1888 / 78 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Mar 1888 18:00:01 GMT) scan diff

des Kaisers Wilhelm ren Deutsichland findet am Donnerstag, den 227. März,. Abends halb Acht (30). in der Aula der neuen Realschule (Vasagatan) eine Gedächtnißfeier statt. Die hier anwesenden Deutschen, welche an Fverselben Theil nehmen wollen, werden ersucht, schriftliche Angabe der von ihnen gewünschten Billette unverzüglich an das Comitè zu Händen des Hrn. P. Fitger (Norra Hamngatan 26) einzusenden, worauf ihnen die Billette rechtzeitig koftenfrei zugestellt werden. Wünsche unserer schwedischen Mitbürger, an dieser Feier Theil zu nehmen, werden in gleicher Weise erbeten und sollen, soweit irgend möglich, berücksichtigt werden. Das Comits.

Amerika. New-Hork. 21. März. (W. T. B.) Von den Geistlichen an den hiesigen deutschen Kirchen wurden gestern Abend Trauergottesdienste für den verewig⸗ ten Kaiser Wilhelm abgehalten, die sehr zahlreich besucht waren.

Zeitungs ftimmen.

Die schwedische , Post- och Inrikes-Tidning“ widmet dem Andenken Kaiser Wilhelm's einen sehr sympathischen Nachruf, in dem es heißt:

Ueberall, wo die deutsche Sprache klingt, wiro Todes botschaft gewiß Sorge und Schmerz erregen, manches Auge im deutschen Heim wird ihränen, bei diesem Volk, dessen Herz mit dem alten Kaiser verwachsen war, und dessen Netionalstol; seine Wurzel in der langen, wunderbaren Heldensage seines Lebens hatte. Aber auch in anderen Ländern, wo diese Gefühle des Vermissens richt so umfassend herrschend sein können, wird die Nachricht von dem Todes falle Wehmuth und Theilnahme erregen. Es ist asch eine der be⸗ deutungsvoslsten Persönlichkeiten des neunzehnten Jahrhunderts, die das Zeitliche verlassen, der Mann, dessen Namen vor allen anderen der Geschichte des Jahrhunderts seinen Stempel auf gedrückt, ein Fürst, der in inniger und warmer Gottesfurcht und in bürgerlicher Tugend Allen ein Beispiel gewesen ist, und der mit väterlicher Liebe seinem Volk zugethan war. Er that dies nicht in kleinmüthiger Nachgiebigkeit für die verschiedenen Strömun⸗ gen der Volksleidenschaften, sondern. mit festem Ernst und klarem Blick auf das Ziel: Deutschlands Größe, Einheit und Glück, das ihm bereits in den Tagen seines jüngeren Mannesalters hinter den dunkeln Wolken vorgeschwebt hatte, die damals selbst den Blicken der scharfsinnigsten Staatsmänner die Zukunft Preußens und Deutschlands verhüllten, und die es ihm in sseinem Alter erreicht und befestigt zu seben vergönnt war. Der Weg, der zu diesem Ziele leitete, führte oft über blutige Schlachtfelder, und tie erforderlichen Anstrengungen haben oft die Kräfte der Nation auf die härteste Probe gestellt. Mit vollstem Vertrauen zu dem Führer

a6 * und h

diese

iemals verleugneter Opferfreudigkeit ist ihm das deutsche Volk jedoch auf dem Siegeszuge gefolgt, der seinen glänzenden Abschluß am 18. Januar 1871 im Spiegelsaale des Versailler Schlossez fand. als der jetzt Verstorbene dort die deutsche Kaiserkrone auf sein Haupt setzte und das deutsche Kaiserreich feierlich ausgerufen wurde.

Der „Hamburgische Korrespondent“ schreibt über die Kaiserlich-Königlichen Botschaften an den Reichstag und den Preußischen Landtag: .

Der ewig denkwürdigen feierlichen Bestattung unseres unvergeß⸗ lichen Kaisers Wilhelm sind heute zwei hochwichtige politische Aktionen gefolgt. Der Reichskan ler und Minister -⸗Präsident Fürst Bismarck hat im Reichstage und vor den vereinigten Häusern des Preußischen Landtages die Botschaften verlesen, welche der Deutsche Kaiser und König von Preußen Friedrich 1II. an die genannten Parlamente gerichtet hat. Freilich hatte Kaiser Friedrich sofort nach dem Tode seines glorreichen Vaters die Regierung in Deutschland und Preußen thatsächlich übernommen. Er hatte auch schon Kundgebungen an sein Volt und an den Fürsten Bismarck ge— richtet und perschietene verdiente Persönlichkeiten durch Gnaden beweise ausgezeichnet. Heute indessen sind die ersten Maßnahmen des Kaisers erfolgt, welche den vollen Stempel einer Staatsaktion tragen. Eg sind das die vorstehend erwähnten Botschaften, die deshalb auch einerseits von dem Reichskanzler und andererseits von dem gesammten preußischen Staats-Ministerium gegengezeich⸗ net sind. Wir freuen uns zugleich, herrorheben iu können, daß diese Botschaften, wenn auch äußerlich wenig umfang⸗ reich, doch inhaltlich hochbedeutsam sind und in würdigster Weise der historischen Thatsache Rechnung tragen, daß die doppelte Krone des

Kaisers und Königs Wilhelm jetzt nach Gottes Nathschluß auf seinen

einzigen Sohn Friedrich übergegangen ist. Auch hat sich, wie zu erwarten war, die Verlesung der heiden Botschaften durch den Fürsten Bismarck zu einer so imposanten Aktion gestaltet, daß sie dem deut—

schen Volke zur vollsten Genugthuung gereichen und den Respekt des

Auslandes vor der politischen Haltung Deutschlands erhöhen wird.

