ö
Den dritten Gegenstand der Tagesordnung bildete der mündliche Bericht der Justizkommission über den Gesetzent⸗ wurf, betreffend das Theilungsverfahren und den 1 Verkauf von Immobilien im Geltungs—
ereich des Rheinischen Rechts, welchen Herr von Hol— leben erstattete.
Derselbe empfahl, den Gesetzentwurf in der von dem Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung anzunehmen.
Nach einer kurzen Bemerkung des Herrn Adams wurde der Gesetzentwurf ohne weitere Debatte, gemäß den Anträgen der Kommission, en bloFe angenommen und hierauf die Sitzung um 21½ Uhr geschlossen.
Nachste Sitzung: Sonnabend 12 Uhr.
— In der heutigen (43.) Sitzung ves Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats— Ministeriums, Minister des Innern von Puttkamer, der Mi— nister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Dr. Lucius, und mehrere Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident zunächst mit, daß der Staatsvertrag vom 2 März 1887, be— treffend die Fortführung der Verwaltung der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont durch Preußen, eingegangen sei.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gal der Abg. Kleine die Erklärung ab, daß er bei der gestrigen namentlichen Ab— stimmung über die kirchenpolitische Vorlage nicht mit „Nein“ gestimmt, sondern sich der Abstimmung enthalten habe.
Als erster Gegenstand stand auf der Tagesordnung die Fortsetzung der zweiten Berathung des Gefetzentwurfs, betreffend die Gewährung einer staatlichen Sub— vention an die Provinzial-Hülfskasse für die Rheinprovinz behufs Hebung des Grundkredits.
Der Abg. Freiherr von Erffa-Wernburg erklärte sich Namens der konservativen Partei für die Vorlage, obgleich es ja fraglich sei, ob gerade die Rheinprovinz in erster Linie eine solche staatliche Hülfe nöthig habe. Seine Partei erblicke in dieser Vorlage den Anfang einer Neuorganisation des Kredits, die sie für absolut nothwendig halte. Wo die Landwirthe sich selbst helfen könnten, sollten sie es thun, aber der Staat müsse dieser Selbsthülfe seine Unterstützung leihen dadurch, daß er im Genossenschaftswesen statt der unbeschränkten Solidarhaft die beschränkte Theilhaft einführe. Der Ahg. Dr. Freiherr von Schorlemer habe die Seßhaftmachung der Arbeiter empfohlen. Er sei damit vollständig einverstanden, aber der. Abg. Dr. Freiherr von Schorlemer solle seinen Beistand leihen, um die Rentengüter, welche in der Provinz Posen eingeführt seien, auch auf die anderen Provinzen zu übertragen. Vor allem müßten die Getreidezölle erhöht werden. Vielleicht stimmten auch die Deutschfreisinnigen dafür im Reichstage, nachdem der Abg. Dr. Meyer (Breslau) zuge— geben, daß die Schutzzölle eine Preiserhöhung nicht zur Folge gehabt hatten.
Der Abg. von Körber wies darauf hin, daß in anderen Provinzen ein gleicher Nothstand bestehe. In seiner Heimath Westpreußen sei trotz nicht ungünstiger Kreditverhältnisse die Lage der Gutsbesitzer eine vielleicht noch schlechtere als in der Rheinprovinz, wo der vorhandene Kapitalbesitz den Landwirthen das Ueberstehen schlechter Zeiten mehr erleichtere als im kapital— armen Osten.
Der Abg. von Rosenberg-Gruszyneki trat für die Vor— lage im Interesse der rheinischen Landwirthschaft ein.
Der Abg. Dr. Arendt war mit den meisten Rednern darin einverstanden, daß die Erhöhung der Getreidezölle der Landwirthschaft helfen könne, dies sei aber nur ein Nothbehelf bis zu dem Zeitpunkt, wo die Gold— währung beseitigt sein würde. Es sei nicht mehr zweifelhaft, daß der Bimetallismus in England siegen werde. Wir würden dann bedeuern, England den Vorrang gelassen zu haben. Die Vorlage selbst sei bedenklich, weil die Mittel, welche der Rheinprovinz aus Anlaß eines Nothstandes überwiesen seien, ihr erlassen werden sollten. Dies sei ein bedenkliches Präcedens.
Der Abg. Mooren bemerkte, daß die Rheinländer um diese kleine Staatssubvention gebettelt hätten; sie verdienten aber diese Zuwendung wohl, nachdem man ihnen die Ein— nahme aus den Kantongefängnissen, welche für wohlthätige Zwecke, für Krankenhäuser 2c. verwendet worden sei, ent— zogen habe.
Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) gab zu bedenken, daß man, wenn man einmal diesen Weg betrete, später viel größere Mittel ausgeben müßte. Gegen die Resolution habe er schwer— wiegende Bedenken. Eine Anregung derselben aber möchte er dem Minister ans Herz legen. Unser Sparkassen— wesen beruhe auf einem ktinisterial⸗-Reskript. Der Minister sollte sich die Ausarbeitung eines Sparkassen— gesetzes angelegen sein lassen. Die Mündel- und Sparkassen— gelder dürften nicht dem kleinen Personalkredit zugänglich ge— macht werden, weil man bei ihm in der Auswahl des Schuld— ners nicht vorsichtig genug sein könne. Die Selbstverwaltungs— behörden dem Sparkassenwesen einzufügen, halte er für be— denklich, weil dabei leicht die Kreditwürdigkeit auf die politische Gesinnung des Kreditsachenden geprüft werden könnte. Seine Aeußerung über die Getreidezölle habe der Abg. Freiherr von Erffa falsch verstanden. Er habe am 25. Januar ge— sagt: wir könnten nach, den bisherigen Erfahrungen einer neuen Erhöhung der Getreidezölle ruhiger ent— ö aber freuen würde man sich darüber nicht.
em Abg. Dr. Arendt und seinen bimetallistischen Freunden
gratulire er zu . gescheiten und hochherzigen Entschluß,
in der Währungs legen.
ö alt Schluß des Blattes nahm der Abg. von Eynern das ort.
