6 6
wieder vorgehalten werden würden als ein Geschenk des Staats. Er bitte, die Vorlage abzulehnen.
Der Abg. Graf von Limburg⸗Stirum bemerkte: Die Nova, welche der Vorredner vorgebracht, ließen eine nochmalige kom⸗ missarische Berathung nothwendig erscheinen. Ohne Unter⸗ suchung derselben könne die Entscheidung nicht getroffen werden. Er beantrage deshalb die Zurückverweisung der Vorlage an die Kommission.
Damit schloß die Debatte.
Der Abg. Knebel meinte, daß auch bei der Zurückver⸗ weisung des Gesetzes an die Kommission die Resolution doch behandelt werden könne. Dieser Ansicht schlossen sich die Abgg. Graf von Limburg⸗Stirum und Dr. Arendt an, während die Abgg. Dr. Seelig, Dr. Meyer⸗Breslau, Lr. Freiherr von Schorlemer-Alst, Freiherr von Minnigerode und von Rosen— berg⸗Gruszezinski darauf hinwiesen, daß ein solches Verfahren, die Resolution vor dem Gesetz zu berathen, ein parlamentari—⸗ sches Unikum sein würde.
Die Vorlage wurde darauf mit der Resolution an die Kommission zurückverwiesen.
Die Petitionen des Uckermärkischen Bauernvereins um Verleihung des Versicherungszwanges an die öffentlichen Feuersozietäten und die Gegenpetition des Verbandes deutscher Privat-Feuerversiche— rungsanstalten wurden auf Antrag des Abg. Dr. Freiherrn von Schorlemer-Alst von der Tagesordnung abgesetzt.
Schluß 23 Uhr. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr.
— In der heutigen (44) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats— Ministeriums, Minister des Innern von Puttkamer, der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Dr. Lucius, und mehrere Kommissarien beiwohnten, stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung die dritte Berathung des Gesetz— entwurfs, betreffend die Kantongefängnisse in der Rheinprovinz.
Der Gesetzentwurf wurde ohne Debatte angenommen.
Es folgte der erste Bericht der Kommission für Petitionen über die Petition des Vorstandes des Uckermärki— schen Bauernvereins, betreffend Wiederbeilegung des Versicherungszwanges an die öffentlichen Feuer-Sozietäten, und der mündliche Bericht der Kom— mission für Petitionen über die Petition des Ausschusses des Verbandes deutscher Privat-Feuerversiche— rungs⸗Gesellschaften, denselben Gegenstand be— treffend.
Der Berichterstatter, Abg. von Oertzen (Jüterbog), bean— tragte Namens der Petitionskommission, beide Petitionen der Staatsregierung als Material zu überweisen.
Der Abg. Dr. Freiherr von Schorlemer-Alst führte aus, daß die Petenten (der ersten Petition) theils von irrigen Vor— aussetzungen ausgingen, theils irrige Angaben machten; sie argumentirten aus einem ganz engen Zirkel heraus und kämen zu einem bedenklichen, fast widersinnigen Petitum. Es würde unendliche Verwirrung entstehen, wenn man den noch be— stehenden 36 öffentlichen Feuersozietäten in Preußen mit ihren ganz verschiedenen Statuten und Reglements die Immobilien⸗Zwangsversicherung übertrüge. Die üble Lage einiger Sozietäten könne kein Grund sein, die Privat-Ver— sicherungsgesellschaften, die sich sehr gut entwickelt und bewährt hätten, ohne Weiteres und etwa gar ohne Entschädigung aus der Immobilienversicherung zu expropriiren. Das Zwangs— monopol für die Provinzen müßte nothwendig zum Feuer— versicherungsmonopol des Staates führen. Bei tüchtige Leitung würden auch die öffentlichen Sozietäten mehr er— reichen, als mit dem angestrebten Zwange. Die Behauptung, die Sozietäten seien gezwungen, auch die schlechten Risiken an— zunehmen, die Versicherungsgesellschaften nicht, treffe nicht zu, denn die absolute Annahmepflicht für die Sozietäten bestehe nicht. Die Uebernahme der sogenannten gefährlichen Risiken, welcher sich die Sozietäten im Falle der provinziellen Monopolisirung unterziehen müßten, könnte aber leicht zu einem Fluch für die mittleren und kleineren ländlichen Besitzer werden, die doch den durch jene gefährlichen Risiken verursachten Ausfall decken müßten. Nach der klaren Stellungnahme der Regierung in der Kommission liege erst recht kein Grund vor, die Petition der Regierung als Material zu überweisen.
Der Abg. von Meyer (Arnswalde) wies die Behauptung zurück, daß der Zwang zur Konfusion führen würde; derselbe bestehe schon jetzt in Berlin, Breslau, Stettin. Der Kampf wischen den öffentlichen und Privatgesellschaften tobe schon sin 30 Jahren; er habe den Nutzen gehabt, daß beide gewisse Fehler, an denen sie litten, korrigirt hätten; der Schaden des Kampfes sei aber größer als der Nutzen. Der Friedensschluß empfehle sich auf der Basis, daß den öffentlichen Gesellschaften das Monopol für das Immohiliar gegeben, den Privatgesellschaften das Mobiliar uͤberlassen werde. Damit seien auch die Vertreter der Aktien— gesellschaften einverstanden. Zur Kontrole der Gebäude seien die Privatgesellschasten nicht so geeignet wie die Sozietäten; die Mobiliarversicherung hätten die letzteren aber nur aus Nothwehr und ungern übernommen. Die Aktiengesellschaften hätten nämlich den Versicherungsnehmern erklärt, daß sie die Mobilienversicherung nur übernehmen könnten, wenn ihnen zu⸗ gleich die Immobilienversicherung übertragen würde; deshalb hätten auch die Sozietäten beiderlei Versicherungen annehmen müssen. Der Versicherungszwang für die Sozietäten lasse sich sehr leicht durchführen, wenn dieselben einen Verband zur Rück— versicherung bildeten. Aus diesen Gründen empfehle sich die Annahme des Kommissionsantrages.
Bei Schluß des Blattes sprach der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern von Puttkamer.
