sondern als sehr nützlich Organe derselben. Den Gemeinde Organen würde sehr viel Arbeit zugemuthet; schon jetzt müßte eher an eine Entlastung derselben gedacht werden. Aber an die freien Hülfskassen könnte dabei nicht ge⸗ dacht werden, sie könnten nicht beauftragt werden, die nach diesem Gesetz bestimmten Beiträge von den Arbeitgebern ein⸗ zukassiren. Das Markensystem mache der Großindustrie keine Schwierigkeiten, anders . es bei den kleinen Arbeit⸗ ebern, namentlich den kleinen Bauern, wo nicht bloß Wochen⸗ ö sondern auch Theilbeiträge in Betracht kämen. Die Marken könne man besser nur als Ausnahme gelten lassen bei denjenigen Arbeitern, bei welchen der Wechsel die Regel sei; aber bei den seßhaften Arbeitern müßte ein ein⸗ faches System eingeführt werden. Es werde hoffentlich durch ernste gewissenhafte Prüfung gelingen, das Gesetz so zustande f . daß es zur Versöhnung der sozialen Gegen⸗ ätze diene. *
Bei Schluß des Blattes erhielt der Abg. Hitze das Wort.
— Die Rang⸗ und Quartierliste der Kaiserlich deutschen Marine für das Jahr 1889 (abgeschlossen am 27. November 1888; die Seedienstzeit ist bis 31. Oktober 1888 berechnet), redigirt auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs von der Kaiserlichen Admiralität, ist soeben in der Königlichen Hofbuchhandlung von Ernst Sieg⸗ fried Mittler u. Sohn uf, erschienen. Der Preis derselben beträgt 2,50 M6 ;
— Das polizeiliche Verbot einer bevorstehenden sozialdemokratischen Versammlung bedarf, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 1. Oktober d. J., weder einer bestimmten Form, noch der Begründung, noch überhaupt der Hinweisung auf das Sozialistengesetz. Die Erklärung der Polizeibehörde, daß sie die Versammlung nicht 33 genügt, um die Versammlung zu einer verbotenen zu machen.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Herzoglich sachsen⸗meiningische Staats⸗Minister Freiherr von Giseke, ist von hier wieder abgereist.
— Der Königlich sächsische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe, Graf von Hohenthal und Bergen, ist von kurzem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
— Ser Hoheit der Erbprinz Bernhard von Sachsen-Meiningen, Oberst und Commandeur des Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 2, hat sich auf einige Tage mit Urlaub nach Meiningen begeben.
— S. M. Kanonenboot Wolf“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Credner, ist am 5. Dezember cr. in Canton ein⸗
getroffen.
Bayern. München, J. Dezember. (W. T. B.) Der Prinz-Regent empfing heute im Beisein des Staats⸗ Ministers Freiherrn von Crailsheim und der obersten Hof⸗ chargen den neuernannten österreichischen Gesandten, ö. Wrede, in feierlicher Antritts⸗Audienz.
Württemberg. Stuttgart, 7 Dezember. (W. T. B.) Die Thronrede, mit welcher Prinz Wilhelm heute die sechs jährige Legislaturperiode des Landtages feier⸗ lich s ch lo 6. giebt dem Bedauern des Königs Ausdruck, daß er aus Gesundheitsrücksichten verhindert sei, persönlich in⸗ mitten der Deputirten zu erscheinen, und erinnert an den Hintritt der Prinzessin Marie. Auf das Tiefste sei das Land mitberührt worden durch die Ereignisse, welche im Laufe des Jahres im Reich eingetreten seien: durch die schmerz⸗ liche Trauer um die beiden dahingeschiedenen Kaiser, durch die freudig erregte Theilnahme, als Kaiser Wilhelm JI. inmitten der an seiner Seite stehenden Fürsten zum ersten Male die Versammlung der deutschen Vertreter eröffnet . Dies sowie die bald darauf folgende Begrüßung des aisers Seitens der Hauptstadt Stuttgart hätten erkennen lassen, daß die Einigung der deutschen Staaten durch das Band des Reichs eine treue Stätte in den Herzen des württembergischen Volks gefunden habe. Die Thronrede geht sodann auf die ersprießliche Thätigkeit der Stände während der abgelaufenen Landtagsperiode über und zählt die auf allen Gebieten des Staatslebens zu Stande gekommenen Gesetze auf, wobei betont wird, daß ein günstiger Einfluß von den Veränderungen und Verbesse⸗ rungen der Reich s⸗Steuergesetze auf den Staatshaushalt zu erwarten sei; namentlich werde der Eintritt in die Brannt⸗ weinsteuergemeinschaft der Staatskasse einen namhaft höheren Ertrag gewähren. Die Thronrede schließt mit dem Aus—⸗ druck des Danks für die Hingebung, mit der die Stände sich ihrer Aufgabe gewidmet, und für die einsichtsvolle Unter⸗ stützung, welche sie der Regierung gewährt hätten, und spricht die gnädigste Anerkennung des Königs aus. — Der Landtag wurde hierauf im Auftrage des Königs geschlossen.
Baden. Karlsruhe, 5. Dezember. (Karlsr. Ztg.) Der Großherzog und die Großherzogin sind heute Abend in Karlsruhe zu bleibendem Aufenthalt eingetroffen.
. Darmstadt, 5. Dezember. (Darmst. Ztg.) Der Großherzog empfing heute Abend in besonderer Audienz den belgischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Baron Greindl, behufs Entgegennahme seines Be⸗ glaubigungsschreibens.
