Durchschnittspreis des Weizens betrage jetzt 134 M, 1880 - 87 3 a r und 1870. =* 79 221 , betragen. Der Weizen ei heute billiger wie in jedem einzelnen Jahre der zollfreien de 1870 — 79 und billiger wie der niedrigste rn in
der k Der r gen toste heute 156 6, ehenso 1887, 1819 — 79 kostete er 163 6 In Bezug auf die Pro⸗ dultionsgkosten, wo die Berechnung allerdings eine überaus n n e sei, seien zahlreiche Sachverständige und landwirth⸗ ; aftliche Vereine übereinstimmend zu dem Resultat ge⸗ ommen, daß dieselben mit den Getreidepreisen von 1887 nicht 6 würden. Diese Thatsache sei für die Beurtheilung der achlage äußerst wichtig. Es könne doch nicht ein erstrebens⸗ werther Zustand sein, daß ein vorwiegend auf Ackerbau ruhender Staat, wie Deutschland, deswegen seine Produktion einschränken solle, weil er nicht so billig zu produziren im Stande sei wie das Ausland. Wirke es nicht gegenüber den Aus⸗ führungen des Abg. Broemel humoristisch, daß gegenwärtig in Manchester die Handelskammer beschloffen habe, zu dem Schutzzollsystem überzugehen, weil der Freihandel England ruinire und es an den Rand des Abgrundes bringe. Dieser Beschluß sei allerdings später wieder aufgehoben worden, weil bei der ersten Abstimmung nur 80 Mitglieder anwesend waren, von denen sich 60 für den Antrag erklärten, während eine sehr viel größere Anzahl von Mitgliedern der Handelskammer angehört. Es sei aber doch nicht zu leugnen, daß in England eine mächtige Strömung für Beseitigung des Freihandels und Uebergang zum Schutzzoll vorhanden sei. Der ungeheure Rückgang des Getreidebaues in England berge größere Gefahren in sich, als wenn der Brotpreis vorüber⸗ gehend mit mehr oder weniger Berechtigung um einige Pfennige steige. Es sei auch nicht leicht festzustellen, welcher Antheil bei der Erhöhung des Brotpreises den Getreidezöllen, der Ernte, den spekulativen Eingriffen, dem russischen Rubelkurs zuzutheilen sei. Und wenn die gölle wirklich mitgewirkt hätten, der weiteren Entwerthung der inländischen wirthschaftlichen Produkte entgegenzutreten und die Produktion im Inlande auf gesundere Verhältnisse zu stellen, so hätten sie nur die Erwartung erfüllt, die man auf sie gestellt, dann seien sie wirklich Schutzzölle geworden, während sie früher Finanzzölle waren. Das spreché mehr für ihre Aufrechterhaltung als für ihre Aufhebung. Wie wenig aber die Zölle Schuld an der Preiserhöhung seien, zeigten die Preise des Auslandes. Der Abg. Broemel habe sich besonders eklatante Zahlen ö. er (Redner) könne ihm Monate nennen, wo die Differenz nur 20 MS betragen. Folgende Zahlen bezögen sich auf den Monat Mai, wo die Preissteigerung begonnen, und den Monat Oktober, wo sie am höchsten gewesen. Der Weizen abe bei uns im Mai 174 S6, im Oktober 187 S gestanden, ei also um 47si9 Proz. gestiegen, in Amsterdam sei er in der—⸗ elben Zeit um 9g, 15 Proz., in New-⸗York um 15 Proz. und in London bei der Provenienz Kalkutia um 12 Proz., bei der Provenienz Bombay um 23 Proz, bei der Provenienz Australien um 28 Proz. gestiegen. In Deutschland mit hohen Getreidezöllen seien also die Preise viel weniger gestiegen als in den Ländern mit geringeren oder gar keinen Zöllen. Daß die Zölle nicht bloß den großen Grundbesitzern, sondern auch den kleinen Leuten, den Handwerkern und Gewerbetreibenden zu Gute kämen, hätten gerade die Petitionen anläßlich der letzten Erhöhung der Getreidezölle aus Holstein und Oldenburg bewiesen. Bezüglich des Ernteausfalls habe man zuverlässiges Material nur in Bezug auf Preußen; man dürfe aber an⸗ nehmen, daß außer Deutschland auch England, Frankreich und Italien unter dem Durchschnitt geblieben, . Rußland, Desterreich, Rumänien und Serbien Ernten über dem Durch⸗ schnitt gehabt hätten. Namentlich Rußland habe eine sehr gute Ernte gehabt, wie das Steigen der Einfuhr von dort seit August, die Ansammlung . Getreidequanten in den ver⸗ schiedenen russischen Handelscentren und der Umstand, daß so⸗ gar russischer Roggen über Bodenbach und Tetschen importirt worden sei, bewiesen. Was würde nun daraus enistanden sein, wenn wir bei der schlechten Ernte in Deutschland in diesem Jahre auch noch die niedrigen Preise von 1887 gehabt hätten? Würde nicht die Nothlage unserer Landwirthschast auf das Schlimmste gestiegen sein? Und würde sie sich nicht auch auf die landwirthschaftlichen Arbeiter und unser gesammtes Wirthschaftsleben erstreckt haben? Das widerlege die Behaup⸗ tung Bebel's, daß die hohen Getreidezölle bei der ersten Miß— ernte würden aufgehoben werden ö. In der Frage der Brotvertheuerung habe der Abg. Bebel eine Skala ge— geben, aus der hervorgehe, daß dse Erhöhung