Auf Grund der Realunion, welche zwischen der deutschen und

preußischen Krone in untrennbarer Verbindung bestebt, übernimmt Naijer Friedrich die mit der Koiserwürde verbundenen. Rechte und Pflichten und giebt feierlich den Entschluß kund, die Reichs verfassung unverbrüchlich zu beobachten und aufrechtzuerhalten, also einerseits den Kaiserlichen Rechten nichts zu vergeben und andererseits die Rechte der einzelnen Bundesstaaten und des im Reichstage ver— tretenen Volks gewissenhaft zu achten und zu wahren. Dieses

Preise der Plätze: Parquet 3 M, J. Rang 3 un 4 416, alle anderen unverändert. Dieselbe Vorstellung.

Theater = Anzeigen. Jeutsches Theater.

Friedrich von Homburg. Freitag: Götz von Berlichingen. Sonnabend: Zum 1. Male: König und Bauer. Lustspiel in 4 Aufzügen von Lope de Vega. Nach der Halm'schen Uebersetzung neu bearbeitet und die Bühne eingerichtet von August Förster.

Donnerstag: Prinz Freitaz:

Julius Bauer.

VWallner-Theater. Donnerstag: Geschlossen. Vorverkauf von Billets Vormittags 10— 1 Ubr an der Theaterkasse. . Freitag: Gastspiel Marie Schwarz vom K. K. prio. Carl-Theater in Wien Zum 1. Male: Seine junge Frau. Posse mit Gesang in 3 Akten von A. Millaud und Alfred Hennequin. (Anna, Baronin de la Boucanniére: Marie Schwarz, als Gast)

Sonnabend:

von F. Zell.

(Sobn).

Victoria-Theater. Halbe Preise! Donnersiag: Zum 608. Male; Die Reise um die Welt in S0 Tagen, nebst einem Vorspiel Die Wette um eine Million. Großes Ausstattungsstück mit Ballet von A. d' Fnnerv und Jules Verne.

Freitag und folgende Tage: Die Reise um die Welt in 80 Tagen.

Gastspiel

Walhalla - Theater. Donnerstag: 13. Gesammt⸗ Gastspiel der Münchener Mitglieder des Königl. Theaters am Gärtnerplatz, unter Leitung des Kol '. Vofschauspielers Hrn. Max Hofpauer. Zum 13. M.: Der Herxgottschnitzer von Ammergau. Volks. stück mit Gesang und Tarz von Pr. . Gan ghoser und H. Neuert. * ;

Friedrich -Wilhelmstãdtisches Theater. 2 Donnerstag: Zum 54. Male: Die Schwaben. fur Volks-⸗Oper in 3 Akten von Hugo Wistmann und

Treitag: Zum 65. Male: Die 7 Schwaben.

des Reservisten. (nach dem Französischen von Turu und Chivot) Musik von Julius Stern. gesetzt von Julius Fritzsche.

Residenz-Theater. Donnerstag: Zum 81. Male: Franucillon. Schauspiel in 3 Akten von A. Dumas Deutsch von Paul Lindau.

. Freitag: Franeillon.

Belle Alliance Theater. Donnerstag: Ensemble⸗ der Mitglieder des Friedrick-Wilhelm— städtischen Theaters. Operette in 3 Akten bearbeitet von C. Haffner und R. Genée. Freitag u. folg. Tage: Die Fledermaus.

Central -Cheuter. Donnerstag: Zum 18. Male:

Die Himmelsleiter. von W. Mannstädt. Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Volk, das deutsche Volk, aber wird es seinem neuen Kaiser vornehmlich Dank wissen, daß er, erklärt, der bohen Aufgabe, welche ihm mit der Kaiserlichen Würde überkommen ist, nach dem Vorbilde seines glorreichen Vaters gerecht, werden zu wollen. Er will das Recht, aber auch die Gerechtigkeit, die Freiheit, aber auch die Ordnung walten lassen und die Wohlfahrt des Volkes pflegen. Für die Pflege dieser Wohlfahrt ist indessen die Erhaltung des Friedens die erste Bedingung. So wird man denn in Deutschland wie nicht minder in ganz Europa aufs Neue mit Freuden die vor versam⸗ meltem Reichstage abgegebene Versicherung des Kaisers vernehmen, daß er bedacht sein will, den Frieden zu erhalten. Wir Deutsche aber werden ihm nicht weniger freudig zustimmen, wenn er dieser seiner Versicherung die Bedingung voranstellt, daß die Ehre des Reichs nicht in Gefahr kommen darf,. Es ist ebenso rührend wie er— hebend, daß Kaiser Friedrich sich zugleich zum Dolmetscher des Dankes seines zur ewigen Ruhe eingegangenen Vaters für die Einmüthigkeit macht, mit welcher der Reichstag die Mittel für die Fortbildung und Sicherstellung der vaterländischen Wehrkraft bewilligt hat, und daß er dies theure Vermächtniß des großen Todten der Nation nicht vorenthalten will. -

Nicht minder erhebend war es alsdann, daß der Reichskanzler, als er den Auftrag übernahm, den fremden Regierungen und Volks— vertretungen den. Dank des Reichstages für das uns Deutschen be— wiesene sympathievolle Beileid zu übermitteln, erklärte, es sei die Teilnahme an dem Tode eines Monarchen in dieser Ausdehnung etwas in der Geschichte noch nicht Dagewesenes. So bochgefůrstet, fügte er hinzu, sei noch kein Monarch gewesen, daß ihm bei seinem Dintritte ausnahmslos alle Völker ihre Sympathie, zu erkennen ge— geben hätten. Daß ferner Fürst Bismarck, bei diefer Gelegenheit namentlich auch der kleineren Länder und speziell Dänemarts gedachte, dessen trübe Erinnerungen er würdigte, wird man ihm sicherlich überall hoch aufnehmen und Dank wissen. ; .

