoweit nicht, als dieselben nach der Erklärung des Ministers der öffentlichen Arbeiten für den Betrieb der betreffenden Eisen⸗ bahn entbehrlich sind.
. Die Bestimmung im Absatz 2 gilt in gleicher Weise für die Verfügungen der Staatsregierung in Betreff derjenigen Eisenbahnen, rücksichtlich deren in früheren Gesetzen eine dem Absatz 1 entsprechende Vorschrift gegeben ist.
8. 5.
Die Staatsregierung wird ermächtigt, zum Ausgangs— . für die im S. 1 unter Nr. Ia 16 des Gesetzes, betreffend
ie weitere Herstellung von Eisenbahnen untergeordneter Be— deutung für Rechnung des Staates, die Betheiligung des Staates bei dem Bau einer Eisenbahn von Heide nach der Landesgrenze bei Ribe, sowie die Beschaffung von Mitteln für die Vervollständigung und bessere Ausrüstung des Staats⸗ eisenbahnnetzes, vom 4. April 1884 (Gesetz Samml. S. 105), zur Ausführung genehmigte Zweigbahn nach Simmern anstatt der Station Bretzenheim einen nördlich von derselben in der Nähe der Station Langenlonsheim belegenen Punkt der Rhein⸗Nahebahn zu wählen. z
5. 6.
Die Staatsregierung wird ermächtigt, von der durch das Gesetz, betreffend den weiteren Erwerb von Privat— i nn für den Staat, vom 28. März 1882 (Gesetz⸗ Samml. S. 21), im §. letzten Absatz zum Bau einer Eisen— bahn von Eichicht über Probstzella nach der bayerisch— meiningenschen Landesgrenze bewilligten Summe von 5 000000 6 den Betrag von 250 000 M zur Beschaffung von Betriebsmitteln zu verwenden.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen . .
Gegeben Berlin, den 1. April 1887.
(L. S.) Wilhelm. von Bismarck. von Puttkamer. Maybach. Lucius. Friedberg. von Boetticher. von Goßler. von Scholz.
Bronsart von Schellendorff.
gtterhbchster Erlaß vom 30 März 1887,
betreffend Vereinigung des Nordhgusen-Er⸗ furter und des Aachen-Julicher , . unternehmens mit den Bezirken der Königlichen Eisenbahn-Direktionen einerseits zu Frankfurt a. M., andererfeits zu Köln (linksrheinischen).
Auf Ihren Bericht vom 28. März d. J bestimme Ich ur Ausführung des Gesetzes vom 28. März d. J. betreffend . weiteren 2 von Privateisenbahnen für den Staat, daß die Verwaltung :
I) des Nordhausen⸗Erfurter Eisenbahnunternehmens der Eisenbahn⸗Direktion zu Frankfurt a. M., 2) des Aachen⸗ Jülicher Eisenbahnunternehmens der Eisenbahn⸗Direktion (linksrheinischen) zu Köln übertragen wird. .
Dieser Erlaß ist durch die Gesetz-Sammlung zu ver— öffentlichen.
Berlin, den 30. März 1887.
Wilhelm.
Maybach. An den Minister der öffentlichen Arbeiten.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-⸗-Angelegenheiten.
Dem Oberlehrer am Wilhelms⸗Gymngsium in Berlin, Dr. Heinrich Steinberg, ist das Prädikat Professor bei—⸗ gelegt worden.
Ju stiz⸗Ministerium.
Der Rechtsanwalt Ziehe in Wollstein ist zum Notar für den Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Posen, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Wollstein, ernannt worden.
Versetzt sind: der Landgerichts-Rath Dr. Schmidt in 6 als Amtsgerichts-Rath an das Amtsgericht in
orden, und der Amtsrichter Handt in Quedlinburg als Landrichter an das Landgericht in Hildesheim.
In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: der Rechts— anwalt, Justiz⸗Rath Deycks bei dem Kammergericht, der Rechtsanwalt, Justiz-Rath Wiener bei dem Landgericht in Breslau, der Rechtsanwalt Dr. Baumert in Nauen bei dem Landgericht IL in Berlin, der Rechtsanwalt Dr. Salomon bei dem Landgericht in Potsdam, und der Rechtsanwalt, Justiz⸗Rath Preyß in Kosel bei dem Landgericht in Ratibor.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Rechts⸗ anwalt Hauptmann aus Genthin bei dem Landgericht in Frankfurt a. O., der Rechtsanwalt Middeldorf aus Düssel— dorf bei dem Landgericht in Aachen, der Rechtsanwalt Richter aus Breslau bei dem Landgericht in Glatz, der Gerichts⸗-Assessor Dr. Katz bei dem Amtsgericht in Rössel, der Gerichts-Assessor Dr. Georg Mühsam bei dem Landgericht 1 in Berlin, der Gerichts⸗Assessor Frohn bei dem Amtsgericht in Lennep, der Gerichts-Assessor Siebert bei dem Amtsgericht in Mül— heim a. R., der Gerichts⸗Assessor a. D. Fränkel bei dem Amtsgericht in Sagan, der Gerichts-Assessor Hellekessel bei dem Landgericht in Bonn, und der Gerichts-Assessor Krause bei dem Landgericht in Düsseldorf.