Der Königlich bayerische Gesandte am hiesigen Aller höchsten Hofe, Graf von Lerchenfeld-Köfering, ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
S. M. Kreuzer „Nautilus“, Kommandant Kapitän— Lieutenant von Hoven, ist am 27. April er. in Nagasaki ein⸗ ö
. M. Fahrzeug „Loreley“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Freiherr von Lyncker, ist am 28. April cr. in Alexandria eingetroffen und beabsichtigt heut wieder in See zu gehen. Bayern. Prinz-Regent hat zu Beginn einer heute gehaltenen Versammlung des Staatsraths die Vorstellung
München, 27. April. (Allg. Ztg.) Der
ittag ab⸗
des Staats⸗Ministers der Justiz, Staatsraths im ordentlichen Dienst, Freiherrn von Leonrod, welcher an der Seite des Staats-Ministers Dr. Freiherrn von Lutz erschien,
entgegengenommen, worauf die Einführung des neu ernannten Staatsraths in das hohe Kollegium 2214
Das Geburtsfest des Königs Otto wurde heute zum ersten Mal in offizieller Weise begangen. Um 10 Uhr Vor⸗ mittags fand in der Domkirche zu U. L. Fr. Festgottesdienst statt, welchen der Erzbischof Dr. von Steichele celebrirte. Dem⸗ selben wohnten der Prinz⸗Regent in großer Generalsuniform, die Prinzen Ludwig und Ludwig Ferdinand, die obersten Hof⸗ chargen, der Staats⸗Minister Freiherr von Lutz, der neu ernannte Justiz⸗Minister Freiherr von Leonrod, Staatsbeamte aller Ressorts, der Magistrat und das Gemeindekollegium mit dem Bürgermeister Ir. von Widenmayer und Ritter von Schultes ꝛc. an. Zu gleicher Zeit fand in der St. Michaels— Hofkirche feierliches Hochamt statt, das der Dom⸗ Dechant Dr. Enzler celebrirte; an demselben nahmen Theil die Prinzen Leopold, Arnulph und Alphons, Herzog Ludwig, der Kriegs⸗Minister, Stadt⸗Kommandant von Wirthmann, der kommandirende General von Horn, die Generalität, das Offizier⸗Corps und die Militärbeamten. In der Theatiner Hofkirche zu St. Cajetan wurde durch den Stiftsdekan Dr. von Türk ein Festgottesdienst abgehalten, dem die Prin— zessinnen und hoffähigen Damen anwohnten. An dem Festgottesdienst in der protestantischen Matthäus-Kirche nahmen Theil die Minister Freiherr von Crailsheim und Freiherr von Feilitzsch, der Oberst-Hofmeister Graf Castell, der Oberst— Hofmeister Ihrer Majestät der Königin-Mutter, Graf Pappen⸗ heim, Ober⸗Konsistorial-Präsident Dr. von Stählin, General von Kleemann, Staatsrath Dr. von Mayer, die Spitzen der Militär- und Civilstellen 2c, Universitäts-Professoren, Offiziere, Abtheilungen der hiesigen Garnison, die protestantische Schul— jugend und zahlreiche Andächtige. Den Gottesdienst hielt Kirchen-Rath Stadtpfarrer Feez. Auch in der Synagoge wurde ein Festgottesdienst abgehalten. Die Kasernen, Staats— und städtischen Gebäude sind beslaggt, und auch von den Thoren und Kirchthürmen der Stadt wehen weißblaue Fahnen.
Sachsen. Dresden, 28. April. (Dr. J.) Der König und die Königin gaben der Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, welche heute Mittag 2 Uhr 27 Mi— nuten vom Böhmischen Bahnhof aus die Rückreise nach Berlin antrat, das Geleit zum Bahnhof.
Württemberg. Stuttgart, 28. April. Wie der „St. A. f. W.“ meldet, ist der Oberst-Hofmeister und Oberst-Kemmer— herr, Geheime Rath Freiherr Thumb von Neuburg, sei— nem Ansuchen gemäß wegen vorgerückten Lebensalters von der Stelle des Oberst-Hofmeisters unter Anerkennung der von ihm mit Treue und Auszeichnung geführten Verwaltung dieses Amts sowie unter Belassung desselben in dem Aint des Oberst-Kammerherrn vom König in Gnaden enthoben worden.
Oesterreich⸗- Ungarn. Wien, 27. April. (Wien. Ztg.) Das Abgeordnetenhaus des Reichsraths setzte heute die Generaldebatte über das Budget fort.
— 28. April. (W. T. B.) Nach einer Depesche aus Herkulesbad sind der König und die Königin von Rumänien heute zum Besuch der Kaiserin dort ein— getroffen.
29. April. (W. T. B.) Die Kommission des Herrenhauses zur Berathung des Antrages Schmer— ling wegen des Sprachen-Erlasses nahm den von der Mittelpartei gestellten Antrag an, in welchem ausgeführt wird: die Gesetzwidrigkeit des Sprachen-Erlasses könne aus den bestehenden Verordnungen nicht abgeleitet werden; die Regierung werde jedoch aufgefordert, den von ihr selbst an— erkannten bisherigen Bestand der deutschen Sprache als den des inneren Dienstes bei den Behörden und Gerichten aufrecht zu erhalten.
Pest, 27. April. (Wien. Ztg.) Die Quoten-Depu⸗ tation hielt heute Nachmittag eine Sitzung, in welcher der Bericht verlesen und genehmigt wurde. Der Vorsitzende, Kronhüter Szlävy, sprach Namens der Deputation dem Referenten Dr. Falk für seine eifrige Thätigkeit den Dank aus und erklärte sodann die Thätigkeit der Deputation für beendigt.
GrosLbritannien und Irland. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses erwiderte der Unter-Staatssekretär Fergusson auf an ihn gerichtete Anfragen: es sei nicht anzunehmen, daß die Anknüpfung von Unterhandlungen zwecks Erneuerung des Handelsvertrages mit Frankreich ein günstiges Resultat haben werde, denn in Frankreich werde mehr als je, sowohl von der öffentlichen Meinung wie von den gesetzgebenden Faktoren, die Pflege der inlän— dischen Industrie und der Schutz des einheimischen Handels begünstigt. Was die Differenzen zwischen Portuga! und Zanzibar anbelange, so hätten die Regierungen beider Länder jetzt Spezialkommissarien behufs Bestimmung der Grenze ernannt; von Seiten Portugals seien die Beschlüsse der internationalen Abgrenzungs-Kommission, soweit dieselben die Ansprüche Portugals auf streitiges Gebiet beträfen, nicht anerkannt worden. — Das Haus verwarf sodann mit 341 gegen 240 Stimmen den Unterantrag Reid: „die Verschärfung des Strafrechts so lange abzulehnen, bis des Haus ge— nügende Maßregeln gegen den übertriehenen Pachtzins in Händen habe“ — und nahm den Antrag auf Uebergang zur Spezialdebatte über die irische Strafrechtsbilt ohne Abstimmung an.
Das Oberhaus hat die Regierungs vorlage über den Zehnten in zweiter Lesung ohne besondere Abstimmung
angenommen. (W. T. B.) Wie das „Reuter'sche
London, 28. April.
— 29. April. Bureau“ erfährt, wäre noch immer Grund zu der An— nahme rorhanden: es werde dem Emir von Afghanistan gelingen, seine Autorität über die Insurgenten wieder her— zustellen. Sollte jedoch der Emir gestürzt werden, so seien bereits Pläne zur Verhinderung von Komplikationen erwogen worden, sodaß der Sturz des Emirs England und Ruß— land Gelegenheit geben dürfte, gemeinsame Vorkeh— rungen zu treffen, um einen Krieg der afghanischen Stämme zu unterdrücken und Afghanistan unter einen von England und Rußland geschützten und beiden Mächten genehmen Herrscher zu stellen.