In der Botschaft an die vereinigten Häufer des preußischen Landtages beziebt sich König Friedrich auf die Proklamation vom 12. März, in der er schon die Grundsätze dargelegt habe, nach denen er seiges Königlichen Amtes walten wolle. Auch hier versichert er des Weiteren, daß er in den Wegen seines glorreichen Vaters wandeln wolle. Er erklärt, die Verfassung gewissenhaft beobachten zu wollen, vergißt aber, was nicht zu übersehen ist, leines wegs hinzuzufügen, daß er dies nur „unter Wahrung der Machtfülle der Krone“ thun werke. An diesem Wort wird sich nicht gut deuteln lassen, auch wenn es manchen Leuten unbequem ist und ihnen eine neue Enttäuschung bereitet. . .

Der Kaiser erkennt sodann ohne Rückhalt an, daß ihn die preußische Verfassung verpflichtet, in Person den Eid auf sie vor dem Landtage abzuleisten. Indem er bedauert, dieser Verpflichtung aus Gesundheitsrücksichten zur Zeit nicht nachkommen zu können, was unzweifelhaft sagen will, daß er die Eidesleistung nachzuholen gedenkt, beruft er sich auf seine keinem Zweifel urter— worfene Stellung zu den Verfassungsordnungen des Landes und gelobt noch einmal, daß er die preußische Landesverfaffung fest und unver— brüchlich halten und in Uebereinstimmung mit dieser Verfassung und den Gesetzen regieren wolle. König Friedrich bekennt sich also auch zu der Ansicht Derjenigen, welche der Meinung sind, daß neben der Berfassung auch andere gleichberechtigte Gesetze bestehen. Daß er mit diesem Bekenntniß seine Verpflichtung und Verantwortung verringert hätte, wird sich indessen nicht ernsthaft behaupten lassen .

Die drei Parlamente werden nun noch die Kaiserliche und die Königliche Botschaft je durch eine Adresse beantworten, und es ist wohl kaum daran zu zweifeln, daß diese AdLressen das rolle dankbare Einverständniß mit den hochbedeutsamen Auslassungen des Kaisers und Königs bekunden werden. Damit ist ein neues heilbringendes Zu— sammenwirken zwischen der Kaiserlichen Regierung und der Volks vertretung in die Wege geleitet. Möchte es zum Glück und Segen des deutschen und speziell auch des preußischen Volks von Dauer sein, und möchte namentlich auch dem Kaiserlichen Herrn durch die Aus—= sicht auf die Genesung von Seiner schweren Krankheit eine volle Freude an Seiner hohen und großen Aufgabe erwachsen!

4185

Passus ge⸗ Fragen das

nationale Wirthschaftsxolitik oder internationalen Freihandel an- betrifft, das Prinzip des letzteren in dem grundsätzlichen Gehenlasfen der wirthschaftlichen Interessen des Volks verkörpert, in der negativen Haltung des laissez aller, laissez faire, laissez Passer, le monde va par lui-mẽme. , .

Kaiser Friedrich verheißt aber in seinem Regierung programm, er wolle warm alle Bestrebungen unterstützen, welche geeignet sind, das wirthschaftliche Gedeihen der verschiedenen Gesellschaftẽklassen zu heben. Kaiser Friedrich will also keine passive Wirthschaftspolitit nach dem Muster des Manchesterthums, sondern jene aktiven Be⸗ strebungen, welche geeignet sind, das Gedeihen der Gesellschafte klassen zu fördern. Und wenn dabei die widerstreitenden Intereffen der ver⸗ schiedenen Gesellschaftsklassen versöhnt werden sollen, wie in dem Er⸗ lasse gesagt ist, so liegt das vollkommen im Rahmen der Politik des SHußes der nationglen Arbeit; denn gerade diese hat sich die Auf⸗ gabe gestellt, die Interessen aller Gesellschaftsklassen dadurch mit⸗ einander zu versöhnen, daß die Interessen aller Zweige der erwerben den Thätigkeit der Nation in gleichem Maße beachtet und wahr— genommen werden. . 6 ö .

Bezüglich der Wirtbschafté⸗ und Handelspolitik gebört also ein starkes Stüch manchesterlicher Dummdreistigkeit dazu, aus dem Kaiser. lichen Erlaß herauszulesen oder vielmehr in denselben hinein zu inter⸗ pretiren, derselbe gebe die bisherige Politik des aktiven Schutzes der nationalen Arbeit Preis. . .

Ganz ebenso verhält es sich bezüglich der Sozialreform. Kaiser Friedrich will unvermeidliche Mißstände nach Kräften mil dern Genau dasselbe will die von seinem Vater durch die Allerhöchste Botschaft rom 17. November 1851 inaugurirte Sozialreformpolitik. Wahrend das Manchesterthum keine Sozialgesetzgebung will, weil man glaubt, ohne Eingreifen des Staates, als obersten Organs der Gesellschaft, helfe sich dieselbe stets viel besser und leichter, als es das Eingreifen des Staates überhaupt nur vermöchte, will Kaiser Friedrich unver— meidliche Mißstände nach Kräften mildern, alfo doch zewiß zu diesem Zweck eingreifen. Wenn hierbei nicht die Erwartung hervorgerufen werden soll, als ob es möglich sei, durch Eingreifen des Staates allen Uebeln der Gesellschaft ein Ende zu machen, so hat die Sozialreferm der verbündeten Regierungen niemals beansprucht, solches zu können oder zu wollen. Gerade die Freunde der Sozial— referm haben stets betont, nur mildern, nicht aber alle Ueßel, der Gesellschaft beseitigen zu können, während allen dings die manchester⸗ lichen Gegner stets die falsce Meinung zu verbreiten suchten, als ob die praktische Wirthschaftspolitik als Univerfalmittel zur Heilung aller Uebel gelten solle.

