1887 / 140 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Jun 1887 18:00:01 GMT) scan diff

nach Gallabad, um gegen den mächtigen Makada⸗Stamm zu kämpfen, und der dritte beobachtet die Stämme, welche Kassala bedrohen. Alle Stämme des Südostens wünschen, wie es heißt, das Joch der Derwische abzuschütteln.

Zeitungsstimmen.

Die „National-Zeitung“ äußert:

Die Reform der Zuckersteuer, wie sie am Donnerstag in der zweiten Lesung thatsächlich entschieden worden, bedeutet einen noch er⸗ heblicheren Schritt zu dem Ziele der reinen Verbrauchsabgabe, als nach dem Regierungsentwurf erwartet werden konnte. Die Bedenken, welche betreffs des dem letztern zu Grunde gelegten Aus beute— verhältniffes gehegt wurden, sind, zwar durch die Beschlüsse des Reichstages noch einigermaßen verstärkt; aber es darf als eine reich- liche Kompensation hierfür betrachtet werden, daß der Antheil der Materialsteuer an der gesammten Besteuerung des Zuckers verringert, derjenige der Verbrauchsabgabe vergrößert worden ist. Während der Entwurf 1 M Rüben! und 16 „S Verbrauchssteuer vor— schlug, wird die erstere Steuer auf. O80 M, die andere auf 12 ς normirt werden Man darf für einen um so viel näheren Zeitpunkt auf die vollständige Ersetzung der Material⸗ durch die Verbrauchssteuer hoffen. Vorläufig aber ist unter den Ergebnissen der Reichs tagssession die Wiederherstellung der Einnahme aus der Zuckerbesteuerung und die Herabsetzung der Zucker-Ausfuhrprämien auf die Hälfte des bisherigen Betrags zu verzeichnen. Es ist charakte⸗ ristisch für die ganze, dentsch, freisinnige Art Politik zu treiben, daß die letztere Thatsache in den Reden von jener Seite völlig ignorirt, ja die Beschlüsse so dargestellt wurden, daß mit den Verhält⸗ nissen minder bekannte Leser der Berichte im Lande leicht glauben könnten, man führe jetzt neue Zuckerprämien ein. Hr. von Bennigsen hat bei der zweiten Lesung diese Taktik und den Leichtsinn, unter ebenso zuversichtlichen wie haltlosen Be⸗ hauptungen den sofortigen Verzicht auf jede Ausfuhrprämie zu verlangen, mit überlegener Sachkenntniß zurückgewiesen. Wenn man sich überhaupt unter unseren deutschen Zuständen eine forschritt⸗ liche Regierung vorzustellen vermöchte, so könnte man mit voller Be— timmtheit behaupten, daß eine solche genau so wenig, wie die jetzige und wie die Reichstagsmehrheit mit einem Schlage die Prämien ab⸗ schaffen und dadurch die deutsche Zuckerproduktion vom Weltmarkt ausschließen würde. Nur in der unverantwortlichen Stellung einer Fraktion von 31 Mitgliedern kann man sich solche Forderungen ge— tatten. Das deutsche Beispiel einer starken Ermäßigung der Prä— mien wird, wie man hoffen darf, auf andere Länder in der nämlichen Richtung wirken, und so wird man allmählich und ohne Gefährdung der deutschen Interessen zur vollständigen Beseitigung der Prämien gelangen.

Die Münchener „Allgemeine Zeitung“ führt aus:

In der letzten Zeit ist gegen die Reichssteuerreform, wie sie von den verbündeten Regierungen und der gegenwärtigen Mehrheit des Reichstages betrieben wird, wieder vielfach der Vorwurf erhoben worden, daß ihr in Wirklichkeit bles eine höchst verwerfliche Plus— macherei zu Grunde liege, von einer organischen Reform gar nicht die Rede sein könne, und die ganze herrschende Auffassung eine rein mechanische sei. Indessen läßt sich doch nicht bestreiten, daß die beiden großen Steuergesetze unzweifelhaft organische Reformen ent⸗ halten; ganz offenbar ist das bei der Zuckersteuer, welche von dem System der Materialbesteuerung durch ein Uebergangsstadium hin— durch, in dem die Materialsteuer noch nebẽn einer Konsumabgabe auf— tritt, zum System der reinen Fabrikatsteuer übergeleitet werden soll. Aber abgesehen hiervon, sollen durch die Vermehrung der Reichs⸗ einnahmen nicht nur die Mittel für bereits vorhandene und in ab— sehbarer Zeit noch hinzutretende Bedürfnisse des Reichs beschafft, son⸗ dern es soll auch den Einzelstaaten durch größere Herauszahlungen des Reichs Luft für Entlastung ihrer Steuerzahler und Aenderungen ihrer Steuersysteme gemacht werden, über deren Dringlichkeit sich schon längst, namentlich was Preußen betrifft, eine sehr weitgehende Uebereinstimmung der Meinungen der größeren Parteigruppen heraus⸗ gebildet hat. Das sind Reformen, für welche die Hebung der Finanz⸗ kraft des mit den besten Steuerquellen ausgerüsteten Reichs die noth— wendige Voraussetzung bildet. Eine wirklich mechanische Auffassung bekundet sich dagegen in dem freisinnigen Standpunkte, von dem aus Mehreinnahmen für das Reich nur bewilligt werden dürfen, wenn gleich zeitig an anderer Stelle im Reiche selbst Entlastungen, d. h. Ver— minderungen der Reichseinnahmen, eintreten. Nach diesem Schema ist nicht zum ersten Male bei dem Antrag der Abgg. Rickert und Ge⸗ nossen auf Aufhebung des Kaffeezolles verfahren worden. Vor zwei Jahren, als das Börsensteuergesetz berathen wurde, verlangte man von derfelben Seite die gleichzeitige Aufhebung des Petroleumzolles und der Salzsteuer. Jetzt ist man zur Abwechselung auf den Kaffeezoll verfallen. Mag auch die Absicht, den ärmeren Klassen den Kaffee⸗ genuß zu verbilligen, vollkommen aufrichtig gemeint sein, so ist doch die Wirkung der Aufhebung des Zolles auf den Preis, der gerade bei diesem seit der Errichtung von Terminbörsen in Havre und New-Nork immer mehr zum Börsenartikel gewordenen Genußmittel den größten Schwankungen unterliegt, eine so geringe und fuͤr den Kleinverkehr ungewisse, daß sie die Nachtheile eines Verlustes der Reichskasse von 47 Millionen Mark nicht aufzuheben vermag.

Die „Staatsbürger⸗Zeitung“ schreibt:

Der Reichskanzler hat es seit 1375 wiederholt in Reden und Denkschriften als eine der wichtigsten Aufgaben bezeichnet, die Bedürf— nisse des Reichs fast vollständig oder ganz aus dem Ertrage der Reichssteuern zu befriedigen, also die Matrikularbeiträge zu ermäßigen oder ganz zu beseitigen. Auch ist von Seiten der kleineren Bundes— staaten zu verschiedenen Malen der Versuch gemacht worden, durch Anträge auf Einführung neuer oder Erhöhung bestehender Reichssteuern auf eine Herabminderung der von ihnen als drückende Last empfundenen Matrikularbeiträge hinzuwirken. Die Matrikularbeiträge haben aber jetzt eine Höhe erreicht, daß einzelne Bundesstaaten Gefahr laufen, den an sie gestellten Anforderungen nicht mehr entsprechen zu können, ohne selber in Finanzverlegenheiten zu gerathen oder die Bevölkerung mit unerträglichen Steuern zu belasten, zumal die Beiträge mit jedem Jahre, in diesem Jahre allein um eirea 47 Millionen Mark mehr als in dem verflossenen Etatsjahre, zunehmen. Für Preußen allein von eirea 71 Millionen auf 100 Millionen Mark. Nicht nur darum ist eine weitere Erhökung der Matrikularbeiträge ganz unmöglich, sondern auch in ihrer jetzigen Höhe sind die nach den Köpfen der Bevölkerung, ohne jede Rücksicht auf die wirthschaftlichen und finanziellen Kräfte der einzelnen Bundesstaaten erhobenen Matrikular— beiträge auf die Dauer unhaltbar

Es bedarf keines Beweises, daß die Matrikularbeiträge als Kopf⸗— steuer die armen Staaten doppelt bedrücken, während sie die zahlungs⸗ fähigen in demselben Verhältniß weniger belasten. Offenbar kann eine so reiche Bevölkerung wie die Hamburgs und Bremens viel leichter die Steuer von einem Thaler auf den Kopf vertragen, als die arme des Thüringer Waldes oder Waldecks. Waren schon bisher den Kleinstaaten die Matrikularbeiträge eine schwere Last, so muß die Unmöglichkeit, sie zu tragen, eintreten, sobald eine namhafte Erhöhung derselben eintritt. Gerade deshalb haben auch die Klein— staaten schon wiederholt auf die aus dem System der Matrikular— umlagen entspringenden Uebelstände hingewiesen, und zur Erwägung einer möglichsten Abhülfe aufgefordert. Die Umwandelung der Matritularbeiträge ist gewissermaßen eine Bedingung für die Fort⸗ dauer und die Existenz der Einzelstaaten. Bei dem fortwährenden Wachsen der Matrikularumlagen muß nothwendig ein Zustand eintreten, wo viele deutsche Staaten nicht mehr mit können.

Man sieht also, daß die Föderalisten gern für die Beibehaltung der Matrikularumlagen in die Schranken treten. Es hat auch gar nicht in der Absicht der gesetzgebenden Körperschaften des Reichs ge— legen, die Matrikularumlagen für immer beizubehalten, sie sind viel⸗ mehr als Erbstück des alten Bundes nir als Nothbehelf für den

Moment in die Verfassung übernommen worden. Nur so erklärt es ch, daß der konstituirende Reichstag den von den Einnahmen des undes handelnden Artikel 70 durch den Zusgtz amendirte, daß nur,

fo lange Reichssteuern nicht existiren', auf Matrikularbeiträge rekur⸗

rirt werden solle. Der Reichstag erkannte damals klar, daß derartige

Umlagen den Bund quasi von dem guten Willen der Einzelstaaten

abhängig machen, ein Ümstand, der keineswegs dadurch beseitigt wird,

daß die deutschen Staaten durch Annahme der Bundes verfassung zur

Leistung dieser Beiträge verpflichtet sind . .

Endlich müssen wir noch gegen die Matrikularumlagen anführen, daß sie in einer Weise Lasten auf die Einzelstaaten legen, die der kon⸗ stitutionellen Doktrin völlig widerspricht. Es ist eine Anomalie der einen parlamentarischen Körperschaft, dem Reichstage, das Recht der Bewilligung von Ausgaben beizulegen, sie aber der Sorge für die entsprechenden Einnahmen zu entheben, der anderen dagegen, den Land= tagen, die Bewilligung von Ausgaben aufzuzwingen, uber deren Ver— wendung sie nicht mitzureden hat. ;

Schon gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, als die großen Entdeckungen und Erfindungen auch nach Deutschland einen Lichtstrahl warfen, der das Nationalgefühl erwachen ließ, erkannte man, daß für das Reich ohne Reichssteuern neue sichere Grundlagen nicht gewonnen werden könnten, und die Worte, welche im konstituirenden Reichstage fielen, daß nämlich eine Reichssteuer in Wahrheit den Deutschen hin⸗ stellen und sich fühlen lassen würde als in einem Staate lebend, sind durchaus berechtigt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage der C. Kraus'schen Buchhandlung in Düsseldorf erschien: Katechismus des Unfallversicherungs-Gesetzes, gemeinfaßlich zufammengestellt von E. R. Christ. und G. Stof⸗ fers (geb. J 606). Das Büchelchen verfolgt den Zweck, die Arbeiter über das Unfallversicherungswesen, soweit dasselbe sie interessirt, in gemeinverständlicher und zuverläßlicher Weise zu belehren. Dasselbe hat folgenden Inhalt: Einleitung, die Entwickelung der deutschen Unfall-⸗Gesetzgebung J. Abschnitt: A. Von den Personen., welche auf Grund des Unfallversicherungsgesetzes persichert sind. B. Von Len Unfällen, gegen deren Folgen diese Personen versichert sind. II. Ab— schnitt: Von den Unfallentschadigungen: A Für den Fall der Ver— letzung. B. Für den Fall der Toͤdtung. C. Verschiedene auf die Ent⸗ schädigung bezsügliche allgemeine Fragen. III. Abschnitt:; Von dem Ver halten des Versicherten behufs Erlangung der gesetzlichen Entschädigungen für erlitte ne Unfälle. A. Allgemeine Verhaltungsmaßregeln. B. Für den Fall der Tödtung. O Für den Fall der Verletzung. Verfahren vor dem Schiedsgericht Verhaltungsmaßregeln bei einzulegender Berufung. IV. Abschnitt: Vom Reichs⸗-Versicherungsamt. Verfahren vor demselben; Verhaltungsmaßregeln bei einzulegendem Rekurs. Hieran schließen sich folgende Anhänge: Anhang 1. Nachweisung der Namen, Sitze und Bezirke der Berufsgenossenschaften, der Sektionen und der Schiedsgerichte, ferner der Ramen und Wohnorte der Vor- sitzenden der Genossenschafts, und Sektionsvorstände, sowie der Schiedsgerichte. Anhang II. Nachweisung derjenigen Berufsgenossen— schaften, welche die Versicherungspflicht auf Betriebsbeamte mit einem 2000 M. übersteigenden Jahres⸗Arbeitsverdienst ausgedehnt haben. Anhang HI. Entwürfe zu Eingaben an die Genossenschaften, Schieds— gerichte und an das Reichs⸗Versicherungs amt. Berufungsschriften an das Schiedsgericht; Rekurs und Gegenschriften an das Reichs— Versicherungsamt. Bei den zahlreichen Betheiligten, denen eine Be— lehrung über die vorstehend angedeuteten Gegenstände erwünscht sein muß, kann es dem kleinen Buche an Abjatz nicht fehlen.

Die Nr. 25 von Schorer's Familienblatt“ (red. von Dr. Franz Hirsch) hat folgenden Inhalt: Das Kind der Straße. Von H. Schobert. (14. Fortsetzung In der Katschemme Von A. Oskar Klaußmann. Kleine Ausfälle. Von Ludwig Fulda. Oesterreich⸗Ungarns nationales Prachtwerk. Mit 4 Illustrationen. Königin Victoria in Windsor. Mit dem Bildniß der Königin Victoria von England im Jahre 1339. Else und Ilse. Erzaͤh⸗ lung von C. . Plauderecke: Das neueste lenkbare Luft⸗ schiff. Geistige und körperliche Arbeit Claude Dural. Das Geheimmittelunwesen in Amerika. Wie alt werden die Ameisen. Kunstblätter: In der Katschemme. Originalzeichnung von Fritz Gehrke. Beilage: Die Grundsteinlegung des Nord-Ostsee⸗Kanals. Originalzeichnung von L. Dettmann. Der Nord-Ostsee⸗Kanal. Von Hugo Herold. Die Erleuchtung der Lombardsbrücke und der Binnenalster in Hamburg. Denkübungen. Für Haus und Herd: Schleudermaschine zur Schnellfabrikation von Butter, Eis, Schnee u. s. w. Mit 2 Illustrationen. Der Nord⸗Ostsee⸗Kanal. . Briefkasten. Mit dem Bildniß des Contre-Admirals

norr.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Amtliche Berichte über den Saatenstand in Ungarn melden: Weizen ist im ganjen Lande in guter Entwickelung, Üüber⸗ wiegend in Blüthe stehend und verspricht im Allgemeinen eine gute Mittelernte. Rost zeigt sich in den Komitaten Gran, Neutra, Eisen⸗ burg, Zala und Bacs. Roggen verspricht eine Mittelernte, steht blos rechts und links der Theiß schwächer und hat im Trenesiner Komitat durch Platzregen und Sturmwinde, im Wiesel⸗ burger Komitat durch Hagelschläge viel gelitten. Gerste verspricht namentlich rechts der Donau und links der Theiß, sowie in Siebenbürgen eine gute Mittelernte und hat sich auch in den anderen Landestheilen gebessert. Rost zeigt sich nur sporadisch. Hafer steht stellenweise schütter und mit Unkraut vermischt, verspricht jedoch im Allgemeinen eine gute, in Siebenbürgen eine Mittelernte. Am schwächsten steht Hafer in der Theißgegend. Raps läßt rechts und links der Donau und zwischen der Denau und Theiß nur eine Ernte über „mittel“ erwarten. Rechts der Theiß ist Aussicht auf eine Mittel⸗ ernte. Im Biharer Komitat sowie im Bolyager Bezirk des Torontaler Komitats, wo der Schnitt schon begonnen hat, ist das Resultat sehr ungünstig. Mais läßt zumeist viel zu wünschen übrig. Das erste Hacken ist größtentheils schon vorüber, doch entwickelt er sich sehr langsam, ist niedrig und leidet von Insekten und Unkraut. Die Krautfelder werden im Trenesiner Komitat durch Schnecken ver— wüstet. Hülsenfrüchte stehen zumeist schön, links der Theiß aus— gezeichnet. Kartoffeln haben sich, wo sie bisher schlecht standen, zumeist gebessert und versprechen fast durchaus einen guten Ertrag. Hanf und Flachs entwickeln sich überall befriedigend, ebenso Taback, der stellenweise schon gehackt wird. Rüben sind links der Donau sehr zurückgeblieben und entwickeln sich rechts der Theiß nur langsam, in allen anderen Landestheilen versprechen sie jedoch einen guten mittleren Ertrag. Die Weingärten stehen fortwährend sehr schön und versprechen, wenn die Witterung günstig bleibt, nahezu Überall eine sehr gute Lese.

Gewerbe und Handel.

Berliner Wollmarkt. 18. Juni. Bis gestern Abend waren auf dem eigentlichen Wollmarkt in der Brunnenstraße eingegangen pr. Ostbahn 86 499 kg, pr. Stettiner 48 157 kg, pr. Nordbahn M409 kg, pr. Schlesische 290 kg, vr. Hamburger 3220 kg. Heute trafen ferner ein: pr. Ostbabn 161 847, pr. Stettiner 71 942, pr. Nordbahn 23 632, pr. Schlesische 1916, pr. Hamburger 26 672 kg. Diese Posten repräsentiren zusammen 8791 Ctr. 68 Pfd., rechnet man hierzu die pr. Fuhrwerk bis jetzt herangeschafften ca. 1500 Etr, so ergiebt sich ein Gesammtquantum von ca. 10200 Ctr. Da der eigentliche Markt erst am Montag Morgen beginnt, so dürften um diese Zeit nicht allein die bisher angemeldeten ca. 17 000 Ctr., son⸗ dern noch eine größere Quantität zur Stelle sein, da An⸗— meldungen noch fortwährend eingehen, und viele Wollen auch ohne vorherige Anmeldung zur Einlagerung in die Zelte gelangen. Es dürfte sich sonach bei Beginn des Marktes auf dem eigentlichen Wollmarktsterrain ein Quantum befinden, daß das vorjährige um mehrere 1000 Ctr. Üübersteigt. Händler sind bis

jetzt ca. L Produzenten und ca. J in den Zufuhren v Zufuhren von Wolle auf Stadtläger kommen sehr 6 Die und werden, nach jetziger Situation zu urtheilen, wohl ö herm Vorjahre zurückbleiben, verursacht einestheils durch die in ag 6. den Wetters verspätete Wäsche, anderentheils durch die il ir früher kaufen und die Wollen rechtzeitig heranschaffen zu i dlihzi Stimmung läßt sich bis jetzt als abwartend bezeichnen unk nnn; erst im Laufe des Nachmittags prägnanter gestalten. urste si Wien, 18. Juni. (W. T. B) . Der internati Getreide⸗ und Sag tenmarkt findet am 29. und zh zun in der Rotunde des Weltausstellungsgebäudes statt. Augnst Warschau, 17. Juni. B. X. B) Wollmarkt. Di fuhren betragen bis jetzt 40 500 Pud gegen 51 siz Pud 2 t. jahre. Die Kauflust dauert fort. reise für hochfeine ,. Wolle unverändert, für mittelfeine 90 bis 37, für mittel ne ehe für ordinäre 5 bis 65 Thlr. Drei Viertel der vorhandenen e. sind verkauft, so daß man heute die gänzliche Räumung des R ant K J arkte ew⸗York, 1. Juni. (W. T. B.) Ba e wen ne Gig , . . n. shiee e ung ig usfuhr nach Großbritannien— 3., Ausfuhr na 6 ö B., Vorrath' zi o B. ch den ferme

Submissionen im Auslande.

28. Zu Mötz. E i erer 'Die . Juni Mittags. K. u. K. General-Direktion der österreic; ate, ö . 9. ssterteici ha ieferung folgender Materialien für den Bau der Sta— Horaldiowitz = Klattau und Janowitz -Taus: Strꝛtihelu 6 t Flußstahlschienen System Al, 410 . Winkellaschen . 360 . Unterlagsplatten . ö 60 , Laschenschrauben ö. ‚— . f teh r -. ö Mille Fixirungsringe 23 mm licht. Durchmess Näheres an Ort und Stelle. kmeset , 1. Juli. Spanische Post- und Telegraphen⸗General Direktion 1 Madrid. Lieferung von 13 7590 Telegraphenstangen. Kaution 50g 38 Pesehtz . 7,50 Pes. . w h m, 8 3 I/ ür eine solche von 7m und 9.265 Pes. für eine solche von 8 m Ling; Näheres an Ort und Stelle. ö

Verkehrs ⸗Anstalten.

London, 17. Juni. (W. T. B.). Der Union-Dampftt „Spartan“ ist heute auf der Ausreise von Plymouth abgegange.

Der Castle⸗ Dampfer Methven Castle“ ist gestern u der Heimreise von Capetown abgegangen und der Ca st le-Dampfer J ist gestern auf der Ausreise in Capetown ange ommen.

Berlin, 18. Juni 1887.

Leipzig, 18. Juni. (W. T. B.). Hochverrathsproleß Das Urtheil lautet gegen Köchlin⸗Claudon auf 1 Jahr, Blech? Schiffmacher 2, Trapp 146 Jahre Festungshaft; Jordan, Repbe, Freund und Humbert wurden freigesprochen.

Ihm De utschen Theater setzt sich die Reihe der Gaftsrilr fort. Nachdem am Montag Frl. Ortwin vom Stadttheater in Königsberg mit günstigem Erfolge als „Hero“ aufgetreten war, stellt sich gestern von demselben Theater ein anderes Mitglied den Berlinen vor, Hr. Peters, der den „Sanders“ in L'Arronge's gefälligen Luststiel: Der Weg zum Herzen“ spielte. . st gewöhnt und berechtigt, in Anbetracht der von dem Deutschen Theater bisher eingenommenen künstlerischen Höhe, an die dasellt auftretenden Künstler hohe Ansprüche betreffz ihrer Leistun fähigkeit zu stellen. Einen hohen Maßstab darf man nun M die gestern gebotene Leistung des Hrn. Peters nicht legen. E verfügt ja über eine recht häbsche Begabung und offenbare Talent. ob dasselbe aber für die Aufgaben, welche das Deutsche Theater an ihn stellen würde, genügt, muß sehr zweifelhaft erscheinen Das Spiel des Gastes lief auf einen Heiterkeitserfolg hinaus, wir er durch Anwendung starker Mittel erzielt wird, dasfelbe paßt aka nicht recht in den Rahmen des vornehm gehaltenen Lustspielt Vielleicht hat der Gast in anderen Rollen Gelegenheit. eine üb zeugendere Probe von seinem Können abzulegen. . Julie. wut gestern von Frl. Hausner gespielt und mit all der nalben Anmut ausgestattet, welche der jungen Dame so reichlich zu Gebote ste:t Der österreichische Dialekt klingt freilich immer noch stark. herrer doch steht zu hoffen, daß bei fortgesetzter Bemühung der Künstlain diesem Uebelstande gründlich abgeholfen wird. Die übrigen Nit· wirkenden wurden ihren Rollen vollauf gerecht. .

Morgen wird im Deutschen Thegter „Don Carlos und am., Montag Goldfifche! gegeben. Am Mittwoch, den. 2... beginnt Fräulein Friederike Bognar vom Deutschen anne Theater zu Prag ein Gastspie in der Rolle der Königin Clisabet in „Graf Essex“; zugleich wird in der Titelrolle des Stück Hr. Paul Arendt vom Großherzoglichen Hoftheater n Schwerin zum ersten Male als Gast auftreten und Frl Matin Ortwin die Rolle der Gräfin Rutland spielen. In der ncht Aufführung von „Macbeth“, welche am Sonnabend, VB. d. N. th findet, giebt Frl. Bognar als zweite Gastrolle die „Lady Macbetb⸗ Außerdem bringt das Wochenrepertoire noch Aufführungen ron e. G'wissenswurm“, Prinz von Homburg“ und „Goldfische“. Die bil Vorftellung in diefer Saifon findet am Donnerstag, 30. d. M, stat

Auf der Krollschen Bühne beginnt morgen der rühmlicht ö kannte Bafsist Hr. Da vid Ney aus Pest als „Sarastro- in Gastspiel, welches er am Mittwoch in der völlig neu inscenirten ha Donizetti's Belisar“ fortsetzen wird. In der Zauberflöte un. neben ibm Fcl. Carlotta Grossi als „Königin der Nacht;. 1 äbschietsroll bat Fr. Klafs am Montag, den „5h l, Frl. Tony Schläger ist bereits eingetroffen und hat an den ,. der Lucretia Borgia · bekanntlich einer glänzenden Partie de Künstlerin theilgenommen.

Im Belle⸗Alliance⸗Theater findet am Dien stag , n 21. d. M., die Feier des 25 jährigen Bestehens des Instituts ̊a welches von den kleinsten Anfängen sich zur Stellung eines i elegantesten und besuchtesten Etablissements der Kaiserstadt . geschwungen hat. Aus nahmsweise wird an diesem Tage das . schon um 5 Uhr beginnen und erst um 12 Uhr Nachts enden. . selbe wird von 3 Musikeorps ausgeführt, und zwar von den bei Musikcorps, die dort am meisten gewirkt, dem des Kailer . Garde⸗Grenadier⸗ und dem des Garde Feld⸗Artillerie Regiments un . Hauskapelle. Bei eintretender Dunkelheit wird der pracht⸗ Sommergarten bengalisch beleuchtet sein.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags ⸗Anstalt, Berlin 8Ww., Wilhelmstraße Nr. 32.

Acht Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage).

Berlin:

indern vom Konsumenten getragen werde.

Er st e Beilage zun Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 18. Juni

1887.

1410.

Nichtamtliches.

Berlin, 18. 3 69 weiteren i wn

ien (46. Sitzung des Reichstages wurde bei e Chee des Gesetzentwurfs, be— . pke Besteuerung des Branntweins, der §. 3

ui e m tere Debatte erhob sich erst bei 5. 43. Derselbe thilt die Vorschriften über die Nachsteuer. Es lag dazu ein e srnmigantrag Buhl und Genossen vor, welcher außer xedak⸗ ö. en Aenderungen auch die Streichung der auf Antrag . g. Witte in dieses Gesetz hineingebrachten Bestimmungen . die Nachversteuerung des Branntweins, in Bezug auf

pelhe vor dem J. Juni Lieferungsgeschäfte vorgeschlagen sind,

Preußen.

unt itz, Lieber beantragte, steuerfrei zu lassen diejenigen histinde von Branntwein, welche nachweislich vor dem 7. Juni d. J. af Lieferung bis 31. Dezember d. J. verkauft seien, und ssgende Bestimmung hinzuzufügen: Soweit Brennereibesitzer . ju erzeugenden Branntwein nachweislich vor dem Zuni d. J. auf Lieferung bis 1. Oktober d. J. zu festen gen verkauft haben, bleibt ihnen der Betrieb ihrer Brennerei n dem dazu erforderlichen Umfange zu dem bisherigen Satze zer Raischbottichsteuer gestattet. .

Der Abg. Freiherr von Huene äußerte: Er habe bereits in der mneiten Leung den vom Abg. Witte beantragten Zusatz als hedenklich bezeichnet. Inzwischen habe er sich orientirt, und K fel ihm bestätigt worden, daß in der Geschäftswelt ein Be⸗ Rirsniß für eine Elch Bestimmung nicht vorhanden sei, daß im egentheil ihre Aufnahme verwirrend auf das Geschäft timirken würde.

Der Abg. Dr. Windthorst empfahl den Antrag Lieber.

Der Abg. Buhl meinte: Die Bestimmung des 5. 43, wo⸗ nah vom 1. Juli bis 30. September die Maischbottichsteuer uuf das Dreifache des bisherigen Satzes und dem entsprechend sie Steuervergütung für Branntwein, welcher aus dem deutschen Plgebiete ausgeführt oder zu gewerblichen Zwecken einschließlich der Cssigbereitung verwendet werde, erhöht würde, enthalte eine hdenkliche Schädigung der süddeutschen Staaten, wenn nicht leich auch eine gleiche Maßregel für den süddeutschen , von den Partikularstaaten, eingeführt werde. Penn er beantragt habe, den Antrag Witte zu streichen, so se des nur unter der Voraussetzung geschehen, daß das Haus in diesen Gesetz eine civilrechtliche Frage nicht ent⸗ sceiden könne. Das habe nichts zu thun mit der meri⸗ thrichen Behandlung der . Er selbst glaube, daß dise Nachsteuer denselben Grundsätzen unterworfen werden müse, wie die Konsumsteuer, und auf den Konsumenten über⸗ zepilzt werden müsse. Es gehe das Gerücht, daß sich hier mn der Börse an kompetenter Stelle die Ansicht . habe, die Nachsteuer den Verkäufern aufzuerlegen. Dies pirde der Tendenz des Gesetzes widersprechen. Die Lage des heschäfts werde dadurch noch schwieriger, daß in Stettin und Posen in ganz entgegengesetztem Sinne bi , werden le. Wenn es richtig sei, daß gegen die Entscheidung der Börsenschiedsgerichte kein Rekurs beim Reichsgericht zustehe, o müsse es ein unerträglicher al, werden. Der 233 Uusweg bleibe der, daß i Börfen sich vereinigten, und diese ge auf einheitliche Weise, regelten. Sie aber in das hhech aufzunehmen, halte er nicht für angänglich.

„Der Übg. Dr. Meyer (Halle) wagte nicht die Höhe der liilionen zu beziffern, um welche es sich hierbei handele. Idenfalls würden einzelne Personen, die sich von jeder Speku⸗ htia fern gehalten, mit einer Wucht getroffen werden, die weder irgend einer Verschuldnng, noch ihrer finanziellen Lage utsprech. Diese Nachsteuer sei nichts weiter, als eine Art bn Konsumsteuer; sie sollte deshalb gleich so aufgelegt wer⸗ ien, daß sie nicht dem einzelnen Geschäftsmann zur Last falle, Daß sowohl der ; der Verkäufer sich gegen die Nachsteuer srübten, sei erklärlich. Nun liege die. Sache spo, ß die Berliner Börse sich dahin schlüssig gemacht kbe, daß der Verkäufer die Nachsteuer zahle, die Ftetiner, daß der Käufer sie zu zahlen habe. Gegen die siddsgerichtlichen Entscheidungen stehe kein Rekurs offen, und B sei mit Sicherheit vorauszusehen, daß an jedem einzelnen in das Schiedsgericht im Sinne seines Börsenvorstandes ent⸗ shiiden werde. Man komme zu widersprechenden Enischeidungen und ihr Widerspruch sei nicht durch die höchste Instanz zu hen, Nun sei der Fall möglich, daß Jemand mit demselben Bfshäst bei der einen und anderen Vörse betheiligt sei. Eine bollommen befriedigende Lösung wäre nur zu finden dadurch, man für diese Fälle auf die Nachsteuer ganz verzichte, dann niten beide Theile zufrieden. Der Antrag Lieber sei, so gewaltsam auh im ersten Augenblick erscheine, nur geeignet, weit größeren

wierigkeiten vorzubeugen, als durch Annahme desselben uttehen könnten. Derselbe habe nur den einen Fehler, daß den J. statt den 5. Juni wähle. Seine Freunde und er uuntragten, den 9. Juni einzusetzen. Die Börse, vor Allem nige außerhalb Berlins, habe von den Kommissions⸗ tschüssen am 7. Juni noch nichts gewußt, sondern erst am ctwas davon erfahren. Lehne man diesen Antrag ab, dann nüse man daran verzweifeln in der noch übrig bleibenden sriß diese Sache befriedigend zu lösen, 1 . Dr. von Scholz äußerte sich fol⸗

aßen: ; Meine Kerren! Ich möchte Sie bitten, den Antrag anzunehmen

ruf Nr. 2277 gub J. Rr. 1 gestellt ist, den zweiten 61 im . zu streichen. Ich habe schon in der Kommission mich nur dahin . können, daß ich es für durchaus bedenklich halte, in einem . Gesetz durch eine solche Bestimmung eingreifen zu wollen in . welche sich aus Verträgen gebildet, haben. teich uschriften, die ich erhalten habe, versichern mich, daß . dergleiqgen Bestinimungen überflüssig find, daß die Verträse alle on zu Stande gekommen seien in der letzten Zeit unter sorgfältiger eng und Bestimmung dessen, was für den Fall einer gesetz⸗ en Anordnung jwischen den Kontrahenten Rechtens sein sollte; und 1 [. derhalb nur Verwirrung anrichten könnte, wenn dat Gesetz der mit einer Beftimmung in diefes Vertragtzrecht eingreift. Ia, h glaube auch nicht, meine Herren, daß es hier, sei es auf die wehlichste Darstellung einer der Herren, der von einer Seite

Käufer wie

informirt ist, sei es auf ebenso bewegliche Darstellung eines Herrn, der von der anderen Seite informirt ist, möglich wäre, zu einem gleichmäßigen, für alle Falle anwendbaren Rezept zu gelangen, wonach man hier die Beruhigung fassen könnte: nun haben wir für das . und insbefondere für die bestehenden privatrechtlichen

erträge genügend gesorgt. Ich fürchte, daß wir uns dann erst recht überzeugen würden, daß dieser Saal der Gesetzgebung nicht der geeignete Ort ist, um vorab in die Funktionen des Richters einzu⸗ treten, der aus den Verträgen, welche abgeschlossen sinꝰ unter den gegebenen Verhältnissen, dann entscheiden wird, wie sie richtig zu inter pretiren sind.

Ich bin auch gar nicht mit Hrn. Dr. Meyer, der Neberzeugung, daß die Dinge, die hier in Frage kommen, so in die Millionen gehen. ch meine, meine Herren, soweit es sich um effektive Geschäfte handelt, um den Spiritus, der wirklich in der Welt ist oder in die Welt gesetzt werden soll, werden diese Verträge in bescheidenen Grenzen sein. Wer in die Millionen gehen kann und wobei es sich um ungeheure Differenzen handeln kann, das sind wohl die Spekulations verträge. Run, diese Herren mögen unter sich die Sache abmachen. Ich habe kein befonderes Gefühl dafür, ob die eine Seite oder die andere Seite mehr gewinnt oder verliert. Das ist unsere Aufgabe nicht, darauf einzuwirken. Ob die verbündeten Regierungen der Hr. Abg. Dr. Meyer hat das auch als möglich hingestellt gerade eine so große Verantwortlichkeit dafür träfe, das kann ich nicht zugeben. Die Gesetzgebung muß gemacht werden, indem man anfängt, einen Entwurf vorzulegen, diesen Entwurf in Berathung zu nehmen, indem man in den Kommissionsberathungen Beschlüsse faßt, dann in erster, zweiter, dritter Lesung. Wenn alle diese Vorbereitungen, die nothwendig zum Zustandekommen eines Gesetzes gehören, Verpflichtungen enthielten gegenüber denjenigen, welche inzwischen richtig oder falsch kalkuliren, dann könnte die Gesetzgebung allerdings eine ungeheure Summe von Verpflichtungen zu ühernehmen haben. Das kann ich, nicht zugeben. Der Hr. Abg. Dr. Meyer hat gesagt, die Handelsvorstände haben sich bereits schlüffig gemacht in Berlin und in Stettin u. s. w.; ich bin ja nicht fo orientirt über das, was die Verpflichtung dieser Handels⸗ vorstände ist, aber den bescheidenen Zweifel möchte ich doch heute, wo ich das zuerst höre, aussprechen: es scheint mir doch ein sehr ge⸗ wagtes Unternehmen zu sein, wenn über ein Gesetz, was noch nicht beschlossen, was noch nicht vom Reichstage angenommen ist, was dann noch das Stadium durchzumachen hat, wieder an die verbün— deten Regierungen zu gehen, was noch erst von Sr. Majestät sank—⸗ tionirt und als Reichsgesetz publizirt werden muß, wenn über ein solches noch unfertiges Gesetz eine Verwaltungs debörde eder eine Behörde der Kaufmannschaft sich heute schon schluͤssig gemacht haben sollte, wie es zu interpretiren ist. Alle Achtung vor der Schnelligkeit, mit der im Handelsstande Entschließungen gefaßt werden müssen, dies würde aber meines Erachtens doch wohl eine voreilige Ent⸗ schließung sein. Und deshalb kann ich Sie nur bitten: lassen Sie sich nicht bange machen über diese Sache, sondern beschränken wir uns auf die Aufgabe, die uns gestellt ist, und überlassen wir die Auf—⸗ gabe, die Anderen gestellt ist, ruhig den Letzteren.

Der Abg. Goldschmidt konnte sich den Ausführungen des . nur anschließen. Er und ein großer Theil einer Freunde befänden sich im Gegensatz zu dem Abg. Meyer und das auf Grund fehr eingehender Informationen von durchaus sachverständiger und uninteressirter Seite. Die Ver⸗ wirrungen, welche die Nachsteuer anrichte, seien so groß, daß man sie mit Bestimmungen, wie sie dem §. 43 des Gesetzes eingefügt werden sollten, nur vermehren würde. Gerade der Umstand, daß die verschiedenen Handelsvorstände der ver⸗ schiedenen Handelsplätze schon ganz entgegengesetzte Be— stimmungen getroffen hätten, sollte das Haus hindern, in diese Frage, die sich von selbst regeln müsse, gesetzgeberisch ein⸗ zugreifen. Er bitte also, den Zusatz des Abg. Witte ab— zulehnen.

Der Abg. Rintelen empfahl den Antrag Lieber, welcher die Härten der Nachsteuer wenigstens mildere. Wenn ein Theil des Centrums auch andere Bedenken überwunden hätte, dieses Bedenken könne er nicht überwinden und werde gegen das Gesetz stimmen.

Die Diskussion wurde geschlossen.

In der Abstimmung wurde nur der Kompromißantrag Buhl angenommen und der Antrag Lieber abgelehnt.

Zu 5. 44, welcher von dem Inkrafttreten des Gesetzes handelt, bemerkte der Abg. Dr. Meyer (Halle): Bisher habe man unter Reservatrecht nur das Recht eines Einzelstaats verstanden, sich einer gesetzlichen Norm des Reichs nicht zu unterwerfen. Jetzt solle der einzelne süddeutsche Staat durch ein liberum veto eine Reform des bestehenden Rechts des Reichs hindern können. Dieses beziehe sich nicht allein auf die besonderen Verhältnisse dieser Staaten, sondern auch auf die anstößige Bestimmung des 5§. 36, wonach der Reinertrag der Verbrauchsabgabe den einzelnen Bundesstaaten nach Maß⸗ gabe der matrikularmäßigen Bevölkerung zu überweisen sei. Man könne den Begriff des Reservatrechts nicht noch weiter vertiefen. Der 8. 44 allein würde seine Partei zu einem ab⸗ lehnenden Votum über das ganze Gesetz führen.

Der Abg. Pr. Windihorst meinte, während das Reservat⸗ recht den süddeutschen tag en ente, ng. gesichert sei, seien die Vergünstigungen, die ihnen hier für den Fall der Aufgabe des Reservatrechts zugewendet werden sollten, nur gesetzlich fixirt. Davon, daß ein besonderer Vertrag darüber geschlossen sei, sei dem Reichstage jedenfalls nichts bekannt. Eine gesetzlichs Bestimmung biete dem Süden nicht genügende Garantie; diese zu gewähren vermöge nur ein Vertrag. Die Verhältnisse änderten sich, die Personen wechselten und ein Gesetz werde ebenso leicht beseitigt wie geschaffen. Der Redner hielt es für seine Pflicht, auf diese Lage der Sache auf⸗ merksam zu machen. Wenn die süddeutschen Stagten trotzdem auf das Reservat verzichten wollten, so möchten sie es thun; er habe seiner Pflicht genügt. .

Der bayerische Bundesbevollmächtigte, Graf von Lerchen feld⸗Köfering entgegnete: Es würde ihn immer freuen, den Abg. Windthorst sich im Interesse der Süddeutschen bewegen u sehen. Natürlich müsse das Urtheil darüber vorbehalten hieil n? ob er sich in wirklichem Interesse der Süddeutschen oder in einem sehr zweifelhaften Interesse, bewege. Etwas Neues habe eigentlich der Abg. Windthorst in seiner heutigen Rede zu seinen neulichen Ausführungen nicht hinzugefügt, und er (Redner) nehme Anstand, dag, was neulich von ihm (dem Redner) und seinem württembergischen Kollegen ausgesührt worden sei, zu wiederholen. Er bleibe dabei, daß es sich hier doch um ein Vertragsverhältniß handle; und er wolle in Kurzem skizziren, wie die bayerische Negierung zu diesem Para graphen gelangt sei. Von bayerischer Seite sei ausgefuhrt

worden, welche Kautelen nothwendig seien, um den Eintritt der Süddeutschen in die norddeutsche Branntweingemeinschaft möglich erscheinen zu lassen, und von der anderen Seite, welche Kautelen gegeben werden könnten, ohne das Interesse der Gesammtheit zu verletzen; man habe sich im Bundesrath darüber verständigt und das Ergebniß gesetzlich festgelegt. Wenn bei der Vereinbarung, welche als Artikel 35 in die Verfassung aufgenommen sei, ein förmlicher Vertrag geschlossen worden sei, so habe das in den damaligen Ver⸗ hältniffen gelegen. Es habe damals kein Deutsches Reich gegeben; wo seien damals die Faktoren gewesen, die ein ö . vereinbaren können? Aber nachdem der Vertrag ge chlossen, seien die festgesetzten Bestimmungen als Artikel 35 in die Verfassung übergegangen und gesetzlich festgelegt worden. Und anders liege es heute auch nicht. Wenn förm— liche Verträge heute nicht abgeschlossen seien, so seien doch die Bestimmungen, die den Süddeutschen zu⸗ gesichert worden, Reservatbestimmungen, Sie hätten das Ver⸗ trauen, daß es weder den verbündeten Regierungen noch dem Reichstage in den Sinn kommen werde, gegenüber dem §. 44 die Süddeutschland gewährten Berechtigungen ohne Zustimmung der Süddeutschen aus dem Gesetze herauszubringen. Das würde nicht ein Vorgehen von gesetzgebenden . sein, sondern ein Verfahren von Winkeladvokaten. Die Süddeutschen hegten das Vertrauen, daß sie in keiner Weise etwas zu besorgen hätten. Das Wort habe er eigentlich nur ergriffen, weil die Theorie, die man von dem Abg. Windthorst gehört habe und die er (Redner) an sich für unrichtig halte, doch den Uebelstand habe, daß sie Mißtrauen säen könnte zwischen Reichsregierung und Reichstag, zwischen den Einzelregierungen und den Landtagen. Er sei über⸗ zeugt, daß der Abg. Windthorst dies nicht beabsichtige und seine Ausführungen nur im Interesse Bayerns gemacht hahe. Aber diese Äusführungen könnten nicht glücklich wirken, sie müßten Mißverständniß erregen.

Der badische Bundesbevollmächtigte, Freiherr von Marschall, äußerte; er wolle auch von seiner Seite bekunden, daß es dem Abg. Windthorst in keiner Weise gelungen sei, irgendwie einen

weifel oder ein Mißtrauen hervorzurufen bezüglich des vollen Schutzes der süddeutschen Interessen. Er habe die Sache so dargestellt, als ob Süddeutschland die ausschließliche Garantie für seine Interessen in der bundesfreundlichen Gesinnung der Regierungen sehe. Süddeutschland finde darin allerdings die höchste Garantie, allein es entbehrten seine Interessen auch nicht der juriftischen Garantie und er widerspreche entschieden der Aus⸗ führung des Abg. Windthorst, daß diese juristische Garantie nur gegeben werden könne durch einen formellen Vertrag. Wie liege denn die Sache? Man stelle in diesem Gesetz die Modalitäten fest, unter denen die süddeutschen Staaten oder einzelne derselben in die norddeutsche Branntweinsteuergemein⸗ schaft eintreten könnten, indem sie verzichteten auf ein Reservatrecht, welches in der Verfassung ihnen ein⸗ geräumt und durch Art. 18 geschützt sei. Wenn nun in demselben Gesetz, wo diese Modalitäten fest⸗ gestellt seien, den süddeutschen Staaten gewisse Sonderrechte im Anschluß an den Wortlaut des Art. 18 der Verfassung gewährt würden, so entstehe allerdings formell juristisch nicht ein Vertrag, wohl aber ein bilaterales Verhältniß, bei dem die Zustimmung auf der einen Seite und die gewährleisteten Sonderrechte auf der anderen Seite in, einer ganz unlösbaren Verbindung ständen, ähnlich wie bei einem Vertrage die Leistung und die Gegenleistung. Es sei also eine juristische Monstrosität, zu glauben, daß, wenn einmal diese Zustimmung von den süddeutschen Staaten erklärt wäre, wenn sie auf den mit gewissen Sonderrechten aus⸗ gestatteten Boden dieser Gesetzgebung einträten, dann einfach diese Sonderrechte im Flusse der regelmäßigen Gesetzgebung wieder weggeschwemmt werden könnten. Das sei undenkbar, um so mehr, als die im 8. 44 genannten Bestimmungen von Seiten der süddeutschen Regierungen mit aller Ent⸗ schiedenheit als eonditiones sine quibus non des Eintritts in die norddeutsche Branntweinsteuergemeinschaft bezeichnet worden seien, und er nehme gern Anlaß, noch besonders zu erklären, daß für die Großherzoglich hadische Regierung peʒiell §. 36, Äbsatz 1, der die matrikularmäßige Vertheilung der In⸗ kraden nach der Kopfzahl der Bevölkerung feststelle, eine con. ditio sine qua non sein werde, wenn sie sich veranlaßt sehen solle, den Eintritt in jene Gemeinschaft ihrer Landesvertre lung zu empfehlen. Er wolle die Sache juristisch nicht weiter approfondiren Juristen pflegten sich in der Regel nicht zu überzeugen, und er habe um so weniger Aussicht, den Abg. Dr. Windthorst eines Besseren zu belehren, weil wie dies der Vorredner bereits angedeutet habe. vielleicht bei dem Herrn nicht nur üuristische Momente in die Waagschaale fielen. Er (Redner) habe gesagt, es fehle nicht an juristischer Garantie, aber allerdings die hoöchste Garantie für den Schutz seiner Interessen sehe Sud. deutschland in dem Vertrauen auf die Loyalitat, auf die Treue, welche die verbündeten Regierungen sich seit Gründung des Deutschen Reichs stets untereingnder be währt hätten und stets bewähren würden in der Zuversicht, daß jeder Reichstag Angesichts der schweren Pflichten, die die süddeutschen Regierungen mit Eintritt in die Branntwein steuergemeinschaft auf sich nähmen, auch der Rechte eingedenk sein werde, welche ihnen durch dieses Gesetz gegeben und ge währleistet seien.

Der Abg. Windthorst meinte: Es sei im parlamęnta r ischen Leben unzulässig, dem Mitkombattanten irgend welche Motive unterzulegen, die er nicht selbst geäußert habe Das moge ia sehr hübsch fein, im Salon Pikanterie zu treiben aber ur Das Parlament gehöre sie nicht. Er müsse ein olches Verfahren zurückweisen. Lieb sei es ihm, von Herrn von Marschall an erkannt gehört zu haben, daß ein Vertrag nicht vorliege Die Beslimmungen seien allerdings gesetzlich fest und klar, aber sie seien nicht verfassungsmaßig klar Bei der Frage der Kompetenz sei es auch so; aber alle Vertrauens seligkeit der damaligen Zeit habe nicht ersparen können, dat die Konpelenz immer mehr ausgedehnt worden sei bis zu dem Augenblick, wo in die Reichsversassung eine Bestimmung ausgendmnnnren er, die so wenig Schutz gewähre, daß mit der groͤßten Leichtigkeit,