Abg. Berger (Witten) verzichtete auf weitere uf en, da die Sache erschöpfend behandelt sei und die große ausgesprochen habe. . Abg. Bachem; Er habe im vorigen Jahre nicht prophezeit, daß das . gegen Conrad entscheiden werde, sondern nur gesagt, vielleicht fördere es die Schuld desselben zu Tage. Wenn von ihm eine Wiederholung der Angriffe in der Presse verlangt werde, so möge auch der Minister seine Bemerkungen Über die „fragwürdigen Gestalten“ in Zeitungen wiederholen. Persönlich habe er Hrn. Conrad nicht angreifen wollen, son⸗ dern die Sache nur wegen ihrer prinzipiellen Bedeutung zur Sprache gebracht. Ihm würden solche persönliche Angriffe widerstreben. Das Kölner Gericht habe den Ne⸗ dacteur freigesprochen, weil der Beweis der Wahr—⸗ heit erbracht gewesen sei. Eigentlich sei also Conrad als der Gerichtete aus dem Prozeß hervorgegangen. Der Bürgermeister Conrad habe ja das ganze Material zu seiner Entlastung vorbringen können, der Ortsvorsteher Russel von Hönningen sei sogar vernommen worden. Auf die liebens—⸗ würdigen persönlichen Ausdrücke des Abg. von Eynern ant⸗ worte er nicht. Es sei aber unrichtig, daß er im vorigen Jahre das Urtheil des Ehrengerichts habe abwarten wollen, es habe sich nur um die damals schwebende Koblenzer Ver⸗ handlung gehandelt. Dem Minister bemerke er, daß er (Redner) nicht dem ehrengerichtlichen Erkenntniß gegenüber den Conrad für bescholten erklärt habe, er habe das nur im vorigen Jahre auf Grund des Kölner Urtheils gethan.
Minister des Innern, Herrfurth:
Meine Herren! Das Wort noch einmal, aber zum letzten Male in dieser Sache zu ergreifen, bin ich zunächst veranlaßt worden durch eine mir soeben zugegangene Depesche, welche mich auffordert, eine Berichtigung eintreten zu lassen. Das will ich hiermit ihun. Die
Depesche lautet:
Ew. Excellenz haben in Sachen Conrad irrthümlich die Koblenzer Zeitung“ angeführt. Klage war gegen die „Koblenzer Volkszeitung‘ gerichtet.
Bitte dies baldmöglichst zu berichtigen.
Doetsch, Verleger der Koblenzer Zeitung.
Das will ich hiermit gethan haben.
Der zweite Punkt ist ein wichtigerer. Ich hahe allerdings dem Hrn. Abg. Bachem gesagt, er habe sich in seiner heutigen Rede mit dem Wortlaut des ehrengerichtlichen Erkenntnisses in Widerspruch gesetzt. Er hat nämlich hier von der Tribüne — und ich glaube, das unkorrigirte Stenogramm wird das nachweisen — gesagt, der Bürger⸗ meister Conrad hat zweimal Gelder in Empfang genommen, die⸗ selten das eine Mal drei Monate, das andere Mal über ein Jahr bei sich behalten; der Mann ist dadurch „bescholten“. Ich war nicht ganz sicher und habe meine Nachbarn gefragt, und die haben mir dies bestätigt.
Demgegenüber habe ich nun den Wortlaut des ehrengerichtlichen Erkenntnisses, welches die Unbescholtenheit des Conrad kon— statirt, ausdrücklich hier angeführt. Meine Herren, es liegt mir gänzlich fern, Hrn. Abg. Bachem persönlich anzugreifen, und ich möchte ihn bitten, mein Originalstenogramm zu lesen, wenn er glaubt, daß in dem vorgestrigen stenographischen Bericht etwas Anderes stehe, als was ich gesagt habe, und was die ‚Kölnische Zeitung“ in rich— tiger Fassung gebracht hat. Meine Herren, ich habe ihm nichts vor⸗ geworfen, was ihn persönlich verletzen könnte, ich habe nur gesagt, daß er kein zuverlässiger Prophet gewesen sei, und das werden Sie unmög⸗ lich für einen persönlichen Angriff halten. Sie können mich doch nicht zwingen, den Hrn. Abg. Bachem, sei es unter die großen, sei es unter die kleinen Propheten zu rechnen.
Abg. Lehmann bemerkte, er habe nicht den Minister an⸗ gegriffen, sondern gewünscht, derselbe möge die Sache wegen 26 Nichtbestätigung des Kirchenbaus in Serrig nochmals prüfen. .
Abg. Rickert: Die Rheinbrohler Sache habe er fachlich gar nicht berührt, sondern nur dagegen protestirt, wie man Über die gerichtlichen Erkenntnisse gegenüber dem Ehrengericht kö habe. Für die Erklärung des Ministers über die Ueberwachung der Versammlungen sei er demselben dankbar. Für die Vergehen der nachgeordneten Behörden mache er ihn nicht verantwortlich. Bezüglich der Kreisblätter habe der Minister ihn mißverstanden. Der Landrath habe den Verleger und den Redacteur in Kulm xektifizirt, weil diese den Wahl— aufruf der freisinnigen Partei seiner Zeitung beigelegt hätten. Er wünsche nur, daß Licht und Sonne zu gleichen Theilen gespendet werde. .
Abg. Dr. Enneccerus: Es ien g sich durchaus nicht um die Abwägung eines richterlichen Urtheils gegen ein ehren⸗ gerichtliches. Die Integrität des Kölner Landgerichts und ihres Präsidenten habe Niemand angegriffen. Auf Grund des damals vorliegenden Materials habe gar nicht anders erkannt werden können. Jetzt sei die Sache aber völlig verändert. Es habe sich als unrichtig erwiesen, was das Kölner Gericht an—⸗ genommen habe, die Zeugen hätten später ihre Aus⸗ sagen nicht mehr aufrecht erhalten können. Jetzt stehe das Haus vor der Frage, wie es über Conrad zu uriheilen habe. Diese Frage richte sich besonders scharf gegen den Abg. Bachem, der scharfe Ausdrücke gegen Conrad gebraucht habe. Diese sittliche Frage verneine der Abg. Bachem und halte sich nicht zu einer Ehrenerklärung für verpflichtet. Dabei habe der katholische Kirchenvorstand von Rheinbrohl selbst die Verleumdungen gegen Eonrad ver— urtheilt, er (Redner) hätte gewünscht, daß auch Hr. Bachem so geurtheilt hätte. ö
Abg. Sombart wies auf die mit der alten Landgemeinde⸗ ordnung verbundenen Unzuträglichkeiten hin und fragte den Minister, wann der Entwurf einer neuen Landgemeinde⸗ ordnung zu erwarten sei, resp. wie weit die Vorarbeiten zu derselben gediehen seien.