— Ein Eisenbahn-Wagenputzer stürzte im März 1885 von einem stillstehenden Eisenbahnwagen eines bereits zur Abfahrt rangirten Zuges, dessen Verdeck er von Schnee und Eis zu reinigen hatte, herab und erlitt dabei so schwere Verletzungen, daß er in Folge davon verstarb. Die Wittwe des Verunglückten beanspruchte klagend von der Eisenbahn⸗ 'ne ft Schadensersatz, indem sie sich auf 5 1 des
aft flicht esetzes, betreffend Unfälle beim Eisenbahn⸗ betriebe, berie „da, der Unfall mit der den Eisenbahnbetrieb be⸗ herrschenden Präzision in Zusammenhang stehe. Das Berufungs⸗ gericht erkannte die Entschäadigungs verbindlichkeit der Eisenbahn⸗ gesellschaft an, indem es den ö 1 des Haftpflichtgesetzes . anwendbar erklärte. Auf die Revision der Beklagten hob das Reichsgericht, VI. Civilsenat, durch Urtheil vom 16. März d. J, das Berufungsurtheil auf, indem es begründend aus? führte: „Wie in der Rechtsprechung des Reichs-Ober-Handels— gerichts und des Reichsgerichts gleichmäßig angenommen, findet der 5. 1 des Haftpflichtgesetzes nur auf solche Unfälle
rage nunmehr die Hände in den Schoß zu
Anwendung, welche mit der dem Eisenbahnbetriebe eigenthüm⸗ lichen Gefährlichkeit im Zusammenhang stehen. Diese eigen⸗ thümliche Gefährlichkeit ist insbesondere in der Be⸗ nutzung der Dampfkraft in Verbindung mit der leichten Beweglichkeit und der Schwere des rollenden Materials zu finden. Sie kann aber auch durch die den Eisen—⸗ bahnbetrieb beherrschende Präzision gegeben sein, welche es erforderlich macht, daß bei Arbeiten und Verrichtungen eine besondere Beschleunigung ohne Rücksicht auf die sonst erforder⸗ liche Vorsicht stattfinden muß. Von diesem Gesichtspunkte aus ist es zu untersuchen, ob Unfälle, die bei Arbeiten an still— stehenden Eisenbahnwagen eingetreten sind, unter den F. 1 eit.
fallen. Hiernach ist zunächst der in dem angefochtenen Er-
kenntnisse erwähnte Umstand, daß der Ehemann der Klägerin bei einer Arbeit verunglückt ist, welche mit Rücksicht auf die Beförderung eines bereits rangirten Zuges vorgenommen wurde, zur Fertigstellung dieses Zuges diente, unerheblich. Wenn ferner auch die Konstruktion der Eisenbahnwagen gewisse Eigenthüm— lichkeiten hat, so läßt sich doch nicht behaupten, daß die Ge— fährlichkeit der Reinigung des Verdecks stillstehender Eisenbahn⸗ wagen, sowie die des Putzens der Fenster an den Ausbauten auf den Verdecken, dem Eisenbahnbetriebe eigenthümlich sei. Derartige Verrichtungen auf einem erhöhten engbegrenzten, die Gefahr des Fallens hervorrufenden Standpunkt kommen in wesentlich gleicher Art auch in anderen Verhältnissen vor.“
— Der Direktor des Departements für das Invaliden— wesen im Kriegs⸗Ministerium, General-Lieutenant von Grol— man, hat eine Dienstreise behufs Inspizirung der militärischen Strafanstalten angetreten.
— Der General-Lieutenant Graf von Haeseler, Commandeur der 6. Division ist von Brandenburg a. H. hier eingetroffen.
— S. M. Kanonenboot Kapitän⸗-Lieutenant Jaeschke, ist Nagasaki eingetroffen.
„Wolf“, Kommandant am 27. April er. in
Wiesbaden, 26. April. In der heutigen 4. Plenar— sitzung des Kommunal-Landtages wurde nach Mittheilung und Vertheilung der neuen Eingaben an die verschiedenen Kommissionen und nachdem der Antrag des Schriftführers Müller um Entbindung von seinem Amte aus Ge— sundheitsrücksichten angenommen war, eine neue Wahl auf die nächste Tagesordnung gesetzt. — Sodann wurden Wahlen geprüft und ohne Anstand genehmigt. — Auf Bericht der Finanz-Kommission erhielten 3 Etatsüher— schreitungen der Korrigendenanstalt in Hadamar und der Irrenanstalt in Eichberg Genehmigung. — Auf Bericht der— selben Kommission, betreffend die Gehaltserhöhungen der oberen Beamten der Landesbank ward nach den Anträgen der Kommission beschlossen. Desgleichen hinsichtlichlich der Gehälter der Landes-Bauinspektoren. Auf den Bericht derselben Kommission hinsichtlich der Einrichtung von Sammel— stellen der Sparkasse wurde beschlossen, zunächst einige Sammel— stellen einzurichten und dazu vorläufig 500 M in den Etat der Sparkasse einzustellen. — Nach einem Bericht der Finanz— Kommission genehmigte der Landtag 2 beantragte Ab— änderungen des Statuts der Wittwen- und Waisenanstalt
der ständischen Beamten. — Die neu eingerichtete An-
stalt für weibliche Epileptische in Kiedrich (Valenius— haus) soll für jede Arme einen Zuschuß von 100 M aus kommunalständigen Fonds erhalten, was genehmigt wurde. — Der Verwaltungsbericht des Landesausschusses wurde unter Anerkennung seiner Thätigkeit zu den Akten genommen. — Auf die Berichte der Wegebau-Kommission beschloß der Landtag hinsichtlich der Verbesserung der Chaussee von Nassau nach Singhofen, das Gesuch der betreffenden Gemeinden dem Landesausschusse zur Berücksichtigung zu überweisen. — Hin— sichtlich des Antrages der Straßenbahn-Gesellschaft zu Wies— baden um Benutzung der kommunalständischen Straßen nach Biebrich wurde der komm. Ausschuß zum Abschlusse eines Vertrags ermächtigt. — Der Antrag auf Mitbenutzung der ständischen Straße von Dillenburg nach Streß ebersbach durch eine Sekundärbahn und Bewilligung eines Zuschusseöz von 50 000 ( zu den Kosten des Grund— erwerbs ward genehmigt. — Die Betriebsgesellschaft für Straßenbahnen Hartmann u. Cie. beantragt Mitbenutzung der ständischen Straßen, namentlich der Mörselder Landstraße,
zur Anlage einer Straßenbahn von Frankfurt nach Neu“
Isenburg, desgleichen die Darmstädter Bank. Es wurde be— schlossen, den Ausschuß zum Abschlusse eines Vertrags mit derjenigen Gesellschaft zu bevollmächtigen, welche die Konzession erhalte. — Ein Gesuch um Unterstützung aus dem Kreise Biedenkopf ist dem Ausschusse überwiesen worden.
