1888 / 186 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Jul 1888 18:00:01 GMT) scan diff

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weit mehr hatten sich an den Ufern und auf dem 2. nach Peterhof angesammelt; von Allen wurde der

Kaiser äußerst warm und herzlich begrüßt. Die Damen des Kaiserlichen Hauses und Hofes, welche den Kaiser an der Peter⸗ hofer Landungsbrücke erwarteten, trugen sämmtlich hellfarbige Toiletten, die Kaiserin erschien in Weiß. Bei dem Familiendiner in Peterhof erschienen alle Damen in großer Toilette; die Tafelmusik wurde von der Hofkapelle unter Leitung des Kapellmeisters Fl.ege ausgeführt. Nach dem Diner wurde auf dem Balkon der Kaffee eingenüammen; im Garten concertirte ein Trompeter⸗Corps. Ein Toast wurde bei der Tafel nicht ausgebracht. Nach derselben machten die Kaiserin und Kaiser Wilhelm eine Rundfahrt im Parke.

St. Petersburg, 2. Juli. Ueber den gestrigen Empfang Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm wird weiter gemeldet: Außer Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland wohnte die gesammte Kaiserliche Familie, mit Ausnahme der Mitglieder. die verreist sind, ferner der Erbprinz und die Erbprinzessin von Schaum—⸗ burg⸗Lippe der ersten Begegnung bei. Von Ministern waren Graf Worontzow Daschkow, Giers und Wannewsky, ferner die Botschafter von Schweinitz und Graf Schuwaloff, die Militär⸗Bevollmächtigten Graf Kutusoff und Oberst von Villaume erschienen. dem Wagen des Großfürsten Wladimir hatte der Staats⸗-⸗Minister Graf Bismarck Platz genommen. An der Spitze der beim Palais aufgestellten Ehrenwache des Leibgarde⸗Grenadier⸗Regiments zu Pferde empfing den Hohen Gast der Chef dieses Regiments, Großfürst Michael der Aeltere.

Ist in einer Urkunde mehreren Personen Voll⸗ macht zur Ausführung eines Geschäfts ertheilt, wobei es den Bevollmächtigten uͤberlassen ist, die durch die Führung des Geschäfts bedingte Mühewaltung unter sich zu vertheilen, so braucht nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civil— senats, vom 14. Juni d. J, in Preußen nur ein Vollmachts⸗ stempel (von 1,50 MS) dazu verwendet zu werden.

Der hiesige Königlich serbische Gesandte, Milan Pétronisvitch, hat Berlin verlassen, um sich auf drei Wochen nach Kissingen zu begeben.

Der General-Lieutenant von Lewins ki, Inspecteur der 2. Feld⸗AUrtillerie⸗Inspektion, hat sich behufs Besichtigung nach dem Schießplatz bei Jüterbog begeben. ;

Der General⸗Stabsarzt der Armee, Professor Dr. von Lauer, Leibarzt Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Chef der Medizinal-Abtheilung im Kriegs-Ministerium, hat einen längeren Urlaub nach Rehme angetreten.

Das Kreuzer-Geschwader, bestehend aus den Schiffen „Sophie“, „Carola“, „Olga“, ist am 19. Juli er. in Zanzibar eingetroffen.

6 Sachsen. Dres den, 19. 2 (Dr. J) Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, und die Prinzessin Mathilde sind heute früh zu einem kurzen Besuch der Fürstin von Hohenzollern nach Franzensbad gereist.

Baden. Karlsruhe, 19. Juli. Die Rede Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs bei dem gestrigen Schluß der Ständeversamm lung lautete nach der „Karlsruher Ztg.“ wörtlich wie folgt:

Edle Herren und liebe Freunde! In sorgenvoller Zeit hat dieser Landtag begonnen; und während Sie in der langen Tagung sich Ihren vielseitigen Aufga ben zu widmen hatten, sind schwere Schicksalsschläge bereingebrochen, welche Mich und Mein Haus in tiefe Trauer hüllten. Der unersetzliche Verlust, der Unsere Elternherzen so schmerzlich be⸗ troffen hat, ließ Uns die innige Gemeinschaft tief empfinden, in welcher Leid und Trauer von Meinem Volke mitgetragen wird. Er⸗ hebend und trostreich war es Uns, in dieser Leidenszeit so warmes Mitgefühl in wohlthuendstem Ausdruck zu erfahren.

icht minder woblthuend waren die erhebenden Kundgebungen des Schmerzes, als Unser e unsere engere Heimath, unser Deutsches Reich durch den Verlust der beiden theueren Kaiser so schwer geprüft ward. Die Ereignisse, welche in rascher Folge unser deutsches Vaterland im innersten Leben erschütterten, waren geeignet, die Liebe zu Kaiser und Reich noch fester zu be— gründen; sie werden dazu beitragen, die Regierung Kaiser Wilhelm's H. zu einer gesegneten zu gestalten. In dank— barem Herzen bewahre Ich die reichen Beweise treuer Theilnahme, welche Mir und den Meinigen in den ereignißvollen Tagen schwerster Heimsuchung aus allen Theilen des Landes und aus Ihrer Mitte entgegengebracht werden sind. Ver⸗ trauen wir auf die Gnade Gottes, die uns schon so oft Kraft gab, harte Prüfungen im Glauben an Seine Liebe zu überstehen, daß Er uns erkennen lasse, wie Seine Wege uns zum Heile führen.

Durch die größere Zahl und Bedeutung der Ihnen gestellten Aufgaben hat der gegenwärtige Landtag Ihre Thätigkeit in nicht ge⸗ wöhnlichem Maß in Anspruch genommen.

Gerne und dankbar erkenne Ich die Ausdauer und volle Hin gebung, mit welcher Sie die Vorlagen Meiner Regierung berathen und ohne Ausnahme zur Erledigung geführt haben. Auf mannig⸗ faltigen Gebieten der körperschaftlichen und staatlichen Einrichtungen werden damit längst erkannte Bedürfnisse befriedigt, wohlbedachte Fortschritte und Verbesserungen erreicht, zu weiteren Bemühungen um die Förderung des Volkswohls neue Anregungen gegeben sein.

Der leitende Gesichtspunkt unserer kirchenpolitischen Geseßzgebung, daß die Kirchen und kirchlichen Vereine im Staate ihre An—

elegenheiten frei und selbständig ordnen und verwalten, ift Dank hrer einsichtsvollen Mitwirkung nun auch auf dem wichtigen Ge⸗

biet des Besteuerungsrechts der Konfessionsgenossen für örtliche kirch⸗

liche Bedurfnisse zu erwünschter Durchführung gelangt.