Minister des Innern, Herrfurth:
Meine Herren! Ich glaube, ich würde nicht inkorrekt handeln, wenn ich in Erwiderung auf die Anregung des Hrn. Abg. Sombart mich meinerseits auf die Erklärung beschränkte, daß ich vorbereitende Schritte gethan, Einleitungen nach der von ihm bezeichneten Richtung getroffen, daß aber die Königliche Staatsregierung sich darüber, inwieweit und in welchen Beziehungen demnächn legislatip! Maßnahmen ins Auge zu fassen seien, noch nicht schlüssig gemacht habe. Und so weit ich Namens der Staatsregierung hier sprechen soll, muß ich mich thatsachlich auf diese Erklärung beschränken.
Ich bitte jedoch mir zu gestatten, mit Rücksicht darauf, daß die von mir eingeleiteten Schritte Mißdeutungen unterliegen können und zum Theil unterlegen haben, noch ein paar erläuternde Bemerkungen beifügen zu dürfen
Als ich die Geschäfte des Ministeriums übernahm, fanden sich über die Verhältnisse der Landgemeinden und Gutsbezirke daselbst nur die statistischen Nachrichten vor, welche über Bevölkerung und Umfang derselben im Gemeindelexikon enthalten sind, und sodann hezüglich der Belastung dieser Gemeinden mit Kreis, Provinzial⸗ und Kommunal abgaben das Material in den von mir selbst herausgegebenen kommunal⸗
nanzstatistischen Arbeiten, welches aber auch auf einer bereits ein hrzehnt zurückliegenden Erhebung beruht. Im Uebrigen waren seit
run Mehrheit des Hauses sich in dem von ihm vertretenen Sinne
.
Amtsübernahme mich veranlaßt gesehen, eine Reihe statistischer Er ⸗ mittelungen zu veranstalten, und habe ich zugleich die e,, , und ,, ur Aeußerung darüber aufgefordert, ob und inwieweit ein Bedürfniß zu legislatorischem Vorgeben in dieser Richtung vorliege. . (
Nachdem dann im Laufe der Herbstmonate diese Berichte ein⸗ gegangen, zusammengestellt, und durchgesehen waren, habe ich dann Mitte Dezember eine erneute Verfügung erlassen, welche eine Vervollständigung des Materials verlangt, und außerdem die Ober · Präsiderten und Regierungspräsidenten zu einer gutachtlichen Aeußerung über eine ganze Zahl verschiedener Punkte veranlaßt. Es handelt sich dabei unter Anderem um die Frage wegen Beseitigung der Zweiggebilde in Gemeinden und Gutsbezirken, welche nicht in der Lage sind, den an sie zu stellenden kommunalen Anforderungen auch nur annähernd gerecht zu werden, dann um die Ueberführung von solchen Gutsbezirken, welche zersplittert sind und die Voraussetzung der Einheit des Besitzes verloren haben, oder welche sich zu vollstän⸗ digen Kolonien ausgebildet haben, in Landgemeinden, ferner um die Frage der Vereinigung von Landbezirken, bezw. Gutsbezirken, welche derartig in und miteinander verwachsen sind, daß eine Sonde⸗ rung ihrer kommunalen Interessen nicht mehr möglich ist; sodann ist die Frage wegen der gesetzlichen Regelung der Aufbringung der kommunalen Beduͤrfnisse, der Steuerbeträge, der Naturalleistung der Hand⸗ und Spanndienste ꝛc., ferner die Heranziehung der Nichteingesessenen zur Leistung der Gemeindeabgaben und ihre Betheiligung bei der Verwaltung der Gemeinde⸗ angelegenheiten durch die Einräumung eines Stimmrechts und um Feststellung der Bedingungen für dasselbe zur Erörterung gezogen; ebenso die Frage wegen Erlaß obligatorischer Vorschriften bezüglich der Einführung einer gewählten Gemeindevertretung; endlich handelt es sich um die Bildung genossenschaftlicher Verbände von Guts bezir ken und Landgemeinden behufs Tragung gemeinsamer Lasten und besonders behufs Lösung von solchen Aufgaben, welche die Kräfte der einzelnen Gemeinde oder des einzelnen Gutsbezirks übersteigen.
Parallel mit diesen Aufnahmen oder vielmehr in konvergirender Richtung dazu geht dann noch eine Enquete über das gesammte Armenwesen, namentlich über die Bildung von Gesammt ⸗Armen⸗ verbänden und die Uebernahme der sogenannten außerordentlichen Armenlast auf den Kreisverband und endlich für die Provinz Hessen⸗ Nassau eine Erörterung über Unifikation des dort geltenden Gemeinde⸗ Verfassungsgesetzeez.
Diese Provinz nämlich erfreut sich des Besitzes von ? verschie⸗ denen Kommunal ⸗erfassungsgesetzen, die zum Theil durch die neuere Gesetzgebung im Reich und Stagt ihre Basis verloren haben. Da gilt z. B. noch die bayerische Gesetzgebung, aber nicht, wie sie in Bavern heute gilt, sondern wie sie in Bayern gegolten hat im Jahre 1866. Meine Herren, erst wenn alle die Berichte über die soeben bezeichneten Frggen eingegangen sein werden, werde ich in der Lage sein, mich darüber schlüssig zu machen, inwieweit und nach welcher Richtung hin legislative Maßnahmen von mir in Aussicht zu nehmen sein werden; und erst dann bin ich in der Lage, mich insbesondere mit dem Königlichen Staats⸗Ministerium, dessen Zustimmung nicht nur zur Einbringung, sondern auch zur Ausarbeitung einer formulirten Vorlage erforderlich ist, in Verbindung setzen zu können und dann danach das Weitere zu veranlassen. Zu diesem „Weiteren“ rechne ich insbesondere, daß ich mit Vertrauensmännern mich in Verbindung setze, zunächst in den einzelnen Provinzen, deren Verhältnisse sehr wesent⸗ lich von einander abweichen und sich sehr viel verschiedener gestalten, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist, ferner mit Vertrauens männern auch über die Gestaltung der ganzen Vorlage, namentlich über die hoch“ wichtige Frage, inwieweit nicht nur die Mitwirkung der Selbst— verwaltungzs behörden für diese Regelung in Anspruch zu nehmen sein wird — die ist ja selbstverständlich —, sondern inwieweit die Ent— scheidung in die Hand dieser Selbstverwaltungsbehörden zu legen ist, und ob man dabei das Schwergewicht in die Kreis⸗, Bezirks⸗ oder Provinzialinstanz zu legen hat.
