1887 / 223 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Sep 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Die ear n Er eines Bergwerks-, Fabriks⸗ c. Be⸗ sitzers für Unfälle bei dem Betriebe aus dem 3.2 des Reichs⸗ haftpflichtgesetzes ist, nach einem Urtheil des Re ichs⸗ erichts, VI. Civilsenats, vom 30. Juni d. J., davon ab⸗ neg. daß Derjenige, welchem die Herbeiführung des Unfalls ur Last gelegt wird, zur Zeit der Herbeiführung zu dem abrikunternehmer in dem Verhältniß eines Bevollmächtigten oder eines Repräsentanten oder einer zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter an⸗ 1 Person gestanden und in diesem Verhältniß durch ein erschulden in Ausführung der Dienstverrichtungen den Unfall herbeigeführt hat. Hat dieser aber thatsächlich zur Zeit der Derbe führung des Unfalls in dem gedachten Verhältniß zu dem Fabrik⸗ ꝛc. Unternehmer nicht gestanden, so fehlt die für die Anwendbarkeit des Reichshaftpflicht⸗ gr. . wenn dem Urheber des Schadens früher die eaufsichtigung des Betriebes übertragen gewesen war, und der Beschädigte ihn zur Zeit des Unfalls irrthümlich noch für den Betriebsleiter gehalten hat.

Der General-Lieutenant von Grolman, Comman⸗ deur der 8. Division, ist mit achttägigem Urlaub von Erfurt hier eingetroffen.

Kiel. 22. September. (W. T. B.) Heute Abend 6 Uhr fand bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wil⸗ helm auf Bellevue ein Diner statt, zu welchem gegen 0 Einladungen ergangen waren. Bei dem Diner brachte Prinz Wilhelm ein . auf Se. Majestät den Kaiser aus, welches begeistert aufgenommen wurde. Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi, seierte durch einen Toast Ihre Königliche Hoheit die

rinzessin Wilhelm, worauf Se. Königliche Hoheit der

rinz Wilhelm mit warmen Worten dankte, in denen Höchstderselbe zugleich für den Ihm und Seiner Gemahlin be⸗ reiteten herzlichen Empfang Seinen Dank aussprach. Am Abend wurde Ihren Königlichen Hoheiten von den hiesigen Gesangvereinen eine Serenade dargebracht. . .

23. September. (W. T. B. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Wilhelm haben heute Mittag 12 Uhr, von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen ö h begleitet, Kiel wieder verlassen. , . der Herzog und die Herzogin zu Schles— wig⸗Holstein⸗Sonderburg⸗Glücksburg gaben ihren hohen Verwandten das Geleit nach dem Bahnhof; eine offizielle Verabschiedung fand nicht statt. Das in den Straßen und am Bahnhof w versammelte Publikum begleitete die Prinzlichen Herrschaften mit begeisterten Zurufen. Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm degiebt Sich nach k Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin

ilhelm kehrt, wie verlautet, direkt nach Potsdam zurück.

Bayern. München, 23. September. (W. T. B.) Die Kammer der ,, . hat den Gesetz⸗ entwurf, betr. die Abänderung der Verfassung, auf den Antrag des Abg. Walter, welcher sich für den Gesetz⸗ entwurf aussprach, an einen besonderen, aus 14 Mitgliedern bestehenden Ausschuß verwiesen. Der Gesetzentwurf, betreffend den Ausbau der strategischen Bahnen, wurde nach kurzer Berathung in erster Lesung ange⸗— nommen.

Sachsen. DresCden, 22. September. (Dr. J.) Der Prinz Georg und Prinz Friedrich Augu st haben sich estern Nachmittag nach dem Königlichen Jagdhause Rehe⸗ J begeben.

Württemberg. NJ (St.- A. f. W.) Die regierende Fürstin zur Lippe ist heute von hier abgereist. Der Prinz und die Prinzessin

Friedrichshafen, 21. September.

Wilhelm sowie die Prinzessin Pauline sind heute Nacht, von ihrem Sommeraufenthalt in der Villa Seefeld bei Rorschach kommend, wieder in Ludwigsburg eingetroffen.

Baden. Karlsruhe, 22. September. (W. T. B.) Die „Karlsruher Zeitung“ erklärt die Meldung mehrerer Blätter, daß der Jroßherzog auf der Mainau den preußischen Gesandten von Schlözer empfangen und mit demselben über kirchenpolitische Fragen konferirt habe, für vollständig erfunden. Der Großherzog habe den Ge— sandten von Schlözer nicht empfangen, und Letzterer habe auch gar keine Schritte gethan, um vom Großherzog empfangen zu werden.

Sessen. Da rmstadt, 22. September. (Darmst. Itg.) Nachdem der Großherzog am Abend des 20. d. die sämmt⸗ lichen Bivvougks der Großherzoglichen (25) Division besucht, gestern dem Manöver auf dem rechten Fulda⸗Ufer bis zum Schluß und Mittags auf dem Bahnhof zu Fulda der Ein⸗ schiffung eines Theils der Truppen beigewohnt hatte, traf derselbe gestern Nachmittag hier wieder ein und wurde am Bahn⸗ hof von dem Prinzen Christian zu Schleswig-Holstein empfangen. Im Gefolge der Höchsten Herrschaften befanden ich General-Lieutenant von Westerweller, Oberst⸗Lieutenant

ernher und Hauptmann von Grancyh. Der Erbgroß— herzog ist bereits vorgestern aus dem Manöver hierher urückgekehrt, weil derselbe sich beim Sprung von einem

avin den Fuß vertreten hatte. Heute Vormittag hat sich der Prinz , r zu Schleswig-Holstein von hier nach Ungarn begeben.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 22. September. (W. T. B) Ihre Königliche Hoheit die Erb⸗ prinzessin von Sachsen-Meiningen ist heute nach Meiningen abgereist.

Schweiz. Bern, 22. September. (W. T. B.) Der Bundesrath hat die Neuwahlen für den National—⸗ rath auf den 30. Oktober angeordnet. Der Zusammen— tritt der neuen Bundesversammlung wird am 5. Dezember erfolgen.

Großbritannien und Irland. London, 21. Sep⸗ tember. A. C) Mit Ausnahme der „Daily News“ und Pall Mall Gazette“ billigen die großen Londoner Blätter

ie gestern von der irischen Exekutive verfügte theil⸗ weise Unterdrückung der National-Liga. Die „Times“ schreibt⸗ „M0 Zweigvereine der National⸗Liga werden durch die Verfügung des Landstatthalters berührt. 65 derselben befinden sich in dem besonders unruhigen Kreise Clare. Zum Kreise Condons und Clangibbon gehört Mitchels⸗ town, sodaß die Regierung wirksam einschreiten kann, falls

irgend ein aufrührerischer Versuch wegen der Prozessirung W. O'Brien's gemacht wird. Nachdem . . die Liga in gewissen Sil, verboten und aufgelöst hat, ist es ihre Pflicht, darauf zu sehen, daß die Unterdrückung jetzt auch wirklich durchgeführt und es der Liga nicht erlaubt wird, unter neuem Namen wieder aufzutreten, wie es die Landliga unter Sir G. Trevelyan that. Die Verbrechenakte hat auch diesen Fall in Betracht gezogen, und die der Regierung übertragenen Gewalten müssen jetzt ohne Zaudern und Schwäche zur Anwendung gebracht werden. Dann werden die Zustände in Irland bald andere werden. Der „Standard“ meint, das Verfahren der irischen Exekutive werde eher Befriedigung als Ueberraschung erwecken. Der Schritt werde natürlich auf jeder separatistischen Versamm⸗ lung und in jedem separatistischen Blatte einen neuen Text für Invektiven gegen die Regierung bilden, aber er sei nur die Folge von. dem, was die irischen Unzufriedenen gewollt haben. Wie Dillon gestern offen in Limerick . andele es sich um einen Kampf auf Leben und Tod zwischen der Regierung und der Liga. Die Regierung würde den herbsten Tadel verdient haben, wenn sie eine halbe Session damit zu⸗ gebracht hätte, sich Vollmachten geben zu lassen, ohne dieselben dann anzuwenden. Der Kampf gegen die Liga möge ein hef— tiger werden, aber der Sieg werde jedenfalls dem Gesetz ver⸗

bleiben.

22. September. (A. C.) Der irische Ober⸗ Sekretär Balfour hat bereits eine große Anzahl anonymer Briefe erhalten, in welchen er mit dem Tode bedroht wird. Auch anderen Ministern sind dergleichen Schreiben zugegangen. Als der verstorbene Forster das Amt eines Ober⸗Sekretärs bekleidete, pflegte er durchschnittlich zehn solcher Briefe täglich zu erhalten. Dieselben verursachen keine Besorgniß, aber die Polizei ergreift dennoch Vorsichts⸗ maßregeln.

In London sind beunruhigende Nachrichten von den

Stanley Falls eingegangen, welche Station die Araber dem Congo⸗Freistaat zu übergeben verweigerten, als Tippoo Tipp mit dem Major Bartellot ankam, um die Gouverneurschaft Namens des Staats anzutreten. Die Araber wollen augen⸗ scheinlich Herren von Stanley Falls bleiben, um im Stande zu sein, den Sklavenhandel , .

Aus Sydney (Australien) berichtet ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“:

Das Parlament von Neusüdwales wurde heute von dem Gouverneur Lord Carrington eröffnet. In seiner bei dieser Gelegen heit gehaltenen Rede kündigte der Gouverneur an, daß die zwei Hauptmaßregeln der Session die Herstellung einer Lokal verwaltung und die Ergänzung der Bodengesetze sein würden. Letztere würden größere Erleichterungen bereiten für die Er— werbung von Freilehns-Häusern Seitens der niederen Klassen und die Ansprüche der Weidelandpächter in billiger Weise regeln. Ferner würden Vorlagen eingebracht werden für die bessere Verwal— tung von Eisenbahnen, die Gründung von Musterfarmen und land- wirthschaftlichen Seminaren, die weitere Entwickelung des Berg baueß und für eine gleichmäßige Vertheilung der Steuer— lasten unter den verschiedenen Klassen der Bevölkerung. Das Parlament würde auch angegangen werden, die in der in London abgehaltenen Kolonial Konferenz vereinbarte Uebereinkunft für die Verbesserung der Flottenvertheidigungs⸗ mittel der Kolonie zu sanktioniren. Gleichzeitig würde die Militär⸗ organisation zur Begutachtung unterbreitet werden und sei auch die Gründung einer militärischen Bildungsanstalt sowie die Fabrikation von Schießpulver und anderer Kriegsmunition in Gemeinschaft mit den übrigen Kolonien in Aussicht genommen,

22. September. (W. T. B.) Ein Reuter'sches Tele⸗ gramm aus Simla, von heute, meldet das Gerücht: Eyub Khan sei bei Kain in Persien gefangen ge⸗ nommen und mehrere seiner Begleiter in der Umgegend von Meshed gesehen worden. . .

Dublin, 22. September. (W. T. B.) Die Behörden haben den Deputirten Dillon und Cordon das Verbot zugehen lassen, morgen, wo der Prozeß gegen O'Brien und Mandeville wegen Aufreizung der Pächter zum. Widerstand gegen die Gesetze seinen Anfang nimmt, in Michelstown eine öffentliche Versammlung abzuhalten.

Frankreich. Paris, 21. September. (Fr. C.) Da der Kriegs-Minister den Wunsch geäußert hat, baldmöglichst die Jäger⸗ und Zuaven-Bataillone, welche der Okkupa⸗ tions-Division angehören, aus Tongking zurückzuberufen, werden im Marine-Ministerium die Mittel gesucht, diese Ba⸗ taillone durch Marine-Infanterie zu ersetzen.

Der neuliche Kongreß der Schullehrer, der zu An— fang des Monats in Paris tagte, hatte u. A. auch die Reso⸗ lution gefaßt, eine Föderation oder einen Syndikats— verband aller Volksschullehrer Frankreichs herbei— uführen, welcher die Aufgabe haben sollte, die pro— irn Interessen der Lehrer zu wahren, die Verbindung zwischen den Lehrervereinen zu unter⸗ halten und hinsichtlich der Lehrer alle Vestimmungen des Gesetzes vom 21. März 1884 über die Gewerkvereine zur Anwendung zu bringen. Der Unterrichts-Minister Spuller hat nun, wie schon gemeldet, in einem längeren Cirkular an die Präfekten sehr entschieden darauf hin— gewiesen, daß die Regierung unter keinen Umständen die Bildung eines solchen Syndikats dul den würde.

Türkei. Konstantinopel, 22. September. (W. T. B) Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ meldet: „Die Pforte hat in der bulgarischen Angelegenheit gestern Abend eine Note an das St. Petersburger Kabinet abgesandt, welche im Wesentlichen besagt: die Pforte glaube im Hinblick auf die Ansichten gewisser europäischer Kabinette, welche die Annahme der russischen Vorschläge wenig wahrscheinlich erscheinen ließen, zu einem neuen Meinungs⸗ austausch mit Rußland schreiten zu sollen, um ein beiderseitiges Einvernehmen über eine Kombination een nfn n, die eeignet sei, die Zustimmung aller Mächte zu sichern. wischen Kigmil Pascha, Said Pascha und dem russischen Geschäftsträger Onon fand gestern Abend eine längere Besprechung fan.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 20. Septem⸗ ber. Der König wird in Begleitung des Kronprinzen und des Prinzen Oskar am 4. Oktober, Abends, von hier nach Sofiero in Schonen abreisen. Am folgenden Don—⸗ nerstag wird der König auf der 13 Hven eine Jagd abhalten, wozu der Königliche Jagdklub eingeladen worden ist. An einem der nächsten Tage werden dann der König und die Königlichen Prinzen einen kurzen Besuch bei der dänischen Königsfamilie auf Fredensborg abstatten. Auf Ein⸗ ladung des ersten Hof⸗Stallmeisters, Grafen Piper auf Söfde⸗ borg, des Freiherrn von Hochschild auf Bellinga u. s. w. wird der König dann an Jagdpartien theilnehmen und die

Rückkehr Sr. Majestät nach der Hauptstadt zum 15. Oktober

erfolgen.

chere der am Montag zusammengetretenen Lands⸗ thinge k haben sich sogleich mit den Ersatzwahlen zur ersten Kammer (im Ganzen sind 19 Sitze erledigt) beschäftigt, und es sind die bisher be⸗ . Wahlen alle zu Gunsten der Schutzzollpartei aus— gefallen.

Dänemark. Kopenhagen, 22. September. (W. T. B) Prinz Ludwig Wilhelm von Baden ist heute von Stockholm hier eingetroffen. Der Kaiser Alexander von Rußland hat für morgen einen Besuch des Doms in Roeskild in Aussicht genommen. Zu der auf Sonn— abend angesetzten Hofjagd, an welcher sämmtliche hier an— wesenden Fürstlichkeiten theilnehmen, haben auch die Mitglieder des diplomatischen Corps, die Minister sowie die höheren Hof— beamten Einladungen erhalten.

Amerika. Washington, 21. September. (R. B.) Der Staatssekretär Bayard und der hiesige spanische Gesandte Muruaga unterzeichneten heute eine Ueber⸗ einkunft, betreffend die beiderseitige vollständige Ein— stellung aller Differential-Tonnenzölle auf die Schiffe beider Länder und deren Ladungen in den Vereinigten Staaten einerseits sowie in Cuba, Porto Rico und allen anderen zu Spanien gehörigen Ländern andererseits. Der Gesandte der Vereinigten Staaten in Madrid, Curry, wird daselbst Unterhandlungen anknüpfen, um die Handelsbeziehungen der Vereinigten Staaten und Spaniens, entweder mittelst einer Uebereinkunft oder eines Vertrages, auf einen für beide Theile vortheilhaften, dauernden Fuß zu stellen.

Afrika. Egypten. Kairo, 20. September. (A. C.) Der Khedive und Oberst Sir Colin Moncrieff reisen am nächsten Donnerstag nach Damiette und werden sich alsdann nach der Barrage begeben und den Nil nach Rosette hinabfahren. Der Nil fällt durchweg, und die Aussichten werden für befriedigend erachtet. In Ober⸗-Egypten sind in Folge der durch den Austritt des Nils veranlaßten Ueber— schwemmungen 800 Familien obdachlos geworden, und der angerichtete Vermögensschaden wird auf eine halbe Million Pfd. Sterl. geschätzt.

Zeitungs stimmen.

Anläßlich des fünfundzwanzigjährigen Jubiläums, welches Fürst Bismarck heute feiert, bringt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ einen Artikel, in welchem es heißt:

. Um dem Leserkreise, der unseren Ausführungen mit Ueber⸗

zeugungstreue gefolgt, am heutigen Tage das Wirken und Schaffen

des Staatsmannes lebendig in die Erinnerung zurückzurufen, dem das deutsche Volk in dankbarer Begeisterung entgegenjubelt, dazu mögen hier einige Gedankenspähne aus Werken hervorgehoben sein, welche es sich zur Aufgabe machen, das Bild des verdienstvollen Politikers und warmherzigen Patrioten dem Andenken der Mit, und Nachwelt fest einzuprägen. Es wird nicht schwer sein, denselben diejenigen Re— flexionen zu entnehmen, zu denen der heutige Tag in seiner historischen Bedeutung ganz besonders die Anregung giebt,

Ludwig Hahn leitet seine: „Zwanzig Jahre. 1862/1882. Rück blicke auf Fürst Bismarck's Wirksamkeit für das deutsche Volk. Eine politische, aber keine Parteischrift' mit folgenden Worten ein:

Vor Kurzem wurde im Reichstage der Ausspruch gethan, das deutsche Volk müsse endlich dem Willen des Fürsten Bismarck seinen eigenen Willen entgegensetzen und ihm das Bewußtsein der Allmacht austreiben. Selbst auf demokratischer Seite schien man einen Augen— blick die unglaubliche Taktlosigkeit des übermüthigen Ausspruchs zu empfinden; das hinderte jedoch nicht, daß er in Vereinen und Flug— blättern hundertfach wiederholt wurde. An seine politische Allmacht glaubt der Kanzler gewiß selbst am Wenigsten denn er hat in all seinem Wirken die Grenzen seiner Macht erfahren und muß sie nach allen Seiten noch alltäglich empfinden; keinem Staatsmann ist die Erreichung hoher Ziele für das Volk so schwer gemacht worden, wie ihm, und wenn er nicht eben durch das Gefühl einer hohen Verpflichtung und durch den Drang nach weiterer Sicherstellung des Reichs getrieben würde, wer wollte es ihm verdenken, wenn er von jenem unablässigen Kampfe auszuruhen und endlich sich dem Genuß der Stellung, die er auch persönlich errungen hat, hinzugeben wünschte.

Also nicht von geträumter Allmacht ist beim Fürsten Bismarck die Rede, wohl aber sollte bei den Führern des deutschen Volks eine lebhaftere Erinnerung für die wirklichen unvergänglichen Ver— dienste vorhanden sein und zur Geltung gelangen, welche er sich um das Vaterland erworben hat; man würde nicht umhin können, zu gestehen, daß es Größeres ist, als irgend ein Einzelner nicht blos, sondern irgend eine politische Partei von sich rühmen kann, und man würde selbst da, wo man ihn bekämpfen zu müssen glaubt, doch einen achtungsvolleren Ton anschlagen und davon ausgehen, daß auch in diesen Dingen dem Streben des Fürsten Bismarck eine tiefe und gewiß sehr beachtungswerthe Ueberzeugung von dem Bedürfniß und Interesse des Reichs zu Grunde liegt.

Je heißer die Kämpfe der Gegenwart sind, desto mehr ziemt es sich, jener historischen Thatsachen nicht zu vergessen, bei denen dem Fürsten Bismarck theilweise eine ebenso einmüthige öffentliche Mei⸗ nung entgegenstand und die beute als Wohlthaten für die deutsche Nation allgemein anerkannt sind.“

Fedor bon Köppen, einer der ersten Biographen Bismarck's, knüpft an die Mittheilung der Kabinete⸗Ordre vom 23. September 1862 und eine Betrachtung der damaligen Situation in seinem Buche: „Fürst Bismarck, der deutsche Reichskanzler. Ein Zeit und Lebensbild fur das deutsche Volk folgende Bemerkungen:

„Was Bismarck in dieser schwierigen Lage des Staats und trotz seiner vielen Gegner den zuversichtlichen Muth gab, um mit der Hand am Steuer das Staatsschiff zwischen Klippen und Strömungen hin durchführen zu wollen, war das Vertrauen in den Genius seines Vaterlandes. Bismarck's Ehrgeiz ist nicht ein persönlicher, wie bei manchen bedeutenden Staatsmännern vor und zu seiner Zeit, sondern er wurzelt in der Liebe zu seinem angestammten Vaterlande. Der Glaube an den geschichtlichen Beruf Preußens in Deutschland ist bei ihm in Fleisch und Blut übergegangen.“

In Professor Wilhelm Müller's Buch: „Reichskanzler Fürst Bismarck‘ wird der Abschnitt „Bismarck als Minister⸗Präsident“ folgendermaßen eingeleitet:

„Die Aufgabe, welche Bismarck bei Uebernahme des Ministeriums sich gestellt hatte, war eine ungemein jchwierige. Die Größe Preußens war sein nächstes, die Einheit Deutschlands sein zweites Ziel; jenes war nur eine Etappe zu diesem; alles Andere verhielt sich zu diesen Zielen wie das Mittel zum Zweck. Unter einem großen und starken Preußen verstand er nicht gerade ein solches, das mit dem Schwerte Friedrich's des Großen Eroberungen machte und die Pil seiner Pro⸗ vinzen vermehrte, sondern auch ein solches, das in Deutschland den jenigen Einfluß ausübte, welcher ihm vermöge seiner hervorragenden Macht, besonders wegen seiner militärischen Kräfte, gebührte.“

Am Schluß dieser Citate möge aus dem Opus Julian Klaczko's; Zwei Kanzler“ noch folgende, dem der Parteinahme für Fürst Bismarck gewiß unverdächtigen Autor sichtlich nur aus dem Gesammt⸗ bild seiner historischen Studien sich aufnöthigende Reflexion hier ihren Platz finden:

Willenskraft, Charakterstärke und, um Alles zu sagen, das Genie, vermögen selbst in unserem Jahrhundert demokratischer Ver⸗ plattung und egalisirender Mittelmäßigkeit eine Rolle zu spielen, von der . arme Geschichtsphilosophie sich nichts träumen läßt, sie, die so bequem alle Verantwortlichkeit, alle Initiative in dem blinden Verhängniß aufgehen läßt, das die „‚Massen“ treibt, eine Philo⸗ 6 1 wie ein deutsches Sprichwort sagt, den Wald vor Bäumen nicht sieht.“

Aus gleicher Veranlassung schreiben:

Die „Vossische Zeitung“: . .

Ein Viertel lahrhundert ist heute vollendet, seit Fürst Bismarck berufen, ward, die politischen Geschäfte seines Vaterlandes zu leiten. Ein Vierteljahrhundert Minister! Wenigen Staatsmännern war es beschieden, ein gleiches Jubiläum zu feiern; keinem von ihnen war es vergönnt, auf eine gleiche Summe von Erfolgen zurückzublicken. Was auch immer den leitenden Staatsmann von großen Par— teien des Reichs trenne, welche Nothwendigkeit auch immer weite Kreise zur Bekämpfung mancher seiner Maßnahmen zwinge: in der Politik entscheidet zumeist der Erfolg, und das Glück hat fast immer dem Mann gelächelt, der freilich nicht bittend dem Glücke nachgegangen, sondern es beherzt angepackt und gefesselt hat Wer den Gegner schmäht, setzt sich selbst herab; welchen harten Strauß auch die freisinnige Partei mit dem eisernen Kanzler gusgefochten, welche lebhaften Kämpfe ihr noch bevorstehen: der Blick für die Größe des Staatsmannes wird dadurch nicht ge⸗ trübt, das Wort des Lobes dadurch nicht gehemmt. In dem Viertel jahrhundert der Ministerschaft des Fürsten Bismarck und zum großen Theil durch sein persönliches Verdienst ist Deutschland zur Einheit, zur Größe, zum Ruhm emporgewachsen: ihm gebührt die Verant— wortung, ihm gilt die Anerkennung

Die freisinnige Opposition,. .. weiß und sie wünscht, daß auch der Kanzler es wisse: der Gegensatz gilt nicht seiner Person, er gilt den Maßregeln, welche er zeitweise vertritt... Wer so gewaltige Dinge vollbracht, wie Zürst Bisinarck, der hat sich ein perlönliches Recht des Irrthums erkämpft; denn auch die Sonne wirft Schatten in die Welt der Körper. . ..