Frankreich. Paris, 27. April. (Fr. C.) In Marseille wurden am 24 d. M. neue Gemeinderäthe gewählt; wie man sich erinnert, sind die vorigen wegen einer Kundgebung zu Ehren des Kommune⸗Aufstandes aufgelöst worden. Die Stimmzählung
dauerte bis heute früh 8 Uhr. Die Liste der gemäßigten Republikaner erhielt 19 000 Stimmen; 9 Kandidaten derselben, die auch auf einer anderen Liste empfohlen waren, sind ge⸗ wählt, und auch die übrigen dürften in der Stich— wahl durchkommen. Die monarchische Liste erhielt 14006 die sozialistische 43800, die opportunistisch- radikale 4006 Stimmen. Von 71 616 eingeschriebenen Wählern hatten sich 42 842 an der Wahl betheiligt. — Bekanntlich wurde gleich⸗ zeitig mit dem Marseiller Gemeinderath und wegen des gleichen Grundes auch der des Pariser Vororts Saint— Ouen aufgelöst und ebenfalls gestern die Neuwahl vor— genommen. Im Gegensatz zu ihren Marseiller Gesinnungs— genossen wurden die gemaßregelten Intransigenten von Saint—⸗ Ouen sämmtlich wiedergewählt.
— 28. April. (W. T. B.) Nach einer Meldung aus Algier haben die Minister Millaud und Granet, welche sich heute Mittag in Philippeville auf dem Dampfer „Ville de Vaples“ einschifften, um nach Frankreich zurückzukehren, in Folge einer ihnen im letzten Augenblick aus Frankreich zu⸗ gegangenen Depesche ihren Reiseplan geändert und si zu Schiff nach Bone begeben, von wo sie ihre Reise e. Tunis sortzusetzen beabsichtigen.
Zeitungs stimmen.
Die „Berliner Börsen-Zeitung“ schreibt:
Die deutschen Berufsgenossenschaften haben dem Kaiser an seinem 90. Geburtstage eine Huldigung dargebracht, welche besonders deshalb beachtenswerth ist, weil sie erkennen läßt, daß die Berufsgenossen⸗ schaften, in klarem Verständniß der landesväterlichen Absichten des Kaisers bei der arbeiterfreundlichen Gesetzgebung, die mühevolle Unfall⸗⸗-Versicherung mit voller Hingabe ausführen, und daß für die fernere freudige und selbstlose Mitwirkung der. Berufsgenossenschaften bei, dem weiteren Ausbau unserer sozialvolitischen Gesetzgebung eine Gewähr gegeben ist.
In der Adresse heißt es:
. . . Als dann in breiten Schichten des Volkes die Noth ihr Haupt erhob, haben Ew. Majestät Ihres Volkes Sich angenommen; an die Armen und Elenden erging eine frohe Kaiserliche Botschaft, welche einen neuen bedeutsamen Abschnitt in der Geschichte Deutsch⸗ lands, ja der ganzen Menschheit, einzuleiten berufen ist. Unvergeßlich werden im Herzen unseres Volkes die Worte Ew. Majestät bewahrt bleiben: „Wir würden mit um so größerer Befriedigung auf alle Erfolge, mit denen Gott Unsere Regierung sichtlich gesegnet hat, zurückblicken, wenn es Uns gelänge, dereinst das Bewußtsein mit⸗ zunehmen, dem Vaterlande neue und dauernde Bürgschaften seines inneren Friedens und den Hülfsbedürftigen größere Sicherheit und Ergiebigkeit des Beistandes, auf den sie Anspruch haben, zu hinter— lassen. Den Worten sin? die Thaten gefolgt. Reichen Segen haben die erlassenen Gesetze geschaffen, welche dem Kranken und vom Unfall Betroffenen als ein freies Recht die Fürsorge seiner Berufsgenossen unter der Obhut der Obrigkeit sichern. Gelingt es, diese deutsche Neugestaltung des bürgerlichen und sozialen Lebens im Geiste der Kaiserlichen Botschaft durchzuführen, so werden manche Wunden unseres Volkslebens geheilt werden. Als ferneres Ziel dieser edlen Gesetzgebung ist bereits die hohe Aufgabe verkündet, den Alters— müden und Erwerbsunfähigen das Recht auf Bewahrung vor Noth zu gewähren: ein würdiges Unternehmen für den ruhmreichen Kaiser, der drei Menschenaster vollendet hat und noch thatenkräftig, ein Schutz und Schirm für Alle, auch für die Geringen und Armen, an der Spitze des von Ihm selbst begründeten Deutschen Reichs steht. Die von Ew. Majestät geschaffenen Organe der ehrenamtlichen Verwal—⸗ tung eines wichtigen Zweiges der deutschen Sozialgesetzgebung nehmen den heutigen Freuden⸗ und Ehrentag der Deutschen, den neunzigsten Geburtstag Ew. Majestät, wahr, um durch ihre selbstgewählte Vertretung den innigen Dank des Volkes auszusprechen für die Gaben, welche Ew. Masestät in Ausführung der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 darbieten; die⸗ selbe verbürgt organische Neuordnung der Gewerbe, rechtschaffene Pflicht für die Besitzenden, volles Recht für die Bedürftigen, Frieden im sozialen Leben. Möge Ew. Majestät beschieden sein, unterstützt
von den hohen verbündeten Regierungen und dem Reichstage. die
Alters, und Invalidenversorgung noch Selbst in das Leben zu rufen. Wir hegen das feste Vertrauen, daß die von Ew. Majestät aus— gestreute Saat unter dem Kaiserhaufe der Hohenzollern heranreifen und reiche, edle Frucht bringen wird.
— Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Westfalen geschrieben:
Die Gemeindesteuern der westfälischen Städte und Landgemeinden, velche von den Vertretungen derselben kürzlich für das Haushaltsjahr 1887/88 festgesetzt wurden, stufen sich zwischen 100 und 606 0½ Zu— schlag zur direkten Staatssteuer ab. Unter 100 ½ν geht selbst der Bedarf der kleinen verkehrlosen Landgemeinden nicht herab. Münster und Paderborn kommen, dank ihrer seit Alters vorzüglichen Finanz- lage, mit 100 9ο aus. Ackerstädte, wie Lüdinghausen, Haltern, Dülmen, Coesfeld, erheben zwischen 100 und 200, verschuldete oder anderweitig zu besonderen Ausgaben genöthigte — Vreden, Stadtlohn — bis zu 300,59. Im westfälischen Industriebezirk zählen Steuer⸗ sätze von 250 (Altena) und 260 υί, (Dortmund) zu den niedrigsten; solche von 320. (Bochum), 3339 (Iserlohn), 349 (Witten), 356 (Lüdenscheid) und 360 (Königssteele) bis zu 490 (Martern, Oespel) bilden die Regel. Wenig angenehme Ausnahmestellungen nehmen ö A. Hagen mit 460, Huckarde mit 500, Hörde mit 600 o/ Gemeinde⸗ steuer ein.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 17 April bis inkl. 23. April 1887 zur Anmeldung gekommen: 514 Eheschließungen, 847 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene, 586 Sterbefälle.
