selben wächst, um so mehr liegt die Gefahr nabe, daß bei der Ver⸗ tbeilung der Gaben obne Kenntniß der örtlichen Verhältnisse verfahren wird und bald eine zu starke Anbäufung ron Gaben, bald eine Nicht— berücksichtigung bedürftiger Stellen eintritt. ; ;
Ich habe deshalb die Bildung eines Central ⸗Comites mit dem Sitz in Lüneburg in Aussicht genommen, welches unter meinem Vorsitz unter steter Verbindung mit den Lokalbehörden und den im Ueber schwemmungsgebiet gebildeten Hülfscomités eine planmäßige Verthei⸗ lung der Gaben sich zur Aufgabe zu stellen bat.
Demgemäß richte ich an Alle, welche zur Linderung des Noth— standes beizusteuern gewillt sind, das Ersuchen, von der direkten Zu— sendung von Gaben an einzelne Gemeindevorsteber oder private Hülfscomites abzusehen bezw. dieselben nicht obne Kenntniß und Zu— stimmung des Central⸗Comitès dorthin gelangen zu lassen.
Namens des letzteren werden Geldsendungen an den Scatz⸗ meister, Banquier arcus Heinemann hierselbst, erbeten, während die Zusendung von Lebensmitteln und Kleidungsstücken, die bei dem jetzigen Stande der Sache weniger erwünscht ist, an die Herren Land= rath. Albers zu Dannenberg und Landrath von Hertzberg zu Bleckede zu richten ist.
Lüneburg, den 1. April 1883.
Der Regierungs ⸗Präsident. Lodemann.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 4. April. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen gestern um 26. Uhr den Finanz-Minister Dr. von Scholz, den Münzdirektor Conrad und den Modelleur Weigand.
Um 6“ Uhr nahmen Se. Majestät den Vortrag des Ober⸗Ceremonienmeisters Grafen zu Eulenburg entgegen.
Heute hörten Se. Majestät den Vortrag des Chefs des Civilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wilmows ki.
— Den Kammerherrendienst bei Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Augusta haben die Königlichen Kammerherren, Ceremonienmeister Graf Vitzthum von Eckstädt und Werner von Gustedt übernommen.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern um 113 Uhr den Baumeister Ihne und nahm um 121 Uhr mehrere militärische Meldun— gen entgegen.
Nach einer Spazierfahrt im Thiergarten mit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kron— prinzessin besuchte Se. Kaiserliche Hoheit mit Höchstderselben das Atelier des Bildhauers Professor Begas und nahm dort den Monumental-Brunnen in Augenschein.
Nachmittags stattete der Kronprinz Ihrer Königlichen Hoheit der Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen im bisherigen Kronprinzlichen Palais einen längeren Besuch ab.
— Das „Militär-Wochenblatt“ ist in die Lage gesetzt, nachstehende aus der Allerhöchsteigenen Initiative her— vorgegangene, an den Kriegs⸗Minister gerichtete Aller höchste Kabinetsordre zu veröffentlichen:
Gleich Meines in Gott ruhenden Herrn Vaters Majestät will Ich unverweilt und unausgesetzt Meiner Armee Meine Fürsorae zu— wenden. Das von Sr. Majestãt dem Kaiser und König Wilhelm gegebene und wiederholt zeitzemäß geänderte Exerzier-Reglement der Infanterie, welches sich bis zum heutigen Tage in seinen Grundsätzen durchaus bewährt bat, wird bei den Ansprüchen, welche die fort— geschrittene Technik der Feuerwaffen jetzt an den Soldaten stellt, einer Vereinfachung bedürfen, um Zeit und Raum zu schaffen für eine noch gründlichere Einzelausbildung und für eine einbeitlichere und strengere Erziehung in der Feuer- und Gefechts-Disziplin. In diesem Sinne will Ich als für künftig zum Wegfall besonders geeignet vor Anderem die dreigliedrige Aufstellung bezeichnen, welche im Kriege nicht gebraucht wird und im Frieden zu entbehren ist. Jedoch will Ich die hiernach erforderlichen Aenderungen des Reglements so gestellt wissen, daß zum Dienst zur Fahne einberufene Mannschaften des Beurlaubtenstandes sich ohne besondere Einübung in der Schule des Reglements zurechtfinden. Ich sehe in dieser Angelegenbeit baldigst Ihrem Vortrage entgegen. .
Charlottenburg, den 26. März 13888.
Friedrich. An den Kriegs-Minister.
— Se. Majestät der König von Italien hat die Gnade gehabt, zur Vertheilung unter die nothleidenden Ueber⸗ schwemmten in Deutschland den Betrag von 40009 Francs auf Seine Chatoulle anzuweisen, und wird diese Summe durch Vermittelung der Kaiserlichen Botschaft in Rom hierher überwiesen werden.
— Die dem Hypothekgläubiger durch §. 41 Abs. 2 des Grundeigenthum⸗Erwerbs⸗Gesetzes anläßlich der Veräußerung des Grundstücks gestellte einjährige Frist für die Kündigung der Hypothek behufs Erhaltung seines persönlichen Forde— rungsrechts gegen den Veräußerer des Grundstücks, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civils., vom 21. No⸗ vember v. J., auch dann einzuhalten, wenn das Grundstück innerhalb dieser . zur Subhastation gestellt worden ist. Ist aber innerhalb dieser Frist die Versteigerung und der Zu— schlag des Grundstücks erfolgt und dabei auch die betreffende Hypothek untergegangen, so bedarf es zur Erhaltung des per— sönlichen Forderungsrechts gegen den Veräußerer nicht der Einhaltung der im 5. 41 vorgeschriebenen Frist.
— Das Reichs-Versicherungsamt hat in einer Rekursentscheidung vom 27. Februar d. J. (Nr. 506) den Grundsatz anfgestellt, daß ein verhältnißmäßig kurzer Zeit⸗ raum, während dessen ein Deseendent durch äußere ÜUm— stände zeitweise behindert wird, die sonst gewährten Leistungen eines einzigen Ernährers im Sinne des 8. 6 Ziffer 2b des , r, einem bedürftigen Ascendenten gegen⸗ über fortzusetzen, für sich allein — zumal bei nachweislich bestandener Absicht der Foͤrtgewährung nach Fortfall der Be— hinderung — noch nicht ausreicht, um den Descendenten n, , jener Zeit der Eigenschaft des einzigen Ernährers zu entkleiden. (Vergleiche Entscheidungen 396 und 498 Schluß— absatz, „Amtliche Nachrichten des R. V. A.“ 1887 Seite 216, 1888 Seite 195.)
