— Heute hielt der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen eine Sitzung, ebenso die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Elsaß⸗-Lothringen, für das Landheer und die Festungen, fuͤr Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für ld nun gs wen, für das Landherr und die Festungen und für Rechnungswesen, für Handel und Verkehr und n Justizwesen.
— Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen 61 w des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister von Boetticher und Kommissarien beiwohnten, wird zunächst die zweite Berathung des Antrags Ampach! wegen Beseitigung des Identitätsnachweiges fortgesetzt.
Abg. von Wedell⸗Malchow tritt zunächst den Bedenken entgegen, welche am Sonnabend der Abg. Freiherr von Horn⸗ stein vom süddeutschen Standpunkt aus entwickelt hat. Der Antrag der Kommission mit seinen Einfuhrvollmachten komme schließlich nur dem Großhandel zu Gute; sein Antrag dagegen mache die Ausfuhr und die Einfuhr vollständig unabhängig von einander, so daß die Landwirthschaft den direkten Vor— theil davon haben würde, den man ihr doch zuwenden wolle. Die Reichskasse komme bei seinem Antrage jedenfalls besser fort, als bei jedem anderen Verfahren, denn für jeden Centner ausgeführten Getreides müsse ein Centner fremden Getreides eingeführt werden, für welchen der volle Zoll ent—⸗ richtet werden müßte, während für die Ausfuhr nur 50 Proz. des Ble vergütet würden.
er Abg. Woermann bestreitet, daß der Antrag der Kom— mission allein dem Großhandel zu Gute komme; vielmehr seien in dem Antrag die Interessen von Handel und Landwirth— schaft gleichmäßig bedacht worden. Es handele sich darum, die deutsche Ausfuhr, welche vor der Einführung der Getreidezölle bestanden habe und durch dieselbe unmöglich ge— macht sei, wieder zu heben. Redner führt dann aus den Berichten der Danziger und Königsberger Kaufmann—⸗ schaft an, wie sehr der gesammte Getreidehandel dieser Städte zurückgegangen sei, zum kleinen Theil allerdings auch in Folge der russischen Eisenbahntarifpolitik, welche die russi⸗ en Ausfuhrhäfen begünstigten; die Getreidezölle bildeten aber die Hauptursache des Rückgangs, der den ganzen Handel der beiden Städte lahm gelegt und auch andere Ausfuhrhäfen geschädigt habe. Der Antrag der Kommission sichere auch die Interessen der Industrie, namentlich der Preßhefe und Cakesfabriken, für welche Redner schon früher mehrfach eingetreten sei. Mit Einfuhrvollmachten könne kein solcher Handel getrieben werden, daß dieselben im Eourse wesentlich schwankten, denn da die Einfuhr eine größere sein müsse, als die Ausfuhr, so würden die Scheine wohl immer pari stehen. Die Ausfuhr würde aber eine Menge Getreide, die jetzt den deutschen Markt drücke, namentlich auch in Süddeutschland den Preis ermäßigt habe, aus dem Lande schaffen. Als Kaufmann könne Redner dem Antrag von Wedell eigentlich keine Bedenken entgegenstellen, aber die finanziellen Interessen des Reichs würden dadurch dermaßen geschädigt werden, daß deshalb der Finanz ⸗Minister gegen ein solches Verfahren sich wehren müßte. Die Beseitigung der Transitlager könne Redner nicht für zweckmäßig halten, denn dadurch wür— den nur die Großkapitalisten bevorzugt, die in der Lage seien, den Zoll sofort baar zu bezahlen; gerade im Interesse der kleineren Kaufleute müßten die Transitlager erhalten werden.
Bei Schluß des Blattes erhält der Abg. Frhr. von Pfetten das Wort.
— Dem Reichstage sind folgende Drucksachen zu— gegangen . .
ericht der VIII. Kommission über den Entwurf eines
Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Wein. Die Kommission beantragt:
Der Reichstag wolle beschließen:
1) dem Gesetzentwurf, betreffend den Verkehr mit Wein, in der aus der Anlage sich ergebenden Fassung die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen;
2) die folgende Resolution anzunehmen:
den Bundesrath zu ersuchen, darauf hinzuwirken,
daß in den Einzelstagten öffentliche Anstalten zur technischen Untersuchung von Nahrungs⸗ und Genufmitteln für allge⸗ meine Benutzung, welche von den Interessenten unabhängig sind und unter amtlicher Leitung stehen, eingerichtet werden?:
3) die auf den Gesetzentwurf bezüglichen Petitionen für erledigt zu erklären. .
Freundschafts⸗ Handels⸗, Schiffahrts- und Konsularvertrag zwischen dem Reich und dem Freistaat Guatemala.
Freundschafts, Handels⸗, chiffahrts- und Konsularvertrag zwischen dem Reich und dem Freistaat Honduras.
Freundschaftsvertrag zwischen dem Reich und dem Frei⸗ staat Ecuador.
Zusammenstellung des von den Abgg. Dr. Lieber, Hitze eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend Abänderun ßen und Ergänzungen der Gewerbeordnung vom J. g 1883, mit den Beschlüssen des Reichstages in zweiter Berathung.
Antrag zur dritten Berathung des Entwurfs eines Ge— setzes, betreffend die Feststellung des Reichshaus— N, , . für das Etatsjahr 1888/89 (Etat der
eichs⸗Justizverwaltung, Anlage VII). Antragsteller: Kule— mann.
Der Reichstag wolle beschließen: .
anknüpfend an die Resolution des Reichstages vom 14. Juni 1881 und an die Beschlüsse desselben vom 15. Dezember 1881 und 6 Februar 1885 die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in der nächsten Session des Reichstages einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen eine durchgreifende Ermäßigung der Gerichtskoßsten herbeigeführt wird, und mit der Revision des Gerichtskostengefetzes eine solche der Gebührenordnung für Rechtsanwälte zu kö
— Auf der Tagesordnung der am Dienstag, den 6. d. M., n,, 11 Uhr, kali snde her 32. Plenarsitzung des Hauses der Abgeorbneten steht die zweite Abstim— mung über den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Artikels 73 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850.