Dem Notar, Justiz-Rath Wiener in Breslau und dem Notar, Justiz-Rath Zabel in Seelow ist die nachgesuchte Ent— lassung aus dem Amt als Notar ertheilt.
Der Landgerichts-Präsident van Baren in Insterburg, der Landgerichts-Rath Liese in Ratibor und der Amtsrichter von Versen in Schwetz sind gestorben.
Ministerium für Landwirthschaft, Do mänen und Forsten.
Dem Ober- und Geheimen Regierungs-Rath Helmke zu Merseburg sowie den Ober-Regierungs-Räthen Kuthe zu Bromberg, Ascher zu Münster i. W. und Reichau zu Düsseldorf ist die ständige Vertretung der General-Kommissions— Präsidenten zu Merseburg, bezw. Bromberg, Münster i. W. und Düsseldorf übertragen worden.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Ver f ügung des Ministers der öffentlichen Arbeiten,
betreffend Uebertragung der Verwaltung und Betriebsleitung der zu dem Nordhausen-Erfurter und dem Aachen-Jülicher Eisenbahnunternehmen gehörenden Strecken an die Betrieb sämter einer— seits zu Nordhausen, andererseits zu Aachen.
Nachdem zur Ausführung des Gesetzes vom 28. März d. J., betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, durch Allerhöchsten Erlaß vom 30. März 8. J. bestimmt worden, daß das Nordhausen-Erfurter und das Aachen— Jülicher Eisenbahnunternehmen mit den Bezirken der Königlichen Eisenbahn-⸗-Direktionen einerseits zu Frankfurt a. M., anderer— seits zu Köln (linksrheinischen) vereinigt werden soll, ist die demnächstige Verwaltung und Betriebsleitung der zu diesen Unternehmungen gehörenden Strecken, und zwar: 1) des Nordhausen-Erfurter Eisenbahnunternehmens dem der Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Frankfurt a. M. unterstellten Königlichen Eisenbahn-Betriebsamt zu Nordhausen, 2) des Aachen-Jülicher Eisenbahnunternehmens dem der Königlichen Eisenbahn-Direktion (linksrheinischen) zu Köln unterstellten Königlichen Eisenbahn-Betriebs amt zu Aachen, innerhalb der den Königlichen Eisenbahn⸗Betriebsämtern durch die Allerhöchst unter dem 24. November 1879 genehmigte Organisation der Staatseisenbahnverwaltung zugewiesenen Ressortbefugnisse übertragen worden. Berlin, den 2. April 1887. Der fin ir der öffentlichen Arbeiten. Maybach.
„Angekommen: Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen— heiten, Dr. von Goßler, aus der Provinz Ostpreußen.
Die Nummer 11 der Gesetz Sammlung, welche v ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter on heute
Nr. 155 das Gesetz, betreffend die weitere Herstel neuer Eifenbahnlinien für Rechnung des Staats unh ung Bauaus führungen auf den Staats eisenbahnen, sowie bern Veräußerungen in der Staatseisenbahn⸗ Verwaltung E 1. April 1887; und unter
Nr. 9186 den Allerhöchsten Erlaß vom 30. Mãrʒ 1x9 betreffend Vereinigung des Nordhausen⸗ Erfurter und * Aachen⸗ Jülicher Eisenbahnunternehmens mit den Beꝛiren der Königlichen Eisenbahn-Direktignen einerseits zu Fran furt 4. M, andererseits zu Köln (linksrheinischen).
Berlin, den 9. April 1887.
Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Didden.
Bekanntmachung.
Die Geschäftslokale des Königlichen Ober⸗Verwalt erich besn en (fich vom 5. . he gb in den bern n in. * über wiesenen Dienstgebäude, Markgrafenstraße Rr. 4 Ecke der Jägerstraße. Berlin, den 9. April 1887. Der Präsident des Königlichen Ober⸗Verwaltungsgericht⸗ Wirklicher Geheimer Rath. r Persius.
Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1858
Auf Grund des 5§. 12 des Reichsgesetzes gegen die gemein gefährlichen Bestrehungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß daz ohne Angabe des Verfassers und Druckers erschienene Flug⸗ blatt unter dem Titel: „An die Arbeiter im Soldaten— rock!“ nach §. 11 des gedachten Gesetzes durch den Unter— zeichneten von Landespolizeiwegen verboten worden ist.
Berlin, den 9. April 1887.
Der Königliche Polizei⸗Präsident. Freiherr von Richthofen.
In der heutigen Handelsregister-Beilage wird Nr. 14 der Zeichenregister-Bekanntmachungen veröffentlicht.
Aichtamtsliches. Deutsches Reich.
Preuszen. Berlin, . April. Se. Majestät der Taiser und König empfingen heute den Obersten und Tlügel-Adjutanten, Grafen Wedel und den Botschafter von Schweinitz, welcher sich, auf Urlaub befindlich, auf der Durch reise nach Wiesbaden hier aufhält.
Sodann arbeiteten Se. Majestät mit dem Chef des Militär— kabinets, General von Albedyll, und empfingen eine größer⸗ Anzahl von Offizieren zur Meldung.
— Am ,, . fand für die Kaiserlichen Majestäten und die Königliche Familie ein Haus-Gottesdienst im König= lichen Palais statt.
— Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin begaben Sich am Gründonnerstag Vormittags 11 Uhr mit den Prinzessinnen Töchtern, Königlichen Hoheiten, zu Ihren Majestäten, um an der Feier des heiligen Abendmahls theilzunehmen. Abends wohnten Höchstdieselben der liturgischen Andacht im Dome bei.
Gestern Vormittag begab Sich Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz zum Gottesdienst in den Dom.
Abends besuchten die Höchsten Herrschaften die Sing= . um die Bach'sche Passionsmusik nach Matthäus zu
ören.
— Ist in einem Feuerversicherungsantrag von Antragsteller die Frage, ob der Antragsteller oder das Ver⸗ sicherungsobjiekt schon von Feuerschaden betroffen worden, wissentlich falsch beantwortet worden, so ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civilsenats, vom 23. Februar d. 3, im Geltungsbereich des Preuß. Allg Landrechts die Versiche— rung unverbindlich und die Prämie verfallen.
— Durch Allerhöchste Ordre vom 30. März d. J. if genehmigt worden, daß bei der von der Staats⸗-Bauwverwal— tung projektirten Regulirung der unteren Netze im Regierungsbezirk Bromberg die zur Ausführung der Durch. stiche Nh. 22 bis 25 oberhalb Ja ctorowo im Kreise Ku. mar i. P. erforderlichen Grundstücke durch Anwendung des Enteignungsrechts für den Staat erworben werden.
— Der Chef der Admiralität, General Lieutenam von Caprivi, ist von den Inspizirungen der Marine-Gar— nisonen Kiel, Wilhelmshaven und Lehe hierher zurückgekehrt.
= Der Kaiserliche Botschafter am russischen Hofe, von Schweinitz. hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Für die Dauer der Abwesenheit desselben von Si Petersburg fungirt der Botschafts-Kath von Bülow als interimistischer Geschäftsträger.
= Der Königlich bayerische Gesandte am hiesigen Allet höchsten Hofe, Graf von Lerchenfeld-Köferin g, hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Urlaub angetreten Während der Abwesenheit desfelben von Berlin fungirt der Legations-Rath Freiherr von Podewils als interimistischet Geschäftsträger.
— Der General-Lieutenant von Kameke, Kommandan
von Stettin, hat Berlin nach Abstattung persönlicher Mel dungen wieder verlassen.
= „Der General der Infanterie von Voigts⸗Rhet, bisher GeneralInspecteur der Artillerie, ist zum Genernh Inspecteur der Feld-Artillerie, der General-Lieutenant Roet— dansz, bisher Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie-Inspektion, zum
General⸗Inspecteur der Fuß⸗-Artillerie, und der General-Majet
von Te ichman-Logischen, bisher Commandeur der 1 Fuß Artillerie Brigade, zum Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗In pch tion ernannt worden.