Wenngleich über den weiteren Entwurf bezüglich der rechtlichen Stellung der Kirchen ein volles Einverständniß nicht erzielt werden konnte, s ist doch schließlich eine werthvolle Einigung dahin erfolgt. daß einige Beschränkungen der kirchlichen Freiheit aus den Zeiten des Kampfes, auf welche heute verzichtet werden darf, beseitigt und ,, sehr wesentliche Berechtigungen auf dem wichtigen Gebiet der Erziehung der Geistlichkeit zugestanden worden sind.

Ich will Mich gerne der Hoffnung hingeben, daß dieses Gesetz die Eintracht des Landes, dieses edle und kosthare Gut, fördern und zur Befestigung des freundlichen Verhältnisses Meiner Regierung auch zu dem katholischen Kirchenregiment beitragen werde.

In dem schon in nächster Zeit zum Vollzug gelangenden Landes. gesetz, welches die Einführung des Reichsgesetzes über die land und forffwirthschaftliche Unfall und Krankenversicherung ordnet, haben die keimathlichen Verhältnisse ausgiebige Berücksichtigung , ,. die Wohlthaten, welche jetzt einem weiteren und namhaften Theile unserer arbeitenden Bevölkerung für die Tage der Hülfsbedürftigkeit gewäbr⸗ leistet sind, werden nicht am wenigsten dazu beitragen, dem verewigten

oßen Kaiser ein unvergängliches dankbares Andenken auch dafür zu ichern, daß Er es gewesen, welcher zur Lösung der sozialpolitischen Auf⸗ gaben unserer Zeit die edelsten und mächtigsten Impulse gegeben hat.

Die weitaus größte und mühevollste. Arbeit ist dem Landtage Nurch die umfafsenden Vorlagen beschieden gewesen, welche die nicht

länger verschiebliche durchgreifende Reform der Beamtengesetzgebhung zum Ziele hatten. Ich habe dieser Aufgabe und allen bisherigen Ver⸗

suchen, ibr gerecht zu werden, stets Meine besondere Aufmerksamkeit zugewendet, und gebe gerne Meiner hohen Freude Ausdruck daß beide Kammern gleich Meiner Regierung vor den Schwierigkeiten und dem Ernst dieser Aufgabe nicht zurũckgeschreckt sind und daß nunmebr eine Lõsung efunden wurde, welche, wie Ich koffe und vertraue, ebensowobl dem nterefse des Staats wie den billigen Erwartungen seiner Diener zu

enisprechen geeignet ist. . . —AUnd mit nicht minderer Genugthuung begrüße Ich es, daß im Anschluß an dieses len, , durch Ihre auf dem Ge⸗ biet der Volksbildung stets bereite Opferwilligkeit es gelungen ist, auch dem wichtigen Stand der Elementarlehrer ohne weitere Be⸗ lastung der Gemeinden eine wesentliche Verbesserung seiner materiellen Stellung zu verschaffen. ; . ; .

Zu dankbarer Befriedigung gereicht es Mir, daß Ibre sorgfältig erwogenen Bewilligungen im Staatsbudget nicht blos ausgiebige Mittel zur Förderung allgemeiner Kultur! und Wohblfabrtszwecke ge währt, fondern auch neue Grundlagen zur Festigung der guten Ord⸗ nung unseres Staatshaushalts geschaffen haben. ö

Edle Herren und liebe Freunde! Mit aufrichtigem Dank für Ibre pflichtgetreue, einsichtsvolle und unermũdliche Thätigkeit und mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen begleite Ich Sizus:i Ibrer Rückkehr in die heimathli Len Kreise Mögen J bern ungestörten Einvernehmen mit Meiner Regierung rer g Arbeiten dem Lande reiche Früchte tragen, und möge uns zur Erhaltung und fortschreikenden Entwickelung seiner Wohl⸗ sabrt der innere Friede nicht fehlen. Das Reich, das inmitten der schmerzlichsten Verluste unerschüttert geblieben ist, wird auch fortan unser starker Schutz nach außen sein. ] .

Zu diesem Ausblick auf glückliche Zeiten wolle Gott Seinen Segen geben!

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Eisenach, 209. Juli. (W. T. B.) Der in Wilhelmsthal weilende Großherzog hat sich gestern Abend bei dem Aussteigen aus dem Wagen eine Verletzung des rechten Fußes zugezogen; sein Be⸗ finden heute ist den Umständen nach befriedigend.

Braunschweig. Braunschweig, 19. Juli. (K.) Die Leiche des am 17. 8. Vormittags hier so plötzlich verstorbenen preußischen außerordentlichen Gesandten, Kammerherrn Karl von Normann, ist am Mittwoch Abend 9 Uhr von Schrader's Hotel nach der Kapelle des Centralfriedhofs geschafft worden. Bei der Ueberführung war, außer der hier eingetroffenen, tief gebeugten Gemahlin des Verstorbenen und dem Amtsrichter von Normann aus Potsdam, der Schloßhauptmann von der Mülbe in Vertretung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen, Regenten des Herzog— thums Braunschweig, erschienen, und vom Herzog— lichen Staats-Ministerium hatte sich der Wirkliche Ge⸗ heim Rath Dr. Otto eingefunden; wir bemerkten auch die Frau Gräfin Görtz-⸗Wrisberg in der Kapelle des Centralfriedhofs. Nach einer Bestimmung des Entschlafenen bleibt die Leiche drei Tage im geöffneten Sarge stehen. Es wird daher die Ueberführung der Leiche nach Greifswald in aller Stille erst am Freitag Abend erfolgen. Morgen Mittag 12 Uhr findet in der Kapelle des Friedhofs, welche herrlich geschmückt ist, ein feierlicher Trauergottesdienst statt. Se. Königliche Hoheit der Regent ließ heute durch den Schloß⸗ hauptmann von der Mülbe am Sarge des Verstorbenen einen Lorbeerkranz mit Schleifen in den Landesfarben niederlegen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 19. Juli. (W. T. B.) Das „Armee⸗Verordnungsblatt“ veröffentlicht ein Handschreiben des Kaisers an den Feldzeugmeister, Freiherrn von Kuhn, in welchem anläßlich des Hojährigen Jubiläums des— selben der hervorragenden und erfolgreichen Dienste, welche er im Frieden wie im Kriege geleistet, in der schmeichelhaftesten Weise gedacht wird. Da die vollständige Bereitstellung der Armee eine anderweitige Besetzung des Kommandos erfordere, wird der FZ3M. von Kuhn bei Versetzung in den disponiblen Stand ünd mit dem Vorbehalt anderweiter Verwendung unter dem Ausdruck der Anerkennung für die bisherigen ausgezeichneten Dienste von dem bisherigen Posten enthoben. .