der Preise eine total verschiedene sei. Nicht überall in Deutschland habe eine Vertheuerung stattgefunden, so z. B. nicht in Emmerich, Rees u. a. D. Die Skala Bebel s ergebe ferner, daß keines⸗ wegs dieser Preisausschlag auf die Getreidezölle zurückgeführt werden könne. Eine Notiz der „Deutschen Landwirthschaft⸗ lichen Presse“ besage, daß in Berlin und einzelnen anderen Orten durch den Zwischenhandel eine Vertheuerung um 1I6'/3 Proz. eingetreten sei. Selbst wenn man den höchsten Getreidepreis als dauernd annehme, könne man die . nicht höher als 1881 / 82 bezeichnen. Sowie die Getreidepreise stiegen, mache sich die Neigung geltend, auch die Brot— preise zu erhöhen, sowie fe aber fielen, verspüre man wenig von einer Neigung, diese herabzusetzen. Die Lohnverhältnisse seien keineswegs so ungünstig, daß eine Erhöhung der Brotpreise um wenige Pfennige zu ernsten Bedenken Anlaß gebe. Wenn Bebel nach dem Bericht des Reichs⸗Versicherungsamts einen jährlichen Lohnrückgang um 21 6 pro Kopf herausrechne, so sei doch zunächst That— sache, daß 1887 die Löhne um 161 Millionen Mark gestiegen r. und daß die Zahl der in Berufsgenossenschaften mehr ubsumirten Arbeiter daher komme, aj 1887 nicht Voll⸗ arbeiter, sondern die Individuen eingestellt seien, auch wenn sie nur wenige Tage im Jahre gearbeitet hätten. In Folge dessen sei, obgleich die Löhne gestiegen seien, der Durchschnitttz⸗ satz zurückgegangen., Ein Fallen der Löhne könne man daraus nicht schließen. Bei einzelnen Berufsgenossenschaften kämen neuerdings ganze Klassen von Arbeitern hinzu, so bei den Eisenberufsgenossenschaften und den Bauschlossern. Es mache sich auf allen Gebieten der Industrie ein erfreulicher Aufschwung, eine Vermehrung der Produktion und vermehrte Arbeiisgelegenheit bemerkbar. Nach dem Bericht der „Dortmunder Union“ sei seit 1879 bis 1880 der Arbeitsverdienst pro Kopf um 150 M gestiegen, ähnliches konstatire der Bochumer Verein für Bergbau und Gußstahl⸗ fabrikation. Die erhöhten Spareinlagen rührten keineswegs allein von wohlhabenderen Leuten her, was aus dem bedeutenden Steigen der kleinen Einlagen bis 6 I hervorgehe. Auch die landwirthschaftlichen Centralvereine berichteten von einem Steigen der Löhne, daß die Arbeiter in die Städte strömten trotz des billigen Brotes auf dem Lande, um in den Industrie⸗
centren noch reichlicheren Verdienst zu finden. Da die Land⸗ wirthschaft selbst nicht an dem Aufschwung betheiligt sei, habe sie so doppelten Noththeil. Eine Agitation, die die Beseiti⸗ gung sämmtlicher Geireidezölle bezwecke und den Ruin der Landwirthschaft zur Folge haben müsse, werde stets erfolglos bleiben. Zugestehen aber müsse er, daß sich keine Frage so zur Agitanlon draußen im Laiide eigne, wie diese. Es werde den Leuten eingeredet, daß sie das Brot viel zu theuer bezahlten, während man ihnen verschweige, daß ihnen auch das billigste Brot nichts nützen würde, wenn sie keinen Arbeitsverdienst hätten, während man ihnen verschweige, daß die Landwirthschaft und somit ein großer Theil des Bolts zu Grunde gehen müsse, wenn sie des Schutzes enthehre, während man ihnen verschweige, daß die 60 Millionen Mark, die jetzt aus den Getreidezöͤllen in die Reichskasse flössen, andernfalls durch Steuern ö werden müßten. Der Abg. von Kardorff sei wohl berechtigt zu sagen, daß solche Agitation nur die Unzufriedenheit steigern solle. und er (Redner) wisse nicht, wen man mehr bedauern solle, Diejenigen, welche sich zu einer solchen Agitation , oder Die⸗ jenigen, welche ihr glaubten. Seine politischen Freunde würden einstimmig gegen den Antrag Bebel und egen jedes Ueberweisen desselben an eine Kommission timmen. Sie seien der Meinung, daß die 1887 von den verbündeten Regierungen vorgeschlagenen und von der Mehrheit des Reichstages angenommenen Zollerhöhungen zu bedenklichen Konsequenzen nicht geführt hätten. Die mäßige und auf verschiedene Ursachen i nr fh , Steigerung der Preise zeige trotzdem Sätze, welche niedriger seien, wie die in der zollfreien Periode von 1870-719. Wenn dieser Auf—⸗ schwung zum Besseren wieder zur Folge habe, daß der Ge⸗ treidebau, der in Deutschland eine ausschlaggebende Bedeutung habe, steige oder wenigstens nicht zurückgehe, so müsse diese Thatsache von der großen Mehrheit des deutschen Reichstages mit großer Freude begrüßt werden. Es werde dies aber auch mit Nothwendigkeit von den Kreisen anerkannt werden, deren Urtheil nicht durch Agitation beeinflußt sei, und denen das. Wohl des Vaterlandes wohl sicherlich in viel ernsterer Weise am Herzen liege, als den sozialdemokratischen Agitatoren im Lande, die nur von der Unzufriedenheit lebten.