Meine Herren, alle diese Fragen bieten eine solche Masse von Schwierigkeiten, daß ich sehr erfreut sein würde, wenn es mir gelingen sollte, bis zum Anfang der nächsten Session wirklich schon eine diskutirbare Vorlage fertig zu stellen. Ich kann das aber nicht heute schon versprechen, denn ich weiß nicht bestimmt, ob ich in der Lage sein würde, das Wort einlösen zu können. Es mag das vielleicht auffällig erscheinen, und namentlich auf der Seite, die schon mit einem gewissen Achselzucken darauf hingewiesen hat, daß in der Thronrede für die diekjährige Session der Landgemeindeordnung keiner Erwähnung geschehen sei. Meine Herren, wer das hat erwarten können, der hat ,. keine Kenntniß von den Schwierigkeiten, die in dieser Sache iegen.
Und in noch viel höherem Grade gilt das von denjenigen, welche glauben, diese Schwierigkeiten dadurch lösen zu können, daß sie tabula rasa machen, daß sie in der Art und Weise von der Gemeinde⸗ ordnung vom Jahre 1850 durch die Aufhebung der Gutsbezirke, durch deren Vereinigung mit Landgemeinden einfach hier in mechanischer Weise die Lösung herbeiführen.
Meine Herren, ich bin sehr zweifelhaft, wie ich in dieser Sache vorgehen werde; darüber bin ich aber nicht im Zweifel, daß ich auf diesem Wege niemals vorgehen werde. Meine Herren, ganz ab— gesehen von den großen Bedenken, welche in mirthschaftlicher, in sozialer und in politischer Beziehung einem derartigen Vorgehen ent gegenstehen, würden wir auf diese Weise zu den allerschlimmsten kommunalen Mißbildungen gelangen. Meine Herren, eine solche Zwangekopulation würde tausend und abertausend unglückliche Ehen zur Folge haben, in denen dann jeder Theil nichts sebnlicher wünschen würde, als baldigste Scheidung.
Nicht nach den ,, doktrinären Meinungen oder nach dem Rezepte einer bestimmten Partei in mechanischer Weise schablonenhaft Neubildungen schaffen, sondern da die bessernde Hand anlegen, wo ein Besserungsbedürfniß vorliegt, da zu regeln, wo die Regelung nothwendig oder zweckmäßig ist, durch Bildung genossen⸗ schaftlicher Verbände unter Aufrechterhaltung der Selbständigkeit der Einzelgemeinden und der Einzelgutsbezirke aber die Lösung gemein schaftlicher Aufgaben zu erleichtern, das ist ein Ziel, was ich mir in dieser Beziehung gesteckt habe.
Aber, meine Herren, ich weiß, wie schon im Gesangbuch steht: Der Weg zum Ziele ist fast wild
Mit Dorn und Hecken angefüllt. Jeder Fehltritt auf diesem Wege hat die bedenklichsten Folgen, und Sie werden es mir nicht verargen können, wenn ich nur mit größter Vor sicht und mit möglichster Umsicht diesen Weg beschreite. Abg. von Meyer (Arnswalde); Der Abg. Rickert habe feierlich erklärt, er wolle nicht Unter⸗Staatssekretär werden. Er (Redner) gestehe also sein Mißverständniß ein, müsse aber die Erklärung des Abg. Rickert sehr bedauern. Er habe immer gehofft, ihn dort an der Ministerbank zu sehen, dann würde vielleicht seine Prophezeiung vor zwei Jahren in Erfüllung gegangen sein, daß der Abg. Rickert noch Excellenz werden würde. Dann aber habe der Abg. Rickert ihn (Redner) wieder gelobt; er sei ein sehr unabhängiger Mann gewesen, so lange er ini Dienst gewesen, jetzt aber sei er es noch mehr. Das müsse er doch bestreiten. Er sei der Regierung 6 . viel un ihn er gewesen als heute. Wenn es aber doch den Anschein habe, als sei er unabhängiger ge⸗ worden, so liege dies daran, daß er nicht mehr im Fraktionsverbande stehe. Er habe jetzt nicht mehr die frühere zartere Rücksicht auf seine iheueren Freunde zu nehmen. Einige Zeitungen hätten ihn gelegentlich , nf , ge⸗ nannt,. Diesen Namen acceptire er hiermit für seine Fraktion. Derselbe entspreche zwar parlamentarischem Gebrauche eigent⸗
ihres Doppelnamens gewöhnlich eine Entschuldigung für das,
30 Jahren über diese Verhältnisse irgend welche Ermittelungen nicht vorhanden. Da habe ich denn gleich in den ersten Wochen nach meiner
lich nicht. Die Fraktionen enthielten in dem ersten Theil o
was hinterherkomme. Bei der Bezeichnung wild⸗konservativ
komme, aber der Name sei ihm sympathisch. Er bitte, ihn künftig so zu nennen und richte dieselbe Bitte an die Herren von der Presse.
Abg. Bachem; In Koblenz hätten keine Verhandlungen, sondern nur Vernehmungen stattgefunden. Diese Vernehmungen ö. er nicht für gleichberechttgt mit den kontradiktorischen
erhandlungen in Köln. Der Gemeinderath, welcher den . gedeckt habe, sei außerdem nicht derselbe wie der frühere.
Abg. von 3 Er danke dem Minister im Namen seiner Freunde für seine Ausführungen, welche manche Be⸗ fürchtungen im Lande beseitigt hätten. Es werde nicht mög— lich sein, eine Landgemeindeordnung für den ganzen preußi⸗ schen Staat zu erlassen, sondern es werde sich zunächst darum handeln, die Landgemeindeordnung von 1866 zu revidiren. Es habe sich gezeigt, daß diese Landgemeindeordnung nur da Mängel gezeigt habe, wo sie unverständig und allzu bureau⸗ kratisch gehandhabt worden sei.