Zara, 18. Juli. e Der Landtag beschloß, nach Prüfung der Thätigkeit des Landesausschusses, demselben für seine Thätigkeit Anerkennung auszudrücken. Alsdann wurde die Landtagssession geschlossen.

Großbritannien und Irland. London, 18. Juli. (A. C.) Die Königin reiste heute Morgen, begleitet von der Prin— essin Beatrice, von Schloß Windsor nach Osborne, auf der 86 Wight. ö

stunmehr ist der Wortlaut der Vorlage veröffentlicht worden, kraft welcher eine Sonderkommission eingesetzt wird „behufs Untersuchung der gegen gewisse Mitglieder des Parlaments und andere Personen von den Beklagten in der jüngsten Verhandlung eines Prozesses, betitelt: O'Donnell wider Walter und Genossen, erhobenen Anschuldigungen.“ Die Zahl der Mitglieder der Kommission ist auf drei beschraͤnkt. Die Kommission darf Zeugen vernehmen und sie zur Aussage von Thatsachen und zur Vorlegung von Schriftstücken zwingen. Dagegen darf gegen Zeugen wegen ihrer gemachten Enthüllungen keine erichtliche Verfolgung eingeleitet werden, ausgenommen wegen

steineides. Die Parteien können sich durch Sachwalter ver⸗ treten lassen. .

Es ist immer noch nicht festgestellt, ob das Parlament in diesem Jahre eine Herbst-Session haben wird. Der Minister Smith soll sich erst gestern in der Unterhaltung dahin geäußert haben, daß sich eine solche schwer werde vermeiden lassen. Selbst wenn die Budget⸗Voranschläge in der zweiten Woche des August erledigt sind, so verbleibt noch die Bill bezüglich der Haftpflicht der Arbeitgeber, die Eisenbahntarif⸗Bill und die neue . Landankaufs vorlage zu bewältigen, was sicherlich drei bis vier Wochen in Anspruch nehmen dürfte. Die Minister selbst sind nicht urn daß das Parlament bis in die zweite Hälfte des September versammelt bleibt, und betrachten deshalb eine he fe für das geringere von zwei Uebeln,

Da die heute beginnenden 6 ungen auf den bei Kilrush gelegenen Gütern des Obersten Vandeleur

u vielen Erörterungen im Parlament und in der Presse fahre dürften, so hält die Times“ es für angemessen, den Thatbestand festzustellen: ;

Vor einiger Zeit wurde auf diesen Gütern von den Pächtern der Feldzugsplan angenommen. Dennoch bestand gute Aussicht auf einen friedlichen Vergleich, bis die Abgeordneten Dillon und Sheebhry nach Kilrush kamen und die Pächter zum 6 n de g ö ve , die . ohne jegliche ahlun von zu behalten, ist au diesen ger nur zu ers , ausgeführt worden. Am 1. Mai 1857, seit wann überhaupt nichts mehr gezablt wurde, waren bereits fast alle Pächter zwei Jahre Pacht schuldig. Viele schuldeten sogar drei bis vier, und einige sechs Jahre Pacht. Im vorigen Jahre gewährten die Landkommissäre in An⸗

betrackt des Fallers der Preise der landwirtbschaftlichen Pro⸗ dukte eine durchschnittliche Reduktion der Pachtzinsen von 321 00. Um sich versöhnlich zu zeigen, erbot sich Obecst Vandeleur, alle nicht richterlich festgestellten Pachten in demselben Maße zu er niedrigen und auch an allen seit 1851 richterlich bestimmten ein gleiche Reduktion vorzunehmen. Ferner sollten alle bis zum März 1885 entstandenen Rückftãnde geschenkt werden, falls die auf obige Weise erniedrigte Pacht für ein Jahr gezablt würde. Die Pächter verlangten aber Streichung aller bis zum März 1887 erwachsenen Rückstãnde, eine weitere Reduktion der richterlich festgesetzten , um 25 o und der nicht richterlich fest⸗ gesetzten um 10 009. Das Maßlose dieser Forderung tritt klar zu Tage, und es lag auch nicht der geringste Vorwand vor, dem Guts berrn ein Ultimatum zu überreichen.“ 19. Juli. (W. T. B) Das Unter haus erledigte heute die Berathung sämmtlicher Artikel der Lokalver⸗

waltungs⸗Bill.

Frankreich. Paris, 19. Juli. (W. T. B.) Prä⸗ sident Carnot empfing heute in Chambérn die höheren Beamten und die Generale Saussier und du Bessol, sowie den Erzbischof, begab sich darauf nach Aix-Les⸗Bains und wird heute Abend über Vizille seine Reise nach Grenoble sortsetzen.

20. Juli. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Floquet begab sich gestern nach Grenoble, um daselbst den Präsidenten Carnot zu erwarten. Bei dem ihm zu Ehren von der Munizipalität veranstalteten Banket forderte der Minister alle Republikaner auf, sich um den Präsidenten Carnot zu schaaren.

Boulanger hat an die Wähler des Departements Ardeche ein neues Rundschreiben gerichtet, in welchem er bedauert, sich ihnen nicht persönlich vorstellen zu können.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 17. Juli. (St. Petersb. Ztg.) Durch ein vom Kaiser be—⸗ stätigtes Reichsraths⸗Gutachten sind in dem Wehr— pflichtgesetz einzelne Veränderungen in den bisherigen Be⸗ stimmungen getroffen worden. Die gesammte Dienstzeit im Landheer ist für die nach dem Loose Eintretenden auf achtzehn (früher 15) Jahre festgesetzt davon fünf (früher 6) Jahre im aktiven Dienst und dreizehn (früher 9) Jahre in der Re— serve. Für Personen, welche bestimmte Grade wissenschaft— licher Bildung erlangt haben, werden, wenn sie ihre Dienstpflicht nach dem Loose ableisten, kürzere Diensi— fristen von bez. 7, 3 und 4 Jahren im aktiven Dienst und 16, 15 und 14 Jahren in der Reserve, bei der Flotte 6 Jahre aktiver Dienst und 4 Jahre Reserve festgesetzt. Von der Wehrpflicht befreit sind die Geistlichen sämmtlicher christlicher Konfessionen und die griechischzorthodoren Psalmensänger. Aerzte, Magister der Veterinärwissenschaften, die Pensionäre der Kaiserlichen Akademie der Künste, welche zu ihrer Ausbildung ins Ausland geschickt werden, die Lehrer an den Kronsanstalten bleiben in Friedenszeiten vom aktiven Dienst befreit und werden der Armee⸗Reserve auf 18 Jahre zugezählt.