8 Karlsruhe, 6. April. Die „Karlsr. Itg.“ meldet: eber das Befinden Ihrer Majestaät der Königin von Schweden und Norwegen sind befriedigende Nach⸗ richten hierher gelangt. = Die gestern Vormittag vollzogene Freration hat Ihre Majestat glücklich bestanden und war der Terlauf derselben ein vollkommen normaler. Das Befinden nach der Operation war den Umständen entsprechend ein unstiges und konnte die Königin mehrere Stunden der darauf lenden Ziacht ruhig schlafen — Auch heute lauten die Nachrichten über das Befinden der Königin befriedigend.“
Mecklenburg⸗ Schwerin. Schwerin, 6. April. (M. A.) Nach einer Mittheilung aus Cannes wurde daselbst zur Feier des Geburtstages Sr Majestät des Kaisers, m 2. März, ein Festgottes dienst in der evangelischen Kirche ab⸗ gehalten, welchem die Großherzoglichen Herrsch aften mit den beiden altesten Kindern beiwohnten. Abends fand ein Diner bei dem Erbgroßherzog und der Erbgroßherzogin von Zaden statt, an welchem das Gefolge mit Theil nahm. — Am II Marz begaben sich die Großherzoglichen Herrschaften nach Ville Franche, woselbst ein englisches Geschwader mit dem Ferzog und der Herzogin von Edinburg angelangt war. Die Königin Victoria von Großbritannien ist, wie bereits gemeldet, am 1. April in Cannes eingetroffen.
Waldeck und Pyrmont. Arolsen, 6. April. Dem am 27. v. M. eröffneten außerordentlichen Landtage zer Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont wurden, nachdem der Abgeordnete Rhode zum ersten Porsitzenden ge⸗ wählt und von dem Landes-Direktor von Saldern in Eides— pflicht genommen war, alsbald nach seiner an demselben Tage erjolgten Konstituirung die für ihn bestimmten Vorlagen über— geben, als deren hauptsächlichste der zwischen Preußen und Waldeck-Pyrmont am 2. v. M. abgeschlossene Vertrag über die Fortführung der von Preußen übernommenen inneren Ver— waltung der Fürstenthümer vom 1. Januar 1888 ab zu be— zeichnen ist. ⸗ .
Nach Beendigung der in den inzwischen stattgehabten Ausschußsitzungen gepflogenen eingehenden Berathungen gelangte fodann in der 2. öffentlichen Sitzung am 2. d. M.
1) der vorerwähnte Accessionsvertrag zur Abstimmung. Der Vertrag weicht von dem gegenwärtig bestehenden Vertrage nur insofern ab, als nach demselben die Erträgnisse des Domanialvermögens wieder — wie bei dem ersten Vertrage — Sr. Durchlaucht dem Fürsten zufallen und der neue Vertrag nicht wie bisher auf 10 Jahre abgeschlossen ist, sondern so lange gilt, als er nicht von Sr. Majestät dem Kaiser
und König oder Sr. Durchlaucht dem Fürsten gekündigt wird. Die Kündigung muß mindestens
Jahre vor der beabsichtigten Auflösung des Vertrags, welche letztere jedoch nicht vor dem 1. Januar 1898 erfolgen darf, erklärt werden. Außerdem wird, einem Antrage der Stände entsprechend, die Uebernahme Waldeck scher Beamten in den preußischen Staatsdienst oder umgekehrt als Versetzung innerhalb desjenigen Staates behandelt, in dessen Dienst der Beamte übernommen wird, und die Dienstzeit wird den betreffenden Beamten voll in Anrechnung gebracht.
Nachdem Se. Durchlaucht der Fürst, einem Antrage der Stände entsprechend, denselben das Recht eingeräumt hat, vom Jahre 1900 an die Kündigung des Vertrages bei Höchst— demselben beantragen zu können und von Sr. Durchlaucht zu— gesagt worden ist, einem solchen Antrage stattzugeben, wurde ö. Vertrag in erster Lesung mit 12 gegen 2 Stimmen ge— nehmigt.
2 Eine zwischen der Landesvertretung und der Fürst— lichen Domanial verwaltung entstandene Streitfrage, betreffend die Heranziehung von Domanialstammvermögen zur Amorti— sation der Rothschild'schen Schuld im Betrage von 662 662.6, 0 3, wurde durch folgenden von Sr. Durchlaucht dem Fürsten seinem ganzen Inhalte nach acceptirten Beschluß vergleichs— weise erledigt:
„Unter der Voraussetzung, daß der mit Preußen abgeschlossene neue Accessions vertrag Rechtskraft erlangt, verzichtet der Landtag end⸗ gültig auf jede weitere Verfolgung diefer Streitsache für den Fall, daß Se. Durchlaucht der Fürst nach erfolgter Ratifikation des vor beieichneten Vertrags der Landeskasse zu Ärolsen bis zum Schlusse dieses Jahres den Betrag von 331 331 MS 25 mit der Maßgabe überweifen werden, daß derselbe ausschließlich den vier Kreisen
der Fürstenthümer — unter Vorbehalt der näheren Bestimmung der Verwendungszweck und des VertheilungsZsmaßstabes im Wege der Landesgesetzgebung — zu kreiskommunalen Zwecken zu gute kommt.“
5) Der weiter vorgelegte Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung des Gesetzes vom 7. August 1866, die Anwendung beweglicher Dampfmaschinen betreffend, fand die einhellige Zu⸗ stimmung der Kammer. An Stelle dieses Gesetzes soll eine zeitgemäße Polizeiverordnung treten.