Württemberg. Stuttgart, 27. April. (St. A. f. W) In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer sprach vor Eintritt in die Tagesordnung der Präsident von Hohl folgende Worte: „Lassen Sie uns, meine Herren, eine schöne patriotische Pflicht ersüllen und heute Ludwig Uhland's, des edlen herr— lichen Mannes, dessen 100 jähriges Geburtsfest in der schwäbischen Heimath und sonst im deutschen Vaterland in diesen Tagen gefeiert wird, auch in unserem Hause gedenken, welchem derselbe — nach dem harten, aber siegreichen Kampfe für unsere noch heute bestehende segensreiche Verfassung — zwölf Jahre lang
ngehört hat. Das weitere Wort ertheile ich dem Herrn Kanzler.“
Hierauf hielt der Kanzler, Staatsrath Dr. von Rümelin eine schöne Gedächtnißrede auf den Dichter und den Politiker Ludwig Uhland und forderte das Haus auf, sich zu Ehren desselben von den Sitzen zu erheben, was in einmüthiger Begeisterung geschah.
Hessen. Darmstadt, 27. April. (Köln. Ztg.) Die Zweite Kammer hat den Hauptgrundsatz des das Damm—
bauwesen betreffenden Gesetzes: staatlichen Zuschuß von drei
Vierteln der Dammbaukosten, unter Ablehnung weiter oder niedriger gehender Anträge angenommen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 26. April. (Wien. Abdp.) In beiden Häusern des Reichs raths erstatteten heute die Präsidenten Bericht über den Empfang bei dem , Erzherzog Albrecht. Das Herrenhaus zog sierauf den Gesetzentwurf, betreffend die Versorgung der Militär⸗ Wittwen und Waisen, in Berathung. Die Debatte hierüber gestaltete sich recht lebhaft. Die Abstimmung ergab die einhellige Annahme der Vorlage. Der Kommissionsbericht, betreffend den Reverterg'schen Antrag auf Reform des Sparkassen⸗Regu⸗
lativs vom Jahre 1844, wurde ohne Debatte genehmigt. —
Das Abgeordnetenhaus eröffnete heute die Generaldebatte über das Budget. Außer dem Berichterstatter kamen drei Redner zum Worte.
Großbritannien und Irland. London, 26. April. (A. C. Während das Budget bis jetzt auf keinen ernst⸗ lichen Widerstand im Parlament gestoßen ist, wird die Opposition auf Grund der Bestimmungen über die Re— duktion der Nationalschuld gegen die zweite Lesung der Bill Einsprache erheben.
Nach dem Bericht des Genergl-Inspektors der irischen Konstabler sind im ersten Quartal des laufenden Jahres 241 agrarische Verbrechen in Irland begangen worden. Hiervon fallen auf die Provinz Ulster 16, auf Leinster 3, Connaught [2 und Munster 119. In Ulster und Leinster wurden verhältnißmäßig wenige Verbrechen gegen die Person begangen, dagegen zwei Drittel aller in Munster, zu welcher Provinz die berüchtigten Kreise Clare und Kerry ge— hören. Die Verbrechen gegen das Eigenthum bestehen fast ausschließlich in Brandstistungen und Viehverstümmelungen. Von den 22 Brandstiftungen kommen 1 auf Ulster, 8 auf Leinster, 5 auf Connaught, 7 auf Munster. Von den Ver— gehen gegen den öffentlichen Frieden bilden den Hauptbestand⸗ theil Drohbriefe.
Das Parlament der Kapkolonie ist auf den 27. Mai einberufen worden.
Nunmehr haben auch die Regierungen von Tas— manien, West-Australien und Neusüdwales den von der Reichsregierung der Kolonial-Konferenz unterbreiteten Flottenvertheidigungsplan genehmigt.
238. April. (W. T. B.) Bei der gestrigen Gerichts— verhandlung gegen 13 Sozialisten, welche angeklagt waren, vor einiger Zeit in der Nähe des Hyde— Park Ruhestörungen veranlaßt zu haben,‘ ver— urtheilte das Polizeigericht 7 Angeklagte zu 6 Monaten Zwangsarheit, einen zu 1 Monat und einen zu 3 Wochen Gefängniß; dreien der Angeklagten wurde eine Kaution von 20 Pfd. Sterl. für zukünftige gute Führung auferlegt und ein Angeklagter freigesprochen. Drei der Verurtheilten be— absichtigen zu appelliren.
Frankreich. Paris, 25. April. (Fr. C.) Der Premier-Minister Goblet empfing heute früh eine Abordnung von Studirenden, welche um Wiederab— schaffung der von neuem eingeführten Collegiengelder vorstellig wurde und zum mindesten Stundung verlangte, bis die Kammern entschieden haben. Hr. Goblet bemerkte: die Einnahme aus diesen Gebühren sei im Budget für 1887 auf⸗ geführt, also Gesetz; daber sei eine Stundung unmöglich. Die Frage könne erst für 1888 geprüft werden und gehe den Unter— richtsMinister an; er, Goblet, sei gegen die Unentgeltlichkeit des höheren Unterrichts.
— 27. April. (W. T. B.) Morgen findet ein Minister— rath statt. — Die Minister Granet und Millaud, welche sich gegenwärtig in Algier befinden, werden ihre Reise nicht bis Tunis fortsetzen, sondern sich morgen in Philippe— ville einschiffen, um nach Frankreich zurückzukehren.
Portugal. Lissabon, 19. April. (Pol. Corr.) Der Finanz-⸗Minister Carvalho hat soeben den Kammern das Budget für das Finanzjahr 1887,88 vorgelegt und im Zusammenhange damit einige Gesetzentwürfe, welche auf die Her stellung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Aus— gaben abzielen. Der Minister hofft, das auf 15 Millionen Francs gestiegene Defizit durch eine Vermehrung der Ein— künfte vom Taback, durch eine Umgestaltung der portugiesischen Bank und durch Reformen in der direkten Be— steuerung und in den Zollsätzen beseitigen zu können. Bezüg—
lich des Tahacks schlägt Hr. Carvalho vor; es mögen sich
sämmtliche Privatfabriken dahin einigen, dem Staatsschatz
einen Reingewinn-Ueberschuß von 5 Millionen Francs zu
garantiren, und fügt hinzu, daß, wenn die Fabriken
sich hierüber nicht verständigen selbst entweder eine betheiligte Regie mit Ausschluß des Monopols für die Einfuhr und den Verkauf der ausländischen Tabacke oder eine direkte Staatzregie anzurichten im Sinne habe. Der Bank wird das Privilegium der Notenausgabe für das ganze Land ertheilt und die Ein— hebung der direkten Staatseinnahmen ebenso wie die Aus— bezahlung der Gehalte für den öffentlichen Dienst anvertraut werden, doch hätte sie dem Staatsschatz gewisse Bürgschaften zu leisten. Diese zwei Maßregeln haben von Seiten der beiden esetzgehenden Körperschaften sehr lebhafte Beachtung gefunden. Der Zolltarif wird eine erhebliche Herabsetzung hinsichtlich der Klassifizirung der einzelnen Artikel erfahren, und man erwartet davon eine Vermehrung der Einkünfte wie auch eine Erleichterung des Verfahrens in der Zollbehandlung. Es scheint, daß dieses finanzielle Programm der Regierung keiner beträchtlichen Opposition begegnen wird, da es im Geunde keine neuen Auflagen vorschlägt, und das Kahinet zählt auf eine starke Mehrheit in den beiden Kammern. — Am vergangenen Donnerstag fand im Palast von Ajuda die Taufe des neugeborenen Prinzen und Enkels des Königs in feierlicher Weise und mit dem am portu— giesischen Hofe herkömmlichen Ceremoniell statt. — Vicomte de Valmor, der Lissabon bereits verlassen hat, reist zunächst nach Paris, von wo er sich auf seinen Gesandtenposten nach Wien begeben wird. — Kürzlich wurde eine neue Eisenbahnlinie von Lissabon nach Cintra, dem berühmten, wegen seiner Naturreize schon von Lord Byron besungenen Sommeraufenthaltsort, eröffnet; schon die ersten Tage haben einen sehr lebhaften Personenverkehr auf der neuen Linie ergeben.
