1887 / 239 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 12 Oct 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Baden. Karlsruhe, 109. Oktober. (Karlsr. Ztg.) Der Großherzog traf gestern Morgen 8 Uhr in Neustadt in, wo in . Höchstdesselben die neue evangelische Kirche geweiht wurde, und fuhr sodann zu Wagen nach Donaueschingen. Der Großherzog nahm den Weg über K und wurde überall von den Gemeinden estlich begrüßt. In. Donaueschingen traf stderselbe o frühzeitig ein, daß Se. Königliche Hoheit Höchstseine Cousine, die Prinzessin Elise zu Fürstenberg, besuchen und bis zur Abfahrtszeit des Bahnzuges bei Ihrer e den verweilen konnte. Danach setzte der Großherzog die Reise nach Konstanz fort und traf Abends 8 Uhr . loß Mainau ein. Heute 3 I3/ Uhr begab sich Se. Königliche Hoheit von dort mit dem Kursschiff 261 Ueberlingen zum Besuch des landwirthschaftlichen Gaufestes.

Braunschweig. Blanken burg, 10. Oktober. (Mgdb. Ztg. Der Prinz Albrecht, Regent von Braunschweig, sowie der Herzog von Sachsen-Altenburg, der Herzog von ö und der Fürst von Schwarzburg⸗Ru dol⸗ ö adt trafen heute behufs Theilnahme an den hiesigen Jagden

ier ein.

Anhalt. Ballenstedt, 9. Oktober. (Anh. St.⸗ A) d in ist heute von hier nach Dessau zurück⸗ gekehrt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 11. Oktober. (W. T. B) Der Reichsrath hat heute seine Sitzungen wieder aufge— nommen. Im bgeordnetenhause legte die Re⸗ gierung einen Gesetzentwurf vor, welcher den Schutz fremden Eigenthums gegen Gefährdung durch Bergbau und die Ersatzleistung für Berg⸗ schäden betrifft. Von dem Abg. Polak wurde eine Interpellation wegen einer Zuckersteuervorlage, und von dem Abgeordneten Rieger eine solche an die Gesammtregierung wegen des die Mittelschulen betreffen⸗ den Erlasses eingebracht. Nach einem dem Abgeordneten⸗

ause heute zugegangenen Schreiben des Minister⸗Präsidenten rafen Taaffe werden die Delegationen auf den 27. d. M. einberufen. l

Großbritannien ind Irland. To n don, II. Vltober. (A. C) Chamberlain reiste gestern, begleitet von Jesse Collings, von Birmingham nach Ulst er ab, wo er in den nächsten Tagen mehrere politische Reden halten wird..

Wie der Londoner Korrespondent der „Irish Times, mit⸗ ö hat Lord Salisbury den gegenwärtig in Baden⸗

aden weilenden Ober⸗Sekretär von Frland, Balfour, ersucht, sich ungesäumt auf seinen Posten in Dublin zu be— geben, um sich persönlich über die Lage des Kampfes zwischen der Regierung und der Nationalliga zu informiren. .

In der gestrigen Sitzung des Dubliner Stadtraths beantragte der Alderman Dillon, das Verbot der Polizei, bei dem neulichen Prozeß gegen den Lordmayer Schwert und Scepter im Gerichtssaal auf den Tisch zu legen,

im britischen Parlament zur Sprache zu bringen. Die Stadt Dublin habe von König Heinrich IV. das Privilegium empfangen, daß Schwert und Scepter stets vor dem Bürgermeister einhergetragen werden dürften, wohin sich die Stadtvertretung in Amtstracht begebe. Der Antrag Dillon's wurde angenommen. ö. der Dubliner h or0l ug fand gestern eine Massenversamm⸗ lung statt, in welcher gegen die Prozessirung des Lord⸗ mayors und W. O' Brien's Prote st erhoben wurde. Der Letztere erklärte: der Geist des irischen Volkes sei über alles Lob erhaben. Sollte der Lordmayor in das Kilmainham⸗Gefängniß abgeführt werden, so würden Tausende an die Thür des Ge⸗ fängnisses klopfen und Einlaß begehren. Am Zusammenfluß des Suir und des Barrow, zwischen Ballyack und Papage, wurde am Sonntag auf dem Wasser eine Versamm⸗ lung der National-Liga abgehalten. Hunderte von Booten bedeckten den Fluß. Schließlich wurde die übliche Resolution angenommen, welche alle Zwangsmaßregeln verurtheilt.

Der Maharadscha von Mysore hat zu dem Reichs— instituts⸗Fonds 50 0090 Rupien beigesteuert.

Zur Aufsuchung des britischen Kanonenboots „Wasp“, welches auf der Fahrt von Singapore nach Shanghai wahrscheinlich während eines Taifuns kürzlich mit Mann und Maus untergegangen ist, sind mehrere Kriegsschiffe von Singapore ausgeschickt worden. Man hält es immerhin noch für möglich, daß das Schiff an einer der Philippinen angelaufen sei, obwohl die Hoffnung nur gering ist. Die „Wasp“ hatte eine Bemannung von 73 Mann,

X I1. Sktober. (W. T. B.) Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Teheran gemeldet: Von der aus 16 Personen bestehenden Begleitung Eyub Khan's, welche nach der Vertreibung aus dem afghanischen Gebiet nach verschiedenen Richtungen geflohen war, sind einige gefangen genommen worden, während andere sich den persischen Behörden stellten; acht von ihnen sind bis jetzt noch nicht entdeckt. Der hier eingetroffene Bruder einer ö. Eyub Khan's, welcher sich in der Begleitung Eyub's befand, sich jedoch von seiner Frau trennte, erklärte: Eyub Khan leide an Wassermangel; er glaube, derselbe sei bereits in der Wüste umgekommen. Hier dagegen herrscht die Ansicht; Eyubh Khan befinde sich noch in einem Versteck auf persischem Gebiet. Bisher sei die Ex⸗ pedition Eyub Khan's als vollständig . anzusehen.

Simla idienn 10. Oktober. (R. B.) Der Vize⸗ König hat an den Nizam von Hyderabad ein in herz— lichem Tone abgefaßtes Schreiben gerichtet, in welchem er seine Anerkennung für das edelmüthige und zeitgemäße An⸗ erbieten des Nizams ausspricht und hervorhebt, die Königin Vietorig würdige es als einen neuen Beweis der Freund— schaft, daß der Nizam sich erboten habe, zur Befestigung der Grenze einen Beitrag zu liefern, und noch weitere Hülfe für den Fall der Noth in Aussicht gestellt habe.