Oldenburg. Ol denb urg, 5. Dezember Das Olden⸗ burgische Infanterie⸗Regim ent Nr. 91 feierte heute sein 75 jähriges Jubiläum. Errichtet am 5. Dezember 1813 vom damaligen Landesherrn, Herzog Peter Friedrich Ludwig, at es unter den beiden. folgenden Regierungen mehrfache andlungen in seiner Organisation, Uniformirung und Be⸗ waffnung durchgemacht. Das Regiment ist allzeit eine tüch⸗ tige Truppe gewesen und hat an den Feldzügen pon 1815, 1848/49, 1856 und 1870 71 ehrenvollen Antheil genommen; es machte in diesen Feldzügen die Gefechte auf Broaker, bei Werbach und Hochhausen, die Belagerungen von Mezières und Metz, die Schlachten bei Vionville, Orleans, le Mans, Beaune la Rolande u. s. w. mit und kämpfte auf allen diesen Gefechtsfeldern mit Bravour. — Ein⸗ geleitet wurde die Hin lfeier am 4. Dezember mit einem , Ball im Dffizierskasino, ö dem sich neben vielen, em Regiment früher angehörenden Offizieren auch der kom⸗ mandirende General von Caprivi eingefunden hatte, und den auch die Großherzoglichen Herrschaften mit Höchstihrer Gegen— wart beehrten. Am heutigen Morgen hielt der Großherzog vor den Kasernen des Regiments den Regimentsappell ab, be⸗ grüßte die Truppen und hob aus der Geschichte des Regiments
erklärte der Minister⸗Präsident Crispi:
die hervorragendsten Momente hervor, gedachte unserer dahin⸗ geschiedenen beiden Heldenkaiser und brachte ein Hoch aus auf Se. Majestät den Kaiser Wilhelm IJ. Demnächst hielt der Regiments: Commandeur, Oberst von Vahlkampf eine längere Anrede an das Regiment und schloß mit einem Hoch auf Se. Königliche Hoheit den Großherzog. Se. Königliche Hoheit verlieh mehreren Offizieren des Regiments Orden. Die Stadt hatte reichen . angelegt; das Fest war in allen seinen Theilen ein glänzendes und erhebendes.
ESachsen⸗ Weimar ⸗Eisenach. Weimar, 6. Dezember.
(Th. C) Der Herzog von Sachsen⸗Altenburg hat heute Weimar wieder verlassen. — Der Landtag, hat sich mit den bereits mitgetheilten Ausschuß⸗Anträgen in *fg auf die Entlastung der Gemeinden in Sachen der Volks⸗ schu le einverstanden erklärt, nachdem auch der Staats⸗ Minister Dr. Stichling dieselben willkommen geheißen hatte. Seitens der Staatsregierung wurde hervor⸗ ö daß die in olge der steigenden Heraus⸗ zahlungen aus der Reichskasse besser gewordene Finanzlage des Staates alsbald zu erheblichen Reformen im Interesse der Bevölkerung benützt worden sei, so auf dem Gebiet: der Steuergesetzgebung durch Einführung einer Beschränkung der Sen ef, nach Skalen mit Abrechnung der Schulden bei Feststellung des steuerpflichtigen Einkommens, Herabsetzung der Sporteln ü. s. w. Der Schluß des Landtages findet am Sonnabend statt.
Lübeck, 5. Dezember. Senator Dr. Kulenkamp ist in der heutigen Senatssitzung für die nächsten zwei Jahre zum präsidiren den Bürgermei ster erwählt worden.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wi en, 5. Dezember. (Wien. Abdp.) Im Abgeordnetenhause des Reichs raths setzte heute der Budgetaus schuß die gestern Abend begonnene Ver⸗ handlung über das Budget des Justiz⸗Mi nisteriums, namentlich über die Ju stizverwaltung in den Kron⸗ ländern fort. Der Justiz Minister Graf Schönborn wohnte der Sitzung bei und nahm wiederholt an der Debatte Theil. — Der Zoll⸗Ausschuß des Abgeordnetenhauses wird am 6. d. M. Abends zusammentreten, um die Regierung s⸗ vorlage, betreffen den Handelsvertrag zwischen J Ungarn und der Schweiz, in Verhandlung zu ziehen.
Pest, 5. Dezember. (Prag. Ztg.) Das Abgeordneten—⸗ haus beendigte die r r, uber das Regalablösungs⸗ ges * und begann die Spezialdebatte über die S 9 ankgefäll⸗ Vorlage. — Der Just iz⸗Aus schuß setzte die . des Wehrgesetzes fort. Der Honved⸗Minister Freiherr von Fejervary erklärte, es werde in 8. 14 die Bestimmung aufge⸗ nommen, daß die Regierung bezüglich der Aufrechthaltung oder Abänderung des Rekrutenkontingents vor Ablauf des zehnten 53 eine Vorlage zu machen habe. Der Ausschuß beschloß auf Anregung Chorin's, betreffend den §. 14, Ange⸗ sichts der weittragenden politischen Bedeutung desselben dem Plenum kein Gutachten abzugeben.
Agram, 5. Dezemher. ö (Prag. Ztg.) Der Landtag wurde heute auf unbestimmte Zeit vertagt.
Großbritannien und Irland. Lon don, 6. Dezember. (W. T. B.) Das . erledigte et die Einzel⸗ berathung der irischen Pachtgutankaufs⸗Bill mit un⸗ erheblichen Abänderungen und nahm die Bill sodann in dritter Lesung ohne Debatte an.
Das Unterhaus hat die Novelle zum Patent⸗, Muster⸗ und Markenschutzgesetz in dritter Lesung angenommen.
Frankreich. Paris, 5. Dezember. (W. T. B. . Die Deputirtenkammer genehmigte in ihrer heutigen . das Budget der Kulte, nachdem vorher der Abg. Hérisson den Bericht üher den Antrag auf gerichtliche Ver— folgung Wil son's verlesen hatte. Einzelne Mitglieder hatten zu kurzen Bemerkungen das Wort genommen, und die Kammer darauf dem Antrage ihre Zustim mung ertheilt. Die Rechte nahm keinen Theil an der Aob— stimmung. Wilson wohnte der Sitzung bei.
