1887 / 147 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Jun 1887 18:00:01 GMT) scan diff

beträgt 113. Die liberale Partei gewann 50 und verlor 28 Bezirke; die gemäßigte Opposition gewann 10 und verlor 18, die Unabhängigkeitspartei gewann 25 und verlor 20, die Anti⸗ semitenpartei gewann 4 und verlor 8, die Nationalitätenpartei gewann keinen und verlor 4, die Parteilosen gewannen 4 und

verloren 8 Bezirke.

Niederlande. Haag, 24. Juni. (Hann. Cour.) Die Zweite Kamm er hat vor einigen Tagen die Verfassungs⸗ revision beendet, an welcher sie seit mehreren Monaten gearbeitet hat. Zehn Gulden direkte Steuer geben künftig das Wahlrecht, so dez es die kleinen ländlichen Grundbesitzer und die Handwerker erhalten. Die Zahl der Wähler, welche bis jetzt 125000 betrug, wird in Folge dessen auf 340 000 steigen. Außerdem will die Kammer die Union des Staats und der Kirche auf— recht erhalten und die im Grundsatz ausgesprochene Verwelt⸗ lichung der Schulen abgeschafft wissen. Das Ergebniß der jetzt vollendeten Arbeiten der Kammer wird einer neuen gesetzgebenden Versammlung vorgelget wer— den, die gewählt wird, sobald die Erste Kammer die von der Zweiten am Wahlgesetz beantragten Abänderungen genehmigt haben wird. Dann müssen die ver— schiedenen neuen Verfügungen in zweiter Instanz bestätigt werden, um endgültig zu werden, und hierzu ist eine Mehr— heit von zwei Dritteln erforderlich.

Groftbritannien und Irland. London, 25. Juni. (W. T. B.) Die amtliche „Gazette“ veröffentlicht ein Schreiben der König in an den Staatssekretär des Innern, in welchem die Königin ihren warmen Dank ausspricht für den ihr Seitens der Bevölkerung auf dem Huge nach der Westminster⸗ Abtei. gewordenen enthusiastischen Empfang, der sie tief gerührt habe. Dieser Empfang habe gezeigt, daß die Arbeit und die Sorgen fünfzig langer Jahre, von welchen zweiundzwanzig voller Kummer und ohne den schützenden Arm des geliebten Gatten ertragen worden, von dem Volke in gerechter Weise gewürdigt würden. Dieses Gefühl werde sie in ihrer oft schwierigen Arbeit während des Restes ihres Lebens ermuthigen. .

(A. C.). Die vom Parlament eingesetzte Kom⸗ w n der nn, und Marine⸗ Voranschläge hielt gestern unter dem Präsidium Lord Randolph Churchill's eine Sitzung, in welcher der auf 182 000 Pfd. Sterl. festgesetzte Etat für pensionirte Militär⸗ ärzte zur Sprache kam. Der, oberste Rechnungsbeamte der Armee, Knox, meinte, daß es nicht Recht sei, daß sich Aerzte, die noch diensttüchtig seien, pensioniren ließen; dennoch ge— schehe es durchgängig nach 20jähriger Dienstzeit, worauf die meisten Militärärzte noch eine lohnende Priogtpraxis eröff— neten. Die Zahl der militärärztlichen Pensionäre betrage jetzt 455.

. Der Marquis von Hartington hielt gestern Abend in Manchester vor einer Versammlung von liberalen Unio— nisten eine Rede, worin er u. A. den jüngst von Gladstone in Südwales gemachten Vorschlag für die Abhaltung einer neuen Konferenz behufs. Herbeiführung einer k sprach. Er sagte, daß, obwohl eine Wiedervereini⸗ n b ,, Moni, J . dies nicht für möglich halte, wenn solche Lehren wie die, zu denen sich die irische Partei und deren Freunde bekennten, in das liberale Glaubensbekenntniß mit aufgenommen werden sollten. Vor etwas länger als einem Jahre habe er in seinem Wahlmanifest die Bedingungen angegeben, die nach seinem Ermessen für eine Lösung der irischen Frage nothwendig seien. Diese Bedingungen seien von der damaligen Regierung mit verächtlichem Stillschweigen behandelt worden. Alsdann sei die Konferenz, an welcher Mr. Chamberlain theilge— nommen hatte, gescheitert. Es scheine ihm, daß der gegen—

wärtige Augenblick weniger günstig für eine Wieder⸗ eröffnung der Konferenz . . Einbringung der irischen Strafrechtsvorlage angeregten

Differenzpunkte beseitigt sein würden, könnten neue Versuche. gemacht werden, um die Punkte einer Verständigung zu ermitteln; aber ehe irgend eine Kon⸗ ferenz stattfände, müsse man wissen, ob Gladstone sich auf eine Sonderbehandlung von Ulster verstehen würde und welches seine Ansichten seien mit Bezug auf die Beibehaltung der irischen Abgeordneten in Westminster. Die Unionisten würden nicht dem mindesten Versuch zu einer Trennung Vor— schub leisten.

Frankreich. Paris, 25. Juni. (W. T. k Deputirtenkammer setzte die Berathung des. Militär— gesetzes fort. Bischof Freppel erinnerte an die Vertrags⸗ bestimmungen, welche die Geistlichen von dem Militär— dienst befreit hätten, entwickelte den Grundsatz, daß die Gesetze der Kirche den Geistlichen das. Tragen von Waffen verböten, und verlangte die Befreiung der Semi⸗ naristen vom Militärdienst. Nach längeren Reden der Deputirten Hanotegur und Laisant, welche die Gleichheit Aller in Vetreff der Militärpflicht, verlangten, erklärte der Minister— Präsident Rouvier, daß die Regierung dahin strebe, das gemeine Recht ebensowohl auf die Seminaristen wie auf die Lehrer anzuwenden, und zwar ohne den Gedanken an eine Bedrückung. Das einzige Hiel der Regierung sei die Größe der Nation. Die glegierung sei überzeugt, daß alle Bürger vor der Wehrpflicht gleich seien. Die Kammer lehnte darauf mit 384 gegen 71 Stimmen das Amendement Lamardinire ab, nach welchem die e hbret, und, Semiharisten Provstsertsch dom Militärdienst befreit sein sollen. Alsdann wurde auch das Amendement Laurenson, nach welchem die Seminaristen unter die Krankenträger aufge— nommen werden sollen, abgelehnt. Der Kriegs— Minister hatte sich gegen dieses Amendement ausgesprochen.“

Italien. Rom, 25. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer richtete der Deputirte Cavalotti (äußerste Linke) eine Interpellation an die Regierung über die Nichtbetheiligung Italiens an der Pariser,. Weltausstellung. Der Minister des Handels, Grimaldi, erklärte, daß die Gründe der Ablehnung nicht politische, sondern nur wirthschaftliche gewesen seien. Der Minister des Innern, Crispi, bemerkte, die Regierung . nicht unter einer auswärtigen ression, gehandelt. Die Völker bedürften des Friedens und die Allianzen Italiens bezweckten ausschließlich, den Frieden zu erhalten. Der Interpellant erklärte sich durch die Ausführungen der Regierung für nicht befriedigt, nahm jedoch davon Abstand, ein Mißtrauensvotum zu beantragen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 26. Juni. (W. T. B). Der serbische Gesandte Gruitsch hat gestern dem

Kaiser sein Abberufungsschreiben überreicht.