Abg. Rickert; Niemand im Hause habe erwartet, daß der Minister sich an die alte Landgemeindeordnung halten werde. Seine Freunde seien auch mit dem Abg. von Rauchhaupt einverstanden, daß nicht über das ganze Land eine gleich⸗ mäßige Schablone gezogen werde. Gewisse grundsätzliche Punkte könnten sie aber doch, wie in der Kreisordnung, namentlich in Bezug auf das Wahlrecht aufstellen. Die Hauptsache werde immer die Bildung der Gemeinden bleiben und es werde kein ganz glücklicher Ausweg sein, wenn der Minister vor allen Dingen einen Gesammtverband für bestimmte ,,. unter Aufrechterhaltung der Spezialselbständigkeit der
emeinden in Aussicht nehme. Ob die Sache durchzuführen
sein werde, wisse er nicht. Auch die Kreisordnung sei nicht so glatt abgegangen, aber sie sei nothwendig gewesen und habe sich im Großen und Ganzen bewährt. Die Rechte habe allerdings in der Wahlbewegung von der Landgemeindeordnung überhaupt nichts wissen wollen. Jedenfalls werde darüber ein Verständniß herrschen, daß an eine Kommunalsteuerreform und ein allgemeines Schulgesetz nicht herangegangen werden könne, wenn nicht vorher die Kommunalverhältnisse der Landgemeinden geändert worden seien. Er habe allerdings nicht erwartet, daß schon in dieser Session eine Landgemeindeordnung vorgelegt werden würde, aber er erinnere daran, daß 1869, 1870, 1371 Graf Eulen⸗ burg feierlich im Namen der Regierung versprochen habe, daß unmittelbar nach der Kreisordnung eine Landgemeindeordnung folgen solle. Er müsse sich nun wundern, daß jetzt erst die Vorarheiten in Angriff genommen seien. Er hoffe, daß in dieser Frage eine Einigung leichter erzielt werde werden, als man allgemein annehme. . . Abg. von Eynern: Er freue sich, daß der Abg. Rickert jetzt anerkenne, die Kreisordnung habe gut gewirkt. Soviel er wisse, habe die ganze freisinnige Partei gegen dieselbe ge⸗ stimmt. Der Abg. Bachem habe ihn auch aufgefordert, nicht über Sachen zu sprechen, von denen er nichts verstehe. Er sei über die Rheinbrohler Angelegenheit sehr genau unterrichtet. Sie sei vor Jahren schon im rheinischen Provinzial-Landtage von der ultramontanen Partei als Sturmbock gegen die Regie⸗ rung benutzt worden. Im Uebrigen würde der Abg. Bachem besser gethan haben, auch von dieser Sitzung fernzubleiben und im stillen Kämmerlein seine vorjährige Rede zu bereuen. Der Abg. Bachem bleibe bei seinen Beschuldigungen und Beschimpfungen dieses Mannes und decke sich mit der Unverantwortlichkeit der ö Das sei als Endergebniß dieser Debatte fest⸗ gestellt.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch sprach dem Minister auch den Dank seiner Partei für die Perspektive in Bezug auf die Landgemeindeordnung aus. Es sei unrichtig, daß die Konservativen, und speziell seine Partei, in ihren Wahlaufrufen eine neue Landgemeindeordnung nicht verlangt hätten. Mit besonderer Befriedigung werde im Lande die Erklärung des Ministers aufgenommen werden, daß man bei der Gesetzgebung nicht ale en gt, sondern unter Berück⸗ sichtigung der konkreten Verhältnisse vorgehen werde.
Abg. Rickert: Der Abg. von Eynern kenne wiederum die Dinge nicht, über die er spreche. Die Fortschrittspartei habe für die Kreisordnung ebenso gut gestimmt wie die National— liberalen. Bekanntlich seien der Abg. Hänel und noch einer sogar in dem Vertrauensmännercomité, welches der Graf Eulenburg zu den Vorarbeiten berufen habe, gewesen. Die Fortschrittspartei habe von vornherein sehr fleißig daran mit⸗ gearbeitet, und der Abg. Hänel habe in Bezug auf das Zu⸗ J der Kreisordnung ein wesentliches Verdienst gehabt.
Abg. Bachem: Er wolle dem Abg. von Eynern gern das letzte Wort gönnen und hoffe, daß von seinen Gegnern von dem letzten Worte stets derselbe Gebrauch gemacht werden möge.
Abg. von Eynern; Er bleibe dabei, daß die jetzige deutschfreisinnige, die frühere Fortschrittspartei, gegen die Ein⸗ führung der Kreisordnung in den verschiedenen Provinzen gestimmt habe. Sie habe gestimmt gegen das allgemeine Landegverwaltungsgesetz, gegen die Einführung der Kreis⸗ ordnung in Hannover, Westfalen, Hessen⸗Nassau und der Rhein⸗ provinz. Wenn der Abg. Rickert das nicht wisse, könne er ihm nicht helfen. Das sei eben das Unglück, daß der Abg. Rickert immer der Einzige sein wolle, der Etwas wisse.
Abg. Rickert: Er appellire an das Haus, ob der Abg. von Eynern nicht von vornherein von der Kreisordnung für die sechs östlichen Provinzen gesprochen habe. Für diese habe die Fortschrittspartei gestimmt.
Vize-Präsident von Benda erklärt die Diskussion über den Minister für geschlossen.
Der Titel wurde bewilligt. Für den Unter-Staatssekretär ist auch in diesem Etat eine Gehaltserhöhung von 165000 auf 20 090 (6 gefordert. Diese Mehrforderung wurde ohne Debatte gestrichen. Beim Kap. S4, statistisches Bureau, fragte der Abg. Sombart, wann das vollständige agrarstatistische Werk von Meitzen zu erwarten sei? Eine Antwort erfolgte vom Regierungstische nicht. Abg. Dr. Arendt sprach sein Bedauern darüber aus, daß die Publikationen des n . Buregus von Jahr zu Jahr immer weniger Abnehmer fänden. Dieser Rückgang werde darauf zurückgeführt, daß das Bureau nicht mehr in der früheren splendiden Weise seine Bekanntmachungen den Fach⸗ ö . u. s. w. zur n stelle, wie dies namentlich eitens Italiens . Er bitte, daß dem Landtage das statistische Jahrbuch Preußens ebenso zugänglich gemacht werde, wie der Bericht des landwirt haf en Ministerß. Das ahrbuch enthalte auch interessante Mittheilungen über das bgeordnetenhaus. Es gehe aus der tabellarischen Uebersicht
enthalte der erste Theil einen Tadel für das, was hinterher⸗
der Altersverhältnisse in den verschiedenen Parteien hervor,
italienischen Ministerium des Ackerhaues aus Anlaß einer
beziehen.
eifnn an Nachwuchs fehle, während die frei ariei die jugendlichste des ganzen Hauses sei.
nister des Innern, Herrfurth:
. Herren! Statistische Werke werden bekanntlich nicht zu Zweck geschrleben, daß, man sie Liest, sondern lediglich zu dem weck, daß man sie nachschlägt, und das ist auch der Grund, weshalb *r statistische Werke nicht kauft., sondern weshalb man nur, den Be dfb, man. f nan schlggen kenn. ä, abe seslbst in Finsicht der Abfassung statistischer Werke gesündigt; ich glaube, ich ann deshalb aus if n, sprechen. Meine Herren, daraus erklärt . ja das finanziell sehr ungünstige Resultat, wesches die Publikationen bes statistischen Bureaus haben. Denn die Publikationen kosten, ganz bgesehen von der persönlichen Arbeit, die ja unter ganz anderen Wüln steckt, lediglich an Herstellungskosten sl 400 4M, während der
Frlös sich nur auf 14 500 46 beziffert. .