— Im Verhältniß zur Bevölkerung wanderten aus den einzelnen dentschen Staaten während des vergangenen Jahres über Bremen, Hamburg und preußische Häfen (meist Stettin) nach überseeischen Ländern wie folgt aus: Preußen 0, 16 CC, Bayern O, 11 Co, Sachsen 07 (o%C, Württemberg 9.14 Go, Baden O, 08 Gοo, Hessen Ol4 Gο, Mecklenburg⸗Schwerin 22 Gο, Sachsen-⸗Weimar O, 8 Goo, , ,, O15 GC,, Oldenburg 9.27 ,, Braunschweig (Go C, Sachsen⸗Meiningen O, 11 (, Sachfen⸗-Altenburg O, 04 Goo, Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha GlI i, Anhalt G, 0; (ο, Schwarjburg⸗ Sondershausen 9.07 άσ, Schwarzburg⸗Rudolstadt 6, i? vo, Waldeck Ql7 C,, Reuß älterer Linie N,08 ά, Reuß jüngerer Linie O, 98 oso, Schaumburg ⸗Lippe 9.12 Go, Lippe O. id (o, Lübeck 0, 14 (G, Bremen OH (Co, Hamburg G32 Y und Elsaß⸗Lothringen CO ; im Durch⸗ schnitt aus dem Deutschen Reich O, 14 lo. Den Durchschnitts⸗ Prozentsatz haben überschritten: Preußen, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg Strelitz, Oldenburg, Waldeck, Bremen und Hamburg; erreicht: Württemberg, Hessen, Lippe und Lübeck; unterschritten: Bayern, Sachsen, Baden, Sachsen⸗Weimar, Braunschweig, Sachsen—⸗ Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen⸗Coburg⸗Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg⸗Rudolstadt, Reuß älterer Linie, Reuß jüngerer Linie, Schaumburg-Lippe und Elsaß Lothringen. Relativ fand die stärkste Auswanderung nach überseeischen Ländern aus Bremen, die schwächste aus Elsaß Lothringen statt. — Auf die preußischen Provinzen vertheilt sich die vorjährige überseeische Auswanderung folgendermaßen: Westpreußen G, 57 S5. Pommern
w,,
ee /
.
—
ö
O, 42 9,0, Posen O.38 9,υ–, Schleswig⸗Holstein O, 3gz /, Hannover O, 27 0 /., Pessen⸗ Nassau O, 17 o, Brandenburg mit Berlin OGlI2 0, Ostpreußen 9,08 οο, Schlesien und Westfalen je O, 07 Co, Sachsen und Hohenzollern je O06 „ und Rheinland 002 o,6ο. Den Durhschnitts ⸗Prozentsatz (0.16) haben demnach überschritten: West⸗ preußen, PoEmmern. Posen, Schleswig⸗Lolstein, Hannover und Hessen⸗ Nassau; nicht erreicht: Brandenburg mit Berlin, Ostpreußen, Schlesien, Westfalen, Sachsen, Hohenzollern und Rheinland — Wahrend gewöhn⸗ lich unter den Auswanderern das männliche Geschlecht zahlreicher als das weibliche vertreten ist, überwog bei der vorjährigen überseeischen Aus wanderung das letztere das erstere bei Westpreußen, Posen, Hohen⸗ zollern und dem Großherzogthum Mecklenburg⸗Strelitz; gleich ver⸗ treten waren beide Geschlechter unter den Auswanderern aus dem Königreich Sachsen.
— Einem Aufsatz, Statistik der sächsischen Erbschafts⸗ steuer, von dem Geh. Regierungs⸗Rath Dr. Victor Böhmert, mitgetheilt in der „Zeitschrift des Kgl. Sächs. Stat. Buzeaus, Jahrg. 1886, Heft 3 und 4, entnehmen wir Folgendes: Die Erbschafts⸗ steuer bestand seit 1319 in Sachsen nur als Stempelgebühr; erst durch die Gesetze vom 13. November 1876 und 9. März 1880 hat sie seit dem 1. Januar 1877 größere Bedeutung erlangt. Während bis 1877 nur die Erbanfälle an Verwandte vom 5. Grade an (mit 400) stempelpflichtig waren, hat das Gesetz vom 13. November 1876 die Steuerpflicht erheblich erweitert und den Betrag von J bis 50 fest⸗ gesetzt. Noch weiter ist das Gesetz vom 9. März 1880 gegangen, welches die Steuer auch auf 6 und S* erhöhte. Dies voraus geschickt, hat die Erbschaftssteuer im Ganzen ergeben 1877: 67 048, 20 46, 1878: 234 676,05 6½, 1879: 304183540 (M, 1880: 357 949,50 (. 1881: S835 965,10 MS, 1882: 1096199,55 KA, 1883: 715 164 A, 18384: 962 107, 0 460, 1885: 1 066 409,75 ½, zusammen 5 639 732,45. 4. Davon treffen auf die nach dem Gesetz vom 9. März 1880 erhobenen Steuerbeträge 4736 666,05 S6 und hiervon auf die Steuer zu 8 Co 2 204297, 20 MS Berechnet man den Gesammtbetrag der Erbschaften, von denen die Steuer erhoben wurde, so ergeben sich für 1877: 1568425 0, 1878: 5472566 M, 1879: 7118045 M , 1880: 9082972 4M, 1881: 18178638 1, 1882: 27 118004 ½, 1883: 18 248 161 4M, 1884: 26 751 018 , 1885: 30 065 880 M, zusammen 143 603712 ; hiervon treffen auf das Gesetz vom 13. November 1876 20 782 752 M und auf das Gesetz vom 9. März 1880 122 820 959 „, von letzteren auf die Steuer von 2 ο (Anfall von Geschwistern) 45 206110 46, 3 9υG (von Geschwisterabkömmlingen) 37 598 818 (, S . 27 553 ⁊ Ib
— In Nr. 2333 der „Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Centralstelle für die Landesstatistik“ findet sich eine Ueber— sicht über die Zahl, das Lehrpersonal und die Frequenz der ein fachen und erweiterten Volksschulen, der Fort bil dungs— schulen und Pripatunterrichts-Anstalten nach dem Stand im Frühjahr 1886. Derselben entnehmen wir Fol— gendes: Im Frühjahr v. J. waren an ein fachen Volksschulen vorhanden: in der Provinz Starkenburg 363 (309 gemeinsame. 