1889 / 26 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Jan 1889 18:00:01 GMT) scan diff

am 14 in seiner Resolution gewünscht, sei richtig und auch nicht. Der Reichstagsbeschluß habe sich unächst auf Asrika im Allgemeinen bezogen, der i e ., gehe nur auf Ost⸗ Afrika, und das habe eine große Bedeutung, denn die Sklaverei werde von den civilisirten Mächten nicht allein in Ost⸗Afrika, sondern in Afrika überhaupt bekänipft. Die Regierung . sodann mit dankenswerther Bereitwilligkeit in den eißbüchern dargelegt, was sie gethan, um die anderen Mächte zu bewegen, die Bestrebungen gegen den Sklavenhandel an der ostafrikanischen Küste zu in, das Zusammenfassen der verschiedenen Länder zu einem gemeinsamen Plane, das in der Den it gewünscht würde, sei aber gar nicht berührt. Der Beschluß vom 14. schliez ferner die Kolonialfrage absolut aus und sei allein auf die Bekämpfung der Sklaverei gerichtet; er bemerkte allerdings damals, daß, wenn die Mittel zu dieser Bekämpfung auch den Unternehmungen unserer Landsleute in Ost⸗-Afrika nützlich sein würden, er sich freuen würde; insofern, aber auch nur insofern sei eine Geneigtheit auch nach dieser Richtung zugestanden. Er sei deshaͤlb der Meinung, daß Jeder, der zu dem Beschluß vom 14 beigetragen, der jetzigen Vorlage gegen⸗ Über noch vollkommen freie Hand habe. Ganz abgehen von der Tendenz der Resolution könne er ohne Weiteres nicht. Wenn man große Distrikte von der Sklaverei befreie, so schneide man allerdings auch die Sklavenjagden zu einem erheblichen Theil ab und trag zur Steuerung des Unwesens im Ganzen bei. Der Umstand, daß nur ein Theil von Afrika ins Auge gefaßt sei, würde ihn deshalb nicht abhalten, für die , k stimmen, in der Hoffnung, daß die Regierung das näch iegende Territorium nur als Anfang der Thätigkeit betrachte. Wesentlich anders werde aber die Sache doch durch den Zusatz, daß die deutschen Interessen gewahrt werden sollten, welche nicht näher spezifizirt seien. Nach der Begründung könnte es scheinen, als ob nur die Interessen der Deutsch⸗ ostafrikanischen Gesellschafst in Frage wären. Er könne aber nach der ganzen Lage der Sache und nach den. Aeußerungen des Staatssekretärs, mit denen er heute die Verhandlung eingeleitet habe, das nicht annehmen, sondern glaube, daß alle deutschen Interessen, die in Frage ständen, hineingehörten, vor Allem die in der Kongo⸗ Akte näher bezeichneten. Das Centrum wolle deshalb, weil nicht bloß die Bekämpfung der Sklaverei, sondern auch das andere Moment hervorgehoben sei, nicht eine absolut ab⸗ lehnende Haltung einnehmen; er erwarte aber, daß der Schutz der deutschen Interessen die andere humanitäre Tendenz der Vorlage nicht überwuchere. Der Gesetzentwurf verlange ein großes Vertrauensvotum für die Reichsregierung. Das Haus solle zwei Millionen bewilligen, ohne besondere Garantie und ohne für die Zwecke der Vorlage einen festen Boden zu haben. as würde unter gewöhnlichen Verhältnissen absolut unzulässig sein. Er sei aber zu der Ueberzeugung gekommen, daß, wenn das Haus sich überhaupt auf die Sache einlassen wolle, es die Angelegenheit in die Hände der Regierung legen müsse, welche alle die Vor⸗ aussetzungen kenne, die nothwendig seien, um das Richtige zu nden. Er erwarte speziell von dem Reichskanzler, daß er ortfahren werde, in sorgfältiger Weise den weiteren Gang der Dinge zu überwachen. Wenn er aber unter solchen Um— ständen für die Vorlage stimme, so wolle er auch die Verant⸗ wortlichkeit für alle 66 Schritte allein und ganz dem Reichskanzler und der Bundesregierung überlassen. Dem Reichskanzler werde damit allerdings eine nicht geringe Aufgabe überwiesen. Er (Redner) müsse vor dem Lande aussprechen, daß das Centrum seinerseits nicht anders verfahren könne. Er habe nicht Ursache, Mißtrauen zu hegen, daß zu leichtfertig vorgegangen werden könnte, da hier keine olitische Erwägung vorhanden sein könne, sondern es ich um ein gemeinsames Interesse von ganz Deutschland handele. Außerdem bleibe die Schlußentscheidung immer Sr. Majestät dem Kaiser und den verbündeten Regierungen, die er immer noch für einen wesentlichen Faktor im Deutschen Reich halte. Dem Reichskanzler und den verbündeten Re— gierungen müsse er die Verantwortung anheim stellen, wenn die Ostafrikanische Gesellschaft mit der Ausführung des Planes beauftragt würde. Er (Redner) habe sich vorhin mit der ge⸗ nügenden Vorsicht über diese Gesellschaft geäußert. Viele könnten glauben, daß seine Vorsicht vielleicht zu weit gegangen sei, er habe aber die Gründe dafür angegeben. Er wolle auch gar nicht sagen, was die verbündeten Regierungen ö das zu thun, was sie anscheinend nach den Motiven zu thun beabsichtigten. Es gehe das auf ihre Verantwortung. Er hoffe, daß nichts geschehe, was den großen Hauptzweck, die Bekämpfung der Sklaverei, beeinträchtige. Wolle man mehr von dem Hause in Bezug auf die Ostafrikanische Gesellschaft, dann sei es noth⸗ wendig, daß ihm alle die Momente zur Beurtheilung vor— gelegt würden, die er vorhin hervorgehoben habe. Sehr be⸗ ruhigen müßte die präzise Erklärung, welche im Eingang der Motive über die Stellung gegeben sei, die die verbündeten Regierungen gegenüber den Kolonien überhaupt einnähmen. Dieselbe enthalte eine ʒzise Ja un dessen, was in früheren Verhandlungen von Seiten der Mehrheit des eig ge ausgesprochen worden sei. Die Negationen, welche sich im Eingang der Motive häuften, seien vielleicht das Werthvollste in denselben. Nur könne man zweifeln, ob das mehr Positive daselbst mit dem Negativen so ganz und voll in Einklang zu bringen sei. In dem vorliegen⸗ den Falle gehe man gegenüber der Ostafrikanischen Gesellschaft über jene Grundsatze allerdings hinaus, weil die ,. selbst nicht die nöthige Kraft hesitze. Das müsse aber geschehen, wenn das Reich sich nicht entschließen könne, die Kolonie Ost⸗ Afrika aufzugeben. Es sei dies wohl auch nothwendig, wenn man von dem Gebiet der Ostafrikanischen Gesellschaft aus die Sklaverei bekämpfen wolle. Er denke sich, es wäre die Ost⸗ afrikanische Gesellschaft nicht vorhanden, dann würde auch, da die reine Blokade zur See nicht genüge, um das Ziel der Be⸗ kämpfung der Sklaverei zu erreichen, ein gewisser Eingriff zu Lande nothwendig sein, und die Posisionen, welche wir jetzt wiederzugewinnen die Absicht haben, würden wahr— scheinlich gerade die sein, von denen wir auszugehen hätten. Was man ihue, thue man also in erster Linie in der Tendenz der Bekämpfung der Sklaverei; komme das der Ostafrikani⸗ schen Gesellschaft zu Gute, dann würde er sich freuen. Eine Garantie, daß die zwei Millionen ausreichen würden, könne Niemand übernehmen, auch die Regierung nicht. Man werde sich aber später immer die Frage vorlegen müssen, wie weit das Reich gehen könne, und wann es abbrechen müsse. Der Reichstag werde ein wachsames Auge haben müssen, daß die Engagements die Schlagfertigkeit nicht zu sehr beeinträchtigten. Einen he. könne man sich andererseits nur versprechen, wenn man den Leuten in Sst-Afrika Respekt beibringe, und

