1889 / 60 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Mar 1889 18:00:01 GMT) scan diff

C Etatistische Nachrichten.

Unter der Ueberschrift Der Taback im deutschen Zoll⸗ ebiet⸗ veröffentlicht das neueste Heft der Monatghefte zur fatistik des Deutschen Reichs? Nachweisungen über die Be⸗ d des Tabacks, Ein- und Ausfubr von Taback und Taback⸗ abrikaten, sowie den Ertrag der Tabackabgaben im Erntejabr 1. Juli 1887 bis Gnde Juni 1888, sodann eine Vergleichung der Hauptergeb⸗ niffe dieser Rachweisungen mit denjenigen der Vorjabre. Was den An bau betrifft Ugebiets 21 466 ha mit Taback bepflanzt gewesen gegen 19 863 ha Vorjahre und 21 304 ha im Durchschnitt der 10 Jahre von 1878 bis 1887. Der Umfang des Tabackbaus hat 1887 gegen die vol gn gegangenen 3 Jahre wieder nicht unerheblich zugenommen, hauptsãchlich aus dem Grunde, weil in den meisten der in Frage kommenden Be⸗ zirke die Preise, welche für den Taback der 1886er Ernte erzielt wurden, sich besser als in den Vorjahren gestellt und in der ent⸗ scheidenden Zeit die Hoffnung erweckt hatten, daß der Rückgang der Tabaqdpreise seine Grenze erreicht habe. Die Ernte an trockenem dachreifem) Taback betrug 1887: 4 86ß Tonnen (zu 1000 Eg) oder 19 65 Doppelcentner durchschnittlich auf 1 ha gegen 19,4 Doppelcentner im Jahre 1886, 19,7 1885, 27,4 1884 und i9,3 im Durchschnitt der 10 Jabre 1878 bis 1887. Das Ernteergebniß ist in den meisten Bezirken nur ein recht mittelmäßiges 3 . namentlich hinsichtlich der Qualität des geernteten Tabacks, da die Aufzucht und Entwicklung der Pflanzen vielfach durch große Troglenheit im Frühjahr gehindert worden war und im Herbste in vielen 64 Nachtfröste eingetreten sind, welche verursacht haben, daß der Taback häufig in unreifem Zu⸗ stande hat eingeerntet werden müssen. Als Brutto ⸗Geldertrag der Tabackernte des Jahres 1887 sind, nach Abzug der Steuer, 13,7 Mill. Mark nachgewiesen, gegen 16,9 Mill. Maik im Vorjahre und 18.5 Mill. Mark im zehnjährigen Durchschnitt und auf 1 ha der mit Taback bebauten Fläche berechnet . dieser Ertrag durch; schnittlich zu 638 6 gegen S0 M im Vorjahre und 870 M im zehn— jnührigen Vurchschnitt. Die Taback⸗Einfubr ist nach dem Ernte⸗ jahre 1878779, in welchem sie wegen der in Aussicht stehenden Zoll erhöhung ungewöhnlich ftark gewesen war (üer Werth der Einfuhr von Taback und Tabackfabrikaten ist für dieses Jahr zu 141,7 Mill. Mark berechnet, im folgenden Jahre äußerst gering gewesen (berechneter Werih nur 2,7 Mill. Marks, dann aber wieder von Jahr zu Jahr gestiegen (für 1887188 ist der Werth zu 73.5 Mill. Mark berechnet). Die gens fuß! von Taback und Tabackfabrikaten aus dem Zollgebiet ist überhaupt nicht sehr erheblich, war aber 1887ñ88 geringer als in den Vorjahren (berechneter Werth 1887‚88 4,4, 1886,87 54, 1885/85 8,3, von 1878,80 bis 1887,88 durchschnittlich 7,9 Mill. Marh. Der Ertrag der Tabacksteuer stellt sich mit der Abgabe von Taback-Surrogaten, welche 26 979 M einbrachte, und nach Abzug der Steuererlasse sür das Erntejahr 1887 88 auf 11 076 484 G; unter Zurechnung der vom ausläͤndischen Taback erhobenen Zollbeträge ö? 071 339 M), sowie nach Abzug der bezablten Ausfuhrvergütungen (zh0 740 ), berechnet sich der Nettoertiag der Tabaclabgaben auf 47757083 „½ oder 1,01 6 auf den Kopf der Bevölkerung gegen 1,02 M im Vorjahre, O, 95 M im Jahre 1885.85 und G76 im Burchschnitt der Jahre 1878,79 bis 1887/88. Eine genaue Berechnung des Tabackverbrauchs in den einzeinen Jahren wird durch den Umstand verhindert, daß die im freien Verkehr besindlichen wersteuerten und verzollten) Tabackbestände, welche von einem Jahre auf das andere übernommen werden und das eine Mal sehr groß, das andere Mal sehr gering sein können, unbekannt sind. Annäbernd jedoch läßt sich dieser Verbrauch auch ohne Keantniß dieser Lagervorrälhe für eine mehrjährige Periode ermitteln. In diesem Sinne ist der Verbrauch von fabrikationsreifem Rohtaback im deutschen Zollgebiet für die erioden 1861 bis 1865 zu 1.31. 1866 bis 1870 zu 1,33, 1871572 is 1875/76 zu 1,84, 1876/77 bis 1880/81 zu 1,71, 188182 bis 1885/3865 zu 1,9 und für die Jabre 1886387 und 1887,688 zu ca. 1,52 kg auf den Kopf der jeweiligen Bevölkerung berechnet.