Abg. Kroeber: Wenn der Abg. von Kardorff von Mangel an Cern rn gesprochen hahe, so müsse er (Redner) sagen, daß er durch die gegenwärtigen Auseinandersetzungen, auch durch seine Rechenexempel nicht klüger geworden sei. Der Abg. von Kardorff habe dem Abg. Bebel gegenüber erklärt, daß, wenn die Arbeiterfamilie wirklich so bedeutend mehr Ausgaben durch die Zölle hätte, sie wahrscheinlich mehr aus—
eben würde, als sie einnähme. Mit mehr Recht könne er gl en erwidern, wenn alle die Klagen wahr wären, die in diesem hohen Hause über das Elend der Landwirthschaft er⸗ hoben werden, man wahrscheinlich keinen einzigen der Herren Großgrundbesitzer hier lebendig vor sich sehen würde. Die Motive für den Antrag fehlten keineswegs; das statistische Handbuch des Deutschen Reichs zeige, daß im Monat Dezember vorigen Jahres die Korn- oder Roggenimporte von 660 000 Meterceninern auf 1 390 000 gestiegen seien. Als Stadtver⸗ ordneter von München wisse er, daß die Lagerhäuser der Stadt in Folge der Zollerhöhung vermehrt werden müßten, trotz der Konkurrenz der Privailagerhäuser. Während die Einfuhr im Jahre 1887 in der ersten Dezemberwoche 117 Waggons betrugen, seien es in der ersten Dezemberwoche 1888 304, in der zweiten Dezemberwoche 1887 141, 1888 260 u. s. w. stets steigend. Es sei also trotz der Zölle eine stete Vermeh⸗ rung der Einfuhr zu konstatiren. Was die Preise in Amsterdam betreffe, so habe er erfahren, daß bei einem Waggon Weizen, den dasselbe Haus von Pest an demselben Tage nach Lindau fakturirte, wo einen gleichen nach Romanshorn, bei dem gleichen Zollsatz die Faktura an die Münchener Firma, die diese beiden Wagen laufen ließ, genau um 500 M6, also um den Betrag des Zolles theurer gewesen. Während es im Norden Roggen sei, sei es dort im Süden Weizen und Gerste, was wir einführten. Unsere Bäcker behaupteten, den ungarischen Weizen nicht entbehren zu können; unsere Brauer könnten auch nicht den ganzen Bedarf an Gerste, wenigstens nicht in so feiner Qualität, aus dem Lande selbst beziehen, wie sie unsere Brauindustrie noth⸗ wendig habe. Diese feine Gerste werde selbst auf dem Münchener Markt einige Mark böher bezahlt als die bayerische. Wenn die Verluste in der Landwirthschaft, besonders der Zucker und Sprit fabrizirenden, hervorgehoben seien, so hätten doch gerade die Zuckerproduzenten früher enorme Geschäfte ge—⸗ macht in Folge des günstigen Steuersystems. Sie hätten
Ersparnisse machen müssen, denn sie hätten daran denken
sollen, daß nach guten Jahren immer auch schlechte kämen. Aehnlich sei die Lage in der Spritfabrikation, die durch das neue System ebenfalls begünstigt werde. Die Reformen seien überall nur im Interesse der Zucker⸗ und Spritfabrikanten, nicht im Interesse des Volks gemacht. Zu den Gegenden, die in Deutschland Ueberfluß an Getreide hätten, gehörten die Ostprovinzen, Mangel herrsche in Südbayern, den Alpen⸗ ländern und dem bayerischen Wald. Sei denn nicht durch eine Verhesserung der Wasserstraßen, durch billige Eisenbahntarife hier ein Austausch möglich? So lange dies nicht der Fall sei, werde der Westen aus den nahe liegenden Produktions— ländern, z. B. aus Oesterreich⸗Ungarn, trotz aller Zölle seinen Bedarf nehmen und die niederdeutsche Ebene ihr Holz von Rußland und Schweden und nicht aus dem deutschen Oberland beziehen. Münchener Getreidekaufleute hätten ihm gesagt, durch Aufhebung des Identitätsnachweises sei ein Aus⸗ gleich möglich. Es werde namentlich in diesem Jahr schwer vermißt, daß man bayerisches Getreide, Korn und Gerste nicht nach den Niederlanden exportiren könnte. Das wäre nicht der . gewesen, wenn man an deren Stelle gratis ausländisches
etreide hätte importiren können. Was die Lage des Bauern⸗ standes betreffe, so sei dieselbe in Süddeutschland weit besser als anderswo. Hier sei auch die Parzellirung keine doktrinäre Spielerei, sondern der Bauer habe sich dort sehr intakt gehalten und finde überall seine Rechnung, am meisten da, wo gemischter Betrieb sei, weniger wo ein Handelsgewächs den Ausschlag . Gerade in seinem Wahlbezirk habe der Hopfenbau den chwersten Nothstand verursacht, weil der Ausfuhrzoll auf
opfen nach Rußland schadlich wirkte. Wenn man den
etreidezoll aufhebe und dagegen Rußland den Hopfenzoll, so sei diesem Bezirk viel mehr gedient, als durch die Beibehaltung des Getreidezolls. Auch der Tabackbau sei dort sehr zurück gegangen, als Folge der Tabacksteuer und der dabei noth⸗ wendigen Kontrole. Er glaube also weder an das Elend des Großgrundbesitzers, noch an das des Bauern, trotzdem die Grundsteuer seit Jahrzehnten, in Bayern seit 50 Jahren, nicht geändert sei. 3. der Aeußerung des Abg. von Kar⸗
dorff solle für die Großgrundbesitzer noch viel mehr geschehen. Sollten vielleicht alle direkten Steuern aufgehoben .