Der Landtag beschloß, den Landes-Direktor zu ersuchen, eine Gesetzesvorlage zu machen, durch welche die Gemeinde— ordnung von 1855 dahin abgeändert wird, daß im Gemeinde— bezirk wohnhafte Ausländer von ihrem Gehalte oder ihrer Pension, welche sie aus der Reichskasse oder aus der Kasse eines anderen Staates beziehen, gleich den übrigen Gemeinde— gliedern zu den Gemeindeabgaben heranzuziehen sind.
5) Schließlich wurde beschlossen, den Landes⸗-Direktor um eine Gesetzesvorlage zu ersuchen, wonach auf Grund des Reichs— gesetzes vom 28. März 1885 das außerdienstliche Einkommen der im Offiziersrang stehenden Militärpersonen und die Pensionen der zur Disposition gestellten Offiziere zu den Ge— meindeabgaben heranzuziehen sind.
Landes-Direktor von Saldern erklärte, daß wegen Erlasses eines solchen Gesetzes schon einleitende Schritte geschehen seien.
In heutiger dritter öffentlicher 5. nahm der Landtag den mit Preußen abgeschlossenen Accessionsvertrag in zweiter Lesung mit 12 gegen 3 Stimmen an. — Landes-Direktor von Saldern erklärte darauf im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Königs von Preußen die außerordentliche Session des Landtages für geschlossen.
Nach einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den König von Preußen und auf Se. Durchlaucht den Fürsten zu Waldeck und Pyrmont trennte sich die Ver— ammlung.
SDefterreich⸗ Ungarn. Wien, 6. April. (Wien. Abdp.) Die Mitglieder des von der ungarischen Quoten
eputation gestern gewählten Subcomitsés treffen am onnerstag, den 14. d. M., in Wien ein, um die Verhandlungen mit der Deputation des Reichsraths, betreffend die Feststellung der eiderseitigen Beitragsquoten zu den gemeinsamen Ausgaben, mündlich fortzusetzen.
— 8. April. (W. T. B.) Das „Fremdenblatt“ wird von kompetenter Seite darauf aufmerksam gemacht, daß
die stückweisen Erzählungen, namentlich auswärtiger Blätter, über die einzige Besprechung des Ministers des Aus⸗ wärtigen, Grafen Kälnoky, mit dem bulgarischen Justiz⸗Minister Stoiloff ö als richtige Dar—⸗
stellung der Unterredung zu betrachten seien. Feldmarschall Lieutenant Graf Paar ist zum ersten General-Adjutanten des Kaisers ernannt worden.
Großbritannien und Irland. London, 6. April. (A. C.) Die Königin Victoria verließ gestern Abend Cannes, um sich nach Aix⸗lLes-Bains zu begeben, woselbst sie heute (Mittwoch) früh 9 Uhr eintrifft.
Der ann. der Belgier traf gestern Nachmittag, von Ostende kommend, in Dover ein und begab sich von da nach dem Seebadeorte Hastings, woselbst Se. Majestät einige Zeit zu verweilen gedenkt.
Die Opposition scheint jetzt versöhnlicher gestimmt zu sein, und die Regierung hofft, die zweite Lesung der irischen Verbrechenakte zu angemessener Zeit erlangen zu können, ohne zum Debattenschluß ihre Zuflucht zu nehmen. Es wurden Zweifel laut, ob die Cloture auch in Abwesenheit des erkrankten Sprechers in Anwendung gebracht werden könne. Die maßgebenden Persönlichkeiten des Unterhauses sind jedoch der Ansicht, daß, da der stellvertretende Sprecher alle Funktionen des Sprechers übertragen erhalten habe, keine Schwierigkeit obwalten würde. Es ist möglich, daß die Regierung ein— willigt, die Verbrechen-Bill erst am Montag nach Ostern zur zweiten Lesung gelangen zu lassen. Da sowohl Goschen als Lord Hartington am nächsten Sonnabend in Edinburg reden wollen, so würde es für Beide sehr unangenehm sein, wenn sie bis spät Freitag Nacht im Hause bleiben müßten, um an der Abstimmung theilnehmen zu können. Dagegen muß die Theilnahme Chamberlain's an der Abstimmung im Voraus ausgeschlossen bleiben, da er am Sonnabend in Inverneß eine Rede halten wird.