Gewerbe und Handel.

Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis Ende Februar 1889 13116300 S 3 oo ige, 20 562 300 M6 49Q ige, 44 857 800 gh e und 9528 go S6 5 oige, zusammen S8 065 300 M Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 12 829 800 . z ige, 16126 809 M6 4 0ige, 22 551 000 ο, 44 oige und 3 635 200 S h ige, zusammen 55 132 800 M Pfandbriefe Seitens der Grundstücksbesitzer verzinslich sind. Es Find zugesichert, aber noch nicht abgeboben 389 400 , im Laufe des Monats Februar 1889 angemeldet 1 Grundstück mit einem Feuerversicherungswerth von 48700 6

Die nächste Börsen-Versammlung zu Essen findet am 11. März im „Berliner Hof“ statt.

Wetterbericht vom 8. März 1889,

8 r Morgens von Mosentbal.

w

von P. Hertel.

Stationen. Wind. Wetter.

vom Meere.

Bar. auf 09 Gr. u. d. Meeressp. red. in Millim

setzung.;)

5H halb bed. heiter bedeckt 5 Dunst bedeckt bedeckt 20

Mullaghmore Aberdeen . Christiansund Kopenhagen . St Petersburg Moskau ...

Cork, Queens town ... z Cherbourg. bedeckt Wer... Regen ö 4 bedeckt mbur 3 bedeckt winemünde wolkig Neufahrwasser wolkenlos Memel . heiter Münster . .. h: wol ki Karltzruhe . Duns Wiesbaden. bedeckt München .. wolkig Chemnitz .. e z wolki Berlin ... z halb Ded. Wien .... Nebel Greslau ... wolkig Uebersicht der Witterung. Unter der Wechselwirkung eines barometrischen Maximums von über 780 mm über dem Innern Rußlands, und einem Depressionsgeblete unter Ab mm über Großbritannien wehen über Central Europa schwache bis frische südliche und südöstliche Winde, unter deren Einfluß die Temperatur erheb⸗ lich gestiegen ist. In West ⸗Deutschland ist Than wet ter, stellenweise mit Regenfällen eingetreten. In den nordöstlichen Gebietstheilen dauert die strenge Kälte bei heiterer Witterung noch fort. Deutsche Seewarte.

Sonntag: Montag:

wolkig

von Messina. Sonntag:

Cl mencean.

Sonntag:

Emil Neumann.

Theater ⸗Anzeigen.

K 1 g: Opernhaus 64. Vorstellung. Das goldene Kreuz. Oper in 2 Akten . J.

„so sind danach im Jahre 1887 innerhalb des deutschen.

Schausxielbaus. Schauspiel in Norwegischen von denrił Ibsen. (Autorisirte Ueber⸗ Anfang * Ubr.

Brüll. Dichtung nach dem Französischen von S. H.

Die Jahreszeiten. 4 Bildern von C Taubert und E. Graeb. Anfang 7 Uhr.

Drutsches Theater. Heinrich der Vierte. Weh' dem, der lügt? Weh' dem, der lügt!

Die erste Aufführung von Maria und Magda⸗ lena, Schauspiel in 4 Aufzügen von Paul Lindan, findet am Dienstag, den 12. Mär;, statt.