die noch auf Grund und Boden lasteten? Oder solle vielleicht der Staat die Schulden de Großgrundbesitzers bezahlen? Dann wäre es besser, der Stagt würde gleich den ganzen Großgrundbesitz ablbsen und würde sehen, daß er Leute fände,
bitte, den Antrag
die ihn besser bewirthschaften können. Er an eine Kommission zu verweisen. Abg. von Bennigsen: Im Abgeordnetenhause und auch hier sei eine Aeußerung von ihm erwähnt worden, in der er sich vor Jahren gegen die Kornzölle und gegen eine voraut— sichtlich lange Dauer derselben ausgesprochen habe. Er halte diese Aeuß rung von damals vollständig aufrecht. Er habe gegen die Kornzölle von Anfang an, sowie gegen alle späteren Erhöhungen derselben gestimmt und halte sie noch heute für einen der bedenklichsten Theile des Zolltarifs. Durch irgend—⸗ welche innere oder äußere Zustände, geringe Ernten, kriege— rische Ereignisse, Sperrung des Verkehrs, könnten die Prelse eine so ungewöhnliche Höhe erreichen, daß, wenn diefelben nur eine gewisse Zeit lang sich erhalten oder längere Zeit anzudauern drohen, die Kornzölle nicht aufrecht erhalten werden könnten, und zwar würden die Zölle um so schneller verschwinden, je höher sie normirt seien. Andererseits wäre es thöricht, wenn Seitens der Regierungen und der Parlamente in Deutschland und fast den sämmtlichen europäischen kornproduzirenden Ländern die schwere Gefahr verkannt würde, in welcher sich die Land⸗ wirthschaft seit einer Reihe von . durch die immer mehr gewachsene Konkurrenz von billiger produzirenden Ländern und durch die außerordentliche Verbesserung und Verbilligung der Transportmittel befinde. Auch in Deutschland sei für Jeden, der die Augen nicht absichtlich vor den Thatsachen ver— schließe, unverkennbar, daß die Landwirthschaft mit schweren Sorgen und Gefahren zu kämpfen habe, und nicht bloß im Osten der Großgrundbesitz, sondern auch in einem großen Theil Deutschlands der mittlere und kleine Grundbesitz. Ver⸗ hängnißvoll sei, daß die Abhülfe gerade in den Kornzöllen esucht werde, welche eine Gewähr für die Dauer in keinem n besäßen, in ihrer Wirkung unsicher und von vielen anderen Verhältnissen abhängig und namentlich ungleich seien in den einzelnen Theilen Deutschlands und gerade im Osten, wo die Lage der Landwirthschaft am schwierigsten sei, die geringste Wirkung ausübten. Unter diesen Verhält⸗ nissen, die eine vollständige Wandlung mit Rücksicht auf die Produktionszustände in den überseeischen Ländern erfahren könnten, müßten Regierungen und Parlamente die Sache mit größter Aufmerksamkeit weiter verfolgen. Eine ernsthafte Kata strophe in unserer Landwirthschaft würde für unser ganzes Vaterland furchtbar sein. Sollte eine solche Verschiebung in den Besitzverhältnissen, die von manchen Seiten befürchtet, von anderen mit Gleichgültigkeit behandelt werde, eintreten, so wäre das ein . Unglück. Würde eine große Masse der besitzenden Klasse den Grundbesitz nicht halten köännen, so würde eine solche Zerstörung von Kapital und Vermögen eintreten, wie wir es noch nicht erlebt hätten. Und noch vorher würden die Besitzer, um deren Depossedirung es sich handeln würde, eine so große Devastation und Aus— nutzung ihres 6 durch Raubbau betreiben, daß die neuen Besitzer noch lange Zeit mit den schwierigsten Verhält⸗ nissen zu kämpfen hätten. Er hoffe, da er in den Korn⸗ zöllen die Hülfe nicht sehe, daß man sich nach anderen besseren Mitteln umsehen werde. Man habe sich nach solchen bisher wohl nur deshalb nicht umgesehen, weil die Zölle sich als der leichteste, bequemste Weg darstellten. Die Agrarier sähen aber theilweise schon selbst ein, daß die Zölle ihnen nichts nützten. Was solche anderen Hülfsmittel betreffe, . spielten Kredit und Kreditinstitute bei uns lange nicht die Rolle, wie in anderen Ländern, besonders bezüglich des Realkredits für den mittleren und kleinen Besitz. Auch der Personalkredit müsse gestärkt werden. In der Art unseres Steuersystems und namentlich in der Verbindung der Kommunalsteuer mit den Staatssteuern liege eine erhebliche Belastung des Grundbesitzes. m Abgeordnetenhause sei gerade von liberaler Seite seit angem die Ueberweisung der Realsteuern an die Kommunal— verbände verlangt worden, um die Entlastung des Grund⸗ besitzes herbeizuführen. Die Ausführung dieses Abhülfe⸗ mittels würde, wenn man ernsthaft vorgehe, möglich sein. Ferner bedauere er, daß die Frage der . des Identi⸗ tätsnachweises nicht weiter verfolgt werde. Mit den Verhält⸗ nissen im Osten vertraute Personen erwarteten davon für den Grundbesitz weit günstigere Resultate, als von den Kornzöllen. Ueber den Antrag habe er Namens seiner Freunde Folgendes zu erklären: Seine . hätten 1887 in ihrer großen Mehrheit, drei Viertel gegen ein Viertel, gegen die Erhöhung der Kornzölle gestimmt; trotzdem seien sie jetzt nicht im Stande, dem Antrage Bebel zuzustimmen, aus zwei Gründen. Erst vor einem Jahre etwa sei diese Normirung der Zollsätze ein⸗ getreten, Geschäft und Verkehr hätten sich darauf eingerichtet, andererseits sei die Wirkung derselben noch nicht voll einge⸗ treten. Rasche Veränderungen auf diesem Gebiet könne Niemand wüͤnschen, besonders nicht durch einseitige Aufhebung der zum Schutz der Landwirthschaft be⸗ stimmten Zölle bei Aufrechterhaltung aller übrigen. Ferner sei aus den Preisverhältnissen ein genügendes
otiv nicht zu entnehmen, jetzt nach einem Jahre die Korn⸗ zölle allein zu beseitigen. Zunächst seien die Lohne in Deutsch⸗ land gegen die 70er Jahre wesentlich höher. Ein Arbeiter könne also bei gleichen Preisen mehr Lebensmittel, mehr Korn kaufen als früher bei ,, Löhnen. Die Nachweisungen aus der Zollvorlage von 1887 über die w von 1818 bis 87 in 10jährigen Perioden . daß die Durch⸗ schnittspreise für Weizen und Roggen 1888 erheblich niedriger seien als in den früheren 10jährigen Perioden. Wolle man bei Weizen und Roggen zu geringeren Durchschnittspreisen kommen als sie jetzt seien, so müsse man beim Weizen zurück⸗ gehen hinter die Jahre 1838 — 47, und bei Roggen hinter 1848—57. Allerdings sei nicht zu bezweifeln, daß die Steige⸗ rung der Preise 1888 auch nu die 1887 erhöhten Zollsätze zuruͤckzuführen sei. Weder in der Lage des Arbeiterstandes nech in den Lohnsätzen, in der Höhe der Kornpreise sehe seine Partei zur Zeit einen Anlaß, die Kornzölle einseitig unter Aufrechterhaltung aller anderen Zölle zu beseitigen, und des⸗ halb würden seine Freunde gegen den Antrag Bebel und Ge⸗ nossen stimmen.