Die Freunze der Politik des Schutzes der nationalen Arbeit und

der staatlichen Sozialreform haben also ohne Zweifel alle Ursache, mit den Regierungsgrundsätzen, nach denen Kaiser Friedrich verfahren will, einverstanden zu sein, während das Manchesterthum dem Kaiser⸗ worte für seine Zwecke Gewalt anthun muß, um es in seinem Sinne zu deuten. Un leigem Kaiser worte soll doch aber Niemand deureln und dieser Gepflogenheit zu folgen, hätte gerade auch unser Manchesterthum alle Ursache gehabt, statt durch seine Deuteleien die Worte des Kaifers in das Gegentheil ihres wahren Sinnes zu rerkehren.

Submissionen im Auslande.

Niederlande. 3. April, Vormittags 115 Uhr. Gemeentebestuur zu Arnhem, im Gemeentehuis: . Loos Nr. 25. Lieferung von Cement-Gossen und Cement— oder Thonrohren. : Bedingungen für 0,75 Fl. käuflich in der Gemeente-Secretarie.

Mannigfaltiges.

Das Organisations⸗Comits des Deutschen Geographen tags versendet folgendes Cirkular: .

Die tiefe Trauer, in welche unser Land durch das Hinscheiden Sr Majestät des Kaisers Wilhelm versenkt ist, hat das, unterzeichnete Comité zu dem einstimmigen Beschluß veranlaßt: den im April 1888 zu Berlin abzuhaltenden VIII. Geographentag auf das Jahr 1889 zu vertagen. Das Organisations Comité, welches die mühevollen Vor⸗ bereitungen bereits vollendet hatte, ist von der Ansicht geleitet worden, daß eine Zeit, deren nächste Zukunft kaum minder ernst erscheint, als die Gegenwart, der stillen Arbeit des Einzelnen angehöre; daß aber eine Vereinigung zu gemeinsamer Arbeit, welche das Wesen des Geographen⸗ tages ist, sich nicht so vollkommen des festlichen Gepräges entkleiden lasse, wie die Anschauungen und Empfindungen in den rverschiedenen Kreisen der Reichshauptstadt es durchgängig fordern. Die Abhaltung der VIII. Vereinigung zu der ursprünglich festgesetzten Zeit würde dem Deutschen Geographentag einen Theil der Sympathien rauben, deren er zu seiner kräftigen Fortentwickelung bedarf. ;

Im Namen des Organisations-Comits des VIII. Deutschen

Geograrxhentages. von Richthofen. Reiß. Güßfeldt.

hält

Die Berliner Anthropologische Gesellschaft ihre nächste ordentliche Sitzung am Sonnabend, den 7. April, ab. Auf der Tagesordnung steht das Programm der wegen Ablebens des Kaisers Wilhelm abgesagten Märssitzung.

—— . 3 K

75 Künstler (10 Solistem).

50 Künstler.

turnier mit Apotheose,

Zum 1. Male; Die Hochzeit Posse mit Gesang in 4 Akten

In Scene

Freitag: Vorstellung.

E

für die Familie Hager, Sonntag: 2 Vorstellungen.

Concert des Kapellmeisters Herrn Karl Meyder, Streich ⸗DOrchester

Freitag: Gesellschafts⸗Concert.

Circus Renz. Donnerstag: Großes Ritter— arrangirt und in Scene gesetzt vom Direltor E. Renz. Vorführen der 8 großartigen Vollblutspringpferde durch Hrn. Franz Renz. Auftreten der 5 Phänomene der Luft. Die Schulpferde ‚Ali Bey und Sophus“, geritten von Frl. Clotilde Hager. „H. Gladiatoren“. Die Fahrschule, geritten von Hrn. Auftreten der Geschwister Hoffmann, sowie der vorzüglichsten Reitkünstlerinnen und Reitkünstler.

Sonnabend; Parade⸗Gala⸗Vorstellung zum Benefiz

E. Renz, Direktor.

lze 7 r*

Hrn. Gustav Krimer (Köln). Hrn. Verlagsbuchhändler Worms (Berlin). Eine Tochter: Hrn. A. Weißen⸗ born (Gotha). Hrn. Ferdinand Plonus (Ber— lin). Hrn. Lieutenant von Drygalski (Konstanz). Hrn. Obec⸗Amtmann Axel Grafen von Schwerin (Hechingen) Hrn. Apotheker Otto Canzler Waldenburg). Hrn. Adolph Schmidt (Dahl⸗ hausen a. Wupper). Hrn. Rich. Bause (Meis— dorf a. H.). Gestorben: Frau Luise Saniter, geb. la Pierre (Berlin). Dr. Kaufmann Hugo Kampffmever Naumburg a. Queis. Frau Karol. Elis. Alw. Mühlefeldt, geb. Licht (Charlottenburg). Hr. August Myrus (Berlin). Frau Major Mar—⸗ garethe v. Perbandt, geb. v. Schätzell (Karlsruhe). Frau Auguste v. Müller, geb. v. Linstow (Rostoch⸗. Verw. Frau Oberst⸗Lt. v. Collignon, geb. v. Hochwächter (Berlin). Hr. Rittergute⸗ pächter Hugo Mothes (Stötteritz. Frau Ma— thilde Klein geb. Kühns (Brandenburg a. H.].