Nun ist das Statistische Bureau in früheren Jahren etwas sehr übermäßig splendid gewefen mit der unentgeltlichen Abgabe berartiger Publikationen. Nicht nur, daß, was meines Erachtens douständig gerechtfertigt ist, preußische Behörden, Uniwersitjten, Bibliotheken u. s. w. in reicher Anzahl, und ich glaube in ziemlicher Vollständigkeit. diefe Publikationen bekommen haben, sondern es sind andere Bebörden und sonstige Gratigempfänger über 171 ver. eichnet. Ich glaube, es ist eine ganze Reihe darunter, die ganz gut bern allen inen. Ich will mal irgend einen Fall aus dem mir vor⸗ liegenden Perjeichniß herausgreifen. Wenn z. Be; der Redaktion kier , Milchzeitung in Eutin! und ähnlichen Cmpfängern ein Frei⸗ exemplar gegeben wird, ß kann n doch . err. daß ö. . ĩ ertheilung verfahren wird. Im Gegentheil, man ist ebenso . ga allerdings jetzt das Ministerium sich vor ⸗
i wesen, . r ihn . e Genehmigung zur weiteren unentgeltlichen Abgabe
e . 2 * ö. 2. rrtenne ich an, der Wunsch ist berechtigt, daß dieses hohe Haus und das ander Haus von Publikationen, die besonderes Interesse haben, eine größere Anzahl bekommen. Ich werde, wenn von dem ieigen Jahrgang des Statistischen Jahrbuchs noch Exemplare disponibel sein sollten, dafuͤr Sorge tragen, daß die betreffende Zahl hierher ab gegeben wird, und ich 3. ac e fh J .
J 8 Statistischen Jahrbu ür Ueberwei a e n n s Len am kltchen t hu blitutionen das halte ich für bedenklich,
es dem lonservative
,,, ĩ 6 a ierh ö ; , bei den Nothständen, in denen sich jetzt schon die Bibliothek des Hauses befindet. Wenn Sie die sogenannten blauen Hefte! ansehen, die das Statistische Bureau heraus⸗ giebt, so sind dieselben nur für den einzelnen Gelehrten, ker fich mit so etwas speziell beschäftigt, von Werth, und en würde absolut keinen praktischen Zweck haben, wenn von diesen Publikationen auch eine größere Zahl abgegeben würde. . ö
Abg. Dr. Friedberg: Er habe als Universitäts⸗Dozent der Nationakökonomie die Zeitschrift stets bezahlen müssen, wäh⸗ rend er vom italienischen statistischen Bureau und auch vom
üheren Eorrespondenz derartige Publikationen stets zuge⸗ 3 bekomme, e würde sich freuen, wenn der Minister veranlassen wollte, daß wenigstens den Angehörigen der Uni⸗ versitäten die Zeitschrist zugesendet werde.
Minister des Innern, Herrfurth: .
Meine Herren! Die saͤmmtlichen Universitäten, auch die Uni⸗ versität Halle, erhalten ein Gratis exemplar der Publikationen des Statistifchen Buregus, allerdings nicht saͤmmtliche Dezenten der Uni, versität; das ist, glaube ich, unmöglich. denn Sie würden wenigstens den Betrag von 51 400 6. für die Publikationen sehr erheblich er⸗ höhen müssen, wenn sämmtliche Dozenten an sämmtlichen Universitäten die sämmilichen Publikationen des Statistischen Bureaus erhalten sollten.
Abg. Dr. Friedberg; Die Zahl der Dozenten für Na⸗ tionalökonomie sei nicht so groß, daß eine Zusendung der Zeitschrift an diese erhebliche Mehrkosten machen würde.
Das Kapitel wurde bewilligt. ö
Bei dem Kapitel „Ober⸗Verwaltungsgericht bemerkte der Abg. von Meyer (Arnswalde); Die kö der Ausgaben veranlaßte ihn, einen kurzen Rückblick auf die finanzgeschicht⸗ liche Entwickelung des O er⸗Verwaltungsgerichts zu werfen. Als man noch romantische Auffassungen vom Ober⸗Verwal⸗ tungsgericht eg habe, sei er überzeugt . daß jene Angelegenheit sich weit bureaukratischer ge talten werde, als man gedacht habe. Nach dem ursprünglichen Plan der Kreis⸗ ordnung hätten eigentlich die Bezirksausschüsse in zweiter Instanz endgültig Entscheidung . sollen. Statt daß man nun die zweite , aufgehoben und als eine andere Instanz das Ober⸗ erwaltungsgericht eingerichtet ätte, habe man eine, dritte Instanz im Ober⸗
erwaltungsgericht ohne Laien geschaffen, die sich rein bureau⸗ kratisch gestaltet habe. Die Kosten seien sehr erheblich gestiegen und diesmal sei wieder eine bedeutende Mehrförderun in den Etat eingestellt. Er könne sich nicht der Hoffnung ingeben, die in der Kommission ausgesprochen sei, daß in absehbarer
eit keine Neusorderung an uns herantreten werde, Er würde eigentlich bereit sein, dem Ober⸗Verwaltungsgericht noch eine weitere Thätigkeit , nämlich die Prüfung der Ab⸗ geordnetenwahlen, die vom Hause gar nicht in richtiger Weise vollzogen werden könnten, schon weil das Haus unter dem Verdacht stehe, daß es dabei immer Partei sei. Die Gehalts⸗ erhöhung für den Präsidenten des Ober⸗Verwaltungsgerichts von 15 auf 20 „M6 werde motivirt mit dem Hinweis auf die ebenso für die n , , beantragte Erhöhung. Man habe dem Kabinetsrath die Erhöhung auf 36 O00 Ma bewilligt; er wisse nicht, ob wegen seiner Hof⸗ beziehungs Weshalb solle aber der Präsident des Verwaltungs⸗ gerichtz jetzt ähnlich gestellt werden? Er sei doch ein un⸗ abhängiger Beamter. Die Vergleichung des Ober⸗Perwal⸗ tungtzgerichts⸗Präsidenten mit dem Kammergerichts⸗Präsidenten treffe vollständig zu; der Letztere erhalte aber nur 14000 6 und 306 S½ Wohnungsgeldzuschuß, während der Ober⸗Ver⸗ waltungsgerichts⸗Präsident 15 069 M Gehalt und 3000 M6 Wohnungsgeldzuschuß erhalte. Er beantrage, also, das vor⸗ geschlagene Gehalt des ber Verwaltungsgerichts Bräsidenten von 26 000 S½ auf 15 000 M½ herabzusetzen.