= Der Staatsanwalt kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 6. Dezember v. R. nach der in Folge des Todes des Privatklägers ein— getretenen Einstellung eines Privatklage-Verfahrens nicht mehr die Verfolgung des Angeklagten übernehmen.
— Einer Abänderung des Genossenschaftsstatuts, wonach in die Rentenfeststellungs⸗-Kommission G. 57 Absatz 2 des Unfall versicherungsgesetzes eine Person, welche nicht Mit⸗ glied der Berufsgenossenschaft ist, mit Stimmrecht wählbar sein sollte, hat das Reichs-Versicherungs amt unter dem
28. Dezember v. 3 (Nr. 486) die Genehmigung versagt. Es ist gesetzlich unzulässig, Personen, die nicht Mitglieder der Ge⸗ nossenschaft find, zu den in Rede stehenden Selbstverwaltungs⸗ befugnissen 1 Die „örtlichen Beauftragten“, welche nach der angeführten Gesetzesstelle mit der Renten⸗ feststellung betraut werden können, sind nicht identisch mit den „Beauftragten“ im Sinne des 8. 82 a. a. O., welche aller⸗ n nicht Mitglieder der Berufsgenossenschaft zu sein rauchen.
— Der von dem Ober⸗Verwaltungsgericht wiederholt ausgesprochene Grundsatz, daß für jeden Eigenthümer die Pflicht besteht, sein Grundstück in einem solchen Zustand zu erhalten, bezw. dasselbe so umzugestalten, daß polizeilich zu k öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt oder ge⸗ ährdet werden, und daß die Polizeibehörde berechtigt erscheint, dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstücks, dessen Be⸗ schaffenheit das . oder den Einzelnen mit Gefahr be⸗ droht, oder sonst einen polizeilich unzulässigen Zu— st and aufweist, deshalb, weil er Eigenthümer des Grund⸗ stücks ist, zur Abstellung der vorhandenen Mängel anzuhalten, . nach dem auf den Schwarzen Graben bei Berlin bezüglichen Endurtheil des III. Senats des Ober-Verwaltungsgerichts vom 2. Januar d. J., bei der Anwendung auf Verhältnisse, für welche die öffentlich⸗ rechtlichen Pflichten des Grundstückseigenthümers als solchen durch spezialgesetzliche Bestimmungen geregelt sind, an diefen Spezialbestimmungen seine gesetzliche Schranke. Es können daher die na 100 Titel 8 Theil JL des All—⸗ gemeinen Landrechts und 5§. 10 des Vorfluthgesetzes vom 15. November 1811 zur Unterhaltung, Auskrau—⸗ tung und Räumung der über ihre Grundstücke gehenden Gräben verpflichteten Eigenthümer zu einer Kanalisirung dieser Wasserläufe auch dann nicht angehalten werden, wenn sich eine solche Maßregel im sanitätlichen Interesse als dringend geboten herausstellt.
— Der General⸗Lieutenant von Passow, Commandeur der 22. Division, hat Berlin nach Abstattung persönlicher Meldungen wieder verlassen.
Posen, 4. März. Die zum 24. Provinzial-Land— tag einberufenen Abgeordneten wohnten heute früh 10 Uhr dem Gottesdienst in der evangelischen Kirche St. Pauli bezw. in der katholischen Pfarrkirche ad St. Mariam Magdalenam bei und versammelten sich sodann um 121, Uhr Nachmittags in dem Sitzungssaale des Ständehauses. Nachdem der König— liche Kommissarius, Ober⸗Präsident, Graf von Zedlitz⸗Trützschler durch, eine Deputation benachrichtigt worden war, daß der Provinzial-Landtag versammelt sei, begab sich derselbe in die Mitte der Versammlung und eröffnete den Provinzial-Landtag mit folgender Ansprache:
Hochgeehrte Herren!
Den 24. Provinzial-⸗Landtag werden eine Reihe sehr wichtiger und Ihre Zeit voll in Anspruch nehmender Arbeiten beschäftigen.
Die Erfahrungen bei der praktischen Handhabung der Verordnung, betreffend, die Ausführung des Fischereigesetzes vom 20. Mai 18755 lassen eine Aenderung der Bestimmungen derselben in mehr— facher Hinsicht wünschenswerth erscheinen. Nachdem eine Revifion der analogen Verordnungen in anderen 3 bereits stattgefunden hat, erscheint es an der Zeit nunmehr auch in der Provinz Pofen hiermit . Sie werden um Ihre gutachtliche Aeußerung über diesen Gegen ayb⸗ angegangen werden.
Die Entwickelung der Geschäfte in einigen Verwaltungs organen der Probinz macht die Anstellung eines rechtsverständigen oberen Beamten erforderlich. Die bezügliche Vorlage, durch welche die Ab⸗ änderung gewisser statutarischer Bestimmungen über die Zusammen— setzung und Geschäftsführung in der provinzialständischen Verwaltungs⸗ koinmission und in der Landarmen⸗Direktion bedingt wird, legt 'in eingehender Weise das Bedürfniß und die am zweckmaͤßigsten erschlenene Form zur Befriedigung desselben dar.
Die Normen, nach welchen die Provinzial Hülfskasse ihre Ge⸗ schäftsthätigkeit zu üben hat, sind in wesentlichen Punkten der Ab— änderung bedürftig Um dies Institut in den Stand zu fetzen, die wichtigen ihm zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen und den veränderten Verhältnissen des Kreditverkehrs Rechnung zu tragen, ist die Erweite⸗ rung ihrer Geschäftsbefugnisse und die Zuführung neuer und billigerer Betriebsmittel an dasselbe nothwendig. Es ist für nützlich erachtet worden, zu diesem Behuf ein völlig neues Statut aufzuftellen, deffen Prüfung und Annahme Ihnen anheimgestellt werden wird.
Ebenso wird Ihrer Beurtheilung die Entscheidung darüber unter⸗ brejtet werden, ob die Prooinzial ⸗Feuersozictät ihre Geschäftsthätigkeit nach dem Vorgange und den Erfahrungen in anderen Provinzen auch auf die. Mobiliarversicherung auszudehnen hat. Der Ausfall Ihrer Entschließung wird voraussichtlich von großer Bedeutung für die fernere Entwickelung dieses gemeinnützigen Instituts fein.