J. W. Hager.

b

Hr. Oberst Lieutenant a. D. Richter (Lübbenau).

Die Fledermaus. Komische nach Meilhae und Halevy,

Gesangsposse in 4 Akten

Anfang 775 Uhr. Gerichts: Assessor

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Luise Freiin von Seherr ⸗Thoß mit Hrn. Reg Assessor Kurt von Scheliha (Schollwitz bei Hohenfriedeberg). Frl. Elisabeth von Koppen— fels mit Hrn. See. Lieut. Arthur Frhrn. von Bodenhausen (Dresden). Frl. Helene Junkers mit Hrn. Dr. Walter Rühle (Rheydt Bonn). Frl. Hubertine Vonderbank mit Hrn. Franz Grouven (Euskirchen. Frl. Aanes Dammaß mit Hrn.

Emil Timme

Magdeburgꝛz Fil, Friederike Neste mit Hrn.

Prof. Dr Johannes Franck (Berlin Bonn)

Frl. Martha Oelkers mit Hrn. Dr. phil. Ludwig

Oelkers (Neustadt i. Westpr. = Göttingen).

Frau Sar. Mar. Kröhne, geb. Rothe (Pfarr⸗ haus Reinsdorf b. Zwickau). .

Redacteur: Riedel.

Ge zlin—- ö Verlag der Expedition (Scholy.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk— Anstalt, Berlin sw., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen

leinschließlich Börsen⸗Beilage).

(Halberstadt =

6 78.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 2. März

1888S.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 21. März. Im weiteren Verlauf der gestrigen (59) Sitzung des Reichstages legt der Präfident folgenden als schleunig bezeichneten Antrag der Abgg. Ackermann und Gen. vor:

Der Reichstag wolle beschließen:

Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage in dessen näch ster Session eine Vorlage behufs Errichtung cines Denkmals ür den Hochseligen Kaiser Wilhelm, den Gründer des Deutschen Reichs, zu machen.

Gegen die sofortige Berathung erhebt spruch und der Antrag wird ohne Debatte genommen.

Darauf werden in dritter Berathung der Entwurf eines Gesetz es, betreffend den Reingewinn aus kriegs⸗ geschichtlichen Werken des Großen Generalstabes, und der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aus füh⸗ rung der am 9g. September 1886 zu Bern abge— schlossenen Uebereinkunft wegen Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutze von Wer— ken der Literatur und Kunst, ohne Tebattẽ angenommen.

Es folgt die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Löschung nicht mehr be— stehender Firmen im Handelsregister—

Die General-Diskussion wird ohne Debatte erledigt. In der Spezial-Diskussion werden die 88. 1 und 2 ohne Debalte angenommen.

Abg. Dr. Hammacher beantragt: Gesetze hinzuzufügen:

Im Falle der Löschung einer Firma hat das Gericht zugleich

sich kein Wider⸗ einstimmig an—

I) folgenden 5§. 3 dem

das Erlöschen der für die erloschene Firma eingetragenen Prokuren von Amtswegen in das Handelsregister einzutragen.“

2) im Falle der Annahme des Antrages sup 1 in der Ueberschrift des Gesetzes hinter: „Firmen“ zu setzen: „und Prokuren“.

Abg. Dr. Hammacher motivirt seinen Antrag als eine nothwendige Ergänzung des Gesetzes. Sobald erne Firma gelöscht werde, müßten auch die Prokuren von Amtswegen gelöscht werden.

Kaiserlicher Geheimer Regierungs-Rath Hoffmann erklärte dies für selbstverständlich und daher den Antrag eigentlich für überflüssig. Wenn aber der Reichstag diese Vorschrift ausdrücklich hinzufügen wolle, so stehe dem kein Bedenken entgegen.

Abg. Dr. Hammacher bestreitet, daß sein Antrag, nameni— lich für Preußen, ein superfluum fei.

Der Antrag wird angenommen und mit dieser Aenderung das Gesetz selbst.

Sodann wird in dritter Berathung der Entwurf eines Gesetzes über die Auslegung des Ärtikels kf des Ge⸗ setzes vom 30. August 1871, betreffend die Ein— führung des Straäͤfgesetz buchs für das Deutsche Reich in Elsaß-Lothringen, ohne Debatte angenommen.

Der Präsident erklärt, daß damit der Reichstag am Ab— schluß seiner Geschäfte stehe, und giebt die übliche Geschäfts— übersicht.

Abg. Graf Moltke giebt dem Danke des Hauses an den Präsidenten für dessen umsichtige, unparteiische und erfolg⸗ reiche Leitung der Geschäfte Ausdruck, und die Mitglieder er⸗ heben sich zum Zeichen . Zustimmung von den Plätzen.

Der Präsident dankt dem Hause für die Nachsicht und das Wohlwollen, das er auf allen Seiten gefunden habe, und spricht im Namen des Hauses seinen Kollegen im Präsidium, den Schriftführern und den Quästoren seinen Dank für ihre Mitwirkung aus. . Darauf, verliest der Staatssekretär im Reichsamt des Innern, Staats-Minister von Boetticher folgende Kaiserliche Botschaft:

Wir Friedrich, ron Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen c. thun kund und fügen hiermit zu wissen, daß Wir Unsern Staats— sekretär des Innern, Staais-Minister von Boetticher ermächtigt haben, gemäß Art. 12 der Verfassung die gegenwärtigen Sitzungen des Reichstages in Unserem und der verbündeten Regierungen Namen am 20. März d. J. zu schließen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unteeschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Charlottenburg Berlin, den 12 März 1888.