— Nach einem Spezialerlaß des Ministers des Innern und des Finanz⸗-Ministers, vom 9. Februar d. J., ist nach ge⸗ richtlichen Erkenntnissen auch die unentgeltliche Verab fo lgung von Branntwein an Kunden von Seiten solcher Kaufleute, welche keine Konzession zum Ausschanke geistiger Getränke besitzen, als unerlaubter Schankbetrieb zu betrachten, wenn aus den Umständen erhellt, daß dem be— treffenden Kaufmann hieraus ein Vortheil, im Besonderen in der Weise erwächst, daß durch die Aussicht auf Bewirthung mit Branntwein Personen veranlaßt werden, in sein Geschäft einzutreten und Waaren aus demselben zu entnehmen.
— Am 31. März verstarb zu Cintra bei Lissabon der Kaiserliche Gesandte am portugiesischen Hofe, von S chmidt⸗ hals. Geboren 1829, trat von Schmidthals als Referen— darius im Jahre 1857 in den auswärtigen Dienst ein und wurde zunächst bei den Gesandtschaften in München und Dresden als Attachs beschäftigt. Nach bestandener diplomatischer Prüfung im Jahre 1860 zum Legations-Sekretär ernannt, fungirte er als solcher in Turin, Stockholm, London, Madrid und im Haag und erhielt durch Patent vom 28. Mai 1872 den Cha—⸗ rakter als Legations⸗Rath. 9 August 1882 wurde ihm der Posten des Gesandten in Lissabon Übertragen, den er bis zu seinem Ableben inne hatte. .
Auf diesem Posten, gleichwie in seinen früheren Stellungen, hat sich der Verewigte durch Pflichttreue und Diensteifer be⸗ währt und erhielt noch im vorigen Jahre zum Ordensfest ein Zeichen Allerhöchster Anerkennung durch Verleihung des Rothen Adler-Ordens zweiter Klasse mit Eichenlaub. Ein ehrendes Andenken ist ö. allseitig gesichert.
— Der Oher⸗Küchenmeister von Roeder, Introducteur des diplomatischen Corps, Kammerherr und Mitglied des Herrenhauses, ist gestern nach kurzer Krankheit gestorben.
Der Herzoglich braunschweigische Minister⸗Resident am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Freiherr von Cramm-Burg—
dorf, hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten kurzen Urlaub angetreten. —
— Der hiesige siamesische Gesandte, Phya Damrong, hat sich behufs Ueberreichung seines Beglaubigungsschreibens an Se. Majestät den Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn, auf einige Wochen nach Wien begeben.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Birnbaum in Palmnicken, Hans Krüger in Delten, Dr. Dietrich in Kalkberge Rüdersdorf, Biesendahl in Neubrück, Rosenberg in Neustettin, Dr. Jcachim in Bromberg, Dr. Neuber in Prausnitz, Dr. Herm. Hoffmann in Wüßftewaltersdorf, Dr. Pirow in Schönberg (Holstein, Eimen in Stade, Dr. Haß in Estebrügge.
— Das Schulgeschwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Stein“, „Gneisenau“ und „Moltke“, Geschwader Chef Contre⸗Admiral von Kall, ist am 3. April cr. in Southampton eingetroffen.
— Das „Marine⸗Ver.⸗Bl.“ veröffentlicht folgende Nach⸗ richten über Schiffs bewegungen (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nach dem Orte Abgang von dort). S. M. Kreuzer „Adler“ 7. 1. Apia. (Poststation: Apia Samoa⸗Inseln !) — S. M. Kreuzer „Albatroß! 29.3. yElymouth. (Poststation: Wilhelmshaven. — S. M. S. „Ariadne“ 18.3. La Guayra 21. 3. (Poststation: bis 13. 4. Habana, vom 14/4. ab Norfolk Virginia N. S.) — S. M. S. „Bayer“ 22.11. 87 Kiel. (Poststation: Kiel.) — S. M. Knbt. „Cyclop“ 10.2. St. Thoms 20. 2. ( Post⸗ station: Kamerun.) — S. M. Knbt. „Eber“ 28. /1. Point de Galle 1.2. — 16.2. Batavia 18.2. — 7. /3. Cooktown 20. 3. (Poststation: Apig Samoa⸗Inseln!) — S. M. Kreuzer „Habicht“ 29. 2. Wahlfischbay 3./ 3. — 22. /3. Kapstadt. (Post— station: Kamerun.) — S. M. S. „Hansa“ Kiel. (Poststation: Kiel.! — S. M. Knbt. „Iltis“ 256.3. Manila 27. 3. (Post— station: Hongkong.) — S. M. Fahrzeug „Loreley“ 9. 9. 87 Kon— stantinopel. — Letzte Nachricht von dort 24. 3. (Poststation: Konstantinopel.) — S. M. S. „Luise“ 18.2. Kiel. (Post⸗ station; Kiel. — S. M. Kreuzer „Möwe“ 16. 1. Kapstadt II. 3. (Poststation Aden) — S. M. Pnzrfahrzg. Mücke“ 2. 8. 87 Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven. — S. M. Kreuzer Nautilus“ 15.3. Zanzibar. (Poststation: Zanzibar.) — S. M. S. „Nixe“ 17.9. 87 Wilhelmshaven. (Post— station: Wilhelmshaven) — S. M. Knbt. „Wolf“ 21.12. S7 Hiogo 12. 3. — 15. 3. Nagasaki 29. 3. (Poststation: Singapore.) — Kreuzergeschwader: S M. S. „Bismarck“ (Flaggschiff), Carola“, „Sophie“. „Olga“, S. M. S. „Bismarck“ 9. /5. Amoy 13.3. — 18.3. Nagasaki 29. 3. — S. M. S. „Carola“ 26. / 3. Nagasaki. — S. M. S. „Sophie“ 6.1. Hongkong 19.3. — 24.3. Nagasaki 29.3. — S. M. S. „Olga“ ist in Apia verblieben. (Poststation: a. für S. M. S. „Bismarck“, „Carola“ und „Sophie“: Hongkong; v. für S. M. S. „Olga“: Singapore.) — Schulgeschwader: S. M. S. „Stein“ (Flaggschiff, „Prinz Adalbert“, „Gneisenau“, Moltke“ 19. 3. Madeira 21 3. (Poststation: Southampton England)
Bayern. München, 31. März. (Allg. Ztg.) Der Prinz-Regent wird seine Reise zum Besuch der Rhein— pfal;ß nach nunmehr getroffener Anordnung in der zweiten Hälfte des Mai antreten. Das Reiseprogramm befindet sich in der Ausarbeitung.