— JT. April. (A. C) Die Königin traf gestern Morgen 9 Uhr, begleitet von der Prinzessin Beatrice, in Aix-les-Bains ein. Ihre Majestät stieg in der Villa Mottet ab. Prinz Heinrich von Battenberg ist in Cannes geblieben. Die Königin wird bis zum 25. d. in Aix verweilen.
Lord Rosebermy ist von seiner indischen Reise nach England zurückgekehrt.
—— JT. April. (W. T. B.) Das Unterhaus vertagte sich heute bis Dienstag, den 12. April.
In Kalkutta eingegangene Berichte aus Afghanistan melden, dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge: der Stamm der Gilzais habe eine Position in der Nähe von Ghuzni, welche den Weg von Kabul nach Kandahar beherrscht, besetzt.
Frankreich. Paris, 6. April. Köln. Ztg.) In seiner heutigen ersten Sitzung wählte der Budgetausschuß Rouvier zum Vorsitzenden und Peytral und Casimir Perier zu Stellvertretern. Rouvier dankte für die Wahl und kenn— zeichnete das Programm des Ausschusses folgendermaßen: „Die Kammer hat dadurch, daß sie ihren Budgetausschuß nach Listenabstimmung und ohne vorherige Erörterungen in den Ab— theilungen wählte, uns mit einem Vertrauen . das unsere Verantwortlichkeit vergrößert. Wir werden ihren Erwartungen und denen des Landes entsprechen, wenn wir von der doppelten Nothwendigkeit durchdrungen sind, die Ausgaben in einem Maße zu beschränken, welches mit den Verrichtungen der Staatsdienstzweige vereinbar ist, um ein festes, unbestreit— bares Gleichgewicht herzustellen. Um dieses Werk zu voll— bringen, werden wir, davon bin ich überzeugt, den Groll, die Zwistigkeiten vergessen und uns zu einer Kraftanstrengung, zu einem Willen vereinen, um dem Lande ein Budget zu geben, das nach dem Willen der Nation ein Budget der Ersparnisse, des Gleichgewichts und der Reformen sein muß.“ In der darauf folgenden allgemeinen Erörterung stießen mehrere Punkte des Dauphin'schen Budgets, die Aus— gleiche für die außerordentlichen Kriegsausgaben, die Ver— mehrung der Steuer auf Alkohol und die Art und Weise, wie die Mobiliarsteuer in eine Einkommensteuer umgewandelt werden soll, auf lebhaften Widerstand.
Italien. Rom 8. April. (W. T B) Das amtliche Blatt veröffentlicht einen Königlichen Erlaß, betreffend die
Erweiterung und Abgrenzung der Zollzone entlang der Landesgrenze gegen Oesterreich-Ungarn in den Provinzen Bergamo, Brescia, Mantua, Verona, Vicenza und Padua.
Serbien. Belgrad, 8. April. (W. T. B.) Der König empfing gestern den englischen Gesandten Wyndham, welcher ein Antwortschreiben der Königin auf das Abberufungsschreiben des früheren serbischen Ge— sandten Mijatovic überreichte.
Der Unterrichts-Minister begiebt sich am nächsten Sonntag nach Takowa, um Namens der Regierung der dort stattfindenden Enthüllung eines Denkmals für den Fürsten Milosch Obrenowitsch beizuwohnen.
Bulgarien. Sofia, 6. April. Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, wurden alle wegen der in Sofia geplanten Bewegung Verhafteten freigelassen. Karawelow wurde gegen eine Kaution von 40 000 und Nikiforow gegen eine solche von 20000 Fre. in Freiheit gesetzt. Die Woh— nungen der beiden Letzteren werden durch Gendarmen bewacht werden, um jeden Verkehr mit ihren Freunden zu verhindern. Diese Maßregel wurde ergriffen, um dem Gerücht entgegen— zutreten, als wollten die Behörden Karawelow und Nikiforow interniren.
Rußlknd und Polen. St. Petersburg, 9. April. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ kon— statirt, daß der in einem Pariser Blatt enthaltene Be— richt über eine Unterredung, welche ein Korrespondent dieses Blattes jüngst mit einem hohen Beamten des rus— sischen Ministeriums des Auswärtigen gehabt haben sollte, auf Erfindung beruht. Das Journal fügt hinzu: seine Leser wüßten, daß kein Staatsmann für die Worte verantwortlich gemacht werden könne, welche es irgend einem Korrespondenten beliebe, ihm in den Mund zu legen.