20. Juli. (W. T. B.) Die russischen Blätter sprechen die Ueberzeugung aus, daß durch die Kaiser— Zusammenkunft eine neue Friedensaera ange— bahnt worden sei. Der Begrüßungsartikel der Neuen 5 beglückwünscht Deutschland, indem er dessen mächtiger

ntwickelung zur See gedenkt, zu den erzielten glänzenden Ergebnissen. In ganz Rußland bestehe der Wunsch, daß die früheren gu'en Beziehungen der beiden mächtigen Nationen fortbestehen möchten.

Nach den bis jetzt getroffenen Bestimmungen wird am Freitag, den 20. Juli, im Lager zu Krasnoje Selo die große Parade sämmtlicher Truppen zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm 1I. stattfinden, während für den Nachmittag große Galatafel im Schlosse zu Peterhof angesetzt ist. Am Sonnabend, den 21. Juli werden beide Monarchen St. Petersburg be—⸗ suchen, dort verschiedene Sehenswürdigkeiten in Augenschein nehmen und dann dem Galadiner in der deutschen Botschaft beiwohnen. Die Rückkehr nach Peterhof erfolgt Abends.

Italien. Rom, 19. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte, in Beantwortung einer von dem Deputirten Chiala anihn gerichteten An frage, der Minister-Präsident Crispi: eine Verständigung Italiens mit Abyssinien sei durch die bedeutungsvollen Ereignisse, die sich in diesem Lande vollzogen hätten, nämlich durch den Tod des Sohnes des Negus und durch die Erfolge der Derwische, welche fortwährend an Macht gewännen, verzögert worden. Namentlich durch diese Erfolge der Derwische würde Abyssinien lebhaft beeinflußt. Er glaube demnach, man könne neuerdings auf eine Verständigung mit Abyssinien hinstreben, um zu einem praktischen und ehrenhaften Resultat zu gelangen. Was die Zanzibar⸗Angelegenheit anbelange, so sei bezüglich derselben ein vollständiges Einvernehmen Deutschlands und Englands mit Italien vorhanden; es sei daher anzunehmen, daß die Angelegenheit recht bald zu einem billigen und gedeihlichen Abschluß gelangen werde. Im weiteren Fort⸗ gang der Sitzung wurde die Vorlage über die Kommunal⸗ und Provinzialreform in geheimer Abstimmung mit 259 gegen 19 Stimmen angenommen. Hierauf 5 die Kammer auf den Antrag Leroy's, welchem das Haus sich an— schloß, dem, Präsidenten Biancheri ihren lebhaften Dank aus für seine Leitung der Geschäfte. Sodann vertagte sich die Kammer. Der Präsident schloß die Sitzung mit den Worten: „Auf Wiedersehen im November, immer beseelt von Ergebenheit für König und Vaterland!“ (Lebhafter Beifall.)

Amerika. Washing ton, 19. Juli. (W. T. B.) Die Repräsentantenkam mer beendete heute die Be⸗ rathung der einzelnen Artikel des Tarifentwurfs.

Asien. China. Shanghai, 17. Juli. (A. C) Alle Bemühungen, den durch die Ueberschwemmung des Hoanghs verursachten Damm bruch zu schließen, haben sich . . 6 vergeblich erwiesen, trotz enormer Opfer an Arbeit und Geld.

Afghanistan. Sim la, 18. Juli. (RN. B.) Der Emir von Afghanistan hat in der Nachbarschaft von Jel la⸗ labad eine Armee von Mann zusammengezogen, welche egen den aufständischen Shinwari⸗Stamm ope⸗ riren soll. .

Afrika. Ein Telegramm des „Reuter schen Bureaus aus Pietermaritzburg, vom 18. Juli, meldet: -

Die Abgesandten Dinizuln's erklärten in ihrer gestrigen Unterredung mit dem Gouverneur Sir Arthur Havelock, daß das Feuern Seitens einer Streitmacht von Usutus auf die Dragoner am J. Juni der unuberlegten Handlungöweise eines jungen Eingeborenen e, , sei, der von Dinizulu keine Ermãch/ tigung dazu gekabt habe. Ferner behaupteten sie, daß zwei Usutu ˖ Unter .

bändler bei ibrer Ankunft von Eingebornen angegriffen und verwundet werden seien. Die Abgesandten beschuldigten auch Mr. DOeborne der GEntstellung der Weisungen des Gouver⸗ neurs. Sir Arthur Havelock erwiderte: er wäre außer Stande, die Angelegenhrit * erörtern, so lange Dinizulu in Waffen stände Er fügte hinzu, daß Dinizulu, während die Abgesandten unter⸗ wegs waren. Usibepu angegriffen, und daß er die Eingeborenen auf⸗ gewiegelt habe, statt sich zu bemühen, Frieden zu stiften.

Zeitungõstimmen.

Zu der Kaiser-Begegnung schreibt der „Berliner Börsen⸗Courier“:

Auf der Rhede von Kronstadt sind gestern die Kaiser von Deutschland und von Rußland zusammezgetroffen, bat der Selbst⸗ berrscher aller Reußen den Kaiser Wilhelm II. als seinen Gast feier lich und herzlich begrüßt.

Der Besuch des Deutschen Kaisers bei seinem russischen Ver⸗ wandten ist unter allen Umständen ein Geschehniß von großer Bedeu⸗ tung. So lange Fürsten an der Spitze von Staaten ffehen, so lange Monarchen das dauernde Element der Staatepolitik in der wechselnden Herrschaft der Parteien bilden und namentlich der auswärtigen Politik ihr versõnliches Gepräge aufdrücken, so lange werden Monarchenbegegnungen immer von Einfluß auf die politischen Verkältnifse sein. Ganz besonders muß dies bier der Fall sein, wo zwei Fürsten einander be⸗ gegnen, deren Machtvollkommenheit in der Bestlmmung ihrer aus- wärtigen Politik kaum einer anderen Beschränkung unterliegt, als welche sie selbst anzuerkennen für gut befinden. Im vorliegenden Fall tritt die Bedeutsamkeit der Begegnung noch ganz befonders hervor, schon durch die äußeren Umstande, unter denen sie stattfindet, und außerdem durch die Motive, welche zu der Begegnung geführt baben. Was die äußeren Umstände betrifft, so ist es neu und gerade desbalb besonders bemerkenswerth, daß Kaiser Wilhelm den Weg ju seinem russischen Nachbar jur See gemacht hat, be gleitet von einem überaus stattlichen Kriegsgeschwader. Anders als auf diese Weise wäre die. Entfaltung eines militärischen Pompes von Seiten des Gastes nicht möglich gewesen, denn es ging nicht wohl an, daß der Deutsche Kaiser in einem fremden Lande etwa in der Begleitung oder vielmehr an der Sxitze einer Militärmacht erschien. Die neutrale See, welche Niemandes ist, gestattete dem Deutschen Kaiser, bis dicht an die russische Hauptstadt mit einem Gefolge zu kommen, das einen mächtigen Fürsten ankündigte. Von russischer Seite wurde ein ähnlicher Arparat aufgeboten. Vor der Rhede von Kronstadt lag ein russisches Kriegsgeschwader in Parade Aufstellung, gleichsam eine Ehrenwache für den Kaiserlichen Gast, und der russische Car kam seinem erlauchten Freunde zur See entgegen, auf neutralem und doch russischem Gewässer, ihm berzlichen Will kommen bietend.