Derliner Theater. Sonnabend: Die Braut

Sans Fonrcham bault. Montag: Zum 1. Male: Martin Luther.

Tessing Theater. Sennabend: Der Fall

Dumas und A. d' Artois.

Der Montag: Die

3 Akten von A. Delacour und A. Henneaguin. Anfang 7 Ubr.

Wallner Theater. Sonnabend: Zum 140. M:

Madame Bontivard. Schwank in 3 Akten von Alex Bisson und Antonie Marg. Deutsch von

Mitternachtssonne. 1 kt von Hjalmar Knutsen. Sonntag und folgende Tage: vard. Vorher: Die Mitternachtssonne. Adolph Ernst-⸗ Theater. Dresdenerstraße 72. Sonnabend: Zum 45. Male: Die junge Garde. Gesangsvosse in 4 Akten von Ed. Jacobson und Leop. Elv. Die Gesangstexte theilweise von Gust. n Fr. Roth. Anfang 71 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Concert- Haus, Leipzigerstr. a (früher Bilse). Sonnabend, Abends 7 Uhr: Gedãächtnißfeler für Se. Majestät Kaiser Wilhelm L, unter gefälliger

Victoria - Theater. Halbe Preise. Sonnabend: nm ij Gedaäͤchtnißfeier des Todestages des bochseligen

aiser Wilbelm J. Germania. Großes nationales ,., tück in 4 Akten und 12 Bildern mit

Au Nõnigliche Schauspiele. Sonnabend bleiben ö. . IAI. Randa. on

ntag und folgende Tage:

Danzig, 8. Mi, (W. T. B.) Die Einnahmen der Marienburg ⸗Mlawrger Eisenbahn betrugen im Februar er, nach proxisorischer errneng i64 00 ι gegen 134 909 6 nach proviforifcher Feststellung im Februar 1888, mithin mehr 29 100 Die definitive Einnahme im Januar 1888 betrug 145 881 M

Frankfurt a. M., T. März (Getreide markthericht von Fofeph Strauß Die Tendenz des Marktes für Weizen war um ein Gerin n, , , doch hat eine durchgreifende Befestigung sich noch immer nicht eingestellt; ab uff end stramm . „, frel hier 153 M, norddeutscher und kurhessischer 20 ' M, rufsische und ungarische Sorten 206 - l M Roggen vermochte hier eine feibftändige Tendenz nicht zu dokumentiren, er zeigte sich von den auswärtigen Schwankungen abhängig, doch folgte er den⸗ felben in der Richtung nach abwärts nur in sehr gemäßig⸗ tem Tempo, hiesiger 16 M, russischer 154 / 0 1 Gexste batte schwerfälliges Geschäft und war speziell Franken,, Ried. und Wetterauer offerirt 16 158 „, ungarische und mährische Sorten viel über Notiz. Ha fer hatte flotten Abzug, selbst Mittelqualitäten fanden schlankes Unterkommen, it machte sich knapp, die Notiz 131 = 154 M ie nach Qualität bleibt. Mais (mixed) fcheint das Interesse der Spekulation eingebüßt zu haben; es mangelt für das jetzt stärker zu Tage tretende Realisationsangebot an Kauffust und dies im Verein mit stärkeren Offerten hat die Preifezurückgehen lassen, 124 M detaillirt. Themgtphos⸗ phatmebl und Chilisalpeter hatten. ruhiges Geschäft. = Mehl ist wenig beachtet, die ungünstigen Absatzverhältnisse machten sich im Lieferungsmarkt bemerkbar und veran laßten tromz der behaupteten Körnerpreise einen Rückgang von 20 = 25 J, hochfeine Weizenmehle nur für bayerische erste Mühle 32 gehandelt. Roggenmehl 0/1 träge. Hiesiges Weizen mehl Nr. O 314 335 M, Nr. 1 29— 316 „1, Nr. 2 264 275 4. Nr. 3 244 264 66, Nr. 4 21—22 , Nr. 5 18— 198 „, Milchbrot. und Brotmehl im Verbande ba 8 6 Nord- deutsche und weftfälifche Weizenmeble Nr. 00 266 27 . Oiesiges Roggenmehl Rr. H 255 26 M, Nr. O1 235 24 M, Nr. 1 21 22 F, Rr. ? is 19 6 Roggenkleie 10 6 Weizenkleie g. b0 S,, Malzkeime 60 1020 6 Spelispreu 4 Rüböl jm Detail 65 M (Obige Preise versteben sich per 100 kg ab hier, häufig jedoch auch loco auswärtiger Stationen.)