Wie Ihnen bekannt ist, wird die Begründung einer mit der provinzialständischen Wittwen. und. Waisenkasse organisch zu ver⸗ bindenden Reliktenkasse für die Hinterbliebenen der Beamten der übrigen Kommunalverkände seit Jahren sehnfüchtig erwartet. Das Bedürfniß muß anerkannt werden. Es ist daher versucht worden, demselben durch eine auf billiger Abwägung der konkurrirenden Interessen beruhende Vorlage über die Einrichtung einer solchen Kasse Rechnung zu tragen. Im Interesse des öffentlichen Wohls ebenfo wie in dem der zahlreichen Familien, welche von diefer Vorlage die Siche⸗ rung ihrer Zukunft vor Noth und Sorge erwarten, bitte ich Sie der⸗ selben ihr wohlgeneigtes Interesse entgegenbringen zu wollen.
In nicht minderem Maß empfehle ich Ihrem befonderen Wobl⸗
wollen die vielfachen Bitten von Vereinen und Wohlfahrts organi⸗ sationen, die von Ihnen Förderung ihrer Zwecke und Ünterstützung ihrer Leistungsfähigkeit erhoffen. Die Vielgestaltigkeit des modernen Kulturlebens kann die freie Vereins und Liebesthätigkeit dieser nütz⸗ lichen und wohlthärigen Einrichtungen nicht entbehren, ebensowenig aber auch diese den Rückbalt und die Stütze an dem behördlich organisirten großen und leistungsfähigen Gemeinwesen. Die Ergebnisse der Verwaltungsthätigkeit ihrer ständigen Organe, über welche eingehende Berichte erftattet worden sind. legen Zeugniß von dem Fifer, dem Geschick und der Pflichttreue ab, mit welcher auf allen Gebieten derselben gearbeitet worden ist. In nicht minderem Maß werden Sie mit Befriedigung auf die Initiative und die haus⸗ hälterische Sorgfalt blicken, mit der Ihnen Vorschläge zu Neubegrün⸗ dung und Erweiterung Ihrer Institute gemacht werden, ohne dadurch die Steuerkraft der Provinz neu zu belasten.
.Alle Ihre Arbeisen zu unterstützen und mit Ihnen gemeinsam für die Förderung des Wohls der Provinz thäͤtig fein zu dürfen wird mir nicht nur als eine ernste Pflicht, sondern als eine freudig übernommene und dankbare Aufgabe erscheinen. .
Ich überreiche Ihnen, Herr Landtags ⸗Marschall, den Allerhöchsten Landtagsabschied vom 27. Februar d. J. und das Älserhöchste Propositionsdekret von demselben Tage, und erkläre im Allerhöchften Auftrage den 24. Provinzial ⸗Landtag der Propinz Pofen für eröffnet.
Der Landtags⸗Marschall, Schloßhauptmann von Posen, Freiherr von Unruhe⸗Bomst entgegnete hierauf:
SVochgeehrter Herr Landtags. Kommissarius!
Auf die Worte, welche Herr Graf im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs an uns gerichtet haben, drängt es mich zunächst dem Gefühle Ausdruck zu geben, welches unsere, wie die Herzen aller getreuen Unterthanen Sr. Majestät des Kaisers er⸗ füllt, dem Gefühle banger Sorge für Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit unseren Kronprinzen. Mit den Gebeten der ganzen Ration
vereinigen sich die unsrigen. Gott der Herr wolle in Seiner Gnad
ihn, den Stolz unsrer Nation, Sr. Majestät und uns erhalten. Herr Graf haben uns ein reiches . der Thätigkeit eröffne
und wenn wir guch aug den so vorzüglich ausgearbeiteten Vorlagen
die uns durch Ihre große Güte, Herr Larotags⸗Kommissarius, dies ma
schon vor Eröffnung des Landtages zugegangen, ersehen haben, da unsere Arbeiten in einer Weise vorbereifet sind, wie kaum je zuvo so können wir doch darauf gefaßt sein, daß die eingehende Erwägun und Bearbeitung so wichtiger Gegenstände, nebst der . n unsere Anstalten und der auf unsere Hülfe rechnenden Vereine un Wohlfahrts⸗Genossenschaften, unsere Zeit und Kräfte in außergewöh lichem Maß in Anspruch nebmen werden.
Die Zusicherung, daß Sie, hochgeehrter Herr Landtags ⸗Kom missarius, uns dabei unterstützen und gemeinsam mit uns für d Förderung des Wohls der Provinz thätig sein wollen, erfüllt uns mo der frohen Zuversicht, daß unsere Arbeiten dadurch nicht nur wesentlis werden erleichtert werden, sondern daß sie auch wirklich dem Zwer das heißt, dem Heil unserer theuren Heimath diensibar sein werd Nicht leugnen kann ich aber, daß unsere Provinz, welche ja mehr m andere auf den. Ertrag aus der Landwirthschaft angewiesen is unter dem Rückgang der Preise aller landwirthschaftliche Produkte leidet, und daß die trübe Stimmung, welche überall zu Tag tritt, uns mahnt, bei Erfüllung der an uns herantretenden Anfon derungen, die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung im Auge zu behalter und por allen Dingen auf Erleichterung der Lasten bedacht zu sein.
Ich würde mich der hohen Auszeichnung, welche mir Se. Majesti der Kaiser und König Allergnädigst geruht hat, wiederum zu Thöi werden zu lassen, . erweisen, wollte ich es unter lassen, vor Beginn unserer Arbeiten, dem Manne unseren Dan und unsere Anerkennung auszusprechen, den der 23. Provinzial - Landta, durch seine Wahl an die Spitze der provinzialständischen Kommission? gestellt hat. Ich danke Namens meiner Mitstände der hohen Staat regierung, daß sie damals mit dem . Wohlwollen den At, sichten des Landtages entgegengekommen ist; ich danke Ihnen, var, ehrter Herr Graf, daß Sie die Arbeiten unserer Kommissionen f kräͤflig unterstützt und gefördert haben, und ich spreche es aus daß der Hr. Geheime Regierungs- Rath Graf von Posadowẽefr Wehner das ihm vom 75. Provinzial Landtag entgegen gebrachte Vertrauen im vollsten Maße verdient und de 24. Provinzial ⸗ Landtag nichts Dringenderes zu thun hat, als ihn seinen anerkennenden Dank darzubringen.