Was den Kaiser Wilhelm veranlaßt hat, den Weg nach Rußland

zur See zu nebmen, entzieht sich der öffentlichen Kenntniß. Stattlicher

als die Bahnreise ift die Meerfabrt jedenfalls und., wenn man so sagen darf, Kaiserlicher, obwobl der Deutsche Kaiser keines äußeren Appa- rates bedarf, um als ein mächtiger Fürst zu erscheinen. Es wäre müßig, Erwägungen darüber anzustellen, weshalb es dem Kaiser Wilhelm gefallen hat, den Weg nach St. Petersburg so zurückzulegen, wie Er es geiban; genug, daß es gescheben und daß die prächtige Reise gut zurückgelegt worden ist. Gerade die Langsamkeit der Fahrt ge⸗ währte dem Kaiser Wilbelm die Möglichkeit, in täglicher Verbindung mit der Heimath zu bleiben und von der See aus, wohin Ihm Nach- richten gebracht wurden, auch Verfügungen nach Haus zu erlassen. Der spontanen Entschließung Kaiser Wilhelm's ist die Art des in St. Petersburg jetzt abgestatteten Besuchs zuzuschreiben, seiner spontanen Entschließung ebenso die Abstattung des Besuchs über⸗

baupt. Kaiser Wilhelm hatte in der Thronrede, mit welcher er am

25. Juni den Reichstag begrüßte, den Gefüblen persönlicher Freund⸗ schaft zu dem Zaren Alexander II. von Rußland Ausdruck gegeben, und dieser wörtlichen Versicherung ist nunmehr die thatsächliche Be⸗ stätigung gefolgt. In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ wurde mehrfach der russischen Presse gegenüber ausdrücklich darauf bingewiesen, daß Kaiser Wilhelm keine Anregung von russischer Seite aus abgewartet habe, um einen Antrittsbesuch in St. Petersburg zu machen, und es wurde e betont, daß bierin ein Akt auszeichnender Höflichkeit zu sehen sei. Es wurde dies gesagt gegenüber den Versuchen der vanflavistiscken russischen Presse, dem Besuch des Deutschen Kaisers am Hofe des russischen Zaren eine der Wichtigkeit dieses Aktes abträgliche Deutung zu geben und gleichzeitig durchblicken zu lassen, als sei die Reise des Deutschen Kaisers eine Att von Canossagang. Diese Insolenz ist mit der ver⸗ dienten Schärfe zurückgewiesen worden. Es muß aber auch hervor geboben werden, daß solche Insolenzen sich nur in gewissen pansla⸗ viftischen Blättern fanden, während das amtliche russische Blatt dem Deutschen Kaiser Worte freundschaftlichster und ehrerbietigster Begrüßung widmete. J ö

Wir wollen nicht untersuchen, ob jene Insolenzen und ihre Er⸗ widerung blos der üblen Laune einzelner Personen entsprangen, ob es sich dabei blos um Druckerschwärze handelte, die in unzweckmäßiger Weise auf Papier vertheilt war, oder ob binter den betreffenden ussischen Publizisten, welche durch ihren Zank einen Mißklaag in die eier der Begegnung brachten, Männer von thatsächlichem Einfluß tanden. Selbst wenn letzteres der 9 war, so ist doch unverkenn⸗ bar, daß auch mächtiger Männer Einfluß nicht hinanreicht an die Macht und den Einfluß der in erster Reibe betheiligten Persönlichkeiten der beiden Kaiser; und daß diese einander in alter Freundschaft sich ge⸗ väbert haben, ist eine Thatsache, die sich in keiner Weise wegdeuten

Eine Antrittsvisite hat die Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ den Besuch des Kaisers Wilbelm in St. Petersburg genannt, und wabrscheinlich hat sie diesen Ausdruck nicht ohne Absicht gewählt. Wahrscheinlich steht damit auch in Zusammenhang. daß Kaiser Wilhelm auf dem Räckwege von St. Petersburg in Stockholm und in Kopenhagen einen Besuch zu machen beabsichtigt, und daß er vor kat, im Herbst auch den Monarchen von Oesterreich⸗ Ungarn und von Italien einen Besuch abzustatten. Es ist jedoch unferes Wissens bisher nicht Brauch gewesen, daß Fürsten nach ihrer Thronbefteigung per sönlich Visiten bei ihren Standesgenossen machten. Die Notifikation der Thronbesteigung geschiebt durch besondere Botschafter und Gesandte, aber persoͤnliche Befuche waren nicht Brauch. Wenn jetzt dieser Brauch eingeführt werden soll. so ist dagegen sicherlich nichis einzuwenden, selbst dann nicht, wenn man den neuen Brauch blos desbalb einen solchen nennt, um die Bedeutsamkeit der Peters burger Reise einigermaßen abzuschwächen. Kaiser Wilhelm hai unter allen Umständen von allen Fuͤrsten dem Zaren von Rußland die erste Aufmerksamkeit eines solchen Befuchs erwiesen. und darin liegt eine politische Bedeutung dieses Besuchs über das Ausmaß eines gewöhn⸗ lichen Höflichkeitsbesuchs hinaus. Die Leitung der deutschen Politik ist in zu sicheren und zu bewährten Händen, als daß man befürchten dürfte,; der Besuch leite eine Aenderung in der Richtung unser Politik ein. Gegen eine solche Annahme schützt die wiederholte und umzweideutige Versicherung des Kaisers Wilhelm, an den Traditionen seiner Vorgänger auf dem Throne Deutschlands fest kalten ju wollen. So kann denn der Befuch Kaifer Wilhelm's in St. Petersburg nur das Jiel verfolgen, unbeschadet der bestebenden Bündnißverträge mit Oefferreich⸗Ungarn und Italien, die freundschaft⸗ lichen Beziehungen zu Rußland neu zu festigen und gegen solche An⸗ griffe zu kräftigen, die vor Ja l et in mehrfacher Wiederholung versucht worden sind und zeitweilig auch zu einer bedenklichen und be= dauerlichen Spannung geführt haben.