London, 7. März. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen ladungen angeboten.

Bradford, 7. März. (W. T. B.) Botanv⸗ Wolle fsest, für feine Wolle Tendenz zu Gunsten der Käufer, in englischer Wol-tle gutes Geschäst, Merinowolle und Kreujzuchten sowie Garne ruhig, für Bofanv. Garne guter Begehr, Preise unverändert, in Stoffen gutes Geschäft.

Verkehrs⸗Anstalten.

Zur Vermeidung von Quarantäne Maßregeln treten in den Fahrten der Royal Mail Steam Packet Companv nach Brasilien und dem La Plata folgende Aenderungen ein: Die am 14, 28. März und 11. April von Southampton. bz. am 18. März. 1. und 15. April von Lissabon abgehenden Schiffe berübren nur brasilianische Häfen; nach dem La Plata werden be— sondere Dampfer am 31. März und 18. April von Southampton, bz. am 2. März und 22. April von Lissabon abgelassen. Hiernach regelt sich die Versendung der Post nach Brasilien und den La Plalastaaten mitteis Rova! Mail-⸗Dampfer.

Auf den Linien der Großen Berliner Pferde -Eisen⸗ bahn ⸗Aktien Gesellschaft sind im Monat Februar 1889 7642 977 Personen befördert und dafür 872 210,5 oder durch schnittlich auf den Tag l 180,38 4 eingenommen worden. Die Ein— nabme im Monat Februar 1888 betrug 833 698,80 oder durch schnittlich auf den Tag 28 748 23 6

London, 7. März. (W. T. B.) Der Union ⸗Dampfer „Spartan“ ist am Mittwoch auf der Heimreise von Capetown abgegangen.

Theater und Musik.

Wallner⸗Theater. In der nächsten Novität, Hugo's Ver hältniffe, wird die Titelrolle von Hrn. Alexander gespielt werden. Ver humorvolle Künstler findet darin eine ungemein dankbare Auf- gabe. Hr. Kemmissiond Rath Hasemann verwendet auf die Insee⸗ nirung des Stücks außerordentliche Sorgfalt, die sich auch in der originellen Ausstattung bekunden wird. ; .

Vietoria Theater. Neuerer Bestimmung zufolge wird das Ausstattungsstück „Germania“ nunmehr dennoch vorläufig auf dem

Repertoire bleiben, da ein patriotischer Freund der Dichtung für

Tanz von P. Taglioni. Hierauf:

ö. . Sonnabend: Tanz- Posm in 2 Alten und n.

93. Male (in deutscher

67. Vorstellung Die Frau

ü von A. Sullivan. Anfang 7 Ubr. 5 Akten aus dem r .

Senntag: Der Mikado.

Sonnabend: König Zum 70. Male:

beitet von Franz Wallner. treffer.

burg. Anfang 74 Ubr. Sonntag: Letzte Nervöse Frauen.

Noditãt! Ph Gille.

Scauspicl in 5 Atten von A. Cbef: Luigi Arditi.

all Clémencean. osa ˖ Domino' s. Lustspiel in

Sonntag: Zum 1. Male:

2

Wolff, für die deutsche Blumenreich.

Vorber: Zum 9. Male: Die Parodistischer Schwank in Anfang 74 Ubr.

Madame Boni⸗ Sonntag: Zum 77. Male:

Görß. Musik von

Dichtung von Ernst Scheren Anfang 7 Uhr. Germania.

in bekannten vierstimmigen

anrichteten.

Friedrich - Wilhelmstãdtisches Theater.

Mit neuer glänzender Ausstattung,

Man kum Sprache): Der lusik Rꝛitado, oder: Ein Tag in Titipn.

Dperette in 2 Akten von W. S. Gilbert.

Residenz - Theater. Vorletzte Woche. Sonnabend: Nervöse Frauen. J Akten von Ernest Blum und Raoul Tocheé, bear Vorher: Der Haupt⸗˖ Schwank in 1 Akt nach dem Franzöoͤsischen des George Svarez, bearbeitet von Sigmund Lauten⸗

Sonntags Auffübrung

Rroll's Theater. Mittwoch, den 20. März: Eröffnung der italienischen Opern ⸗Saison. Oper in 3 Akten von E. Gondinet und

Mußsik von Leo Delibes.