Mit schmerilichem Bedauern muß ich der Mitglieder des letzte Landtages gedenken, welche der Tod aus unserer Mitte abberufen ha
In erster Linie nenne ich den Herin Fürsten von Thurn um Taxis, der, wenn auch nicht persönlich, doch durch einen Stell vertrete sich an den Verathungen des letzten Landtags betheiligt hatte; ferne zwei der ältesten Mitglieder, den Stadtrath Kaatz aus Posen, welcher fin nicht nur durch seine eifrige und sachkundige Betheiligung an der
Geschäften des Landtags selbst, sondern auch in zahlreichen Ehre.
ämtern, so namentlich in der Verwaltung der Provinzial⸗Hülfskaff um die Provinz verdient gemacht hat, sowie den bewahrten larg jährigen Schriftführer, Bürgermeister Alberti, den rechts, und g= schäftskundigen Amtsgerichts-Rath von Zablocki, die Hrrn. von Horn Altag, Tros ka, Starke, Panienski und Pinkowski. Ihnen Alls bleibt ein ehrendes Andenken gesichert.
Wenn sonach der 24. Provinzial ⸗Landtag sich aus vielen neuer in den Geschäften noch unkundigen Mitgliedern, neben den erfahrener zusammensetzt, so kann ich doch Namens aller meiner Mitstände ver, sichern, daß wir mit der Hingebung, welche unserer theuren Heimat zu widmen uns Herzensdrang ist, an die Arbeit gehen, und sie mi Anstrengung unserer geistigen und körperlichen Kräfte, so Gott wil zu segensreichem Ende führen werden.
Ehe wir ans Werk schreiten, vereinigen Sie Sich mit mir i den althergebrachten Ruf der Perehrung und Treue: Es le Se. Majestät der Kaiser und König!
Die Versammlung stimmte in das von dem Marschal ausgebrachte Hoch 26 Se. Majestät den Kaiser um König begeistert ein .
Der Königliche Kommissarius wurde hierauf durch di Landtags-Deputation wieder zurückbegleitet und es wurde sodann die Verhandlungen der diesmaligen Session eröffnet.
Sachsen. Dresden, 5. März. (W. T. B.) Da König und die Königin sind heute fruͤh zum Besuch de Prinz⸗Regenten nach München abgereist, woselbst die A kunft Ihrer Majestäten heute Abend 8i‚, Uhr erfolgt. Di Königin wird sich von München aus zu einem dreiwöchige Aufenthalt nach Riva am Gardasee begeben; der Kö nig kehrt voraussichtlich am nächsten Freitag hierher zurück.
Württemberg. Stuttgart, 4. März. Der heutig „Staats-⸗-Anzeiger“ veröffentlicht folgenden Bericht über da Befinden des Königs:
Florenz, Villa Guarto, 1. März. Die seit Mitte voriga Monats zu konstatirende Wendung zum Besseren in der neue dings aufgetretenen Krankheit Sr. Masestät des Königs hat der zweiten Hälfte des abgelaufenen Monats angehalten. D Rückbildung der entzündlichen Produkte von Seiten der Lum und der Luftröhrenschleimbaut macht zwar langfame, at— stetige Fortschritte. Der Appetit kehrt nach und nach wicde Die einige Tage lang hervorgetretenen Erscheinungen von verminderte Energie der Herzthaͤtigkeit sind mit Hebung der Gesammternährun und damit Kräftigung der Herzaktion geschwunden und auch die dur die fieberhafte Erkrankung bedingte Steigerung des länger beftehende örtlichen Leidens hat in der letzten Zeit Rückgang der Symptome e kennen lassen. Fiebererscheinungen sind seit nahezu zwei Wochen nich mehr aufgetreten.
Wenn darnach sowohl im allgemeinen Befinden Sr. Mojestẽ⸗ des Königs als auch in den einzelnen örtlichen Erkrankungsvorg'nge eine Besserung unzweifelhaft konstatirt werden kann, so ist' doch unte Berücksichtigung der im Ablauf begriffenen jüngsten Erkrankung, sow der seit längerer Zeit bestehenden Störungen in der Allerhöchste Gesundheit nur ein allmähliches Fortschreiten der Wiederherstellun zu erwarten und werden Se. Majestät der König noch längere Sh der größten Ruhe und Schonung bedürfen, um zu dem früheren Sfen relativer Gesundheit zurückkehren zu können.
Ober. Medizinal Rath Dr. von Fetzer, . ‚ Erster Leibarzt Sr. Majestät des Königs. — 5 März. (WB. T. B.) Anläßlich seines morgige
Geburtsfestes richtete der König ein Schreiben an den
Minister-Präsidenten von Mittnacht, in welchen er gerührt seinen Dank allen Denen ausspricht, welch während seiner Krankheit Beweise treuer Anhaͤnglichkeit ge geben haben. Der König entsendet der fernen theure
eimath und seinem geliebten Volke , landes väterliche
5 45 spricht die Hoffnung aus, bald wieder zurückkehre⸗ zu dürfen.
Hesterreich⸗òUngarn. Wien, 3. März. (W. T. 3 Die Internationale Jubi l arm. Kea us st el lun ist heute von dem Protektor derselben, Erzherzog Kat Ludwig, als Vertreter des Kaifers feierlich er öffne worden. Der berg ließ sich die fremden Kommissar darunter Professor gracht, Architekt Hoffacker, Bildhaue Ka . (Berlin) und die Maler Echtler und Heffner (Rünchen vorstellen.