Friedrich. Fürst Bismarck.

Auf Grund dieser Ermächtigung erklärt Staats-Minister von Boetticher die Sitzung des Reichstages für geschlossen. Der Präsident von Wedell⸗Piesdorff giebt den Gefühlen der Hingebung und Verehrung für den Allerhöchsten Herrn Ausdruck, die in der jetzigen schweren Zeit mit doppelter Lebhaftigkeit in allen Mitgliedern rege seien, und fordert das Haus auf, mit ihm einzustimmen in den Ruf: „Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König Friedrich von Preußen lebe hoch! abermals hoch! zum dritten Male hoch!“

Nachdem das Haus dreimal begeistert in den Ruf ein— gestimmt hat, schließt der Präsident gegen ? Uhr die Sitzung.

Im weiteren Verlauf der gestrigen (29g) Sitzung des Hauses der Abgeordneten beklagt sich bei Fortsetzung der dritten Berathung des Staats haushalts⸗Etats für 183389 in der Spezialdis kussion und zwar beidem Etat der indirekten Steuern, der Abg. Schreiber⸗-Nordhausen über die schweren Schädigungen, welche die Qualitäts-Branntweinbrennerer Rord— hausens durch das neue Branntweinsteuergesetz und namentlich auch durch die dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen des Bundesraths erlitten habe; es sei fast der ganze Export ver— hindert worden. ö Geheimer Finanz-Rath Lehnert bemerkt, daß der Finanz⸗Minister und die Beamten seines Ressorts durch eine anderweite dringende Dienstangelegenheit behindert seien, schon jetzt zu erscheinen; der Finanz⸗Minister würde aber später vielleicht noch eintreffen.

Beim Etat der Bergwerksverwaltung empfiehlt der Abg. Schultz-Lupitz eine Ermäßigung der Preise für Kainit, welche durch die Konvention der Staßfurter Werke sehr hoch gehalten würden.

Abg. von Below-⸗-Saleske unterstützt diese Forderung, welche den Interessen der Landwirthschaft dienlich sei; denn aus der Nothlage könne die Landwirihschaft nur heraus— kommen durch eine Verbesserung der Technik und durch die Be— schaffung billiger Düngemittel zur Verbesserung des Bodens. Dem Auslande gegenüber könnte man ja die hohen Preise der Konvention sesthalten.

Abg. Rumpff: Nicht allein die Landwirthschaft sei noth—⸗ leidend, sondern auch manche Industrie; aber der Wunsch der Landwirthe nach billigen Düngemitteln sei ein berechtigter, den er unterstützen müsse.

Abg. Letocha bittet, die unter den einmaligen Ausgaben geforderken 154 000 M zur Fortführung der oberschlesischen , von Tarnowitz nach der Friedrichshütte ab— zulehnen.

Das Haus genehmigt diese Position.

Beim Stat der Eisenbahn verwaltung dankt der Abg. Schultz-Lupitz dem Minister für die Ermäßigung der Tarife für Düngemittel.

Abg. Vopelius weist darauf hin, daß der Abg. Dr. Ham— macher in der zweiten Lesung verlangt habe, daß den Kanal— interessenten in Westfalen die Aufbringung der Kosten für den Grunderwerb erlassen werden möge. Wenn das geschehe, würden sie sofort die weitere Forderung erheben, die Mosel zu kanalisiren. Eine solche Bauausführung auf Kosten der Allgemeinheit zum Schaden anderer Landestheile sei bedenklich.

Abg. von Eynern: Er würde es nicht für möglich gehalten haben, daß die Privatinteressenten sich fo weit vorwagten, daß fie sich der Schiffbarmachung eines unserer bedeutenden Flüsse entgegenstellten. Das Landesinteresse gehe dahin, daß die Flüsse, welche Gott der Herr unserem Lande gegeben habe, schiffbar gemacht würden, nicht dahin, daß solche Plane einzelnen In— teressenten zu Liebe hintertrieben würden. J

Abg. Olzem: Es handle sich nicht um die Schiffbar— machung, sondern um die Kanalisirung der Mosel; die Herren aus Westfalen verwechselten immer ihre eigenen Interessen mit denen der ,, des Landes. Wenn die Mosel kanalisirt werden solle, dann möchten die Herren es auf ihre eigenen Kosten thun. So lange mäßigt werden könnten, schulden so bedeutende Mittel erfordere, könne man nicht auf Kosten der Steuerzahler so viele Millionen für die Kanal sation ausgeben. Die Herren aus Westfalen könnten nicht einmal die Grunderwerbskosten für den ihnen bewilligten Kanal aufbringen. Deshalb sollten fie nicht immer neue Projekte vorbringen.

Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei den Ausgaben für die Eisenbahn-Direktion Köln (linksrheinisch) erklärt auf eine Anfrage des Abg. Fuchs be— züglich der Geleiseverbindung der Hafen- und Werftanlagen in Köln der Geheime Regierungs-Rath Hoeter, daß dabei wichtige Interessen des Reichs und Preußens in Frage kämen; deshalb hätten umfangreiche Verhandlungen gefunden; es sei aber jetzt Aussicht auf einen befriedigenden Abschluß vorhanden.

Die Ausgaben werden bewilligt.