Primadonna: Maria van Zandt. J. Tenor: Luigi Ravelli von der ital. Oper in London.

Belle Alliance Theater. Sonnabend: Der

Berschwender. Original · Zaubermãrchen in 3 Auf⸗ zügen von Ferdinand Raimund. Anfang 73 Ubr. Das Liebespfand. Posse in 3 Akten von 8 Rochefort und Alb. übne bearbeitet von Paul

Central Theater. Sonnabend: Zum 76. Male: Leuchtkugeln. Gesangsposse in 4 Akten von W.

Mannstãdt. Musik von G. Steffens. Anfang 746 Uhr. Leuchtkugeln.

Montag und Dienstag über die Hälfte der Plätze für die biesige Garnison verfügt hat. . .

Zum Besten des Dombau-Vereins hatte der unter Leitung des Hrn. Prof. Ad. Schule stehende 2 Capella-Ghor der Königiichen 6 für Musik gestern im Saale der Sing ⸗Akademie ein Concert veranstaltet, an welchem sich noch als Solisten girl EG. von Mühler mit mehreren Klaviervorträgen und Frl. H. Jordan durch einige Lieder betheiligten. Der kleine, aus eiwa 50 Mitgliedern bestehende Chor zeichnet sich ganz besonders durch den edlen und jugendlich frischen Stimmenklang aus, der zu gleich mit Sicherheit der Intonation und Deutlichkeit der Aus- fprache vereinigt ist. Von den gründlichen Studien des Chbers euge auch die vollkommene Nebereinstimmung in allen Abftufungsgraden der Schattirung und das tiefere Ein- gehen in die von dem Dirigenten angegebene Auffassung der Chorlieder verschiedenen Inhalts. Diese Vorzüge, ka Liedern von Mendelssohn, in einem fünfstimmigen Tanzliede von Hans Leo Haßler (1601), sowie in dem stets gern . „Birrebaum“' von Herzogenberg und den sehr an⸗ muthigen Volksliedern von J. Mayer vortrefflich zur Geltung. Frl. von Mühler trug Beethoven's Cis-moll- Sonate, R. Schumann's schwierige „Kreisleriana“ sowie einige Klavierstücke von G. Schumann und Chopin vor und bewies in denselben große technische Fertigkeit und sehr verstaͤndnißvolle Auffassung. Die treffliche Altistin Frl. Jordan sang drei Lieder von Schubert? ‚Auf dem See“, „Fischerweise und „Ständchen“ (letzteres mit Frauenchor) unter lebhaften Beifalls. bejeugungen, die auch allen übrigen künstlerischen Leistungen dieses Abendd zu Theil wurden.

Mannigfaltiges.

Auf Veranlassung des Ministers der geistlichen ze. Angelegen⸗ heiten, Dr. von Goßler, sind dem Museum für Völkerkunde einige sehr beachtenswerthe Fundstücke der Steinzeit, aus der Gegend von Merse burg, einverleibt worden, darunter wohl eines der größten bis jetzt bekannten Gefäße jener ältesten Kulturepoche. Es hat ovale Form, sodaß sein unterer Theil wannenförmig ist, doch nach unten verjüngt und mit kreisrunder Standfläche; nach oben verengt sich das Gesäß sehr stark zu einer kurzbalsigen, kreisförmigen Oeff= nung An der weitesten Stelle des Bauches zieht sich ein erhabenes schnurähnliches Ornament hin, darüber befinden sich acht Systeme von je acht bis zwölf radialen Strichen, besäumt von kleinen, federbart⸗ artig gestellten Strichelchen. Den oberen Theil des Halses bildet gleichfalls eine Schnurnachahmung. Das Gefäß ist 52 em hoch und 48 om breit. Dazu gehörig sind zwei Thonbecher von 17 und 21 em Höhe, mit Strichornamenten verziert, ein durchbohrter Art- hammer aus Stein und ein Steinbeil. Diese hervorragenden Zeugen ältester menschlicher Thätigkeit auf heimathlichem Boden gelangten als Geschenk des Kaufmanns Eckart in Merseburg an das dortige Stifts gymnasium, von dem sie dem Museum als Leihgabe übersandt wurden.