Griechenland. Athen, 27. April. (W. T. B.) Durch einen Erlaß des Königs mird für die Fertigstellung bes Kanals von Korinth ein Aufschub bis Ende 1891 bewilligt.
sollten, der Staat
Dänemark. Kopenhagen, 28. April. (W. T. B General Haffner, Mitglied des Landsthings, ist heute Vor— mittag gestorben.
Amerika. New-York, 25. April, Der Londoner Allgemeinen Correspondenz“ wird geschrieben: „Die nächste Präsidentschafts-Campagne wird bereits in den ganzen Vereinigten Staaten lebhaft besprochen. Die Nachricht, daß Präsident Cleveland eine Nomination ablehnen würde und sich ins Privatleben zurückzuziehen gedenkt, hat so allgemeine Kundgebungen zu seinen Gunsten hervorgerufen, daß man glaubt, die Demokraten werden ihn aufs Neue ernennen. Die republi⸗ kanische , mugwump“ Fraktion würde ihn auch wieder unterstützen. Die Republikaner sondiren die Lage sorgfältig und wissen nicht
recht, welchen Kandidaten sie aufstellen sollen. Man spricht viel von Senator Sherman, und es werden auch die Namen von Senator Allison von Jowa und Emerson von Pennspyl⸗ vania erwähnt, da die Konvention wahrscheinlich Blaine nicht aufstellen wird, aus Furcht vor einer Niederlage. Blaine wird demnächst eine längere Reise nach Europa antreten, da seine Gesundheit sehr mißlich ist — Der Millionär Jacob Sharp ist wegen Bestechung anläßlich des Broadway— Eisenbahn⸗-Projekts heute dem Prozeß überwiesen wor— den. Der Anfang desselben ist auf den 11. Mai festgesetzt worden. Gegen Sharp liegen 21 Fälle von Bestechung vor.“
Afrika. Egypten. Kairo, 25. April. (A. C.) General Lieutenant Sir J. Stephenson, der Chef der eng— lischen Operationsarmee in Egypten, ist nach England ab⸗ gereist.
Zeitungsstimmen.
Die „Berliner Börsen-Zeitung“ schreibt:
Man will neuerdings die Beobachtung gemacht haben, daß die Lust zu Arbeitseinstellungen in der deutschen Arbeiterwelt erheblich abgenommen habe, was man für einen großen, auf bessere Einsicht der Arbeiter zurückzuführenden Fortschritt hält. Indessen bleibt man mit der Beobachtung auf der Oberfläche, ohne in den tieferen Zu— sammenhang der Erscheinung einzudringen. Jede Arbeitseinstellung legt den Betheiligten zunächst große Opfer und Entbehrungen auf, welche der ruhige Arbeiter und namentlich der rerheirathete zu übernehmen sich immer nur veranlaßt sehen wird, wenn ihm der proaktische Erfolg, die Erzielung höheren Lohns, in den Umständen verbürgt erscheint. Das ist das natürliche Grundmotiv für die Uebernahme des schweren Risikos für eine miß— glückende Arbeitseinstellung. Die Aussicht auf Erfolg mag sich nun in dem Maße erhöhen, als eine festgeschlossene Organisation der Arbeiter vorhanden ist. Eine solche bildeten die Fachvereine, und die Strikelust mußte sich in dem Grade vermindern, als deren Thätigkeit eingeschränkt und behindert wurde; dieses um so mehr, als die Fach— vereine Organisationen der Sozialdemokratie sind. Ganz in diesem Sinne haben auch viele Fachvereine als Strike-Organisationen ihre Aufgabe aufgefaßt und zu Strikes ermuntert; sie haben fast allenthalben in den Lohnkämpfen der Jahre 13884 und 1885 die Forderung voran— gestellt, daß die Arbeitgeber die Fachvereine als die einzige berufene Vertretung der Arbeiter anerkennen sollten. Das An⸗ schwellen der Strikebewegung hat abgenommen mit dem Kampf der Behörden gegen die Centralisation der Fach— vereine, deren Kraft schließlich durch die bekannte Strikeverfügnng des Ministers von Puttkamer ganz unterbunden wurde. Die Fachvereins⸗ bewegung steht bei weitem nicht mehr auf der Höhe wie vor drei Jahren und geht immer mehr zurück, mit ihr aber hat auch die Strikemanie ganz natürlich abgenommen, und von besserer oder schlechterer wirthschaftlicher Einsicht der Arbeiter kann kaum die Rede sein. Wenn neuerdings von einer lebhafteren Thätigkeit in der Ber— liner Arbeiterwelt berichtet worden ist, so findet eine solche jedes Frühjahr, namentlich mit dem Beginne der Bauzeit statt. Zu einer Wiederbelebung der erhöhten Wirksamkeit in Vereinen ꝛzc. fehlen alle Voraussetzungen. Die Sozialdemokratie hat, wie man weiß, ihre ganze Kraft auf die Verbreitung verbotener Druckschriften mittels ihrer „inneren“ Organisation geworfen.