Vor der Rückreise des Botschafters, Fürsten Loba— now, nach Wien wurde derselbe noch vom Kaiser empfan— gen, ebenso der Botschafter Graf Schu walow.
Schweden und Norwegen. Christiania, 2. April. (Köln. Ztg.) Der neue Heeres-Einrichtungsplan ist gestern dem Storthing vorgelegt worden. Er beruht auf dem vor zwei Jahren erlassenen Wehrpflichtgesetz, also: all⸗ gemeine Wehrpflicht, Linie, Landwehr und Landsturm (13
Jahresklassen). Die norwegische Garde Sr. Majestät“ soll in zwei Compagnien formirt werden und ihre Standquartiere in Christiania haben. Das Marine-Budget ist im Betrage von 2087 000 Kronen nach dem Antrage der Regierung vom Storthing bewilligt worden.
Amerika. Washington, 5. April. (A. C. Das den Handel zwischen den Staaten regelnde Gesetz (Inter⸗ State⸗Commerce⸗Bill) trat heute in Kraft. — Der Staats⸗
sekretär Bayard stellte heute dem Präsidenten Cleve⸗ land den neuernannten österreichisch-ungarischen Gesandten, Tavera, vor. — Ueber die Wahlen wird aus New⸗York gemeldet: Die neuesten Ziffern deuten eine republikanische Mehrheit von 10000 Stimmen in Michigan an. Das den Verschleiß berauschender Getränke untersagende Amendement zur Staatsverfassung wurde durch die gleiche Anzahl von Stimmen verworfen. — In Cincinnati erhielt der zum Bürgermeister gewählte Republikaner Smith 17963 Stimmen, während auf den Arbeiter kandidaten Stevenson 17367 und den Demokraten Matson 11957 Stimmen entfielen. — In Chicago nimmt die Wahl einen ruhigen Verlauf. Es ist Aussicht vorhanden, daß die Sozialistenpartei eine Niederlage er— leiden werde. Den gegenwärtigen Andeutungen zufolge wurde der republikanische Kandidat für den Bürgermeisterposten mit einer Mehrheit von 25 000 Stimmen gewählt. — Die Arbeiter— partei in Dubuque (Jowa) wählte sämmtliche städtische Beamte.
New⸗York, 6. April. (A. C.) Bei den Gemeinde⸗ rathswahlen in Kansas betheiligten sich zum ersten Mal Frauen an der Abstimmung. Sie sind dazu auf Grund des neuen Staatsgesetzes ermächtigt. Einer ungefähren Schätzung nach wurde etwa ein Fünftel der stimm— berechtigten Frauen registrirt, und vier Fünftel der Registrirten gaben ihre Stimmen ab. — Bei den Ge— meinderaths-Wahlen in Chicago ist nur ein einziger Sozialist, der Kandidat für einen StadtältestenPosten war, gewählt worden. — Bei den gestrigen Wahlen in Milwaukee siegten die von der Anti⸗Arbeiterpartei aufgestellten Kandidaten in dem ganzen Kreise, mit Ausnahme der Stadt Milwaukee, wo die Arbeiterpartei eine Mehrheit von 1500 Stimmen erzielte.
— J.. April. (R. B.) Der Senat des Staates New-⸗-Jersey hat seine Sympathie für Irland in einer Resolution ausgedrückt. — Bei den Staats— wahlen in Rhode⸗Island hat die demokratische Partei gesiegt. — Die zur Ausführung des Gesetzes über den Handelsverkehr zwischen den Staaten eingesetzte Kommission hat beschlossen, den Paragraphen, Eisenbahnen verbietet, für kürzere Strecken mehr als für
längere zu berechnen, einstweilen zu suspendiren.
Chicago, 6. April. (R. B.) r dti Bürgermeisterwahl haben die Demokraten im Allgen mit den Republikanern gegen di in
Partei gestimmt. Der republikanische Kandidat erhielt etwa 28 000 Stimmen Majorität. Die Sozialisten erhielten nicht mehr Stimmen, als sie bei der letzten Wahl hatten.
Zeitungsftimmen.