27 evangelische und 27 katholische. — 318 ganz gemischte, 21 zum Theil gemischte und 24 ganz getrennte — 192 ein⸗, 72 zwei⸗, HI drei⸗, 28 vier- und 20 mehrklassige — 183 ohne und 180 mit Schulgeld) mit 941 Lehrkräften (370 Volksschullehrer und 71 Volksschul⸗ lehrerinnen) und 72739 Schulkindern (35 999 Knaben und 36740 Mädchen — 48572 evangelische, 22 719 katholische, 1276 israelitische und 172 anderer Konfession — durchschnittlich 180, auf 1000 Ein— wohner, 200 auf 1 Schule und 77,3 auf 1 Lehrstelle); in der Provinz Oberhessen 410 (399 gemeinsame, 5. evangelische, 4 katholische und 2 israelitische — 393 ganz gemischte und 12 zum Theil gemischte — 280 ein 0 zwei 17 drei-, 12 vier- und 11 mehr⸗ klassige — 238 ohne und 172 mit Schulgeld) mit 650 Lehrkräften (645 Volksschullehrer und 5 Volksschullehrerinnen) und 46 162 Schul⸗ kindern (23 168 Knaben und 22994 Mädchen — 41'658 evangelische, 3292 katholische, 1203 israelitische und 9 anderer Konfession — durch⸗ schnittlich 176,5 auf 1000 Einwohner, 113 auf 1 Schule und 71 auf 1 Lehrstelle; in der Provinz Rheinhessen 215 (166 gemeinsame, 22 evangelische, 26 katholische und Üisraelitische — 195 ganz ge— mischte, 17 zum Theil gemischte und 3 ganz getrennte — 81 ein, 70 zwei, 36 dreir, 18 vier⸗ und 12 mehrklassige — 140 ohne und 75 mit Schulgeld) mit 648 Lehrkräften (962 Volksschullehrer und S6 Volkeschullehrerinnen) und 46 345 Schulkindern (23 132 Knaben und 23 213 Mädchen — 20 903 epangelische, 23 625 katholische, 770 israelitische und 10647 anderer Konfession — durchschnittlich 159,2 auf 1000 Einwohner, 216 auf 1 Schule und 71,5 auf 1 Lehr— stelle; überhaupt im Großherzogthum Hessen 88 G74 gemeinsame, 54 evangelische, 57 katholische und 3 israelitische — 911 ganz ge— mischte, o zum Theil gemischte und 27 ganz getrennte — 56s ein-, 232 zwei⸗ 104 drei⸗, h6 vier- und 43 mehrklassige — 561 ohne und 427 mit Schulgeld) mit 2239 Lehrkräften (2077 Volksschullehrer und 162 Volksschullehrerinnen) und 165 246 Schulkindern (862 299 Knaben und 82947 Mädchen — 111133 evangelische, 49 636 katholische, 3249 ifraelitische und 1228 anderer Konfession — durchschnittlich 172,ů? auf 10090 Einwohner, 167 auf 1 Schule und 753,8 auf Lehrstelle) —, an Fortbildungsschulen: in der Prorinz Starkenburg 264 ein⸗ 36 zwein und 21 drei- und mehrklassige mit 9586 Schülern (6477 evangelische, 2004 kathelische, 87 istaelitische und 18 anderer Kon— fession — 23,8 auf 1900 Einwohner, 29,5 auf 1 Fortbildungsschule und 26,6 auf 1090 Schüler der Volksschulen); in der Provinz Ober hefsen 362 ein⸗, 11 zwei! und 7 drei⸗ und mehrklassige mit 6185 Schülern (5731 evangelische, 366 katholische, 85 israelitische und 3 anderer Konfession — 23,5 auf 1000 Einwohner, 16, auf 1 Fort⸗ bildungsschule und 26, auf 100 Schüler in den Volksschulen); in der Provinz Rheinbessen 145 ein⸗,, 32 zwei⸗ und 5 drei— und mehrklassige mit 5828 Schülern (2806 evangelische, 2315 katho⸗ lische, 85 israelitische und 124 anderer Konfession — 20 auf 1000 Ein—⸗ wohner, 31,8 auf 1 Fortbildungsschule und 25,ů,d auf 100 Schüler der Volksschulen; überhaupt im Großherzogthum Hessen 771 ein⸗, 79 zwei⸗ und 34 drei⸗ und mehrklassige mit 21 599 Schülern (15014 evangelische, 6185 katholische, 255 ifraelitische und 145 anderer Kon— fession — 22,6 auf 10900 Einwohner, 24,4 auf 1 Fortbildungsschule und 26, auf 100 Schüler der Volksschulen). — An Privatunter⸗ richts-Anstalten: in der Provinz Starkenburg: 21 (13 gemein— same, 2 evangelische, 4 katholische und 2israelitische, — 5H gemischte, 5 für Knaben und 11 für Mädchen) mit 114 Lehrkräften (60 Lehrer und 54 Lehrerinnen) und 1412 Schülern (406 Knaben und 1006 Mädchen — 775 evangelische, 436 katholische, 184 israelitische und 17 anderer Konfession); in der Provinz Oberhessen 19 (10 gemein same, 6 evangelische, 1 katholische und 2 israelitische — 8 gemischte, 4 für Knaben und 7 für Mädchen) mit 38 Lehrkräften (26 Lehrer und 18 Lehrerinnen) und 382 Schülern (161 Knaben und. 221. Märchen — 312 evangelische, 9 katholische, o israelitische und 1 anderer Konfession); in der Provinz Rhein hessen 27 (21 gemeinsame, 1 evangelische, 4 katholische und 1 israe⸗ litische — 4 gemischte, h für Knaben und 17 für Mädchen) mit 1656 Lehrkräften (2 Lehrer und 84 Lehrerinnen) und 2804 Schüͤlern (768 Knaben und 20366 Mädchen — 787 evangelische, 1551 katholische, 4596 israelitische und 10 anderer Konfession); überhaupt im Großherzog⸗ thum Hessen 67 (44 gemischte, 9 evangelische, 9 katholische und 5 israelitische — 17 gemischte, 15 für Knaben und 35 für Mädchen) mit 308 Lehrkräften (152 Lehrer und 156 Lehrerinnen) und 4598 Schü— lern (1335 Knaben und 3263 Mädchen — 1874 evangelische, 1995 katholische, 700 israelitische und 28 anderer Konfession) — an erweiterten Volksschulen: in der Provinz Starken burg 10 (3 gemischte, 4 für Knaben und 3 für Mädchen) mit 84 Lehrkräften (71 Lehrer und 13 Lehrerinnen) und 3198 Schulkindern (1741 Knaben und 1457 Mädchen — 2404 evangelische, 52 katholische, 133 israelitische und 109 anderer Konfession); in der Provinz Oberhessen 7 (5 gemischte und 2 für Mädchen) mit 20 Lehr— kräften (17 Lehrer und 3 Lehrerinnen) und 413 Schulkindern (162 Knaben und 251 Mädchen — öbtz evangelische, 7 katholische, 49 israelitische und 1 anderer Konfession); in der Provinz Rheinhessen — ; überhaupt im Großherzogthum Hessen 17 8 gen gn tr 4 für Knaben und 5. für Mädchen) mit 104 Lehrkräften (88 Lehrer und 16 Lehrerinnen) und