In Bonn hat sich, der. Bonner Zeitung“ zusolge, eine Vereini- gung von Musikfreunden gebildet, welche das Geburtshaus Beethoven's erwarben, um es allein dem Andenken an den unsterb⸗ lichen Meister zu weihen, der dort das Licht der Welt erblickte. Dieser Verein hat dem Direktor der Königlichen Hochschule für Musik, Professor Joseph Joachim in dankbarer Verebrung für die Verdienste desselben um die klassische deutsche Musik das Ehrenpräsidium auf Lebensdauer angetragen und denselben gebeten, dem neuen Verein den Namen zu geben. Prof. Joachim hat diesen Antrag angenommen und an seinem neulichen Jubiläumstage davon Mittheilung gemacht. Der Verein beabsichtigt, durch Sammlungen und Musikfeste in Bonn sowie an anderen Orten möglichst reichliche Mittel flüssig zu machen und dasz Beethoven'sche Geburtshaus, soweit Veränderungen daran statt gehabt haben, durchaus in seinen Zustand von Anno 1770 zurückzuversetzen. Weiterhin soll mit allen. Kräften danach ge— strebt werden, durch Geschenke oder Kauf solche Gegenstände zu er werben und dort aufzustellen, welche von dem Meister selbst her rühren. Dazu zählen vor Allem auch Manuskripte Beethoven's. Ferner sollen Büsten, Bilder und Porträts Beethoven's, wenn nicht im Original, so doch in Kopien aufgestellt werden, und endlich soll eine Beethoven Bibliothek in dem Hause Platz finden, die Alles ent⸗ halten wird, was der Meister geschrieben und was über ihn veröffent: licht worden ist. Dem Wunsch des Ebrenpräsidenten entsprechend, wird die Stiftung den Namen „Beethoven Haus“ führen.

Bologna, 8. März. (W. T. B) . Heute früh, gegen 1 Uhr wurden hier zwei Erdstöße verspürt, die jedoch keinen Schaden

Mitwirkung von Fr. Betty Waibel und Hrn. Lebrecht, des Kapellmeisters Hrn. Karl Meyder mit seinem aus hervorragenden Küunstlern bestehenden Orchester. Bur l * Sonntag: Gesellschafis⸗ Abend. Anfang 6 Uhr. X R

nun

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Käthe Schmidt mit Hrn. Haupt mann Georg v. Bülow (Kassel —Kulm). Frl. Frieda Jaenicke mit Hrn. Lieutenant Wange⸗ mann I. (Frankfurt a. O) Frl. Ida Nönke mit Hrn. Universitäts Sekretär Dr. Ph. Pauer (Gartow = Göttingen). Frl. Auguste Meyer mit Hrn. Ewald Klaue (Magdeburg). Frl. Selma Strecker mit Hrn. Richard Eichert (Bunzlau = Goldberg i. Schl).

Verehelicht: Hr. Pastor Fritz Oels mit Frl. Anna Kappler (Nieder ⸗Sachswerfen a Harz). Hr. Gustav Guerlich mit gn Elisabeth Lepke Prausnitz!. Hr. Pr.-Lieutenant Hans von

rnim mit Miß Blanche Broadwood (Rom).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Prem. Lieutenant Kuntze (Lingen). Hrn. Architekten Otto Schmidt (Chemnitz ]. Hrn. Julius Kaufmann (Görlitz). Hrn. Hauptmann Grauert (Berlin). Eine Toch fer: Hrn. Karl Frhrn. v. Harstall (Mihla). Hrn. Pastor Dr. Bestmann (Mölln).

Gestorben: Hr. General ⸗Major z D. Wilhelm Frhr. Treusch v. Buttlar ⸗Brandenfels (Dresden). Verw. Frau Konsistorial · Rath Karoline Seege⸗ mund, geb. Preußer (Niesky). Frau Auguste Conström (Berlin). Frau Friederike Weiß, geb. Hix (Berlin). Frau Rentiere Charlotte Wilhelmine Hansche, geb. Dubrow (Zehlendorf). Hr. Gutsbesitzer C. F. A. Uhle (Allendorf). Frau Oberförster Wilhelmine Becker (Merseburg) = Hr. Geh. Regierungs Rath a. D. Georg Lüttich (Hannovery. Frau Geh. Sanitäts⸗Rath Karo⸗ line Kerstein, geb. Consbruch (Herford).

Lustspiel in

von:

Lakm s.