Abg. Orterer: Wie könne der Abg. Kroeber bei seiner Kenntniß der bayerischen Verhältnisse den Nothstand der Land⸗ wirthschaft in Bayern leugnen? Die ganze bayerijche Land⸗ bevölkerung und die damit zusammenhängenden gewerbetrei⸗ benden Kreise erkennten die Nothlage an. Auch das Gewerbe
von München sei auf die Kauffähigkeit der landwirthschaft⸗
lichen Kreise angewiesen. Die Aufhebung der Getreidezblle würde nicht nur den Großgrundbesitz, sondern auch den kleinen, der gerade in Bayern vorherrsche, ruiniren. Deshalb erwar⸗ teten auch die freisinnigen Kreise in Bayern von der Schutz⸗ zollpolitik Abhülfe. Eine Erhöhung der Grundsteuer wäre unmöglich, da über diese Last gerade in Bayern sehr geklagt werde. Ein bestimmter Zusammenhang zwischen den Korn— zöllen und der Erhöhung der Brot- und Mehlpreise sei nicht nachzuweisen. Dabei wirkten vielmehr die verschiedenartigsten . zusammen. Beim Steigen des Getreide⸗ preises sei eine über das Maß hinausgehende Erhöhung der Brotpreise allerdings möglich, andererseits sei aber eine Re⸗ duktion der Brotpreise beim Herabgehen der Getreidepreise nicht zu erzielen. In Wuürttemderg seien trotz der Erniedri= gung der Getreidepreise die Brotpreise erhöht; in Bayern sei der Roggenyreis 1832/83 um 4 Proz., die Brotpreise dagegen ungleich höher gestiegen. Auch bei einem Rückgang des Preises für Schlachtvieh werde das Fleisch nicht billiger. Der Nutzen dadurch liege anderswo, nicht bei der Landwirthschaft. Das Publikum werde lediglich durch den Zwischen—⸗ handel und andere Manöver ausgebeutet. Tie Manöver, welche von semitischer und allerbings auch von nicht⸗ semitischer Seite an der Getreidebörse vorkämen, drückten die Preise und hier stehe der Landwirth machtlos einer Koalition gegenüber. Eine Beseitigung oder auch nur Ermäßigung der Getreidezölle sei absolut nicht geboten. Auch der Gerstenzoll solle gleichzeitig aufgehoben werden. Wolle man damit sagen, daß das Bier des armen Mannes theurer geworden sei? Wolle man damit den Brauern Hunderttausende von Mark in die. Tasche liefern? Der Haferzoll ferner komme gerade dem kleinen Landmann zu Gute, und auch den Zoll wollten Jene aufheben. Angesichts des großen sinan— iellen Ausfalls für das Reich könnte auch das von dem Abg. ö. vorgeschlagene Rezept nicht helfen. Die Landwirth⸗
schaft habe durch das Branntweingesetz einen namhaften
Schaden, auch in a,, . und er hoffe, daß die Ausführungsbestimmungen der einzelnen Landesregierungen Modifikationen eintreten lassen würden, um diesen Schaden abzumindern. Die bayerischen Brennereien könnten nichts thun, um den Ausfall der Getreidezölle für das Reich zu decken. Das Centrum könnte dem Antrage nicht zustimmen, der nur geeignet sei, die schwerste Schädigung und den Ruin unserer Landwirthschaft hervorzurufen, den Gewerbe— stand in weitem Umfange zu schädigen, die Finanzen des Reichs zu schwächen und nur die Unzufriedenheit in weiten Kreisen zu fördern. Er glaube gern, daß die Antragsteller die ik u eber e, beseitigen wollten; aber der Erfolg sei ein anderer. Deshalb stimme das Centrum mit aller Ent— schiedenheit gegen den Antrag.“
Abg. Rickert: Der Vorredner habe die Sache doch in ein seichtes Fahrwasser gebracht. Wenn das Branntweingesetz die bayerische Landwirthschaft namhaft geschädigt habe, warum habe das Centrum dann nicht mit den Freisinnigen gegen das Gesetz gestimmt? Wie die Dinge bei der Börse lägen, wüßten die Herren garnicht. Ein französischer Minister habe vor Kurzem der Börse Schuld ge daß die Preise gestiegen wären. Hier gebe man der Börse Schuld, wenn sie herunter⸗
ingen. Die Kommission würde im Interesse der Landwirth— chaft zu erwägen haben, ob ein einseitiges Vorgehen gegen die Getreidezölle richtig sei, und ob nicht die 2e gn gf eine Ausgleichung bei anderen Zöllen verlangen könne. Wie könne man nun, wie Hr. von Heydebrand es gethan habe, von dem Beschluß der Handelskammer von Manchester ein so großes Aufheben machen? Auch im „Reichs⸗Anzeiger“ sei diese Sache dem Publikum verkündet worden. Was sei denn die Handelskammer von Manchester? Nichts weiter, als ein freier Verein von 1300 Mitgliedern. Von 1300 . hätten in freier Versamm⸗ lung bei einer Betheiligung von 80 Personen 60 diese Resolution gefaßt, die gar keine offizielle Bedeutung hätte und bereits desavouirt sei. Er wünschte nur, daß Deutschland in wirthschaftlicher Kraft mit England wetteifern könnte. Hr. von Heydebrand spreche von den Petitionen. Im Jahre 1887 hätten die Freisinnigen nach den Februarwahlen doch keine Aussicht gehabt, irgend einen Eindruck auf die Mehrheit mit Petitionen zu machen, deshalb seien gegen die Er— höhung der Getreidezölle fast gar keine, 6 dieselbe 186 990 Unterschriften eingegangen. Dagegen seien 1885 244000 Unterschriften gegen die Erhöhung eingegangen! Wenn die Freisinnigen im Namen der Gerechtigkeit, wie es eine Königliche Holshuft von 1849 ausspreche, verlangten, daß man den ärmeren Klassen derartige Steuern nicht auf⸗ erlege, dann nenne man das eine Agitation. Was er im Preußischen Abgeordnetenhause über die Lohnstatistil und die Sparanlagen