1888 / 155 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Jun 1888 18:00:01 GMT) scan diff

wurden 2 getödtet und 5 verletzt, und zwar entfallen je eine Tödtung auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktionen zu Köln (rechtsrheinische) und zu Erfurt, je eine Verletzung auf die Königlich württembergischen und auf die Großherzoglich badischen , . sowie auf die Ver⸗ waltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu Erfurt, Bromberg und Hannover; von 3 und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahn⸗ betriebe 15 getödtet und 71 verletzt, von Steuer⸗ u. 5. w. Beamten 2 verletzt, von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 11 getödtet und. 7 verletzt. Außerdem wurden 2 Beamte bei Nebenbeschäftigungen verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen lbei zusammen 30 035,47 km Betriebslänge und 763 720 024 ge⸗ sörderten Achskilometern) 122 Fälle, darunter die größte An⸗ zahl auf die Vermaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktionen zu Köln (rechtsrheinische) (16), zu Breslau (15) und zu Berlin (14), verhältnißmäßig, d. h. unter Be— rücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Be— triebe gewesenen Längen, sind in dem Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Altona, auf der Main— Neckar-Eisenbahn und in dem Verwaltungsbezirk der König—⸗ lichen Eisenbahn-Direktion zu Köln (rechtsrheinische) die meisten Unfälle vorgekommen. B. Größere Privatbahnen mit je über 150 km Betriebslänge (bei zusammen 1729,43 km Betriebslänge und 22 799271 geförderten Achskilometern) 2 Fälle, und zwar auf die Hessische Ludwigs⸗-Eisenbahn. CG. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Betriebslänge (bei zufammen 1658,82 km Betriebslänge und 9 838 981 geförderten Achskilometern) 2 Fälle, und zwar auf die Lübeck Büchener Eisenbahn.

Die wissentlich widerrecht liche Ueberschreitung der an sich statthaften vorläufigen Festnahme einer Person, beispiels—⸗ weise das Fesseln und Binden des Festgenommenen, welcher ohnedies Widerstand zu leisten außer Stande ist, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 13. Februar d. J., als vorsaͤtzliche und widerrechtliche Frei⸗ w aus §. 239 des Strafgesetzbuchs zu be⸗ strafen.

Durch Allerhöchste Ordre vom 29. v. M. ist dem KLreise Grottkau, welcher den Bau einer Kreischaussee von Perschkenstein über Reisewitz nach Groß⸗Karlowitz ausgeführt hat, gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßigen Unter— haltung der Straße das Recht zur Erhebung des Ch aussee— gelͤdes nach den Bestimmungen des Chausseegeld-Tarifs vom 79. Februar 1849 einschließlich der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen, sowie der sonstigen,« die Erhebung betreffenden zusätzlichen Vorschriften vorbehaltlich der Abänderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestimmungen verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeld⸗Tarif vom 29. Februar 1340 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗Polizeivergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung kommen.

Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre ist bestimmt worden, daß die zur Zeit in Betreff des Tragens der Bärte in der Armee bestehende Verschiedenheit dahin beseitigt werde, daß künftig das Tragen der Vollbärte überall gestattet sei.

Der General der Kavallerie Graf von Waldersee, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und General⸗Quartiermeister, ist mit den Offizieren des Großen Generalstabs nach der Provinz Ostpreußen zur Großen Generalstabs⸗Uebungsreise abgereist.

Potsdam, 15. Juni. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser Friedrich ist ohne Kampf verschieden. Die ganze Familie war beim Ableben zugegen.

Der Reichskanzler Fürst Bismarck ist um 1 Uhr 40. Minuten hier eingetroffen und hat sich nach Schloß Friedrichskron begeben.

Frankfurt a. M., 15. Juni. (W. T. B.) In Folge Ablebens Sr. Majestät des Kaisers bleibt die genf und Effekten-Sozietät heute geschlossen.

Köln, 15. Juni. (W. T. B.) Soeben verkündet die Kaiserglocke im Dome die Nachricht von dem Ableben Sr. Majestät des Kaisers und Königs Friedrich. Flaggen überall halbmast. Börsen sind geschlossen.

Aachen, 15. Juni. (W. T. B.) Nach dem Eintreffen der Trauerbotschaft fingen die Glocken sämmtlicher Kirchen zu läuten an. Häuser in tiefem Trauerschmuck.

Sachsen. Dresden, 15. Juni. (W. T. B.) Die Herzogin von Genua ist heute früh auf Schloß Pillnitz eingetroffen.

Die ganze Stadt hat in Folge des Ablebens Sr. Majestät des Kaisers und Königs tiefe Trauer angelegt; alle öffentlichen Vergnügungen sind eingestellt.

Baden. Karlsruhe, 14. Juni. (W. T. B.) Die Großherzoglichen Herrschaften begaben 6 Vor⸗ mittag, nachdem sie das heutige Bulletin über das Befinden Sr. Majestät des Kaisers erhalten hatten, sofort zu Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta und verblieben einige Zeit daselbst. Der Erbgroßhęerzog und die Frau Erbgroßherzogin, die heute nach Freiburg zurückzukehren gedachten, sind in Baden⸗Baden geblieben.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 14. Juni.

6 C.). Der Großherzog empfing am 12 d. M. auf

chloß Belvedere den beim Großherzoglichen Hofe beglaubigten

Königlich belgischen Gesandten Grafen von Straten— Ponthoz in Abschiedsaudienz.

Sachsen⸗Altenburg. 13. Juni. (Chemn. Tgbl.) Der Herzog ist am Montag über Heidelberg und Baden-Baden zu einem 14tägigen n fen hk nach der Schweiz abgereist.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 14. Juni. (Goth. Ii) In der heutigen Sitzung des gemeinschaftlichen andtages für die Herzogthümer Cob urgetund Gotha wurde zunächst, dem Antrage der Kommission e, das Gesetz eine Abänderung des Gesetzes über die Srganisation der ZJustizbehorden erster Instanz betreffend, angenommen, ebenso der Antrag des Ministeriums, betreffend die Genehmi⸗ gung der Etatsüberschreitung bis zu dem . on 2000 für jedes der Etatsjahre 1887/85 und 1888/80). Hierauf er⸗ songtz die Vertagung des Landtages durch den Staalt⸗Minister von Bonin.

dteuß j. S. Gera, 13. Juni. (Magd. Ztg.) Der regierende Für st hat sich von Schloß Oberstein bei Gera zu einem längeren Sommeraufenthalt nach Schleiz begeben.

Sauburg, 15. Juni. (W. T. B.) Sofort nach Ein—⸗ treffen der Nachricht des Ablebens Sr. Majestät des Kaisers Friedrich wurden Flaggen in Stadt und Hafen halbmast gezogen. Börsen geschloffen

Pest, 14. Juni (W. T. B.)

Oesterreich⸗ Ungarn. In dem Ausschusse der ungarischen Delegation für auswärtige Angelegenheiten wurde das udget des Auswärtigen verhandelt. Referent Falk hob hervor, seit der letzten Session sei eine wesentliche Veränderung der politischen Lage nicht eingetreten. In diesem negativen Resultate liege die günstigste Kritik für die Leitung der auswärtigen Politik; denn diese strebe keinerlei positive Einflußnahme auf den Gang der Orientangelegenheiten an; sie sei lediglich bemüht, das im Berliner Vertrage stipulirte Selbstbestimmungsrecht der dortigen Staaten zu wahren. Referent beantragt, der Ausschuß möge, nachdem der Minister des Auswärtigen in allen Punkten an seinem von den Delegationen gebilligten Programme festgehalten habe und da der gegenwärtige Zustand im. Orient diesem Programme vollständig entspreche und da dieses Resultat mit durch⸗ aus friedlichen Mitteln erreicht wurde, bei den Delegationen beantragen, daß dieselben auch in diesem Jahre der Leitung der auswärtigen Politik ihre volle Anerkennung und Zustim— mung ausdrücken. Apponyi, Csernatony und Horvath schließen sich dem Antrage Falk's an. Alle Redner wünschen, daß in dem Berichte die herzlichste nung zu der Politik be— tont werde, welche in dem Bündniß mit Deutschland aus— gedrückt sei.

Der Minister des Auswärtigen, Graf Kälnoky dankte für die Anerkennung der Seitens der Leitung der auswärtigen Politik geübten Reserve bei der Erörterung spezieller Fragen und gab sodann ein Exposs über die auswärtige Lage. Der Minister hob hervor, daß im Drient in den letzten Monaten nichts eingetreten sei, was eine bleibende Veränderung der dortigen Lage hätte hervorrufen können. Namentlich habe sich nichts ergeben, was die österreichische Regierung drängen könnte, etwas zu thun, was nicht in der Situation liege und auch nicht . Zustimmung und Unterstützung jener Faktoren finden würde, mit denen die Regierung wenn möglich in allen Fragen, namentlich aber in der Srientfrage, einig und gemeinsam vorzugehen wünsche. Allgemein herrsche das Gefühl vor, daß die durch die europäische Lage hervorgerufene Span⸗ nung nachgelassen habe, und diese Beruhigung entspreche allen Wünschen. Andererseits dürfe man sich aber auch der Thatsache nicht verschließen, daß von den Ursachen, welche im letzten Winter und früher die Besorgnisse um den Weltfrieden hervor⸗ riefen, keine geschwunden sei.. Die Fragen über Bulgarien seien bei der politischen Situation im Großen nur ein relativ wichtiger Faktor; sür Festerreich⸗ Ungarn jedoch entschieden wichtiger als für die meisten europäischen Mächte. Wenn an E Monarchie gewisse. Besorg⸗ nisse für die friedliche Entwickelung der Zukunft heran—⸗ träten, so sei deren Qrelle nicht allein in den Zuständen der Balkanhalbinsel zu suchen, sondern in der allgemeinen europäischen Lage, in den Machtverhältnissen der einzelnen Staaten, in den tiefgehenden Divergenzen nicht so sehr der Kabinette als der Bevölkerung, in den Gegensätzen darüber, was zu erhalten und zu zerstören sei, und in den Fluk— tuationen von Ansichten und Gefühlen, die sich zeitweilig glätten, aber auch plötzlich zur Sturmfluth anwachsen können. Diese Verhältnisse müßten neben den Phasen der Orient⸗ frage immer im Auge behalten werden; wenn konstatirt worden sei, daß in den letzten Monaten eine wesentliche Veränderung der politischen Lage sich nicht ergeben habe, so habe sich dies auch auf diese allgemeine politische Lage bezogen. Es sei vielleicht jetzt eine Phase relativer und bedeutender Beruhigung im Vergleich zu der Lage bei Beginn des Jahres. Er wolle keineswegs diese Ruhe fortscheuchen und die Hoffnung schwächen, daß es gelingen könne, die , ,, für die Zukunft auf eine mehr gesicherte

asis zu stellen. Andererseits aber sei es seine Pflicht, darauf hinzuweisen, wie es ebensowohl möglich sei, daß diese Unsicher⸗ heit, unter welcher man seit Jahren zu leiden habe, eine längere Dauer behalte. Diese Erkenntniß habe eben noth— wendig gemacht, daß die Staaten, welche zur Siche— rung ihrer Machtstellung und des Friedens gezwungen waren, ihre Wehrkräfte zu verstärken, sich nicht darauf be— schränken können, unter dem jeweiligen Drucke eines momen⸗ tanen Alarms vorübergehende Sicherheitsmaßregeln zu ergreifen, sondern bedacht sein müssen, auch organisch ihre Kräfte zu stärken und zu vervollkommnen, um ruhig jeder Eventualität, und auch einer unvermutheten, entgegen⸗ treten zu können. Ein solcher Zustand sei aber noch immer besser als der Krieg. Die im Berichte des Aus— schusses angeregte Erwähnung des Bundesvertrages mit Deutschland acceptire er mit größter Befriedigung und Dankbarkeit; es bestehe wohl für Niemand Zweifel darüber, daß die Allianz Oesterreich⸗Ungarns mit Deutschland von allen Völkern der Monarchie als Gewähr des Friedens, als einer der nützlichsten und segensreichsten politischen Akte der letzten Zeit anerkannt werde. Es sei wohl kaum früher ge⸗ schehen, daß ein als geheim abgeschlossener Staatsakt, der auf diese Weise in die Oeffentlichkeit gebracht sei, mit so allseitiger Billigung begrüßt wurde. Dies sei zugleich ein vollgültiger Beweis der vollen Ehrlichkeit und Lauterkeit des Bündniffes, sowie dafür, daß es auf die wichtige Basis der Erhaltung des Friedens und der Staatswohlfahrt beider Theile gestellt fei.

Der Minister stimmt Czernatony vollkommen zu, welcher auf die Wichtigkeit des Bündnisses mit Italien als eines Komplements zu dem Bündniß mit Deutschland hin⸗ ewiesen habe. Gerade für Oesterreich⸗Ungarn, welches . nach Süden, Osten, nach dem Mittelländischen

eer und nach dem Orient, also parallel mit Italien, wahr— zunehmen habe, sei dieses Irc d e bern von großer Bedeutung, abgesehen davon, daß dasselbe ein Verhältniß der Sympathie und Gegenseitigkeit mit einem Nachbarstaat her— stellte, welches nicht nur beiderseits vollkommene Sicher—⸗ 5*. sondern auch ein Einstehen für gleiche Ziele und

nteressen in sich schließe. Der Minister spricht die Genug⸗ thuung über den mit Italien abgeschlossenen Handels— vertrag aus, der gewiß auch beitragen werde, die Freund⸗ schaft beider Staaten zu erhöhen. Besonderes Verdienst an

diesem Erfolg gebühre dem Minister-Präsidenten Crispi, der mit großer Energie und erleuchtetem Verständniß die Richtung der italienischen Politik zu erfassen und zu beleben gewußt habe. Der Minister pflichtet der Bemerkung bei, daß die Interessen der Monarchie in der DOrientfrage mit denen der Balkanvölker identisch seien; doch möchte er sie dadurch ergänzen, daß diese ,n, zugleich euro⸗ päische seien, was für die Stellung Desterreich⸗Ungarnz in dieser Richtung eine wesentliche Stärkung bedeute. Die Ziele der Orientvolitik Oesterreich⸗ Ungarns seien dieselben wie jene der meisten europäischen Kabinete; dieselben wurden in England, welches hierbei wesentlich in Betracht komme und dessen politische Richtung mit der von der österreichisch-ungarischen Regierung bezeichneten vollkommen übereinstimme, mit großer Sympathi⸗ aufgenommen. Nachdem der Minister hierauf noch auf spezielle Fragen einzelner Delegirten über die Drientbahnen und Errichtung eines zwischen Salonichi und Uesküb gelegenen Konsulats geantwortet hatte, beschließt der Ausschuß' ein— stimmig, dem Minister des Auswärtigen die Anerkennung und Zustimmung auszusprechen.

Auf die Ausführungen . betreffs der Erhebung der Gesandtschaft in Madrid zur Botschaft erklärt der Minister-Präsident, es sei für das monarchische Europa von hohem Interesse, daß die weitere Entwickelung Spanien gestatte, jene Stellung wieder einzunehmen, die seiner großen hücd n r en Vergangenheit entspreche. Auf eine Anfrage Falk's wegen der Orientbahnen erwiderte der Minister— Präsident, die Bahn von Salonichi sei recht gut gebaut. Einige Schwierigkeiten, namentlich betreffs des Postdienstes, welche Seitens der türkischen Behörden hervorgetreten, seien bereits beseitigt. Man könne hoffen, daß nunmehr ein ge— sicherter Postverkehr auch künftig keine Unterbrechung erleide; es dürfte noch zwei Mongte dauern, bis die Konstantinopeler Linie zur Eröffnung vollkommen bereit sei. Den Bulgaren müsse man die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie trotz der Schwierigkeiten den Bau der Bahn nicht unterbrochen und denselben ohne Anlehen aus den eigenen Staatseinnahmen bestritten haben, was freilich die Verzögerung erkläre.

Großbritannien und Irland. London, 14. Juni. (W. T. B) Das Unterhaus nahm die zweite Lesung der Weinzoll-Bill an. Der erste Lord des Schatzes Smith gab mit dem Ausdruck des tiefsten Bedauerns Mittheilung von einem heute Nachmittag 3 Uhr in Berlin aufgegebenen Telegramm über den wenig Hoffnung gewährenden Zustand Sr. Majestät des Kaisers Friedrich.

Das Oberhaus nahm die erste Lesung der Regierungs- Bill, durch welche das Aktiengesellschaftsgesetz abge— ändert und insbesondere die Gründung betrügerischer Gesellschaften verhütet werden soll, an.

15. Juni. (W. T. B.) Die Nachrichten über die verhängnißvolle Wendung in dem Befinden des Deutschen

Kaisers haben ö überall lebhaftes Mitgefühl erweckt. Die

Morgenblätter besprechen den Zustand in der theil nahmvollster Weise, spenden der Kaiserlichen Familie, wie dem deutschen Volk Trost und zollen den großen Eigenschaften des Kaiser⸗ Friedrich hohe Bewunderung.

Frankreich. Paris, 13. Juni. (Fr. C. Die Deputirten⸗ kammer setzte heute die Beraihungen über die Reg lemen— tirung der Arbeitszeit in den n, und Werkstätten für Frauen und Kinder fort. Danach sollen die Frauen nicht über zehn Stunden täglich und Unerwachsene bis zum 18. Jahre nicht über acht Stunden arbeiten dürfen. Ein Beschluß wurde nicht gefaßt.

14. Juni. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer nahm den Gesetzentwurf, wonach die Paßgebühren herab— gesetzt werden, ohne Debatte einstimmig an.

Italien. Rom, 14. Juni. (W. T. B.) Der Justiz— Minister hat im Senat das neue Strafgesetzb uch einge— bracht. Die Deputirtenkammer nahm vor dem Eintreten in die Spezial-Berathung des Marinebudgets eine Tagesordnung an, durch welche sie das Vertrauen in den Marine-Minister bekundet. Der Minister-Präsident Crispi ist heute Abend hierher zurückgekehrt.

Spanien. Madrid, 13. Juni. Alkoholsteuergesetz ist in beiden Cortes angenommen worden.

14. Juni. (W. T. B.) Das neue Kabinet ist nun— mehr definitiv wie folgt gebildet: Sagasta inn, Alonzo Martinez Justiz. Armijo Auswärtiges, apdepon Kolonien, Arias Marine, Moret Inneres, Puigeerver Finanzen, Canalejas Arbeiten und Oryan Krieg. Das amtliche Blatt veröffentlicht ein Dekret, durch welches der Chef der Artillerie ermächtigt wird, bei der Firma— Krupp 5 Gejichütze nebst dem dazu erforderlichen Zubehör für 1 920 000 Fr. zu kaufen; dieselben sind zur Vertheidigung der befestigten Küstenplätze bestimmt.

Belgien. Brüssel, 15. Juni. (W. T. B.) Die liberal progressistische Vereinigung hat in einer gestern Abend abgehaltenen allgemeinen Versammlung be— schlossen, sich der Theilnahme an der Stichwahl am nächsten Dienstag zu enthalten.

Amerika. Washing ton, 13. Juni (per Kabel). (A. 6) Präsident Cleveland unterzeichnete heute die Vorlage, welche ein Arbeits- Departement im Staats— Ministerium ins Leben ruft. .

In heutiger Sitzung des Senats hielt Mr. Hale (Maine) eine heftige Rede gegen den Fischereivertrag, Mr. Blair (New Hampshire) lenkte Mr. Hale's Aufmerksam— keit auf die Forts, welche von den Briten in Britisch⸗Kolum— bien errichtet werden. Mr. Hale erwiderte, er glaube nicht daß irgend welche kluge britische Staatsmänner mit einem anderen Gefühl als dem der Besorgniß und Furcht einen Konflikt mit den Vexeinigten Staaten betrachteten Die. Dinge, auf welche Mr. Blair hinweise, stände indeß im Zusammenhange mit dem von Großbritannien stts eingeschlagenen Verfahren. Es treffe Fursorge für die Zu— kunft. Mr. Hale drückte auch die Meinung aus, daß der Plan für eine Schiffseisenbahn zwischen der Fundy⸗Bai um dem St. Lorenzgolfe, mittelst welcher eine hinreichende Anzah von Kanonenbobten nach den Seen zur Beherrschung derselben befördert werden könnten, von großer Wichtigkeit sei.

New⸗-York, 13. Juni (per Kabel). (A. C) Mr. Phelpe, der amerikanische Gesandte am Hofe von St. one, rer. heute an Bord des norddeutschen Lloyddampfers „Aller“ nag England behufs Wiederaufnahme seiner diplomatischen Vb liegenheiten.

(W. T. B.) Das Häusern der

Fin zielbewußtes Vorgehen werde auf diesem Gebiete leicht Wandel

Afrika. Egypten. Kairo, 13. Juni. (A. C.) (Tele- gramm des „Buregu Reuter“) Ein Bot? ist hic , . . mit Briefen, welche Quittungen enthalten uber

fd. Sterl von Lupton Pa ̃ . gefangen K der von den Derwischen

Australien. Sydney, 13. Juni. (A. C

des Bureau Reuter.) Die hier tagende do re mo m tretern der australischen Kolonien, welche die Chinesen⸗Einwanderungsfrage lösen soll, beschloß die Reichsregierung anzugehen, ihre guten Dienste bei Ching anzuwenden zu Gunsten des Äbschlussez eines Vertrags aͤhn⸗ lich dem zwischen China und den Ver. Staaten bestehenden. Die Kolonien ihrerseits wollen die Kopfsteuer aufheben, sowie , vin nn naen . des Tonnengehalts und an Ehinesen würde nicht gestattet

Pässe von Kolonie zu Kolonie zu cg ar .

an im

*

Zeitungs ftimmen.

2

Die „Deutsche volkswirt aftli 8 —⸗

er . hschaftliche Correspon

eutsche Waaren im Auslande. Von dem Grundsatze illi und schlecht, scheint die deutsche Indusfrie in ihren bar e le lin sich gründlich abwenden zu wollen. Und dies mit! vollem Rechte. Denn eine verstãndige und umsichtige Konkurrenz kann in der That ihre Aufgabe nicht darin erkennen, dem Gegner durch eine gewisse Auf⸗ dringlichkeit einen Vorsprung abzugewinnen, sondern ihn durch beffere Dualität der Waare langsam aber sicher zum Rückuge zu zwin gene Ginige sensatignelle Ereignisse der jüngsten Zeit haben die Gediegenheit der deutschen Arbeit und der deutschen Marke in das bellste Licht gestellt. Wir erinnern zu wiederholten Malen an die Sheffielder⸗ Rasirmesser, die mit der Bezeichnung: In Hamburg geschliffen / auf den englischen Markt gebracht wurden Und ohne diese Bezeichnung dortselbst leinen Aksatz finden konnten, an die Bemühungen des fran⸗ bösischen Handels. Ministers Lockrey, den franzöfischen? Marft vor deutschen Yrovenienzen zu verschließen, indem er die Bezeichnnng der⸗ selben als französische Waare dur drakonische Maßregeln zu abnden versuchte mittelst eines Gesetzes, das vor zehn Jahren in Frankreich einfach zu den Unmöglich keiten gehört hätte.

Derartige Symptome lieferten den glänzendsten Beweis für die Berechtigung des Grundsatzes, daß nur der Sieg über den inneren Werth des Fabrikats die Herrschaft und den Genuß der gemachten Eroberung dauernd zu verbürgen vermöge. Bereits in dem Bericht der Handels und Gewerbekammer von Chemnitz für das Jahr 18565 war hervorgehoben worden, das Mittel, durch welches sich die deutschen Fabrikate allem Wettbewerbe zum Tro einen dauernden und überlegenen Platz auf dem Beltẽ sichern werden, bestehe nicht darin, zu der Hervorbringung minder— werthiger Waaren seine Zuflucht zu nehmen, Fondern“ mit Allen Kräften darnach zu streben, immer bessere, edlere und schönere Qualitãten zu erzielen, damit die ausländische Indufstrie nicht mehr den Ruf größerer Vollkommenheit befitze, diefer Ruf vielmehr in erster Linie der heimischen Produktion gebuhre. Bereits erschallen vom Nuslande aus immer lguter die Stimmen, welche die Verbrei—⸗ tungefähigkeit der deutschen Erzeugnisse auf die größere Güte derselben zurückzuführen gezwungen sind. Nach dieser Richtung sind die Hebel einzusetzen, welche einen immer größeren Aufschwung bewirken und dazu führen werden, daß die Superiorität deutschen gewerblichen Fleißes aller Welt vor Augen gebracht werde.

Während nun der. Chemnitzer Bericht im Interesse der Superioritãt, des deutschen Handels die Aufmerksamkeit der Fabri—= lanten auf die Hebung der Qualität der deumschen Waren lenk be. schäftigt sich der diesjährige Handelskammerbericht für Aachen und Burtscheid mit der Frage des nationalen Handels in der Weife, daß er auf jenen Appell zurückkommt, der Ende 1887 an die deutschen

abrikanten ergangen ist: ‚Deutsche Waaren deutsche Marken, eißt es dort, das ist der Grundsatz, der in der deutfchen Geschäftswelt noch immer nicht zur allgemeinen Geltung, gelangt ist. Allzu häufig noch bezeichnen deutsche Fabrikanten ihre Baaren mit außerdeutschen Fabrikationsorten, Marken und Firmen, geben ihnen eine ftemdsprachige Aufmachung und vertreiben sie nah ausländischem Maß und Gewicht, ohne durch einen angemessenen Zu— satz die deutsche Herkunft der deutschen Waare kenntlich zu machen.“ Der Bericht untersucht den im dieser Unsitte, der noch eben aus jenen Zeiten stamme, wo es nothwendig war, die Gediegenheit und Preiswürdigkeit der Waare auf das Conto desjenigen Landes zu schreiben, dessen Sprache, Fabrikationsorte und Namen der Konsument auf der Waare finde. inf den Ruf der deutschen Produktion zu mebren, arbeite man also den Konkurrenznationen in die Hände und die Früchte der mühevollen und, eifrigen Arbeit der deutschen Ge— schäf̃tswelt ernten schließlich Diejenigen, die an der Beseitigung der deutschen Konkurrenz das dringendste Interesse haben, ein Vorgehen, das weder patriotisch noch klug genannt werden kann. Nech beklagenswerther sei es aber, wenn sich deutsche Fabrikanten dazu hergäben, in Deutschland selbst ihre Waaren unter fremdländischer Bezeichnung zu verkaufen. Thatsächlich werden ja allerdings gewisse deutsche Produkte erst auf dem Umwege über das Ausland als nicht deutsches Fabrikat in Deutschland vertrieben.

schaffen; deutsche Moden seien schon durch die Hutmacher mit Erfolg eingeführt und deutsche Möbel haben den Geschmack des Publikumß für das Fremdländische schon verdrängt. Wenn die Fabrikanten est zusammenhalten, werden eben auch auf anderen Gebieten die deutschen Waaren nicht mehr nöthig haben, sich hinter dem erborgten Flitter des Auslandes zu verbergen. . Indem wir auf diese Enunzigtionen zurückkommen, wollen wir nicht verabsäumen, daran zu gemahnen, daß es eben die Wirkungen unserer „praktischen', unserer nationalen Witrthschaftspolitik sind, welche derlei Symptome hervorgebracht haben, während nach den Grundsaͤtzen des „Faissez faires, des Freihandels, es als widersinnig erscheinen würde, wenn man dem Einzelnen zumuthen wollte, er solle sein Privatinteresse auch nur vorübergehend in den Dienst der Allgemeinheit siellen. Der Schutz der heimischen Arbeit und der heimischen Produktion macht sich gerade nach der von, uns hier geschilderten Richtung bereit in der aller— wehlthätigsten, die kühnsten Erwartungen uͤbersteigenden Weise geltend, und es steht zu erwarten, daß ein räftiges, zielbewußtes Vor. i nach den Grundsäͤtzen dieser „praktischen! und „nationalen“

irthschaftspolitik allmählich zu Konseguenzen führen wird, welche auch die starrsten Anhänger des Manchesterthums, insofern dieselben ihre Loyalität nicht gänzlich dem Parteiinteresse untergeordnet haben, zu der Ueberzeugung draͤngen müssen, daß der Leiter unserer jetzigen Wirthschaftspolltik wieder einmal mit einer geradezu staunenswerthen Vorautsicht auf ein großartiges Ziel losgegangen ist.

Der „Schwäbische Merkur“ schreibt:

Die Frage der Arbeiterschutzgesetzgebung wird in absehbarer Zeit kaum von der Tagesordnung verschwinden. Seit Jahren besteht in ihr ein gewiffes Bäͤßverhältniß zwischen dem Reichstage und den ver⸗ 'ündeten Regierungen. Die Volksvertretung hat eine Reihe von Schutzbestimmungen in fertige, gesetzgeberische Form gebracht, der Bundesrath aber unterläßt es, diefen Beschlüssen beizutreten. Im Grunde wird indeß kein Ünbefangener behaupten wollen, daß die Re⸗ Rerungen an Arbeiterfreundlichkeit hinter dem Reichstage zurückständen. Der Üinterschied wird vieimehr darin zu fuchen fein, daß der Reichs . die in der Schutzfrage zu thuenden Schritte mehr unter dem Ge— sichtsyunkt des menschlich Berechtigten und Wünschenswerthen, der Bundesrath sie mehr unter dem Gefichispunkt der praktifchen Durch⸗

msoweniger verdenken können, als sie nicht nur die gesetzgeberiiche, ndern auch die administrative Verantwortung für die betr. Gesetze übernehmen haben. Je länger diese Fragen erörtert worden sind, nsomehr hat sich gezeigt, daß sie gegenüber der verwickelten Mannig-⸗ ltigkeit des wirklichen Lebens meistens noch nicht als spruchreif gesehen werden können. Inzwischen sind die entsprechenden Elamentarischen Verhandlungen gar nicht ohne Nutzen gewesen. & haben ohne Zweifel nicht wenig dazu beigetragen, daß sich inen Kreisen der Arbeitgeber heute doch eine weit groͤßere Bereit wigkeit zeigt, sich im Interesse der Gesundheit der Arbeiter gewisse

schränkungen aufzuerlegen, als noch vor wenigen Jahren. Und so hat sigeine Entwickelung angebahnt, der gegenüber die Schwarzmalerei, mi welcher einzelne Parteien ihre Agitation für die Ärbeiterschutz= ges gebung ausstatten, als vollständig grundlose Uebertreibung erseint. Sehr deutlich erhellt dies aus dem Jahresbericht des Fabrikinspektors fuͤr Württemberg. Aus demselben ist zu entrhmen, daß neben den Unfallverhütungsvorschriften der Be- rufs mossenschaften auch die zur Fernhaltung gesuudheitt schädlicher Einsisse von den Arbeitern bestimmten Maßnahmen immer allge einere Anwendung finden, daß besonders für eine ersprieß⸗ liche Befriedigung des Wohnungs-, theilweise auch des Nahrungs—⸗ bedünisses Seitens der Arbeitgeber Sorge getragen wird. Bie Arbeszeit scheint in Württemberg fast nur in der Textilindustrie eine bermäßige Länge aufzuweisen. Ziemlich dieselbe Beobachtung wird im übrigen Deutschland gemacht. Daß diesem ungesunden Verhäniß ein Ende gemacht werden muß, wird immer mehr an—⸗ erkannt ebenso aber auch, daß der zweckmäßigere Weg dazu die frei⸗ willige Verstãndigung der Berufsgenossen, nicht der gesetzliche Maximal ader Nrmalarbeitstag ist. Es ist erfreulich, daß diese Ansicht auch Seitens des württembergischen, Fabrikinspektors in einer Weise vertheidzt wird. welche darauf schließen läßt, daß sie in den dortigen industriellen Kreisen vielfach getheilt wird. Auch das Kapitel der Sonntagsarbeit bespricht der in Rede stehende Jahres. bericht, ind es erhellt wieder einmal, daß dasselbe, soweit das Gebiet der eigetlichen Industrie in Frage kommt, durchaus nicht von der Bedeutng ist, zu welcher eine gewisse Agitation es aufbauschen möchte. Das Wort des Berichts: „Die Fabrikanten wissen sehr wohl, die Sonntagsarbeit an sich schon ganz unvortheilhaft . dürfte s ziemlich allgemein in Deutfchland zutreffen. Von beson⸗ derem Qferesse sind auch die Feststellungen des Berichts in Bezug auf die Frauen⸗ und Kinderarbeit. Eine extreme, nicht nur von den Sojaldemokraten vertretene Forderung will die Ausschließung des Weis aus der Fabrikindustrie überhaupt. Dem gegenuber ist hervorzuhben, i der württembergische Inspektor nachtheilige Folgen de Fabrikbeschäftigung für weibliche Arbeiter nicht gefunden at. Und besonders kann er auf Grund der Urtheile vorzugsweise zuständiger Männer berichten, daß die sittliche Haltung der industri⸗ ellen Bevöltrung hinter derjenigen der laͤndlichen nicht zurücksteht. Hinsichtlich der Kinderarbeit endlich ist zu erwähnen, daß die in der württemberg schen Industrie schon an sich geringe Beschäftigung von Kindern noh mehr abgenommen hat. Die gleiche Beobachtung macht man fast überall in Deutschland. Nach alledem ist die An= nahme wohl nicht zu gewagt, daß in unseren Arbeiterverhãltnissen eine aus der freien Entschließung der Arbeitgeber entstandene Besse⸗ rung in erfreulichem Fortschreiten begriffen ist.

Amtsblatt des Reichs ⸗Postamts. Nr. 26. Inhalt: Verfügungen: vom 8. Juni 1888. Wegfall der besonderen Zwischen⸗ Zuittungen der bei Postagenturen beschäftigten Landbriefträger über die Entschädigungen für Bestellung und Einfammlung der mehr als 25 Eg schweren Packete ꝛc. Vom 11. Juni 1888. Postverbindungen nach den Inseln Föhr und Sylt.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Ams „* Stadt Berlin sind bei den Fiesigen Stände s är“ in der Woche vom 3. Juni bis inkl. ĩ zur Anmeldung gekommen:

Cx *

227 Eheschließungen, s IU lbendgeborene, 26 Todtgeborene, 544 Sterbefälle.

Dres den., Die Ergebnisse der Gewerbezäh lung vom 5. Juni 1882 liegen nunmehr, nachdem die für das Reich bearbeiteten Trgebnisse vor einiger Zeit veröffentlicht sind, auch für das Königreich Secsen in einer besonderen Verarbeitung in der Zeitschrift des Königlich Sächsischen Statistischen Bureaus“ (2. Suprlement zum 22. Jahrg. 1886) vor. Das umfangreiche Heft, welches das Statistische Bureau des Königlichen Ministeriums des Innern über die gewerbtreibenden Personen und die Gewerbe betriebe Sachsens herausgegeben hat, kann insofern als eine wichtige Ergänzung der auf Sachsen bezüglichen reichsstatiftischen Veröffent lichungen gelten, als es die spezifisch sächsischen Eigenthümlichkeiten des Gewerbslebens auch besonders eingehend behandelt. Zu diesen ge⸗ hören namentlich die hervorragende Skellung der Textilindustrie und der Hausindustrie, denen besondere Abschnitte gewidmet sind, alsdann die in Sachsen besonders starke Betheiligung des weiblichen Geschlechts an der industriellen Güterproduftion. Bei der Bearbeitung der Gewerbe Statistik sind Haupt« und Nebenbetriebe unterschieden worden. Zu den Hauptbetrieben hat man alle diejenigen gerechnet, in denen minde stens eine Person mit ibrer e p err n n, thätig ist, sei es als Geschäftsleiter, Gehülfe, Arbeiter u. s. w. in der Betriebsstäͤtte selbst, sei es vom Betriebe aus in der Hausindustrie, oder auch in Straf— und Besserungs ⸗Anstalten. Betriebe dagegen, in welchen keine Person mit, ihrer Hauptbeschäftigung thätig ist, die vielmehr eine oder mehrere Personen lediglich nebensächlich beschäftigen, sind als Nebenbetriebe betrachtet worden. Die Sahl der 1887 in Sachsen ermittelten, in 20 Gewerbegruppen unterschiedenen Hauptbetriebe beträgt 313 140. Davon gehörten 109278 (349 9M) zur Textilindustrie; 71 7609 (22,9 d) zur Gruppe Bekleidung und Reinigung; 35 519 (11,30) zum Handelsgewerbe; 18 825. (6 0½) zur Gruppe der Nahrungs und Genußmittel; 8347 (2.70) zum Baugewerbe. Die Zahl der in allen Hauptbetrieben beschäftigten Personen betrug 753 760. Von diefen arbeiteten 235 690 (29,79 ο) in der Textilindustrie; 114 157 (14,4 0½ά') in den zur Bekleidung und Reinigung gehörigen Gewerben; 68 641 (8,6 6) im Handelsgewerbe; 54 954 (6,8 o) in der Nahrungs⸗ und Genuß— mittelindustrig; 51 75 (6,50 /o) im Baugewerbe. Mit Rücksicht auf die in den Betrieben verwendeten , unterscheidet die 1882 er Gewerbe⸗Statistik Hauptbetriebe mit Motoren und Haupt⸗ betriebe ohne Motoren. Die Zahl der Hauptbetriebe mit Motoren, in denen zusammen 214 651 Personen beschäftigt wurden, beträgt 9789, diejenige der Hauptbetriebe ohne Motoren, in welchen 579 109 Per⸗ sonen arbeiteten, 305 351. Es betrug enn m f , die Zahl der beschäftigten Personen in einem Hauptbetricbe mit Motoren 2173 und in einem Hauptbetriebe ohne Motoren 1,9 o. Hinsichtlich der in den Betrieben beschäftigten Personen sind unterschieden worden: Betriebe ohne Gehülfen (212 749), Betriebe mit 1 bis höchstens 5 Gebülfen (88 221 mit 233 940 Personen) Betriebe mit mehr als 5. Gehülfen, und zwar Betriebe mit 6 bis 19 Personen (4991 mit 40 193 Perfonen), Betriebe mit 11 bis 50 Peisonen (6864 mit 123 448 Perfonen), Betriebe mit 51 bis 200 Personen (114 mit 100 062 Personen), Betriebe mit 201 bis 1000 Personen (193 mit 71 738 Personen) und Betriebe mit mehr als 1600 Personen (8 mit 11749 Personen). Von den ermittelten 46 307 Nebenbetrieben entfallen 13 367 auf die Textilindustrie und 12 336 auf das Handelsgewerbe. Fast 9g Zehntel der Nebenbetriebe sind Alleinbetriebe Johne Gehülfen und Motoren). In der für Sachsen wichtigsten Industriegruppe, der Textil industrie, nimmt hinsichtlich der Zuhl der Betriebe und der in den- selben beschäftigten Perfonen die Weberei die erste Stelle ein. Als—⸗

führbarkeit beurtheilt. Und das Letztere wird man den Regierungen

dann folgen die Strickerei und Wirkerei, die Häkelei, Stickerei und

Spxitzenfabrikatian, die Posamentenfabrilation. Was die Betheiligun des weiblichen Geschlechts an der Gewerbthätigkeit anlangt, so ist dieselbe in Sachsen beträchtlich stärker, als im Deutschen Reich über⸗ haupt; denn während von allen Gewerbthätigen im Deutschen Reich nur 20,5ß Prozent weiblich waren, betrug dieser Prozentsatz für Sachsen 27,78. Dieses stärkere Hervortreten weiblicher Elemente in der gewerbtreibenden Bevölkerung Sachsens hat seinen Grund vorzugs- weise in der starken Entwickelung der sächsischen Tertilindustrie, welche einen größeren Prozentsatz weiblicher Personen beschäͤftigt, als fast alle anderen Gewerbegruppen. Auch die Gruppe der Bekleidung und Reinigung, welche die verhältnißmäßig größte Zahl weiblicher Personen beschäftigt, ist in Sachsen relativ stärker ver⸗ treten als im Deutschen Reich. In Bezug auf, die Verwendung weiblicher Personen zu gewerblichen Arbeiten heißt es in diesem neuesten Heft der sächsischen statistischen Zeitschrift: daß es allerdings zu wünschen sei, dahin zu streben, daß wenigstens die verheiratheten . aus den Fabriken verschwinden und mit der Zeit dem häus ichen Herde und der Pflege ihrer Kinder zurückgegeben werden. Anders stehe es mit den nicht verheiratheten weiblichen Personen. Sobald sich dieselben nicht in einer Haushaltung oder in der Kinder pflege nützlich machen können, liege es in ihrem eigenen wie im gesammten volkswirthschaftlichen Interesse, daß sie ebenso wie die Männer einen bestimmten Beruf auszufüllen suchen; sie sollten daher auch ebenso wie die Knaben nach dem Verlassen der Volksschule zu einem bestimmten Beruf vorgebildet werden.“

Nach der Wiener Wohn.“ Ztg.“ hat sich im Vergleich zum Vorquartal am 1. Juni d. J. die Zahl der leerstebenden Woh nungen von 3613 auf 3698 und die Zahl der zu den nächsten Ter— minen (August oder Nopember) zu vermiethenden Wohnungen von 2501 auf 2806 erhöht. Die Gesammtzahl der leerstehenden und der zu den nächsten Ausziehterminen zu vermiethenden Wohnungen hat sich von 6114 des Vorquartals auf 6504, also um 390 Wohnungen, ver⸗ mehrt. Diese Zunahme der zu vermiethenden Wohnungen beruht darauf, daß viele Familien ihre Stadtwohnung über den Sommer auflassen und auf das Land ziehen. Leerstehende und zum August, bezw. November⸗Termin zu vermiethende Wohnungen entfallen: Auf die Zinskategorie bis zu 200 Fl. Zins 1112; auf die Zinskategorie von 201 –- 400 Fl. Zins 2567; auf die Zinskategorie von 401 606 Fl. Zins 1179; auf die Zinskategorie von 601 - 1000 Fl. Zins 965; auf die Zinskategorie von 1000 2000 Fl. Zins 531; auf die Zinskategorie von 2001— 5000 Fl. Zins 154; auf die Zinskategorie von mehr als 5M Fl. Zins 6. Die kleinste Zahl leerstebender und zu den nächsten Terminen zu vermiethender Wohnungen entfällt somit auf die Zinskategorie von 201 bis 400 Fl. Jahreszins, und dieser zu— nächst auf die Zinskategorie von 401—605 Fl. Jahreszins. Von einem Mangel an kleinen und kleineren Wohnungen kann somit keine Rede sein, umsoweniger, als von den Wohnungen der allerkleinsten Zinskategorie d. i. bis zu 200 Fl. Jahreszins gleichfalls 1102 theils leerstehen, theils zu vermiethen sind.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

„Unter der Linde“ betitelt W. Heimburg sieben Novellen, wel be, zu einem Bändchen vereinigt, im Verlage von Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig, erschienen. Unter den beliebten Schrift— stellerinnen nimmt W. Heimburg eine hervorragende Stelle ein. Ihr anmuthiges Erzählertalent hat sich in einer Reihe fesselnd und ge— schickt geschriebener Romane und Novellen, welche in beliebten Journalen und in Buchform erschienen, auf das Beste bewährt. Die vorliegende Sammlung weist neben gut Gelungenem auch weniger Werthvolles auf. Zu den besten diefer kleinen Novellen gehört unstreitig die erste, betitelt: Am Abgrund“, in welcher mit pöfychologischer Feinheit die Seelengqualen eines in einen verhaßten Beruf wider Willen hinein gedrängten jungen Mannes geschildert werden; sie ist künstlerisch am befsten durchgearbeitet und verdient die an sie gewandte Mühe wegen des in

ihr behandelt dxkbaren Stoffes. Schwächer ist schon die zweite Novelle: Unsere Hausg ockẽ⸗ wei we n ihrem tone ellen Derlarf

ä aber den Durchschnittsstandyunkt kaum erbebt. Auch die dritte Männe? erreicht troß ihrer gemüthvollen Schilderung nicht die erste, und die übrigen; ‚In der Webergasse', Gréeßmütterchen und Aus meinen vier Pfählen“ sind nur mittelmäßige Schöpfungen. Immerhin wird das vorliegende Bändchen seinen Leferkreis finden, der sich an demselben erfreuen dürfte.

„Ueber chinesisches Theater“ betitelt sich eine kleine Schrift, welche soeben im Verlage der Schulze'schen Hof-⸗Buchhand lung (A. Schwartz), Oldenburg und Leipzig, erschienen sst. Der Ver— fasser von Minnigerode, giebt hier eine interessante Schilderung des chinesischen Theaterwesens, welches von dem unsrigen so erheblich abweicht, daß ein Vergleich kaum zu ziehen ist. Das chinesische Theater wurde einer Sage nach von dem Kaiser Ming Weng, welcher ungefähr um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts regierte, ge= gruͤndet, kam aber nicht zu rechter Blüthe und wurde erst wieder ins Leben gerufen durch drei talentvolle Männer, Tin, Tau und. Tschung; dem Letzteren verdankt das chinesische Thegter seinen akrobatischen und musikalischen Theil. Dem Publikum im Allgemeinen wurde der Besuch des Theaters aber erst ungefähr ums Jahr 1730 gestattet, nachdem Hong Hai, der zweite Kaiser aus der jetzigen Dynastie, durch einen Befebl die Erlaubniß zur Errich—⸗ tung eines öffentlichen Theaters in Peking gegeben hatte. Zur Er— innerung an die drei Gründer Tin, Tau und Tschung findet alljährlich einmal eine besondere Festfeier statt, welche drei Tage dauert und zwar ist von jedem Tage ein ganzes Drittel für diese Feier ausschließ⸗ lich bestimmt. Der Verfasser bietet in seinem Buch eine anziehende Beschreibung eines solchen Festes, dem er in San Francisco beiwohnte. Er schildert die Absonderlichkeiten, Ueberräschungen und phantastischen Ideen des Stückes, dessen kurzgefaßten Inhalt ein Schauspieler in folgenden einfachen Worten ankündigt: „Heute ist der Geburtstag der Göttin der Gnade, wir wollen Alle hingehen und ihr Glück wünschen⸗ Und nun folgt die meist vanto— mimische, durch Akrobatenkunststücke, Aufzüge, symbolische Ceremonien unterbrochene Handlung. Der Name des besten Schauspiels, das in chinesischer Sprache geschrieben ist, lautet: Lok-Kewog-Fong; es handelt fast ausschlicßlich von der Vereinigung der fechs chinesischen Königreiche durch den Premier ⸗Minister Schung, einige hundert Jahre por. Christi Geburt. Ursprünglich waren die Schauspiele in Cbina rein historischen Inhalts, bald aber traten gewisse Nuancirungen ein, sodaß man jetzt sieben verschiedene Abarten unterscheiden kann, namlich: J. Fu - Tscheng (Rein histo⸗ risches Schauspiel oder Trauerspiel), II. Fai Wud Eustsviel), IIl. Di- Ju (Platonisches Liebesdrama), IV. Tai Mong (Höͤßfisches Drama), V. Hong Koi (Ritterliches Drama), VI. Juen. Wang (Ver⸗ folgungsdrama), VII. PoJeng (Das Verdienst belohnende Drama); die drei letztgenannten sind Melodramen. An die Bedeutung dieser Bühnenwerke, die darin bearbeiteten Stoffe in ihrem Zusammenhange mit den öffentlichen und sittlichen Zuständen in China, knüpft der Verfafser eine Reihe charakteristischer Bemerkungen, welche eine eingehendere Kenntniß der chinesischen Gesellschaft vor aussetzen. Der Schauspielerstand ist kein geachteter in China. Der Schauspieler ist ron jeglicher Vertrauens⸗ stellung oder staatlichen Anstellung ausgeschlossen, ebenso seine Söhne, Enkel und sonstige Nachkommenschaft. Möchte die finanzielle Stellung eines Schauspielers aber noch so glänzend sein, es wurde fich kein Chinese dazu hergeben, Berufsschauspieler zu werden und somit einem Stande anzugebören, der zu den verächtlichsten der verächtlichen ebört. Weil aber das Gesetz den Schauspielern nebst ihren Nach= kommen das Ergreifen eines anderen Berufes streng verbietet, weil fie sozusagen vervehmt sind, halten sie es nicht der Mühbe für werth, Ersparnisse anzulegen und stecken sogar ziemlich tief in Schulden. Das Resultat davon ist, daß San Francisco die beste chinesische Schauspielertruppe besitzt, weil viele Schauspieler, aus finanziellen Rücksichten gezwungen, ihrem Vaterlande den Rücken kehren. Das anregend geschriebene Buch wird für viele Lifer von Interesse sein. Der Preis desselben beträgt 1