Württemberg. Stuttgart, 30. März. Der „St.⸗A. f. W. meldet: „Fhre Königlichen Majestäten haben laut Mittheilungen aus Florenz am vergangenen Mittwoch den Besuch Ihrer Majestät der Königin Victoria von Großbritannien und Irland empfangen. Ihre Majestät,. Höchstwelche vor Kurzem zu mehrwöchent— lichem Aufenthalt in Florenz angekommen ist und da— selbst in der Villa Palmieri Wohnung genommen hat, traf mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Beatrix von Battenberg, begleitet von Lady Churchill und Miß Phipps, sowie von dem General Sir H. Ponfonby, gegen 5 Uhr Nachmittags in Villa Quarto ein. Se. Majestät der König, von den Personen des höchsten Gefolges umgeben, empfing Ihre Mäjestät im Eingang der Villa und geleitete Höchstdieselbe sowie die Prinzessin Beatrix in die zu ebener Erde gelegenen Königlichen Ge— mächer, wo Ihre Majestät die Königin Olga, durch einen verstauchten Fuß im Gehen gehindert, den hohen Besuch erwartete. Zwischen den höchsten Herrschaften fand die herz— lichste Begrüßung statt, und die Königin Victoria verweilte mit der Prinzessin Beatrix gegen eine Stunde bei Ihren Majestäten. Vor der Abfahrt erfolgte noch die gegenseitige Vorstellung des
Gefolges. Schon am Tage nach der Ankunft der Königin
von England hatten Se. Majestät, Höchstwelche durch Gesund— heitsrücksichten noch an das Haus gebunden sind, Höchst⸗ ihren General⸗Adjutanten nach der Villa Palmieri gesandt, um Ihre Majestät im Namen des Königs zu begrüßen und am Montag hatte Sich die Königin Olga zur Be— grüßung der Königin Victoria dahin persönlich be geben. — An letzterem Tage empfingen Ihre Maje⸗ stäten den Besuch des Prinzen und der Prin— zessin von Battenberg. Am letzten Dienstag waren der Herzog und die Herzogin von Edin' burg, Höchstwelche gleichzeitig mit der Königin Victoria hier eingetroffen sind, nebst ihrem Sohn, dem Prinzen Alfred, bei Ihren Majestäten zum Diner eingeladen. — Das Be! fin den Sr. Majestät des Königs ist im Laufe des zu Ende gehenden Monats im Ganzen befriedigend gewesen. Die Genesung von der neuerdings aufgetretenen entzündlichen Erkrankung der Athmungsorgane macht ungestört Fortschritte, und der Kraäftezustand Sr. Majestät beginnt sich nach und nach in erfreulicher Weiß, wieder herzustellen. — Ihre Majestät die Königin hat Sich wie oben erwähnt, eine leichte Verstauchung am linken Fut zugezogen, welche aber schon jetzt im Rückgang begriffen iß und voraussichtlich in wenigen Tagen, ohne weitere Folgen nach sich zu ziehen, verschwunden sein wird“.
Mecklenburg⸗ Schwerin. Schwerin, 1. April. Der Großherzog nimmt an dem Unglück, welches durch die Elb— überschwemmung für Dömitz sowie für Boitzenburg
und Umgegend eingetreten ist, den regsten Antheil. Sc
Königliche Hoheit läßt sich nicht nur über den Verlauf der Katgstrophe und die von der Großherzoglichen Regierung
in Bezug auf dieselbe getroffenen Anordnungen fortlaufend in . .
Cannes Bericht erstatten, sondern hat auch bereits namhafte Geldbewilligungen für die Ueberschwemmten aus der Groß— herzoglichen Schatulle gemacht. — Am heutigen Tage tritt der General-Lieutenant von Holstein, der Chef des Großherzog—
lichen Militär-⸗Departements hierselbst, in den Ruhestand. Der
General, der auch Vorsitzender des Meclenburgischen Landes
Vereins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter
Krieger war, wird in der Leitung des Militärkabinets durch
den General-Lieutenant und General-Adjutanten des Groß—
herzogs, Freiherrn von Brandenstein, hierselbst ersetzt. — 3. April. (Mecklb. Nachr.) Herzog Friedris
Wilhelm, welcher mit feinem militärischen Begleiter, den Lieutenant zur See von Dombrowski, von Dresden vorgester Morgen zu kurzem Besuch hier eingetroffen war, ist Zwedãsd; Qn. ö
et,
Eintritts in die Kaiserliche Marine gestern Abend mit terem von hier nach Kiel abgereist.
Reuß ä. L. Greiz, 29. März.
zu einer außerordentlichen Session einberufen worden.
Oefterreich⸗Ungarn. Wien, 3. April. Wie die „Polit. Corresp.“ meldet, wurde auf Vorstellungen des österreichischen und italienischen Botschafters in Kor— stantinopel eine Wiederaufnahme des Prozesses gegen den Mörder des Jesuitenpaters Pastore vor den Gericht in Konstantinopel verfügt, in Folge dessen der An— geklagte neuerdings verhaftet wurde.
Fiume, 3. April. (W. T. B.) Die Yacht „Greif
mit dem Kronprinzen, der Kronprinzessin sowie den
Erzherzogen Ferdinand d'Este und Otto an Bord, ist bei da
Nordostspitze der Insel Pago auf eine Sandbank gerathen
Von hier und von Zengg gingen Dampfer ab, um di Herrschaften abzuholen. Eine Gefahr ist nicht vorhanden.