3611 Schulkindern (1903 Knaben und 1708 Mädchen — 2760 evan⸗ gelische, HY katholische, 182 israelitische und 119 anderer Konfession). = Einige 1 * aus der russischen Krimingl statistik. — In Rußland ist die Zahl der Freisprechungen von An—⸗ geklagten durch Geschworene überhaupt eine sebr große; den größten Projentsatz erreichten die Freisprechungen nach Professor Stieda in Rostock („Neuere russische Statistik“, Statistische Monatsschrift) aber bei folgenden Anklagen: Verbrechen gegen die Organe der Verwaltung S0 , Dienstverbrechen 72 0/¶ Sittlichkeitsverbrechen 52 * /g, Verbrechen an weiblicher Ehre 50 o. Dagegen war man u. A. viel strenger bei Religionsverbrechen, wo nur 26 ½ Freisprechungen erfolgten.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Publikationen aus den Königlich Preußischen Staats- Archiven. Veranlaßt und unterstützt durch die König⸗ liche Archi⸗Verwaltung. 29. Band: Preußen und Frankreich von 1295 bis 1807. Diplomatische Correspondenzen, herausgegeben von Paul Bailleu, Königlichem Geheimen Staats archivar. Zweiter Theil (1800 bis 1807). Leipzig, Verlag von S. Hirzel, 1887. — Die in dem vorliegenden zweiten Theil dieser Publikation veröffentlichten Aktenstücke bieten dem Historiker höchst wichtige urkundliche Belege, welche dazu geeignet sind, die Verhältnisse und Ursachen aufjuhellen, die den verhängniß— vollen Entschluß zur Mobilisirung des preußischen Heeres (am 8. August 1806) gegen Frankreich herbeiführten. Einzelne Ab⸗ schnitte, namentlich die Ereignisse im August und September 1806 bleiben allerdings leider auch jetzt noch in Dunkel gehüllt, doch werden die meisten der bisher von dem Geschichtsforscher viel beklagten Lücken durch die Veröffentlichung einer Reihe werth— voller, früher gänzlich unbekannter Aktenstücke befriedigend ausgefüllt. Die Akten, betreffend die Verhandlungen über den Vertrag rom 23. Mai 1802 (bezüglich der territorialen Entschädigungsansprüche Preußens für die im Frieden von Luneville abgetretenen linksrheini⸗ schen Gebietstheile) sind anscheinend im Besitz Lombard's, des Geheim- sekretärs König Friedrich Wilhelm's III., verblieben und mit seinen übrigen politischen Papieren verloren gegangen. Andererseits sind viele Akten über die Vorgeschichte des Krieges von 1806 auf Veranlassung des Ministers Grafen Haugwitz verbrannt worden. Das n . Geheime Staats-Archiv bot dem Bearbeiter den amtlichen Schriftwechsel des preußischen Ministeriums mit der Gesandtschaft in Paris und ferner Abschriften einiger aus dem Kabinet Friedrich Wilhelm's III. herrührenden Schriftstücke, welche insofern von Wichtigkeit für die Geshhichte des Jahres 1803 sind, als sie die damaligen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem König und seinem Minister scharf hervortreten lassen. Die Pariser Archive, welche für die Zwecke der Publikation in libe⸗ raler Weise von der französischen Regierung geöffnet wurden, boten namentlich in den Berichten des französischen Gesandten Laforest interessante Ergebnisse für die Kenntniß der Zustände und Personen am preußischen Hofe während der Jahre 1805 und 1806. Von ganz besonderem Werth aber ist die hier zum ersten Mal publizirte, bisher unbekannte Korrespondenz Talleyrand's mit Hauterive, welche die An— schauungen der Staatsmänner Napoleon's über Preußen aktenmäßig dar⸗ legt. Eine willkommene Ergänzung, Ausfüllung und Berichtigung der historischen Erkenntniß dieser Periode bot endlich der Nachlaß des Marquis Lucchesini, damaligen preußischen Gesandten in Paris, welcher für das Geheime Staatsarchiv erworben worden ist. Zahl— reiche eigenhändige Schreiben Hardenberg's, Lombard's und Anderer dienen zur Aufhellung der Geschichte der Jahre 1802 bis 1807, nicht minder die Berichte Blücher's und andere Schriftstücke, welche dem Kriegsarchiv des Generalstabes entnommen sind. Als Einleitung zu den Urkunden-Publikationen bietet der Herausgeber eine erläuternde Uebersicht der Ereignisse von 1802 bis 1807. Er skizüiirt darin die Verhandlungen über den Vertrag vom 23. Mai 1802, dann die Verhandlungen über Hannover (1803), die neutrale Stellung Preußens zwischen Frankreich und Rußland in den Jahren 1804 und 1805, die A ianz mit Frankreich (1865, 1806), den Bruch der Allianz (1806) und den dann ausbrechenden Krieg bis zum Frieden (1807). — Ein sorgfältiger alphabetischer Index über beide Theile der Publikation ist dem Bande beigegeben.
— Ueber die Rechtsverhältnie se der Deutschen Ko⸗ lonialgesellschaften hat hekanntlich vor Kurzem der hervor— ragendste deutsche Kenner dieser Materie, der Wirkliche vortragende und Legations-Rath Dr. Kayser, einen hochinteressanten Vortrag in der Berliner Juristischen Gesellschaft gehalten, welcher sowohl durch die Klarheit des Ausdrucks wie durch die Gediegenheit des Inhalts allgemeinste Beachtung gefunden hat und verdient, auch in allen nicht juristischen Kreisen, welche sich für deutsche Kolonisation interessiren, bekannt zu werden. Deshalb wird die ‚„Deutsche Weltpost“ (Berlin W., U. d. Linden 15) in ihren nächsten Nummern mit Erlaubniß des Herrn Verfassers den genannten Aufsatz veröffentlichen.