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dies sei nur möglich, wenn ihnen physische Kraft gezeigt würde. Hr. Wißmann werde im Stande sein, diesen Respekt einzuflößen. Daß die aufgezogene Flagge wieder herab⸗

zogen worden sei, könne eine Nation, die auf ihre Ehre

erth lege nicht dulden. Die Vorgänge ermahnten aber zur

Vorsicht bei dem Neuaufziehen unserer Flagge. Der Reichs⸗ kanzler werde Veranlassung haben, darauf zu sehen, daß diese Vorsicht in Zukunft mehr angewendet werde. Unsere Lands— leute müßten sich vergegenwärtigen, daß sie durch leichtfertiges Handeln in dieser Beziehung das Vaterland in einer Weise engagirten, die dasselbe nicht zulassen und nicht ertragen könne. Er hoffe, baß es der Kommission gelinge, zu einer Einigung zu kommen. Denn einmüthiges und schleuniges Vorgehen sei ki e. mit unseren Maßnahmen den nöthigen Respekt einzuflößen. .

eichskanzler Fürst von Bismarck:

Ich bin dem Herrn Vorredner dankbar für seine Darlegungen und sympathisire namentlich mit den letzten Worten, die er gesprochen hat. Ich behalte mir vor, zur Sache mich weiter auszulassen, wenn ich die Aeußerungen auch noch anderer Redner werde übersehen können. Dem Herrn Vorredner will ich nur erwidern, daß er dem Reichs⸗ kanzler eine sehr schwere und kaum durchzuführende Verantwortlichkeit u f wden Er sagt, der Reichskanzler hat den weiteren Gang zu be⸗ stimmen und ist allein verantwortlich dafür. Was heißt das, in einer Entfernung von, ich glaube, über 1000 Meilen, von jeden⸗ falls 18 Tagen bis 6 Wochen in der regelmäßigen Verbin⸗ dung, mich verantwortlich machen zu wollen für die Hand⸗ lungen anderer Personen, welche von mir direkt nicht ab⸗= hängen, denen ich keine bestimmten Instruktionen zu geben habe, über deren Aufführung ich mich nur aufklären kann nach 6 Wochen mit voller Sicherheit, und die wiederum 6 Wochen brauchen, ehe ich ihnen meine Meinung, wenn sie sie befolgen wollen, mittheilen kann. Ich möchte doch den Herrn Vorredner bitten, in der Zumuthung der Ver—⸗ antwortlichkeit für den Reichskanzler für Alles, was dort in Ost⸗Afrika passirt, nicht zu schonungslos zu sein. Das Organ der Ausführung unserer Politik muß ja an sich die Gesellschaft bleiben; sie ist einmal im Besitz, sie hat ihren 50lährigen Vertrag. Wir können sie kon⸗ troliren, wir können unter Umstaͤnden, wenn Sie unsere Vorlage ge⸗ nehmigen und das ist die Hauptsache in der Vorlage ihr durch die Vermittelung des Reichs⸗Kommissars Befehle und Vorschriften ertheilen, was wir bisher nicht konnten. Das Organ, das wir haben, war bisher im Wesentlichen ein kontrolirendes, es wird unter Umständen ein vorschreibendes, wenn Sie unsere Vorlage be⸗ willigen; aber auch dann ist die Verantwortlichkeit für den Reichs⸗ kanzler doch immer eum grano salis zu nehmen. Ich kann für das, was mein Vertreter dort verfügt, anordnet oder verbietet, doch nur insoweit verantwortlich sein, als ich dazu überhaupt Instruktionen, Aufträge gegeben habe. Geht er darüber hinaus, so tritt da eine hybride Art der Verantwortung ein. Ich kann für das, was Andere thun, auf so weite Entfernungen, daß sie meine Befehle, da ich kein Telephon mit ihnen habe, nicht mehr hören und verstehen können, nicht absolut verantwortlich sein. Es können da Mißgriffe in großer Menge passiren, sie mögen ja auch passirt sein.

Der erste Herr Redner hat seine Angriffe hauptsächlich gegen die Gesellschaft gerichtet, die in Zanzibar thätig gewesen ist, und hat eine persönliche Bemerkung in Bezug auf eine 8 Diskussion hier angebracht, das geht mich weiter nichts an. ch bin unmöglich für die Gesellschaft verantwortlich, sondern nur für das Maß von Schutz, welches der Gesellschaft geleistet werden soll, und welches wesentlich von den Beschlüssen des Reichstages abhängen wird.

Ich habe in den Zeitungen neuerdings Artikel in der rohen An—⸗ griffsweise gelesen welche mir gegenüber in der fortschrittlichen Presse üblich ist: Reichstag, geh du voran!“ Ja, das ist ja ganz unzweifel⸗ haft; ich kann ja keinen Schritt weiter vorgehen, als ich die Zustim⸗ mung der Majorität des Reichstages und der öffentlichen Meinung in Deutschland habe. Wenn ich meine Meinung unabhängig davon durchführen wollte, so würde ich dadurch die Interessen meines Landes schädigen und außerdem wesentlich über meine Be⸗ rechtigung hinausgehen. Also ich gestehe das zu; ich will den Reichs tag nicht vorangehen lassen, aber ich sage dem Reichstage ehrlich, wie weit ich vorschlage zu gehen, und gehe kein Haar breit weiter, als der Reichẽtag erlaubt zu gehen. Daß mir das in der fortschrittlichen Presse als ein Fehler, Schwäche oder Irrthum vorgehalten wird, zeigt gerade die unkonstitutionelle, ich möchte sagen, die vaterlands⸗ , Stimmung, in der die fortschrittliche Presse sich überhaupt

efindet.

Der Vorredner hat im Anfang seiner Rede die Frage berührt, in welche Beziehungen uns die Kolonialfrage zu auswärtigen Mächten setzt. Da kann ich die Versicherung abgeben, daß wir in dieser Frage wie in allen übrigen, und nicht ohne Erfolg, stets bemüht gewesen sind, uns in Fühlung mit der größten Kolonialmacht der Erde, mit England, zu halten, daß wir auch hier nur nach Verständigung mit England vorgegangen sind und nicht weiter vorgehen werden, als wir uns mit England zu verständigen im Stande sein werden. Also nament- lich alle Gedanken, daß wir im Widerspruch mit England gegen den Sultan von Zanzibar vorgehen sollten, weise ich absolut von mir. Sobald ich die Zustimmung von England zu irgend einer Maßregel in der dort von uns nach freundschaftlichen Verabredungen hergestellten Theilung habe, werde ich Sr. Majestaͤt vorschlagen, im Einverständ⸗ niß mit England vorzugehen. Im Kampf mit England vorzugehen, im Widerstreit, oder auch nur die Maßregeln zu erwidern, die von einzelnen untergeordneten englischen Organen uns gegenüber getroffen werden, fällt mir nicht ein. Wir sind in Zanzibar sowohl wie in Samoa mit der englischen Regierung absolut in Einigkeit und gehen mit ihr ae in Hand, und ich bin fest entschlossen, diese Beziehungen festzuhalten.

ngland hat eine große Menge von konkurrirenden Kolonialinteressen mit uns. Die untergeordneten Kolonialorgane und die Organe der

Kolonialregierungen, welche von der Hauptregierung einen gewissen Grad von Unabhängigkeit erworben haben, fuͤr den das Völkerrecht noch keine gengue Definition gefunden hat, diese Organe treten uns unter Umständen feindlich entgegen; aber mit der englischen Re⸗ gierung sind wir absolut einig und fest entschlossen, diese Einigkeit zu erhalten und durchzuführen.

Und, das findet namentlich Anwendung auf die Verhältnisse in Ost Afrika, wo wir eine territoriale Theilung zwischen uns verab—⸗ redet haben. Ob die Engländer in ihrem Bezirk genau daßselbe thun, was wir in unserem, dag ist ihre Sache; das haben wir nicht zu kontroliren. England ist eine große unabhängige Macht, die ihre eigene Politik verfolgt. Daß wir von den Englän— dern irgend einen Beistand in unserer Machtsphäre verlangen sollten, ist uns nirgends beigekommen. Namentlich zu territoriaken Expeditionen, was ich abessinische Kriege nenne, irgendwie England zu verleiten, wir haben gar keine gemeinsame Gegner, wir . nur lokale Gegner, = das liegt ganz außerhalb aller politischen Möglich keit * ist eine Erfindung lügenhafter Zeitungen in England sowohl wie hier.

Ich habe mir eine Anzahl von Notizen gemacht, die ich nicht mehr verstehe, weil ich mich nicht mehr erinnere, wovon 9j handeln.

. Vertrauliche Mittheilungen sind in der Vorlage in Aussicht ge⸗ stellt, aber in der Kommissien doch in keiner Weise zu erwarten. Pie Rommission halte ich nicht für ein Organ für vertrauliche Mit⸗ theilungen. Wenn die Kommission in der Lage wäre, ihre Thüren zu schließen und à hnis elos ihre Sitzungen zu halten, so wäre fie auch denn sehr zahlreich, und ich will uber die Möglichkeiten, die bestehen bleiben, mich jeder Aeußerung enthalten. Wenn aber die Möglichkeit da ist, daß eine Korona von 200 Abgeordneten sich der Kommission beigesellt, dann bin ich gern bereit, Alles, was ich in der Kommiffion sagen könnte, auch im Plenum zu sagen.

Was uns elne gewisse Zurückhaltung in manchen Beziehungen empfohlen hat, das mögen theils die internationalen Beziehungen zu konkurrirenden englischen Interessen sein, die ich eben berührt habe, theils aber auch die militärischen Fragen in Bezug auf Daszenige, was wir für die 2 Millionen, die wir von Ihnen erbitten, an⸗

schaffen. Würde das spezifizirt 6 werden müssen, so würden wir dadurch über die Art des Vorgehens, das beabsichtigt wird, schon einen Feldzuges vlan klarlegen, der vom Feinde vermöge der raschen telegraphischen Verbindung nach Zanzibar, vermöge der vielen Gegner, die wir in unseren kolonialen Bestrebungen haben, nicht nur im Inlande, sofort benutzt werden würde, und ich halte das nicht für nuͤtzlich. Es würde daͤtz in derselben Richtung wirken, wie die Enttäuschung meiner Hoffnungen, daß wir vielleicht schon vorgestern oder gestern diese an. ache hätten erledigen können. Zeit in dieser Frage ist nicht Geld, wie die Leute sagen, sondern Zeit ist Blut. Je später wir kommen, desto mehr Blut wird die Sache kosten. Die Leute organisiren fi ja auch mit der Zeit und je mehr sie darauf gefaßt werden; glauben Sie nicht, daß die telegraphischen Nachrichten über das, was wir heute hier sprechen, dort in Zanzibar ausbleiben werden. Dazu sind viel zu viel Guropäer und ö unserer deutschen Bestrebungen dabei betheiligt.

ch halte es deshalb nicht für nützlich, öffentlich zu bekunden,

was wir an Waffen, an Schiffen, an Mannschaften überhaupt an⸗ schaffen wollen, sondern darüber müssen wir ein Dunkel schweben lassen, und ich glaube, daß Jedermann, der nicht Parteipolitik, sondern Staatspolitik, geläutert durch militärische Auffassungen, betreibt, mir darin beistimmen wird, daß wir in dieser Beziehung, in Bezug auf das Kampfmaterial, das wir an Menschen, an Waffen, an Schiffen überhaupt anschaffen, schweigsam sein sollen. Ich wenigstens werde mich darüber bestimmt nicht äußern. .

Ich habe unter vertraulichen Mittheilungen die Einschaltung in der Vorlage beruht auf einer eigenhändigen Randbemerkung von mir verstanden, daß ich oder der Staatssekretär des Auswärtigen Amts mit hervorragenden Abgeordneten sprechen würde, um diese zu informiren, damit *; vertraulich, soweit das wird ja ein weiter Bezirk sein sie der Verschwiegenheit vollständig sicher sind, der« gleichen weiter mittheilen. Aber, wenn die Herren glauben, daß im Aus⸗ schuß irgend etwas geäußert werden könnte von der Regierungsseite, was hier im Plenum nicht geäußert wurde, so muß ich diesem Irr⸗ thum widersprechen. Im Ausschuß kann nur wiederholt werden, was ich glaube, es war am 14. Dezember gesagt worden ist, und diejenige Vervollständigung dieser Erläuterungen, welche ich mir heut zu geben erlaubte.

Ich erwähnte schon, daß der Herr Vorredner mir eine Verant⸗ wortung zumuthet, die weder ich noch irgend einer meiner Nachfolger von Berlin aus leisten könnte, weder für Vorgänge, welche sich in , zutragen, noch auch für die Handlungen der Gesellschaft.

ie Rede des Hrn. Abg. Bamberger halte ich wesentlich gegen die Gesellschaft gerichtet, und ich muß es der Gesellschaft überlassen, sich dagegen zu verantworten. Ich theile eine Menge seiner Bedenken über das Verfahren derselben; aber ich glaube, weder Sie noch ich haben die Zeit, diese Frage hier zu diskutiren.

Die ganze Blokade halte ich nicht für sehr wesentlich. Wirksam ist sie auf dem deutschen, südlichen Gebiet vermöge der strengen Ge— wissenhaftigteit, welche deutsche Organe überhaupt in der Ausführung ihrer Aufträge haben. Ob sie generell wirksam ist, darüber habe ich nicht sichere Nachrichten; manche Nachrichten, deren Glaubwürdigkeit ich dahingestellt sein lasse, lassen dies zweifelhaft erscheinen. Die Blokade ist mir auch von Hause aus nicht als ein Mittel erschienen, die Sklaverei todt zu machen; denn sie trifft ja nur die Ausfuhr der Sklaven und die doch auch nur unvollständig, sondern ich habe in deren Herstellung einen Beweis der afrikanischen Küste gegenüber gesehen, daß Deutsch⸗ land und England einig sind; das halte ich für sehr wichtig, daß die Eingebornen der Küste den Eindruck haben und behalten, daß zwischen den beiden bei Zanzibar überhaupt in Frage kommenden Mächten und namentlich zwischen der im alteren Besitz befindlichen Macht England und uns das volle Einverständniß besteht.

Das ist mehr eine politische als eine militärische Frage, daß wir in Gemeinschaft mit England dort blokiren. Wir fassen dabei einige der Sklaven ab ich glaube, 287 ist die Ziffer derer, die wir bisher gegriffen haben ein sehr geringer Theil; von englischer Seite haben wir keine Nachricht, daß dort überhaupt Sklaven aufgegriffen worden wären. Aber die Hauptsache den Afrikanern gegenüber ist die Autorität der Europäer und die Autorität der verbündeten Europäer. So lange wir dort mit England in Rivalität leben, wird keine von beiden Mächten denjenigen Nimbus mit der Zeit haben oder behalten, dessen es bedarf, um auf diese schwarz gesaͤrbten Be⸗ wohner einen Eindruck zu machen; solange und sobald wir einig sind, ist es ganz etwas Anderes, und wenn die Blokade aufhört, ohne den Eindruck eines Bruchs der Einigkeit zwischen England und Deutsch—⸗ land zu machen, so will ich nichts dawider haben.

Dieser Eindruck ist mir nach meiner politischen Auffassung die Hauptsache, ebenso wie ich in anderen Kolonien, in Samong z. B. unbedingt festhalte an der Uebereinstimmung mit der englischen Re⸗ gierung und an dem Entschluß, sobald wir mit derselben in Ueber einstimmung sind, gemeinsam vorzugehen, und sobald wir das nicht sind, uns zu enthalten oder mit Zurückhaltung zu verfahren. betrachte England als den alten und traditionellen Bundes⸗ genossen, mit dem wir keine streitigen Interessen haben; wenn ich sage . Bundesgenossen?, so ist das in diplomatischem Sinne zu fassen; wir haben keine Verträge mit England; aber ich wünsche die Fühlung, die wir seit nun doch mindestens 150 Jahren mit England gehabt haben, festzuhalten auch in den kolonialen Fragen. Und wenn mir nachgewiesen würde, daß wir die verlieren, o würde ich vorsichtig werden und den Verlust zu verhüten suchen.

Ich möchte in Bezug auf, meine Stellung zu der Gesammtfrage, die wir verhandeln, noch die Bemerkung machen, daß ich nicht Enthusiast für koloniale Unternehmungen von Hause aus gewesen bin, und daß es eine Ungerechtigkeit gewesen ist, wenn der Hr. Abg. Bam—⸗ berger mich identifizirt hat und sogar die Regierung identisizirt hat mit dem Verhalten der Gesellschafst. Wenn das der Fall wäre, wenn wir identisch wären, das Reich und die Gesellschaft dieselbe Person wäre, ja, dann wäre ja gar kein Zweifel, daß das Reich verpflichtet wäre, alle Avanien, die die Gesellschaft erlitten hat, auf sich zu nehmen und durchzufechten. Das ist in dem Maße nicht der Fall. Ich enthalte mich aber, in eine Kritik der Gesellschaft einzutreten und darin dem Herrn Ab— geordneten zu folgen. Ich will nur meine Stellung zu der Sache richtig stellen, indem ich daran erinnere, wie ich überhaupt bei der ersten Berathung am 26. Juni 1884 zu dieser Sache hier mich ge⸗ äußert habe. Ich habe damals gesagt:

Wenn der Hr. Abg. Rickert den Wunsch ausgesprochen hat, daß ich in authentischer Form wiederholen möchte, was ich über Kolonialprojekte und uber meine Auslegung der Vorlage in der Kommission gesagt habe, so glaube ich, in letzter Beziehung mich hier schon dementsprechend geäußert zu haben. Was die Kolonial frage im engeren Sinne anlangt, so wiederhole ich die Genesis der selben, wie ich sie damals angegeben habe. Wir sind zuerst durch die Unternehmung hanseatischer Kaufleute, verbunden mit Terrain⸗ antäufen und gefolgt von Anträgen auf Reichsschutz, dazu ver⸗ anlaßt worden, die Frage, ob wir diesen Reichtschuß in dem ge⸗ wünschten Maße versprechen könnten, einer näheren Prüfung zu unterziehen. Ich wiederhole, daß ich gegen Kolonien ich will sagen nach dem System, wie die meisten im vorigen Jahrhundert waren, was man jetzt das französische System nennen könnte gegen Kolonien, die als Unterlage ein Stück Land schaffen und dann Auswanderer herbeizuziehen suchen, Beamte an⸗ stellen und Garnisonen ertichten, daß ich meine frühere Abneigung gegen diese Art Kolonisation, die für andere Länder nützlich sein an für uns aber nicht ausführbar ist, heute noch nicht aufgegeben habe. Ich glaube, daß man Kolonial⸗ projekte nicht künstlich schaffen kann, und alle Beispiele, die der Hr. Abg. Bamberger er war also auch damals schon dabei ö

in der Kommission als abschreckend anführte, waren darauf zurück— zuführen, daß dieser falsche Weg , . war, daß man gewissermaßen einen Hafen hatte bauen wollen, wo noch kein Verkehr war, eine Stadt hatte bauen wollen, wo noch die Bewohner fehlten, wo dieselben erst künstlich herbeigezogen werden sollten.

Nun, in den Fehler ist die Gefellschaft verfallen, indem sie

wo er

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te hingeschickt hat in Distrikte, von unsicheren und unbekannten , bewohnt. als ob sie einen Landrath nach Prenzlau schickte, sicker ist., Folgsamkeit und Gendarmerie zu finden. Das will ich ja gar nicht bestteiten; aber können wir uns von den Fehlern, die unsere Landsleute im Auslande begehen, aus nationalen Gesichts. punkten so absolut lossagen? Rönnen zpir Jeden, der, einen rthum, eine Thorheit möchte ich jagen draußen be giht und in Folge defsen in. Schwierigkeiten geraͤtz können wir den sitzen lassen und im Stich lassen? Das ist eine Frage, in. der ich so weit gehe, wie der Reichstag geht, nicht weiter. Meine eigenen Gefühle, die ich dafür habe, gehen ja sehr niel weiter; aber ich weiß mich urterzuerdnen, ich gehöre nicht zu den Leuten, die, nachdem die Majorität ihres Landes, die Majorität ihrer rarlamentarischen Körperschaft beschlossen hat, sich an der Sache ü betheiligen, ihrerseits in ciner fleinlichen und kmifflichen Opposition kertfeh ten, um die Gesammtheit an der Erfüllung der einmal be— schlossenen Politik zu hindern und sie zum Stolpern zu bringen und barauf nicht verzichten können, daß sie anderer Meinung gewesen sind, die ihr eigenes Ich dem ganzen Lande und seiner Majorität gegen—⸗ überstellen. . 5 kann ich wohl unter Umständen als Minister thun, wenn ich die Befürchtung habe, wie es im Jahre 1862 der Fall war, daß die Majorität des Landes in einer verderblichen Richtung sich be⸗ wegt; das kann ich thun, wenn ich mich wie damals gegenüber der Abdikations Urkunde meines Königs und Herin befinde, der mir sagt: Wollen Sfe mir beistehen? oder soll ich abdiziren? Dann kann ich dergleichen unternehmen und, Widerstand leisten gegen eine Welt von Waffen. Aber für zwei Millionen oder für Zanzibar kann man sich meines Erachtens nicht lossagen von dem großen Huge der nationalen Bewegung, da kann man nicht kleinlich hinterher schimpfen, hinter das, was die Mehrheit der Nation einmal beschlossen hat. Ich selbst ordne mich unter. Ich bin kein Kolonialmensch von Hause aus ge— wesen. Ich habe große Bedenken gehabt, und nur der Druck der öffentlichen Meinung, der Druck der Mehrheit hat mich bestimmt. zu kapituliren und mich unterzuordnen. Ich möchte dem Hrn. Abg. Bamberger dasselbe empfehlen; er hat noch nicht einmal die Berechti⸗ gung, die ich nach sechsundzwanzigjäbrigem Dienst habe, dem ganzen Lande Opposition zu machen.

Also ich habe im Jahre 1884 gesagt: .

„daß ich meine frührre Abneigung gegen diese Art Kolonisation, die für andere Länder nützlich sein mag, für uns aber nicht ausführbar ist, heute noch nicht aufgegeben habe. Ich glaube, daß man Kolonial— projekte nicht künstlich schaffen kann, und alle Beispiele, die der Hr. Abg. Bamberger in der Kommission als abschreckend anführte, waren darauf zurückzuführen, daß dieser falsche Weg eingeschlagen war, daß man gewissermaßen einen Hafen hatte bauen wollen, wo noch kein Verkehr war, eine Stadt hatte bauen wollen, wo noch die Bewohner fehlten, wo dieselben erst künstlich herbeigezogen werden sollten,

also eine Provinz gründen wollen mit Landräthen, Bezirksvorstehern,

wo noch keine Bevölkerung dafür war.

Es ist ja sehr leicht, eine vernichtende Kritik über das Verhalten vieler Agenten oder noch mehr über das Centrum der Gesellschaft zu üben, das erledigt aber noch nicht die Frage: können wir unsere Lands— leute im Stiche lassen nach alledem, was geschehen ist?

Es heißt dann weiter: .

Ctwas ganz Anderes ist die Frage, ob es zweckmäßig und zweitens, ob es die Pflicht des Deutschen Reichs ist, denjenigen seiner Unter⸗ thanen, die solchen Unternehmungen im Vertrauen auf des Reichs Schutz sich hingeben, diesen Reichsschutz zu gewähren und ihnen gewisse Beihülfen in ihren Kolonialbestrebungen ju leisten, um denjenigen Gebilden, die aus den überschüssigen Säften des gesammten deutschen Körpers naturgemäß herauswachsen, in fremden Ländern Pflege und Schutz angedeihen zu lassen. Und das bejahe ich allerdings mit weniger Sicherheit vom Standpunkt der Zweckmäßigkeit ich kann nicht voraussehen, was daraus wird

und jetzt werde ich heute voraussichtlich verantwortlich gemacht für Alles, was daraus gemacht werden könnte aber mit unbedingter Sicherheit vom Standpunkt der staatlichen Pflicht. Ich kann mich dem nicht entziehen, ich bin mit einem gewissen Zögern an die Sache herangetreten und habe mich ge—⸗ fragt: womit könnte ich es rechtfertigen, wenn ich diesen Unternehmern, über deren Muth ich habe die Herren persönlich gesprochen —, über deren Schneidigkeit, über deren Begeisterung fur ihre Aufgabe ich mich herzlich gefreut habe, ich sage, womit könnte ich es rechtfertigen, wenn ich Ihnen sagen wollte: das ist Alles sehr schön, aber das Deutsche Reich ist dazu nicht stark genug, es würde das Uebelwollen anderer Staaten auf sich ziehen, es würde, wie Hr. Dr. Bamberger sehr richtig schilderte, in unan⸗ genehme Berührung mit anderen kommen, es würde Nasenstüber bekommen, für die es keine Vergeltung hätte; dazu ist unsere Flotte nicht stark genug!? Alles das hat der Hr. Abg. Bamberger in der Kommission vorgetragen, aber ich muß sagen, daß ich als der erste Kanzler des neugeschaffenen Reichs doch eine gewisse Schüchternheit empfand, wir sind zu arm, wir sind zu schwach, wir sind zu furchtsam, für euren Anschluß an das Reich euch Hülfe vom Reich zu gewähren. Das sind die Gründe, die mich bestimmt haben, Hrn. Bamberger sind sie nicht einleuchtend. Das ift mir vollständig erklärlich. Er hat in seinen Aeußerungen das Reich gewiffermaßen als ein Finanzinstitut. aber nicht als eine nationale Einrichtung der deutschen Nation dargestellt, und wenn dieses Finanzinstitut sich nicht rentirt, haben wir nicht zu fragen, ob inzwischen die deutsche Flagge herunter⸗ gerissen und Deutsche herausgeworfen sind, ob inzwischen Ereignisse sich zugetragen haben, welche jede Nation überkom men können, ohne daß sie selbst daran verschuldet wäre, für die fie aber an den Degen ßreifen und sich wehren muß, Pas ist dem Hrn. Abg. Bain⸗ berger, wie es scheint, gleichgültig. Aber ich Habe über— haupt nicht die Absicht gehabt, ihm zu antworten; ich habe mir . Zeit Notizen gemacht, aber nachdem ich die zweite Hälfte seiner Rede gehört, habe ich darauf verzichtet, ihm zu antworten. Ich habe dies nur verlesen, um darzulegen, daß es ein Irrthum ist, wenn man behauptet, daß die Regierung in erster Linie hier Wünsche habe. Es ist nur die Frage, ob hier nationale Bedürf⸗ nisse, nationale Schädigungen, nationale Forderungen an uns bestehen, und darüber verlange ich allerdings das Zeugniß der berechtigtsten Rörperschaft im Deutschen Reich, daz Jeugnß des Reicht tages. Finden Sie, daß . nicht existiren, gut, dann habe ich mich geirrt, dann siehe ich mich zurück und trete zurück Ich bin weit entfernt, meine persÿnliche Ansicht, meine Neigung, unter Umständen an den Degen zu ferifen als eine Aufforderung für das Reich und die Gesammtheit zu etrachten; ich ordne mich der Mehrheit meiner Nation und deren berechtigten Vertretern absolut unter in diesen Fragen, so lange ich nicht die Angst und das Gefühl habe, daß sie auf einem abschuͤssigen Wege ihrem Schaden entgegeneilt; dann würde mein Widerstand nur mit meinem Leben endigen; hier aber liegen Fragen der Art ja nicht kor. Hat der Reichstag das Gefühl, daß die Interessen des Deutfchen Reichs, seine Chre ich mag kaum so hoch greifen, wie dieser Ausdruck trägt, seine Flagge, will ich sagen, hierbei uninter⸗ essirt sind, und dispensirt er mich von der weiteren Verfolgung, so ist das ja für mich eine außerordentliche Erleichterung meiner Geschäfte, unter deren Last ich beinahe erltege.

Der Hr. Abg. Richter hat damals getadelt, daß wir Beamte in Afrika ansteñlen, daß wir i , dort hinlegen. Kasernen, Häfen und Forts bauen. Das Alles hat nicht stattgefunden und geht uns auch nichts an. Ich habe den Gedanken, daß die Gefellschaft die perrin dort bleibt. Der Kaiser kann unmöglich an Stelle der Ge ellscöaft Pächter des Sultang von Zanztbar werden. Hie ganzen, Erwerbungen jenseits des zanzibarischen Küstengebiets, ie, früher von verschledenen Privatleuten gemacht worden ind und uns nichts weiser einbrachten, als ein schwer lesbares Stück Papier, das mit Negerkreuzen eine Anweisung auf Tausende von Miellen gab, die zu ctwerben waren, die können uns ja weiter nichts helfen, aber der Küstenbefstz ist bon außerordentlich gioßem Belang. Der Küstenbesitz ist von der Gefellschaft erworben

worden, und das ist meines CFrachtens eine deutsche Errungenschaft, welche nicht ohne Nützlichkeit ist. Ohne den Küstenbesitz wäre Ales, was dahinter erworben ist, nutzlos geblieben; init dem Küstenbesitze aber tommen wir in die Lage, denjenigen Pflichten, die wir mit unserem Eintritt in den afrikaniscken Besitz über haupt übernommen haben, den, kulturellen Pflichten zu ge— nügen mit anderen großen Nationen, wie England, Frankreich, Italien, dort der Kultur, der christlichen Kultur, in die Hände zu grbeiten, dieser Möglichkeit kommen wir niher; nur von der Küste aus kann die Civilisation in das Binnenland übergeben. Ob sie das sofort thut, das weiß ich nicht. Da gilt auch die Frage: Muß es gleich sein? wie es in einer bekannten Anekdote heißt, die mir da immer entgegentritt. Es ist die Unterlage einer Zu— kunftspolitik. Auf dem Standpunkt, auf dein ich stehe, kann ich nicht nur den nächsten Donnerstag im Auge haben, ich muß an Jahrjehnte, an die Zukunft, meiner Landsleute denten, ich muß daran denken, ob man mir nicht nach 20, nach 30 Jahren den Vor wurf machen wird, daß dieser furchtsame Kanzler damals nicht die Courage gehabt hat, uns einen Besitz zu sichern, der jetzt ein guter geworden ist. Da kann ich Loch nicht ohne Weiteres den deutschen Bürger von der Thür wegweisen, der agt; ich habe das erworben. Er kann mir nicht beweisen, daß es nützlich wäre für das Reich, ich kann ihm aber auch nicht beweisen, daß es ihm schädlich ist. Es ist, was ich neulich sagte, eine Muthung, die sich vielleicht verwerthen läßt; und wer von einer Kolonie in drei Wochen oder drei Jahren ein glänzendes Resultat erwartet, der mag Reden halten, aber y ist kein Mensch von Urtheil. ; ;

Die Frage ist die, ob wir in 19, in 20, in 30 Jahren nicht vielleicht bereuen würden, den Besitztitel, der uns ie geboten wird, verschmäht zu haben. Da habe ich nicht den Muth, ihn heraus— zuweisen, namentlich wenn er für den Preis, der uns jetzt dafür abgefordert wird, zu haben ist.

Ich habe Ihnen angedeutet, wie zögernd ich an die Kolonie frage überhaupt hꝛrangegangen bin. Nachdem ich mich aber über zeugt habe, daß die Mehrheit meiner Landsleute ich glaubte es wenigstens., und jedenfalls darf ich es gus der Bewilligung, die hier im Reichstage stattgefunden hat, schließen —, daß die Mehr heit des Reichstages den Versuch der Kolonialpolitik, ohne sich für den Erfolg zu verbürgen, gutgeheißen hat, so habe ich mich nicht für ermächtigt gehalten, meine früheren Bedenken aufrecht⸗ zuerhalten, die ich erinnere mich sehr wohl dahin gerichtet waren, daß wir unsere Flagge nirgends als souverän etabliren sollten, sondern höchstens Kohlenstationen, das war meine Ansicht in früheren Jahren. Kurz und gut, ich war gegen Gründung deutscher Kolonien. Ich habe mich darin gefügt, und wenn ich mich in meiner Stellung dem Drängen der Mehrheit meiner Landsleute, der Mehr⸗ heit des Reichstages füge, so glaube ich, könnte Hr. Bamberger es auch thun Ich halte mich wenigstens nicht für ermächtigt, der großen Reichslokomotive, wenn sie ihren Bahnstrang einmal gewählt hat, Steine in den Weg zu werfen, und das, glaube ich, geschleht von den Herren, die jetzt noch, von einer kleinen Minorität unterstützt, der Reichspolitik in dieser Richtung Schwierigkeiten bereiten.

Der Hr. Abg. Bamberger ist in einer persönlicken Bemerkung von großer Ausdehnung auf die Frage von Angra⸗Pequena zurück- gekommen; ich habe ihm neulich vorgeworfen, daß er die Ansprüche seiner deutschen Landsleute diskreditirt hätte im Auslande durch die geringschätzige Art, in der er davon sprach. Ich kann ihm hente sagen, daß den deutscken Inhabern der von ihm so gering—⸗ schätzig behandelten Rechtsansprüche von den englischen Konkurrenten bereits mehrere Millionen Mark für die Cession derselben ge⸗ boten sind. Diese Millionen Mark hat Hr. Bamberger durch seine Aeußerungen von neulich wesentlich diskreditirt. Ich bin überzeugt, daß die Herren in der Kapstadt, die das geboten haben, wenn sie von der Rede des Hrn. Bamberger hören. vielleicht nur 1 Million bieten werden, und auf diese Weise sein Vaterland zu schädigen, halte ich nicht für eine Aufgabe, der ich mich anschließen kann.

Die Motive haben sehr unterschieden zwischen den materiellen Interessen der Gesellschaft und den nationalen Pflichten, die Deutsch⸗ land übernommen hat, nachdem es in Afrika überhaupt irgend einen 54 ergriffen hat, den nationalen Pflichten, Theil zu nehmen an der Civilisirung und Christianisirung dieses weit ausgedehnten, in seinem Innern noch immer unerforschten Welttheils. Ich habe die Reichs⸗ regierung nicht für berechtigt gehalten, im Interesse der Gesellschaft an sich irgend eine Forderung zu machen. Hat sie unrichtig spekulirt, so ist das, wenn man will, ihre Sache, obschon ich im Ganzen nicht glaube, daß andere Regierungen in ähnlichen Fällen wie der fran⸗ zösische Ausdruck ist: „Lacheurs de leurs compatriotes“, sind, daß sie ihren Landsmann fallen lassen in solchen Fällen. ;

Aber hier handelt es sich um etwas Anderes. Die Regierung hat durch ihr Eintreten in die gleiche Front mit England und Frank- reich in Afrika in der Congofrage die Verpflichtung übernommen, an der Civilisirung und Chriftianisirung dieses großen Welttheils Antheil zu nehmen. Hätte sie eine Gesellschaft geschützt, die sich erlaubt hätte, sich von diesen Prinzipien der Cixilisation vellständig zu ent⸗ fernen, wie das ja von manchen Handelshäusern bisher geschehen ist, am Sklavenhandel sich zu betheiligen oder doch sich nicht zu enthalten oder hauptsächlich die Einfuhr der Munition, die für die Sklaven. jäger bestimmt ist, zu befördern die Gesellschaft würde vielleicht gar so schlechte Geschäfte nicht gemacht haben —, dann würde sie nicht den Zorn der arabischen Sklavenjäger auf sich gezogen haben.

Was dort gehaßt wird, ist der Christ, der Beschützer der Sklaven, das ist der Störer in einem illiceiten Handel. Ich habe in einer mir eben zugegangenen Meldung über eine Kaptour unserer Flotte gelesen, daß eine Dhow gefangen wurde, in der 87 Sklaven unten lagen, in einem so engen Raum, daß sie drei Mann hoch wie ich den Kubikinhalt berechnen kann nothwendig liegen mußten. Ueber sie waren Matten gebreitet und auf den Matten saßen, standen und gingen die 17 Araber, welche die Bemannung der Dhow bildeten. Diese Dhow wurde verrathen unseren Kreuzern durch zwei Neger, denen man mehr getraut hatte, und die von dem Deck Zeichen gegeben hatten; die wurden sofort erstochen, ehe wir herankamen. Sollen wir nun dergleichen Sachen, wenn wir uns dort überhaupt einmal einrichten, dulden, weil es finanziell uneinträglich ist, uns ihnen zu widersetzen oder nicht? Das schiebe ich den christlichen und humanitären Erwägungen des Herrn Abgeordneten zu.

Der Sultansvertrag ist meines Erachtens die bedeutendste und nützlichste Leistung, welche die Gesellschaft überhaupt gemacht hat. Der hat den Zugang zum Inlande erst, eröffnet. So lange die Küsten abhängig waren von einer Macht, wie der Sultan von Zanzibar, namentlich von den energischeren Vorgängern des jetzigen Sultans, so lange war unsere Verbindung mit dem Binnenlande doch immer sehr zweifelhaft und auf die Dauer nicht sicher, und wir konnten der Gefahr ausgesetzt sein, daß, wenn wir uns mit dem Sultan von Zanzibar erzürnten, wir uns auch mit der von uns befreundeten Macht von England, deren Protsgs der Sultan von Zanzibar immer war, erzirnt hätten. Wir würden also von alledem, was wir iet; der Zanzibar grenze okkupirt haben, durch eine Grenze geschleden sein. Das ist also meines Erachtens eine dankenswerthe Unterlage, welche die Ge⸗ sellschaft der deutschen Nation gewonnen hat, um von dort aus all⸗ mählich, aber sehr allmählich, ihre weiteren Kulturversuche nach dem Innern zu erstrecken. Ob diese Kulturversuche hauptsächlich in der pfl e des Karawanenhandels nach dem Innern bestehen sollen oder n plantagenmäßiger Kultivirung des an uns gebrachten Küstenlandes, das ist eine Frage, die ich im letzteren Sinne zu bejahen geneigt sein möchte. Der Karawanenhandel lebt jetzt in erster Linie vom Sklavenhandel und vom Rückhandel von Pulver und Blei, mit dem die Vertheidiger der zu fangenden Sklaven erschossen werden, kurz und gut, Gewehre und Munition gehen hin, Sklaven gehen aus als Ergebniß der gelieferten überlegenen Bewaffnung. Fällt das weg, fällt auch noch der Brannt, wein weg, so wird der Karawanenhandel sebr gering;: er beschränlt sich auf Elfenbein. Das Elfenbein hat schon jeßt nicht immer volle Ladungen gegeben, die . durch k Neger, vervoll⸗ ständigt werden, um für die Beladung der Dhows zu dienen. Be⸗ kanntlich werden Elephanten immer weniger, Gummi kann dort mehr sein. Aber ich glaube kaum, daß der Karawanenhandel allein

eine große Zukunft haben wird Ich glaube, daß er auf zwei aussterbenden Generationen basirt ist, die Sklaven und die Elephanten. Die Elephanten werden weniger. Bis jetzt ist Elfenbein noch da und Gummi Aber ich setze meine Hoff⸗ nung für die. Zutunft Deutschlands, nicht gerade auf den Karawanenhandel, ondern vielmehr auf die Mönlichkeit, den frucht klaren Ostabhang Ost Afrikas, der im Allgemeinen nur so weit fruchtbar ist, als der Küstenstrich reicht, zum Plantagenbau im tropischen Sinne zu benutzen. Es ist das, wie Hr. Hauptmann Wißmann schon vorher bemerkte, ein Küstenstrich von über s00 Meilen Länge und von 5 bis 15 deutschen Meilen Breite, also ein sehr be— deutendes Terrain. Wir zahlen für tropische Produkte, die wir bei uns nicht produziren können, gegenwärtig schon ungefähr 500 Millionen baar ans Ausland. Soviel ich mich der Ziffern erinnere, figurirt darin die Baumwolle als Höchstes mit ungefähr 200 Millionen, der Kaffee init 192 Millionen, der Taback mit 64 Millionen und außerdem Kakao, Ge⸗ würzt. Vanillen in erheblichem Maße. Wenn wir von dieser Einfuhr von 590 Millionen, die wir baar bezahlen müssen, auch nur den 10. Theil abrechnen, oder den 100. Theil mit 5 Millionen einstweilen für deunsche Eigenthümer erwerben könnten, welche in Zanzibar und in diefen Küstenländern unter sicherem Schutze des Reichs ihren Taback, ihre Baumwolle, ihren Kakao bauen könnten, so würde ich das doch für einen erheblichen wirthschaftlichen Gewinn halten und auch für einen volkswirthschaftlichen insofern, als eine Menge der uberschüssigen Kräfte, die wir in unseren Gymnasien und höheren Schulen erziehen, dort als Leiter von solchen Einrichtungen eine Verwendung finden könnten, die wir im Lande doch nicht überall haben und vielleicht mit der Zeit immer weniger haben werden.

Also ich möchte nur bitten, eine solche koloniale Gründung nicht als einen Lotteriesatz zu betrachten, der im nächsten halben Jahre einen ungeheuren Gewinn geben muß, sondern als eine vorbedachte, berechnete Anlag‘, die unter Umständen vielleicht auch keinen Gewinn abwirft, aber doch mit Wahrscheinlichkeit in zehn, und wenn es in zwanzig Jahren wäre, wäre es auch kein Unglück. Wir haben die Gewißheit, daß diese tropischen Länder, welche die einzigen noch unokku⸗ pirten sind, uns von anderen Mächten nicht mehr bestritten werden können. Unscxe ganze Besitzergreifung, unsere ganze Neigung, sie zu vertheidigen hat sich ja ürsprünglich nur gegen andere Maͤchte, die auch dort Besitz ergreifen wollten, gerichtet, und denen gegenüber haben wir durch unsere freundschaftlichen Beziehungen vollständig die Mittel, sie fern zu halten. Sie haben die Grenzen anerkannt, die wir gezogen haben; innerhalb der Grenzen kann sich der Deutsche ent⸗ wickeln. Will er nicht oder gelingt es ihm nicht, nun gut, so bleibt es noch immer einer späteren Generation vorbehalten, den Versuch zu wiederholen.

Ich bin ganz bestürzt gewesen über den Gedanken, den viele Leute gehabt haben, als müßte das nun gleich wie ein Gründungs— papier eine ungeheure Dividende abwerfen. Ich habe mir gedacht: das ist eine Beschlagnahme, wie bei der Muthung eines Bergwerk⸗ besitzers oder dem Ankauf eines später zu bebauenden Grundstücks, und wenn man nicht mit Ruhe einen Erfolg abwarten kann, so hätte man es überhaupt nicht thun sollen. Daß man . Diejenigen, welche solche Anlagen machen, nun den Vorwurf . t, daß sie nicht sofort am nächsten Donnerstag eine große Rente geben, nun dazu gehört die leidenschaftliche Feindschaft, die auf Parteikämpfen beruht. 7 kann ich nicht mehr als eine staatliche Erwägung behandeln und ansehen.

Die Küste also müssen wir meines Erachtens wieder erwerben und halten, wenn wir unsere Aufgabe der Cwvilisation von Afrika erfüllen wollen. Die Sklaverei mit einem Male abschaffen zu wollen im Innern von Afrika, das ist ein Gedanke, der nur von lokal unkundigen Leuten gefaßt werden kann. Ich erinnere wiederholt daran O ich habe es schon einmal gesagt daß nur auf der kleinen Insel Jamaita die Aufhebung der Sklaverei der englischen Regierung 20 Millionen Pfund Sterling, das sind 460 Millionen Mark, gekostet hat, und wir werden doch nicht gegen die Sklavenbesitzer gewaltthätig vorgehen. Bei uns in eutsch land, wo die Gewalt viel stärker ist und die Gesetzgebungen soyiel durchschlagender, ist doch auch die Aufhebung der Hörigkeit nicht ohne Entschädigung erfolgt; aber das ist eine Frage, die ich jetzt noch nicht als vorliegend gnsehe. Die Küste müssen wir immer haben, um weiter in das Land hinein zu wirken; die Küste ist im Pachtbesitz der Gesellschaft, wir müssen also die Gesellschaft, die einstweilen unser einziges Organ zur Durchführung unserer eivilisatorischen Bestrebungen ist, schützen und halten, wenn wir diesen civilisatorischen Bestrebungen uns anschließen wollen.

Ich habe die Gründe dargelegt, die mich bestimmt haben, der Strömung zu Gunsten kolonialer Bestrebungen nachzugeben, und ich habe meine Fügsamkeit der Allgemeinheit gegenüber dabei betont. Die Allgemeinheit hat aber vor vier Jahren dieser Strömung soweit nach⸗ gegeben, daß sie meines Erachtens nicht mehr zurück kann, und ich glaube auch nicht, daß sie es für thunlich erachten wirs, zurück zugehen. Ich halte mich im Gegentheil, namentlich nachdem ich die Rede des Hrn. Abgu. Windthorst gehört habe, der Zustimmung des Reichstages zu der Vorlage vollständig versichert. Ich bedauere nur, 9 sie nicht etwas schneller erfolgt. Ich glaube, daß die Aufgabe, die dem Reichskommissar dort zufallen wird, etwas erleichtert wurde, wenn sie auch nur vier bis fünf Tage früher in Angriff genommen werden könnte. . .

Nun, meine Herren, Sie werden ja Ihrerseits erwägen, welche Zeit Sie brauchen, um sich zu entschließen. Ich endige meine Aeußerungen mit der Hoffnung, daß Sie die Regierungsvorlage mit großer Majorität annehmen werden.

Kommissar Hauptmann Wißmann: Er habe noch eine ganz kurze sachliche . zu machen, die für die Beur⸗ theilung der 5 e wesentlich sei, nämlich die, daß die erste Handhabe zur . der Sklaverei selbstverständ⸗ lich die Küste sei, wo der Export der Sklaven stattfinde. Den⸗ jenigen Punkt der Küste, wo dies am meisten geschehen könne,

iete unsere deutsche afrikanische Küste. Die Küste am Rothen Meer exportire nur sehr wenige Sklaven, die südliche Somali⸗ küste so gut wie gar keine. Das englische Mombassa und das deutsche afrikanische Gebiet mit seinen Häfen lieferten den

auptexport, und südlich davon nur gewisse Punkte. Die

ord- und Westküste hätten überhaupt keinen Sklavenexport mehr. Also unser ostafrikanisches Gebiet, gleichviel, ob da die Ostafrikanische Gesellschaft sitze oder nicht, bleibe immer der

1 Punkt zur Verhinderung des Sklavenexports. bg. von Bennigsen: Seine Freunde seien bereit, dem

Antrag des f Windthorst auf Nleberweisung der Vorlage

an eine Kommission von 21 Mitgliedern zuzustimmen, weil sie, obgleich sie der Vorlage ihrem wesentlichen Inhalt nach zustimmten, glaubten, daß die Kommission Gelegenheit bieten

werde, über einzelne Fragen Aufklärung zu geben; er denke

dabei nicht an Mittheilungen, die eine vollständige Geheim⸗ haltung erforderten, wie über Einzelheiten der Ausrü

und des Feldzugsplans zur n, der Aufstandischen, wohl aber an manche . bezüglich der Verhältnisse der dort vorhandenen esellschaften, besonders der Ost⸗˖ ,, Gesellschaft, welche besser in der Kommisston als im Plenum erörtert werden könnten. Der Abg. Windthorst habe sich der Vorlage freundlich gegenüber⸗ gestellt und habe sich im Laufe seiner Erörterungen immer mehr derselben genähert, sodaß das Ergebniß der Kommissions⸗ berathung hoffentlich der Antrag hin werde, der zu⸗ zustimmen. Er wünsche namentlich nach den neuesten Nach= richten aus Ost⸗Afrika, daß die ie r beschleunigt, die Kommission noch heute gewählt werde, sich konstituire und am Montag ihre Arbeiten beginne, sodaß man am . Mitt⸗ woch zur zweiten Berathung schreiten könne. Er könne sich

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