Minister des Innern, Herrfurth:
, * bin 3 der gesammten Fraktion des Hrn. von Meyer insoweit — aber auch nur insoweit — einverstanden, als ich mit ihm bedaure, daß nicht auch die Zulage von bo09 M den Herren ünter⸗Staatsfekretären bewilligt worden ist, aber ich mag
daraus nicht die ,,, ziehen, daß, weil nunmehr diese Erhöhung. r
für die Unter⸗Staattfekretüre gestrichen ist, auch die Erhöhung für den Präfidenten des Ober. Verwaltungagerichts gestrichen werden müsse.
Meine Herren, die Gründe, die meines Erachtens die Erhöhung unbedingt rechtfertigen, sind bereits von dem Herrn Referenten in klarer Weife dargelegt worden, und ich kann mich lediglich darauf Als in Fahre 1876 das Dber⸗Verwaltungsgericht mit einem Mitglied im Hauptamt und üg Mitgliedern im Nebenamt begründet wurde, konnte man allerdings sagen, daß, trotzdem diefes Gericht die ietztinstanzlichen Entscheidungen im Ver waltungögerichtsverfahren fällt; ein Gehalt von 18 009 , wie es damals die Hinisterlal⸗ Vireltoren und Unter⸗Staatssekretäre bezogen, als augreichend zu erachten sei. Nachdem inzwischen das
über die gesammte Monarchie ausgebreitet haben wird, nachdem jetzt nicht mehr ein einzeiner Senat, sondern vom nächsten April ab vier Senate in Thätigkeit treten werden, die Zahl der Räthe sich bis auf Is vermehrt hat, da ist meines Erachtens das Ober Verwaltungs gericht in ein folchet Stadium der Entwickelung gelangt, daß Sie nunmehr dem Präͤfidenten das Gehalt, das ihm nach seiner Stellung zukommt, nicht länger versagen können. Ich, meine Herren, will mit meiner perfönlichen Meinung gar nicht zurückhalten; ich hätte es für richtiger gefunden, wenn man den Präsidenten des Ober Verwaltungs- gerichts im Gehalt vollständig mit. dem Pröäsidenten der Sber⸗Rechnungs kammer und des Evangelischen Ober ·Kirchenraths gleich gestellt hätte, Lbwohl er nicht ganz dieselbe , , wie Letzterer hat. Darüber aber kann; meine Herren, kein Zweifel ob. walten, daß man ihm jetzt mit Rücksicht auf die Stellung als Chef
des oberften Verwaltungögerichtshofes und mit Rücksicht auf die
Reyräfentationspflichten, die ihm obliegen, mindestens das Gehalt pon
20 00 M gewähren muß. Dies ist meines Erachtens ernstlich nicht
zu bestreiten. .
Ich möchte mir nur zwei Bemerkungen gestatten, die eine gegen-
über der AÄeußerung des Herrn Referenten, er für seine Person und
im Namen der Budgetkommission müsse die Hoffnung aussprechen,
daß nunmehr die Vermehrung der Stellen beim Ober Verwaltung?
gericht für abfehbare Zeit abgeschlossen sei. Meine Herren, es ist
nicht richtig, wie der Sr. Abg. von Meyer gesagt hat, daß sich die
Thätigkeit des Ober⸗Verwaltungsgerichts bereits jetzt über die ganze
Monarchie, auch auf Posen erstrecke. Sie erstreckt sich heute noch nicht
einmal auf Schleswig⸗Holstein, in Schleswig ⸗Holstein wird am
1. Juli das Landesverwaltungsgesetz und das nnn , . in
Kraft treten, und in Posen wird es erst dann einge ührt werden,
wenn die Vorlage, die ich jetzt dem Herrenhause gemacht habe, Ge⸗
setzeskraft erlangt hat. Ich kann immerhin das mit Bestimmtheit
sagen: für faktisch abgeschlossen erachtet die Staatsregierung die Frage
der Bildung der Zahl der Senate, nicht aber die Zah¶ der
Rathsstelkten; da kann es sich allerdings, und wird sich möglicher ·
weise, ja voraussichtlicherweise ereignen, daß, wenn demnächst, die
ganze Monarchie der Jurisdiktion des Ober · Verwaltungsgerichts
unterworfen ist, innerhalb der jetzt beschlossenen Senatsbildung eine
Vermehrung der Stellen eintreten wird. . .
Ba ich einmal das Wort habe, so möchte ich zu der vorhin be
rübrten, allerdings schon abgeschlossenen Angelegenheit noch kurz er⸗
wähnen, daß, wie ich in diesem Augenblick aus den Akten des Hauses erfehe, dem Wunsch des Hrn. Abg. Arndt in Betreff des Statistischen
Jahrbuchs bereits im vorigen Jahre Rechnung getragen ist; es sind im vorigen Jahre dem Hause 100 Exemplare des Statistischen Jahr⸗
buchs zur beliebigen Verfügung vom Minister des Innern uͤberwiesen worden. .
Abg. Dr. Gneist: Die Gehaltserhöhung sei schon deshalb begründet, weil zu dieser Stelle nur immer Männer in hohem Alter herangezogen werden könnten. Früher habe der Prãäsident nur die Urtheile des ersten Senats gehabt, heute müsse er die von vier Senaten revidiren, da durch seine erson die Rechts⸗ einheit aufrecht erhalten werden müsse, denn gerade bei dem Ober⸗Verwaltungsgericht sei eine erschiedenheit der Recht⸗ sprechung von den schwerwiegendsten Folgen. Die Perwaltungs⸗ gerichte der kleineren und Mittelstaaten verursachten auch be⸗ deutend mehr Kosten, als das preußische. Er bitte also, die Gehaltserhöhung nicht zu streichen.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum: Wenn man allein nach den Motiven der Regierungsvorlage gehe, . man die Er⸗ höhung allerdings ablehnen, da diejenige für die Unter⸗ Staatssekretäre nicht bewilligt sei. Die Stellung des Ober⸗ Verwaltungsgerichts⸗Präsidenten sei aber eine ganz andere als die eines Ünker⸗Staatssekretärs. Nachdem sich nach und nach die Kreisordnung überalll eingelebt habe, seien in Folge hiervon eine Reihe von Streitigkeiten entstanden, für die das Ober⸗Verwaltungsgericht die , Instanz sei. Schon nach der Stellung, die das O er⸗Verwasltungsgericht in der Oeffentlichkeit einnehme, ferner durch die Ausdehnung der Verwaltungsgerichtebarkeit über die ganze Monarchie sei der Präsident höher zu stellen, als der des Kammergerichts. Er bitte also, die Erhöhung zu bewilligen.
Der Antrag von Meyer, die Erhöhung zu streichen, wurde abgelehnt. Im Uebrigen wurden die Ausgaben für das Ober⸗ Verwaltungsgericht ohne Debatte unverändert bewilligt. Ebenso die Ausgaben der Deputgtign für das Heimathwesen.