Boulanger hat die Wahl für das Departement du Nord angenommen; in Folge dessen müssen für die Departements Somme und Charente infsrieure Neuwahlen vorgenommen werden. Gayst ist an Stelle des . Rampont zum Quästor des Senats gewählt worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, J. Dezember. (W. T. B.) Durch einen heute veröffentlichten Befehl des Kaisers ist die Thätigkeit der sogenannten Pahlenzschen Kommission zur Revision der Judengesetze ge— schlossen worden.
Italien. Rom, 6. Dezember. (W. T. B.) Der Senat nahm in seiner heutigen Sitzung den Gesetzentwurf, betreffend die Reform der Kom mu nal- und Provinzial⸗ verwaltung, in geheimer Abstimmung mit 71 gegen 453 Stimmen an. Auß die Interpellation Corte' s über die Absichten der Regierung im Rothen Meer r er sei gegen die Okkupation von Masso vah und Assab gewesen. Die Be⸗ hauptung von Massovah sei wegen Assab's nothwendig geworden, Italien wolle sich jedoch nicht hierdurch in eine Situation bringen, in welcher beim Hinzutritt europäischer Komplikationen seine Streitkräfte vermindert werden könnten. Es handele sich jetzt darum, die lokalen Kräfte zu , Die Regierung wolle keine Eroberungen in Abyssinien machen. Er (der Minister) glaube nicht an die Wahrscheinlichkeit eines nahen Krieges, obwohl die Lage Europas immerhin eine ernste sei. Die Beziehungen zu Frankreich seien schwierig ge⸗ wesen, doch seien die Schwierigkeiten jetzt überwunden; er könne versichern, daß in diesem Augenblick die Beziehungen zwischen beiden Ländern normale und korrekte seien. er Minister stimmte mit Corte darin überein, daß ein Krieg mit Frankreich ein großes Unglück sein würde; sicherlich werde die stalienische Regierung in dieser Richtung nie herausfordernd auftreten; ihr ganzes Bestreben sei darauf gerichtet, einen solchen Krieg zu vermeiden. Redner wies auf die immer mehr wachsenden Rü st ungen hin und hob hervor: Italien könne doch nicht müßig dastehen, wenn es sich um sein Interesse, um eingegangene Ver⸗ ,, . und um mögliche Gefahren handele. Die besländigen
emühungen der Regierung seien auß Erhaltung den Friedens
ühren, daß man die Pflicht, für alle Eventualitäten bereit zu
. Das afrikanische Unternehmen dürfe nicht dahin Er glaube nicht, daß
ein, aus den Augen verliere. man
die afrikanischen Besitzungen aufgeben könne:
talien übe in Afrika eine ciwilisatorische Mission aus und önne von derselben nicht zurüctreten. — Cor te erklärte von den Ausführungen des Minister⸗Präsidenten nicht zufrieden⸗ gestellt, brachte jedoch keinen Antrag ein.
— T. De W. T. B.) Die Kommision der Kammer zur Berathung der vorgeschlagenen Fin an zmaß⸗ nahmen ernannte den Deputirten Seismit Doda um Präsidenten. Alle neun Mitglieder der Kommission prachen sich gegen die Vertheuerung des Salzes aus; die Wiedereinführung des Kriegszehntel⸗Zu schlags auf die Grundsteu er wurde mit T gegen? Stimmen abgelehnt und der Referent beauftragt, den Berichz so rasch wie möglich zu erstatten. = Die Kom müfsio n zur Berathung des außer⸗ ordentlichen Militär- und Marinekredits verwarf den Antrag: vom Kriegs⸗Minister eine , . des Inventar der Militär⸗Magazine zu verlangen, und beschloß, die Regierung zu fragen, ob sie mit den geforderten Betrigen das Land in den entsprechenden Vertheidigungszustand würde setzen können, ohne anderweitige er von den Steuerzahlern zu verlangen. Die Kommission beschloß, Stillschweigen über ihre Berathungen zu bewahren und den Minister des Kriegs und der Marine um weitere Aufklärungen zu bitten. .
Der Papst empfing den russischen Spezialgesandten sUwolski, welcher ein Schreiben des Kaisers von ußland überreichte. — Der „Osservatore Romano“
dementirt formell die Nachricht, nach welcher ein Kongreß sämmtlicher katholischen Vereine nach Rom einberufen werden solle.
Spanien. Madrid, J. Dezember. (W. T. B.) Der Kriegs-Minister Cassola hat seine Entlassung ge— nommen. Der „Epoca“ zufolge dürfte eine Umbildung des Ministeriums unter Sagasta als Präsident mit Hinzuziehung Gamazo's erfolgen.
Belgien. Brüssel, 7. Dezember. (W. T. B.) Der . des in Chatelet abgehaltenen Sozialisten— ongresses, Laloi, und das Mitglied des Generalraths der sozialistisch⸗republikanischen Partei, Mignon, sind in Ehateline gu verhaftet worden. Ein anderer Führer der Sozialisten, Defuisseaux, wurde in Brüssel verhaftet und ist hierher gebracht worden.
Briechenland. Athen, 4. Dezember. (Wien. Abdp.) Die Kamm er beendigte die Berathung über die Finanz⸗ poli tik der Regierung und votirte dem Kabinet mit 8 gegen 54 Stimmen das Vertrauen.
Echweden und Norwegen. Christianig, 6. Dezember.
895 T. B.) Bei den nunmehr beendeten Wahlen zum
torthing wurden 51 Konservative, 37 Liberale, 2
Ministerielle und 4 Abgeordnete von unbestimmter Partei⸗ stellung gewählt.
Seitungõstimmen.
Ueber den ersten Tag der Berathung des Alters⸗ und K im Reichstage sagt die „National— eitung“: .