Im Budgetausschuß erklärte der Ministe räsiden Eraf Taaffe, die Pläne zur Regulirung des ra kn Thores seien bereits fertiggestellt und die Inangriffnahm der Arbeiten nunmehr zu erwarten.
est, 3. März. (Prag. Ztg.) Im Abgeordneten—⸗ 6 Han in der Debatte über die Zucker steuer⸗Vorlage Staatssekretär Weckerle nach, daß die von Ungarn an Oester— reich zu zahlende Steuersumme für den in Ungarn konsumirten Zucker nicht höher sein werde als bisher. Die aus der Steuer⸗ erhöhung resultirende Mehr-Einnahme werde nur dem unga—⸗ rischen Staatsschatz zu Gute kommen. Die Vorlage lege Ungarn keine größeren Lasten auf als das bisherige Gesetz. Den Prämien sei es zu verdanken, daß Ungarn 100000 M. Ctr. Zucker auf den Weltmarkt expedire. Die Regierung habe sich auf der Lon⸗ doner Konferenz bereit erklärt, der Aufhebung der Prämien beizu⸗ treten, wenn auch die übrigen Staaten die Prämien aufheben. — Der Referent Hegedüs hob hervor, in der Prager Enquete der Zuckerindustriellen habe man allerdings fur die Bewilli⸗ gung von Fl. an Ungarn plaidirt, doch seien hieran drei onerose Bedingungen geknüpft worden.
Agram, 3. März. (Wien. Ztg. Der Landtag tritt am 7. April zusammen. In der heutigen Gemeinde⸗ rathssitzung erfolgte die Verifizirung der neuen Gemeinde— räthe.
Großbritannien und Irland. London, 5. März. (W. T. B.) Der Herzog von Rutland ist gestern in Belvoir⸗Castle gestorben. Den Herzogstitel erbt Lord John Manners, Kanzler des Herzogthums Lancaster und Kabinets— mitglied. Hierdurch wird eine Neuwahl für Ost— Leicestershire erforderlich.
Frankreich. Paris, 3. März. (W. T. B.) Der Prinz von Wales ist heute hier eingetroffen.
— (Fr. C.) Der Ministerrath beschäftigte sich heute mit der durch den Bruch des französisch italien ischen Schiffahrtsvertrages für die französische Handelsmarine geschaffenen Lage. Die französischen Packetboote können nicht mehr in den italienischen Häfen anlegen. Als Antwort auf diese Maßregel werden die Minister des Handels, der Marine und des Aeußern einen Gesetzentwurf in der Kammer ein— bringen, welcher darauf abzielt, den italienischen Schiffen das Einlaufen in französische Häfen zu verbieten.
Der Sengt nahm gestern in erster Lesung den Antrag auf Verschärfung der Strafe auf lebenslängliche Zwangsarbeit in Fällen, wo die Todesstrafe durch mildernde Umstände oder, durch Umwandlung der Strafe geändert werde, an. Die Verschärfung besteht in zehn— jährigem Zellengefängniß vor Antritt der Zwangsarbeit. — Die Deputirtenkammer beschloß heute auf Antrag Rivet's, bis auf Weiteres täglich zwei Sitzungen abzuhalten.
— GW. T. 2 Wilson und Ribaudeau haben gegen das Urtheil in dem Ordenshandel-Prozeß Berufung eingelegt.
Italien. Rom, 3. März. (W. T. B.) Der heute anläßlich des zehnten Jahrestages der Krönung des Papstes abgehaltenen feierlichen Messe in der Sixtinischen Kapelle wohnten der Papst, die Kar— dinaͤle, der päpstliche Hofstaat, die Mitglieder des diplo— matischen Corps und der römische Adel bei. Auf dem Wege, welchen der Papst nach der Sixtinischen Kapelle nahm, bildete eine große Menschenmenge, darunter die deutschen Pilger, Spalier. Letztere werden morgen von Sr. Heiligkeit in einer Abschiedsaudienz empfangen werden und treten am Montag die Rückreise an.
— 4. März. (W. T. B.) Amtliche Nachrichten aus Massovah bestätigen die Konzentrirung der Abessinier in Gura unter Ras Mikael und Ras Areg. In Asmara und Cassen befinden sich die durch den Negus verstärkten Truppen. Ein unmittelbarer . gegen die Italiener ist wahrscheinlich bevorstehend.
Rumänien. Bu karest, 4. März. (W. T. B.) Das Kabinet reichte seine Entlassung ein; der König berief den Präsidenten des Senats, Ghika, zu sich.
— 5. März. (W. T. B.). Dem Vernehmen nach hat der Senats⸗Präsident Ghika die Bildung des Kabinets übernommen und Bratiano um Mitwirkung ersucht, der die⸗ selbe zusagte.
Serbien. Belgrad, 5. März. (W. T. B.) Der Wolitischen Correspondenz“ wird über die Wahlen zur Skupschtina gemeldet, daß auf die Radikalen 136, auf die Liberalen 12 und auf Kandidaten, die keiner Partei⸗ stellung angehören, 7 Mandate gefallen seien. Aus ständig seien noch 6 Wahlen.
Afrika. Egypten. Kairo, 4. März. (R. B.) Die Staats schulden-Kasse beschloß, zu einer Anleihe von . 2 250 000 egyptischen Pfund ihre Zustimmung zu geben.
Aus Suakim wird dem „Reuter'schen Bureau“ u. d. 4 März gemeldet: Gestern Abend besetzte eine stärkere Ab— theilung von Derwischen ein Fort außerhalb Suakims und machte heute einen Angriff auf die Stadt selbst. Nach einem einstündigen Kampfe waren die Derwische genöthigt, sich zurückzuziehen, wobei sie einige Hundert Todte und Ver— wundete zurückließen. Oberst Tapp, englischer Offizier in egyptischen Diensten, und 5 Soldaten wurden getödtet, 14 Soldaten verwundet. Die Kanonenboote „Delphin“ und „Albacora“ nahmen durch ein mörderisches Feuer an dem Kampfe Theil.
Zeitungs ti mmen.
Die „Nati onal-Zeitung“ äußert über die Revision des Genossenschaftsgesetzes:
Die dem Bundesrath zugegangene Vorlage wegen der Revision des Genossenschaftégesetzes hat, abgesehen von * Reben⸗ punkten, einen dreifachen Zweck: es soll neben der jetzigen unbeschränkten solidarischen Haftung der Mitglieder der Ge⸗ nossenschaft für Ansprüche an* diefel be die beschränkte Haftbarkeit
zugelassen, es soll eine regelmäßige Revision der Geschaftsführung
der Genossenschasten begruͤndet, und eg soll die Erfüllung der den Leitern dieser obliegenden Verpflichtungen durch Straf⸗ androhungen möglichst gesichert werden. Diese Tendenzen des Ent⸗
wurfs, der auch im Einzelnen den Eindruck einer reiflich durchgearbei⸗
teten Vorlage macht, verdienen durchaus Zustimmung.