— Ueber die neuen Militärforderungen im Reichstage sagt der „Schwäbische Merkur“:
. . Daß die Opposition sich anstellt, als ob es überraschend sei, daß überhaupt solche Forderungen kommen, ist Heuchelei. Jeder mann wußte, daß ein Nachtraägsetat kommen werde, er war längst angekündigt, Fürst Bismarck selbst hatte in seinen Reichstagsreden auf allerlei nöthige Vorkehrungen angespielt, z. B. von der Be— festigung der Schwarzwaldpässe gesprochen, von denen in der gegen— wärtigen Vorlage nicht einmal die Rede ist, offenbar, weil die Eifen— bahnbauten noch nöthiger sind — Es ist nun ein merk— würdiges Schauspiel, wie die Opposition im Reichstage diesen Dingen gegenüber sich verhält. Sie weiß, daß sie bei den Wahlen das Spiel verloren hat, weil sie in Sachen der Sicherheit Deutschlands gegen außen, in denen das Volk keinen Spaß versteht, sich allzu ungeschickt verhalten hatte. Also Vorsicht! Aber was soll man denn sagen, da doch opponirt werden muß? Was hören die Wähler gerne? Herr Rickert kam auf den Eintall, die zweijährige Dienstzeit auszuspielen, mit der diese Leute immer wieder kommen, wenn ihnen nichts mehr einfällt. Ein Anderer, G. Richter, versucht's mit der Spekulation auf den Neid, mit dem man ja zumeist auf dieser Welt etwas ausrichtet. Er malt den Norddeutschen vor, was die Süd— deutschen da für ein gutes Geschäft machen, wenn ihnen das Reich Bahnen baut. Aber wehe, so warnt er uns Süddeutsche, wenn wir hierbei unsere Selhständigkeit d'ran geben:; seht ihr nicht das Reichseisenbahnprojekt? — Nun, was unsere Selbständigkeit betrifft, so kennen wir andere Leute, bei denen sie besser aufgehoben ist, als bei den halbultramon— tanen Demokraten; und das Reichseisenbahnprojekt? Da muß man die Leute fragen, die früher eine Gänsehaut überlief, wenn sie das Wort hörten. Emweder fürchten sie nicht mehr, daß es kommen werde; oder sie erschrecken nicht mehr davor, falls es kommen wird. Jedenfalls ist das Reichseisenbahnprojekt, wie es war, eine vergangene Sache, einmal da gewesen, heute nicht mehr vorhanden; alter Kohl. Aber von dem lebt zumeist das, was sich „Fortschritt“ heißt.
— Der „Wochenschrift für Spinnerei und Weberei“ wird von ihrem Correspondenten über Konfektion aus Berlin, u. d. 24. April, geschrieben:
Die Lebhaftigkeit im Geschäft hält an. Wir sahen in der Be— richtswoche wiederum eine große Anzahl von Käufern an unserm Platze, wir zählten an einzelnen Tagen deren sogar dreißig; sie waren aus allen großen deutschen Städten nochmals zu uns gekommen, um ihre Saisoneinkäufe zu machen. Die Umsätze waren recht belangreich; die hiesigen Läger, die durch die ungünstige Geschäftszeit vor Ostern ziemlich stark angewachsen waren, sind nunmehr ziemlich gelichtet; unsere Arbeitskräfte sind wiederum in Bewegung. . . .
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Dem Reichstage ist die von dem Kaiserlichen Statistischen Amt ausgearbeitete Zusammenstellung des Ergehnisses der Reichstagswahlen, aus dem Jahre 1887 mitgetheilt worden. Das Gesammtergebniß in sämmtlichen 397 Wahlkreisen ist folgendes: Bei einer am 1. Dezember 1885 ortsanwesenden Bevölkerung von 46 855 704 Köpfen betrug die Anzahl der wahlberechtigten Wähler W693 802. Davon wurden abgegeben bei den ersten Wahlen 7540938. Dapon fielen auf Kandidaten der Deutschkonservativen 1147200, deutsche Reichspartei 736 389, Nationalliberale auch gemäßigt Liberale 1 677 579, deutschfceisinnig auch fortschrittlich liberal MS 104, Centrum 1516222, Polen 219973, Sozialdemokraten 63 128, Volkspartei 38 8), Welfen 112 8237, Dänen 12360, Elsässer 233 685, Unbestimmt 50 427, Zersplittert 8826. Bei den engeren Wahlen ging die Zahl, der gültlg abgegebenen Stimmen auf 527 601 zurück. Davon erhielten: Deutschkonservagtive 1160 869, Reichspartei 74h 378, Nationalliberale 1 711069, Deutschfreisinnige 986 5HI7, Centrum 1537 351, Polen 221 825. Sozialdemokraten 673 283, Volkspartei 79 891, Welfen 107 121, Dänen und Elsässer unverändert. Unbestimmt 50 295, zersplittert 7957. Von 100 gültigen Stimmen sind demnach auf die Nationalliberalen gefallen 22,7, Centrum 20,4, Deutschkonservativ 15,4, Deutschfreisinnig 13,1, Reichspartei 9,9, Sozialdemokraten 8,9, Polen 3,0, Welfen 1,4, Volkspartei 1.1, Dänen (6,2, Elsässer z,. — Für Preußen allein (256 Wahlkreise) stellt sich das Verhältniß für die Hauptparteien in
folgender Weise. Von 100 gültigen Stimmen wurden abgegeben: für das Centrum 20,9, deutschkonservativ 20,6, deutschfreisinnig 15.5, nationalliberal 15.2, Reichspartei 12,0, Sojialdemokraten 7,4. In Bavern (48 Wahlkreise) für Centrum 51,7, nationalliberal 32,8, freisinnig 65, Sozialdemokraten 35,3, Volkspartei 2, 1, Reichspartei O, 8, deutschkonservativ 0.5. In Sachsen nationalliberal 31,1, Sozial⸗ demokraten 28,5, deutschkonservativ 23,9, Reichspartei 10,3, deutsch⸗ freisinnig 6, J. In Württemberg nationalliberal 36,1, Reichspartei 25,9, Centrum 19,1, Volkspartei 14,0, Sozialdemokraten 3,5, deutsch⸗ konservatio 1,5. In Baden nationalliberal 44,2, Centrum 27,7, deutschkonservativ 14,5, Volkspartei 6,1, Sozialdemokraten 4,8, deutschfreisinnig 2.5. In Hessen nationalliberal 55,9, deutschfreisinnig 28,0, Centrum 8,5, Sozialdemokraten 7,5. In Mecklenburg⸗Schwerin deutschkonservativ 43,9, nationalliberal 25,8, deutschfreisinnig 23,1, Reichspartei 7,2, Sozialdemokraten 0,5 In Sachsen⸗Weimar nationalliberal 67,6, deutschfreisinnig 26,7, Sozialdemokraten 5,7. Mecklenburg⸗Strelitz