ö Frankreich. Par is, 10. Oktober. (Fr. C.) Der Minister des Auswärtigen, Flourens, empfing heute die Herren Elena, Luzzatti und Branca, welche in den letzten Tagen mit mehreren höheren französischen Beamten Unterredungen über 31 französisch⸗-italienischen Handels vertrag gehabt

atten. . Die Budgetkommission nahm heute Nachmittag die Darlegungen des Kriegs⸗Ministers über sein außerordentliches Budget und die Fabrikation der neuen Gewehre entgegen. Die Auskünfte des Ministers sollen geheim gehalten werden.

eine entgegenkommende Haltung 9 5

Der ehemalige Minister⸗Präsident Goblet hielt gestern, wie aus seiner Vaterstadt Amiens gemeldet wird, eine politische Rede, in welcher er der Ansicht Jules Ferry's entgegentrat, daß eine Auflösung der Kammer sich . bald zur Nothwendigkeit gestalten könnte, Er hält es für 2 in der heutigen Kammer noch eine Regierungsmehrheit zu bilden unter der doppelten Bedingung, daß man auf. ge⸗ wisse Reformen, welche spaltend wirken würden, verzichte unb sich von dem Geist der Koterie und Intrigue nicht länger beeinflussen lasse. Hr. Goblet ist überzeugt, daß der Bruch mit der Rechten dem Wiederzusammen⸗ tritt der Deputirten auf dem Fuße folgen und einer falschen Lage ein Ziel setzen werde. Er beglück— wünscht die Republikaner dazu, räth ihnen ö. zugleich, sich egen die Rechte nicht schroff zu verhalten, sondern allen Kon— ervativen, deren Uebertritt zur Republik ein aufrichtiger sei,

II. Oktober. (W. Die Agen ge Havas“ veröffentlicht eine ihr zugegangene Mitthei⸗ lung der russischen Boötschaft, in welcher die dem Großfürsten Nikolaus Michailowitsch zugeschriebenen, von diesem angeblich auf dem Schiff „Uruguay gesprochenen Worte formell dementirt und als eine burleske und phan⸗ tastische Erfindung bezeichnet werden.

In einem in den Blättern veröffentlichten Schreiben Wil son's legt derselbe die Beziehungen dar, in welchen er zu der Familie Limouzin gestanden habe. Aus demselben geht hervor, daß Limouzin aus dem Departement Indre et Loire stammt, das von Wilson in der Kammer vertreten wird. Er, Wilson, habe sich im Jahre 1885 bei einigen Ge— legenheiten für Limouzin verwendet, jedoch ohne Erfolg. Nach der Verheirathung Limouzin's im Jahre 1886 sei Frau Limou zin auf ihren Wunsch von ihm empfangen worden. Als er aber gesehen, daß dieselbe die Gelegenheit benutzt habe, von allen möglichen Dingen zu reden, habe er die Unterredung ab⸗

ebrochen. Wilson theilt ferner einen Brief mit, welchen er päter empfangen habe, und in welchem Frau Limouzin auf ein Verleumdungskomplot gegen Wilson anspielt, mit der Bitte, sie zu besuchen, um das Komplot zu vereiteln. Hierauf habe er, Wilson, gar nicht geantwortet. Dies seien alle auf sein Verhältniß zur Familie Limouzin bezüglichen Thatsachen.

Wie der „Temps“ meldet, hat heute Nachmittag bei dem General d' Andlau eine Haussuchung stattgefunden; der General, welcher gestern Abend abgereist ist, hatte seine Rückkehr für heute Mittag in Aussicht gestellt, war aber bis 3 Uhr Nachmittags noch nicht wieder eingetroffen,.

12. Oktober. (W. T. B.) Die „République française“ sagt, daß unter den bei dem General Caffarel beschlagnahmten Papieren auch ein Re— sums des Mobilisirungsplans für das 17. Armee— Corps, so wie dasselbe vom „Figaro“ veröffentlicht wurde, vorgefunden worden sei. In Folge der bei dem General d'Andlau vorgenommenen Haussuchung sei eine Anzahl verschiedener Schriftstücke, besonders Agenden und Register beschlagnahmt worden, in denen der für den Handel mit Ordenszeichen gezahlten Summen Erwähnung gethan werde. Das Gericht habe darauf die Verhaftung d'Andlau's angeordnet; derselbe sei aber nicht in seine Wohnung zurückgekehrt. Der „Gaulois“ sagt: d'Andlau habe sich nach Brüssel begeben.

Das „Journal des QDsbats“ erklärt: Frankreich strebe keineswegs nach einer Besitznahme Marokkos; da aber die Mächtd Kriegsschiffe nach Tanger, entsendeten, so müßten Frankreich und Spanien, die allein ein direktes und bestimmtes Interesse an Marokko hätten, sich miteinander verständigen, um zu verhindern, daß Marokko ein zweites Bulgarien werde.

Rumänien. Bukarest, 12. Ottober (W. T. B.) Der König verließ heute Schloß Pelesch in Sinaja, um den Manßbvern bei Slatina beizuwohnen.

Bulgarien. Sofia, 11. Oktober. (W. T. B.) Wie der „Politischen Corr gemeldet wird, wurden nach den genauesten Feststellungen bei den letzten Wahlen 258 Kandidaten der Regierungspartei gewählt. Da mehrfach Doppelwahlen stattgefunden haben und nach der Ver⸗ fassung Nachwahlen nicht zulässig sind, so werden in der nächsten Sobranje etwa 20 Mandate unbesetzt sein. Unter den endgültig Gewählten befinden sich 27 Mitglieder der Oppositionspartei. Aus 7 Bezirken fehlen die Wahlresultate noch. Bei den an⸗ läßlich der Wahlen stattgehabten Ruhestörungen wurden in Rahowitza 4 Personen getödtet, 9 verwundet, in Kudlowitza 14 getödtet und 9 verwundet und in Plewna 10 getödtet und 17 verwundet.

Dänemark. Kopenhagen, 8. Oktober. (Köln. Ztg.) Die Königliche Landhaushalt⸗Gesellschaft hatte im ö einen Ausschuß niedergesetzt, um sich über diejenigen

rundsätze schlüssig zu machen, welche bei einer Reform der Zollgesetzgebung im Interesse der nn ,,, geltend , werden sollten; dieser Ausschuß empfiehlt jetzt: auf Zölle auf Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Vie und Butter zu verzichten, dagegen solche einzuführen auf Mais, Reis, Kunstbutter, Käse, Cichorien, Buch— weizen und Hopfen; ferner schlagt das betreffende Gut— achten eine starke Erhöhung der Brennerei-Abgaben und des Weinzolls sowie Einführung einer Bier— steuer vor.