gesagt, halte er vollständig aufrecht. Die große Summe der i Men rühre nicht von den kleinen Leuten, sondern von dem Großkapital her. Hr. von Bennigsen habe zu seiner Freude mit den Freisinnigen den Satz vertreten, daß es nur reine Illusion sei, wenn die Landwirthschaft sich Vor⸗ theile von diesen Zöllen versprochen; eine Mißernte oder irgend welche Komplikationen würfen doch alles wieder über den Haufen. Aber was sei daraus für ein Schluß zu ziehen? Sollte man nicht in solchen Zeiten eingreifen, wo noch eine Hülfe möglich ei? Darin liege gerade ein Verdienst des sozialdemokratischen ntrages. Die Herren klopften jetzt zu einer Zeit an die Thür des Reichstages, wo noch Alles gemacht werden lönne, ohne daß die Katastrophe herbeigeführt werde. Der Fraktiongzgenosse des Hrn. von Bennigsen, Hr. Beibel, habe 18387 der Landwirthschaft einen sehr deutlichen ingerzeig gegeben, wie es besser werden könne; niedrige acht- und Güterpreise seien die einzigen Mittel zur Ge— sundung der landwirthschaftlichen Verhältnisse. Ein großer Theil der Gutsbesitzer habe mit zu kleinem Kapital zu große Güter zu theuer gekauft. Die Konservativen und der Bundesrath hätten die., Lage durch; die Getreidezölle noch verschlimmert. Sie hätien die Grund⸗ rente künstlich erhöht, und selbstverständlich hielten die Herren jetzt auf Preise und wollten davon nichts ab— lassen. Die Guterpreise sollten sich nur reguliren nach den wirklichen Erträgen. Diejenigen, welche diese Zölle verlängern, brächten unbewußt der Landwirthschaft schwere Wunden bei. Minister von Lucius habe ganz richtig gesagt, daß den bis Isa ihres Besitzes verschuldeten Landwirthen absolut nicht zu helfen sei; Hr. von Kardorff habe für den Rückgang der Land⸗ wirthschaft ein Beispiel angeführt, aber es sei auch danach. 60 0600 S6 Brutto sollten die Einnahmen, 40 00Mνs die Wirth⸗ schaftskosten betragen; was das für Wirthschaftskosten seien, habe Hr. von Kardorff unklar gelassen, er (Redner) glaube, jener nehme ein unverschuldetes Grundstück an, nachher spreche er wieder von Zinsen. Nun möchte er (Redner) die Land⸗
wirthe in Ost⸗ und Westgreußen, Posen, Pommern bitten, ihm diejenigen intensiven Virthschaften herzuzählen, bei denen die Brutto Einnahme 60 000 6 und die Wirt schafts kosten ohne Zinsen 090g S , betrügen. Er spreche von densenigen Wirthschaften im Osten, bei denen noch Naturgiienwirthschaft zum großen Theil, existire. Im Durchschnitt der 25 Jahre vor den letzten Kalami⸗ tätsjahren seien 20 S Netto herausgekommen, sit 25 6,0 niedriger, also bloß 2 5000 6 Netto— überschuß. Nun begreife er nicht, wie Jemand ein solches Beispiel anführen könne, ohne den Hauptfaktor zu berück⸗ sichtigen, nämlich die Quantität der Ernte. Wer multipliziren und addiren könne, wisse, daß wenn er in einem Jahre mit billigen Preisen das Doppelte ernte, er sich ebenso stehe wie in einem Jahre, wo er die Hälfte ernte und höhere Preise bekomme. Wenn man einmal hier eine Enquete über die Lage der Land⸗ wirthe anstellte, so würde man finden, daß es den Herren hier doch nicht gar so schlecht gehe. Hr. von Kardorff sagte: rasend wachse nur die Zahl, der Millionäre in den großen Städten, der Mittelstand sei im Schwinden, die Landwirth⸗ schaft sei halb bankerott, das 6. Proletariat in rasender Zunghme. Wie stehe es nun mit dem rasenden Wachsthum der Millionäre? Genguere Angaben ständen ihm darüber zur Zeit allerdings nicht zur Verfügung. Die Zahl der Einkommen⸗ steuerpflichtigen von über 3000 M sei von 1877,78 von 162 000 auf 221 000 in diesem Jahre, also um 60 000, die Zahl der Einkommensteuerpflichtigen von 418 099 16 und darüber von 1426 auf 2161 um die Differenz von 735 gestiegen. So kolossal sei diese Zunahme doch nicht. Wisse man denn, wie viel Grundbesitzer unter diesen Millionären seien? Kapitalisten seien es doch nicht allein. Gehe es denn dein Adel wirklich so schlecht in Bezug auf die Landwirth⸗ schaft? Nach, einer freilich von der konservativen Presse desgavouirten Statistik des Professors Conrad in Halle hätten in Preußen 150 Personen Latifundien von mehr als 5000 ha und dann hätten 158 Personen 1813 Guter mit 1713 000 ha. Unter diesen seien nur 10 Bürgerliche; aus der haute finance sei fast Niemand dabei. Hr. von Kardorff spreche von Antisemitismus. Es sei ihm und Anderen gewiß un⸗ angenehm, daß die Friedländer, Schottländer, die Cohn, und wie sie sonst hießen, in Schlesien jetzt die Güter des Adels in die Hände bekämen. Aber wer sage ihm, daß diese Leute ihre Pflichten gegen das Vaterland nicht genau so erfüllen würden, wie früher der Adel. Allen Respekt vor den Leistungen des Adels; möchte er nur auch jetzt noch die Devise: noblesse oblige, vor Augen haben! Er y,. finde aber, daß in den letzten Jahren die Aristokratie sich England nicht zum Muster genommen habe. Die Petitionen vieler Prinzen und Grafen zu Gunsten der Schutzzölle seien nicht Handlungen, mit denen eine Aristokratie, die ihren Be⸗ ruf, ihre Geschichte kenne und ihre Zukunft erhalten wolle, sich beim Volke den sicheren Boden erhalten könne, den sie sich sonst erhalten könnte.
Abg. Fischer: Diejenigen seiner Freunde, welche 1887 die höheren Zölle angenommen hätten, seien für den neuen Tarif nicht eingetreten aus Rücksicht auf den Großgrundbesitz, son⸗ dern weil sie von der auf . begründeten Ueber⸗ zeugung erfüllt gewesen wären, 29 ie Erhöhung der Getreide⸗ zölle für die Interessen des gesammten deutschen Bauern⸗
standes nothwendig sei. Die schlechte Ernte diene nur zur Recht⸗
fertigung seiner Behauptung, die er 1885 und 1887 aufgestellt und heute wiederhole, daß es aus der . sei, zu sagen, die Getreidezölle hätten eine Einwirkung auf den Brotpreis. Selbst wenn man den Zoll noch um IL MS erhöht hätte, würde sich ein solcher Einfluß auch nicht geäußert haben. In seiner Gegend seien 1880/81 die Getreide⸗ und Brotpreise höher ge⸗ wesen, als in dem letzten Quartal 1888 und heute. Eine mangelhafte Ernte werde allerdings stets auf die Getreide⸗ und Brotpreise einwirken Den Abg. Kröber weise er 4 hin, daß er 1884 in der Stichwahl in Ansbach nur dur die Stimmen der Deutschkonservativen gewählt worden sei, und zwar weil er der Zollerhöhung freundlicher sich gegen⸗ übergestellt habe, als der deutschfreisinnige Kandidat. Diejenigen, welche 1887 nicht für die Zollerhöhung gewesen, hätten sich durch die Erfahrung inzwischen keen müssen. Von der Landwirthschaft sei beinahe die Hälfte der ganzen deutschen Bevölkerung abhängig; indem man ihre Lebensfähigkeit schädige, schädige man auch die r n der übrigen Kreise. Für die, die er vertrete, meinte der Abg. Kröber, sei wichtiger als die Zölle, die Russen zu bestimmen, den Einfuhrzoll auf Hopfen herabzusetzen. Welches Mittel habe er, dies zu erreichen? Zur Zeit, wo man die Zollerhöhung habe eintreten lassen, hätten übrigens die Russen ihren Zoll auf Hopfen bereits erhöht, wie sie alle möglichen Repressalien gegen Deutschland bereits vorgenommen hätten. Er glaube nicht an die agitatorische Absicht der Antragsteller; aber wenn durch Beseitigung der Getreidezölle unser Bauernstand ruinirt würde, so würde damit thatsächlich ein besserer Boden für ge⸗ wisse Agitationen geschaffen sein. Das wolle seine Partei nicht, und deshalb bitte er, auch nicht einmal eine Kommis⸗ sionsberathung zu beschließen.
Hierauf wird die Diskussion geschlossen. .
Abg. Kröber (persönlich ': Er habe 1884 . der Stichwahl nicht die Zusicherung gegeben, für die Zollerhöhung zu stimmen. Er habe nur erklärt, daß er kein Manchester— mann und in der Sozialpolitik mit dem Reichskanzler d'aceord sei. Er habe auch 1885 gegen die Zollerhöhung gestinimt und müsse sich wundern, daß der ö. von Fischer ihm nicht damals seinen Vorwurf gemacht habe. Den Zoll auf Hopfen hätten die Russen eingeführt, nachdem in Deuisch⸗ land die Getreide und Holzzölle eingebracht gewesen seien.
Abg, von Kardorff erklärt, daß er neulich unter Gentry alle gebildeten Landwirthe, und nicht bloß die Aristokratie unter ihnen , habe. ö.
Das Schlußwort erhält der Abg. Bebel: Daß dieser An⸗ trag nicht die Majorität des Hauses finden würde, davon sei seine Partei überzeugt gewesen, um so mehr, als die persön⸗ lichen Interessen der herrschenden Klassen in so wesentlichem Maße an den Zöllen betheiligt seien. Es sei ihr daruni zu thun gewesen, eine Verhandlung des Gegenstandes herbeizuführen, die nach außen hin . Wirkung nicht verfehlen werde. Alles, was die Sozialdemokraten hier thäten, sei ja in der Haupt⸗ sache agitatorische Thätigkeit und er mache Niemand einen Vorwurf daraus, wenn er glaube, zur Aufklärung der öffent⸗ lichen Meinung irgend einen Gegenstand zur Verhandlung zu bringen. Ueber die Bemerkung des Hrn. von Bennigsen, daß für ihn ein Hauptgrund für die Beibehaltung der Zölle die Thatsache sei, daß die materielle Lage des deutschen Arbeiters jetzt eine bessere . wie in den 40, h0, 60er Jahren, sei er er⸗ ann Der Arbeitslohn des Arbeiters möge jetzt ein höherer
der landgerichtlichen Staatsanwälte einrangirt.
6 aber alle Ansprüche an die Lebenshaltung des Arbeiters eien auch gestiegen; er erinnere an die Opfer für Wohnung, für Kommunalsteuern, für Kleidung, Erziehung der Kinder, für Vertheuerung von Fleisch, Butter, Eiern u. J. w. Relgtiv betrachtet, sei also die Lage des Arbeiters keine bessere. Eine Uebertreibung in Bezug auf die , . würde Hr. von k ihm nicht vorgeworfen haben, wenn er seine
ede genauer durchgelesen hätte. Seine (des Redners) Statistik in Bezug auf. Brotvertheuerung sei bemängelt worden mit dem Hinweis, daß noch andere Faktoren als die Zölle bei der Brotpreisbildung mitwirkten. Das gebe er zu, bemerke aber, daß sich seine Zahlen mit Bezug auf die Preis⸗ steigerung des Brotes auf die Zeit zwischen Juli vorigen: 8 7 dieses Jahres bezögen, weil dies die ausschlaggebenden ahlen seien. Wenn seine Berechnung über die durch die . verursachten Mehrausgaben der Arbeitersamilien empfohlen eien, so stelle auch eine Lohnstatistik der Chemnitzer Handels⸗ kammern fest, daß die Mehrausgaben für Brot in Folge der Zölle ein volles Sechstel des Lohnes betrügen. In dem Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Erhöhung der Civilliste, sei die Preis⸗ steigerung als Grund angegeben, obgleich die preußische Krone auch aus den Getreidezöllen Vortheile habe. Hier aber wolle man fur einen großen Theil der Bevölkerung die durch Zölle bewirkten Mehrausgaben nicht anerkennen! Eine Steigerung der Einnahmen des Reichs aus Zöllen von 135 auf 270 Millionen Mark müsse doch auch eine Erhöhung einzelner Artikel verursachen. In Hamburg koste jetzt ebenso wie bei uns das Pfund Salz 9—10 8, während vor dem Zollanschluß das Kilogramm nur 5 8 kostete. Wenn die Einnahme der Branntweinsteuer von 37 auf 135 Millionen emporgeschraubt sei, so würde diese . rung auch meist von den Arbeiterklassen getragen. Der An⸗ drang der Arbeiter nach den Städten sei anderen Umständen zuzuschreiben als den Getreidezöllen. Wenn der Abg. von Heyde⸗ brand schon 1879 bei der ersten Berathung über die Schutzzölle hier anwesend gewesen sei, so hätte er wissen müssen, daß die Sozialdemokraten auch gegen die Industrieschutzzölle gewesen seien Eine Schädigung der Landwirthschaft durch . der Zölle sei nur möglich, wenn der Getreidebau allein die Grundlage des Erwerbes der Bevölkerung bleibe. Den kleinen und mittleren Bauern werde man durch die Zölle ebensowenig helfen, wie dem kleinen Handwerk durch die Innungsanträge. Wenn die Bauern früher zahlreich die Petitionen auf Erhöhung der Getreidezölle unierschrieben, so wollten sich eben die Ertrinkenden an einem Strohhalm festhalten. Was man durch die Schutzzölle wolle, werde in der Industrie durch Kartelle, Ringe und andere Vereinbarungen erzielt; je mehr man die große Masse der Bevölkerung durch Vertheuerung der Lebens⸗ mittel in die Opposition dränge, je mehr die Privat⸗ wirthschaft sich als ungenügend erweise, um soö eher werde die Vevölkerung dazu gedrängt, unser ganzes wirthschaftliches System zu prüfen und sich dem Sozialismus zuzuwenden. 16 man diesen Weg, den Sozialdemokraten solle es recht sein.
Die Verweisung des Antrages an eine Kommission wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und Sozialdemokraten . Die zweite Berathung wird also im Plenum statt⸗
nden.
Schluß gegen 6 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr.
— Der Etat der Justizverwaltung für das Jahr 1889/90 hat an Einnahmen (Kapitel 309 49 572 006 Je. ( 114000 „S), nämlich: 1) Kosten und Geldstrafen 43 000 000 MS (4 1050 000 M6). 2) Einnahmen, welche als Emolumente der Beamten zur Verwendung kommen, 4 887 000 MM ( 36 500 M66). 3) Juris diktionsbeiträge 66 O00 M (4 3000 4). ö. Arbeitsverdienst der Gefangenen 1311 000 ½ (4 7200 ). 5) Sonstige Einnahmen 272 000 S (4 12500 S. 6) Einnahme für die ,, . ⸗Wittwenkasse 36 000 6 (unverändert). Die Ausgaben (Kapitel 71 - 82) betragen 86 408 000 S (4 307 700 M, nämlich: 1) Ministe⸗ rium 580 450 ö 7100 υĩRJ. 2) Justizprüfungskommission 50 700 SV (4 AMS). 3) Ober⸗Landesgerichte 4 081 135 M6 ( 67 332 66). 4) Landgerichte und Amtsgerichte 64 196 775 6 06 8 C 684911 6 61 ). 5) Besondere Gefängnisse 1954498 M ( 26 805 ½ö). 6) Wartegelder 2c. 10718000 6 (— 99 000 S6). 7) Baare Auslagen in Civil⸗ und Strafsachen 8 309 000 Ss (4 64 000 M). 8) Transportkosten 412 000 66 (unverändert). . und Telegraphengebühren 2515 000 M6 (4 42 10. 10) Sonstige Ausgaben 2 094441 M 94 3 (— 732 338 6 61 ). 11) Unterhaltung der Justizgebäude 1 3090 000 66 300 9009 ). 175) Ausgabe an die Justizoffizianten⸗ ittwenkasse 36 000 M 3 Die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben (Kapitel 8) belaufen sich auf 2712 000 1M 4 436 5300 M), mithin die Hauptsumme der Ausgaben 89 120 000 S6 (4 743 000 M6). Für 2 Ober⸗ Landesgerichts Räthe bei dem Kammergericht und dem Ober⸗ Landesgericht in Frankfurt a. M. im Durchschnitt 5700 Gs sind 11400 6 mehr erforderlich. Bei dem k sind die Geschäfte in fortwährender Zunahme begriffen. ine recht erhebliche Arbeit erwächst dem Gericht durch die vielen Referendariatsprüfungen. Seit länger als Jahresfrist haben dem Gericht bereits 3 Hülfsrichter über⸗ wiesen werden müssen, von denen Tin der Rechtsprechung und 1 in der Verwaltung thätig sind. Bei Etatisirung der neuen Stelle kann einer dieser ö in Wegfall kommen. Bei dem Ober⸗Landesgericht in Frankfurt a. M. ist nach dem gegenwärtigen Geschäftsumfange die Errichtung einer neuen Rathsstelle um so mehr , . als im Bezirk dieses Gerichts neben dem gemeinen Recht, welches die gemein⸗ schaftliche Grundlage bildet, Partikulgrrechte der verschiedensten Art, wie in keinem anderen Bezirk, in Geltung sind und hierdurch die Bearbeitung der Rechte achen besonders erschwert wird. Zur Erhöhung der Besoldungen der bisherigen 11 Staatsanwälte von durchschnittlich 3 600 M auf den * die Ersten Staatsanwälte der Landgerichte zahlbaren Durch⸗ schnittssatz von 5 00 M ist eine Mehrausgabe von 23 190 66 entstanden. Es ist wiederholt zur Sprache gebracht, daß die den Ober⸗Staatsanwälten beigeordneten Stagtsanwälte sich, sowohl was ihren Rang als * Gehalt betrifft, nicht in einer ihrem Wirkungskreise entsprechenden Lage befinden. Diese Staatsanwälte gehören gegenwärtig nach dem Allerhöchsten Erlasse vom 11. August 1879, gleich den bei den Land⸗ gerichten angestellten, den Ersten Staatsanwölten beigegebenen Staatsanwälten, der fünften Rangklasse der höheren Pro⸗ vinzialbeamten an und waren bisher in den Be , ies erschein schon deshalb als eine Anomalie, weil die gedachten Beamten nicht den Mitgliedern desjenigen Gerichts, bei welchem sie w
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