Beim Etat der Ansiedelungskommission erklärt der Abg von Koerber, daß die in zweiter Lesung gemachte Mit— theilung, daß die westpreußische Landschaft subhastirte Güter mit Polen kolonisire, falsch fei; es habe nur bei der Ueber— nahme eines subhastirten Guts eine Abtrennung einzelner Parzellen stattgefunden, während das Gut im Ganzen sonst erhalten sei.

Abg. Wehr (Konitz, hält es für falsch, daß die Ansiede— lungskommission nur von Polen kaufen solle; es seien in Folge dieses falschen Grundsatzes manche deutsche Güter in polnische Hände gekommen.

Beim Etat des Finanz-Ministeriums wiederholt der Abg. Rickert seine Anfrage aus der Generaldebatte bezüglich der Reliktenbeiträge der Volksschullehrer. e

Finanz⸗Minister Dr. von Scholz:

Ich bestätige dem Hrn. Abg. Rickert auf seine Anfrage, daß die Königliche Staatsregierung ebenfalls der Ansicht ist, daß es ein dringendes Bedürfniß ist, die Elementarlehrer in Bezug auf Relikten⸗ beiträge nicht schlechter zu stellen als die Beamten. Ich habe diefe Mittheilung am ersten Tage, wo wir in diesem Saale die Berathungen wieder aufgenommen haben, bereits gemacht; ich kann nur hinzufügen, daß Tie Arbeiten, welche die Er— reichung dieses Zieles bedingen, unausgesetzt ihren Fortgang haben, bin aber nickt im Stande, wie das ja auch in der Natur der Sache liegt, zu sagen, daß sie in 14 Tagen eder 4 Wochen zu einem jufriedenstellenden Ergebniz schon gekommen sein werden. Es ist durchaus nicht so leicht, wie ja wohl der Hr. Abg. Rickert aus den Verhandlungen der Kommiffion auch schon Entnommen haben dürfte, diese vielen verschiedenen und schwierigen Fragen in befriedigender Weise zu lösen, die sich dabei entgegerstellen., Daß es in unserem Wunsch liegt, fo schnell als möglich die Sache zu Stande zu bringen, das kann ich bestätigen. Ueber einen beflimmten Zeitpunkt der Ein— bringung eines ö

ie Eisenbahntarife nicht er—

solchen Gesetzes bin ich aber außer Stande, eine bindende Erklärung Namens der Königlichen Staatsregierung ab— zugeben.

Beim Etat der Bauverwaltung macht der Abg. Berger auf die Nothwendigkeit der Durchführung der Zimmerstraäße über den Garten des Kriegs-Ministeriunts hinweg bis zur Königgrätzerstraße aufmerksaͤm; er hoffe, daß es dem Minister gelingen werde, den Widerstand des Kriegs-Ministers zu über— nden; die Unterstützung des Hauses werde ihm dab nicht fehlen.

Beim Etat des Ministeriums für Handel und Gewerbe klagt der Abg. Pleß (Mühlheim) über die mangel⸗ hafte Erziehung der Kinder in den Volksschulen, die fe aber Nichts ordentlich lernten, sodaß sie für das Handwerk nachher kaum brauchbar seien. Mit Rücksicht darauf verlangt Redner für die Fortbildungsschulen die Einführung des Religionsunterrichts und die Uebung in den Elementarfaͤchern, die den Schülern fehle, weil bei dem großen Unterrichtsstoff eine Uebung nicht möglich sei.

weil die Verzinsung der Eisenbahn-

statt⸗

sondern durch die Schuld der Organe,

xweitẽn Lesung vorbrachte und aus

Abg. Knörcke nimmt die Volksschule in Schutz; die deutsche Volksschule sei die beste in der Welt und besser als die frühere Schule. Aus dem Unterrichtsstoff der Volkeschule könne kaum etwas gestrichen werden.

In demselben Sinne spricht sich Abg. Dr. Langerhans aus, der sich namentlich dagegen wendet, daß der Religions⸗ unterricht in den gewerblichen Fachschulen eingeführt werde.

Abg. Szmula: Die Vorredner möchten für Berlin im

Recht sein, aber in anderen Landestheilen sei die Volksschule zurückgegangen, namentlich in Oberschlesten. Das liege haupt— sächlich in der Menge des Unterrichtsstoffes. Der Religions⸗ unterricht in den Fortbildungsschulen fei nothwendig, weil manche Volksschulen namentlich die Simukltanschulen auf diesem Gebiete nur wenig leisteten. Redner verliest einen Bericht des Bürgermeisters von Kattowitz über die dortigen schlechten Schulverhältnisse, die einen Rückgang der Verhältnisse bewiesen. Beim Etat des Ministeriums des Innern theilt auf eine Anfrage des Abg. Hagens der Geheime Regierungs⸗Rath Dr. von Bitter mit, daß auf Grund der Jex Huene an a6? Kreise 4 960 409 M vertheilt seien. Da die Krers und Propvinzialabgaben aber 27 833 sh7 M betrügen, so sei durch die Ueberweisung nur ein Fünftel dieser Abgaben gedeckt. Nur in ganz vereinzelten Kreisen habe man diese Ueber— weisungen zu anderen Zwecken verwenden können. Es seien verwandt zur Erleichterung der Schullasten 23 318 st, zu Beihülfen an die Ortsarmenverbände 37985 AM; an die Ge— meinden seien 675235 60 überwiesen.

Beim Kapitel „Ober-Verwaltungsgericht“ dieses Etats kritisirt der Abg. von Czarlinski das Erkenntniß des Ober-Verwaltungsgerichts gegen einen polnischen Schöffen wegen polnischer, d. h. staatsfeindlicher Agitationen bei den Wahlen; das Urtheil sei ein leichtfertiges, da es ohne Beweise den Polen, auch den polnischen Abgeordneten, staatsfeindliche Tendenzen vorwerfe und damit die Leistung eines Meineides; denn die polnischen Abgeordneten hätten die Verfassung be⸗ schworen.