Die heutige Verhandlung konnte noch keine große Bedeutung für die Feststellung der hauptsächlichen Meinungsverschiedenheiten und der Grundlagen ihrer Lösung gewinnen, da mit Ausnahme der sonial⸗ demokratischen Gruppe die Parteien noch nicht zum Wort gelangten; die Rede des Staatsselretärs des Innern konnte naturgemäß in diesem frühen Stadium der Erörterung nur die aus dem Entwurf und seiner Begründung bekannten Gesichtspunkte darlegen. Gleichwohl war schon die heutige Debatte nicht ohne Wichtigkeit. Wir be— merkten jüngst, daß wir die unmittelbare Wirkung der sozial⸗ politischen Gesetzgebung auf die. Anhängerschaft der sozial⸗ demokratischen Führer niemals sehr hoch, angeschlagen, haben und dies auch jetzt nicht thun, daß diese Gesetzgebung aber als Hinderniß der immer weiteren Umgarnung der Arbeiter durch die sozialistische Agitation nicht bedeutungslos sei. Wenn man beute
rn. Grillenberger hörte, empfing man ganz in diesem Sinne den
indruck, daß die Sozialdemokratie doch zum ersten Mal seit der Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechts in Deutschland ein ernstliches Hinderniß auf ihrem Wege erblickt. Die souveräne Ver⸗ achtung, womit sonst von dieser Seite jede staatliche Maßregel zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen behandelt wurde, ward auch in der heutigen Rede des Hrn. Grillenberger an einzelnen Stellen zur Schau getragen; aber sie kam — abgesehen von der günstigen Gelegenheit, welche der Entwurf durch die unkluge Herab⸗ ef nn des Mindestbetrages der Rente in der J. und II. Ortsklaffe dazu geliefert — nicht recht von Herzen; die Versicherung wurde gegenüber den Anhängern im Lande für nothwendig gehalten, daß man bereit sei, mit Ernst in die Prüfung, der Vorlage einzutreten, daß man eine Spur von arbeiterfreundlicher Gesinnung darin wohl an⸗ erkennen müsse; und indem Hr. Grillenberger, um den vorliegenden Entwurf doch möglichst herabsetzen zu können, erklärte, werthvoller als er sei die Kranken und die Unfallversicherung, anerkannte er doch wider Willen, daß die sozialpolitische Gesetzgebung schon bisher immer⸗ bin etwas für die handarbeitenden Klassen geleistet hat. Wie gesagt: wir erwarten so wenig von der Alters- und Invalidenversicherung den Abfall eines erheblichen Theils der Anhänger der Sozialdemokratie von dieser, wie die Kranken- und Unfallversicherung einen solchen herbeigeführt hat; aber das heutige Auftreten des sozialdemokratischen Redners hat die Ansicht verstärkt, daß die sozialpolitische G.setzgebung des Reichs in das politische Denken der Arbeiter ein Clement deß Zweifels an der alleinigen Heilsamkeit des Sezialismus hineinträgt, mit welchem die Agitatoren sehr ernstlich zu rechnen haben.
— Zu den Seitens der Opposition in der Sitzung des Reichstages vom 4. d. M. gemachten Angriffen auf die Kriegervereine äußert der „Hannoversche Courier“: Man wird gern zugeben können, daß es durchaus wünschenswerth ist, wenn die Kriegervereine sich mit Politik nicht beschäftigen; aber der Zweck dieser Vereine, die Pflege des patriotischen und soldatischen Geistes, der Treue gegen Kaiser und Reich, der gemeinschaftlichen Erinnerungen aus den Kriegstagen oder der Dienstzeit in des Königs Rock führt doch naturgemäß eine Art Corpszeist herbei, der sich feindselig gegen Alles auflebnt und Alles von sich abwehrt, was mit dieser G ,. nicht im Einklang zu stehen scheint. Dabin ge— bören unzweifelbaft die sozialdemokratischen Bestrebungen, die das reine Widerspiel zu der in den Kriegervereinen gepflegten Ge. sinnung bilden; das gilt aber auch von Tendenzen, die, an sich vielleicht
mit der Treue für Kaiser und Reich vereinbar, durch Mittel und
Wege verfolgt werden, die entschieden verwerflich sind. Und davon sind gewiß die er nien nicht en, , . oder wie soll man es nennen, wenn sie, wie sie eben in Melle⸗Diepholz gethan haben. lediglich um die Opposition gegen die Regierung zu stärken und ihren Groll an den Kartellbrüdern : auszulassen, die Wahl eines Welfen ermöglichen? Die Thatsagche, daß der Freisinn sich offen mit einem Gegner der preußischen Monarchie verbündet hat, wird ibnen immer entgegengehalten werten, wenn sie sich, gegen die Beschuldigung des Mangels an Treue für Kaiser und Reich verwahren. In der That, eine Partei, die kurzsichtig und verblendet genug, aus verletzter igen ⸗ liebe die heftigsten Gegner der bestehenden Staatzordnung unter ihren
zu stãrk d zu fördern, die ist — * 5 r. w vi Reichs
Unter der Ueberschrift Die Bauern und die Sozial⸗ demokratie bemerkt die Danziger Allgemeine Zeitung“: In neuerer Zeit läßt es sich die Sozialdemokratie immer mehr angelegen sein, sich auf dem platten Lande bei den Bauern Eingang zu . Auf verschiedenen Kongressen wurde beschlossen, die Agitation unter die ländlichen Grundbesitzer zu 2 Dabei hat ch die Sozialdemokratie selbst nicht die große Schwierigkeit ver ˖ an als extremste Klassenpartei, als die Partei der Klasse der Industriearbeiter, die sie sein will, die Angehörigen desjenigen Standes zu verführen, der wie kein anderer mit seinen Interessen an der Scholle, an der Erhaltung des Besitzes, hängen muß. Außer⸗ ordentlich bezeichnend war es, daß vor drei Jahren ein sozialistisches Blatt einmal den Ausspruch that: die Bauern zu Sozialdemokraten zu machen, sei unmöglich, wenn man ihnen nicht den Uebergang da⸗ durch erleichtere, daß man sie zuvor zu Freisinnigen mache: der irc finn sei der beste Unterpflug der Sozialdemokratie. .