Fraukreich. Paris, 3. April. (W. T. B.) Da: neue Kabinet, in welchem Ferouillat an Stelle R cards das Justiz-Ministerium und Deluns-Montaud en Stelle Louben's das Arbeits-Ministerium übernommen hat ist nunmehr konstituirt und trat um 2 Uhr unter Vorstz des Präsidenten Carnot zu einer Berathung zusammen, in welcher der Wortlaut der Minister-Erklärung festgestel wurde, die heute in der Deputirtenkammer zur Verlesung ge langte. Dieselbe lautet:
Das Ministerium, welches sich Ihnen vorstellt, appellirt an Parteien rexublikanischer Gesinnung. Die Persönlichkeiten, aus de das Ministerium besteht, dienen der Republik schon lange Zeit,: Demokratie kennt ihre Namen. Sie wagen zu glauben, daß mar Vertrauen zu ihnen bat und boffen, daß das Parlament ihnen n seine Unterstützung unter Umständen versagen wird, welche die Vere gung der Republikaner gebieterisch verlangen. Indem der Präͤsident de Rexublik die Leitung des Kabinets demjenigen anvertraute, welcher seit dre Jahren die Leitung der Kammerdebatten batte und sich so an die Un parteilichkeit gewöhnte, wollte er zeigen, das derselbe Geist den Ha lungen seiner Regierung inne wohnen würde. Aber nicht in Unbeweglichkeit, noch weniger in dem Rückwärtsschreiten wollen und will das Land eine Aussöbnung der Republikaner, sondern i Vorwärtsschreiten und in der regelrechten Entwickelung unserer C richtungen, welche vorübergehende und überflüssige Agitationen riet zu nichte wachen werden. Die Regierung, welche vor kei sorgsam ausgearbeiteten Reform zurückschreckt, will sich r an die Spitze einer republikanischen Majorität stellen, um auf diesen Weg zu führen und in ihren Reihen eine freiwil! Disziplin wieder berzustellen, und so nach und nach die Hoffnun. zu verwirklichen, welche die Nation auf die Republik gesetzt bat. die Freibeit, welcke nicht die Wege der Diktatur einschlägt, kann ke
rlöklichen Umwandlungen versprechen; sie kedarf, um ihr Werk vollenden, der läglichen Zustimmung der öffentlichen Gewalten n auch bisweilen de dauerbafter mache · wel der Kammer vorgelegt wird, so ist es eine von denjenigen Frag Die jeniaa Mitglieder des Kabinets, welche sich als Anhänger einer selt⸗ ein Wer
Diskussionen, welche, wenn sie hemmen, ihn doch sicherer und Frage der Revxision der Verfassung angeht,
rerlangt Erfolg Was die
welche die größte Rube und Ueberlegung erfordern.
Revisien gezzigt haben, werden nicht wünschen, daß pon Jlolcher Wichtigkeit, das bestimmt ist, unsere polüische Orge— sation in volle Uebereinstimmung mit den republikanischen Prinziri
zu bringen, unter Bedingungen unternommen werde, welche es kor
promittiren könnten. Die Regierung wird Sie ersuchen, es ibt z
überlassen, den günstigen Augenblick anzugeben und das nothwerꝛ
Einvernebmen zwischen beiden Kammern rorjubereiten. D
Präsident der Kammer sagte Ihnen kärzlich, daß beute — n
dies ist nur natürlich — Probleme, welche volitische VorgärR berübren, die Nation weniger lebhaft interessiren als Frag welche ihre, eigensten großen Angelegenheiten, ihre öffentliss Finanzen, ihre Industrie, ihren Handel, das Loos ibta Arbeiter, ibre militärischen Zustände und ibre internationalen St ziehungen betreffen, und daber wird eine Reihe von Gesetzvorlages welche sich auf diese großen Fragen beziehen, Ihnen zugehen, und werden Sie ersuchen, sie je nach der Dringlichkeit zu derathen. * Regierung wird die Beraibung hierüber aufmerksam verfolgen nn wird stets die Lösungen, die am meisten den demokratischen Intere ⸗ konform sind, unterstützen; sie wird Ihnen einen Gesetzentwa—
über
ᷣ rei (Leipz. Ztg.) Auf ö. Mittwoch, den 4. April, ist der Landtag des Fürstenthumt .
(W. T. 8)
notbwendig ist für eine definitive
unterbreiten, der wie für das Land, um Regelung der Beiiebungen zwischen Kirche und Staat berbei⸗ zusübren, hierauf wird die Einsetzung der weltlichen Gerichts- barkeit für die Kirche, welche ron der französischen Rexolution in— augurirt und ron der Lritten Rexublik wieder aufgenommen ist, ins Auge gefaßt werden müsen. Die finanziellen Fragen werden alẽ dann zu ibren Sauxtbeschãftigungen gebören. Hoffen wir, daß beide Kammern reiflich das Burget der Legislaturperiode vrüsfen und wichtige Reformen dabei einführen werden, hauptsächlich solche, die die Regelung der Getränkesteuer und das Erbrecht betreffen. Wir erden den Senat um die Wiederaufnahme der Diskussienen über die Militärgesetze, welche von der Kammer genehmigt sind, ersuchen; es ist zu koffen, daß eine Lösung dieser Frage um so rascher erfolgen werde, als der Minister, welcher beauftragt ist dieselben vor jener Versammlung zu vertheidigen. Vor sitzender der Kaemmission gewesen ist, welche die Prüfung hierüber beendigt hat. Die neue Organisatien unserer nationalen Kräfte, die darin besteht, daß wir unsere Defensivmaßregeln vermehren, çestattet uns nicht nur, uns der Achtung versichert zu halten, welche man uns schuldet — sie ist auch eine Garantie für die Aufrechtballung des Friedens, dem wir aufrichtig zugetban sind. Rüsten wir uns also im Innern und nach Aufen hin zur Feier des ruhmvollen bundertsten Jabrestages von 1783, zu dem Frankteich Gelehrte, Industrielle und Irbeiter der ganzen Welt eingeladen hat.
Die Kammer wurde dann bis 4 Uhr zur Wahl eines Präsidenten vertagt. .
Nach Wiederaufnahme der Sitzung wurden bei der Wahl eines Präsidenten 390 Stimmen abgegeben. Hiervon entfielen auf Brisson 135, auf Cläémenceau 116, auf Andrieux 113. Eine Stichwahl war daher nöthig. Das Resultat der zweiten Abstimmung stellte sich folgendermaßen: CElemen— ceau 169, Brisson 151, Develle 37, Andrieur 10 Stimmen. Eine dritte Abstimmung ist demnach erforderlich.
Genossenschaften Sie als Gesetzgeber
— 4. April. (W. T. B.) Der Kriegs-Minister de Freycinet 9
wird wahrscheinlich den General Warnet zum Chef des Generalstabes ernennen. Es verlautet, daß die Oppor— tunisten alsbald eine Interpellation über die allgemeine Politik des Kabinets in der Kammer einbringen würden. Von den Journalen billigen nur die radikalen Blätter die Erklärung des Ministeriums an die Kammer. Das „Journal des Debats“ und die „République Française“ machen der Erklärung zum Vorwurf, daß sie die Demagogie aufmuntere. Der „Figaro“ hofft auf eine baldige Allianz der Rechten mit den Opportunisten.
Italien. Rom, 3. April. (W. T. B.) Der König ließ dem Minister-Präsidenten Crispi 40000 Fr. für die durch die jüngsten Ueberschwemmungen in Deutschland Betroffenen zustellen. Der Summe war ein Schreiben des Ministers des Königlichen Hauses, Viale, beigefügt, in welchem der Wunsch des Königs aus— gesprochen wird: Deutschland seine Dankbarkeit auszudrücken für die vielfachen Beweise der Sympathie, welche die deutsche Nation bei den verschiedensten Gelegenheiten für Italien be— kundet habe. Cris pi übergab die Summe dem deutschen Botschafter, welcher ihn ersuchte, dem König im Namen der deutschen Regierung seinen Dank auszusprechen.
— 3. April, Abends. (W. T. B.) Dem „Fanfulla“ zu⸗ folge sandte der König dem Reichskanzler Fürsten Bismarck zum Geburtstage die herzlichsten Glückwünsche. In dem Glückwunschschreiben heißt es: der König ergreife diese Gelegenheit, um seine innigsten Wünsche für die völlige Wieder— genesung Sr. Majestät des Kaisers auszusprechen. — Der Reichskanzler dankte für das Interesse, welches ihm der König auch bei dieser Gelegenheit bekunde: es ge— reiche ihm das zu ganz besonderer Genugthuung. Es liege ihm ob, bei dieser Gelegenheit auszusprechen, ein wie großes Gewicht zer Kaiser darauf lege, daß König Humbert wisse, wie dankbar er für diesen Freundschaftsbeweis sei. Das Telegramm schließt; der Kaiser hoffe noch lange genug zu leben, um die Folgen eines Einvernehmens zu ver— wirklichen, welchem er stets die größte Wichtigkeit beigelegt habe und beilege. — Auf die Glückwünsche Crispi's sprach Fürst Bismarck seine Genugthuung über die Freundschaft aus, die ihn mit dem Führer der italienischen Regierung verbinde, mit dem er in politischer Hinsicht voll— kommen übereinstimme, was nicht nur für die beiden bethei— ligten Nationen und deren Zukunft ersprießlich sei, sondern auch für den europäischen Frieden. — Crispi wird diese beiden Depeschen dem Ministerrath mittheilen.
— 4. April. (W. T. B.). Nach Meldungen der „Agenzia Stefani“ aus Massovah ist Ras Alula mit“ den Abessiniern in der Richtung gegen Ghinda und Asmara abgezogen, und ist die Ebene von Sabarguma seit gestern fast vollständig geräumt. Es sei sicher, daß der Negus, welcher vorgestern in Ghinda übernachtete, den Rückzug angeordnet habe. General Marzano schätzt die Streitmacht der Abessinier auf 70 000 bis 80000 Mann—
Türkei. Konstantinopel, 3. April. (Prag. Abdbl.) Reuter's Bureau“ meldet: Der französische Botschafter Graf Montebello überreichte am Samstag der Pforte eine Note mit dem Inhalt der Suezkanal-Konvention. Der Minister⸗ rath wird sich am Mittwoch mit derselben beschäftigen.
Rumänien. Bu karest, 3. April. (W. T. B.) Das neue Kabinet ist in folgender Weise konstituirt: Röosetti, Präsidium und Inneres; Carp, Auswärtiges; Ghermani, Finanzen; Prinz Stirbey, öffentliche Arbeiten; Alexander Marghiloman, Justiz; General Barßzi, Krieg; Majoresco, Unterricht und interimistisch Handel. Die verhafteten Depu— lirten Fleva, Philippesco und Castaforo wurden freigelassen.
Amerika. Washington, 3. April. (W. T. B. Der Finanzausschuß der Repräsentantenkammer hat, bevor er den Entwurf, betreffend Ermäßigung des Zoll—⸗ tarifs, der Kammer vorlegte, den Artikel desselben ge⸗ strichen, welcher die Gewährung von Zucker-Export— Prämien untersagt. Die Berathung des Gesetzentwurfs in der Kammer dürfte, wie verlautet, in etwa 14 Tagen ihren Anfang nehmen.
Zeitungẽõstimmen.
6 Die „National-Zeitung“ äußert über den Amnestie— aß:
Zur Würdigung des Umfangs und der Wirkungen des Gnaden— Erlaffes vom 31. Mär; wird vielfack an die Tmnneftie vom 12. Januar 1561, nach der Thronbesteigung König Wil helm's, angeknüpft, als ob diese Amnestie bisber die letzte gewesen wäre. Das ist indeß nicht der Fall; eine solche wurde auch am 20. Septembe— 1866, am Vor⸗ abend des Siegeseinzugs, erlassen. Diese beiden Gnadenakte unter schieden sich von dem vom 31. Mar; insofern, als sie politisch bedcutfamer und umfangreicher waren, als der soeben erfolgte, wäbrend dieser ver⸗ möge seiner Ausdehnung auf nichtpolitische Uebertretungen und Ver—
geben jedenfalls einer erbeblich größeren Anzahl Personen Straf— milderung oder Straferlaß gewährt.
jetzigen nicht der Fall ist, auch Hoch- und Landes verratz. Im Jahre 1861 lag kierin ibre baurtsächliche Bedeutung, denn es wurde dadurch den geflückteten Kompreomittirten des Jabres 1845 die Rückkehr in das Vaterland ermöglicht; im Zusammenhang damit wurde auch den— 23 277 z 5 N * ? in jenigen Flüchtlingen, welche sich der Verurtheilung durch Aus—= wanderung entzogen hatten, die Rückkehr gestattet. Die volitische Bedeutung der Amnestie von 1866 lag darin, daß dadurch der Verfassungsstreit der Vergessenbeit Gegenwärtig konnte es sich nach Lage der Dinge nicht wie 1861 und 1866, darum handeln, das Siegel der Königlicken Gnade auf eine abgeschlossene Periode politischer Kämpfe zu drücken; die politischen Verurtheilungen, deren Wirkungen unterm 31. v. M. aufgehoben oder gemildert wurden, sind solche. wie sie durch Ausschreitungen im öffentlichen Leben mebr oder weniger zabl— reich beständig herbeigeführt werden. Die Begnadigung von Hoch oder Landes verrath dagegen würde sich gegenwärtig wobl ausschließlich auf den Verkauf von Staatsgeheimnissen an das Ausland und auf anarchistische Unternehmungen bezogen haben; es wird allgemeine Zu⸗ stimmung finden, daß solche Begnadigungen nicht erfolgt sind.
In den kurzen Bemerkungen, welche wir am Sonntag nur noch zu dem Amnestie⸗Erlaß machen konnten, warde bereits hervorgehoben, daß er sich u. A. nicht auf die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs bezieht, auf Grund deren in den letzten Jahren mehrfach Verurthei—⸗ lungen wegen der geheimen Agitation der Sozialdemokratie erfolgt sind. Das Gleiche gilt betreffs der Verurtbeilungen — und natürlich auch der polizeilichen Maßnahmen — auf Grund des Sozialistengesetzes, während die positiven Bestimmungen des Gnaden ⸗Erlasses, z. B. betreffs aller durch die Presse begangenen Delikte, sich selbstrerständlich auch auf solche von sozialdemokratischer Seite, erstrecken. Ganz müßig ist die in der konservativen Presse aufgeworfene Frage, ob die Sozialdemokraten von der Amneftie, so weit sie davon betroffen werden, Gebrauch machen werden. Die im Gnadenwege erlassenen Strafen bleiben selbstverständlich unvoll— streckt, gleichniel, ob die dazu verurtheilten Personen dies wünschen oder nicht.
Ueber die Amnestien von 1861 und 185 wähnt, die von 1888 hinaus, indem sie sich auf alle Uebertretungen und auf alle die enigen Vergeben erstreckt, wegen welcher auf Geld— strafen bis zu 150 „ oder auf Freibeitsstraen bis zu 6 Wochen erkannt worden. Alles bier Gesagte aber bezieht sich nur auf Ver— uitheilungen durch Civilgerichte. In den Etlassen von 1861 und 1866 waren Begnadigungen betreffs der Verurtheilungen durch Militärgerichte ausdrücklich auf den Antrag der betr. militärischen Behörden vorbebalten. Der Erlaß rom 81. März enthält nichts Derartiges; möglicherweise sind in dieser Beziebung besondere An— ordnungen ergangen. Auch ob ein spezieller Gnaden ⸗Erlaß des Kaisers für Elsaß⸗Lothringen beabsichtigt ist, steht noch dahin.
— Die „Deutsche volkswirthschaftliche Cor— respondenz“ schreibt über die Geburtstagsfeier des Reichs— kanzlers:
Ein seltsamer Zufall fügt es, daß in diesem Jahre das Fest des dreiundsiebzigsten Geburtstages des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck mit dem Tage der Auferstehung Christi zusammenfällt. Ein ungewöhnlich strienger Winter ist überstanden, mit dem Erwachen der Natur, mit den ersten Strahlen einer wärmeren Früblingssonne sind nicht nur Schnee und Eis hinweggeschmolzen worden, auch das Elend und die bange Sorge machen ihre Hertschaft weniger schroff geltend und werden von neuen Hoffnungen in den Hintergrund gedrängt. Gerade der Monat März stellte sich in diesem Jahre mit allen Attri⸗ buten der strengsten Winterzeit ein, in einer Weise, wie dies in den allerseltenften Fällen zu gescheben pflegt. Und für Deutschland war dieser Monat ein ganz besonders schmerzlicher; eben in diesem sonst der Freude und der Verehrung für den geliebten Herrscher gewidmeten Monat ereilte uns der Tod des greisen Kaisers Wilbelm, und, wie die Natur neuerlich in Erstarrung und Nacht versunken war, so trauerten die Herzen des gesammten deutschen Volks, trüber Ahnungen voll, um den Dahingeschiedenen. Allein mit dem Verschwinden der winterlichen Landschaft, mit dem Beginne des Frühlings ist auch in unsere von Trauer und Sorgen erstarrten Gemüther der Strahl neuer Hoffnung gedrungen. Kaiser Friedrich, der glorreiche Sobn des großen Verstorbenen, hat die Zügel der Regie⸗ rung mit kräftiger Hand ergriffen, und seine ersten Regierungs— bandlungen haben dem deutschen Volke gezeigt, daß er die Wege nicht zu rerlassen gedenkt, auf denen der in Gott Entschlafene das durch gewaltige Anstrengungen wieder aufgekichtete Deutsche Reich nach Außen wie nach Innen gefestigt hat.
Und seine erste wahrhaft erhebende That auf deutschem Gebiet war jene That der Pietät und der Gerechtigkeit, welche sich gegen den ersten und treuesten Diener des verstorbenen Kaisers, den von der Verthrung und Liebe des gesammten Volkes getragenen Staatsmann, den Reichskanzler Fürsten von Bismarck wendete. Mehr als fünf— undzwanzig Jahre einer ununterbrochenen Arbeit, eines langen Kampfes gegen Parteipslitik und Sonderinteressen sind dem ersten Staats⸗Minister Preußens und dem Kanzler des Deutschen Reichs unter dem Hochfeligen Kaiser Wilhelm dabingegangen, fünfundzwanzig Jahre, während welcher Zeit dem großen Staatsmanne bei noch unabgeschloffenem Wirken widerspruchflos die Unsterblichkeit zuerkannt wurde. Und nach dem Tode des greisen Heldenkaisers zaudert der Dreiundsiebzigjährige keinen Augenblick, die Rube und Bequemlichkeit des Alters zu opfern, fein Leben und seine geistige Kraft dem erhabenen Sohne des Verstorbe— nen in aller Ehrfurcht zur Verfügung zu stellen, wiederum mit aller Macht gegen reichsfeindliche Sonderinteresfen zu kämpfen, das Reichsschiff nach Außen hin durch die aufgeregten Wogen in den sicheren Hafen zu retten und alle jene zu vertreten, welche bisher der inneren Konsolidirung des Reichs zum Segen und Nutzen gereicht haben. Und darum dürsen wir denn das Geburtefest des Reichskanzlers und das Osterfeft mit doppelter Freude und Genugtbuung feiern in dem froben Ge— danken, daß Kaiser Friedrich sich nicht minder Eins weiß mit feinem ersten Diener, wie es zu Kaiser Wilbelm's Zeiten gewesen, und in der Hoffnung, daß das deutsche Volk noch viele Jahre sich des Zu⸗ sammenwirkens des Herrschers und des großen Staatsinannes zum Heile des Reichs und zum Vortheil des Volks erfreuen werde. Aller. dings, es ist nicht zu leugnen, niemals als eben jetzt haben die Vertreter der allezeit bereiten Opposition sich so sehr als Gegner derjenigen Politik entpuppt, welche mit dem verstorbenen Kaiser durch den Reichskanzler Fürsten von Bismarck zur Ausfübrung gelangte, niemals baben' sie offener ibre Ansicht dahin ausgesprochen, daß ein vollkommener Spstemwechsel ibnen das einzige Mittel erscheine, um von nun an die politischen wie wirtbschaftlichen Geschicke des Reichs zu fördern. Insz⸗ besondere aber nas die wirihschaftlichen Grundfätze anbelangt, fo glaubten jene Herren Ten Zeitpunkt für gekommen, dem Reich wiederum die Rolle des Nachtwächters zujuerkennen, im Uebrigen aber dem Individuum freie Hand zu lassen, dem nach ihrer Ansicht keinerlei Pflichten gegen das Staatswesen obliegen, wenn es nur von Ver— gehungen sich fernhält und seinen Steuerbeitrag entrichtet, Es ist auffallend, wie gerade ict derartige Bestrebungen sich kähn an die Oeffentlichkeit wagen; allein es ist noch auffallender, daß trotz alle⸗ dem der Indifferentiemus in denjenigen Kreisen, welche Grund haben, solchen Bestrebungen gegenüber sich zu verbinden, nicht weicht, daß diese Kreise es gehen lassen, wie Gott es will, obne zu bedenken, daß sie durch em solches Verhalten der praktischen Wirthschaftepolitik die Erringung des Sieges wesentlich ser— schweren. Angesichts solch' mächtiger Gegner, die sich ja auch als Feinde unseres großen Staatsmannes entpuppt haben, ist es nicht genug, gewollt zu 35 doppelt nothwendig wird ein enges Zu— sammenschließen, ein gegenseitiges Unterstützen all' jener Elemente, die durch dieselben Grundsaͤtze verbunden sind, dies umsomehr, als unsere Widersacher zweifellos dahin bestrebt sein werden, die Erreichung der Ziele, welche die herrschende Wirthschaftspolitik anfstrebt, mit vereinten Kräften zu verhindern.
übergeben werden sollte.
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Die AWmnestign n van 1861 ant4z löss zumfaßtten, was bei dem find *Im die Dampfschiffabrten zwischen Warnemünde 1 1 ö 771 11 . ö
Institutionen
Verkehrõ⸗Anstalten. Berlin, 3. April. (W. T. B.) Amtlichen Nachrichten zufolge
und Gjedser wegen Eises wieder eingestellt. .
London, 3. April. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer Rom an ist am Sonntag auf der Heimreise von Southampton abgegangen, und der Castle Dampfer „Methven Castler ist heute auf der Ausreise in Capetown angekommen, der Dampfer „Havarden Castlen hat heute auf der Ansreise Madeira passirt.
Chicago, 3. April. (W. T. B) Die Bediensteten der Eisenbahnen, deren Mittelpunkt Chicago ist, fahren fort, dem Verkehr auf der Chicago⸗Burlington⸗Quinev⸗Eisenbahn Hindernisse zu bereiten; von mehreren Strecken werden Gewaltakte der strikenden Babnbediensteten gegen diejenigen gemeldet, welche die Arbeit fortsetzen.
Theater und Mufik.
Das Wallner-⸗-Theater war an den Feiertagen auf allen Plätzen ausverkauft. Der von Moser⸗Thun'sche vieraktige Schwank Die Amazene' erbielt das Publikum in der animirtesten Stimmung. Sowobl das Stück als auch die Darstellung fanden eine so überaus beifällige Aufnahme, daß die Revertoiredauer der Novität bis zum Schluß dieser Saison gesichert erscheint.
— Am zweiten Ostertage veranstaltete Frl. Wil bel mine Tremelli, ein Mitglied der italienischen Oper in London, im Kroll'schen Theater ein Concert, zu welchem sich nur eine kleine Zahl von Zubörern eingefunden hatte, welches aber eine größere Theilnabme des Publikums wohl verdient hätte. Frl. Tremelli ist eine Sängerin, die über eine ganz ungewöhnliche Kraft der Stimme verfügt. Die Dame besitzt einen tiefen, mächtigen Alt, der darch die Fülle des Tons überrascht und zuweilen fast zu stark für den Saal erschien. Die warme Klangfarbe des Organs, die erakte Schulung und künstlerische Durchbildung derselben kamen besonders in der italienischen Arie aus Donizetti's „Favoritin und im Trinklied aus der ‚Lucrecia Borgia“ vortrefflich zur Geltung. In den Liedern, welche die Künstlerin in deutscher Sprache sang, konnten ihre glänzenden Mittel nicht voll ihre Wir— kung thun, vielleicht weil es an der wabren Vertiefung der Empfin— dung feblte. Neben Frl. Tremelli wirkte in dem Concert Frl. Zeonore Buff mit, welche Lurch den geschickten Vortrag zweier Soli sich als ausge;eichnete Harfenistin bewies. Namentlich fand die Oberthür'sche „Feenlegende“ allseitigen und woblverdienten Beifall. Hr. Berger trug einige Klavierstücke vor, wobl nur in Vertretung eines aus— gebliebenen Violinisten und obne auf den Charakter eines Virtuosen Anspruch zu erbeben.