Aber je getheilter die Meinungen des deutschen Volks über die Leitung der inneren Politik durch den Fürsten Bismarck sein mögen, ... fern wird es jedem deutschen Manne sein, an dem glühenden Patriotismus, an der unermüdlichen Opferfreude, an der unvergleich⸗ lichen Kühnheit des Entwurfs selbst auf diesem Felde der Thätigkeit des leitenden Staatsmannes zu zweifeln. Mögen auch häufig die Mittel zum Zwecke nicht die glücklichsten sein, mögen auch nicht immer die Beweggründe des Entschlusses die nämlichen sein, welche die Linke treiben: es muß gleichwohl anerkannt werden, daß Fürst Bismarck Bahnbrecher moderner Ideen geworden ist. Und wenn die deutsche Nation ihm nichts verdankte, als das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht, sein Name würde unvergänglich in der Geschichte

fein,.

Mit wahrem und vorbehaltlosem Stolze aber blickt jeder Deutsche auf die gewaltige Gestalt des Fürsten Bismarck inmitten der zeit— genössischen Diplomatie, inmitten der Kämpfe um die zukünftige Gestaltung des Welttheils. Sein Ruhm ist in goldenen Lettern in den Blättern der Geschichte verzeichnet. Sein Name ist untrennbar verknüpft mit der glorreichsten That der Deutschen in diesem Jahr⸗ hundert. Er war der Rufer im Streit, in dem eine Kaiserkrone erobert ward; er war der Meister, der das kunstvolle Gewebe voll endete, welches alle deutschen Stämme zur unlöslichen Einheit ver band; er war und ist der Hüter des deutschen Ansehens, der deutschen Würde, des deutschen Interesses im Staatenreigen. Als Minister des Auswärtigen trat heute vor einem Vierteljahrhundert Herr von Bismarck⸗Schönhausen in die preußische Regierung, als Minister des Auswärtigen hat sich Fürst Bismarck seine vollsten Lorbeern er— rungen. Und trotz des Widerstreites auf anderen Gebieten wir blicken hinaus in das europäische Heerlager, wir hören die Waffen der Völker klirren, wir gehen einer rauhen, unheilschwangeren Zeit entgegen, und darum beglückwünschen wir trotz alledem und alledem an diesem Tage der Erinnerung die deutsche Nation, daß an der Spitze ihrer Geschäfte ein Mann steht, der in Fährten und in Nöthen erprobt ist, ein Mann, der, ohne der Schiedsrichter der Welt sein zu wollen, den Frieden will, ohne den Krieg zu fürchten.

Der „Schwäbische Merkur“:

Am 23. September werden es 25 Jahre seit der Ernennung des damaligen Herrn von Bismarck⸗Schönhausen zum Staats⸗Minister und zeitweiligen Vorsitzenden des preußischen Staate ⸗Ministeriums, worauf am 8. Oktober desselben Jahres die Ernennung zum Präsi⸗ denten des Staats⸗Ministeriums und Minister der auswärtigen Angelegenheiten erfolgte. Welche geschichtlichen Umänderungen, die zumeist mit dem Namen Bismarck verknüpft sind, liegen zwischen damals und dem heutigen Tage! Wie anders sehen sich bei uns und rings um uns die Dinge politisch und wirthschaftlich an, nachdem fünfundzwanzig Jahre lang der Ein— fluß dieses seltenen Mannes gewirkt! Ein neues Preußen, ein neues Berlin, ein neues Deutschland. Und die Mächte, die uns umgeben, wie anders als damals ist ihr Verhältniß zu uns, und auch in ihrem Innern wie verschieden gegen früher sind sie in Folge der Weltschicksale geworden, an denen jener Gewaltige einen so großen Antheil gehabt hat. Um bei Deutschland stehen zu bleiben: man muß sie erlebt haben die jämmerliche Zeit des Bundestages mit öster⸗ reichischer Präsidialmacht, die Wonnetage der Beust und Dalwigk, die Kurfürstlich hessischen Scherereien, den welfischen Uebermuth, der „bis ans Ende aller Tage“ zu reichen sich anmaß, die mittelstaatlichen Liebäugeleien mit Frankreich, von der k und ihren tollen Quälereien im meerumschlungenen Lande zu schweigen. Dabei 1 von dem doch, wie Jeder sah, der nicht träumte oder die Augen sich nicht künstlich verschloß, der Umschwung ausgehen mußte, in einem kläglichen Zustande des Wollens und Nichtkönnens, der seine Freunde zur Verzwesflung brachte, seine Feinde und Neider mit Hohn und Schadenfreude erfüllte. Nun kam der Mann, der Alles ändern sollte. Daß dazu, zum Eingreifen, zum Bessermachen ausdrücklich seine Berufung erfolgt war, das waßte man. Aber ihn selbst kannte man nicht. Nur falsche, entstellte Darstellungen drangen damals aus der preußischen Hauptstadt ins deutsche Land. Im Poschinger“, der nach⸗ weist, wie Bismarck gerade am Sitze des Bundestagselends zum Retter Deutschlands herangereift war, konnte man ja noch nicht nachschlagen; die meisterhaften Berichte des Gesandten in Paris und St. Petersburg waren Staatsgeheimniß; auch das persönlich Ge⸗ winnende an dem Manne, das Bild seines kraftvollen, originellen, dabei doch weichen und gemüthvollen Wesens, leuchtete für den weiteren Kreis der Zeitgenossen erst später aus Lebensabrissen und Briefsammlungen hervor. In Süddeutschland zumal hatte sich fast ein Zerrbild des Mannes gebildet, der wahrlich schwer zu kämpfen batte, bis er es seinen Deutschen recht machen konnte; eine freilich, wie wir gestehen müssen, überhaupt besonders schwer zu lösende Aufgabe; der große Mann hat bis auf den heutigen Tag daran zu arbeiten. Und doch, wie hätten erade in Süddeutschland die Geister vorbereitet sein können! zier blühte ja, um es so auszudrücken, die Schule von Poli⸗ tikern, freilich oft auf ein kleines Häuflein zusammenschmelzend, welche die Anschauung vom Beruf Preußens, die Mittel und Kleinstagten in sich zu sammeln, Oesterreich auf sein Theil im Osten zu verweisen, jedoch mit ihm den weiteren Bund zu schließen, der eine fast un⸗ gngreifbare Macht im Herzen Europas aufrichten würde zur festen Lehrmeinung ausgebildet, ja selbst philosophisch vertieft und dichterisch⸗ träumerisch ausgestaltet hatte. Hier hatte Paul Pfizer in Flug schriften, Büchern, Dichtungen gewirkt, und, auch Schneckenburger' „Wacht am Rhein“ war nicht nur ein zufälliger Wurf, sondern be⸗ ruhte auf dem ganzen Sinnen und Denken einer dem neuen Deutsch— land der Zukunft zugewandten Jünglingsseele. Und auch daß es, um das Erkannte zu vollbringen, ein Mann der Gewalt sein müsse, der kühn und rücksichtslos den du auf das Alte setzte, über Trümmer zum Neuen schreitend, sagten hier im Süden Stimmen voraus, wie der wohlbekannte Ruf nach dem Diftator mit der letzten Diktatur. Nun, so haben denn, ob die Mitwelt schnell oder langsam es erkannte,

vor 25 Jahren begonnen die Wünsche und Gesichte sich zu erfüllen, und noch wirkt und waltet der Mann, der unserem Zeitalter die große Wendung gegeben, trotz hoher Jahre, in der Fülle seiner Kraft. Solche Männer und ihresgleichen“, sagte Goethe einmal, als von hervor ragenden Menschen die Rede war, denen es gegeben sei, noch im Alter mit jugendlicher Frische ihre Geschäfte zu treiben, sind geniale Naturen, mit denen es eine eigene Bewandtniß hat; sie erleben eine wiederholte Pubertät, während andere Leute nur einmal jung sind.“ Mächtig regt heute der Gedenktag des 23. Septembers den Wunsch auf, es möchte diese zweite Jugend dem Manne noch weit hinaus verlängert werden, der alle seine Tage dem härtesten Dienst fürs Vaterland unter tausend Schwierigkeiten, gegen eine Welt von Feinden gewidmet hat.

Statiftische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 11. September bis inkl. 17. September er. zur Anmeldung gekommen: 200 Eheschließungen, 897 Lebendgeborene, 46 Todtgeborene, 595 Sterbefälle. .

Nach den, Seitens des städtischen statistischen Buregus ver öffentlichten statistischen Mittheilungen über den Civilstand der Stadt Frankfurt a. M. im Jahre 1886 entfielen auf 1000 Köpfe der mittleren Bevölkerung 9,5 i, magen 27,9 Ge⸗ burten leinschl. Todtgeburten) und 19,5 Sterbefälle. Unter den 4347 überhaupt Geborenen waren 4182 lebend und 165 oder 3, 8 O/o todt geboren, 3879 eheliche und 468 oder 10,8 0 uneheliche Kinder; 2200 oder ho, 8 M gehörten dem männlichen und 2147 oder 49,2 , dem weiblichen Geschlechte an. Von den 3050 Gestorbenen (exel. Todtgeborene) standen 821 oder 26,9 G im ersten Lebensjahre, 1798 waren ledig, 62 verheirathet, 390 verwittwet oder geschieden und 1653 oder 54,2 0 gehörten dem männlichen und 1397 oder 45,8 G dem weiblichen Geschlechte an. Unter den Todesursachen sind folgende hervorzuheben: 6

w. Sa.

G 4 6 1 9 1

w 123

Keuchhusten.. J 56

DJ 13

k, 9

Akuter Gelenkrheumatismus,,. ... 1

Gehirnschlag JJ 4 112

J 471605

Lungen- und Luftröhren⸗Entzündung ꝛc.. . 162 134 296

,, .

Andere akute Krankh. der Athmungsorgane. 306 707

Darmkatarrh JJ 119 25

ö i 72949

Mlle gnderen Rrantkitten 25g Bon 6th

1 .

J i .

; Die meisten Todesfälle kamen im Mai, die wenigsten im Novem- er vor.

Paris, 20. September. (Fr. C. Das „Journal Officiel“ ver⸗ öffentlicht eine Tabelle, welche die Veränderungen der Bevölke⸗ z Frankreichs im Jahre 1886 zusammenfaßt. Aus derselben ergiebt sich, daß die Zunahme der Bevölkerung (Ueberschuß der Ge— burten über die Todesfälle) in dem abgelaufenen Jahre 52 560 Seelen betrug. Der Zuwachs, der 1885 noch S5 464 und 1063 229 Seelen im Jahre 1881 betrug, wird demnach stetig ein geringerer. Fast in der Hälfte der Departements ist die Bevölkerung in der Abnahme begriffen. So überschritten die Todesfälle im Jahre 1888 die Geburten in den Bouches—⸗ du⸗Rhöne um 3114, in der Manche um 2302, in der Eure um 1897, in der Orne um 1863, in der Seine⸗et⸗Oise um 1823 und in der Rhöne um 1779. Mehr Geburten als Todesfälle gab es hingegen: im Nord 14305, im Pas⸗de⸗Calais 5694 und im Seine ⸗Departement (Pzaris) 3211. Heirathen gab es 283 193, Schei⸗ dungen 2949. Unter den Heirathen nimmt das Seine⸗Departement mit 25 409 die erste, der Nord mit 11 926 die zweite und das Gebiet von Belfort mit 508 die letzte Stelle ein. Auch die Scheidungen sind im Seine⸗Departement die zahlreichsten, 6560; dann kommen die Gironde mit 125, die Bouches⸗du⸗Rhöne mit 107, die Seine⸗Inférieure mit 1065, der Nord und die Rhöne mit je 104. Keine Scheidung wurde im Lozére⸗Departement und in den Hochalpen, 1 in Savoyen, der Vienne und dem Cantal vollzogen. Legitime Kinder wurden 1386 im Ganzen 838 230 geboren und zwar 427 527 männlichen und 410703 weiblichen Geschlechts natürliche Kinder 74 552, davon 37 965 männlichen und 36 537 weib— lichen Geschlecht,s. Die Zahl der natürlichen Kinder ist in langsamer, aber steter Zunahme begriffen. Die Geburten der letzteren vertheilen ich nach den Departements: 18 754 auf die Seine, 5820 auf den tord, 3149 auf den Pas de⸗ Calais, 3122 auf die Seine⸗Inférieure u. s. w., 106 auf die Hochalpen und 64 auf die Niederalpen. Todt⸗ geborene Kinder gab es 43581. Die 860 222 Todesfälle vertheilten sich auf 446 318 Individuen männlichen und 413 904 weiblichen Geschlechts.

tunft, Wissenschaft und Literatur.

Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Ver—⸗ waltung und Statistik. Staatswissenschaftliche Zeitschrift und Materialiensammlung. Unter Mitwirkung von Dr. A. Arndt u. A. herausgegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Max Seydel. (Verlag von G. Hirth in München und Leipzig.) Die soeben ausgegebenen Nrn. 7 und 8/9 der Zeitschrift haben folgenden Inhalt. Nr. 7: Das Reichsgesetz, betr. die Unfall- und Krankenversicherung der in land— und forstwirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen. Von Re⸗ gierungs⸗Rath Dr. Zeller in Darmstadt. (Schluß) A. Unfall- versicherung B. Krankenversicherung. C. Gesetzeskraft. Ver⸗ waltungsbericht der Reichsbant für das Jahr 1886. Marquardsen's Handbuch des öffentlichen Rechts und die moderne Stare, Von Dr. Ernst Mayer. Spezialhandel des österr. ung. Zollgebietes, d. i. gewöhnliche Einfuhr und Ausfuhr der wichtigeren Waaren in den Jahren 1883 1885 über die Grenzen gegen Deutschland. Da bei neuen Abonnements oft mit Bedauern bemerkt wird, daß die Erwerbung der früheren Jahrgänge der Annalen“ mit so großen Kosten (270 MS) verknüpft sei, und der Wunsch ausgesprochen, bei Bezug der vollständigen Serie eine Preisermäßigung eintreten zu lassen, hat G. Hirtb's Verlag, um derartigen Wuͤnschen entgegenzu⸗ kommen, sich entschlossen, neu eintretenden Abonnenten die komplete Serie 1870 bis 1886 anstatt zu 270 4 zu nur 115 1 zu liefern. Der Vorrath dieser Jahrgänge ist nur sehr gering. Der Preis der einzelnen Bände resp. Jahrgaͤnge bleibt wie zuvor 16 M Die Jahr gänge 1868/1869 sind ganz vergriffen.

Nr. 8/9. Inhalt: Der Ausgelieferte vor dem Gericht. Von Dr. Ernst Müller Einleitung. Erster Theil. Die Rechts quellen des Strafrichters in Fragen der Auslieferung. Zweiter Theil. Die Aufgabe der Gerichte bei Fragen der Auslieferung. Erster Abschnitt. Einreden gegen die rechtliche Gültigkeit der ae. lieferung. Zweiter Abschnitt. Einreden aus der Thatsache der er⸗ folgten Auslieferung. Ein Beitrag zur Kataster- und Grundbuchs frage in Elsaß ⸗Lothringen. Von Th. Mavper, Finanz ⸗Assessor. Einleitung. Allgemeine Vorbemerkungen. Erster Theil. Ge⸗ schichte des französischen Katasters. Zweiter Theil. Die Mängel des französischen Katasters, ihre Ursachen und Folgen. Dritter Theil. Katasterberichtigung oder Neuherstellung. Vierter Tbeil. Vorschläge. Gesetz, betreffend die Vereinigung des Katasters, die Ausgleichung der Grundsteuer und die Fortführung des Katasters. Vom 31. März 1884. Die Reform der Branntweinsteuer. J. Reichsgesetz, betr die Besteuerung des Branntweins, vom 4. Juni 1887). II. Aus dem Entwurf des Branntweinsteuergesetzes.

III. Begründung des Entwurfs des Branntweinsteuergesetzes. Ein⸗ und Ausfuhr der 961 eren Waarenartikel im Deutschen Zollgebiet vom 1. Januar bis Ende Dezember 1886. Hamburger Waaren- durchschnittspreise für die Jahre 1885,86. Miscellen. Erwerb und Verlust der Reichs⸗ und Staatsangehörigkeit in Preußen 1886.

Soeben ist erschienen: ‚Preußischer Termin- und Notizkalender auf das Jahr 1888. Zum Gebrauch der Beamten der allgemeinen Verwaltung und der Verwaltung des Innern, ein⸗

reußens ꝛc. Unter

Spezialkarte von Afrika im Maßstab von 1:4 000, 000 (10 Blatt), entworfen von Hermann Habenicht; bearbeitet von demselben, Bruno Domann und Dr. Richard Lüddecke. Gotha, Justus Perthes. Zweite Auflage. Von der zweiten Auflage dieser ausgezeichneten und größten Karte von Afrika liegen zwei neue Lieferungen vor: die 3. Lieferung, enthaltend die Sektionen 4, West⸗Sudan, nebst Bemerkungen von B. Domann, und 9, Kapland., nebst Bemerkungen von Dr. R. Läddecke; und die 4. Lieferung, enthaltend die Sektionen 5, Cen tral⸗Sudan, nebst Bemerkungen von H. Habenicht, und 106 Delggoa⸗Bai, nebst Bemerkungen von Dr. R. Lüddecke. Zämmt⸗ liche 4 Sektionen haben in Folge neuerer Spezialkartenpublikationen über einzelne Gebiete, der Ergebnisse neuerer Expeditionen, neu ab⸗ geschlossener Verträge über Grenzregulirungen, der Erweiterung der Verkehrsmittel, als Eisenbahnen, Dampferfahrten, Telegraphen ꝛt. mannigfache durchgreifende Veränderungen erfahren und sind bis auf die neueste Zeit nach allen zugänglichen Quellen der Kenntniß über Land und Bewohner vervollständigt. Im Uebrigen zeigt die neue Auflage der Karte, was Gewissenhaftigkeit und kritische Sorgfalt sowie technische Ausführung betrifft, alle Vorzüge der ersten. Die Karte erscheint in 5 Lieferungen (jede mit zwei Karten) zum Preise von 3 M für die Lieferung, von denen alle 4 bis 6 Wochen eine aus- gegeben wird.

Beim wärts.“ Eine Geschichte aus unseren Tagen, Von Max Vorberg. Gotha, Friedr. Andr. Perthes, 1887. (Preis: 4 M, geb. 5 S6) Die belletristischen Arbeiten Max Vorberg's, von den landläufigen Erzeugnissen auf diesem Gebiet sehr verschieden, haben sich rasch eine große Beliebtheit in den gebildeten Leserkreisen erworben. Die scharfe Grenze, welche gewöhnlich die spezifisch christ⸗ lichen Romane von den rein humanitären scheidet, ist hier glücklich durchbrochen, da beide Momente, wie es ganz in der Ordnung ist, vollständig zu ihrem Rechte kommen. Der Grundtvpus des Verfassers ist sinnige Beschaulichkeit. Seine etwas geheimnißvolle, oft mehr andeutende als ausmalende Weise ist für ein volles Verstehen auf Seiten des Lesers durchaus kein Hinderniß, da eine Fülle tiefer und feiner psychologischer Züge uns das innere Wesen der delnden Personen überzeugend erschließt. Vorberg's eigentliche Stärke besteht in dem Zeichnen ansprechender und lebensvoller Genrebilder, die von dem Hauch warmer Poesie umflossen sind. Die beiden Hauptpersonen des Heimwärts‘, der Prächtige Kandidat Auer und die feinfühlende Anna Berg, ein Muster edler Weiblichkeit, nehmen das Herz des Lesers sofort gefangen. Der Weg, der sie endlich durch das goldene Thor des Untrennbar verbunden“ führt, ist ein vielgewundener: aber gerade so wird die besondere Art und die unwandelbare Treue der beiden Liebenden in ein helles Licht ge⸗ setzt. Die übrigen Personen, welche theils harmonirend, theils kontra⸗ stirend eingreifen, gestalten das Ganze zu einem farbenfrischen Bilde, das jeden gebildeten Leser erfreuen wird.

Die Turnausbildung des preußischen Heeres geht von den in der Königlichen Militär-⸗-Turn-Anstalt in Berlin gelei⸗ teten Kursen aus. Eine Beschreibung dieser Anstalt, ihrer Orgeni⸗ sation und ihres Unterrichts betriebes, wie sie deren zeitiger Direktor, Oberst⸗ Lieutenant von Dres ky, soeben veröffentlicht (. Die König⸗ liche Militär ⸗Turn⸗Anstalt zu Berlin. Verlag der Königlichen Hof⸗ buchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn in Berlin, Preis 50 I), läßt daher den Werth, welcher den gymnastischen Uebungen in der Armee beigelegt wird, und die gedeihliche Entwickelung am besten erkennen, welche die körperliche Aucbildung in der Armee genommen hat. Das System, nach welchem in der Anstalt geturnt und gefochten wird, wie es diese Schrift des Näheren schildert, zeichnet sich durch vollkommene Einfachheit der Formen und Korrektheit der Durqh⸗ fübrung aus, um als wirksamstes Mittel zur Erziehung eines wirklich tüchtigen, kriegsbrauchbaren, selbständig denkenden und im Bedarfe falle selbständig handelnden Soldaten zu dienen, ohne daß jedoch ö. so nothwendige Frische und Fröhlichkeit des Turndienstes darunter eidet.

Stockholm, 20. September. Von dem König hat die Bibliothek der hiesigen musikalischen Akademie ein fehr werthvolles Geschenk erhalten, nämlich einen eigenhändig geschriebenen Brief des Komponisten Joseph Haydn, in welchem sich . für seine Wahl zum Mitglied der Akademie (lim Jahre 1798) edankt.

Land⸗ und Forftwirthschaft.

Schwerin, 17. September. (M. T) Nach der Ernte⸗ statistik für das Etatsjahr 188687 wurden in Mecklen⸗ burg⸗Schwerin bezw. Mecklenburg⸗Strelitz geerntet und zwar an Weizen 1042255 t und 255, t Körner (1 * 2000 Pfd.), 213 44557 t und 32 689,9 t Stroh auf einer Erntefläche von 43 633,4 ha bezw. 190 689,1 ba, Roggen 311 0565 t und 36 906, t Körner, 643 6369 t und 62 999. t Stroh (Ernteflächen 167 341 ha und 28 130, ha; Gerste 36 2691 t und Sol St Körner. 58 473,4 t und 9135.4 t Stroh (Ernteflächen 17 717,1 ba und 4369, 4 ha) Hafer 216 332 t und 35 328.9 t Körner, 360 361,8 t und 39 955 t Stroh (Ernteflächen 112 900,5 ba und 194707 ha, Bu weizen 2470, t und 173,1 t Körner, 429538 t und 2466 t Stro (Ernteflächen 2975.5 ha und 340,9 ha), Erbsen 22 467,4 t und 4616.52 t Frucht, 55 421,? t und 96587 t Stroh (Ernteflaächen 185 221K, ha und 4061,7 ha), Ackerbohnen 88448 t und 168156 t Frucht, 19 1985 t und 2295, 1 t Stroh (Ernteflächen 52916 ha und Lig ba), Wicken 18378 1 und 3127 t Frucht, 48153 * und 690 t Stroh (Ernteflächen 13899 ha und 2948 ha), SLuvinen 37007 t und 1998 t Frucht, 7831 t und 23839 t Stroh (Ernte- flächen 3182, 6 ha und 1318, ha), Kartoffeln 582 585, 1 t Knollen 1960 erkrankt) und 93 5597 t Knollen C2 go erkrankt), Ernteflachen 42 668,5 ha und 7368.7 ba, Runkelrüben 118 996 * und 13 9588 t Wurzeln (Ernteflächen 3307,2 ha und 565 6z ha). Möhren. Kohlrüben Ré. ER 182.4 * und 7035.2 t Wurzeln 1415. he und 272,9 ba), Raps, Rübsen 14 525,7 t und 3911.1 t Körner (Gente