Es scheint nun der Sozialdemokratie zu lange zu dauern, his die Bauern erst freisinnig werden, diese haben sich im Gegentheil fast ganz von dem Freisinn abgewandt, weil sie das deutliche Gefühl haben, daß hinter dem Freisinn die Sozialdemokratie steht, und daß mit leßterer ein freier Bauernstand unverträglich ist Man versucht daber, den Bauern unmittelbar die sozialistische Theorie annehmbar zu machen. Ein drastisches Beispiel hierfür liegt in einem Artikel der ,, Berliner Volkstribüne vor, in, welchem den
auern vorzureden versucht wird, daß sie bei dem . der Sozial⸗ demokratie nur gewinnen können, welche eigentlich der wahre Freund der Bauern sei. Wohl wissend, daß der Bauer einerseits zäh an seinem Grund und Boden hängt und daß andererseits ihn vielfach die Ver⸗ schuldung und die Unsicherheit der angemessenen Verwerthung der ländlichen Erzeugnisse drückt, spiegelt der Artikel ihm ein Zukunfts ˖ bild vom sozialistischen Siaat vor; der sozialistische Staat über—⸗ nehme wie alles andere Kapital! auch das Wucherkavital und finde sich mit den Hypotbekengläubigern in irgend einer Weise“ ab, er werde ferner aber auch dem Bauer feine Produkte abkaufen oder ab⸗ tauschen⸗ und ihm eine sichere und stetige Kundschaft sichern, die Arbeiterklasse werde sich gut mit den Bauern stellen, da diese von ihr bei der Lieferung von Lebensmitteln gebraucht würden. Alle diese Phantasien scheitern aber an der nüchternen Thatsache, daß die Sozialdemokratie das Eigenthum an allen Produktionsmitteln, also auch an Grund und Boden, aufheben will. Was hilft dagegen das Versprechen eines
eitungsartikels, daß der sozialistische Staat den Bauer nicht von
aus und Hof jagen werde; der Bauer säße doch besten Falles nur noch als Höriger der berrschenden Arbeiterklasse auf seinem Besitz, . Jm als Eigenthümer, sondern nir als ein geduldeter Brot⸗ lieferant.
Der Artikel giebt obendrein zum Schluß selber zu, daß die Arbeiterklasse der Träger der sozialistischen Bewegung bleiben müsse und nie dürfen wir unser Programm einer unsicheren Bundes. Genossenschaft zu Liebe verwässern oder abschwächen. Das bedeutet eben, df die Verheißungen für die Bauern nichts Anderes sind als Truggebllde. Der Bauer ist der natürliche Gegner der Sozial⸗ demokratie und wird es bleiben, so lange ihn die Liebe zu seinem Haus, Hof und Feld nicht verläßt.
Amtsblatt des Reichs⸗Postamtg. Nr. 50. — Inhalt: Verfügungen: Vom 29. November 1888: Eilbestellung von Post—⸗ sendungen und Telegrammen.
Knust, Wissenschaft und Literatur.
Gothaischer Genealogischer Hofkalender nebst Diplo⸗ matisch - statistischem Jabrbuch, 1889. 126. Jahrgang. — Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräf lichen Häuser, 1889, 62. Jahrgang. — Gothajisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser, 1889, 39. Jahrgang. Gotha, Justus Perthes. — Die Gothaischen genealogischen Taschenbücher liegen im neuen Jabrgang 1889 in bekannter Einrichtung und Ausstattung vor. Der Hofkalender zeigt in der ersten Abtheilung der Genealogie tiefgreifende Aenderungen, indem der Tod innerhalb weniger Monate zwei Herrscher des Deut⸗ schen Reichs und des Königreichs Preußen dahinraffte und auch sonst unter den erlauchten Mitgliedern! der hohen souverainen Häuser eine ganz ungewöhnlich große Ernte bielt. Verhältnißmäßig geringer sind die im Diplomatisch⸗statistischen Jahrbuch eingetretenen Veränderungen und Neuerungen. Der auf das Deutsche Reich bezügliche Artikel zeigt trotä des Thronwechsels eine große Stabilität, wenn auch in der Besetzung der militärischen Befeblshaberstellen manche Veränderungen zu ver⸗ zeichnen waren. Stärker ist die Entwicklung der Berhältnisse in Frankreich durch die in dem betreffenden Artikel vorgekommenen Ver⸗ änderungen gekennzeichnet: ein neuer Präsident der Republik, ein neues Ministerium und mannigfache andere Neubesetzungen waren ein⸗ zutragen. Die auf Großbritannien, Rußland und Italien bezüglichen Artikel haben sich verglelchsweise wenig geändert; in Desterreich⸗ Ungarn sind einige neue Ernennungen in den Ministerien zu verzeichnen gewesen. Im. Orient ist die politische Lage noch ebenso wie bei der Ausgabe des Jahrgangs 1888; dem Artikel Bulgarien“ ist in dem neuesten Bande die Bemerkung hinzugefügt, daß der gegenwärtige politische Zustand bis jetzt die Anerkennung der ig nicht gefunden hat. Im statistischen Theil geben neu eingestellte Zahlen ein anschauliches Bild von der augenblicklichen Lage der Finanzen, der Handelsthätigkeit und der Verkehrsmittel sowie der Umgestaltungen im Heer ⸗ und Marine⸗ wesen der einzelnen Staaten. Die Angaben des Hofkalenders reichen bis zum 19. November 1888, als dem Tage des Redaktions ⸗Schlusses. Das Bändchen ist mit den Bildnissen Ihrer Majestäten des Kaisers Wilhelm II. und der Kaiserin Augusta Victoria, Sr. Majestät des bochseligen Kaisers Friedrich und Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich, Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen Victor Emanuel von Italien und des Präsidenten der französischen Republik, Sadi Carnot, geschmückt. — In vollkommen gleicher Ausstattung erschien die französische Ausgabe, mit dem Titel „Almanach de Gotha, Annuaire genèalogique, diplomatique et statistique, 1889, 1261eme annse“. — In das Taschenbuch der Gräflichen Häuser sind neu auf⸗ genommen die . Baden (2. Linie), Keßler, 566 Laurencin, Mirbach (Mirbach⸗Sorquitten), Nettancourt, Plettenberg, Wolanski. Wieder eingefügt wurden die Artikel Bninski (von Bnin ⸗) und Bohlen. Dem Bändchen vorgngestellt ist das Bild des Grafen Alexander von Monts de Mazin, Vize- Admirals und kommandirenden Admirals. der Kaiserlich deutschen Marine. — Das Taschenbuch der freiherrlichen Häuser ist vermehrt durch die neuen Familien⸗Artikel: Bienerth, Franz, Grünau, Heyl zu Herrns heim, Houwald, Huebmershofen von ilbernagl, Jovanovié, Laminet, Millosiez, Pfaffenhofen ⸗ Cchledowski, Pitner, Rauch“ Nyek, Riedel von Leuenstern. Salomon von Friedberg, Schmigoz, Seidler, Szveteney de Nagy ⸗Ohay, Wacken, Wilmows ki, . von Edelstein. Wieder . wurden die Artikel
rancken (Haus Ingenray), Hoffmann, Lehmann. Das Bändchen ist geziert mit dem Porträt. Maximilian Daublebsky's, Freiherrn von Sterneck zu Ehrenstein, Kaiserlich Königlich österreichisch⸗ unga⸗ rischen Admirals und Marine ⸗Kommandanten.
— Bereits früher empfahlen den Bezug der patrigtischen Wochenschrift . Sonntggsruhe“, Illustrirtes Familienblatt“, eleitet von dem Lehrer M. Ueberschaer in Wilkendorf bei
trausberg. (Verlag von Dr. Adolf Klein, Berlin 8W., Friedrich straße 225. Wir wiederholen heute unsere Empfehlung (Beiugspreis für das Vierteljahr 75 8 mit dem Bemerken, daß Hr. Ueberschaer auch Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Volks⸗ wohls und der Volksinteressen ist, der sich die Aufgabe ge⸗ stellt hat, der schlechten Kolportage . Literatur entgegenzuwirken: eine . an deren Lösung . recht viele Mitarbeiter betheiligen ollten.
GSanitãts⸗ Veterinãr⸗ und Qnarautãnemwesen.
Italien. See · Sanitãlg verordnung Nr. 12.
Durch Verordnung des Königlich italienischen Ministeriums des nern vom 21. November 1888 ist die Einfuhr von Lumpen, adern. gebrauchten Kleidungsstücken und Bettgegenständen, Sahl⸗ ändern und Charpie aus der europä ischen Türkei unter der Bedin ˖ gung gestattet, daß den bezüglichen Sendungen Ursprungsbescheinigungen, welche von der Behörde des Ladehafens ausgestellt und von den italienischen Konsuln beglaubigt sind, beigefügt werden. Das Verbot der Einfuhr der gedachten Gegenstände aus den Provinzen der asiatischen Turkei und aus Ländern jenseit des Suezkanals bleibt auch fernerhin in
Kraft. (Siehe Reichs Anzeiger Nr b6 vom 1. März 1888.)
Nachrichten über Verbreitung von Thierkrankheiten im Auslande. .
Desterr eich. Laut der am 7. November 1888 vorliegenden Meldungen. Land: Zahl der infizirten Orte: Lungenseuche.
Galizien . Mähren Böhmen Nieder ⸗Oesterreich. a Steiermark.. .
Milzbrand.
Galizien 6 Böhmen ; Dalmatien... Maulseuche. ; Maul⸗⸗ und Klauenseuche. l 272
a 1
Schafrãude.
Nieder Oesterreich ..
Laut der am 14. November 1888 vorliegenden Meldungen. Lungenseuche.
Galizien
Galizien ; . ö Böohmeen . 26 Nieder ⸗Oesterreich. . K ]
Steier mars Maulseuche. Galizien 1. Maul⸗ und Klauenseuche. ö Rieder⸗Oesterreich. Steiermark
Sahl; Schafrãude. Nieder⸗Oesterreich 351 Milzbrand. Dalmatien
Laut der am 21. November 1888 vorliegenden Meldungen. Lungenseuche. Galizien ö w k 7774294 Nieder · Oesterreich .... 8 H
Steiermarttg ....
Maulseuche.
Glen, 712
Maul und Klauenseuche.
Mãhren ;, Böhmen.
Nieder · Desterreich Steiermark
SGallburrr;r Schafrãude. Nieder · Oesterreich .
Milibrand. Dalmatien — Ungarn. Vom 23. bis 30, Oktober 1888. . Milzbrand. in 17 Komitaten, 30 Gemeinden. Lungenseuche . 9 ö 5 4 Maul⸗ und Klauenseuche . 1 . 1 Vom 30. Oktober bis 6. November 1888. Milzbrand. in 22 Komitaten, 36 Gemeinden. Lungenseuche... .. 1 s 6 ö. Maul ⸗ und Klauenseuche . 2 ö 2 Vom 6. bis 13. November 1888. Milzbrand. in 22 Komitaten, 48 Gemeinden. Lungenseuckhe . 19 . 18 ö. Maul⸗ und Klauenseuche 1 . g
Schweiz. Vom 16. bis 31. Oktober 1888. Maul- und Klauenseuche. Kanton Graubünden in 1 Gemeinde: 4 Ställe mit 866 Rindern und 1 Schwein. Bel . Im Oktober 1888. Lungenseuche in 8 Provinzen, 27 Gemeinden: 32 Ställe mit 77 Rindern.
Gewerbe und Handel.
In der heutigen ordentlichen Generalversammlung der ii Vereinsbrauerei wurde die Bilanz mit dem Geschaäftsbericht für 1887s‚88 von der Verwaltung vorgelegt und von der Versammlung widerspruchslos genehmigt; sodann ertheilte die Versammlung dem Aufsichtsrath und. Vorstand die Entlastung für die vor⸗ jährige Geschäftsführung und setzte die sofort zahlbare Dividende auf ö für die Stammprioritäten und auf 4900 für die Stammaktien fest. In den Aufsichtsrath wurden die drei nach den Statuten aus—⸗ scheidenden Mitglieder wiedergewählt. Betreffs der Maßnahmen zur vollständigen Durchführung der im Jahre 1879 beschlossenen Aktienkonvertirung beschloß die Versammlung, nachdem festgestellt war, daß noch 1800 Stück alter Stammaktien nicht zur Konvertirung prä ⸗˖ sentirt waren, durch dreimalige Bekanntmachung die Inhaber der alten Aktien aufzufordern, bis zum 30. Juni 1889 ihre Aktien bei der Gesellschaftskasse behufs Zusammenlegung von drei alten zu einer neuen Stammaktie à 300. M einzureichen; diejenigen, welche dieser Aufforderung noch in diesem Jahre nachkommen, erhalten die auf ihre Aktien ent- fallende Dividende; für die bis zu genanntem Tage noch nicht prãsen⸗ tirten alten Aktien wird für je drei eine neue Aktie ausgegeben, an der Börse verkauft und der erzielte Erlös für die sich später melden den Inhaber gerichtlich niedergelegt. Die alten Aktien selbst aber werden für kraftlos erklart.
— In der außerordentlichen Generalversammlung der Ver⸗ einigten Stralfunder Spielkarten⸗Fabriken, Aktien⸗ gesellschaft, vom 6. d. M. wurde in Erledigung der Tageg⸗ ordnung beschlossen, das Aktienkapital um 240 009 ι durch Ausgabe von 205 Stück Aktien Litt, A 3 1200 S zu erhöhen. Die Aktien sollen den Aktionären zum Course von 108 90 nach Verhältniß ihres Besttzes zur Verfügung geftellt werden. Alsdann fand die außer- ordentliche Generalversammlung der Aktionäre Litt. B. statt, in welcher dieser Beschluß ebenfalls genehmigt wurde.
— Die nächste Börsen⸗Versammlung zu Essen findet am 10. De⸗ zember im Berliner Hof“ statt. .
— Die zweite ordentliche Generalversammlung der Leipziger
Bierbrauerei zu Reudnitz, Riebeck u. Co., Aktiengesell⸗
schaft, genehmigte einstimmig die Bilanz, sowie die Gewinn ⸗ und Verlustrechnung und damit die Vertheilung einer Dividende von 109i; gieren wurde einstimmig dem Vorstande und dem Auf ⸗ sichtsrath Entlastung ertheilt und die dem ersten Aufsichtsrath für . e mn zu gewährende Vergütung, 60/0 von 268 136 4, genehmigt. Danzig, 7. Dejember. (W. T. B) Die Einnahmen der Marienburg ⸗Mlawkaer Eisenbahn betrugen im November cr. nach provisorischer Feststellung, 273 700 M gegen 174 600 4 nach proviforischer Feststellung im November 1887, mithin mebr 99 100 A Die definitive Einnahme im November 1887 betrug 177 394 0 London, 6. Dezember. (W. T. B.) An der Küste 4 Weiz en⸗ sᷣ e uf n angeboten. — Wol laukt ion. Betheiligung lebhaft, reise fest. . Brad ford. 6. Dezember. (W. T. B.). Wolle fest, ruhiger, feine Kolonialwollen anziehend, Mohairwolle flauer, Garne ruhig, stetig, Sto f fe ruhig, stetig.
Submissionen im Auslande.
Spanien.
1) 20. Januar 1889. Direccion general de Obras pũuplicas HKadrid. Errichtung eines Leuchtthurms 4. Klasse an der Stelle „Punta de Sardina“ genannt, auf den kanarischen Inseln. Vor⸗ anschlag 24 452,54 Pesetas. Kaution 123 Pesetas.
Y ö. Februar 1889, 1 Uhr. Dieselbe Bebörde. Die Konzession und Ausbeutung einer Zugthier⸗Eisenbahn von Valencia über Burjasot nach Godella. .
Näheres in spanischer Sprache zur Einsicht beim ‚Deutschen Reichs ˖ Anzeiger).
Verkehrs ⸗Anstalten.
Hamburg, 6. Dejember. (W. T. B.). Der Po stdam pfer zBorussia“ der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von Westindien kommend, heute in
Iym outh eingetroffen. — Der Postdampfer „Suevia“ der⸗ elben Gesellschaft hat, von New⸗Nork kommend, heute Rachmittag Lizard passirt.
Triest, 6. Dezember. (W. T. B.) Der Lloyddampfer Th f ia“ ist heute Nachmittag aus Konstantinopel hier ein⸗ getroffen
London, 6. Dejember. (W. T. B) Der Castle⸗Dampfer Ros lin⸗Castle ist gestern von hier auf der Ausreise abgegangen. — Der Union ⸗ Dampfer Arab! ist heute auf der Heimreise von Madeira und der Castle- Dampfer Norham-⸗Castle“ gestern auf der Heimreise von Cape town abgegangen.
Theater und Mustk.
Im Lessing⸗Theater gelangte gestern Abend Vietorien Sardou's Seraphine“ zur ersten Aufführung und fand während der ersten Akte ungetheilten Beifall; je weiter aber die Entwickelung der Handlung fortschritt, eine desto energischere Opposition machte sich geltend. Sardou beabsichtigte mit seiner Seraphine ein ab⸗ schreckendes Bild von dem Leben und Treiben vornehmer Frömmler ju geben, wie es sein großer Landsmann Moliere im „Tartuffe“ geschildert hat, nur kleidete er dieselbe Idee in ein modernes Gewand. Aber während Molière's Tartuffe noch heute ein gutes und wirksames Stück ist, trägt die Arbeit des modernen Dichters schon jetzt nach so kurzer Lebenszeit den CHarakter des Altmodischen und Verwitterten. Die ganze Reihe von frömmelnden Heuchlern, welche Sardou vor— führt, wirkt geradezu widerlich; weder aufrichtige Rührung noch ursprũngliche . vermag das Schauspiel zu erregen. Die krassen tbeatralischen Effekte, mit welchen Sardou hier arbeiket, ließen das Publikum völlig kalt, sodaß sich eine Atmosphäre von Lange— weile und Unmuth im Theater verbreitete. — Die Darstellung war mit wenigen Ausnahmen gleichfalls nicht dazu angethan, die Mängel des Stückes wenigstens zum Theil zu verdecken. Die Titelrolle gab Fr. Claar⸗Delia, welche sich redlich bemühte, aus dem häßlichen Bild einer alternden Betschwester, eines selbstsüchtigen, herzlosen Weibes, welches frivole Jugendsünden durch die unschuldige Tochter büßen lassen will, eine einigermaßen erträgliche Gestalt zu schaffen; aber selbst das Talent dieser Künstlerin vermochte dem Cha— rakter kein wahres, Leben einzuflößen. Man hegreift nicht, warum das Mutterherz aufschreit, wenn Yvonne“ von ihrem edlen natürlichen Vater entführt wird, da sie dieselbe doch, allen Bitten zum Trotz, erbarmungslos ins Kloster stecken will. Man ver- muthet Selbstsucht und die Furcht vor dem öffentlichen Gklat hinter den heißesten Tbränen dieser Mutter. — Hr. Höcker gab den in allen sinnlichen Genüssen schwelgenden Geistlichen Chapelard mit kräftigen Farben, aber doch mit einem humoristischen Anflug, sodaß das Publikum sich förmlich erleichtert fühlte, wenn er auf der Bühne erschien und durch sein ironisches Spiel die drückende Schwüle unterbrach, die sich der Gemüther bemächtigt hatte. Frl. Petri hatte nur einige kindliche Aeußerungen zu machen und huͤbsch und unschuldig auszusehen; zu ernster Entfaltung ihrer Darstellungskunst fehlte die Gelegenheit; ebensowenig vermochte Hr. Schönfeld in seiner unbedeutenden Rolle bervorzutreten. Die Inscenirung war glänzend und geschmackvoll und gab einen unverdient prächtigen Rahmen für das fiemlich werthlose Bild.
— Einen großartigeren Erfolg konnte das Friedrich ⸗Wil⸗ belmstädtische Theater wohl kaum mit der Aufführung der Sullivan'schen Operette Der Mika do“ erzielen, als es gestern Abend der Fall war, und es freut den Berichterstatter, bestätigen zu können, daß dieser Erfolg ein redlich verdienter war. Wo so viel Fleiß und Mühe auf eine Vorstellung verwendet wird, wo ein derartiger Kosten aufwand stattfindet, da ist es kaum anders zu erwarten, als daß das Publi⸗ kum seinem Dank und seiner Anerkennung so lebhaften Ausdruck giebt, wie bei dieser Aufführung. Die Regie hat mit der Inscenirung dieses Werles ein Meisterstück geleistet und ihre bisherigen Leistungen auf diesem Gebiet weit übertroffen. Die geschmackvollen Deko⸗ rationen, die prächtigen. zum Theil kostbaren Kostüme, die hübsch arrangirten Gruppenbilder, Alles legte von dem löblichen Bestreben Zeugniß ab, etwas Außerordentliches zu bieten, und das ist denn auch in jeder Beziehung gelungen. Nehen Hrn. Direktor Fritzl che, welcher den Mikado“ in Seene gesetzt hat, verdient 9. Balletmeister L. Gundlach genannt zu werden; er bekundet in der vollendeten Art, wie er seiner choreographifchen Aufgabe gerecht geworden ist, ein erfreuliches Talent. Ueber den Werth und Jahalt des Werkes ift schon früher berichtet worden, als dasselbe in englischer Sprache in Kroll's Theater zur Aufführung gelangte. Auch in deutscher Sprache erzielte es gestern einen durchschlagenden Erfolg, die Bearbeitung ist eine überaus geschickte und gut gelungene. Die Darsteller schienen von vornherein des Gelingens sicher zu sein, sie spielten so frisch und gewandt, daß der Zuschauer seine Freude daran haben konnte. Eins alte Bekannte zeigte sich gestern nach langer Abwesenheit wieder den Besuchern des Friedrich ⸗Wilbelmstaäͤdtischen Theaters, Frl. Collin, welche als Gastin wieder an der alten Stelle ihrer früheren Wirksamkeit auftrat und sich sofort wieder die Sym⸗ pathie ihrer alten Freunde erwarb. Die Künftlerin hat entschieden Fortschritte gemacht, und aus der vielversprechenden Anfängerin, welche damals so plötzlich das Friedrich Wilbelmstädtische Theater verließ, ist eine vollendete Soubrette geworden, welche sich wie keine zweite zur Darstellung der Jum ⸗Yum eignete, die sie graziös pielte; auch ihr Organ hat an Kraft und Schule gewonnen. Leb=
after Beifall wurde ihrer Leistung zu Theil. Hr. Wellhef als Ko—= Ko hatte wieder so recht Gelegenheit, in seiner derbkomischen Weise seiner Rolle mit drastischer Gewalt zur Wirkung zu verhelfen. Aus
gezeichnet war Hr. Klein als Mikado. Dieser tüchtige Künstler ent
wickelt sich mebr und mehr und wãͤchst mit der Schwierigkeit seiner Aufgabe;
sowohl in der Darstellung wie im Gesang war er vortrefflich. Or. Pagin
spielt wohl recht gewandt, doch bat seine Stimme immer noch nicht
die nöͤthige Kraft gewonnen, um so recht durchzudringen. Die Hrrn. Hanno und Broda fanden sich recht zufriedenstellend mit ihren Auf⸗—