Minister des Innern von Puttkamer:

Meine Herren! So riel ich bei der herrschenden Unruhe im Hause aus den Ausführungen des Herrn Vorredners habe entnehmen können, hat er sich in eine lebhafte Kriti? eines Urtheils bes Ober— Verwaltungsgerichts in einer Disziplinarsacke eingelasfen und Taran eine Reihe polemischer und posstischer Bemerkungen im Allgemeinen geknüpft. Was das letztere anlangt, fo finde ich mich nicht ver— anlaßt, bei der jetzigen Beschäftslage des hohen Haufes nochmals in eine politische Dis kussion mit dem Herr! Abgeordneten einzutreten; ich glaube, das ganze Haus wird diefem meinem Gefühl darin folgen. Was aber den anderen Theil seiner Rede betrifft, so muß ich sagen, ich kann ja den Herrn Abgeordneten selbstverständlich nicht daran hindern, Fier unter dem Schutze der parlamentarischen Immunität endgültige Urtheil- Tes höchsten Verwaltungs— gerichtshofes zu kritistren. Ich für meine Person fann selbst— verständlich ihm auf dieses Gebiet nicht folgen; ich glaube, es wird gußer ihm und, seinen Freunden wohl kein ' einzige; Mitglied im Hause sein, welches das von mir erwartet, aber ich muß doch sagen, charakteristisch waren diese Ausführungen infofern, als *sie den Beweis lieferten, daß es einen g'wissen Grad nationaler und politischer Leidenschaft giebt, welcher den Redner über jede, auch die gebotenste, Rückicht sich hinwegsetzen läßt. Ich will nur einige von den beleidigenden Ausdrücken hier rekapitu— liren, welche mir so ans Ohr geklungen sind aus den Ausführungen des Herrn Vorredners; er hat dem böchsten Verwaltungsgerichts hof unter Anderem „‚Voreingerommenheit, Leichtfertigkeit, Weiberurtheil“ und dergleichen vorgeworfen; ich glaube, es waren sogar noch schärfere Invektiven, ich habe sie nicht mit meinem Ohr ganz genau verfolgen können. Diese Proben genügen indessen vollständig, um es mir unmöglich zu machen, überhaupt auf diesem Gebiete in eine Dis— kussion mit dem Herrn Abgeordneten mich einzulassen. Ich will aber uf das Urtheil des ganzen Hauses probojiren ob es angemeßen ist, selbst bei dem sachlichen Standpunkt des Herrn Abgeordneten, Urtheile des höchsten Verwaltungsgerichtshofes in der von ihm beliebten Weise zu kritisiren.

Abg. Helle: Die Verwaltungegerichte ständen den eigent⸗ lichen Gerichten vollständig gleich; eine solche Kritik, wie sie der Abg. von Czarlinski geübt, halte er nicht für richtig und zulässig. Aber er meine auch, man sollte mit Kanonen nicht nach Spatzen schießen. Man habe hier eine Kleinigkeit außer— ordentlich aufgebauscht nicht durch die Schuld der Gerichte,

welche die Kanone geladen, d. h. das Disziplinarverfahren eingeleitet hätten. Die Beamten hätten bei den Wahlen nicht alle Rechte wie jeder Bürger, namentlich dürften sie sich zum Staatsganzen nicht in Widerspruch setzen. Aber ob solch' ein kleiner Dorfschöffe, wenn er Wahlzettel für einen polnischen Kandidaten vertheile, von der ganzen Tragweite der Tenden— zen der polnischen Fraktion eine Ahnung habe, daß man so scharf gegen ihn habe einschreiten müssen, das erscheine ihm doch zweifelhaft. Der Minister sollte seinen nachgeordneten Organen doch einen kleinen Dämpfer aufsetzen.

Beim Etat des Kultus-Ministerium s, und zwar bei den Ausgaben für das Ministerium, bittet der Abg. Parisius den Minister um Auskunft über die vom Abg. Rickert an— geführten Fälle der Wahlbeeinflussung Seitens einiger Schul— Inspektoren und Lehrer.

Minister der geistlichen 2c. Goßler:

Meine Herren! Die 5. Fälle, welcke der Hr. Abg Rickert in der denen er die weiteren Schluß—

Angelegenheiten, Dr. von

folgerungen zog, sind die folgenden.

Der erste Fall betraf den Erlaß einer Cirkularverfügung Seitens der Königlichen Regierung in Breslau und zwar der Abtheilung für Kirchen und Schulwesen an die Landräthe des Bezirks, in welchem, wie er sich selbst ausdrückte, nichts enthalten war als ein Hinweis auf den Allerhöchsten Erlaß vom Jahre 1882. Es diente auch dieser Fall, der ja absolut keinen Anstoß erregen konnte und erregt hat, auch nur dazu, um den zweiten Fall, der eine Verfügung des Landratbs des Kreises Ohlau betraf, zu jJustriren Der Erlaß des, Landraths des Kreises Shlau, den der Hr. Abg. Rickert verlas, ist der Regierung erst bekannt geworden) in Folge der Erörterungen, die neulich hier stattgefunden haben. Es ist aus den Akten das Exemplar berausgefchnitten und mit eingereicht worden; aus demselben ergiebt sich Folgendes:

Der Landrath bat mit seiner Verfugung den Lehrern zunächst den Erlaß der Regierung vom 31. Januar 1887 mitgetheilt, welcher damit schließt: