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Nr. 9, von Frangçois, ist am 24. Januar d. J in Bagida eingetroffen.
— Der General-⸗Inspecteur der Fuß Artillerie, General⸗ Lieutenant von Roerdansz, ist von Köln hierher zurück— gekehrt.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Schwienhorst in Senden, Dr. Hiddemann und Dr. Fischer, Beide in Bochum, Dr. Steilberger in Hörde, Dr. Sommer in Soest, Dr. Oehlkers in Hannover, Dr. Seelig in Pattensen, Dr. Burger in Runkel, Dr. Frdr. Wolff in Weilburg, Dr. Gottfried und Dr. Reubürger, beide in Frankfurt a. M., Dr. Riffert in Hadamar.
— S. M. Kreuzer⸗Korvette Carola“, zum Kreuzer— geschwader gehörig, ist am 25. März er. in Nagasaki ein— getroffen.
Bayern. München, 22. März. Die „Allg. Zig.“ schreibt: So wie in München ist auch in den bayerischen Propinzstädten der Geburtstag des verblichenen Kaisers nicht vorübergegangen, ohne daß er Anlaß ge— boten hätte, ihn nach Maßgabe der vorhandenen Kräfte zu feiern. Bei der großen Menge der vorliegenden Berichte müssen wir darauf verzichten, sie unseren Lesern vorzulegen. In einzelnen Städten, wie Nürnberg, Erlangen und Kaiserslautern, sind auch bereits Sammlungen zu einem Denkmal eingeleitet worden, die zum Theil schon jetzt bedeutende Resultate er zaben.“
Sachsen. Dresden, 26. März. (Dr. J.) Der König wird sich in Begleitung des Flügel-Adjutanten, Oberst⸗Lieute⸗ nants von Schimpff heute Abend nach Riva am Gardasee begeben, woselbst die Königin seit dem 6. d. M. Aufenthalt genommen hat. J. —ᷣ
Von Seiten des Königlich preußischen Gesandten, Grafen von Dönhoff, ist dem „Dresdner Journal“ Nach— stehendes zugegangen: .
In Anlaß des Hinscheidens Sr, Majestät des Hochseligen Kaisers und Königs sind der hiesigen Königlich preußischen Gesandtschaft von allen Seiten, in mündlicher und schriftlicher Form, durch Einzeichnung in die ausgelegten Listen, durch Uebermittelung von Adressen und Einladungen zu Trauerfeierlichkeiten so zahlreiche Beweise warm empfundener Theilnahme zugegangen, daß es dem Unterzeichneten ein Bedürfniß ist, den Betheiligten für diese Kundgebungen der Trauer, die zur Allerhöchsten Kenntniß Sr. Majestät des Kaifers und Königs Friedrich gebracht worden sind, tiefbewegten Herzens hierdurch auf— richtigst zu danken.
Dresden, den 23. März 1888.
Graf von Dönboff, Königlich preußischer Gesandter.
Hessen. Darmstadt, 265. März. (Darmst. Ztg.) Prinz Heinrich von Preußen ist gestern, in Begleitung des Kapitän-Lieutenants von Usedom, hier eingetroffen, um der am 28. d. M. stattfindenden Konfirmation der Prin— zessin Alix beizuwohnen. — Gestern Nachmittag empfing der Großherzog den Königlich preußischen außerordent— lichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Freiherrn von Thielmann, behufs Ueberreichung des von Sr. Majestät dem Kaiser Friedrich, König von Preuß en, anläßlich Seines Regierungsantritts an Se. Königliche Hoheit gerichteten Handschreibens in besonderer Audienz, und nahm zugleich ein weiteres Schreiben Sr. Majestät entgegen, durch welches Freiherr von Thiel— mann in seiner bisherigen Stellung bestätigt wird.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 24. März. Die „P. C.“ bezeichnet die in verschiedenen Blättern sowie in Finanzkreisen cirkulirenden ziffermäßigen Angaben über die Höhe der in der bevorstehenden Delegations-Session zu gewärtigenden Forderungen der Kriegsverwaltung als geradezu arge Uebertreibungen. Die von der Regierung fur die Augmentirung der Heeresvorräthe und die Heeres— bereitschaft beanspruchten Beträge werden vielmehr keines— falls eine sehr hohe Summe repräsentiren und er— scheinen diese Forderungen umsomehr berechtigt, da die Re— gierung bei der Verwendung des ihr im März vorigen Jahres bewilligten Rüstungskredits von 52 Millionen mit solcher Sparsamkeit vorgegangen ist, daß sie noch jetzt uber einen Restbetrag dieser Summe verfügt.
Pest, 24. März. Die „B. C.“ meldet: „Das über die Initiative des General-Inspektors des K. und K. Heeres, Feldmarschalls Erzherzogs Albrecht, neu geschaffene Gemeral— Infanterie⸗Inspektorat, namentlich aber die Ernennung des Kronprinzen Erzherzog Rudolf zum General— Infanterie-Inspektor, hat nach Berichten, die uns aus vielen Theilen der Monarchie zugehen, ganz besonders in allen Schichten der Armee freudigste Erregung hervor— gerufen. Der Wirkungskreis des General-Infanterie-Inspektors ist ein völlig selbständiger und unabhängiger. Derselbe kann wann immer und wo immer in der Monarchie unangemeldet zur Inspizirung der Infanterie-Truppen erscheinen. Es wird hierdurch in erster Reihe voraussichtlich eine einheitlichere Ausbildung der sämmtlichen Armee-Corps resultiren. Dem General-Infanterie-Inspektor untersteht nicht blos die ganze Infanterie-Truppe, sondern auch die Militär-Schützenschulen und die Kadettenschulen; er hat außerdem in allen waffentechnischen Angelegenheiten der Fußtruppen ein ent— scheidendes Votum und selbstverstandlich auch auf alle Er— nennungen und Avancements in der Infanterie maßgebenden Einfluß. Kronprinz Rudolf, dem als Amtsleiter der Kom— mandant des Stabsoffiziers Kurses, General-Major Friedrich Holze, ferner zur Dienstleistung der bisherige Generalstabs— Ehef der 25. Infanterie-⸗Truppen-Division, Oberst-Lieutenant Albert Mayer, und ein oder zwei Subaltern-Offiziere zuge— theilt werden, beabsichtigt, schon Mitte April seine mit kurzen Unterbrechungen sich auf mehrere Monate erstreckende In— spektionsreise zu beginnen und wird wahrscheinlich zuerst ein Corps in Ungarn inspiziren. Zum Leiter der 25. Infanterie— Truppen-Division wurde der Kommandant der 64. Infanterie— Brigade in Pest, General-Major Christianovics, ernannt.“
Großbritannien und Irland. London, 26. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses machte der Schatzkanzler Goschen folgende Mittheilungen: In dem mit dem 31. März ablaufenden Finanzjahr be— trugen die Ausgaben S7, Millionen, die Einnahmen Sen g Mill. und der realisirte Ueberschuß 2 165 000 Pfd. In dem Voranschlag für das kommende Jahr belaufen fich die Ausgaben auf 86569 Mill., die. Einnahmen auf SoM Mill. Zur Bestreitung der Auszaben für Fortifikationen
und Kohlenstationen wurden die Zinsen der Suezkanal⸗ Aktien verwendet. Den neu zu bildenden Lokal— behörden werden von 1889 ab 3*/ Mill. aus den Reichs⸗ steuern überwiesen; bis dahin erhalten dieselben die Hälfte der Erbschaftssteuern, sowie den Erirag verschiedener neu zu kreirender Steuern. Unter letzteren ist eine solche von 1 Pfd. Sterl. für jedes Luxuspferd und 5 Pfd. für jedes Rennpferd, ferner zum Unterhalt der Landstraßen eine Steuer für Fracht⸗ wagen wie für leichtere Wagen. Außerdem beantragt der Budget⸗Voranschlag einen Stempel von 1 Schilling jährlich pro 100 Pfd. Sterl. für alle auf den Inhaber lautende Sicherheiten. Der Stempel für Schlußnoten wird auf 6 Sh. erhöht. Für die Ein⸗ tragung aller Aktiengesellschaften soll eine Eintragungsgebühr von 1 Pfd. Sterl. pro 1000 Pfd. Sterl. Nominalkapital erhoben werden. Ferner wird für den in Flaschen importirten Wein ein neuer Einfuhrzoll von 5 Shilling pro Dutzend Flaschen angesetzt. Die Einkommensteuer soll um 1 4. reduzirt werden. — Das Budget fand eine im Ganzen günstige Aufnahme und Besprechung. Der beantragte neue Weinzoll wurde ange— nommen und die Debatte darauf vertagt.
Frankreich. Paris, 26. März. (W. T. B) Der außerordentliche Abgesandte Sr. Maijestät des Deutschen Kaisers, General-Lieutenant Graf von Alten, überreichte heute dem Präsidenten Carnot ein Kaiserliches Hand— schreiben, in welchem der Kgiser für die Entsendung einer besonderen Vertretung bei den Beisetzungsfeierlichkeiten weiland Kaisers Wilhelm Seinen Dank ausspricht. Präsident Carnot gab bei Entgegennahme des Schreibens den aufrichtigsten Wünschen für die baldige und vollständige Wieder— herstellung des Kaisers Friedrich Ausdruck.
— (Köln. Ztg.) In der gestrigen Sitzung des Senats wies Chesnelong bei der allgemeinen Berathung des Budgets darauf hin, daß der wirkliche Fehlbetrag durch die zu machenden außerordentlichen Ausgaben 543 Millionen be— trage, die Aufrechterhaltung der obligatorischen Schulden— tilgung sei aber eine Nothwendigkeit. Jedermann wolle den Frieden, doch es genüge nicht immer, den Frieden zu wollen, sondern man müͤsse auch zur Vertheidigung bereit sein und sich die Mittel bereit halten. Wenn der Augenblick eintrete, werde eine große finanzielle Anstrengung nöthig werden. Redner griff dann die Finanzpolitik der Regierung heftig an und verlangte, daß man aufhöre, nutzlose Eisenbahnen und Elementarschulen zu bauen. Die Finanzkrisis sei arg, es dürfte aber dem Lande nicht noch eine Last von 270 Mil— lionen auferlegt werden, wohin die Fortsetzung des jetzigen Systems jedenfalls führen würde. Es müsse also gespart und die Bestrafung des Betrugs nachdrücklicher betrieben werden. Das Unterrichtsbudget von 50 Millionen müsse ermäßigt und zu dem Zweck eine Abänderung im Unterrichtsgesetz vorge— nommen werden; sodann verlange er Reformen in der Ver— waltung und im Pensionsgesetz, um dadurch eine Ersparniß von 150 Millionen zu erzielen. Der Minister-Präsident Tirard entgegnete, es sei nicht möglich, in das ordent— liche Budget alle Ausgaben für das Kriegs- und Marine— Ministerium aufzunehmen. Die Fortschritte der Wissen— schaft zwängen jeden Augenblick dazu, das Kriegsmaterial zu ändern. Er, Tirard, sei sehr für das Sparen, aber für Heer und Flotte könne er das Erforderliche nicht abschlagen. Auch er sei für Herstellung der Schuldentilgung, für die jetzt blos 13 Millionen übrig seien. Im Uebrigen bekämpfte Tirard Chesnelong's Beschuldigungen gegen die Finanzpolitik der Republik: dieselben seien nicht begündet, eben so wenig die Llagen über das Unterrichtsgesetz. „Unsere Finanzlage“, schloß Tirard, „ist nicht so schlecht, wie Hr. Chesnelong behauptet. Wir haben dem Lande das nöthige Werkzeug für die Armee gegeben, und das ist nothwendig, damit wir Vertrauen im Lande und Achtung im Auslande haben. Ich hoffe, der Senat wird das vorgelegte Budget bewilligen.“ Die Berathung wurde hierauf vertagt.
— (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senats erklärte Leon Say, die hauptsächlichste Ursache für die gegenwärtige Lage der Finanzen sei darin zu suchen, daß die republikanische Politik auf Abwege gerathe. Es sei unbedingt nothwendig, zu einer gemäßigten Politik zurückzukehren. Der Senat müsse sich gegen eine Politik der Unordnung und der Vergeudung aussprechen. Die General-Debatte wurde hierauf geschlossen und die Etats der Finanzen, der Posten, der Telegraphen und der Justiz angenommen, so— dann wurde die Weiterberathung auf morgen vertagt.
Die Deputirtenkam mer beschloß mit 290 gegen 170 Stimmen, einen Antrag in Erwägung zu ziehen, durch welchen die Ermächtigung zur Emission von Panama-Loos-Obli— gationen ertheilt werden soll, und genehmigte im weiteren Verlauf der Sitzung den Gesetzentwurf, betreffend die Orga— nisirung der Gebirgstruppen.
— Das Unter suchungsgericht vernahm heute Mittag den General Boulanger. Das Verhör desselben dauerte nur 10 Minuten. Die Entscheidung des Gerichts wird erst bekannt werden, nachdem dieselbe dem Präsidenten Carnot mitgetheilt sein wird.
— In dem vom Appellhof im Prozeß Wilson gefällten Erkenntniß wird die Handlungsweise Wilson's, sowie der anderen Mitheschulͤdigten auf das Schärfste ge— tadelt, jedoch gleichzeitig hervorgehoben, daß die Frei— sprechung erfolge, weil auf die betreffenden Vergehen keine Bestimmung des Strafgesetzbuchs Anwendung finde.
Rußland und Polen. St, Petersburg, 27. März. (W. T. B.). Der neue serbische Gesandte Simitsch ist gestern hier eingetroffen.
Italien. Rom, 26. März. (W. T. B. Telegramme aus Massovah an den Kriegs-Minister melden: Ras Alula sei am 24. d. M. mit einer Abtheilung des Heeres in Ghinda angekommen; eine weitere Abtheilung be— finde sich auf dem Marsch von Gurag nach Aideresco, 4 km südlich von Sahati. Von italienischen Kundschaftern werde angezeigt, daß heute in Sabarguma und bei Ailet feindliche Truppen angekommen seien, und daß sich zwischen Ambatocan und Jangus feindliche Kavallerie befinde.
Ueber eine angebliche Beschießung des italie— nischen Kauffahrteischiffs „Solferino“ durch das
französische Mittelmeer-Geschwader meldet die „Ri⸗
forma“: Der „Solferino“ sei in den Gewässern von Villa— franca dem französischen Geschwader begegnet. Von letzterem sei auf den „Solferino“, weil derselbe oͤhne Flagge fuhr, ein Schuß abgegeben worden, der über das Vorderthenl des Schiffs hinweggegangen sei. Der Solferino“ habe darauf feine Flagge gehißt und salutirt; der Salut sei jedoch nicht erwidert, viei— mehr sei ein zweiter Schuß auf den „Solferino“ abgegeben
worden, der in der Nähe des Hintertheils des Schiffes vorüber— gegangen sei. Die „Riforma“ findet den ersten Schuß gerecht— fertigt, den zweiten aber weniger leicht erklärlich, vermuthet indeß, daß wahrscheinlich ein Irrt)hum die Ursache des zweiten Schusses gewesen sei. ö ;
Fürst Hatzfeldt, außerordentliche Abgesandter Sr. Majestät des Kaisers Friedrich an den Papst, traf heute Nachmittag um 3 Uhr hierselbst ein und wurde von dem preußischen Gesandten, von Schlözer, am Bahnhof empfangen.
Niederlande. Haag, 25. März. (W. T. B.) Das Ministerium hat seine Demission eingereicht.
Rumänien. Bukarest, 27. März. (W. T. B) Anläßlich eines hier gestern abgehaltenen oppositionellen Meetings fanden tumultugrische Szenen statt. Die Menge versuchte den von den Gendarmen um das Königliche Palais gezogenen Kordon zu durchbrechen, wobei einige Verwun— dungen vorkamen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 23. März. Der König hat, „Aftonbladet“ zufolge, nunmehr beschlossen, wenn keine unvorhergesehenen Umstände eintreffen, seine Reis⸗ nach dem Auslande einige Tage nach Ostern anzutreten. Das nächste Ziel ist Deutschland.
Dänemark. Kopenhagen, 24. März. Bei Beginn der heutigen Sitzungen beider Thinge des Reichstages machten die Präsidenten die Mittheilung, daß der Mini ster des Aeußern ein Schreiben empfangen habe, in welchem der hiesige deutsche Gesandte im Auftrage des Fürsten Bismarck und im Namen des Deutschen Reichs tages dem Landsthing und dem Folkething für ihre Theilnahme an dem Hinscheiden Kaiser Wilhelm? dankt. — Das Finanzgesetz für 1888,89 ist nun— mehr, da beide Thinge an dem Standpunkt festgehalten haben, den sie dem Gesetzentwurf gegenüber ursprüng⸗ lich eingenömmen hatten, dem gemeinschaftlichen Reichs— tagsausschuß überwiesen worden. Das Landsthing wählte zu Mitgliedern desselben 13 Konservative und 2 Liberale, das Folkething 11 Liberale und 4 Konservative mithin besteht der Ausschuß aus 17 Konservativen und 13 Liberalen.
Zeitungsstimmen.
Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ äußert über den ersten Theil der Landtagssession:
Das Abgeordnetenhaus hat sich am 21. März bis zum 11. April vertagt. Der hiermit abgeschlossene erste Theil der Landtagssesfion war vorzugsweise der Berathung des Staatshaushalts-Etats gewidmet; von kleineren Entwürfen abgesehen, hat das Abgeordnetenhaus noch den Entwurf über den Erlaß der Wittwen⸗ und Waisengeldbeit cäge und den aus der Anregung der nationalliberalen und konservativen Partei hervorgegangenen Entwurf der Verlängerung der Legislatur— periode sertiggestellt. Das Herrenhaus hat seinerseits letzteren ge— nehmigt sowie auch die bisher noch nicht vom Abgeordnetenhause in Berathung gezogene Kreis- und Provinzialordnung für Schleswig— Holstein durchberathen und wird in diesen Tagen noch den zum 1. April fertig zu stellenden Staatshaushalts⸗Etat erledigen.
Groß ist der Umfang der somit abgewickelten parlamentarischen Aufgaben nicht. Aber es ist in Rechnung zu ziehen, daß das Ab— geordnetenhaus gleichzeitig mit dem Reichstage tagte und daß die Verhandlungen des letzteren das politische Interesse in höherem Maß in Anspruch nahmen: dort stand, vom Etat abgesehen, das Soz alisten⸗ gesetz, die Verlängerung der Legislaturperiode und die Wehrvorlage zur Berathung, und überdies beherrschte die politische Lage, die fiw in der letztgedachten Vorlage, sowie in der großen Rede des Kanzlers vom 6. Februar widerspiegelte, so sehr Aller Gemüther, daß im Ganzen wenig Interesse für die Arbeiten des Abgeordnetenhaufes übrig blieb. Dazu kam der schwere Schlag, welcher die Nation mit dem Tode Kaiser Wilhelm's traf. Das alles übte einen Drug auf die Landtagsverhandlungen und blieb nicht ohne Einfluß auf das Ergebniß derselben. Was speziell die Budgetberathungen anbetrifft, so gingen dieselben diesmal weniger wie sonst in die Länge, Breite und Tiefe. Auch die günstige Finanzlage, welche in dem Staatshausz— halts ⸗ Etat ihren Ausdruck fand, verfehlte nicht eine gewisse wohlthätige Wirkung. Kamen bei der ersten Lesung auch allerhand Wünsche wegen Verkürzung der Einnahmen, wegen Herabsetzung der Guͤtertarife namentlich für landwirthschaftliche Produkte, und von freisinniger Seite Klagen theils über die durch Besserung der Finanzlage angeblich nachträg⸗ lich erwiesene Ueberflüssigkeit der im Sommer durchgeführten Branni— weinsteuerreferm, theils über die zu geringe AÄbschlagszahlung', relcke in der auf 25 Millionen berechneten Entlastung gegenüber der Mehrbelastung durch die Branntweinsteuer liegen soll, zum Vorschein, so haben die späteren Verhandlungen doch das Anerkenntniß geliefert, daß jene Wünsche und Klagen eine wirkliche Berechtigung nicht hatten. Die im Etat für die Erleichterung der Volksfchullasten ausgeworfenen 19 Millionen sind, obwohl das betreffende Gesetz noch der Erledigung harrt, ebenso wie die Aufhebung der Relikten— beiträge, wie die außerordentliche Verminderung der Staats— schuld von über 8 Millionen und wie die für die Aufbeßserung der Gebälter der Geistlichen ausgeworfenen Summen, und zwar in der⸗ selben Höhe, wie die Vorlage sie beantragte, gutgeheißen worden: alle Versuche, aus der besseren Gestaltung der Finanzlage schon jetzt durch weitergehende Dotationen oder durch Herabsetzung von Einnabmen Wechsel auf die Zukunft zu ziehen, sind gescheitert. Der Etat wurde in Einnahme und Ausgabe mit 1410728 921 6 vorgelegt er ist fast unverändert genehmigt worden.
Was im Uebrigen den Geist der Verhandlungen anbetrifft, so hat es zwar auch diesmal nicht an Beschwerden und Wünschen der verschiedensten Art gefehlt, indessen bezeugen denn doch die Verband— lungen sowohl über den Etat, wie über die Verlängerung der Legis— laturperiode, daß die Parteien, welche die politische Unzufriedenbeit gepachtet haben, in diesem Abgeordnetenhause einen starken Wider⸗ stand an der großen nationalen Majorität finden, welche allen gegen— theiligen Versuchen gegenüber für eine ruhige und sachgemäße Be— bandlung der öffentlichen Angelegenbeiten zu sorgen weiß, und hierfür gewiß auch in dem kommenden Abschnitt der Landtagssession sorgen wird.
— Der „Anhaltische Staats-Anzeiger“ schreibt unter der Ueberschrift „Es geht bergab“:
= Zu keiner Zeit sind die Deutschfreisinnigen, die alte Fort⸗ schrittspartei, auf die Nationalliberalen so erbittert gewesen, als jetzt. Es giebt kein Schmäbwort, womit man einen unredlichen Abtrünnigen beebrt, das nicht seit Beginn der vollendeten Legislaturperiode gegen die vielumworbenen Freunde von ehemals gebraucht worden wäre, und noch gebraucht wird. Das ist auch begreiflich. Seitdem die Nationalliberalen erfahren haben, daß sie im Bandniß mit den beiden konservativen Parteien fruchtbringend und heilfam für das Vaterland arbeiten können, steht dieses Bündniß bei ihnen fest, um so fester, als sich vieler derselben ein Widerwille gegen das Gewerbe der politischen und sozialen Brunnenvergiftung bemächtigt hat, das seit der Verquickung der wirklich Liberalen‘ mit den Sozialdemokraten einer⸗ seits und mit den Ultramontanen andererseits von den echten Fort⸗ schrittlern betrieben wird. Die Nationalliberalen aber wisfen, daß diejenigen Schichten der Bevölkerung, denen sie ihr politisches Man dat verdanken, für ihr Zusammenarbeiten mit den konservativen Par ⸗ teien ein volles Verständniß haben, und daß es den Deutschfreisinnigen
bis jetzt unmöglich gewesen ist, die öffentliche Meinung über ibr poli⸗ tisches Handeln zu verwirren; auch dürfen sie aus vielen Anzeichen hoffen., daß das Verständniß für politische Dinge im Volk so bleibt; bauptsächlich aber ist eine dauernde Lossagung derselben von der Fort- schrittspartei darum anzunehmen, weil es sich immer deutlicher und scärfer herausstellt, daß die Geister auf beiden Seiten. der national liberalen und der freisinnigen, verschieden geartet sind. Je ernster die auswärtige und die innere Lage des Vaterlandes geworden ist, desto mehr hat sich diese Verschiedenheit der Denkungsart gezeigt. Auch diese Wahrnehmung kann nur den Haß der Forischrittspartei igern.
stel Nichts desto weniger wird die soziale Reform Boden fassen — und, soweit es menschenmöglich ist, das Glück der Armen zu gründen suchen.
che äier trotz all bämischen Witeleien Richters und jeiner fre sinnigen Genossen über die Pfennigrentner“ wird sich doch der groß— artige Zug des ganzen sozialreformatorischen Unternehmens auch im Volk immer mehr geltend machen, und der Kaiser Friedrich so gut als Sein unvergeßlicher Vater Wilhelm immer mehr, wie die vreußi⸗ schen Könige von je, als der Anwalt der Armen und Gedrückten er— kannt werden, wenn von zwölf Millicnen deutscher Arbeiter die drückendsten Sorgen, welche Alters- und Erwerbsunfähigkeit mit sich bringt, genommen werden. Das ungeheure Werk mag auf den ersten Anlauf nicht ganz gelingen; wie könnte eine so weit— greifende Verwaltung mit ihren Schiedsgerichten, ihrer Ar— beitervertretung, ibrer Geschäftsordnung, beim Mangel aller Erfahrung sofort und ohne alle Feblgriffe sicher arbeiten! Trotz alledem wird die Nachwelt staunen, wie über diese
sie trotz aller erdenklichen Hindernisse von Seiten der Gegner in ihren
worden ist. Noch sind es nicht sieben Jahre her, daf an jenem
ebenso Fremde ihn mit Freuden in ihrem Hause aufnehmen. Beson« ders aber, wir weisen darauf noch einmal hin, läßt sich der Einfluß auf die ganzen sozialen Verhältnisse. jo z. B auf das des Landlebens, gar nickt genug ermessen, wenn sich die Invaliden der Arbeit und unser Arbeiter in ihren späten Tagen entschließen, ihren Aufenthalt aus den Städten aufs Land zu verlegen.
An dieser großen Reformarbeit haben die Nationalliberalen aufs Treueste mitgeholfen; sie haben mitgeholfen in dem Bewußtsein, daß, wie neulich der Abg. Oechelbäuser hervorhob, eine solche Reform noch zu keiner Zeit und bei keinem Volke in solchem Umfange in Angriff genommen worden ist als wie von der Regierung des Deutschen Reichs. Dagegen hat der Forischritt bis jetzt von Anfang an seine Aufgabe darin gesehen, dem großen Werk hindernd in den Weg zu treten. Auch hier stehen die Freisinnigen auf dem Standpunkt Bebel's, der die Sozialreform des Deutschen Reichs eine staatssozialistische Maske nennt. Wenn aber die arbeitenden Klassen endlich. wie zu hoffen stebt, trotz aller Agitation erkennen, daß durch die Fürsorge der Re⸗ gierung bei Unfall und Krankheit, bei Invalidität und im Alter die schwerste Noth gebannt worden ist, daß dagegen der Freisinn nur Steine bot statt Brot, dann werden diese Herren wobl auf all ibren lärmenden Spuk noch mehr als bisher den Ruf zu hören bekommen:
In die Ecke, Besen! Besen! Seid's gewesen!
Derselbe Spruch ist dem Freisinn oder Fortschritt zu Theil geworden, als er dem Schutz;ioll mit Heftigkeit gegenübertrat und dabei auf Englands Beispiel pochte.
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Die Erscheinungen, die in Deutschland zur Einführung der Schutzzollxolitik führten, traten nicht mit einem Male bervor, sondern sie zeigten sich in ihren Anfängen schon lange, beror sie allgemein bemerkt wurden. In einzelnen Erwerbezweigen traten die ver— derblichen Folgen der Freihandelspolitik früher bereor als in anderen, in manchen stärker und in manchen schwmächer. Es giebt aber wohl nur wenige Produktionszweige, die nicht schließlich doch die Schutzzölle für nothwendig gebalten baben und denen dieselben nicht nützten. Blicken wir uns nun in Europa um, so finden wir, daß nit allein in Deutschland die Umwandelung der Anschauungen zu Gunsten des Schutzzolls sich zwar langsam, aber ungufhaltsam vollzog; in den meisten anderen Staaten, so namentlich in Frankreich und Oesterreich, war die Freihandelspartei nicht so stark und fand insbesondere nicht den Rückhalt an der Regierung, wie in Deutschland, und aus dem Grunde volljog sich die Umwandelung der freihändlerischen Anschauungen und die Rückkehr zum Schutzzoll in jenen Ländern früher als bei uns.
Unter allen europäischen Staaten ist es schließlich nur England, das der Macht der Verhältnisse bis jetzt widerstand, in dem der Freihandel aufrecht erbalten wurde. Indeß ist der Zwang der Ver— bältnisse so stark, daß auch England sich dem nicht entziehen kanr, die Anhänger des fair trade in England gewinnen von Tag zu Tag mehr Boden. Die Hochburg des Freihandels, der Cobdenclub, fiebt das mit Schaudern und ruft alle seine Kämpen auf zum Kampf gegen die Macht der Thatsachen, die zu Gunsten des Schutzzolls fyrechen. Dieser Erkenntniß können sich selbst so streng freibändkerische Organe, wie es die „Volkswirtbschaftliche Wochenschrift'ꝰ ist, nicht ver⸗ schließen, und der Muth der Manchesterpartei sinkt dermaßen, daß aus ihren Kreisen Klagelieder ertönen, die an Elegie kaum zu über treffen sind. Anknüpfend daran, daß der Cobdenclub die Rede des Sir Lpon Plapfair, die dieser in Leeds über das Thema Schutz joll und Landwirthschaft‘ gehalten hat, rersendet, bezeichnet es das ge⸗ nannte Blatt als eine traurige Wandelung der Zeiten, daß in England überhaupt Veranlassung geboten ist, über ein derartiges Thema zu sprechen. Vor 10 Jahren hätte man dies für absolut unmöglich gebalten, heißt es, und Jeder wäre verlacht worden, der die Meinung ausgesprochen hätte, es könne sich in England wieder einmal die Nothwendigkeit ergeben, den Protektionismus zu bekämpfen. Es ist aber doch so gekommen. Und an einer anderen Stelle heißt es: So kam es, daß auch auf dem klaisischen Boden des Freibandels, in jenem Lande, welches gerade dem rechtzeitigen Erkennen der Segnungen einer wirklichen Freikandelspolitik und der resoluten Durchführung der letzteren seinen enormen wirthschaftlichen Aufschwung verdankt, die zuerst einzeln ertönenden und bei ihrem Auftauchen mit mitleidigem Achselzucken entgegengenommenen Rufe einiger bedrängten Landwirthe und Gewerbsleute denn doch unter den torvstischen Parteiführern Ver— tbeidiger fanden, welch letztere für den von der öffentlichen Meinung Englands einbellig () verurtheilten Protektionismus den fanften und jarten Namen fair trade ersannen.“
Aus diesem Erguß geht das Anerkenntniß hervor, daß die un— leugbaren . Segnungen des Freibandels' auch in England, also in dem Lande, das thatsächlich wie kein anderes Vortheile vom Frei⸗ bandel gezogen bat, nicht mehr vorhanden sind. Die Annabme, daß nur das Wort fair trade der Sache Anhänger zuführe, ist denn doch Rar ju naiv, um ernst genommen zu werden, und so bleibt denn nichts Anderes übrig, als daß die fich verbreitende⸗ Meinung, daß die Idee nickt ganz aussichtslos sei', die Folge der Verhältnisse ist, die im Taufe der Zeit sich so verändert haben, daß auch für England der Feibandel nicht mehr zeitgemäß ist. Eine bessere Rechtfertigung der Schu oll elitit unserer Regierung kann es aber nicht geben.
In Anbetracht der Ursachen, die den Verfall der Freibandels—⸗ politik bedingen, erkennen auch die Anbänger Eobden's ganz gut, daß dies in erster Linie die ungeheure Konkurren; ist, die Indien und
merika der Landwirthschaft der alten Welt machen. Sodann aber wird Seitens des citirten Wiener Blattes auf das fortwährende Steigen der Zollschranken auf dem europäischen Kontinent hingewiesen, welches großen Mengen britischer Industrieprodukte gewobnte Absatzmärkte deischloß, oder ihnen wenigstens den Absatz dahin wesentlich erschwerte; daraus entstand Ueberproduttion und Prelsfall, so daß vielfach die Arbeit eingeschränkt werden mußte, und große Mengen von Ärbeits— kräften um Tie Gelegenheit ihres Lebensunterhaltes gebracht
wurden. Der Druck geschäftlicher Depression lagerte sich auf das Land und der Ruf nach Abbülfe wurde rielfach hörbar. Hier be= gegnen wir wieder der Anschauung, daß dem Freibandel zu Liese Thür und Ther offen gebalten werden muß. Je sschneller die Krisis ein— tritt, desto besser ist es nach Ansicht der Manchesterpartei, denn desto besser wird sich die ‚Anvassung⸗? vollzogen baben. Das ist nun ein barter Schlag, daß man auch in England die Anvpassung nicht ab— warten will, sondern lieber zu dem alten abgelegten Rock der Schutz jollvolitik greift, um damit den Volkswohlstand zu schützen. Wir haben ihn ja gottlob schon seit 1875 angezogen, und wenn er auch trotz aller Reparaturen hier noch drückt und dort noch Löcher zeigt, Allmäblich werden wir ihn gewiß in einen Zustand versetzen, daß Jeder sich darunter woblfüblt. .
So könnte man noch eine Reihe von Gesetzen anfübren, deren beftigster Gegner der oppositionelle Fortschritt war und ist, und die doch bereits segensreiche Folgen gehabt haben, so daß der Freisinn in fast allen seinen Bestrebungen und Bemühungen durch den Gang der Zeitgeschichte dementirt worden ist.
Der Freisinn ist so kübn, daß er glaubt, es sei für ihn eine neue Aera angebrochen. aber das Deutsche Reich kann die ewigen Neinsager und die Opponenten aus Prinzip (nicht aus sachlicher Ueberzeugung) auch unter Kaiser Friedrichs Regime nicht gebrauchen; sie sind auf lange Zeit hinaus, wie das Volk sagt, kalt gestellt und mit ihren Hoffnungen geht's stetig bergab!
Statistische Nachrichten.
Nach der vom Königlich baperischen Justiz⸗Ministerium ver— öffentlichten Statistik der Civil und Strafrechtspfl ̃ Königreich Bavern für das Jahr 1885 betrug im Ber Zwangsversteigerungen 89723, der Konkursrerfahren 921. Bei den Landgerichten waren 11195 ordentliche Prozesse, 415 Wechsel⸗ prozesse, 227 sonstige Urkundenprozesse, 505 Ehesachen, 16 Ent— mündigungen und 1605 Anträge auf Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung anhängig. Die Prozesse bei den Landgerichten zeigen seit mehréren Jahren eine Abnahme. Die Ober— Landesgerichte batten als Berufungs ⸗Instan 1318 Fälle von bürger— lichen Rechtsstreitigkeiten zu erledigen. Das Armenrecht wurde in 11586 Fällen zugestanden. Ferner waren im Berichtsjahr zu er— ledigen: 464 924 Hvrothekengeschäfte, 70 595 Pflegschaften und 42721 Verlassenschaften. — An Verbrechen und Vergeben sind seit dem Jahre 1872 bei den baverischen Gerichten durchschnittlich jährlich 70278 zur Aburtheilung gekommen. Uebertretungen wurden im Jabre 1886 271 373. Forstrügesachen 130164 (dasen 88 0 Forstfrevel) abgeurtheilt. Die Diebstahlreate baben der Zabl nach abgenommen, die Fälle von Betrug, Vergeben gegen die öffent— liche Ordnung und Beleidigung dagegen zugenommen. — In den baverischen Strafanstalten befanden sich Anfang des Jabres 1885 6869 Gefangene (5978 männliche, 891 weibliche), in den Gerichts gefängnisien 3340; die Zabl der Zuchthausgefangenen betrug 3567, die der Gefängnißsträflinge 3272.
Kunft, Wissenschaft und Literatur.
Kulturgeschichtliches Bilderbuch aus drei Jahr— bunder ten. Herausgegeben von Georg Hirth. München und Leipstig. Verlag von G. Hirth. V. Bandes 5. Lieferung (des ganzen Werkes 53. Lieferung). Preis der Lieferung 2, 40 Li
Diese Liefe⸗ rung bietet dem Kunstliebhaber zunächst eine ganze Reibe beliograrbisch facsimilirter großer und kleinerer Landschaftsstudien von Jacob Rupsdael, unter jenen das unter dem Titel ‚Der Sumpf im Walde“ bekannte Blatt, unter den kleineren das „von Bäumen umgrenzte Feld“, sowie ferner die sorgfältige Reproduktion einer eigenbändigen Radirung von der Hand des Meisters und eine ÄÜnzabl Dorf, und Stadtansichten, meist mit Flüssen und Brücken, aus Holland. Ferner sehen wir Landschaften mit Genrestaffage von Tbomas Wyck, Breen= berg und Mauperchs Aldert van Everdingen ist durch eine Serie vortrefflicher kleiner Landschaften sowie eine Auswabl von 17 Blättern aus seinen Koampositionen zum Reineke Fuchs“ vertreten. Weiter finden wir in der Lieferung das charakteristische genrehafte Selbstporträt von Gerard Dow, welches den bekannten Künstler am Fenster die Violine spielend darstellt (nach dem schönen Stich von Ingouf) sowie desselben Künstlers anmuthige „ Strickerin“, ferner Genrebilder von Gerard Ter-⸗Borch: ein „holländischer Arzt“ (einer Dame Rath ertheilend), die strinkende Dame‘, den „Liebesbrief“, und von Jan van Steen die eingebildete Kranke“. Auch die Bildniß— malerei ist rexräsentirt, und zwar durch ein Porträt Lud— wig's TI. von Nicolas Mignard und das Bildniß des Papxstes Alexander VII, ron Pierre Mignard.
— In G. Hirth's Kunstverlag zu München und Leipzig erschienen ferner: Albrecht Dürer's Rand zeichnungen zum Gebetbuch des Kaisers Maximilian J.:
f f * X . f. K 8 * die erste auf pbotographischem Wege hergestellte Facsimile-⸗Ausgabe f wr 5 ö D* 19m ⸗ Kö 3551 3646 * der berühmten Dürer'schen Randzeichnungen, deren Originale sich in t.
der Königlich Baverischen Staats-Bibliothek befinden. Angefügt sind derselben jene 8 Randieichnungen in demselben Buche, welche in der Regel Lucas Cranach zugeschrieben werden. Die ganze Publi— kation umfaßt 52 Blätter in Buchform (groß Folio, feines Bütten« papier, vierseitig bedruckt, Pr. 15 60; Liebhaber ⸗Ausgabe auf feinstem Velin⸗Büttenpapier 20 M). Da sich diese berrlichen Dürer'schen Randzeichnungen wie kein anderes Ornamentwerk als stil volle Umrabhmungen für sinnige und festliche Aufschreibungen eignen, so bat der Hirth'sche Verlag dasselbe Werk auch unter dem Titel „Haus Chronik‘ ausgegeben. Für die Zwecke eines stilvollen „Stammbuches“, sei es daß darin eine Familienchronik oder Erinne— rungen an Freunde ihren Platz finden sollen, dürfte schwerlich ein reicherer, gleich künstlerischer Schmuck zu finden sein. Diese Ausgabe ist auch mit leeren Blättern durchschossen. (Pr. brochirt 16 M, in Schweinsleder gebunden 30 , auf feinstem Velin⸗ Büttenpapier je 6 6 mehr.) k
— Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, Verlag der K. Ak. d. W.; in Kommission bei Georg Reimer. — Das Doppelbeft 53, 54, vom 22. Dezember 1887, wird eingeleitet durch eine interessante Ab= bandlung von E. Zeller, über den Begriff der ‚Tyrannis“ bei den Griechen und die Wandlungen, welche derselbe bis auf die Neuzeit durchgemacht hat. Sodann kietet K. E. Zachariae ron Lingenthal unter der Ueberschrift ‚Die Synopsis Candnum“ einen werthvollen Beitrag zur Geschichte der Quellen des kanonischen Rechts der griechischen Kirche. Von Ernst Curtius enthält das Heft geist— volle Studien zur Geschichte der Artemis“, welche über den Ursprung und die geschichtliche Weiterbildung dieser Göttergestalt neues Licht verbreiten. Daran reibt sich ferner die Fortsetzung der von A. Kirchhoff besorgten Interpretation der Inschriften, welche man neuerdings auf der Akropolis zu Atken gefunden bat und die in die Zeit nach dem Jahre des Archon Eukleides zu setzen sind. Dr. Karl Schuchbardt erstattet einen vorläufigen Be— richt über seine im Auftrage der Generalverwaltung der Königlichen Museen und der vhilosophisch-bistorischen Klasse der Akademie unter- nommene Bereisung der vergamenischen Landschaft (vorgelegt von Hrn. Conje). Hierauf folgen drei Mittheilungen über alte und neue Holo— thurien Arten, von Prof. Dr. Hubert Ludwig in Bonn (mit einer Tafel Abbildungen). Endlich ist in dem Heft die Adresse abgedruckt, welche die Akademie an ibr Mitglied aus der philoscpbif . bistorischen Klasse, Hrn. Carl Immanuel Gerhardt in Eisleben, aus Anlaß der Feier seines 5ojäbrigen Doktor -⸗Jubiläums (am 253. Dezb. 1887) gerichtet kat. — Ein besonderes Heft enthält Titel, Inhalt, Namen. und Sach register für den ganjen Jahrgang 1837 der Sitzungsberichte. — Die Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissen⸗ schaften zu Berlin“ erscheinen (in Kommission bei Georg Reimer Berlin) in wöchentlichen Heften von großem Oktav-Format jum Preise von 12 M für den Jahrgang. Von der Akademie werden' die Sitzungsberichte in einzelnen Stücken regelmäßig Donnerstags, acht
Tage nach jeder Sitzung ausgegeben. Die sämmtlichen zu einem Kalenderjahr gebörigen Stücke bilden einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erbalten außerdem eine durch den Band obne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungsnummer, und zwar die Berickte über Sitzungen der physikalisch ⸗ mathematischen Klasse allemal gerade, die über Sitzungen der ryilosopbisch-historischen Klae ungerade Nummern. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Uebersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mittheilungen und über die zur Veroffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. Darauf folgen die den Sitzungsberichten überwiesenen wissenschaft⸗ lichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gebörigen Stücken nicht erscheinen konnten. Das Verzeichniß der eingegangenen Druckschriften wird viertel jäbrlich ausgegeben. — Außerdem wird, um dem mathematisch- naturwissenfchaftlichen Leserkreise den ibn näber inter- essirenden Theil des Stoffs der „Sitzungsberichte“ in bequemerer Form darzubieten, ein Auszug aus diefen Berichten bergestellt und unter dem Titel ‚Mathematische und Naturwissenschaft liche Mittbeilungen aus den Situngsberichten der König—
lich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin“ beraus gegeben. Diese Sonderausgabe (welche eben?alls bei Georg Reimer in Kommission erscheint. Preis des Jahrgangs 8 ) enthält sämmtliche Arbeiten aus dem Gebiet der reinen Matbematik wie aus dem der theoretischen, experimentellen und beobachtenden Naturwissen—⸗ schaften in vollständigem Abdruck, welche in den Sitzungen der Akademie, von deren Mitgliedern oder fremden Verfassern mitgetbeilt,
in die Sitzungsberichte aufgenommen wurden Auch demfelben Gebiet angebörige geschäftliche Berichte, Preis Auf i
Adressen Reden und deral. mehr fi tbeilungen“ erscheinen in Monatsbeften, welche
— Wege und Ziele für die kirchliche Arbeit der Gegenwart von E. A von Göler. Gotha, Friedr. Andr. Perthes. 1888. (Preis 80 4). — Es ist ein Suchen Frag nach den rechten Wegen und Zielen unseter Kirche in weiten Kreifen. In der Presse, in Broschüren und Versammlungen wird Lie Frage
12 6 r r m fe mn. Sener rw * Ri 17 nach dem, was der Kirche in unserer Gegenw toth thut, auf⸗ w fęrr nn ss 25 Weis LF ö nf 9nBErTIMMο0, r geworfen und in allerlei Weise beantwortet. f eindringendem Studium der Geschichte und religissem Verstär beruhende Ant
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Pastor. Gotha, Friedr. Andr. Perthes. reis: 1,40 S J). — Die vorliegende anregende Schritt bewegt sich hicht in den ausgefabrenen Geleisen unseres Parteilebens. Sie will rielmebr für die Lõsung unserer kirchlichen Aufgaben neue Wege bei uns bahsen. Der Ver' fasser ist ein Bibeltheologe aus der Schule des verstorbenen Profeffors ie geistliche Vertiefung unserer
Beck in Tübingen und sein Ziel ist die kirchlichen Frömmigkeit und Wirksamkeit.
Sanitäts⸗, Veterinär- und Quarantänewesen.
Spanien. Laut Verfügung des Königlich sranischen Gesundheitsamts von 12. Märj 1388 sind die Provenienzen aus dem Golf von Guavaguil (Republit Ecuador), welche mit unreinem Patent eingeben, als ver— seucht zu behandeln, in den spanischen Häfen ciner Quarantäne zu unterwerfen, wie sie für Prorenienzen aus Ländern, in denen das gelbe Fieber bertscht, vorgeschrieben ist .
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In dem Dorfe Karczew (Gouvernement Warschau) ist die Rinderpest erloschen.
Nach einem in der ‚Gaceta de Madrid“ veröffentlichten Erlasse des Königlich spanischen Ministers des Jannern vom 7. Mär; d. J. ist die Einfuhr von Schweinen und Wurstwaaren aus Frankreich nach Spanien nur gestattet, wenn durch ein von einem spanischen Konful ausgestelltes Ursprungszeugniß nachgewiesen wird, das die gedachten Thiere und Waaren nicht aus dem Departement der Rhonemün—
dungen stammen.
Gewerbe und Handel.
Der Einlösungscours für die hier zahlbaren Oester⸗ reichischen Silbercoupons ist auf 160,25 6½ für 109 F Oesterr. Silber erhöbt worden.
— Die Gewerbehalle“ (Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner redigirt von Ludwig Eisenlobr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart; Verlag von J. Engelhorn ebendaselbst) bietet in ibrem neuesten Heft (4, 26. Jahrgangs 1888) zwei in Farbendruck reprodu— zirte, schwungvoll erfundene dekorative Flachreliefs von einem
estäbl (Driginale im Königlich Baverischen National— München, aufgenommen von Hugo Köble in Memmingen). praktisch und vielfältig verwendbar sind die auf einem anderen Blatt des Hefts mitgetheilten, reizvoll verzierten Inschrifttafela und Wappenschilde aus den Renaissance⸗Paläster von Bologna, Pisa und Venedig (aufgenommen von Professor Fran; Sales Mever in Karlsruhe). An neueren Erjeugnis deutschen Kunstgewerbfleißes veranschaulicht die Nummer zu— nächst einen Kredenztisch (Renaissancestol) aus dem den Hauptstücken nach bereits xublizirten Ehrengeschenk für die Universität Heidelberg, entworfen vom Direktor W. Bubeck in Basel, ausgefübrt von dem Schreiner W. Hartmann, Holzschnitzarbeit von L. Bürgi daselbst. Dann sehen wir ein zwar nicht so reich wie die älteren unübertrefflichen Schmiedearbeiten gestaltetes, aber immer⸗ bin recht geschmackvolles Gitter aus dem Königlich Baverischen National ⸗Museum in München, entworfen von Professor Rudolf Seitz, ausgeführt vom Königlichen Hof⸗Kunstschloffer D. Buß daselbst. Stplistisch ungemein sorgfaͤltig und g r die schönen Entwürfe zu Glasgemälden für eine deutschen Renaissancestpl von A. R. Grünenwa Auch eine neue Kollektion von anziehenden Zeichnungen zu Schmuck— gegenständen von dem erfindungsreichen 2. Beschor in Hanau bringt die Lieferung. Die moderne Pariser Möbelindustrie endlich ist durch eine Reibe von Sitzmöbeln (entworfen und ausgefübrt von MazarorRibalier in Paris) vertreten, in welchen die verschiedensten älteren Formen geschickt neu variirt erscheinen. — Auch diese Lieferun enthält außer den Mustertafeln eine Reihe von Auffätzen und Notizen kunstgewerblichen und technologischen Inhalts, z. B. uͤber Fortschritte in der Galvanoplastik, über die Anwendung von Wasserstoffsuperorvd zum Bleichen von Hol, über die von der Berufsgenossenschaft deutscher Brauer angeregte allgemeine deutsche Ausstellung für Unfall⸗— verhütung ꝛc.
— Die Rhein. Westf. Ztg.“ berichtet vom rbeinisch ⸗west⸗ fälischen Metallmarkt: Die Lage des rheinisch ⸗westfälischen Eisenmarktes ist noch immer eine durchaus befriedigende, wenn auch in der letzten Woche das Geschäft für einige Artikel etwas stiller war. Die Tendenz der Preise ist dabei eine durchaus feste geblieben. Das Geschäft in einbeimischen Eisenerzen ist unverändert lebhaft. Auf den Gruben im Siegerlande wird anstrengend gefördert und die geforderten Quantitäten finden schlanken Abfatz. Für die nassauischen Rotheisensteine ist die Nachfrage eine so rege, daf die Gruben den Bedarf kaum zu decken vermögen. Die Preise für nassauische Erie haben infolge der günstigen Konjunktur in letzter Zeit wieder etwas angezogen. Die Preise für Siegerländer Erie baben sich seit unserm letzten Berichte nicht geän zert. Auch die Luxemburger Erje
d in München.
sind in lebbafter Nac frage und behaupten ibre Preife feft. In Robeisen ist im Allgemeinen das Geschäft etwas stiller geworden, da der Bedarf für das 2. Quartal bereits in den meisten Fällen gedeckt ist. Spiegeleisen ist im Ganzen und Großen seit unserem letzten Berichte unverändert; während die inländische Nachfrage rege ist und der Preis sich fest behauptet, ist die Nachfrage vom
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