Die Frage der beschränkten Haftbarkeit der Genossenschafter war früher lebhaft umstritten; Schultze Delitzsch hielt lange Zeit an der unbeschränkten Solidarbaft als an der unentbehr⸗ lichen Grundlage der Genossenschaften fest; schließlich hatte aber auch er sich überzeugt, daß die beiden Rechtsformen fehr wohl neben einander bestehen können. Die Solidarhaft legt den Mitgliedern der Genossenschaft Verpflichtungen auf, welche, wie sich mehrfach bei dem Zusammenbruch einer solchen gezeigt hat, verhäng— nißvoll werden könnten. Allerdings wird der Kredit einer Genossen⸗
schaft mit Solidarhaft bei gleicher versönlicher Zusammensetzung größer sein, als der einer Genossenschaft, deren Mitglieder nur für eine bestimmte Summe haften; aber wenn dieser geringere Kredit für den Zweck des Unternehmens arsreicht, so ist nicht abzusehen. warum man die Leute zur Uebernahme von Verpflichtungen zwingen soll, welche ihnen zu schwer erscheinen und daher unter Umständen das Zustandekommen der Genossenschaft verhindern. Der früher laut gewordene Einwand, daß eine Genossenschaft mit beschrãnkter Haftbarkeit einer Aktiengesellschaft mit Aktien von beliebig niedrigem Betrage gleich⸗ komme und daher bedenklich mißbraucht werden könnte, ist nicht halt⸗= bar; denn Genossenschaften dürfen überhaupt nur für wenige, be—⸗ stimmte Zwecke, bei denen es auf die Förderung des Geschäftsbetriebes und der Wirthschaft der Mitglieder abgesehen ist, errichtet werden, 3 . Geschäfts⸗Unternehmungen, wie die Aktien⸗ gesellschaften.
Der Porschlag des Entwurfs, daß regelmäßige Revisionen des Geschäftsbetriebes der Genossenschaften durch Revisoren statt⸗ finden sollen, welche entweder vom Gericht ernannt oder unter Zustimmung des Bundesraths durch eigene Verbände von Ge⸗ nossenschaften bestellt werden, scheint einem englischen Muster, der Revision gewisser gegenseitiger Unterstützunge vereine von Staatswegen, nachgebildet zu sein. In unserem Gesellschafts recht ist er wohl, neu; aber während er sachlich ohne Zweifel im Interesse der Genossenschaften ist, läßt er sich unferes Er— achtens formell sehr wohl durch die Ausnahmestellung begründen, welche die Gesetzgebung den Genoffenschaften in wichtigen Beziehungen im Vergleich mit anderen Arten der Ver gesellschastung gewährt, Ausnahmen, mit denen ohne Zweifel manche Gefahren für die Betheiligten verknüpft sind. Mit der Ein— fügung der oben erwähnten Strafbestimmungen endlich wird eine offenbare Lücke des jetzigen Genossenschaftsgesetzes ausgefüllt; es hat sich mehrfach gezeigt, daß Leiter von Genossenschaften zum schweren Schaden der Mitglieder die übernommenen Pflichten leichtfinnig un— erfüllt ließen.
— Der „Hamburgische Korrespondent“ schreibt zur deutschen Kolonialpolitik:
Haben die Deutschen auch seit dem Mittelalter bis zur Wieder⸗ herstellung des Reichs keine Kolonien mebr gebildet, so haben sie doch nie aufgehört, zu kolonisiren, und in der Fähigkeit dazu felbst vielfach die Engländer übertroffen. Es ist deshalb eine Verirrung, wenn man noch immer hier und da in Deutschland in der neuen kolonialen Bewegung etwas Künstliches und darum Vorübergehendes hat er— blicken wollen. Ganz im Gegentheil muß diese Bewegung als durchaus natürlich aus der deutschen Vergangenheit heraus— gewachsen, und als neu an ihr nur angesehen werden, daß sie eine nationale geworden ist, seitdem eine deutsche Staatsgewalt und eine deutsche Flagge ihre Erfolge schützt. Was einzelne Deutsche heute in den neuen Kolonien unternehmen und beginnen, das haben andere in großer 376 schon seit langer Zeit in allen Welttheilen gethan, nur daß die Früchte dieser zersplitterten Thätigkeit dem Mutterlande verloren gingen, auf dieses keine Rückwirkung übten und sich also keine Tra— dition, keine koloniale Erfahrung in der Heimath bilden und an— sammeln konnte. Die kolonialen Leistungen der Deutschen kamen allein den fremden Nationen zu Gute. .
Erscheint es demnach als zweifellos, daß die Deutschen in den bisher erworbenen Kolonien bei planmäßigem Vorgehen und unter einheitlicher Leitung alle Erfolge erreichen werden, welche die besonderen Verhältnisse gestatten, so entsteht nur die Frage, was das für Erfolge sein und welche Bedeutung sie für das Mutterland haben können? Die Antwort auf diese Frage giebt nun die Thatsache, daß alle bis jetzt von Deutschland erworbenen überseeischen Gebiete tropische sind, nach dem Urtheil der Sach- verständigen zwar kolonisationsfähige, aber nur sopeit es das Klima gestattet. Sämmtliche deutsche Besitzungen in West - und Ost Afrika, wie in Neu-Guinea werden daher ausschließlich Handels. und Pflanzungskolonien gleich den englischen Kronkolonien sein und bleiben mit wenig Europäern und einem Ueberwiegen des ein⸗ heimischen erst zu. erziehenden Elementes, nicht Ackerbau— kolonien mit europäischer seßhafter Bevölkerung. Ein „größeres Deutschland' im Sinne des jetzt in Enaland angestrebten „greater Britain“ werden also die gegenwaͤrtigen deutschen Kolonien nicht bilden können, es sei denn, daß die noch zu erschließenden afrikanischen Hoch⸗ länder, etwa das Gebiet des Kilimandscharo, oder auch Südwest— Afrika sich zur Ansiedelung von Europäern und damit zu Ackerbau⸗ kolonien eignen. Daß letztere einstweilen fehlen und auch wohl in absehbarer Zeit noch nicht zu gewinnen sind, ist ein empfindlicher Mangel für die deulsche Auswan— derung, welche auch noch fernerhin dem Mutterlande ver⸗ loren gehen muß, ein. Mangel, der jetzt um so größere Beachtung Seitens der Reichsregierung beansprucht, als das alte Ziel der deutschen Auswanderung, die Vereinigten Staaten von Nord Amerika, wohin sie sich noch alljährlich mit 5 G ihres großen Stromes ergießt, schon lange nicht mehr die günstigen Entwickelungs— bedingungen bietet, wie ehedem. Die Ansiedelungsverhältnisse in Nord ⸗Amerika sind neuerdings besprochen in einer von der Kritik bei⸗ fällig aufgenommenen Schrift von J. von Parseval, die bedenkliche Frage der Auswanderung nach Brasilien in zwei Monographien von W. von Hundt und W. Breitenbach.
Inzwischen bleibt die Aufmerksamkeit der Kaiserlichen Regierung den überseeischen deutschen Schutzgebieten unbeirrt zugewandt, nach der Richtung der Vervollkommnung ihrer Verwaltungs- Organifation nicht weniger, als nach der ihrer Besiedlung und daran sich schließen—⸗ den Nutzharmachung. Der soeben in der Reichstagskommission fest⸗ gestellte Gesetzentwurf wegen Abänderung des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhälthisse der deutschen Schutzgebiete, enthält zunächst eine Reihe von Erweiterungen des Kaiserlichen Verordnungs⸗ rechts auf dem Gebiet der Strafrechtspfleße im Interesse ihrer leichteren und rascheren Handhabung, dann ebenso auf dem Ge— biet der Civilrechtspflege, und hier besonders die zur Sicherung und Erleichterung der Rechtsverfolgung höchst wichtige Bestimmung, daß durch Kaiserliche Verordnung die Verlängerung aller zur Geltend—⸗ machung von Rechten und zur Erfüllung von pflichten festgestellten Fristen angeordnet werden kann. Vorläufig ward freilich wohl auf dem Wege der Erfahrung festzustellen sein, in welchem Umfang die letztere Bestimmung zu verwerthen ist.
Die wichtigste und jedenfalls folgenreichste Bestimmung des ge— nannten Entwurss ist die über die Kolonialgesellschaften, welche lautet: § 8. Deutschen Kolonialgesellschaften, welche die Kolonifation der deutschen Schußzgebiete, insbesondere den Erwerb und die Verwerthung von Grundbesitz, den Betrieb von Bergbau, gewerblichen Unter⸗ nehmungen und Handelsgeschäften in denselben zum ausschließlichen Gegenstand ihres Unternehmens und ihren Sitz entweder im Reichs⸗ gebiet oder in den deutschen Schutzgebieten haben, oder denen durch Kaiserliche Schutzbriefe die Ausübung von Hoheitsrechten in den Schutzgebieten übertragen ist, kann auf Grund eines vom Reichskanzler genehmigten Gesellschaftsvertrages (Statut) durch Be⸗ schluß des Bundesraths die Fähigkeit verliehen werden, unter ihrem Namen Rechte, insbesondere Cigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden. In solchem Fall, haftet den Gläubigern für alle Verbindlichkeiten der Kolonialgesellschaft nur das Vermögen derselben. ; .
Die hier im Einzelnen bezeichnete Fähigkeit, welche in Zukunft Kolonialgesellschaften sollen erwerben können, ist nun genau das, was sonst Korporationsrechte oder juristische en , n: genannt zu werden pflegt. Neu ist nur, daß die Eigenfchaft einer juristischen Person durch Bundesrathebeschluß, also von Reichswegen bei= gelegt werden soll, während das bisher nur durch die höchste administratine Gewalt der Einzelstaaten in verschiedenen Formen i, m Für die Kolonialgesellschaften ist aber die Ver⸗ eihung der juristischen Persönlichkeit durch das Reich die nothwendige Folge davon, daß die Kolonifation ausfchließlich Reichsangelegenheit ist und folglich auch alle gesetzgeberischen Ver⸗ fügungen, wozu im weiteren Sinne auch die Verleihung von
Korporationsrechten gehört, nur vom Reiche, bezw. dessen höchsten administrativen Organen ausgehen kann. Daß die künftigen Kolonial ⸗ gesellschaften der Aufsicht des Reichskanzlers unterstehen sollen, ist zu einem Theil aus denselben Gründen des öffentlichen Interesses zu erklären, welche bei zahlreichen Privatkorvorationen anderer Art die Stgatsaufsicht eintreten lassen, anderntheils und hauptsächlich aber wohl aus der Absicht des Gesetzgebers, die einheitliche Verbindung der deutschen Kolonien mit dem Reich weiter zu begründen und äußerlich zur Erscheinung zu bringen.
Die Bestimmung über die Kolonialgesellschaften ist bekanntlich ein Zusatz der Reichstags⸗Kommission. Sie wurde angeregt bei der ersten Berathung im Reichstage unter dem Beifall der Bundes⸗ kommissare durch den Aba. Meyer ⸗Jena, weil, wie im Weiteren be⸗ sonders noch der Abg. Dr. Ham macher ausführte, eine Erweiterung der zu Recht bestebenden Gesellschaftsformen für koloniale Unter nehmungen ein Bedürfniß sei, da namentlich für letztere die Aktiengesellschaften sich nicht eigneten. In der soeben, am 28. v. M., zu Ende geführten zweiten Berathung des Entwurfs sind die ange— deuteten Gesichtspunkte erneut zur Geltung gebracht mit dem be⸗ gründeten Hervorheben, daß das Gesetz nur den Charakter eines Uebergangs⸗ und . habe und in nicht zu langer Zeit die geordnete Gesetzgebung sich mit einem vollkommen durchgearbeiteten Kolonial ⸗ Gesellschaftsrecht im Zusammenhang mit der Ent⸗ wickelung und Erweiterung des deutschen Sozietätsrechts über- haupt befassen werde. Das Bedürfniß fei nach beiden Seiten vorhanden, nach der einen genüge vorläufig das vorgeschlagene Gesetz, 6 . gegenwärtigen Entwickelung in den deutschen Schutzgebieten entspreche. ..
Gewerbe und Handel.
Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende Februar 1888 19305 00 M 39 G½ο ige, 20 561 165 ν A o tige, 14 735700 , und 9 478 800 M6 H ige, zusammen S895 981 800 S½ Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 10172 300 A 3300ige, 16853 100 Æ. 40ιά̃lige, 25 700 400 6, 430; ge und 4219 500 S6 5 ooige, zusammen 56 895 600 M Pfandbriefe Seitens der Grundstücksbesitzer verzinslich sind. Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 237 300 „„, im Laufe des Monats Februar 1885 angemeldet 1 Grundstück mit einem Feuerversicherungswerth von 77 400 Sp.
Dresden, 4. März. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Sächsischen Bank hat heute beschlossen, der auf den 26. März einzuberufenden Generalversammlung für 1887 eine Dividende von 4 90 0OmnSorzuschlagen.
Glasgow, 3. März. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in, den Stores belaufen sich auf 9573 241 Tons gegen S846 3027 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 85 gegen 71 im vorigen Jahre.
New⸗Jork, 3. März (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 12 059 665 Doll, davon für Stoffe 3533 267 Doll. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 10297 307 Doll, davon für Stoffe 39173653 Doll.
New-⸗York, 5. März. (W. T. B.) Gestern fand bier ein Meeting von Maschinisten aller in Rew⸗Hork mändenden Eisen⸗ babnen statt. Es wurde beschlossen, die Strikenden der Chicago— Burlington-Quiney-Eifenbahn zu unterstützen, auch wenn der Eisenbahnverkehr im ganzen Lande darunter leiden sollte.
Buenos ⸗Ayres, 4. März. (W. T. B.) Während des Monats Februar er. sind hier 53 Dampfer mit 12065 Einwanderern eingetroffen. Die Zolleinnahmen betrugen während desselben . 2764000 Pesos für Buenos ⸗Ayres und 353 900 Pesos für
osario.
Submissionen im Auslande.
Italien.
1) 12. März. Spezia, Direzione Costruz. Navali R. Marina: 3 Stück Ankerbojen aus Eisen nebst Zubehör für die Rhede der Insel Maddalena. Voranschlag 48 960 Lire.
2) 12. März. Novara, R. Prefettura: Bau einer eisernen Brücke über den Toce⸗Fluß bei Domodossola. Voranschlag 360 006 Lire, Depot 20 000 Lire.
3) 13. März. Neapel, Direz./ Armamenti R Marina: Se gel- tuch. Voranschlag 16675 Lire.
4) 15. März. Venedig, Genio militare R Marina: Guß— eiserne Säulen, Träger und Transmissions-Vorrich⸗ tungen aus Eisen. Voranschlag 84 000 Lire.
5) 16. März. Spezia, Direz. Costruzioni Navali R. Marina: Zwei vollständige Motoren für Dampf barkassen von je 12,25 m Länge. Voranschlag 19000 Lire.
6) 17. März. Genua, R. Fonderia: 10000 kg Zink in Broden. Voranschlag 6000 Lire.
Verkehrs ⸗Anftalten.
Danzig, 3. März. (W. T. B.) Alle Eisenbahnstrecken Westpreußens sind in Folge von Schneeverwehungen ge— sperrt, zahlreiche Züge sind im Schnee stecken geblieben.
Brom berg. 3. März. (W. T. B). Die Strecken Brom—⸗ berg bis Dirschau und Konitz bis Laskowitz sind wegen Schneeverwehungen bis auf Westeres gesperrt.
— 5. März. (W. T. B) Die Bahnstrecke Bromberg bis Dirsch au ist wieder frei. ;
— 5. März. (W. T. B.) Der durch den orkanartigen Schner⸗ sturm am Sonnabend unterbrochene Verkehr auf den Ha upt⸗ linien der Eisenbahn- Direktion Bromberg ist mit Ausnahme der Strecke Stolp— Danzig, welche voraussichtlich heute frei wird, wieder hergestellt. .
Thorn, 4. März. (W. T. B.). Der Verkehr auf den durch gehenden Strecken Thorn-Allenstein und Thorn-Marien⸗ burg ist durch Schneeverwehungen unterbrochen. Die Unter brechung wird voraussichtlich noch über 6 Stunden dauern, ö
Altona, 3. März. (W. T. B.) Sämmtliche seeländische Staats und Privatbahnen sind fahrbar.
— 4. März. (W. T. B.) Die Dampfschiffahrten Fre⸗ derikssund. Gothenburg sind wieder aufgenommen und kann daher direkte Expedition von Personen, Gepäck und Gütern nach schwedisch⸗nͤd orwegischen Stationen über Frederikshavn wieder statifinden. . . ]
Chem nitz, 5. März. (W. T. B.) Auf der Strecke Chemnitz⸗ Borna-Leipzig feblen in Folge von Schneeverwehungen seit gestern Abend alle Züge von und nach Leipzig. ;
Hamburg, 4. März. (B. T. B.). Der Postdampfer Rugia“ der Hamburg- Amerikanischen Pacetfahrt-⸗ Aktiengesellschaft ist. von Hamburg kommend, gestern Nach⸗ mittag in New⸗NYork eingetroffen.
Hamburg, 5. März. (W. T. B.) Die Post dam pfer Lessing' und . Saxonia“ der Hamburg ⸗Amerikanischen w haben heute früh, ersterer von
ew-JYork, letzterer von West-⸗Indien kommend, Lizard passirt.
Triest, 4. März. (B. T. BN. Der Llovddampfer Achille“ ist heute früh init der ostindischen Post aus Alexandria hier eingetroffen. - ;
Chicago, 3. März. (W. T. B.) Der Verkehr der . Lekal und Güterzüge auf der Chicago ⸗Burlington⸗Quiney⸗ Eisenbahn wird allmählich wieder aufgekommen.
Theater und Mufsik.
Das Deutsche Theater hat das einaktige Lustspiel Die Wittwe von Ephesus“, von Karl Jaenicke, zur Aufführung an genommen.