Ueber den Fortgang der deutschen kolonialen Unter⸗ nehmungen äußert die Stagtsbürger⸗Zeitung“:

Die Gegner der deutschen Kolonialpolitik haben sich jahrelang bemũht, die Werthlosigkeit unserer afrilanischen Besitzungen zu be

weisen, und das geschab durch zwei gleich schwache Gründe: einestheils wurde jeder Todesfall eines Deutschen fel von Fieber, jede Ver⸗ wundung eines Forschers mit großem Geschrei registrirt, und andern ˖ tbeils wurde immer wieder gefragt, wo denn die Schätze wären, welche aus unseren Kolonien kommen. Nun ist zunaͤchst fest⸗ justellen, daß der bedeutende Handeltumsatz der Deutschen an den afrifanischen Küsten schon eine genügende Rechtfer⸗ tigung unserer kolonialen Unternehmungen, wäre denn die lächerlichen Redensarten von „Fieberlöchern ˖ zu beant- worten, lohnt sich überhaupt nicht, so lange die kolonialfeindlichen Kreise nicht ernstlich zur Auswanderung aus dem Dixphtheritis⸗ und Lungenentzündung loch Deutschland ratken. Wenn aber nach Kolonial vrodukten gefragt wurde. welche auf deutschen Pflanzungen in Afrika gewachsen sind, so mußten jene Zweifler und Frager doch bedenken, daß Pflanzen, wie Kaffee, Kakao und andere Jahre gebrauchen, ebe sie Früchte tragen. Plantagenanlagen erfordern überhaupt immer Jabre, selbst wenn Staudengewächse darauf gebaut werden, welche innerhalb eines halben Jahres schon Früchte geben; es muß der Boden erst aus dem Zustand der Wildheit in Kulturland um⸗ gewandelt werden, Stationen angelegt werden, welche im ersten Jahre vollauf zu tbun haben, nur für ihre eigenen Bewohner und Arbeiter die nothwendigen Nährpflanien jzu bauen; erst dann kann es an den Anbau für den Export geben. Jetzt sind vier Jahre verflosen, seitdem Deutschland Kolonien besitzt, Jahre stetiger Arbeit, und nun kommen auch die Erfolge. Das vielgenannte Kamerun, wo die rübrigen Hamburger Firmen E. Woermann und Jantzen u. Thormälen arbeiten, hat auf seinen Pflanzungen die ersten bedeutenden Erfolge aufzuweisen. Die Kamerun Land und Plantagen⸗ gesellschaft bat ebenso geräuschlos ihre Arbeit begonnen, wie es seiner . die Hamburger Handelsbäuser getban, welche die westafrikanischen Kolonien dem Reich zugeführt haben, und ebenso überraschend kommen jetzt die Nachrichten über die Erfolge auf den Plantagen, wie damals sich die Kenntniß über die Besitzergreifung verbreitete.... Fast könnte man diese Nachrichten als den Beginn einer neuen Epoche in der Entwickelung unserer afrikanischen Besitzungen be—⸗ trachten; denn so handgreiflich wie in Kamerun ist der Fortschritt der Kolonien dem Mutterlande nirgends gemacht worden. Die übrigen Tolonien baben alle Veranlassung, sich heranzuhalten, damit sie binter Kamerun nicht zurückbleiben, und damit in kürzester Zeit dasjenige veranstaltet werden kann, wodurch erst in den weitesten Kreisen Ver⸗ ständniß für unsere überseeischen Unternehmungen geschaffen werden kann: eine Kolenialausftellung, welche übersichtlich zeigt, was die ein. zelnen Gebiete leisten. Das deutsche Kapital, welches noch immer zurückbält, wird damit den Muth gewinnen, sich binauszumachen, und es wird auch beurtbeilen können, in welchen Gebieten es die meiste Aussicht auf Erfolg hat.

Etatiftische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin

sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom s. Juli kis inkl. 14 Juli er. zur Anmeldung gekommen: 300 Eheschließungen, 928 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene, 606 Sterbefãlle. . Ueber die Theekultur in Britisch⸗Ostindien bietet ein soeben erschienenes Werk von Feistmantel (Prag, Calve) folgende geschichtlich⸗ftatistische Daten, die wir einer Besprechung in Peter- mann's Mittheilungen! entnehmen. Die Kultur begann in Assam im Jahre 1837 und rerbreitete sich von da aus weiker. In Bengalen wurde Thee zuerst 1843 in Tschittagong erzeugt; jeßt ift er in vielen Distrikten beimisch, besonders in Dardschiling (seit 1856), in Cevlon seit 1873; auch in Britisch⸗Birma finden sich einige Pflanzungen. Für das Jahr 1882,85 berechnet, ergaben die Theepflanzungen in Assam einen Ertrag von 51126 199 Pfd. Sterl.; die bepflanzte Fläche umfaßte 189 8.52 acres (L aecre 4047 ha); die Pflanzungen in Bengalen (5 698 acres) lieferten 11 740 290 Pfd. Sterl., diejenigen in nordwestlichen Pro—⸗ vinzen (8427 aeres) 1242 350 Pfd. Sterl, das Pendschab (8172 aeres) 1331 002 Pfd. Sterl, Madras (5551 aeres)] 503 S59 Pfd. Sterl, Birma (191 aeres) 1329 Pfd. Sterl.; für Ceylon feblt die Ertrageziffer; die bepflanzte Fläche umfaßte rund 102 000 Pfd. Sterl. Ganz Indien (ohne Ceylon) hatte 188283 3407 Theepflanzungen mit einem Flächeninhalt von 267 7103 aeres und einem Ertrage von 945 011 Pfd. Sterl. In Indien werden gegenwärtig drei Varietäten der Camellis thea gepflanzt: die einheimische, die chinesische und die aus der Kreuzung beider hervorgegangene (der sogenannte Hybrid), welche den besten Thee liefert. Mit der Ausdehnung der Theekultur in Indien bat sich auch die Ausfubr, die sich (mit Ausnahme des Madras. Thee s)o in Kalkutta konzentrirt, bedeutend gesteigert, geht aber fast aus⸗ schließlich nach England. Im Jahre 1886557 betrug sie 78,8 Millionen Pfund, wovon nach England 75,9, nach Australien 1.5, nach Amerika OI und nach allen anderen Plätzen 111. In Großbritannien verdrängt der indische Thee immer mehr den chinesischen, dem er beigejetzt wird, um ihm einen besseren Geschmack und Geruch zu geben. Das Ver—⸗ hältniß war: im Jahre 1865 39 indischer, 9 o chinesischer Thee, im Jahre 1370 1100 indischer, 89 oo chinesischer, 1375 1600 indischer, 8470 chinesischer, 1889 28 0 indischer, 72 chinesischer, 1585 39 00 indischer, 5l oo chinesischer Thee.