deutschkonservativ 85, 9, deutschfreisinnig 10,6, Sozialdemokraten 2.4. Oldenburg nationalliberal 40,5, deutsch⸗ freisinnig 32, 6, Centrum 24,4, Sozialdemotraten 2.5. Braunschweig nationalliberal 39,1, Sozialdemokraten 20,4, deutschfreisinnig 14,1, Welfen 2,1. Sachsen⸗Meiningen deutschfreisinnig 50,6, national liberal 40.4. Sachsen ⸗Altenburg Reichspartei 18,5, zeutschfreisinnig 17,9, Sozialdemokraten 1444. Sachjen⸗Coburg⸗Gotha nationalliberal 51,5, Sozialdemokraten 33.0, deutschfreisinnig 15,5. Anhalt national⸗ liberal 12, l, deutschfreisinnig 18, 8æ, Sozialdemokraten 8,8. Schwarzburg— Sondershausen nationalliberal 57,9, deutschfreisinnig 34,9, Sozial⸗ demokraten 8,9. Schwarzburg⸗Rudolstadt deutschfreisinnig hi, national⸗ liberal 14,6, Sozialdemokraten 3.3. Waldeck nationalliberal 37,2, Centrum 1,4. Reuß ält. L. Reichsvartei 59, 8, Sozialdemokraten 40.2. Reuß j L. Reichspartei 2,8, Sozialdemokraten 34,7, deutschfreisinnig 12,5. Schaumburg⸗Lippe deutschkonservativ 51,9, deutschfreisinnig 45,7, Sozialdemokraten 2,4. Lippe nationalliberal 506,9, deutschfreisinnig 39,1. Lübeck nationalliberal 59, Sozialdemokraten 41. Bremen deutsch⸗ freisinnig 55, l, nationalliberal 44,9. Hamburg Sozialdemokraten 54,1. nationalliberal 36,8, deutschfreisinnig 5.0. Elsaß Lothringen Elsässer 2,2, andere Kandidaten 7,98.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Bei der im 4 Breslauer Wahlbezirk (Breslau) stattge— fundenen Ersatzwahl fär den verstorbenen Abgeordneten Dirichlet ist der Rittergutsbesitzer von Sauken auf Julienfelde (deutsch— freisinnig) mit 447 gegen den Kammergerichts-Rath Leopold Schöller (freikonservati) mit 403 von 850 abgegebenen Stimmen zum Mit— glied des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.
Etatistische Rachrichten.
Der im Reichs-Eisenbahnamt bearbeiteten „Uebersichtlichen Zusammenstellung derwichtigsten Angaben der deutschen Eisenbahn-⸗Statistik‘ entnehmen wir folgende weiteren Mit— theilungen: Im Betriebsjahre 1885/86 betrug die Gesammtzahl aller auf deutschen Bahnen (mit normaler Spurweite) beförderten Personen 275 440 945 (1884/85 272 570488) und die Summe der geleisteten Personenkilometer 7932438273 (188485 7689 330 002); und zwar benutzten (ausschl. der Beförderung des Militärs auf Requisitionsschein und Militärbillets) die 1. Klasse 1 863 646 (18584185 2350 324) Personen, die zweite Klasse 20 977676 (1884/85 32 725 853), die III. Klasie 1728 539 304 (1883/85 174415 896) und die ITI. Flasse 57 301785 (183485 56 214 082) Personen; bei der Militärbeför⸗ derung auf Requisitionsschein und Militärbillets betrug die Anzahl der Personen 6 668534 (1884/85 6859 333). Die Einnahme aus der Personenbesörderung (ausschl. Gepäck und Nebeneinnahmen) betrug auf 1Personenkilometer durchschnittlich 3,35 (1884, 85 3,38) **, auf 1km durch⸗ schnittliche Betriebslänge 7233 (1884/85 7266) „S Die vorhandenen Plätze sind ausgenutzt worden mit 24,25 (1884.85 24,32) ½ . — Der Güterverkehr auf den deutschen Eisenbahnen wird durch folgende Angaben gekennzeichnet. Es umiaßte die Güterbeförderung gegen Frachtberechnung überhaupt aus den normalspurigen Bahnen 148 979 064 (1884,85 202 154 549) t, hiervon entfiel auf Eil- und Expreßgut 724 654 (1884/85 873 633) t, auf Frachtgut 141 645447 (1884j85 192 465 703) t, auf Militärgut 69 4135 (1884/85 84 846) t, auf den Viehtransport 2175 464 (1884/85 2885 0603) t und auf fracht—⸗ pflichtiges Dienstgut 4 364 084 (1884/85 5 845 364) t. Die Einnahme aus der Güterbeförderung belief sich auf l! Tonnenkilo neter durchschnittlich auf 45097 (1884/85 4,10) z und auf 1 km durchschnittliche Betriebslänge 17524 (1884/85 18781) A. Die Güterbefsrderung ohne Fracht⸗ berechnung umfaßte außerdem 8 367 484 (1884/85 8h56 741) t. Bei der Güterbeförderung ist jede Tonne durchschnittlich 105,50 (1884/85 79,75) Km befördert worden. — Die Baukosten sämmt⸗ licher deutscher Bahnen mit normaler Spurweite betrugen 23141 898 497 (18841890 9 031 502 792) S, d. i.. auf 1 Em Eigenthumslänge 245 758 (1884/85 247 691) 66. Zu den Baukosten treten hinzu an Coursverlusten, Zinsen während der Bauzeit und sonstigen Aufwendungen 719 534 475 (1884/85 719 182 973) AM; da⸗ gegen gehen ab an Ueberschüssen der auf Baufonds betriebenen Strecken, Rückeinnahmen, Coursgewinn, Verwendungen aus Betriebs mitteln, Subventionen, Zinsen der Kapitalien und sonstigen Einnah— men 412 206698 (188485 404 083 070) 6. Die Gesammt-Bau— aufwendungen betragen demnach 9449 226274 (1884/85 9 346 602 6981) 41, d. i. auf 1 km Eigenthumslänge 254 020 (2656 333) 66 Das von dem gegenwärtigen Besißzer verwendete Anlagekapital berechnet sich für sämmt⸗ liche deutschen Wahnen mit normaler Spurweite auf überhaupt 9 722 106 530 (13584185 9612297 502) S, d. i. auf 1 Em Eigen— thumslänge 261 555 (188485 263 620) ß Von dem verwendeten Anlagekapital sind beschafft worden bei Staatsbahnen durch Staats— anleihen 2 474 872 633 (1884/85 8 158 819 264) ½6, aus extraordinären Fonds 603 064 829 (1884ñ85 598 583 579) „S6 und nicht nachgewiesen sind 5 770 043 680 ½ ; bei Privatbahnen durch Emission von Aktien 535 3568 636 (188485 523 746 343) ςο, von Ohbligationen 237064418 (1884859 287 561 094) S ; nicht nachgewiesen sind 10157277 (188485 10053461) AM, durch schwebende Schuld 41555 057 (1884.85 34 533 771) M,