Amerika. New⸗York, 20. September. Der Zerfall des einst so mächtigen Arbeiterbundes „Knights ef Labor-é schreitet unaufhaltsam vorwärts, und seine gänzliche Auflösung scheint nur noch eine Frage der Zeit. Die „N.⸗H. Handelsztg.“ berichtet darüber: ;

Unter den Mitgliedern herrschen Zwietracht sowie Unzufriedenheit

mit der gegenwärtigen Verwaltung, und der langjährige Großmeister

oder, wie sein offizieller Titel, General Master Workman“, Pow⸗ derly, der einst der vollständige Abgott der Arbeitstitter war, hat es verstanden, sich so unbeliebt zu machen, daß der größte Theil seiner früheren Anhänger von ihm abgefallen ist. Die Angelegenheiten des Ordent treiben einer Krisis entgegen. Auf der im nächsten Monat in Minneapolis, Minn., stattfindenden Konvention der Knights of Labor“ werden, wie es heißt, Powwderly und die übrigen Min gl eder der Generalexekutive des Ordenz abgesetzt und soll eine gründliche Reorganisation des letzteren auf einer ganz neuen Basis vorgenommen werden. Diese Reorganisation wird bereits seit längerer Zeit von den Befürwortern der Bildung von Gewerkschaftsvereinen innerhalb des Ordens angestrebt. Dieses letztere Element unter den Arbeits rittern ist es hauptsächlich, welches mit der jetzigen Administration des Ordens unzufrieden ist und auf deren Entfernung hinarbeitet. Vornehmlich seit der im letzten Jahre in Cleveland, O. stattge⸗ fundenen Generalversammlung der „Knights“ hat sich unter den

Letzteren die Bewegung zu Gunsten der Bildung von Gewerkschafts⸗

vereinen bemerkbar gemacht, welche 35 owderly und einem Theile der Mitglieder des Ordens von vornherein auf energische Opposition gestoßen ist. Es ist klar, daß viele der im Orden vertretenen Ge— werke und andere Arbeiterklassen, wie z. B. die Schuhmacher mit 200 000 Mitgliedern und die Eisenbahn⸗Angestellten, welche sogar 250 009 Mitglieder zählen, es zur Förderung ihrer speziellen Interesfen für besser halten, sich von den Diktaten von Leuten zu emanzipiren, welche nicht das richtige Verständniß für ihre Angelegenheit haben können, da sie eben in ganz anderen Geschäftsbranchen beschäftigt sind. Diese genannten und einige andere besonders zahlreich im Orden ver. tretene Gewerkschaften sind es, die für eine Reorganisation desselben auf einer ganz neuen Basis agitiren, d. h. für eine Allianz der Ge, werkschaftsvereine des Landes. Der Entwurf zu der angestreblen Reorganisation soll Seitens ihrer Befürworter bereits fertig gestellt sein und alle Aussicht haben. auf der Konvention in Minneapolis angenommen zu werden. Der Plan der Anhänger der Gewerkschaftsvereine geht dahin, die sogenannte Generalexekutive dez Ordens abzuschaffen, da dieselbe erstens eine beständige Bedrohung deß 6 innerhalb des Ordens sei und weil die Beamten ein viel zu ohes Salair bezögen. Nur das Amt, des „General Master Workman?“ wollen die Gewerkschaftsvereinler beibehalten wissen, doch sollen die Prärogative dieses Amts bedeutend verkürzt und die damit verknüpften Pflichten wesentlich geändert werden. Die Affairen jeder einzelnen im Orden vertretenen Anbeiterklasse und Gewerkschaft sollen durch aus den Reihen ihrer eigenen Mil— glieder zu erwählende Beamte verwaltet, werden und der „General Master Workman“ soll nur im Allgemeinen die Angelegenheiten des Ordens überwachen und dessen Interessen wahrnehmen. Wenn dieser Plan durchginge, würde dem ganzen System, auf welchem der Orden der „Knights of Labor“ aufgebaut ist, der Todesstoß versetzt werden. Das sieht auch Hr. Pomderly sehr gut ein, und um den Orden und sich selber zu salviren, hat er seine Taktik gegen die Gewerkschafte— vereine geändert, und einen Kompromiß vorgeschlagen, durch welchen er die Differenzen zwischen den einzelnen Faktionen beilegen zu können hofft. Hr. Powderly ist sogar so weit gegangen, zu erklären, daß er in Wirklichkeit niemals ein Gegner der Gewerkschaftsvereine ge— wesen sei. Ob dem Großmeister diese Schritte, welche er angesichtt der ihm und dem Orden drohenden Gefahr, sich zu thun gezwungen sieht, etwas nützen werden, wird sich erst auf der Generalversammlung in Minneapolis zeigen. Den Zerfall des Ordens werden trotz aller Bemühungen weder Hr. Powderly noch seine Anhänger aufhalten können. Zu bedauern wäre es nicht, wenn die Organisation der „Knights of Labor“ in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung aufhörte zu exsstiren, denn für die geschäftliche und industrielle Entwickelung des Landes ist der Orden stets ein Hemmschuh gewelen, während er andererseits, wie die bestehende Spaltung in den Reihen seiner Mit— glieder zeigt, für die Letzteren von keinem Nutzen gewesen ist. New⸗Hork, 8. Oktober. (A. C.) Der Sekretär der „Ritter der Arbeit“ hat der Konvention in Minnea— polis berichtet, daß die Anzahl der „Ritter“ sich während des vergangenen Jahres von 129 677 auf. 535 009 vermindert habe. Am 1. Juli waren 80 900 Mitglieder mit ihren Bei— trägen im Rückstande. Die Einnahmen des Jahres beliefen sich auf 388 731 Doll.

Asien. Afghanistan. (A. C.) Einer Depesche des „Reuter'schen Bureaus“ aus Bombay, vom 10. Oktober, zu⸗ folge meldet ein Telegramm aus Kabul, vom 2. d., daß Mahomed Ulla Khan, der Gouverneur von Panjshir, in Folge seiner tyrannischen Behandlung der Bevölkerung er mordet worden sei.

Afrika. Egypten. Alexandria, 10. Oktober. (A. C) Berichte aus den Baumwolldistrikten melden, daß der durch die Würmer verursachte Schaden durch das heiße Wetter wieder gut gemacht worden ist. Die Baumwollernte wird auf 3 Millionen Cantars geschätzt, und soll in Bezug auf Qualität besser sein als die letztjährige. Der Nil erregt, obgleich er fällt, noch immer Besorgniß, jedoch hat er in den Baumwollfeldern wenig Schaden angerichtet. .

Marokko. Tanger, 10. i , B.) Der hiesige französische Gesandte hat vom 5. d. M. datirte Nachrichten erhalten, daß der Gesundheitszustand des Sultans etwas . ist. Die von einigen Zeitungen gebrachte Meldung, daß der Sultan schon im Freien gesehen worden sei, 16 jedoch nicht auf Wahrheit. Das spanische Panzerschiff „Castilla“ ist von Cadiz hier eingetroffen.