Kunfst, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage von Friedrich Luckbardt hierselbst sind soeben erschienen; Alexander“, Drama von Hans Herrig, dritte umgearbeitete Auflage (Preis 2.40 ), und Die Braut von Alsen“, Schauspiel in 5 Akten, ron Rudolf Hermann (Preis 146. Das erstere Drama war als Buchdrama bereits geschãtzt und auch gelesen, wie die Zahl der Auflagen beweist. In der neuesten sind vom Verfasser die Forderungen der Bühne mehr berück- sichtigt als früher, und ir solcher Gestalt wird der eifrige Bühnen⸗ reformator und Begründer des deutschen Volkstheaters in Worms dasselbe gewiß dort zur Auffübrung zu bringen, sich angelegen sein lassen. R. Hermann 's Schauspiel Die Braut von Alfen“ ist eine sinnige dramatische Gabe der Erinnerung an die Siegestage des Jahres 1864. Das Werk stellt den Kampf zwischen der Liebe zum Vaterlande und derjenigen des Weibes zum Manne poetisch dar und dürfte sich vorzüglich zur Aufführung in Offizierskreisen eignen.

Festschrift zur Fentennar-⸗Feier Ludwig's JI. Königs von Bayern. Von baxerischen Schriftstellern und Künstlern. München 1885. Jos. Roth, Königl, und Herzogl. bayer. Hof— buchhändler. (Preis 1 AÆ) Der Münchener Journalisten und Schriftsteller Verein hatte im Jahre 1886 die Herausgabe eines Ge—⸗ denkbuches zur Fentennar Feier König Ludwig's L von Bayern“ ange⸗ regt und bayerische Schriftfteller und Künstler zur Betheiligung an dem Unternehmen eingeladen. Die nothwendig gewor dene Verschiebung der Feier ließ dieses in größerem Umfange 86 Gedenkbuch nicht jur Ausführung gelangen., und an seiner Statt erschien nun die vorliegende r iche Dieselbe wird eingeleitet durch ein schwung volles Festgedicht von Dr. Hermann Lingg, mit allegorischer Zeichnun von Cduard Unger, Dann schildert zunächst Dr. Hans Reidelba König Ludwig's J. Wirksamkeit als Herrscher und seine geschichtliche Bedeutung (dazu eine Abbildung des Geburtshauses des Monarchen, s r, als 2jãhriger Pfalzgraf und eine Reyrgduktion des Gemãldes, welches ihn im reichen Krönungzornat zeigt) Dem Aufsatz folgt das Gedicht des Königs an seinen Sohn Luitvold zu dessen Geburtsfest, mit dem Faesimile der Unterschrift und dem Porträt Sr, Königlichen Hoheit des Prinz Regenten, von Wilhelm Trübner. Sodann zeigt degations · Rath Pr. Ludwig Trost in zahlreichen mitgetheilten Bruch = stuͤcken aus Briefen an den Prinzen Otto, nachmaligen König von Griechenland, ein wie zärtlich besorgter Vater König Ludwig J. ge⸗ wesen (dazu ein figurenreiches Bild, den König im Kreise seiner

Familie darstellend), Auch eine musikalische Komposition bietet die in nämlich das von Martin Greif gedichtete, von Norbert Hoft in Mußik gesetzte, kymnenartige Ludwigslied.. König Ludwig's wiederholten Aufenthalt in Rom schildert Dr. Karl Theodor Heigel; seine dortige Wohnung, die Villa Malta, ist dem Aufsatz voran abgebildet. in teren schließen sich nunmehr Aufsätze, welche Ludwig's J. Ver⸗ bältniß zu den zeitgenössischen Dichtern, die Pflege der Tonkunft an seinem Hofe und seine Fürsorge für Industrie und Handel zum Gegen⸗ stand haben; dieselben sind von J. Herzfelder. W. Frevstätter und Dr. M. Haushofer verfaßt. Dann folgen wieder festliche Beiträge in gebundener Rede von Emilie Ringseis (An Ludwig J., mit Bildniß des Königs im Greisenalter), Dr. Franz Englert (. Ludwig J. in der Walhalla'). Friedrich Beck (. Neues Walhalla Lied), und Hartwig Peetz (. Frauenchiemsee's Dank‘). Dr. P. F. Krell erinnert an König Ludwig's Besuch auf der Akropolis im Jahre 13835 (dazu eine Zeichnung von W. Lindenschmit), und Friedrich Teicher schildert ibn als Griechenfreund. Auch der Besuche Ludwig's im Atelier Stieler's, des Malers seiner berühmten Schönbeiten Galerie, wird in Bild (von Josef Flüggen) und Wort gedacht; mebrere der kleinen Sedichte, zu denen er bei der Entstehung dieser Bilder angeregt wurde, sind in dem betreffenden Artikel abgedruckt. Dichtungen, wie, der Kaiserdom zu Svpever“', von George Morin, „Kronprinz Ludwig in Straßburg“ (1809), von Ferdinand Wilfertb, ‚Srlvester Sieb ig“, von Julius Grosse, „König Ludwig's J. letzter Gruß an München“, von Adolf Pernwerth von Bärnftein, Vor dem Königssarge in der Basilika', von Karl Zettel, reihen sich an. Den weiteren Inbalt des Hefts bilden interessante Erinnerungen an den König. von Theodor Pixis, und Beiträge zur Charakteristik dessel ben, von Dr. Tutschek, mit einer Abbildung der von A. Heß modellirten Büste des Monarchen. Em bumoristisches altboarisches Gedicht von Maximilian Schmitt, eine Anekdote aus dem Lehen des Königs bebandelnd, macht den Beschluß. Mit ihrem eben skitzirten reichen, mannigfaltigen Inhalt und ihrer künstlerischen Autstattung bildet die Schrift eine würdige Festgabe. Der verhältnißmäßig sebr billige Preis dürfte der weiten Verbreitung derselben förderlich sein.