— Centralblatt für Rechtswissenschaft. Heraus⸗ gegeben von Dr. von Kirchenheim, außerordentlichem Professor der Rechte in Heidelberg. (Stuttgart. Verlag von Ferdinand Enke.) Band Vl, Heft 7., April 1887. — Inhalt: A. Besprechungen I. All- gemeines. Literatur über die juristische Ausbildung (Aschrott, Ort— loff, Pann, Haupt). — Entscheidungen des Reichsgerichts. — II. Rechts⸗ geschichte. Gierke, O. Der Humor im deutschen R. — Viollet, P. Préeis de l'istoir. du droit frangais. — Privatrecht. Dernburg, H. Pandekten. — Westerburg, A. Ueber die rechtliche Natur der Frankfurter sogen. Wallservitut. — Schneider, K. Wie bestellt man nach Grundbuch⸗R. am billigsten Hypotheken? — Schneider, K. Rechtsregeln des Viehhandels in Hannover. — IV. Handelsrecht. Haberstich, J. Handbuch des schweizerischen Obligationen R. — Kohler, J. Ueber das R. an Zeitungstiteln. — Gareis, C. Die patentamtlichen und gerichtlichen Entscheidungen in Patentsachen nach der Reihenfolge der Bestimmungen des Patentgesetzes. — Förster, C. (Flister). Betriebs⸗Reglement für die Eisenbahnen Deutschlands. — Hürlimann, H. Die eidgenöss. Eisenbahn-Gesetzgebung. — Lyon- Casu et Renault, L. Manuel de droit commercial, spécialement destins aux étudiants des facultés de droit. — Crépon, I. De la négociation des efféts publies et autres. — V. Gerichtsverfassung und Civilprozeß. Busch, H, und Vierhaus, F. Zeitschrift für deutschen Civilprozeß. — Skedl, A. 1) Die Nichtigkeitsklage in ihrer geschicht⸗ lichen Entwicklung. 2) Die Urtheilsnichtigkeit im österr. Prozeß⸗R. VI. Staats- und Verwaltungsrecht. Neumann, Fr. J. Das öffent⸗ liche Interesse mit Bezug auf das Gebühren- und Steuerwesen, die Expropriation und die Scheidung von Privat« und öffentlichem R. — Ducrocg, Ih. Etudes sur la loi municipale du 5 avril. — v. Hye⸗Glunek. Sammlung der nach gepflogener öffentlicher Verhand- lung geschöpften Erkenntnisse des K. K. österr. Reichsgerichts. — VII. Internationales Recht. Travers-Twiss. Le droit des gens ou des nations considérées comme communautéss politiques indépendantées,. — Bard, A. Erécis de droit internaticnal. — VIII. Hülfswissenschaften. Klöppel, P. Staat und Gesellschaft. — B. Zeitschriftenüberschau. — 9. Neue Erscheinungen. 1) Deutsche Bücher und Broschüren. 2) Ausgaben von Gesetzen, Entscheidungen u. s. w. 3) Wichtige ausländische Werke. — Preisausschreiben.
— Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft. Herausgegeben von Dr. Franz Bernhöft, o. ö. Professor an der Universität Rostock, Dr. Georg Cohn, Honor. Professor an der Universität Heidelberg, und Dr. J Kohler, o, ö. Professor an der Universität Würzburg u. s. w. (Stuttgart. Verlag von Ferdinand Enke.) Siebenter . J. Heft. — Inhalt: Besprechung des niederländischen Entwurfs eines „Gesetzes über die Handelspapiere“. Von Dr. jur. J. Riesser. — Die neueste Schweizer Gesetzgebung und rechtswissenschaftliche Literatur. Von Dr. Plazid Meyer von Schauensee. — Ueber Codification, Rechtswissenschaft und Rechtsstudium der Zu⸗ kunft. Von Plazid Meyer von Schauensee. — Das Aspylrecht im Alterthum und Mittelalter. Von Rechtsanwalt Dr. Ludwig Fuld. — Literarische Anzeigen.
— Der Mont-Cenis (Europäische Wanderbilder). Verlag von Orell Füßli K Co. in Zürich. (2 S) — Die Samm⸗ lung der „Europäischen Wanderbilder“, die sich durch ihre belehrenden
und interessanten Schilderungen sehenswerther Gegenden in immer weiteren Kreisen Anerkennung erwirbt, ist soeben durch ein neues Bändchen Mont Cenis (Nr. 117 — 120), bereichert worden. Der Verfasser desselben, V. Barbier, ein Sohn Savovens, der mit Liebe an seiner Heimath hängt, fährt uns durch sein schönes Bergland und weist auf alle die Stellen hin, welche geschichtlich oder naturhistorisch merkwürdig sind. Wir besuchen mit ihm das anmuthige Air⸗lCes⸗ Bains, Chambéry, die alte Stadt, aus der das Königshaus von Italien hervorging, die Ruinen der vom Zauber der Poesie um⸗ wobenen zahlreichen Ritterschlösser. Wir übersteigen unter seiner kun digen Leitung die Bergjoche, von welchen aus er uns einen Einblick thun läßt in die erhabene Gletscherwelt des Gebirges, das Frankreich von Italien scheidet. Reminiszenzen aus längst dahingegangenen Tagen mischen sich mit dem rührigen Leben der Gegenwart, und mit kundiger Feder beschreibt uns der Autor das große Werk des ersten Alpendurchstichs. Nehmen wir die Niederfahrt nach Italien hinzu, wo wir an der Klause von Susa der Kämpfe gedenken, von denen der Besitz des schönen Landes abhing, wo uns eine Natur entgegenlacht, die den Ernst und die Strenge der Alpenwelt mit den Reizen des südlichen Himmels ver— einigt, so müssen wir gestehen, daß uns Barbier eine Gabe von seltenem Werthe bietet. Ein kurz gefaßtes Itinerarium, von Bourg bis Mailand und Genua reichend, ist eine recht praktische Zugabe zu den Bildern. Die 78 Illustrationen bekunden von Neuem das Talent des Künstlers der Wanderbilder, J. Weber, durch welchen schen so viele Gegenden in vorzüglicher Weise uns vor das Auge geführt worden sind. Auch die Ausstattung dieser Hefte ist eöenso vorzüglich wie die der früheren dieser Sammlung.
— Das 2. Programm des Real-Progymnasiums und Progymnasiums zu Forst i. L, das Ostern 1887 vom Rektor Dr. Zitscher herausgegeben worden, enthält: 1) die Festrede zum neunzigsten Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers und Königs, von dem Herausgeber; ) Schulnachrichten, von demselben. Den letzteren zufolge betrug die Zahl der Schüler der Anstalt in seinen 7 Klassen, in denen 9 Lehrer unterrichten, am 1. Februar 18386 im Ganzen 126 und in der Vorklasse 19, am 1. Februar 1887 aber 113 bezw. 16. Von denselben waren ihren Religionsverhältnissen nach am Anfang des Sommersemesters 1885 evangelisch 111, katholisch 6, jüdisch 1, am 1. Februar 1887 aber evangelisch 104, katholisch 5 und jüdisch 1; ihrer Heimath nach am Anfang des Sommersemesters einheimische 112 und auswärtige 9 und am J. Februar 1887 einheimische 106 und auswärtige 7. — In der im Februar 1887 abgehaltenen Entlassungs⸗ prüfung erhielten das Zeugniß der Reife für die Prima der Real⸗ gymnasien bezw. der Gymnasien: am Real⸗Progymnasium 1, am Pro⸗ gymnasium 3 Schüler. Mit dem Zeugniß der wissenschaftlichen Be⸗ fähigung für den einjährig ⸗freiwilligen Militärdienst verließen 12 Schüler die Anstalt.