Darauf wurde die Stonng vertagt. .
Abg. von Eynern richtete an den Präsidenten die Frage, ob er gesonnen sei, den dem Hause zugegangenen Antrag Windthorst in den nächsten Tagen zur Berathung zu stellen. Der Antrag habe bereits in der vorigen Session vorgelegen, sei aber in Folge eigenthümlicher Umstände nicht zur Berathung gekommen. Er wolle nicht wünschen, daß dem Antrag diesmal ein ähnliches Schicksal widerfahre.
Rachdem Abg. Dr. Freiherr von Heereman darauf auf⸗ merksam gemacht hatte, daß der Abg. Dr. Windthorst nicht im Hause anwesend sei, erklärte der Präsident, daß vor dem An⸗ trag Windthorst noch zwei andere Anträge eingebracht seien, die zuerst zur Berathung kommen müßten, Es werde also wohl kaum möglich sein, den Antrag am nächsten Schwerins⸗ tage, dem Mittwoch nächster Woche, zur Verhandlung zu stellen. Abg. Dr. Freiherr von Heereman bezeichnete es als eigen⸗ thümlich, daß Hr. von Eynern den Antrag zur Berathung
estellt wissen wolle, ohne daß der Antragsteller darüber be⸗ ragt werde. ; . .
Abg. von Eynern wies es zurück, das Verfahren eigen⸗ thümlich zu nennen. Er habe nur feststellen wollen, ob der Antrag wirklich materiell zur Berathung kommen solle oder ob es fich nur, wie in der vorigen Session, um einen Antrag
auf Lager handele. . t 3 . erklärte nochmals, daß sich bei der Fest⸗ stellung der Tagesordnung für den nächsten Mittwoch die
rage erledigen werde. . ? a f Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr.
— Die von dem Minister des Innern, Herrfurth, in der vorgestrigen ,, des Hauses der Abgeord⸗ neten 9 ,. der Aeußerungen des Abg. Bachem ge⸗ altene Rede lautete: h Weine Herren! Ich hätte wohl gewünscht, daß der Abg. Bachem, der, wie er selber sagt, den stenographischen Bericht zur Hand gehabt bat, fich dennoch bei seinen Ausführungen nicht wesentlich auf ein mir nicht bekannt gewordenes anscheinend ungenaues Referat in der Kölner Zeitung gestätzt hätte. — Er würde sonst, glaube ich, nicht dazu gelangt sein, mir den Vorwurf haben machen zu können, daß ich erfznlich gegen ihn vorgegangen sei. Ich bitte ihn, nochmals meine *. durchzulefen. Ich habe ihn mit jenen fragwürdigen Gestalten, von denen die Angriffe, namentlich die berühmten 83 n , . unkte gegen den Conrad erhoben worden sind, in keiner Weise dentifizirt., und als der Hr. Abg. Dr. Windthorst in seiner Vertbeidi⸗ gung des Abg. Bachem erklärte, es sei eine i en gegen 2 ehalten, babe ich ausdrücklich gesagt: jegliches * was in . eife gedeutet werden könnte, nehme ich augdrücklich mrück. ch bitte alfo zunächst, was diesen persönlichen Punkt . sich an den n, , . Bericht, der in dieser Hinsicht von mir in leinem o
Meine Herren, der Hr. Abg. Bachem hat gesagt, er Habe im . die ganze Eser des Bürgermeisters . ber 2. . nbe . 31 r, ,, in . . 8 ockenangelegenheit zur Sprache gebracht; letztere sei ihm — sache, 3 2. Bürgermeisler Tonrad und dessen Verhalten sei i
Rebenfache. Ich habe jetzt eben flüchtig seine Reden vom vorigen
Jahre durchgesehen, und ig habe ich gefunden, daß das, was er ge⸗ r
rochen hat, mehr wie 6 Spalten füllt, davon bezieht sich noch nicht ö. balbe Spalte auf die ö G lockenangelegenheit und 5z Spalte auf den neben sächlichen Ineidenzpunkt des Bürgermeisters Conrad. (Abg. Bachem: Im vorigen Jahre. Ich habe aber öfter davon gesprochen ) Die Rede des Hrn. Abg. Bachem, die ich citirt habe, ist vom 31. Januar v. J. Nun hat der i Abg. Bachem die Rheinbrohler Glockenangelegenheit, die i ch ediglich als einen Incidenzpunkt behandelt habe — denn ic habe gesagt, es sei der Ausgangspunkt der Anklage gegen onrad gewesen — hier wieder angeregt und dabei behauptet; durch ein er⸗= gangenes Erkenntniß sei das gesetz und rechtswidrige Vorgehen, der Verwaltungsbehörde in dieser Angelegenheit festgestellt. Zunächst ist das Erkenntniß, was er erwähnt, in einer ganz anderen Angelegen ⸗ heit ergangen. j Ich bestreite, daß in der Rheinbrohler Kirchenglockenangelegenheit ein Crkenntniß ergangen sei, welches sich auf denselben Boden wie das vom Abg. Bachem angezogene gestellt habe. Meine Herren, in dieser Angelegenheit ist durch ein Erkenntniß J. Instanz von Neuwied der Gemeinde das Recht zur Benutzung der Glocken in bürger ˖ lichen Angelegenheiten zugesprochen, dabei aber angenommen worden, daß zu diesen bürgerlichen Angelegenheiten die Benußung der Flocken bei Beerdigung von Altkatholiken nicht gehöre. Hiergegen ist aber die Berufung eingelegt, und es schwebt diese Angelegenheit — seit verhältnißmäßig sehr langer Zeit — seit 17 Jahren — beim Ober ⸗ Landesgericht in Frankfurt. Die Entscheidung ist bis heute noch nicht ergangen, und dem Hrn. Abg. Bachem, der einen so ganz besonderen Respekt vor der objektiven Wahrheit eines rechtskräftigen Erkenntnisses hat, kann ich nur bitten, zu warten, bis auch einmal das Erkenntniß dieser Rheinbrohler Glockenangelegen⸗ heit ergangen und rechtskräftig geworden ist, — . Meine Herren, der Hr. Abg. Bachem hat mir hier wieder, viel- leicht auf Grund dez ungenauen Zeitungsreferats, Angriffe gegen das Kölner Gericht, welches dieses Erkenntniß gefällt hat, zur Last gelegt. In dem in seinen Händen befindlichen stenographischen Bericht steht aber ausdrücklich, daß ich erklärt habe, selbstverständlich zabe das Kölner Gericht fein Ürtheil bona fie gefällt, habe es aber gefällt auf Grund eines unvollständig festgestellten thatsächlichen Verhält- nisses. Denn, meine Herren, es sind doch nur diejenigen Mitglieder des Gemeinderaths in Köln vernommen, die die angeklagte Zeitung