Zeitungsstimmen.

Das „Berliner Fremdenblatt“ schreibt:

Auf Grund einer Königlichen Verordnung ist mit dem 1. Okto— ber das Polnische als Unterrichtsgegenstand in den Volkeschulen der Provinzen Westpreußen und Posen aufgehoben worden. Diese Maß regel rechtfertigt sich auf den ersten Blick für alle diejenigen, welcht die auf die Stärkung des Deutschthums gerichtete Politik. unterstützen und der weiteren Ausdehnung des polnischen Einflusses einen Damm entgegengesetzt wissen wollen, von selbst, so daß es kaum einer beson⸗ deren' Begründung für dieselbe bedarf. Auf der anderen Seite wit aber die neue Sprachenordnung von der polnischen und fast noch mehr von der deutschen ultramontanen Presse. zu eine so leidenschaftlichen Agitation für ihre nationalen und politischen Ziele ausgebeutet, daß es wohl angemessen erscheinen dürfte, auf die that, sächlichen Verhältnisse hinzuweisen, welche zu dieser Anordnung gefihtt haben. Mit der neuen Sprachenordnung sind einfach diejenigen Ve, stimmungen, welche in Bezug auf das Polnische als Unterricht gegen. stand in Oppeln bestehen. in Westpreußen und Posen eingeführt worden; in Bejug auf den Gebrauch des Polnischen als Unterrichtsmittel in Religionsunterricht ist dagegen keine Aenderung eingetreten. Die in ge polnisch redenden Landestheilen bisher in Geltung gewesenen Ve, stimmungen aus dem Jahre 1872 und 1875 hatten bezüglich de Unterrichts in der polnichen Sprache wie auch hinsichtlich deb Gebrauchs der polnischen Sprache im Religiontunterricht don einandet abweichende Ordnungen getroffen. So wurde z. B. im Regierung bezirk Oppeln polnischer Sprachunterricht, insbesondere Unterricht im polnischen Lesen und Schreiben, überhaupt nicht ertheilt. In .

rovinz Westpreußen bestand der Unterricht im polnischen Lesen um

chreiben für die nicht. deutschen Kinder nur auf der Oberstufe; der selbe konnte jedoch bei Schulen mit überwiegend deutschen . auf spezielle Anordnung der Regierung ganz fortfallen. In . Provinz Posen dagegen war auf allen Stufen der Volksschule ö. Polnische als Unterrichtsgegenstand für die Kinder polnischer ung geblieben, doch konnte die Regierung in geeigneten Fällen das . sheil bestimmen. In ähnlicher Weise stuft, sich auch jetzt noch ö Gebrauch der polnischen Sprache beim Religionunterricht in den 9. schiedenen Provinzen ab; in Oppeln wird dieser Unterricht nur in e Unterstufe in der polnifchen Sprache unter Zuhülsenahme h Deutschen, in der Mittelstufe in e. Sprache. unter ul. nahme des Polnischen, in der Oberstufe ausschließlich in deuts ö. Sprache ertheilt; in Westpreußen wird auf der Unterstufe J Religionsunterricht für die polnisch redenden Kinder polnisch, ngo Mittel. und Oberstufe deutsch, unter Zuhülfenahme des . nischen, ertheilt; in Posen in allen Stufen ö. nis ertheilt, jedoch bei! genügend vorhandener Kenn . dez Deutschen kann mit Genehmigung der Re ierung i, deutsche Sprache beim Religionsunterricht in der ittel⸗ . Dberftufe als Unterrichtssprache eingeführt werden. Für die . dene Behandlung der Provinzen und Bezirke in dieser, Bere hn waren innere Gründe nicht . es hat hier vielmehr gur gn Berückfichtigung der historisch gegebenen Verhältnisse obgewaltet

wird er

München August 1887.

diese Verhältnisse haben sich geändert. Nachdem im Jahre 1876 durch das Gesetz über die Geschäftssprache der Behörden, Beamten und poli⸗ tischen Körperschaften des Staats die deutsche Sprache als Amtssprache eingeführt worden ist, bedarf es auch für die Provinz Posen keines be⸗ sonderen Unterrichts im Polnischen mehr, der gerechtfertigt war, so lange das Polnische hier mit dem Deutschen gleichberechtigte Amtesprache war. Daju kommt, daß gerade in den Bezirken, wo die polnische Sprache im Unterricht größere Berücksichtigung erfährt, die Schule weniger leistet. Die Versuchung, die für Posen erlassenen Bestim⸗ mungen dazu zu benutzen, um überhaupt polnisch zu unterrichten, liegt für bequeme, unzuverlässige oder auch der polnischen Propaganda dienende polnische Lehrer zu nahe, und damit ist denn auch eine wesentliche Beeinträchtigung der Erfolge in der deutschen Sprache gegeben. So kommt es, daß die Provinz Posen hierin wesentlich gegen Oppeln jurücksteht. Nicht nur jeder Deutsche, sondern auch jeder Staatsbürger, ob deutscher oder polnischer Nationalität, wird es für gerecht— fertigt ansehen müssen, daß der Staat solche Anordnungen trifft, r, wa Verständniß und den Gebrauch der deutschen Sprache für alle seine Glieder gewährleisten, und daß er Einrichtungen beseitigt, welche die Erlernung derselben zu hindern oder zu vereiteln geeignet sind und welche von dem Polenthum nur allzu eifrig im eigenen Interesse verwertbet werden. Anklagen wie die, daß in,. der neuen Sprachenordnung für die Polen eine Unterdrückung der Muttersprache! zu erblicken sei, be⸗ dürfen keiner Widerlegung; man kann sie aber polnischen Blättern zugute halten. Wenn indeß ein deutsches Blatt, wie

die Germania“, aus Anlaß der Billigung, welche die neue Sprachen⸗ ordnung in der nationglen Presse gefunden hat, letztere , deutschen Hochmuths“, „chauvinistischen Nationaligmus“, „nationalen Schwin—⸗ dels! beschuldigt, und wenn sie die Behandlung der Sachsen in Siebenbürgen durch die Magyaren und der Deutschen in den russischen Ostsee⸗Provinzen im Vergleich zu der Behandlung, die bei uns den . widerfährt, als geradezu beneidenswerth hinstellt, so bekundet ĩ

e damit nur, daß ihr jedes Gefühl für deutsche Ehre, jeder Sinn ür Gerechtigkeit und jedes Verständniß für das Verhältniß der . zu Preußen abhanden gekommen ist; die Sachsen in Sieben ürgen und die Deutschrussen sind loyale Unterthanen, von denen dem Staat keine Gefahr droht; die Polen aber, welche den preußischen und den deutschen Staat negiren, treten für die Wiederherstellung des ehemaligen Königreichs Polen ein. Diesen Bestrebungen entgegen⸗— zutreten, ist patriotische Pflicht jedes Deutschen, und deshalb wird auch die neue Sprachenordnung, welche nur ein Glied in der Kette der auf die Erstarkung des Deutschthums gerichteten Politik ist, in allen wirklich deutsch gesinnten Kreisen volle Billigung finden.