Asien. Afghanistan. Simlg, 33. Juni. (Daily News.) Die Zu stände in Afghanistan beginnen sich zum Bessern zu wenden. Die Generale des Emirs bewegen sich im Ghilzai-Lande ohne auf Widerstand zu stoßen. Der Gouverneur von Ghuzni hat drei Regimenter in Mukur ö Die Straße von Kabul nach Kandahar ist wieder eröffnet.

Zeitungsstimmen.

Das „Deutsche Wollen-Gewerbe“ theilt aus einem Vortrage, welchen Hr. Dr. Horn auf dem Delegirtentage zu Poeßneck über die Lage der deutschen Export-Industrie, speziell der deutschen Wollen-Industrie, gehalten hat, Folgendes mit:

Im Jahre 1886 belief die Gesammt⸗Einfuhr sich auf 145 320 Ctr. im Werth von 90 666 0600 6 Es zeigt dies gegen das Vorjahr 1885) eine Abnahme der Einfuhr von 62440 Etr, im Werth von 7149 000 S6. Demgegenüber belief die Gesammt Ausfuhr im letzt⸗ vergangenen Jahr fich auf 1439069 Ctr. im Werth von 667 546 000 Se. Es zeigt dies gegen das Vorjahr eine Zunahme der Ausfuhr um 211 598 Etr. im Werth von 91 358 009 .

Die industrielle Handelsbilanz zwischen Einfuhr und Ausfuhr in der gesammten Texfilindustrie aber, fertige Fabrikate betreffend, stellt fuͤr das letztvergangene Jahr sich auf, eine Mehrausfuhr von 1293540 CEtr. im Werth von 571 886 000 S. Das Vorjahr (1885) hatte eine Bilanz, eine Mehrausfuhr von 1019 502 Ctr. im Werth von 463 379 000 S Es hat sich diese Bilanz im letztvergangenen Jahr mithin noch wieder um 174038 Ctr. im Werth von 108 507 000 M gebessert.

Es wird weder aus diesem Stand der industriellen Handelsbilanz, der Exportverhältnisse der deutschen Textilindustrie, noch aus ihrem letztjährigen, wenn auch nur mäßigen Fortschreiten auf einen anormalen Zustand geschlossen werden können. Der Export der deutschen Wollen⸗ Inbustrie, der deutschen Tuche und Gewebe ist bei weitem der be⸗ deutendste unter allen tertilen Industrien, und dürfte diese Industrie su der neuesten Zeit sich überhauyt der normalsten Verhältnisse unter allen erfreuen, oder wenigstens doch keiner darin nachstehen.

Vor kaum einem Jahrzehnt war dies ganz anders mit dieser altehrwuͤrdigen deutschen Industrie geworden; darüber besitzt. der Centralveresn der deutschen Wollenwaaren⸗-Fabrikanten ein vollgültiges historisches Zeugniß. Es ist dies das bekannte Gutachten, welches auf Wunfch des Gesammt ⸗Vorstandes des Centralvereins der Reichs— tags-AUbgeordnete ‚Lohren' im Jahre 1879 über die Lage der deutschen Handelsvertrages abstattete und in eiger bef legte. Er wies darin schlagend nach, wie diese Industrie, was den Export an Tuchen, Zeugen, Teppichen und Strumpfwaaren betrifft, bis unter das Zero Null) angekommen war, bis auf eine Mehr— Einfuhr von Ih? resp. 2606 Ctr. bei Teppichen im Werth von 1978 500 S resp. 58 476 M in den Jahren 1876 78.

Dies ist seitdem denn doch in der Wollenindustrie, in der ge— gesammten Textilindustrie und im großen Ganzen in der deutschen Industrie überhaupt ganz anders geworden. Erscheinen die letzjährizen Zahlenverhältnisse, die ich vorführte, schon in einem ganz anderen Acht, wenn man sie mit jenem Lohren'schen Export-Zero zusammen⸗ stellt, vollends aber, wenn man den Entwicklungsgang der deutschen Textilindustrie seitdem bis zu dem von mir vorgeführten letztjährigen Normaljahr verfolgt. Wir besitzen über diese Zwischengeschichte der deutschen Textflindustrie mit besonderer Beziehung auf den Export seit dem Beginn der neuen Wirthschaftspolitif vom Jahre 1879 wiederum (in zuverlässiges Zeugniß in einem Aufsatz, der in der „Zeit— schrifst des Königlich Preußischen Statistischen Bureau“ (Heft 1 1856 L. Franke) veröffentlicht wurde. Danach hat in dem Zeit— raum 1886 —= 1885 zunächst eine beträchtliche Mehreinfuhr der be—⸗ nöthigten Rohmaterialien stattgefunden. Es berechnet dieselbe sich bei Wolle anf 722 69 (342 625 D.-Ctr.), bei Baumwolle auf 16,5 Go (201 454 D.-GCtr.), bei Flachs auf 105,7 GG (287 551 D. -Ctr), hei Rohseide auf 35,3 ,' (6380 D. Ctr.), bei Hanf, auf 18,7 0so (15 918 D.-Ctr.), bei Jute auf 93 o (237 931 D. Ctr.). Diese Mehreinfuühr des in Deutschland überhaupt nicht oder doch bei Weitem nicht in genügendem Maß zu beschaffenden Rohmaterials spricht doch schon für die steigende Produktionskraft der deutschen Industrie.

Cin Jeugniß aber dafür, wie die deutsche Industrie sich immer mehr zunächst den inländischen Markt zu gewinnen gewußt hat, bieten die Naͤchweife, daß in dem Zeicraum 1879 bis 1885 die Einfuhr: 1) von Wollenwaaren von 7185 t ( 1000 kg) auf 1733 t, 2) die bon Baumwollwaaren von 2777 t auf 1527 t, 3) die der Leinen waaren von 500 auf 264 t, die der Seidenwaaren von 429 t auf 395 t, die der Halbseidenwaaren von 316 auf 299 t, die der Kleider, Leibwäsche und Putzwaaren sich von 378 t auf 263 t verminderte.