als Entlastungezeugen benannt hat, nicht aber die anderen Mit⸗ glieder. In Koblenz sind saͤmmtliche noch am Leben befindlichen Mit⸗ alieder des Semeinderaths, fowohl diejenigen, welche in Köln die Freisprechung der Kölner Volkszeitung‘ herbeigeführt haben, als auch die sämmtlichen ubrigen, an ihrer r der Graf Westerfeldt⸗ Gysenberg, vernommen worden, und diese haben eben durch e idl iche Jeugenaussagen die Sache klargestellt und daraus hat sich ergeben, daß auf Grund einer ungenauen und unrichtigen thatsächlichen Fest⸗ stellung die Freisprechung der genannten Zeitung in Köln erfolgt ist. Meine Herren, was ist denn übrigens r echt sk räftig festgestellt? Rechtskräftig festgestellt ist, daß die ö. sich keine Beleidigung hat zu Schulden kommen lassen, aber rechtskräftig festgestellt ist nicht., daß der Bürgermeister Conrad sich etwas hat zu Schulden kommen laffen, denn die Ausführungen hierüber stehen in den Gründen und diese werden nicht rechtskräftig. Wenn Jemand so formalistisch wie der Hr. Abg. Bachem die Sache behandelt, so darf ich mich wohl ihm gegenüber auf denselben Standpunkt stellen. Meine Herren, ich bedauere, daß der Hr. Abg. Bachem die Koblenzer Vernehmung nicht kennt. Ich weiß nicht, ob der Hr. Abg. Bachem sich bemüht. hat, diefelbe kennen zu lernen. Ich meine, diese formalistische en g daß das rechtskräftige Erkenntniß o bjektive Wahrheit schafft, i unrichtig. Sie schafft inter partes, für die sen Fall, aber fi schafft keineswegs objektive Wahrheit. Die objektive Wahrheit kann durch vollständigere, bessere Feststellung des erhãltnisses allerdings auch . rechtskräftigen Erkenntniß gegenüber in anderer Weise estgestellt werden. . . Ich habe den Rath, den Prozeß noch einmal aufzunehmen, wirklich nicht ironifch gemeint. Ich erkenne an, daß sich das ehrengerichtliche Erkenntniß und das rechtskräftige des Kölner Landgerichts nicht voll ständig direkt einander gegenüber stellen lassen, weil sie von zwei ver. schiedenen Voraussetzungen ausgehen. Es würde mir sehr erwünscht sein, wenn noch einmal in der Weise, wie es in Köln geschehen ist, unter Vernehmung saͤmmtlicher Zeugen, unter Vorlegung des gesammten Beweismaterials die Sache erörtert werden könnte. Ich wunsche das im Intereffe des Bürgermeisters Conrad, damit auch nicht einmal der Schein eines Verdachts mehr auf ihn geworfen werden kann, wie es heute doch wiederum versucht worden ist. Für mich ist es nicht notwendig, mir genügt das ehrengerichtliche Erkenntniß. Ja, meine Herren, wenn der Hr. * Bachem sagt, man lauere nur Darauf, daß er einen inkorrekten Ausdruck gebrauche über das ehrengerichtliche Urtheil, er werde sich wohl in Acht nehmen, so muß ich fagen, er hat sich doch nicht ganz in Acht genom m en. Meine Herren, ich habe vorgestern ausdrüglich erklärt, es ist richtig, der Buͤrgermeister Conrad hat zweimal Beträge von 80 und S9 M bestimmungewidrig in Empfang genommen und längere Zeit bestimmungswidrig hinter sich gehalten; ich habe ausdrücklich erklärt, das fei formell rechtswidrig, und dafür babe er die Mißbilligun feiner vorgesetzten Bebörde erfahren. ch habe aber ausdrückli hervorgehoben, es sei nicht wahr, daß er das Geld erst abgeliefert habe, als er mit der Anzeige bei dem Gemeindeempfãnger bedroht worden sei. Dadurch verliert die ganze Angelegenheit den Charakter, den der Abg. Bachem ihr beilegt, indem er sagt, ein Mann, der so etwas gethan hat, ist bescholten.!· Gegenüber dieser Aeußerung wiederhole ich den Wortlaut der Allerhöchsten Ordre, wonach aus. drücklich ihm, wegen der . daß er wegen zweimaliger
amtlicher Empfangnahme von Geldern in seiner Eigenschaft als Bürger⸗ . und e, ,. Abführung derselben an die Gemeinde kasse feine Unbescholtenheit gefährdet habe, ein Vorwurf nicht zu machen und er dicke weder der Verletzung noch der Gefährdung der Standesehre fur schuldig zu erachten sei.
Ich glaube, der Hr. Abg. Bachem hat sich nicht in Acht ge= nommen, als er gegenüber dieser Allerhöchsten Kabinetsordre, welche die Üünbescholtenheit des Mannes feststellte, ibn als bescholten erklãrte.
Meine Herren, ich kann, was diesen Punkt anlangt, noch Eines erwähnen. Bie Gemeinde soll ja angeblich geschädigt sein? Nun der Gemeinderath hat diese Frage in einem ausdrücklichen Beschiuß erörtert und erklärt; In der Sache Gulden und des Weidenverkaufs hat der Burgermeister den Verbältnissen entsprechend gebandelt und dabei auch das Inzeresse der Gemeinde in keiner Weise verletzt.
Meine k ich wiederhole: ich würde es wirklich wünschen. daß, wenn Sie der Ansicht nicht sind, die Sache ist zu Ende — ich bin der Anfsicht — Sie daun außerhalb dieses Hauseg es nochmals wagen, diefen Vorwurf zu erhe ?. verspreche Ibnen, es soll schleunigst wegen verleumderischer Beleidigung dann der Prozeß eingeleitet und zu Ende geführt werden. Wollen Sie das nicht, dann muß ich sagen, der Hydra der Verleumdung ist der . eschlagen, der Hals ausgebrannt, Sie versuchen es umsonst, sie . wieder
zu beseben, nein, sagen Sie lieber mit mir und der Mebrbeit des
Hausez: „requiescat in pacs !“
Kunst, Wisfenschaft und Literatur.
D ben erschienene 35. Jahresbericht des Germanischen n, , in Nürnberg, für 1888, erstattet von dem en Direktor A von Essenwein, beklagt im
den üer
n ber Verwaltung gericht seinen Wirkungekreis fast über die ganze Monarchie ausge n at, und wenn es ihn, wie ich hoffe, demnächst
e geändert worden ist, ju halten und nicht an ungenaue Zeitungs referate.
Erst lust zweier mächti örderer und Bes i , m m , .
der umfassender