In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ lesen wir:

Von freihändlerischer Seite wurde als Argument gegen unsere maßvolle Schutzzollpolitik stets auch u. A. ein Rückgang unserer In⸗ dustrie prophezeit, indem die Industriellen durch den Schutzzoll in ihren Bemühungen, nach Vervollkommnung ihrer Einrichtungen zu streben, nachlassen würden. Gerade das Gegentheil, wie es nicht an— ters zu erwarten stand, ist aber bei unserer Eisenindustrie und Baum⸗ wollspinnerei, die beide sich eines erhöhten Schutzzolls durch unsere Zollpolitik von 1879 zu erfreuen haben, eingetreten, indem sie trotz der schlechten Zeiten, welche sie inzwischen wie in allen anderen Ländern durchgemacht haben, in ihren maschinellen Einrichtungen hinter keinem Lande zurückgeblieben sind. Was wir indeß einzig und allein der gegenwärtigen Zollpolitik zu verdanken haben, ist die in den letzten Jahren in steter Entwickelung begriffene einheimische Baumwollen— jwirnerei. Wir sehen hierbei ab von der Fabrikation von Baum wollen ⸗Strickgarnen und Nähzwirnen, die, etwas höher geschützt, früher schon an der Versorgung des inländischen Bedarfs einen größeren Antheil aufzuweisen hatten, sondern haben lediglich nur die Anfertigung von Doubles im Auge, die eine steigende Verwendung in unserer Textilindustrie, namentlich auch zu Besatzartikeln, in der Barmer und sächsischen Besatzindustrie finden. Bis vor wenigen Jahren wurden diese unter dem Namen „Sewings“ bekannten Zwirne fast ausschließlich von England bezogen, und spielten in unseren Einfuhrlisten unter der Rubrik ‚Baumwollen⸗ garn“ keine geringe Rolle. Heute werden dieselben aber, Dank der Erhöhung der Eingangszölle, in sehr umfangreichem Maße in unserem rheinisch⸗westfälischen, sächsischen und elsässischen Spinnereidistrikt an⸗ 6 so daß die Zeit nicht fern sein dürfte, wo der einheimische

zedarf in den gröberen Nummern für die gedachten Industrien von unseren inländischen Baumwollspinnereien bezw. Zwirnereien gedeckt wird, zumal die hiesigen Fabrikate in keiner Weise den englischen nach stehen. Die dazu erforderlichen Maschinen müssen leider vorwiegend noch von England bezogen werden; doch steht zu hoffen, daß unsere ein heimischen Maschinenfabriken, wie sie sich auf dem Gebiet der Wollen⸗ industrie seit langen Jahren eines guten Rufs erfreuen und im rhei⸗ nischen Industriegebiet einen solchen für die Herstellung von mecha⸗ nischen Sammt⸗ und Seidenstühlen, sowie den sonstigen für diese Betriebe erforderlichen Hülfsmaschinen in neuester Zeit erworben haben, sich auch bald in einem größeren Maße für die Anfertigung von Spinn⸗ und Zwirnmaschinen, Webstühlen ꝛc. für die Baum wollenindustrie interessiren werden, um unsere Industrie auch nach dieser Richtung hin vom Auslande unabhängig zu machen. Dazu bedarf es nur eines guten Muthes Seitens der einheimischen Maschinen⸗ fabrikanten, aber auch der . durch die Textilindustriellen selbst, verbunden mit einer Verbesserung unserer Patentgesetzgebung.

Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits— am ts, Nr. 41. Ihe: Personalien. = Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. Cholera⸗Nachrichten. Sterbefälle in deutschen Städten von 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl in deutschen Stadt. und Land bezirken. Grundwasserstand und Bodentemperaturen in Berlin und Flecktyphus in den Regierungsbezirken Marienwerder und Königsberg. Trichinenkrankheit in Hamburg. Sterblichkeit im Hamburgischen Staat 1886. Civilheilanstalten Italiens 1884. Witterung. Zeitweilige Maßregeln ꝛc. Thier seuchen in der Schweiz im Mai und Juni 187. Desgl. in Rumänien. Medizinalgesetzgebung z. (Preußen.) Genießbarkeit des Fleisches perlsüchtiger Thiere. (Reg.-Bez. Bromberg.) Unter⸗ suchung, des Schweinefleisches auf Trichinen. (Mecklenburg⸗ Schwerin.) Hebeammen. (Schwarzburg⸗Sondershausen.) Desgl. Schwarzburg ⸗Rudolstadt) Ansteckende Krankheiten. (Frankreich) Gingangszoll auf Traubenweine, Wermuthwein, Absinth und Kunst⸗ kutter,. Uruguay.) Salicylhaltige Nahrungsn und Genußmittel. (UArgentinische Republik) Gefundheitsräthe, Rechtsprechung. (Reichs⸗ gericht) Fleisch von Schweinen, welche mit Rothlauf behaftet waren.

ü

Statistische Nachrichten.

Nach dem für den Mongt August d. J. ausgegebenen Heft der Statistik des Deutschen Reichs“ war die Ausfuhr von Fabrikaten der Textilindustie in der Zeit vom 1. Januar bis Ende August d. J. im Vergleich zu demselben Zeitraum des Vorjahres

folgende: 1887 1886 100 kg netto 110371 95 902

13177 9363 9 820 74811 25 452 22030 45 664 38416 189 631 183 235 43 861 41052

3 o Vs G Föõ

Dichte Baumwollenwaaren... Undichte Baumwollenwaaren, baum und Stickereien J aumwollene Strumpf⸗ und Posamentierwaaren ihenwagren aller Art.. eiden / und Halbseidenwaaren ollenwgaren aller Art.... leider, Leibwäsche und Putzwaaren. zusammen

wollene Spitzen

Die Ausfuhr von Fabrikaten der Textilindustrie hat demnach bis

Ende August d. J. im Vergleich zu demselben Zeitraum des Vorjahres um 43 167 Doppel⸗Ctr. zugenommen. . Dieser Ausfuhr steht eine Einfuhr von Fabrikaten der Textil⸗ industrie in einer Gesammtmenge von nur 34 902 Doppel⸗Ctr. gegen⸗ über, wovon auf: dichte Baumwollenwaaren 4659, undichte Baum⸗ wollenwagren, baumwollene Spitzen und Stickereien 3570, baum⸗ wollene Strumpf⸗ und Posamentierwaaren 429, Leinenwaaren 10 685, Seiden⸗ und Halbseidenwaaren 3172, Wollenwagren 10435 und Kleider, Leibwäsche und Putzwaaren 1952 Doppel⸗Ctr. treffen. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Einfuhr um 3233 Doppel ⸗Ctr. ab⸗ genommen.