Es betrugen auf sämmtlichen deutschen Eisenbahnen mit nor— maler Spurweite die Betriebseinnahmen in 1885,86 994 511 785 (1884/85 1 012 299 896) MS, d. i. auf 1 km Betriebs länge 26 768 (1884/89 27770) 6, auf 1090 Nutzkilometer 3852 (1884/85 39865) „S. und auf 1000 Wagenachskilometer 101 (1884/85 103) 164 Von der gesammten Betriebseinnahme erbrachte der Per⸗ sonenverkehr 273 923 360 (1884/85 269 612 323) M6, d. i. auf 1 m Betriebslänge 7491 (1884/85 7529) M, der Güterverkehr 670 008 096 (188485 tzöh 053 286) A6, d. i. auf 1 km Betriebslänge 18 065 (1884ñ85 19383) M — Bei den preußischen Staatsbahnen belief sich die gesammte Betriebs-Einnahme auf 656 504 534 (1884/85 669 763 469) „S˖—, d. i. auf 1 km Betriebslänge 31 188 (1884/85 32516) ½ é; hierzu trug der Personenverkehr 168 900042 (1884j85 166 669 997) S, d. i. auf 1 km Betriebslänge 8202 (1884,85 S285) MA und der Güterverkehr 453 261 573 (1884,85 463 583 415) 96, d. i. auf 1 Em Betriebslänge 21592 (1884ñ85 22568) S bei. Bei den bayerischen Staats- bahnen betrugen die Betriebseinnahmen überhaupt 80607 254 (1884 / S5 S3 769 132) 16, d. i. auf 1 Rm Betriebslaͤnge 185328 (1884/85 19401) M; hierzu trug der Personenverkehr 24 626 6090 (1884,85 34 669 195) 46, d. i. auf 1 km Betriebslänge 5688 (1884/85 5742) S6 und der Güter⸗ verkehr 53 236 861 (1884/85 56 265 409) 46, d. i. auf 1 Rm Betriebs länge 12237 (1884/85 13032) M bei. — Die Betriebsausgaben beliefen sich für sämmtliche deutsche Bahnen mit normaler Spurweite in sämmtlichen Verwaltungszweigen auf 560 680 093 (1884/85 ob 549 932) S6, das sind von den Betriebseinnahmen 56,38 (1884/85 ob, e 7) Oo, auf 1 km Betriebslänge 15 091 (1884/85 15 487) AM, auf 1000 Nutzkilom. 2171 (1884/85 2223) A und auf 1000 Wagenachs⸗ kilom. 57 (1884/85 57) S. — Bei den preußischen Staatsbahnen betrugen die Betriebsausgaben für sämmtliche Verwaltungszweige
370 829 033 (1884 85 373 557175) 6, d. i. 56,49 (1884/85 55,77) M0 der Betriebseinnahmen und auf 1 km Betriebslänge 17617 (1884 85 18 136) S. Bei den bayerischen Staatsbahnen be⸗ liefen sich die Betriebsausgaben für sämmtliche Verwaltungszweige auf 44 811 295 (1884,85 44974184) „0, d. i. 55,59 (1884 85 53,69) 9, der Betriebseinnahme und auf 1 Rm Betriebslänge 10300 (1884585 19416) M — Der Ueberschuß der Betriebseinnahme über die Betriebsausgabe berechnet sich für sämmtliche deutsche Eisenbahnen auf 423 105 948 (1884/85 433 545 497) . d. i. 42, 44 (1884 85 42,73) 9υ, der Brutto⸗Einnahmen, 4,70 (1884 85 4.91) 9 der Baukosten und 4,42 (1884 85 4,10) Y½ des Anlagekapitals. Zum Ueberschuß treten hinzu aus etwaigen Zuschüssen aus den Erneuerungs-, Reserve⸗ und anderen Fonds 617 156 (1884/85 892 171) S, ferner aus Sub— ventionen, Garantie⸗Vorschüssen, Uebertrag aus dem Vorjahre ze. 3 698 824 (1884ũ85 4 139 168 M0; dagegen gehen ab an statuten⸗ mäßigen Rücklagen in den Erneuerungs⸗ und Reservefonds 1718427 (1883/85 2361 552) 160 Der verfügbare Jahres⸗ ertrag belief sich demnach auf 425 701 501 (1884/85 4365 215 284) 1M; der Jahresertrag hat folgende Verwendung gefunden. Zur Verzinsung der Prioritäts⸗-Obligationen und sonstigen Darlehen 11 284 762 (188485 28 412 301) S0, zur Tilgung derselben 2353 256 (1884 85 4842203) M; zur Zahlung der Dividende für die Prioritäts⸗Stammaktien 3596170 (1884/85 4 322 707) 6, für die Stammaktien 12 906833 (1884185 15194787) a6; zur Deckung von Verlusten ꝛc., Tantiemen, Staats⸗Eisenbahnsteuer, Rückkauf eigner Aktien, Superdividenden an den Staat ꝛc. 3 656 954 (1884,85 3713762) ½ ; zu außerordentlichen Rücklagen 2e. 1 286 302 (1884/85 509 547) 66; zur Ablieferung an die Staatskasse 386 915 527 (188485 378 467267) MÆ und zum Vortrag auf das folgende Jahr 0l 697 (1884/85 752 210) aM⸗
London, 26. April. (A. C.) Nach dem jüngst veröffentlichten Bericht der Armenbehörden betrug die Anzahl derjenigen Personen, welche Armenunterstützung in England und Wales am 1. Januar d. J. bekamen, 822215. Ein Armer kommt somit auf 34 Einwohner.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Kirchengeschichte von der ältesten Zeit bis zum 195. Jahrhundert. In Vorlesungen von Dr. K. R. Hagenbach, weiland ordentlicher Professor der Theologie in Basel. Neue, durch⸗ gängig überarbeitete Gesammtausgabe. Zweiter Band, das Mittel alter. Leipzig, Verlag von S. Hirzel, 1836, gr. 8. S. VIII u. 723. — In diesem zweiten Theil der seit einigen Jahren zum dritten Male erschienenen Vorlesungen, deren erster Theil im „Staats⸗Anzeiger“ Nr. 265, 5. November 1885, angezeigt wurde, ist die Kirchengeschichte des Mittelalters behandelt und werden in 536 Vorträgen die Be⸗ gebenheiten von Gregor dem Großen bezüglich Karl dem Großen bis auf die Reformation vor den Reformatoren besprochen. Das Werk hat nach seiner Bestimmung den Charakter eines Lesebuchs in den gebildeten Kreisen sich sehr bald erworben, weshalb auch die ursprüng— liche Form der Vorlesungen beibehalten ist, zumal ein ähnlich unter— richtendes Werk in der deutschen Literatur noch nicht vorhanden ist. Die geistreichen Vorlesungen erstreben bekanntlich in der Kirchen geschichte die Vermittelung und pulsirt in ihnen lebendig der Geist der evangelischen Freiheit. Der Verfasser wendet sich mit Vorliebe an solche Leser, die, gleichviel welcher äußeren Kirchenform sie an⸗— gehören, doch der religiösen Empfänglichkeit nicht entbehren. Die Darstellung selbst ist ebenso leicht, gefällig wie anziehend. In dem literarisch⸗kritischen Anhange ist ein reiches Büchermaterial gegeben worden, welches selbst für Fachgenossen manchen willkommenen Beitrag enthalten dürfte. . .