Die Bau und Kunstgewerbe-Zeitung für das Deutische Reich mit Album? (redigirt von A. Nothnagel; Expedition: Berlin 8sW. 48, Wilhelmstr. II6) bringt als Lichtdruck. Beilagen (Album) zu ihren neuesten Nummern (18 is 20 II. Jabr- gangs) wohlgelungene Aufnabmen von Schloß Friedrichs kron und dem Stadtschloß in Potsdam, dann von dem malerischen, stilistisch reiz vollen Buchbändlerhause in Leipzig und seinem prächtigen Feftsaal, dem nicht minder interessanten Renaissancebau des neuen Prediger bauses von St. Nikolai ebendaselbst mit seiner bemalten Façnde, ferner von dem Dienstgebäude des Generalftabes in Berlin, mehreren der prächtigsten neuen Geschäfts: und Wohnbäuser in Berlin. dem St Hedwig · Krankenbause hierselbst, weiter ein vaar geichmackvolle, sinnige Entwürfe zu zwei blinden Fenstern für das Sparkassengebäude in Jena, eine reiche moderne Zim mereinrichtung, Portale schmiedeeiserne Gitter :ꝛc. An größeren Beiträgen entbalken die Nummern Aufsätze von TE Glericus, über den Spiegel und seine Umrahmung in ibrer Be—⸗ deutung für den Schmuck der Wohnung, über russische Mosaik— arbeiten, über den Parillon der Stadt Wien auf der Jubiläums Gewerbe⸗Ausstellung in Wien, über farbige Bildwerke, über die Er sffnung des Kölner Kunst Gewerbe Museums ꝛc., ferner ausführliche Erläuterungen zu den Lichtdrucken, Mittheilungen über Preis. Erledi⸗ gungen und Preis-Ausschreibungen, Technische Notizen, literarische Besprechungen, die Patentliste 2c. Der Akonnementspreis für das Blatt und die Kunstbeilagen (ca. 100 Lichtdrucktafeln) beträgt jäbt ˖ lich 2 46 (Verjandtspesen inkl. Scutzmapven für die Lichtdrucktafeln 3 „6 jährlich), für das Blatt allein 10

Gewerbe und Handel.

In der Generalversammlung der Danziger ODelmüble, Petter, Patzig u Co. wurde die Bilanz genebmigt und den per sönlich haftenden Gesellschaftern Decharge ertheilt. Ferner wurde das ausscheidende Aufsichtsratbsmitglied. Konsul Müller⸗-Berlin, wiedergewäblt. Zur Erledigung der übrigen Punkte der Tages ordnung war die Versammlung nicht beschlußfähig; zu dem Zweck wird eine neue Generalpersammlung auf den 8. August cr. einberufen. Aus dem Geschäftsbericht beben wir folgende Mitthei⸗ lungen bervor: Die Vertheilung des Gewinnes von 391 942 * ge—⸗ schieht in folgender Weise: 1) Abschreibungen 89 12 „6, 2) Reserve⸗ fonds J 300 von 302000 S 15 100 S , 3) Dividende der Prioritäts⸗Aktien 500 von 100000 50 000 S, 4) Reserde—⸗ fonds II 500 von 302 000 Æ 15 000 S, 5) Dividende der Stamm-— Aktien 5 Jo von 100009 16 50 000 , 6) Tantiemen 51 540 . 7) Suverdividende für die Stammaktien 2 0 von 1000000 , 20 000 6, 8) Suverdividende, Stammaktien 5 ½υ von 1000 000 50 000 ½, Prigritätsaktien 5 Cο von L 009009 6 50 000 6ε, o Vor- trag auf neue Rechnung 260 6 Die Dividende der Stammaktien beträgt also im Ganzen 120.

Die Dividende der Stendal⸗Tangermünder Eisen⸗ babn⸗Stammaktien ist für das verflossene Betriebsjabr auf 40! festgesetzt worden.

Die Generalversammlung der Aktionäre der Körbisdorfer , genebmigte einstimmig die Vertheilung von 590

ividende und ertheilte Entlastung. Die Aufsichtsrathsmitglieder wurden wiedergewählt.

Der Verern der Wiener Handels ⸗Akademie“ bat soeben seinen 16. Jahresbericht versandt. Dem vom Direktor der Akademie, K. K. Regierungs⸗Rath Prof. Dr. Rudolf Sonndorfer ver⸗ faßten Rechenschaftsbericht über das 39. Studienjahr seit der Grün dung der Anstalt entnehmen wir folgende Angaben: Das dritte Dezennium der Wiener Handels ⸗Akademie ging unter sebr günstigen Auspieien zu Ende. Die Inskription bei Beginn des Studienjabrs ergab folgendes Resultat: Für den einjährigen Kursus für Abiturienten von Mittelschulen wurden 80 Hörer, für den dreijäbrigen Kursus der Akademie sammt der Vorbereitungsklasse 598 Schüler inskribirt. Im Abiturienten⸗Kursus waren von den 80 Hörern: 31 katholischer, 9 vrotestantischer, 4 griechischer und 36 israelitischer Konfession. Nach dem Lande der Geburt waren: 22 aus Ungarn, 15 aus Galizien, 12 aus dem Auslande, 8 aus Wien, 8 aus Mähren, Taus Schlesien, 8 aus Böhmen, TW aus Steiermark und je einer aus Salzburg, Kärnten und Tirol. In Bezug auf die Muttersprache waren 45 Deutsche, 16 Polen, 11 Magvaren, 5 Rumänen, 2 CGzechen und je einer ein Rutbene, Serbe und Russe. Das Durchschnittsalter betrug 20,5 Jahre gegen 19, im Vorjahre. Im dreijäbrigen Kursus vertheilten sich die bis zu Ende des Studienjahres verbliebenen Schüler in Bezug auf Konfession, Geburt und Muttersprache in folgender Weise: Von den 568 verbliebenen Schülern waren 2386 katholischer, 33 vroteflantischer, 10 griechischer und 238 israelitischer Konfession; ein Schüler war konfessionslos. Nach dem Lande der Geburt waren: 348 aus Nieder öõsterreich (davon 277 aus Wien), 55 aus Ungarn, 36 aus Mähren, 34 aus Böhmen, 32 aus dem Auslande, 27 aus Galizien, 16 aus Schlesien, 8 aus Siebenbürgen, 6 aus Steiermark, je 2 aus Ober österreich, Tirol und Iftrien. In Bezug auf die Mutiersprache waren 503 Deutsche, 20 Magraren, 15 Polen, 7 Rumänen, 6 Gzechen, 3 Bulgaren, 4 Italiener, 2 Griechen und je einer ein Serbe,

ranjofse, Engländer, Sranier und Russe. Das Durch⸗ Hnittsalter betrug 16,87 Jahre gegen 16,2 im Vorjahre. Die seientifischen Resultate waren, troßz des so starken Besuchs der einzelnen Abtheilung und trotz der Strenge, mit der die Schluß. Klassifikation vorgenommen wurde, sehr gũnstig. Aus dem Unterstützungsfonds für hülfsbedürftige Studirende wurden an baaren Unterstützungen 683,11 Fl., für Reisegelder 370 Fl. für Lehrbücher 29053 Fl. verausgabt und für 216 Fl. Skrir⸗ turen an arme Schüler vertheilt. Das Vermögen des Vereinz betrãgt 7051.73 ff. Die Studirenden spendeken 9025 Fl. der niederösterreichische Landtag 150 Fl., ein Privater 100 Fl., und aus einer Stiftung erbielt der Verein 50 Fl. An Stipendien wurden im Ganzen 2029, 50 Fl. vergeben. Die Fachbibliotheken für die Pro⸗

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