Nach der im „Justiz. Min. Bl.“ veröffentlichten Hauptüber⸗ sicht der Geschäfte der preußischen Landgerichte im Jahre 1886 waren an diesen Gerichten an etatsmäßigen Stellen: 92 Präsi⸗ denten, 181 Direktoren, 856 Richter, 93 Rechnungsrevisoren, 397 Ge— richtsschreiber (darunter 36 Dolmetscher), 136 etatsmäßige und 665 diätarische Gerichtsschreibergehülfen (darunter 14 bezw. 2 Dolmetscher), 296 Kanzlisten, 150 Kanzleldiätare, 426 Gerichtsdiener und Kastellane, 33 ständige Hülfsgerichts diener. Bei den Staatsanwaltschaften: 92 Erste und 151 Staatsanwälte, 199 Sekretäre, 85 etats mäßige und 41 diätarische Assistenten, 29 Kanzlisten, 15 Kanzleidiätare, 58 Gerichtsdiener, 14 ständige Hülfsgerichtsdiener.

An CiviJs(sachen sind im Jahre 1886 anhängig geworden: J. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten in erster Instanz. aa) Vor den Civillammern: 1) Gewöhnliche Prozesse 57 785, 2) Urkundenprozesse 10 825, darunter Wechselprozesse 9278, 3) Arreste und einstweilige Verfügungen 5122, 4) Prozesse in Ehesachen h764, und zwar wegen: a. Nichtigkeit der Ehe 57, p. Ungültigkeit der Ehe 22, c. Ehescheidung 5639, d. Herstellung des ehelichen Lebens 45, 3) Prozesse in Ent- mündigungssachen 5353. und zwar wegen; a. Anfechtung des Ent— mündigungsbeschlusses 28, b. Wiederaufhebung der Entmündigung 25. bb. Vor den Kammern für Handelssachen: 1) Gewöhnliche Prozesse 900b, 2) Urkundenprozesse 12 370, darunter Wechselprozesse 12 288, 4 Arreste und einstweilige Verfügungen 5373. II. Bürgerliche

echtsstreitigkeiten in der Berufungsinstanz. 1) Gewöhnliche Prozesse 23 998, 2) Urkundenprozesse 176, darunter Wechselprozesse 16565.

An mündlichen Verhandlungen fanden statt: J., in erster Instanz: 1) vor den Civilkammern in Sachen, welche anhängig geworden sind; a. in früheren Jahren 46737, b. im laufenden Jahre 71 038, zu⸗ sammen 117775, darunter kontradiktorische Verhandlungen 66 247; 2) vor den Kammern für Handelssachen in Sachen, welche anhängig geworden sind: a. in früheren Jahren 4415, b. im laufenden Jahre 21 218, zusammen 26 633, darunter kontradiktorische Verhandlungen 8388; II. in der Berufungsinstanz in Sachen, welche anhängig ge⸗ worden sind: a. in früheren Jahren 14 871, b. im laufenden Jahre 27168, zusammen 42039, darunter kontradiktorische Verhandlungen 33 144; III. in der Beschwerdeinstanz 83.

Unter den Strafsachen waren 59 320 Anträge und Anzeigen, die ohne weiteres Verfahren von der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen und 28 100, die an die zuständige Behörde abgegeben wurden. Vorverfahren waren 349 554 anhängig (davon 295779 neu eingeleitete), darunter 15 990 Voruntersuchungen, unbeendet blieben 56 192 (46 912) bezw. 3112. Hauptverfahren in erster Instanz fanden statt: vor den gerichten 3368 (darunter 3370 in neuen Sachen), vor den Straf— kammern wegen Verbrechen 20293 (17 768), wegen Vergehen 25 942 (21 185), Berufungen bei der Strafkammer in Privatklagesachen 7199 ö. in anderen Sachen 33 856 (28 552. Beschwerden über

ichter und Gerichte 4506, über Amtsanwälte 766. Außerdem hatte die Staatsanwaltschaft zu erledigen; 25 861 Rechtshülfe⸗ fachen, 53 391 Strafsachen bei den Amtsgerichten nach der Prozeßliste, 1997 Berichte in Gnadensachen.

Hauptverhandlungen fanden statt vor den Schwurgerichten 3587, Urtheile ergingen 3406 (3448 Personen wurden verurtheilt, 1263 frei⸗ gesprochen); vor den Strafkammern der Landgerichte in erster Instanz 14 230 Hauptverhandlungen, 39 096 Urtheile (54 354 Personen ver⸗ urtheilt, 9476 freigesprochen), davon 17719 wegen Verbrechen, 21 377 wegen Vergehen. Vor den Strafkammern in der Berufungsinstanz: 36 024 Hauptverhandlungen, 29 555 Urtheile (15 856 vor 5, 13 699 vor 3 Richtern), davon 11 4094 auf Aufhebung des ersten Urtheils, 18 151 auf Verwerfung der Berufung.

Bei den preußischen Ober ⸗Landesgerichten waren etatsmäßig 13 Präsidenten, 37 Senats⸗Präsidenten, 235 Räthe, 26 Rechnungsrevisoren und Rendanten, 245 Gerichtsschreiber und ⸗Gehülfen, 56 Kanzlisten, 29 ständige Hülfsarbeiter im Bureau⸗ und Kanzlei⸗ dienst. 77 Gerichtsdiener und Kastellane. 13 Ober⸗Staatsanwaͤlte, 10 Staatsanwälte, 16 Sekretäre, 9 Assistenten, 14 Kanzlisten, 1 Kanzleidiätar, 14 Gerichtsdiener. 3714 Referendare (im Bezirk).

An Civilsachen wurden im letzten Jahre 10 419 anhängig (9792 gewöhnliche Prozesse, 163 Urkundenprozesse, davon 133 Wechsel⸗ prozesse 459 Ehe⸗ und Entmündigungssachen). Mündliche Ver⸗ handlungen fanden 16792 statt, darunter 13 675 kontradiktorische. 17343 Sachen wurden erledigt. 3859 Beschwerden wurden anhängig.