Die „Staatsbürger-Zeitung“ schreibt zur Steuer— Reform:
Ein Blick auf andere Großstaaten lehrt, daß dort die zur Be— streitung der Staatsausgaben nothwendigen Mittel in weit höherem Maße im Wege indirekter Abgaben aufgebracht werden als in Deutsch— land. Dies beruht auf der dort herrschenden Ueberzeugung von den Vorzügen dieser Abgaben. Es sprechen auch historische und poli— tische Erwägungen nicht dagegen, sondern dafür, das System der indirekten Abgaben, welche den Krystallisationspunkt für das Ent— stehen des Deutschen Reichs gewissermaßen gebildet haben und auf finanziellem Gebiete fortdauernd als eins der wichtigsten Bindemittel für die Bundesgemeinschaft anzusehen sind, in Deutschland in wenig stens annäherndem Maße zu pflegen, wie es in jenen Ländern geschehen ist. Dazu kommt, daß die Quelle direkter Steuerbelastung in den deutschen Bundesstaaten nicht nur für Staatezwecke, sondern auch für Zwecke der Stadt-, Provinzial-, Kreis-, Kirchen- und anderer Ver— bände bereits in höchst vielseitiger und schwer belastender, in erschöpfen— der Weise in Anspruch genommen ist.
Weder das Reich, noch die Einzelstaaten, noch die Kommunen sind an dem Punkte angelangt, wo sie auf eine Erhöhung ihrer Ein— künfte verzichten könnten. Im Gegentheil ist eine Vermehrung der Einnahmen überall nothwendig. Wo wir hinsehen, Überall äußert sich Noth, und die Bedürfnisse werden weiter wachsen. Den Einzel— staaten ist überall die peinlichste Einschränkung auferlegt, welche auf die Dauer unerträglich ist. . . . Die Einzelstaaten vermögen bei der fast überall vorliegenden Unmöglichkeit einer stärkeren Anspannung der direkten Steuern so weitgehenden finanziellen Verpflichtungen nur dann gerecht zu werden, wenn das Reich, welches allein im Stande ist, beträchtliche neue Einnahmen aus den indirekten Steuern in wirksamer und zweckmäßiger Weise zu erschließen, durch indirekte Besteuerung den Kassen der Einzelstaaten ausreichende Deckungsmittel zuzuführen bereit ist.
Wenn wir also vor der üblen Nothwendigkeit stehen, die preußi— schen sowohl, wie sämmtliche deutschen Staatsbürger noch stärker zur Steuer heraniuziehen, und wenn man zugeben kann und muß, daß, wenn die direkten Steuern bereits eine solche Höhe erlangt haben, daß eine weitere Erhöhung derselben die Existenz vieler weniger bemittelten Steuerzahler erschweren und so die ganze Steuerkraft des Landes vermindern würde, die indirekten Steuern ohne Nach— theil mehr ausgebildet werden dürfen, so muß man jedoch von vornherein einen Unterschied machen zwischen indirekten Steuern, welche nothwendige Lebensbedürfnisse belasten, und solchen, welche auf Genußmittel gelegt werden. Die erstere Art indirekter Steuern möchten wir unter keinen Umständen in jetziger Zeit befür⸗— worten, schon nicht mit Rücksicht auf die eigentbümliche, wenn auch vielleicht unschwer zu erklärende Erscheinung, daß da, wo die noth— wendigen Lebensbedürfnisse im Preise steigen, der Verbrauch von Genußmitteln wächst. Wollte man, wenn die indirekten Steuern neben den direkten schon als eine große Last empfunden werden, die nothwendigen Lebensbedürfnisse theils höher besteuern, theils neue Abgaben auf nothwendige Lebensbedürfnisse legen, dagegen die Genuß— mittel weniger besteuert oder ganz unbesteuert lassen, so würde jene Erscheinung noch greller zu Tage treten. Der Wenig⸗ bemittelte würde sich mit Genußmitteln für den Mangel zu entschädigen suchen, den er an den nothwendigsten Lebensmitteln leiden müßte; er würde seine Arbeitskraft dadurch schädigen, und damit seine Familie und den ganzen Staat. Wenn der Wenigbemittelte zu wählen hat, ob er sich ein Stück Wurst oder ein Glas Brannt- wein für sein Geld kaufen soll — was ist dann das Bessere für ihn? Wenn die Wurst theurer ist oder der Branntwein? Doch jedenfalls das Letztere. Wählt er das kräftigende Nahrungsmittel, so ist das für ihn und die Seinigen zehnmal tesser, als wenn er sich den knur— renden Magen mit Branntwein betäubt.
Wenn wir also vor der Wahl stehen, ob wir die direkten Steuern,
die schon eine solche Höhe erreicht haben, daß sie in Folge ihrer ganzen Natur eine weitere Erhöhung nicht ertragen können, ohne die