Hr. und Fr. inger veranstalten am Donnerstag, den 5. April (73 Uhr) im Saale der Sing ⸗Akademie unter Mit⸗ wirkung der Herren H. Hasse (Violine), Ad. Mäller (Viola) und Friedrich Koch (Cello) eine musikalische Abendunterhbaltung; iu derselben Zeit im Hötel de Rome der Pianist Hr Joseph Neugebauer unter Mitwirkung der Concertsangerin Frl. Slga Sillem sowie des Violinvirtuosen Hrn. Henry Herold ein Concert.
— Am Freitag, d. 6. April (74 Ubr) findet das letzte (L. Phil⸗ barmonische Concert unter Leitung ven Dr. Hans von Bülow in der Philharmonie statt. Das Programm lautet: 1) Duv. Egmont, Beethovben. 2) Klav. Conc. HE-moll, Hummel. 3) a Lustspiel Dux. , neu, Taubert. b. Fantastischer Zug (Orch.), Moszkowski. 4) a. Andante favori. b Variat. C.moll für Klarier von Beethoven. 5) Sinf. C-moll, Brahms. 6) Auf Wunsch „Meistersing. Vorspiel Wagner. (Solist: Hr. Hans von Bülow.)
Mannigfaltiges.
Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.) Bei, der gestern fortgesetzten Ziehung der 1. Klasse 178. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Nachmittags-Ziehung: ; . . 2 Gewinne von 1500 6 auf Nr. 79 978. 121 351. 2 Gewinne von 300 S auf Nr. 70 79. 157617.
Bei der heute fortgesetzten Ziehung der 1. Klasse 178. Königlich preußischer Klafsenlotteris fielen in der Vor— mittags⸗Ziehung:
1ẽ6Gewinn von 135 000 6. auf Nr. 5834.
1 Gewinn von 500) S auf Nr. 16591.
1 Gewinn von 1590 6 auf Nr. 181970.
2 Gewinne von 5600 S auf Nr. 121075. 156155.
2 Gewinne von 300 S6 auf Nr. 145 330. 165 350.
Die Gedächtnißfeier zu Ebren Bernbard von Langen— becks, welche gestern Abend in der Pbilkarmonie von der Berliner Medizinischen Gesellschast und der Deutschen Gefellschaft für Chirurgie deranstaltet war, gestaltete sich zu einer großartigen Ovation für den beimgegangenen Gelehrten. Der Saal trug ernsten Schmuck Auf der Bühne schaute vom sckwarzen Sockel berab die Koöloffalbärtte des Gefeierten, umgeben von einem Wald exotiscker Gewächse. Vor der Büste stand die schwar; drapirte Rednertribüne, mit vergoldeten Palmenwedeln und einem Hvannthenkranz, der Ehrengabe der Groß⸗ beriogin von Baden, geschmückt. Mächtige schwar;e Vorhänge schlossen den Bübnenraum ab. Eine überaus zablreiche illustre Versammlung füllte den Saal. In Vertretung der Deutschen Fürsten erschien der Groj⸗ berzog von Baden. Derselbe nabm in der großen Königs loge Plaß. Die Cipilbehörden waren durch die Minister v. GSoßler, Pr. Cicius und v. Friedberg, durch Unter⸗Staatssekretär Lucanus, Ministerial- Direktor Greiff u. A. vertreten. Von hoben Militärs sah man den Kriegs⸗Minister Bronsart v. Schellendorff, den kommandirenden General des Garde ⸗Corps v. Pape, den Stadtkomwandanten von Berlin, Graf Schlieffen, den General⸗Quartiermeister v. Waldersee, General v. Rauch u. A. u Seiten der Rednertribüne nabmen die Vorstandsmitglieder, im Saal die übrigen Mitglieder der beiden Gesellschaften Platz. Alles, was Namen und Ruf aut dem Gebiet der deutschen Medizin und Chirurgie besitzt, war erschienen, wir nennen nur die Berliner von Helmboltz, Dubois⸗-Revmond, Bardeleben, Lieb⸗ reich, Zeller. Hirsch. Waldever, Gerhardt, Koch, Esmarch aus Kiel, Thiersch aus Leipzig, König aus Göttingen, Trendelenburg aus Bonn— Die Ebrenplätze vor dem Podium waren der Familie des Seim— gegangenen eingeräumt. Hier hatten der Sohn Major von Langenbeck und die beiden Töchter, die Gräfin Hardenberg und Frau von Bode, mit den übrigen Verwandten Platz genommen. Die Galerie war von ablreichen Damen besetzt. Die Sänger der Königlichen Hochschule für Mufik eröffneten die ernste Feier mit Mendelssobn's stimmungsvollem Sang: „Sabst Du ihn berniederschweben'. Alsdann betrat Prof. von Berg⸗
trauernd vor dem Grabe seines größten Kaisers.
mann die Tribüne, um Langenbeck's Verdienste mit begeisterten Worten zu würdigen. Er erinnerte daran, daß Langenbeck 27 Jahre hindurch Vorsitzender der Berliner Medizinischen Gesellschaft gewesen, daß er 34 Jahre an der Sxitze der Berliner chirurgischen uͤniversitätsklinik gestanden, daß einer Anregung vor Allem die Deutsche Gesellfchaft für Chirurgie ihre Entstehung verdankt. Er war, so ungefãbr führte Redner aus,
keiner jener Denker und Entdecker, welche durch neue Ideen neue geistige Be⸗
wegungen schufen oder ungeahnte Schätze der Wissenfchaft erschlossen, er war es aher, der der deutschen Chirurgie ein eigenartiges Geytãge aufdrückte, iht eine neue Epoche ebnete. Noch stebt Deutschland r m Gr Was dieses
kühnes Wollen im Sturm der Schlachten errungen, das,. 2 3 außen so boch emporgeschofsen, auch innen zum Wachsen und Gedeiben zu bringen: dieser Aufgabe der Zeit ˖ genossen Kaiser Wilbelm's ist Langenbeck auf feinem Arkéits. elde getreulich nachgekommen. Ihm dankt es die deurfche Chirurgie, daß sie nicht hinter den deurschen Waffen zurũckblieb. Der