In Strafsachen waren anhängig: 16 Revisionen gegen Urtheile

in erster Instanz (sämmtlich erledigt), 510 Revisionen gegen Urtheile der Berufungsinstanz, betr. Privatklagesachen (461 erl.), und 1802 (1603 erl.) betr. andere Vergehen oder Uebertretungen; Beschwerden in Strafsachen, die in erster Instanz gehören vor das Amts⸗ oder Schöffengericht 582 (5669 erl), vor die Strafkammer 1619 (erl. 1582), 9, 9 Schwurgericht 130 (128 erl.); in Rheinschiffahrtssachen 6 erl. 5). Von 1835 Urtheilen in Revision gegen Urtheile der Berufungs⸗ instanz gingen 349 auf Aufhebung des Berufungsurtheils, 1486 auf Verwerfung der Revision. Von durch Entscheidung erledigten Be⸗ schwerden wurden 500 für begründet, 1673 für unbegründet erklärt.

Die Staatsanwaltschaft wies ohne weiteres Verfahren 1214 Anträge zurück und gab 1912 an die. zuständige Behörde ab und erstattete 575 Berichte über vorläufige Entlassungen; Beschwerden über Staats⸗ und Amtsanwälte lagen 5474 vor.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Sitzungsberichte der Königlich preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, Verlag der Kgl. Ak. d. W.; in Kommission bei Georg Reimer. 1887, Nrn. XXXVI XXXIX, vom 21. und 28. Juli. In der Sitzung der physikalisch⸗ mathematischen Klasse, am 28. Juli, legte Hr. Beyrich einen von Professor Richard Lepsius in Darmstadt eingegangenen Bericht über die von demselben in den Monaten März bis Juli 1887 mit akademi⸗ scher Unterstützung in Attika ausgeführte geognostische Kartirung vor. Die Reihe der in dem Heft veröffentlichten wissenschaft⸗ lichen Mittheilungen leiten weitere Untersuchungen, die Elektrolyse des Wassers betreffend, von H. von Helmholtz ein. Dann folgen Mittheilungen über die Struktur des menschlichen Eies, von Dr. W. Nagel; „‚Untersuchungen üer die Abhängigkeit der Assimilation

rüner Zellen von ihrer Sauerstoff⸗Athmung, und den Ort, wo der im Assimilations⸗Akt der Pflanzenzelle gebildete Sauerstoff entsteht“, von N. Pringsheim, und „noch einige weitere Beobachtungen über das o-Amidophenylmercaptan und seine Abkömmlinge von A. W. Hofmann. Eine von Hrn. Schultze vorgelegte Mittheilung von Dr. W. Weltner in Berlin betrifft eine von demselben im Tegeler See (später auch im Berliner Spreeschlamm zwischen Jannowitz⸗ und Waisenbrücke) ge⸗ fundene Planarie, die mit der von Pallas in Belgien entdeckten übereinstimmt, und die der Verfasser unter dem Namen Dendro- coelum punctatum beschreibt (dazu eine Tafel mit Abbildungen). Am Schluß des Hefts endlich berichtet Dr. U. Wilcken in einer von Hrn. Mommsen vorgelegten Mittheilung über die Achmim

apyri in der Bibliotheèque nationale zu aris.

er Verfasser . während seiner mit Unterstützung der Akademie ausgeführten Arbeiten in der genannten Bi⸗ bliothek einige griechische , , zu Gesicht bekommen, die erst kürzlich durch Vermittelung Maspero's aus den Trümmer⸗ haufen des oberegyptischen Achmim, des alten Panopolis, der Vater⸗ stadt des Nonnos, in die Bibliothek gekommen waren. Vie Verwal⸗ tung der letzteren hat ihm in freundlicher Weise Studium und

Schwur

Wie er ausführt, haben diese

. dieser Texte freigestellt. Der größere Theil der

ragmente seltsame Schicksale gehabt. Papyrus Blätter. deren Vorderseite, wie der Urkundentext besagt, zum Theil im 5. Jahre der Regierung des Kaisers Severus mit griechischer Kursivschrift bedeckt worden war, ist. später (wohl etwa im V. Jahrhundert) zur Herstellung von Codex⸗ blättern in der Weise verwandt worden, daß die beschriebenen Vorder⸗ seiten dieser verjährten Rollen auf einander geklebt und zum Codex⸗ format beschnitten wurden. Auf die so gewonnenen Codexblätter, also auf die no , Vertikalseiten der ursprünglichen Rollen, hat man dann biblische Texte in einem sehr eigenthümlichen koptischen Dialekt geschrieben. Letztere sind von A. Bouriant publizirt worden. Die Edition der griechischen Urkundenfragmente, die jetzt durch ge⸗ schickte Loslösung der auf einander geklebten Flächen wieder zu Tage gekommen sind (darunter ein interessanter Brief eines exirporos eßagroß an den Strategen von Panopolis) hat sich Wilcken für eine andere Gelegenheit vorbehalten. Die übrigen Blätter, von denen er in der vorliegenden Mittheilung handelt, sind Reste alter Papyrus⸗Codices und gleichfalls, nachdem sie ursprünglich zur Aufnahme griechischer Texte verwandt worden, in einem späteren Jahrhundert (wohl auch etwa dem V.) wiederum nutzbar gemacht worden, jedoch in anderer Weise. Man hat nämlich aus den zusammengeklebten und zusammengepreßten Papyrusblättern einen Codexdeckel hergestellt (Fragmente solcher Deckel finden sich auch in der Fayn mer Sammlung des Berliner Königlichen Museums). Auch, diese Fragmente waren zum größten Theil schon auf der Bibliothek von einander losgelöst und ergaben sich als Reste literarischer Terte. Bei genauerer Durchsicht, erkannte Wilcken in dem einen Stück eine grammatische Arbeit über den Anfang des ersten Gesanges der „Ilias“. Ein anderes, auf beiden Seiten beschriebenes Codexblatt ergab sich als ein Stück aus einer Hand—⸗ schrift von Euripides, Rhesos“ (Vers 48 bis 96). Durch Zu⸗ sammenfügung von vier kleineren Fragmenten gelang es ihm ferner, ein fast vollständiges Coderblatt ju rekonstruiren, welches die Verse 75 bis 145 der Hesiodischen ‚Theogonie' enthält. Auf einem anderen Blatt entzifferte er vier Hexameter. Diese Fragmente sind im Wortlaut mit den Konjekturen Wilcken's der Mit⸗ theilung angehängt. Die Homerparaphrase bietet zwar textlich nichts Neues, ist aber als eigenartiges Beispiel dafür, wie man in jener Zeit den Homer in den Schulen behandelte, von Interesse, namentlich wegen des Lexikons, in welchem die poetischen Formen durch die dem Verfaffer geläufigen, bezw. in, den Schulen dafür traditionellen Aequivalente wiedergegeben sind. Zur Vergleichung ist ein ähnliches, zu demselben 1. Gesange der „Ilias“ verfaßtes Lexikon hinzugefügt, welches sich in der Faynmer Sammlung des Berliner Museums befindet. Der Schrift nach weist Wilcken die Homerparaphrase etwa in das 3. bis 4. Jahrhundert, die übrigen Stücke etwa in das 4. bis 5. Jahr⸗ hundert n. Chr.