Schließlich aber steigerte sich in dem begrenzten Jeitraum der neuen Wirthschaftspolitik des Deutschen Reichs der Absatz deut cher Webwagren nach dem Ausland sehr beträchtlich. Es stieg die Aus— fuhr von Textilfahrikaten aus dem deutschen Zollgebiet: 1) bei wollenen Zeugwaaren von 12683 t auf 22 668 t, 2) bei wollenen unbedruckten Strumpfwaagren von 546t auf 2630, bei baumwollenen Zeugwaaren von 11 756 t auf 16 349t, bei baumwollenen Strumpfwagren von 1834 t auf 7079 t, bei Seiden⸗ und Halbseidenwaaren von 1681 6 auf 4710 t, bei Kleizern nebst Leibwäsche und Putzwaaren von 2142 * auf 5642 t.

Wer wollte solchen bis in unsre jüngste Gegenwart sich stetig

fortentwickelnden Verhälinissen gegenüber nicht anerkennen, daß die deutsche Industrie im großen Ganzen sich auf einer normalen Bahn befindet. Daß dazu die eigne Anstrengung in technischer und ökono⸗ mischer Beziehung Vieles, wohl das Meiste gethan hat und auch fortan wird thun müssen, ist klar. Allein daß die neue, auf den gleichmäßigen Schutz der nationalen Arbeit bedachte Wirthschaftspolitik des Deutfchen Reichs ihr gut Theil dazu beigetragen hat, und in der Spannung der internationalen Kräfte auch fernerhin wird beitragen müͤssen, kann doch nur wissentliche oder unwissentliche Voreingenommen⸗ heit verkennen.

Wenn man nun insbesondere noch den Preisrückgang, den niedrigen Preisstand der Fabrikare einwendet, so trifft derselbe in dem Maß, wie er wirklich vorhanden ist, doch zunächst die Produktion, die Industriellen selbst. Nicht einmal der industrielle Arbeiter hat unmittelbar darunter zu leiden gehabt; denn Arbeitsstockungen sind seit 1879 sehr vorüber⸗ gehende Erscheinungen gewesen. Andererseits sind die Arbeitslöhne im Ganzen cher gestiegen als gesunken, und dazu ist durch die industrielle Gesetzgebung auf den Schultern der Industrie schon ein guter Schritt auf dem Wege gethan, um das Dasein des Arbeiters immer mehr sicherzuftellen. Die billigen Preise, wenigstens bei guter Wagre kommen aber dem Konsumenten im Allgemeinen zugute, freilich inso⸗ fern wiederum nicht, als er selbst als Produzent seinen Lebensunterhalt sich erwerben muß. Der andauernde Preisrückgang, der niedrige Preisstand, den nicht nur die, Landwirthschaft für ihre Produkre, sondern auch die Industrie für ihre Fabrikate zu beklagen hat, wird übrigens, was sein Maß und seine Gründe anbetrifft, ebenfalls wiederum rücksichtlich der einzelnen Industrien zu gruppiren und zu individuali⸗ siren sein. Am meisten und im Verhältniß zu den Produktionskosten am smpfindlichsten ist derselbe wohl unzweifelhaft in der Kohlen- und theilweife in der metallurgischen Industrie hervorgetreten. Hier dürfte es auch hauptsächlich angebracht sein, durch berufsgenossenschaft⸗ liche Vercinbarungen der vorhandenen Ueberproduktion entgegenzuwirken, sowohl mit Rücksicht auf den Absatz auf dem inländischen Markt als im Ausland. Im Sinnre eines Nothstandes wird aber in der ge⸗ sammten Textilinduftrie von einer Ueberprobuktion nicht gesprochen werden können und am wenigsten wiederum in der Wollenindustrie.

Abhülfe gegen einen unter das Niveau der Produktionskosten herab; gedrückten Preisstand ist hier ja auch von Seiten der Spinnereien auf dem Wege der Vereinbarung versucht worden. So schwer indeß der deutschen Industrie im wirthschaftlichen Kampfe mit dem Ausland der Wettbewerb um den Export auch wird, so glaube ich doch aussprechen zu dürfen, daß der Centralverein der deutschen Wollenwaaren⸗ Fabrikanten aus dem errungenen und von seiner quantitativen Seite dargethanen Stand des Exports keine Veranlassung wird nehmen wollen, weitere Tarifreformen von durchgreifender Bedeutung zur Zeit anzuregen. Es dürften dieselben zunächst zu unzeitgemäßen Beumnruhigungen der Industrie selbst führen, welche die errungenen Erfolge, die Wiedergewinnung eines angemessenen Absatzes des deut- schen Arbeitsprodukts im Ausland, auch in qualitativer Beziehung, d. h. im normalen Erwerb und Verdienst schädigten Andererseits wird vom industriellen Standpunkt in der allgemeinen Tariffrage die Erhaltung des Erworbenen, unter dankbarer Anerkennung des damit Erzielten gegen Kaiser und Reich, das Zweckmäßige und Richtige sein. Wenn in Einzelheiten, etwa rücksichtlich gewisser Halbfabrikate oder Garne die Zolltarifnovelle vom Jahre 1885 noch Lücken oder Wünsche übrig gelassen haben sollte, so werden sich auch diese ohne viel Aufhebens rechtzeitig und gelegentlich erfüllen lassen.

Üm den Export festzuhalten und zu erweitern, wird der deutsche Produzent allerdings fortgesetzte Anstrengungen in der Konkurrenz mit dem theils mehr begünstigten, theils mit mehr Unverfrorenheit seine vermeintlichen Vortheile wahrnehmenden Ausland machen müssen. Die wefentlichste Förderung würde ihm darin freilich zu Theil wer⸗ den, wenn die auf eine dauernde Sicherung des Weltfriedens ge⸗ richteten Bestrebungen der deutschen Reichsregierung sichern Erfolg gewährleisteten. Daneben sind die von Reichswegen darauf gerichteten Bestrebungen, dem deutschen Export und Handel im Ausland durch direkte Dampfschiffahrtsverbindungen, durch diplomatische und konsula— rische Vertretung durch maritimen und kolonialen Schutz weitere Aus⸗ dehnung zu verschaffen, aufs Angelegentlichste zu begrüßen.

Dem „Deutschen Handels-Archiv“ wird aus Siegen (Mitte April) gemeldet:

Sowohl für Erze wie für Roheisen machte sich auch im abgelaufenen Quartal eine sehr belebte Stimmung geltend, welche zur Folge hatte, daß die Preise der Eisenerze ihre steigende Richtung weiter fortsetzen und die Gruben bezüglich neuer Abschlüsse sich sehr zurückhaltend zeigen konnten. Ueberall herrschte regere Nach⸗ frage. Auch für die Hohofenwerke ist die Lage eine bessere geworden, ron ihrem niedrigsten Stande, 366 (ι, waren die Preise für Roh⸗ eisen um etwa 10 e für die Tonne in die Höhe gegangen, wobei die Werke lebhaften Absatz hatten.

In den Monaten Januar und Februar hat trotz der unsicheren politischen Lage die Besserung der allgemeinen Geschäftsverhältnisse in Vermehrung von Bestellungen und in Erhöhung der Preise weitere Fortschritte gemacht. Namentlich war Amerika Abnehmer großer Quantitäten Spiegeleisen zu guten Preisen. Da die Nachfrage für Fisenerze fewohl wie für Roheisen fortgesetzt das Angebot erheblich überwog, so stieg beispielsweise gerösteter Spatheisenstein bis zu I Me ür die Tonne, etwa 2,50 MS für die Tonne über den niedrigsten Stand, Pudteleisen bis 50 „6 und Speegeleisen bis zu 5h (Me für die Tonne, Preise, bei welchen für die Gruben wie für die Hohofenwerke ein lohnender Betrieb möglich wäre. . . . .

Für Walzwerksfabrikate hat sich das Geschäft seit Beginn des Jahres verhältnißmäßig recht günstig gestaltet, insofern es den Werken icht an ausreichender Beschäftigung fehlte und Aufträge bis in die neuere Zeit zahlreich einliefenn.

Wenngleich ein Theil der Maschinenfabriken, Eisengießereien und Kesselfahriken ün Laufe der letzten Monate einen Zuwachs an Arbeit zu verzeichnen hatte, so fehlte denselben doch immer noch die volle und befonders lohnende Beschäftigung; namentlich konnten die Ma⸗

schinenfabriken größere Gewinne aus den ihnen zugehenden Aufträgen nicht erzielen. Die Eisengießereien waren ziemlich befriedigend damit versehen, wogegen von den Kesselfabriken nur einzelne flott beschäf— tigt waren.

Auf den letzten beiden hier abgehaltenen Erzversteigerungen war das Gefchäft ein recht lebhaftes, und wenn auch bei der Versteigerung am 7. April d. F. Kupfererze etwas zu niedrig bezahlt worden sind, fo wurden doch ür Bleierze günstig zu nennende Preise erzielt, so daß die Gruben im Allgemeinen mit den Erlösen zufrieden sein konnten.

Der Verkehr in Kupfer, Zinn, Blei und Zink war im Großen und Ganzen wenig verändert und nur bezüglich der ersteren beiden Metalle geringen Schwankungen unterworfen. . . . .

Archiv fär Post und Telegraphie. Nr. 12. Inhalt: J. Altenstücke und Aufsätze: Ergänzungen des Gesetzes, betreffend Poftdampfschiefsverbindungen mit überseeischen Ländern vom 6. April J885. Der Zeitball in Lissabon. —. Die Grundsteinlegung am Nord⸗Ostser⸗Kanal bei Holtenau. Die Schrift der Chinesen. jf. Kleine Mittheilungen: Eigenartige elektrische Erscheinungen im Gebirge. Die Kolonie Sierra Leone. Die Benntzung des Suezkanals zur Nachtzeit. Heizung von Eisenbahnwagen unter Benatzung der Beleuchtungsvorrichtung. Der Postpacket⸗ dienst in Hongkong Die Postsparkassen Englands im Jahre 18539. Te Wafferstraßen Sibiriens. III. Literatur des Ver⸗ kehrswesens: J. C. Lehmann's Eisenbahnkarte der Bahngebiete Mäittel-Gurcpas. Berlin 1857, Verlag von Julius Springer. Üebersichtskerte der Eisenbahnen Deutschlands bearbeitet im Reichs⸗Eisenbahnamt. Berlin 1887, bei E. S. Mittler C Sohn. IV. Zeitschriften Ueberschau.

Statistische Nachrichten.

Ueber Deutschlands Silberproduktion werden von dem Generaldirektor der Stolberger Aktiengesellschaft für Bergbau, Blei⸗ und Zinkfabrikation für Stolberg und in Westfalen in dem „Bericht über die Lage der im Berg⸗ und Hüttenmännischen Verein für den Aachener Bezirk vertretenen Industriezweige während des Jahres 1886 folgende Angaben gemacht. Es betrug die Produktion

(in kg):

Produzenten: 1886 1885 Stolberger Gesellschattckc. 34 181 36 1 Rheinisch⸗Nassauische Gesellschaft.. . 6381 8027 Mechernicher Bergwerksverein; ... . 6146 5248 A. Poensen & Söhne, Bleihütte in Kall . 3 366 2 824 Rothenbacher Metallhütte im Siegerland .. 970 903 Remy Hoffmann, Hütte bei Eins.. 6406 6 460 S. B. Goldschmidt, ? . Braubach. . 2362 10034 Walther-Cronekhütte bei Rosdzin 2872 3 268,5

Friedrichshütte bei Tarnowitz. .. 8 979 6 697 Mansfelder Gewerkschaftt . . 75271 75 075,5 Ober⸗Bergamt Klausthal, Oberharz... . 58 934 39 321 -. - Unterhart 6 996 6934 Ober⸗Hüttenamt Freiberg.. 22783 79952 Summa. . 297718 777871 Die Vermehrung der Silberproduktion, welche gegen das Vor jahr I9 847 kg oder 7,1 00 beträgt, schreibt der Berichterstatter für 1386 wie für die vorhergehenden Jahre fast ganz dem Import von fremden Erzen zu; nur in Schlesien hat nach seiner Ansicht die Silber⸗ gewinnung aus inländischen Erzen zugenommen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem Gesetz, betreffend die Besteu erung des Branntweins, vom 24. Juni 1887, ist eine besondere Ausgabe im Verlage der Rorddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Verlin sW., Wilhelmstr. 32, erschienen. (Preis 30 3.)

me e,

Im Verlage von Puttkammer und Mühlbrecht in Berlin, 4 Unter den Linden, erschien eine Broschüre; „Das Problem der Kredit Verficherung von W. Schimmel pfen gen. Die Kreditversicherung bildet zur Zeit ein in in- und ausländischen Geschäfts⸗ kreifen viel erörtertes Thema. Der Verfasser mußte als Inhaber des größten deutschen Auskunftsbureaus, wie nicht leicht ein Anderer sich berufen fühlen, in dieser Frage warnend das. Wort zu ergreifen. Die Bedeutung und die Schwierigkeit der Kreditversicherung werden von hm mit Beziehung auf die Verschiedenheit des kaufmännischen Risikos, des normalen, desjenigen der Handelskrisen und des leichtfertigen, genau abgewogen und ebenso die Rückwirkungen ins Licht gestellt, welche unvermeidlich die Versicherung auf die fernere Gebahrung des Kredits zur Folge haben müßte. Im Anhang findet sich die voll- stͤndige Mittheilung sehr ausführlicher Statuten einer belgischen Kredit⸗-Versicherungsgesellschaft Die Schrift wird den Angehörigen der Handels und Finanzwelt von hohem Interesse sein,

Von den Meisterwerken der Holzschneidekunst (Leipzig, J. J. Weber) ist die 163. Lieferung (1X, Band, 7. Lieferung, L „M) erschienen. Dieselbe bringt mit der trefflichen Bildererklärung: Flor, von Eisman-Semenowsky; Mariette, von Wolf Echtler; Fischeridyll, von Falkenberg; In den Himbeeren, von Julius Adam; Tanzpaufe, von W. Zimmer; Lawine, von Montbard (zweiseitig); eine Hofiagd in der Göhrde, von L. Beckmann. Die Holzschnitte dieser Lieferung sind vorzüglich gut gelungen.

Von Hackländer's humbristischen Schrift en, illustr. von H. Schlittgen u. A. (in 36. Lieferungen à 50 = bei C. Krabbe in Stuttgart) ist die 16, bis 20. Lieferung in prachtvoller Ausstattung erschlenen. In der 18. Lieferung schließt die erste Reihe dieser unter⸗ haltenden Lektüre, die die Gräfin Patazky, Blaubart, Vergnügen auf der Jagd, ein Geheimniß die Spuren eines Romans, vier Könige und eine Rigifahrt brachte. Die zweite Reihe beginnt ebenso amüsant mit einem Cifenbahn. Abenteuer, zu welchem H. Schlittgen ebenfalls wiederum höchst charakteristische Zeichnungen geliefert hat.

Die Rr. 26 von „Schorer's Familienblatt“ Ced. von Pr. Franz Hirsch) hat folgenden Inhalt: Das Kind der Straße. Von H. Schobert. (15. Fortsetzung) Der Traum einer Welt⸗ sprache. Von M, Hirse. Die Ophelia des Dorfes. Von Hugo Berg. Aller Anfang ist schwer. Gedicht von A. Nicolai. Der Ausgleich zwischen Nord und Süd, Ein blutiges Friedenswert. Von A. Oskar Klaußmann. Liebeskraft. Von A. Godin Lutherfestspiel und Volksbühne. Mit Illustrationen. Plauderecke: Das Andenken an Peter von Cornelius. Jdollische Blutmenschen. Ein kostspieliger Druckfehler. Drigineller Wechsel. Ein rasch Lebender. „O dieser Chamotte.“ Kunstblätter: Die Ophelia des Dorfes. Bon Löon Herbo. Ein blutiges Friedens⸗ werk. Aller Anfang ist schwer. Von Hans Fechner jun. Peter von Cornelius. Beilage: Luther befänftigt die Aufrührer durch seine Bibelübersetzung Nach der Darstellung von Herrig's Luther⸗ festspiel gezeichnet von E. Thiel. Aus der Frauenwelt; Gute Ge⸗ danken. Wie follen sich Frauen malen lassen? Von Auguste Hauschner. Salicyl in der Speisekammer. Kleines Feuilleton: Die Frauen der Farmer am Kap der guten Hoffnung. Die Frisur der Japanerinnen. Für Haus und Heerd: Schutz gegen Motten. Mit Illustration. Tischtuchklemmer. Mit Abbildung. Charak⸗ feristik nach AÄntlitz und Ürtheil. Der Zauberer in der Familie: Die Inkognito-Reise der beiden Könige. Denkübungen. Humo⸗ ristisches: Wo ist der dritte Mann zum Skat? Driginalzeichnung von Ernst Ürbach. Auflöfungen der Denkübungen. Aerztlicher Rathgeber: Zur Augenpflege. Briefkasten.

Land- und Forstwirthschaft.

Einfluß reiner Luft auf den Milchertr ag. Welchen bedeutenden Einfluß gesunde Luft auf die Mischergiebigkeit der Kühe hat, ist ziffermäßig durch eine Statistik der Milchkuranstalt zu Frank⸗ furt a. M. nachgem iefen. Im mustermäßig gebauten Stalle der Anstalt werden 50 Stück Schweizerkühe gehalten und außerordentlich gut gefüttert. Dieselber lieferten, bevor die jetzt in Thätigkeit gesetzte Ventilation eingerichiet war, im Jahre 1877 per Stück durchschnitt⸗ lich 3760 1 Milch, 1878 ebensoviel und 1879 3716 1. Nach Anlage der Ventilation betrug das gelieferte Quantum:

im Jahre Liter Milch

1880 40950 per Stück, 1851 4152 . 1832 4354

, 17

Die bessere Ventilation hat also bei ganz gleichem Futter den Milch ertrag pro Jahr und Stück um 483 Lerhöht. Das ‚Landwirthschaft— liche Centralblart für die Provinz Posen“, welchem wir Die vorstehen⸗ den Mitthei ungen entnehmen, knüpft daran folgende Bemerkungen; Dieser Gelonutzen allein sollte dringend auffordern, für frische Luft in den Ställen zu sorgen, abgesehen davon, daß auch etwaige Krank— heitskeime der so zahlreichen ansteckenden Seuchen durch Zufuhr reiner Luft unschädlich gemacht werden, daß die in, gesunder Luft lebenden Thiere krättiger und deshalb weniger empfänglich und widerstands⸗ fähiger gegen Krankheiten aller Art sind, daß die Milch von Kühen in' folchen Ställen frei von üblem Geruch und viel gesünder al andere ist.

Milch-Zeitun g. Organ für die gesammte Viehhaltung und das MWolkereswesen. Unter Mitwirkung von Fachmännern, her⸗ ausgegeben von C. Petersen, ODekonomierath, Verlag von M. Heinsius in Bremen. 4. Vierteljährlich 4 6 Da in den letzteren Jahren das Molfereiwesen durch Errichtung zahlreicher Genossenschafts— Molkereien einen großen Äufschwung genommen hat, der noch immer in der Entwickelung begriffen ist, fo ist neben den übrigen bereits vorhandenen landwirthschaftlichen Wochen- und Monatsschriften eine eigene Milch-Zeitung in gewisser Art als ein Bedürfniß zu betrachten. Giebt es doch viele Wirthfchaften, deren Hauptbetrieb sich auf Molkerei beschränkt, und deren ganzer übriger Ackerbau nur diesem Zwecke dient. Diesen Wirthschaften namentlich ist die „‚Milch-Zeitung“ zur Benutzung zu empfehlen.

Gewerbe und Handel.

Am h. Mai 1888 wird in Brüssel unter dem hohen Patronat Sr. Majestät des Königs der Belgier ein Großer inter⸗ nationaler Wettstreit für Industrie, Wifsenschaft und Kunst“ eröffnet werden. Die Dauer des Unternehmens ist auf sechs Monate festgesetzt. .

Gegen Schluß des Jahres 1886 hatte sich das leitende Comitè an die hervorragenden Vertreter aller Industrien gewandt und um , n. der in jedem Industriezweige angestrebten Verbesserungen ersucht.

Das ihm zugegangene reiche Material ist übersichtlich geordnet und den Forschern in greifbarer und klarer Fassung die Formel der Aufgahe (, Desideratum“) gestellt worden, deren Lösung die verschiedenen Industriezweige heute anstreben, um ohne Aufschub durch sparsamere und bessere Herstellung ihrer Produktion besser, schneller und wohl⸗ feiler zu fabriziren und sich so eine Ueberlegenheit auf dem Weltmarkt zu sichern. ö

Der Wettstreit hat für die Lösung der gestellten Aufgaben hohe Geldpreise, Diplome, echt goldene und silberne, sowie vergoldete, ver⸗ silberte und bronzene Medaillen im Werth von 500 000 Franks ausgesetzt. ö Der Wettstreit vereinigt fünfzig Unterabtheilungen, welche ie einen Industriezweig umfassen. Die zur Bewerbung eingesandten Gegenstände werden nach ihrer Art international in einer Abtheilung ausgestellt. .

Diese Vereinigung der gleichartigen Produkte aller Länder in einer und derselben Abtheilung gestattet ein sofortiges vergleichendes Studium und erleichtert dadurch ungemein das Urtheil. Die belgische Regierung hat dem Wettstreit weitgehende Vortheile bez. Transport, Zölle, Schutz des geistigen, Eigenthums u. s. w. gewährt. Die Gewinne der bereits staatlich genehmigten Lotterie im Werthe von Einer Million Fresß. müssen ausschließlich unter den ausgestellten Gegenständen gewählt werden.

In der am Sonnabend Nachmittag in Rathenow statt⸗ gehabten Irdentlichen Ceneralversammlung der Aktionäre der Rathe; nower optischen In du strie⸗Anstasl(t, vormals Emil Busch, in welcher ein Aktienkapital von 307 200 M vertreten war. wurde die Bilanz ohne Diskussion genehmigt, die bisherigen Revi⸗ foren Adolphi und Wolff einstimmig wiedergewählt und Der Bor gelegte Entwurf des umgeänderten Gesellschaftsstatuts zum Beschluß erhoben. Das Gefchäft im laufenden Geschäftsjahre gestaltet sich nach dem Bericht des Vorstandes bis jetzt gleich wie in derselben Periodel dez Vorjahres. Die auf H o/ festgesetzt Dividende gelangt mit 30 Me pro Aktie sofort bei der Gesellschaftskasse und bei dem Bankhause E. J. Mever, Voßstraße 16, Berlin, zur Auszahlung. Glasgow,. T5. Funi. (W. T. B) Die Porräthe von Roheifen in den Stores belaufen sich auf 888 564 Tons gegen 779 155 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 83 gegen 86 im vorigen Jahre. . Rew⸗Pork, 25. Juni. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 9 206282 Doll,, davon für Stoffe 1Ü648 815 Doll, Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 8740 343 Doll., davon 1723 547 Doll. für Stoffe.

Verkehrs⸗A Anstalten.

Hamburg, 26. Juni. (W. T. B.) . Der Postdampfer n, . Hamburg-⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Kkeiengesellschaft hat, von Westindien kommend, heute Seilly assirt. J 1. 26. Juni. (W. T. B.) Der Postdampfer ö der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktien gefellfchaft ist, von New⸗Hork kommend, heute früh 1 Uhr in Plymouth eingetroffen.

Berlin, 27. Juni 1887.

Der älteste der Berliner Vereine zu: Pflege der deutschen „Rede⸗ zeichenkunst“, der Verein „Gabelsberger“, beging am Sonn⸗ abend in den Räumen des Bormann'schen Kluhhauses, Ohmgasse 2, die Feier seines fünfundzwanzigjährigen Bestehens. Die zahlreiche Festversammlung, in der man außer den Mitgliedern des jubilirenden Vercirs und ihren Damen auch eine Reihe von Gästen, darunter Ver⸗ freter anderer Gabelsberger'scher Vereine zu Berlin, des Dresdner und des Breslauer Vereins, sowie den Vorsitzenden des Verbandes Stolze'scher Stenographenvereine, Dr. Dreinhöfer, bemerkte, wurde durch den ersten Vorsitzenden, Oberlehrer Schubring, mit herzlichen Worten begrüßt. Es folgte eine Vertheilung von Preisen an die Sieger in einem vor Kurzem abgehaltenen Wettschreiben, sowie eine beifällig aufgenommene Festrede des zweiten Vorsitzenden, Rechnungs— Raths Uhl, der die Erfindung Gabelsberger's als einen bedeutsamen Schritt auf dem durch die egyytischen Hieroglyphen eröffneten Wege der Benennung des flüchtigen Wortes durch sichtbare Zeichen, als einen glänzenden Sieg des menschlichen Geistes pries. Diesem ernsten Theil der' Feier schloß sich eine Reihe von Veranstaltungen zur Pflege fröhlichen Sinnes an: ein Festspiel, Liedervorträge, ein Fest⸗ essen, bei welchem der Ehrenpräsident des Vereins, Senator Dr. Karl Eggers, mit schwungvollen Worten ein Hoch auf Se. Majestät den Käfer ausbrachte, und ein fröhlicher Tanz.

Am 22. d. M. hielt hier die Nahrungsmittel n du st rie Berufsgenossenschaft unter dem Vorsiß ihres Präsidenten Otto Rüger⸗Lockwitzgrund ihre III. Genossenschaftsversammlung ab unter

verhältnißmäßig zahlreicher Betheiligung. Es waren nämlich 100 Per⸗ sonen mit zusammen 26574 Stimmen vertreten. Aus dem in erster Linie zur Diskussion gestellten umfassenden Geschäftsbericht entnehmen wir unter Anderem, daß in den abgelaufenen sa Jahren (vom 1. Oktober 1835 bis 31. Dezember 1886) 599 Unfälle zur Anmeldung gelangten, weapon 27 Fälle an die Speditions-, Speicherei⸗ und Kellerei⸗Berufsgenossen⸗ schaft abgegeben, 10 überhaupt nicht als Unfälle anerkannt wurden, so daß 562 eigentliche Unfälle übrig blieben, von welchen 90 Fälle auf Bäckereien und Konditoreien, 93 auf Kaffersurrogatfabriken, 94 auf Fleischereien, 72 auf Kakao⸗ und Chokoladefahriken entfallen; diese 4 Branchen tragen somit allein zo oder .3 6 aller Unfälle. Versichert sind in diesen genannten 4 Betrieben: bei Bäckereien und Konditoreien 441 Betriebe init 238 Arbeitern, in der Cichorienindustrie 213 Betriebe mit 3450 Arbeitern, in der Fleischerei 3045 Betriebe mit 8713 Arbeitern, endlich in der Chokoladefabrikation 119 Betriebe mit 3853 Arbeitern oder zusammen 3816 Betriebe mit 23 204. Arbeitern, während zu— fammen 5037 Betriebe mit 32535 Arbeitern am 31. Dezember 1885 verfichert waren. Die genannten 562 Unfälle vertheilten sich auf 479 männliche und Ho weibliche erwachsene und 23 männliche und 10 weibliche jugendliche Arbeiter. Von den Unfällen waren 72 länger als 6 Monate während, jedoch mit nur theilweiser Erwerbsunfähigkeit, 12 mit dauernder Erwerbs— unfähigkeit schließend. 13 Verletzte gingen mit Tod ab und hinter⸗ ließen der Genossenschaft 7 Wittwen, 23 Kinder und 2 Ascendenten zur Verforgung. Die ausgezahlten Entschädigungs, und Heilungs⸗ koften beliefen“ sich auf II 08I . 27 3. Die Abrechnung ergab,

daß an Verwaltungekosten von. Beginn der Genossenschaft bis 31. Dezember 1886, also einschließlich der Kosten

zur Gründung der Genossenschaft; rund, 47 000 (66, Her, ausgabt wurden; dazu kommen an Unfallentschädigungen rund 11000 4. und die gesetzliche Rejerve von 33 000 M, was zusam men mit einigen sonstigen Ausgaben (Rückvergütung von Prämien auf Privat⸗-Unfall⸗ versicherungsverträge! eine Gesammtsumme von 000 d, er= giebt. Vertheilt man diese Summe auf ?7sJ Whre, da ja die Vor⸗ bereitungsarbeiten reichlich? Jahr vor dem Inslehentreten der Be⸗ rufsgenoffenschaften begannen, so kommt auf den Kopf des Arbeiters 1,0 ινς per Jahr. Wenn sich auch diese Summe, bezw. der darin enthaltene Bestrag zu den Entschädigungen der jährlich neu anfallenden Verletzungen in den nächsten Jahren weiter erhöhen wird und muß, so dürfte doch ein Vergleich inft den Anforderungen der Privat-Unfall— verficherungsgesellschaften äußerst günstig sein; bei diesen zahlte man 12 und mehr Mark per Arbeiter jährlich gerade in den gefährlicheren Betrieben dieser Genossenschaft, wir denken nur an die Fleischer ꝛc. Die genannte Berufsgenossenschaft wird übrigens ohne Sektionen verwaltet, was nur noch bei der Zucker. und der Bekleidungsindustrie Berufsgenossenschaft, die gleichfalls sich über ganz Deutschland erstrecken, der Fall ist, Zum Schluß erwähnen wir noch, daß das von der Genossenschaft Ferausgegebene eigene Organ künftighin unter dem Titel: „Mit

höchstens 4 Jahresnummern je nach Bedarf erscheinen soll. Einen wichtigen Theil der Berathung bildete übrigens auch die Berathung der Unfallversicherungs⸗Vorschriften, welche in der Versammlung noch eine leise Verschärfung erfuhren.

Karl Riesel's Reisekontor, Berlin (Anhaltstraße 2 gegen⸗ über dem Anhalter Bahnhof) arrangirt zum Beginn der Hundstags— ferien am 9. Juli d. J. eine Gesellschaftsreise: J. nach den baye— rischen Königsschlössern, Tirol. den oberitalienischen Seen und Vier⸗ waldstättersee mit besonderer Berücksichtigung der Brenner⸗ Gotthard⸗ und Schwarzwald⸗Bahn. Dauer 22 Tage. Beitrag 550 6. Der letzte Aufenthalt auf dieser Tour wird, in Baden-Baden genommen. II Rach Skandinavien mit achttägigem Ausflug nach dem Nordkap, dem Lande der Mitternachtssonne. Dauer 36 Tage. Beitrag 1000½ Am 3. und 277. August werden 10 tägige Ausflüge nach Kopenhagen und Schweden, fowie im Monat September ab Berlin und ab Wiesbaden eine Ex⸗ kursion nach den bayerischen Königsschlössern, Wien (mit längerm Aufenthalte daselbst), Prag, Dresden ꝛc. unternommen. Dieser Ausflug, dem sich einige Theilnehmer an der Aerzte, Naturforscher⸗

sowie an der Hygieneversammlung ab Berlin und ab Wiesbaden an⸗

theilungen aus der Nahrungsmittel Industrie⸗Berufsgenossenschaft! in

schließen werden, bildet eine, Theiltaur von der größeren Gesellschafts⸗ reife nach Rom, Neapel, Riviera, Lyon, Genf ꝛc. Programme werden gratis in Karl Riefel's Reife- Kontor vergusgabt; n nos karauf hin, daß das obige Kontor die Rundreisebillete auch für die Schweiz und Ober⸗Italien zusammenstellt und auf Wunsch nach außerhalb verfendet. Jedwede Auskunft bietet hierbei Karl Riesells Schlüssel zum Selbstkombbkniren der Rundreisebillerte nach den Badeorten und Reisegebieten mit neuester EGisenbahn⸗ und Bäderkarte von Mittel⸗ Europa; als Anhang dient ein Verzeichniß der berühmtesten ärztlichen Spezialisten aller Lander der Erde und ein illustrirter Führer durch Fe Vayerifchen Königefchlösser. In gleicher Weise ist nur im obigen Kontor Karst Riesel's Hotel⸗Coupon⸗Buch für 600 Pensionen J. Klasse und II. Klasse an den verschiedenen Ruhepunkten der beliebtesten Reisegebiete vorräthig und für 1 ( zu beziehen.

Wir weisen noch

. 3 ** Mülheim am Rhein ent

gleiste heute Morgen der Berliner Eourierzug. Die Ent⸗ gleisung erfolgte an einem schrägen Straßenübergang durch Ausspringen eines Wagens. Der Zug hatte acht. Wagen. Die Lokomotive schleifte zwei Wagen eine Strecke weit mit, zwei andere stürzten um. Der Schlafwagen blieb im Geleise. Die Zahl der Verwundeten wird auf dreizehn angegeben.

Leipzig, 26. Juni. (W. . B.) Zur Verbüßung ihrer Strafe

wurden heute Koechlin und Blech, nach Magdeburg, Schiff⸗ macher und Trapp nach Glatz abgeführt.

Chieng d. d n, , d n Waarenlager ĩ d

der Chicago Packing und Provision Company brach gestern Nacht ein verheerendes Feuer aus, essen Flammen schnell um sich griffen. ch n. bedeckten, wurden zerstört; mehrere Millionen Pfund Speck und Schmalß; verbrannten. ny Fäffer Schweinefleisch und 600 Schweine ein. Der Gesammtschaden wird auf 14 Millionen Dollars geschätzt.

Die Gebäude, welche eine Oberfläche von 5 Acres

Die Armour Canning Company büßte 1700

Frl. Friederike Bognar beschloß ihr Debut im Deutschen

Thegter' für diefe Saison am Sonnabend als Lady Macbeth), deren dämonischer Charakter dem Naturell der Künstlerin widerstrebt.

Desto größere Anerkennung verdient es, daß Frl. Bognar auch diese Partie künstlerisch beherrschte; wo in dersel ben das Weibliche hervor⸗ tritt, wie in der Nachtwandlerscene, war sie unübertrefflich. Der lebbafte Beifall, durch den sie ausgezeichnet wurde, war ein wohl⸗

f . ; 5 s cho verdienter. Auch im Uebrigen war die Vorstellung des Deutschen Theaters würdig.! Die Herren Kainz (Malcolm), Pehl (Maebeth)

und Sommerstorff (Maeduff) theilten sich in die reichen Ehren des Abends. Reben ihnen ist aber auch Hr. Pategg als Banquo besonders lobend hervorzuheben. Fr. Carlsen fand sich in ihrer Rolle als „Hexe“ recht gut zurecht.

Im Friedrich⸗Wil helmstädtischen Theater. brachte am vergangenen Sonnabend die dort zur Zeit auftretende Gesellschaft des Hrn. Direktor Kur; vom Ostend⸗Thegter das Schauspiel „Ver⸗ ürtheilt! von A. D' Ennery und Cormon zur Aufführung. Ueber den literarischen Werth dieses Werkes sei bemerkt, daß derselbe ein herzlich unbedeutender ist; es ist offenbar nach einem Roman ge⸗— arbeitet und leidet demzufolge an all den Mängeln, welche derartigen dramatischen Exzeugnissen anzuhaften pflegen. So sind denn auch die Längen zu erklären, an denen das Stück reich ist, so die Personen, von denen eine ganze Anzahl wohl gespart worden wäre, wenn das Werk von vornherein für die Bühne geschrieben wäre. Es ift nach Art der alten Volksstücke gearbeitet, das Laster wird end⸗ lich bestraft und die gekränkte Tugend findet die verdiente Anerkennung. Räher liegt daher dem Berichterstatter, über die Derstellung zu schreiben, Und es kann mit Vergnügen bestätigt werden, das dieselbe im Wefentlichen eine recht tüchtige war. Der Held des Stückes, Jean Renaud, wurde von dem Königlich württembergischen Hofschauspieler Hrrn. Carl Wiene mit großem Geschick und anerkennenswerthem Er⸗ folge gegeben. Frisch und gewandt in den heiteren Scenen, packend in den kragischen Augenblicken, verstand Hr. Wiene es, der Rolle zu einer Wirkung zu verhelfen, welche derselben bei schlechter Besetzung ein für alle Mal versagt wäre. Hr. Wiene ist eine schätzenswerthe Kraft, welcher auch größeren Aufgaben, als dieser Jean Renaud an ihn stellt, gewachsen fein dürfte Von den übrigen Darstellern feien lobend erwähnt die Herren Linzen sowie die Damen Frls. Liebich, Burska, Büchler und Lenau, obwohl dem Spiel derselben durchweg in etwas vornehmerer Zug nicht schaden könnte. Hrn. Tichy ist etwas mehr Beweglichkeit und Feuer zu wünschen, wie sie einem Liebhaber doch wohl eigen sein müßten. Hr, Ruff als Chamboran zeigt, daß er in humoristischen Rollen ein recht brauchbares Mitglied ist. Vergessen seien nicht Frl. Kloß und Hr, Herrmann, desgleichen die kleine Lüdersdorf, welche vielversprechende Anlagen verräth.

Frl. Toni Schläger wird als vorletzte Gastrolle auf der Kroll'schen Bühne morgen (Dienstag) die Valentine in Meyer— beer's „Hugenotten“ singen. Am Mittwoch wird die „Jüdin“ mit Hrn. David Ney zur Aufführung gelangen. Frl. Schläger verabschiedet sich am Donnerstag. Am Schluß der Woche beginnen die Gastspiele des Hrn. Böétel und der Fr. Therese Arkel.

In Bezug auf Feuersicherheit des kürzlich durch die Hrn. Herrmann Bruckhoff und Herrmann Sternheim erworbenen Belle⸗ Alliance⸗ Theaters wird uns Folgendes mitgetheilt; Dasselbe, welches von den genannten Herren mit dem 1. Juli definitiv übernommen wird, wurde kürzlich durch die Feuer-Kommissien einer eingehenden Besichti⸗ gung unterzogen, wobei dann Seitens derselben konstatirt wurde, daß in diesem Theater thatsächlich die allergeringste Gefahr für das besuchende Publikum vorhanden sei. Einmal liegt dasselbe völlig isolirt, ein wichtiger Vortheil für das, Publikum liegt ferner darin, daß im Zuschauerraum nur ö , handen ist; die verderbenbringenden Galerien mit ihren Treppen und Vorfluren fehlen, so daß man vom Theater direkt ins Freie gelangen kann. Von ebenso großer Wichtigkeit ist es, daß dem Rauch und Qualm die verheerende Gewalt dadurch genommen ist, daß ein Aufbau über dem Bühnenraum sich im Moment der Gefahr sofort in seiner ganzen Breite öffnen läßt und dem stärksten Qualm selbst den Weg ins Freie ebnet. Um nun aber noch das Menschen— möglichste an Sicherheit zu leisten, werden, dem Wunsche der vorge⸗ nannten polizeilichen Kommission entsprechend, La. 50 Eckplätze im Zuschauerraum, welche die Zirkulation des Publikums eventuell deeinträchtigen könnten, entfernt, und dadurch breite Passagen gebildet. Die sämmtlichen, ins Freie führenden Thüren werden auf 2m Breite erweitert, die Thüren zu den Logen im Rang und im Parquet beseitigt und durch Portièren ersetzt; schließlich aber noch in dem an die Dragonerkaserne anstoßen⸗ den' Gang ein Kassenflur mit Kasse, Garderobe und allem erforder⸗ lichen Zubehör angelegt und die Zugänge zum Theaterraum somit noch vermehrt. Dieser Eingang sowohl wie der bereits vorhandene alte werden von der Straße aus durch hellleuchtende Transparente, mit den Ülufschriften „Belle⸗Alliance⸗Theater rechts! und Belle⸗ Alliance-Theater Uinks“, kenntlich gemacht. Auch für die Sicherheit des Bühnenpersonals ist die eingehendste Sorge getragen dadurch, daß von den Garderoben eine eiserne Treppe direkt nach dem Garten an— elegt und außerdem ein Feuermelder auf der Bühne selbst ange⸗ ö wird,. Die Ausführung aller dieser Abänderungen resp. Neuerungen, die theilweise bereits in Angriff genommen sind, wird voraussichtlich in ea. 4 Wochen vollendet sein.

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