— Dr. Rie del, Stabsarzt: Die Dienstverhältnisse der Königlich preußischen Militär-⸗Aerzte im Frieden.“ Mit besonderer Berücksichtigung der Dienstverhältnisse der Aerzte des Be— urlaubtenstandes. Zweite, nach den neuesten Bestimmungen verbesserte Auflage. (C. S. Mittler u. Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin 8W. 12. Kochstraße 68 — 70, Preis 4,90 MS) — Dieses Hand⸗ buch für die Militär-Aerzte, welches alle für den Friedensdienst der— selben maßgebenden Bestimmungen und Vorschriften enthält, hat Dr. Riedel soeben in zweiter Auflage erscheinen lassen, welche die viel⸗ fachen Neugestaltungen und Veränderungen des letzten Jahrzehnts in den den Militär-Arzt interessirenden Dienstvorschriften nothwendig gemacht haben. Bei der Durcharbeitung des Buchs sind alle diese Aenderungen berücksichtigt, dagegen, um den Preis nicht zu erhöhen, einzelne Vorschriften, die anderweitig leicht zu beschaffen sind, fort⸗ gelassen worden. .
— Uebungsbuch zur Beseitigung des Stotterns. Für Eltern und Lehrer bearbeitet von J. O. Godtfring. (Lipsius u. Tischer, Kiel. Pr. 1 16) — Die gut methodisch zusammengestellten zahl— reichen Uebungsaufgaben werden nicht nur da, wo eine Anlage zum Stottern vorhanden ist, von Erfolg gekrönt sein, sondern auch das schon schärfer ausgebildete Uebel mit Nachdruck bekämpfen, falls ein mit dem Wesen der Sprachgebrechen Vertrauter die Leitung der Ererecitien übernimmt.
— Im Verlage von Licht und Meyer (Hans Licht) in Leipzig (bekannt durch seine vortrefflichen Editionen von gemischten und Männer-Chören) erschienen soeben Tägliche Violin⸗ Uebungen in den verschiedenen Intervallen, in Verbindung mit kleinen Etüden für Anfänger“, von Goby E berhardt (Op. 84, Preis 1,20 vu). VDieselben sind mit instruktiven Anleitungen für die ersprießliche Benutzung sowohl zum Unter— richt wie zum Selbststubium versehen und dürften, ähnlich wie Tausig's, fär Jeden, der das Klavierspiel gründlich erlernen will, unentbehrliche „Tägliche Studien“, sich sowohl für den Lehrer wie für den Schüler sehr brauchbar erweisen. Die vorzügliche Ausstat—⸗ tung des kleinen Hefts in Papier und Druck verdient noch ganz be— sondere Hervorhebung.
— Katalog V des antiquarischen Bücherlagers von Rosenstein u. Hildesheimer ia Berlin (Mohrenstr. 63 / 64), „Numismatik und Sxphragistik', der vor Kurzem versandt worden, enthält ein Verzeichniß von 442 Schriften, betreffend daz Münzwesen im Allgemeinen, verschiedener einzelner Länder und Städte, einzelne Münzsammlungen, einzelne Münssorten. Medaillen, sowie Wappen und Siegel einzelner Gehiete und Personen u. J. w. Darunter bemerkt man eine Menge werthvoller und interessanter Werke, wie z. B. „Das gelahrte Preußen! v. J. 1722, „Continuirtes gelehrtes Preußen“ v. J. 725, Spieß, Brandenb. histor. Münzbelustigungen, Dannenberg! Pommerns Münzen im Mittelalter, Madai's Thaler⸗Kabinet, Klüber's Münzwesen in Teutschland. Kundmann's Lilesii in Nummis, v. Saurma-⸗Jeltsch's Wappenbuch der Schles. Städte u. Städtel, Pöttusch Gr. v. Pettenegg's Sphragist. Mittheil. aus d. Deutsch⸗Ordens⸗Central-Archiv r. J. 1886 (ein wichtiger Beitrag zur Kenntniß der Siegelkunde und Heraldik), Voßberg's Schriften u. s. w.
— Die am 30. d. M. erscheinende Nr. 2287 der, Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Die Statue des pro— sektirten Lessing- Denkmals für Berlin. Nach dem Entwurfe von Qtto Lessing. — Wilhelm Roscher. — Von der deutschen Marine: Das Kanonenboot Eber. Originalzeichnung von H. Penner. — Eine Post im amerikanischen Westen: Die Apachen kommen! Driginalzeichnung von Albert Richter. — Meine arme Maria! Gemälde von Augusto Corelli. (Große Goldene Medaille der Berliner Jubiläums-AUusstel⸗ lung). — Gottfried v. Neureuther, F am 12. April. — Alexander Ziegler, F am 8. April. — Der Gräberfund zu Reichenhall.? Abbildungen: . Siegesaltar. Denkmalbekrönung n Form eines Dachgiebels.
urchbrochenes Beschlagstück aus Bronze. Münze (Bracteat). Eiserne Gürtelschnalle. Seramasax, einschneidiges Kurzschwert., — Die Wasser⸗ post. Wandgemälde von Paul. Duyffcke im neuen Reichspostgebäude zu Hamburg. — Ansicht von Triest mit dem Hafen. — Der Schlangen mensch Büttner⸗Marinelli. 3 Abbildungen: Die Bogenstellung im Profil. Die Bogenstellung von vorn gesehen. Verschiebung der Lendenwirbel bei der Längsverdrehung des Körpers. — Die beiden Kegelrobben im Zoologischen Garten zu Berlin. Nach dem Leben gezeichnet von G. Mützel. — Eine Schlüssel-Sammlung. 11 Ab— bildungen.