Im Verlage von Fr. Wilh. Grunow, Leipzig, erschien ein Buch, benitelt: Deutschland vor hundert Jahren, Politische Meinungen und Stimmungen bei Anbruch der Revolutionszeit“, von Pr. Woldemar Wenck, Professor an der Universität Leipzig. Es ist keine leichte Aufgabe, welche sich der Verfasser in diesem Buche gestellt hat, und auch der Leser muß sich mit großer Aufmerksamkeit der Lektüre des selben hingeben, wenn er das darin enthaltene reichhaltige Material bewältigen und in sich aufnehmen will. Gilt es doch die Ursachen und treibenden Momente darzulegen, welche für einen Zeitraum von hundert Jahren maßgebend werden sollten für die Bestrebungen und die Entwickelung unseres Volkes. Die Aufgabe ist eine um so schwerere, als gerade zu jener Zeit, von der der Verfasser anhebt, sich ein welt⸗ historisches Ereigniß vorbereitete, welches für das politische und nationale Leben der gebildeten Völker so überaus verhängnißvoll werden sollte, ein Exreigniß, dessen hundertjähriger Gedenktag in absehbarer Zeit bevorsteht, nämlich die französische Revolution. Da man aber geneigt ist, diesen Einfluß zu überschätzen und von dieser Zeit und ihrem Eindruck eine allzu überwiegende Einwirkung auf das deutsche Volk anzunehmen, will der Verfasser eben in seinem Buche darlegen, daß es in dem deutschen Volk schon vor der französischen Revolution ein politisches Interesse ernster Art gegeben hat. Dies Bewußtsein sei ihm für längere Zeit so gut wie abhanden gekommen gewesen; man habe zu glauben an⸗ gefangen, daß jede eingehendere Beschäftigung mit staatlichen Fragen und Angelegenheiten erst den ga ,. von 1789 ihr Dasein zu verdanken gehabt habe. So tief nun die Weltgeschicke der Revolutions= zeit überall eingeschnitten hätten, so sei doch der Zusammenhang zwischen dem Vorher und Nachher ebensowenig, wie in anderen, in der politischen Reflexion der Deutschen völlig durchschnitten worden. Der Verfasser schildert die Zeit dicht vor diesem großen Ereigniß. Es regte sich, wie er ausführt, unmittelbar vor dem Ausbruch jener politischen Katastrophe im deutschen Volke ein neues Geistesleben und das Ge⸗ fühl eines hoff nungsreichen Aufschwungs. Hervorgerufen war dasselbe wohl in erster Linie durch das Auftreten Friedcich's des Großen, dessen ö im deutschen Vaterlande selbst da, wo dasselbe unter dem Kriege zu leiden gehabt, lebhafte Anerkennung gefunden und zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in dem deutschen Volk das Gefühl des nationalen Stoljes, die Hoffnung auf eine erfreulichere Gestaltung der politischen Zustände in Deutschland erregt hatten. Schon der Ausbruch des bayerischen Erbfolgekrieges (1778) und die Haltung Friedrich's des Großen in den damals schwebenden Fragen fand die Deutschen ganz anders aufgelegt, sich als solche bei einer Sache von allgemein deutscher Bedeutung betbeiligt und zur Fassung einer Meinung berufen zu fühlen, als es zu Anfang des siebenjährigen Krieges der Fall gewesen war. Die Gründung des Fürstenbundes (1785), welcher protestantische und katholische, weltliche und k Fürsten um Preußen schaarte, erweckte neue Hoffnungen in den mehr und mehr zum Bewußtsein ihrer Nationalität kommenden Deutschen. Gleichfalls froh begrüßt wurde Josef's N aufklärungseifriges Wirken in seinen Erblanden; sein Kampf gegen ungerechtfertigte Uebergriffe der Kirche, die von ihm bewirkte Erlöfung der Presse aus schwerem Druck. das trug im Verein mit den oben erwähnten Momenten wesentlich zur 5 des kräftigen nationalen Aufschwungs bei Diese Lust zur Betheiligung an politischen Fragen wurde nach Ansicht des Ver⸗ fassers noch verstärkt durch Anregung vom Auslande her. Er sagt darüber: ‚So sehr man sich in Vielem von Frankreich unabhängig zu machen gesucht hatte, so übten doch, neben einigen englischen Schriftstellern, und mehr noch als diese, die Werke eines Montesquien, eines Voltaire, eines Rousseau und Manches aus der physiokratischen Literatur einen ganz erheblichen Einfluß, um eine lebhafte Beschäfti⸗ gung mit politischen Feen auch außerhalb des Kreises der Regierungs- männer und Fachgelehrten zu verbreiten. Selbstverständlich war das Wiedererwachen der deutschen Literatur ein weiterer mächtiger Hebel zur Förderung des nationalen Lebens. Endlich war man dazu gekommen, sich von dem Zopf der französischen unnatürlichen Muse loszulösen, alle jene Ereignisse auf literarischem Gebiet konnten ihren tief⸗ , Eindruck auf das Geistesleben der Nation nicht verfehlen.

Länner wie Klopstock, Lessing. Goethe, Schiller zeigten der deutschen Nation, was sie aus eigener Kraft auch auf diesem Gebiete zu leisten vermöge, Schiller, Herder und alle die großen Geister der jetzt von uns als klassisch bezeichneten Zeit unserer Literatur, sie begannen ihren Einfluß auf Gemüth und Geist des deutschen Volkes aus⸗ zuüben; an ihnen und mit ihnen erstarkte das Bewußtsein, daß die vielgeschmäbte deutsche Nation doch noch berufen sein werde, einen Platz zu erringen, welcher ihr vermöge ihrer Anlagen zukomme. In noch bedeutenderem Grade wirkten nach Ansicht des Ver⸗ fassers die thatsächlichen Vorgänge, welche in außerdeutschen Landen geschehen und durch ihr Beispiel die deutsche Nation zum Nachdenken anreizen mußten. Jener auf allen Seiten erhobene Kampf gegen regierende Gewalten, Parteinngen und Erschütterungen innerhalb ge⸗ wisser Länder, vor Allem der nordamerikanische Freiheitskampf. die parlamentarischen Kämpfe in England zu jener Zeit, der Streit Gustav's III. von Schweden mit dem Adel seines Landes, der Streit der erbstatthalterlichen Gewalt mit den vorherrschenden Kreisen in den he Handelsstädten Hollands, die Opposition der Parlamente und

otabeln gegen Hof und Ministerium in Frankreich, der Widerstand, welchen Josef 's II. uniformirende und aufkläͤrende Selbstherrlichkeit bei

seinen österreichischen Unterthanen fand, das Alles waren Ereignisse,