— Der 18. Band des 3. Jahrgangs von „Engelhorn's allgemeiner Romanbibliothek‘ (Stuttgart, J. Engelhorn, 50 ) bringt von Charles Reade, der sich bereits im 1. Bande durch den Roman „Ein gefährliches Geheimniß“ sehr vortheilhaft eingeführt hat, eine Erzählung, betitelt: Ein einfaches Herz“. Sie spielt unter schlichten Leuten, fesselt aber durch die Eigenthüm— lichkeit der geschilderten Charaktere und die spannende Handlung das Interesse der Leser.
— Am 2. Mai d. J. wird Vormittags um 10 Uhr von der Buchhandlung von Maxp Harrwitz in Berlin, „Unter den Linden 15, Hof rechts part., eine werthvolle Sammlung von Werken und Abbildungen zur Geschichte der Mark Brandenburg und insbesondere Berlins versteigert werden. Das Verzeichniß dieser Sammlung, welche 200 Schriften, von denen sich viele namentlich auf Friedrich den Großen beziehen, umfaßt, ist soeben von Harrwitz ausgegeben worden. — Zugleich mit diesem Ver— zeichnisse hat der genannte Antiquar noch zwei andere Verzeichnisse seines antiquarischen Lagers versandt: ein Verzeichniß von Autographen und ein Verzeichniß von Porträts. Das erstere enthält 341 Nummern, welche Autographen von weltlichen Fürsten, Kirchenfürsten, Staats— männern und Politikern, Militärs und Gelehrten aufführen; das zweite erwähnt 565 Porträts von Fürsten und Fürstinnen, Bischöfen, Feldherren, Gelehrten, Dichtern (3. B. Goethe, Klopstock, Jean Paul Dante) u. s. w. aus früheren Jahrhunderten und aus neuerer Zeit.
— Zeitschrift für das gesammte Handelsrecht, heraus⸗ gegeben von Dr. S. Goldschmidt, Dr. von Hahn, H. Keyßner, E Sachs. ((Stuttgart, 1887, Ferdinand Enke.) Bd. XXXIII. Heft 3, 4.
— Die soeben erschienene 101. Lieferung (9. Band 5. Lief.) der Meisterwerke der Holzschneidekun st“ (Leipzig, J. J. Weber, 1 416 enthält folgende vorzüglich ausgeführte Stiche: 31) Josephine, nach einer Wiener Photographie. 32) Montreux, nach photographischer Aufnahme. 33) Am Burggraben des Heidelberger Schlosses, nach dem Gemälde von K. L. Fahrbach. 34) Der erste Csardas, nach dem Gemälde von O v. Baditz. 365) Seemanntgeschichten, nach dem Ge⸗ mälde von V. Stoltenberg-Lerche. 36) Heubort, nach dem Gemälde von Hans Dahl, zweiseitig. 37) Frühling und Maiwein, Zeichnung von A. Schrödter; ferner 1 Bogen Bildererklärung. ö
— Von der illustrirten Frauenzeitung Mode und Haus“ (Gratisbeilagen: „Illustrirte Belletristik“, „Illustrirte Kinderwelt“ und „Schnittmusterbogen“) liegt uns die Nr. 8, dritten Jahrgangs, vor. Die praktischen, durch flotte Schreibweise angenehm lesbaren Mit— theilungen für das Haus, die Küche, den Keller, die Gesundheitspflege und das Erziehungswesen bilden eine willkommene Einleitung zu dem vielseitigen und praktischen Meinungsaustausch der Abonnenten. Die der diesmaligen Nummer von „Mode und Haus“ bei⸗ gefügte „Illustrirte Kinderwelt‘ (Redaktion: Karl Neumann-⸗-Strela) wird bei den „Kleinen“ Beifall finden. Ein neues Preisausschreiben (Gedichtkonkurrenz), eine große Azzahl hübscher Rathaufgaben und allgemeine interessirende Antworten im Briefkasten schließen die vor— liegende Nummer von „Mode und Haus“ in vortheilhaftester Weise ab. Abonnements zum Preise von nur 1 „6 vierteljährlich bei allen Buchhandlungen und Postanstalten. Probenummern versendet die Expedition von Mode und Haus“ Berlin W., Lützowstr. 81, auf Wunsch gratis und franko.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Tilsit, 26. April. (Osts.Ztg.) Wie durch einen Zauberschlag ist seit dem Gewitterregen in der Sonntag Nacht Wald und Wiese mit einem grünlichen Schimmer bedeckt. Gestern, Montag, hatten wir die höchste Temperatur auf dem ganzen Kontinent und auch heute währen 18 Grad Reaum. im Schatten fort. Während auf strengem Lehmboden die Beackerung beschleunigt wurde, als der Boden noch Feuchtigkeit genug enthielt, um die Pflugschar durchzulassen, beeilt sich der Landmann jetzt mit der Saatbestellung auf normalem Boden und hofft demnächst auch in tiefliegenden Acker hineinzu— kommen. Die Wintersfaaten haben meistens ein dichtes grünes Kleid, nur dem einjährigen Klee hat der unzeitige Frost Mitte April Schaden gethan.
Stargard, 27. April. Der Saatenstand im Pyritzer Weizacker ist, wie die „Starg. Ztg.“ schreibt, in diesem Jahre ein ganz vorzüglicher, wozu die günstige Witterung der letzten Tage besonders beigetragen hat. Die Bestellung der Sommerunz konnte, da der Lehmboden nicht, wie oft in sonstigen Jahren, naß ist. ungehindert und unter günstigen Witterungsverhältnissen vorgenommen werden. Seit der Erschließung des Weizackers durch Kunst— straßen und Eisenbahn ist der Anblick der Felder in genannter Gegend ein anderer geworden. Die Oelfrüchte, wie Raps und Rübsen, sind ganz verschwunden, und an deren Stelle ist der Anbau der Zuckerrüben getreten, für welche die beiden Fabriken in Klützow und Pyritz Abnehmer sind. Auf der Domäne Vaß ist in diesem Jahre zum ersten Male eine beträchtliche Fläche mit Lümmel und Mohn bestellt, und zwar folgt auf je eine Reihe Kümmel, welcher erst im zweiten Kulturjahr Ernten liefert, eine andere Reihe mit Mohn. Daselbst wird ferner ein Versuchsfeld für den Anbau der Cichorie und der Bohne angelegt, da sich namentlich für erstere