Orchester⸗

Redacteur: J. V.: Siemenroth.

Berlin: Verlag der Expedition (Sch oly.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

kamen

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M GO.

Berlin, Freitag, den 8s. März

1889.

mm 1 ——

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 8. März. Im weiteren Verlauf der gestrigen (29. Sitzung des Hauses der Abgeordneten elangte Kap. 121 der Ausgaben des Etats des Mini⸗ teriums der geistlichen, Unterrichts- und Medi— , , ,. zur Berathung.

Bei Titel 1: „Seminare“ bemerkte der 26 Prinz Arenberg: In den Bezirken Montjoie und almedy das Wallonische als Unterrichtesprache durch Ministerialverfügung beseitigt worden. Nun sei auf dem Sprachgebiete in jenen Gegenden die Muttersprache nicht das Deutsche, sondern das Französische; das Wallonische sei ein französisches Patois. Die Wallonen seien jeder Zeit treue und loyale , ., gewesen und hätten allen Regierungssystemen und Herrschern gute Dienste geleistet. An en lena hätten sie es nie ölen lassen, wie die in Malmedy erscheinende een e ch Zeitung zeweise. Patriotische Gesinnung hänge auch seines Erachtens nicht von der Sprache ab. Es gebe auch unter den Wallonen Keinen, der nicht das Bedürfniß empfinde und den festen Willen habe, deutsch zu lernen, und der Minister würde keine un⸗ populärere Maßregel ergreifen können, als den deutschen Unter⸗ richt zu sistiren. Seitdem die Wall onel durch Eisenbahnen I dem Staat angeschlossen sei, ständen die Wallonen auch nicht mehr unter belgischem Einfluß, sondern wanderten gern nach dem Osten, wie es denn auch in Berliner Handelshäusern Wallonen gebe. Dagegen empfänden es die Wallonen als eine Härte, daß, während der ganze nicht rituelle Theil des Gottetz⸗ dienstes in französischer Sprache stattsinde, in den unteren Stufen des Religiontunterrichts die Anwendung der Muttersprache ausgeschlossen sei. er Widerspruch gegen diese ig g ger entspringe nicht etwa aus der Opposition der Geistlichen, . aus e,, . Rücksichten. Nur in der Mutter⸗ prache könne der Religionslehrer auf Herz und Gemüth des Kindes einwirken. Der Minister werde sich ein großes Ver⸗ dienst erwerben, wenn er wieder den Religionsunterricht in den untersten Stufen dort in der Muttersprache ertheilen lasse.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. von Goßler:

Meine Herren! Ich kann dem Herrn Vorredner darin Recht geben, daß daß Gebiet, welches er in seiner Rede berührt hat, ein sehr kleines ist; die Jahlen, die ich zur Beurtheilung der Frage an2— gebe, entnehme ich aber natürlich dem Gebiet der Schulverwaltung, da die Seelenzahl keinen autreichenden Maßstab für die Beurtheilung der Verhaͤltnisse darbietet. Es giebt in der sogenannten Wallonie nur 22 Volksschulen, von denen 4 sich in Malmedy und eine in Weismes befindet, während die übrigen 17 auf dem flachen Lande liegen. Von diesen 17 einklassigen Schulen stehen 2 auf rein deut scher Grundlage, scheiden also hier für die Betrachtung autz. Die Ausführungen des geehrten Herrn Vorrednerß leiden meine Erachtens an dem fãundamentalen Mangel, daß er von der Auffassung ausgeht oder die Auffassung bei den Hörern hervortufen könnte, 9 ob das Französische die Muttersprache der Wallonen wäre. Die Muttersprache in dem in Rede stehenden Landeg⸗ theil ist die wallonische; eine Sprache, welche wie eine andere Sprache, die wir im preußischen Staatsgebiete haben, keine Schriftsprache ist. Sie hat als Literatursprache nichts geleistet, ist niemals im Unterricht angewandt und ausgebaut worden, sie wird nur angewendet, um den Kindern das Verständniß zu erleichtern. Inwieweit das Fran zösische dem Wallonischen verwandt sei, ist, wie bekannt, unter den Sprachforschern streitig. Bis in die neuere Zeit war man geneigt anzunehmen, daß das Wallonische ein Rest der alten keltischen Sprache sei; im Großen und Ganzen scheint man sich jetzt der Auffassung zuzuneigen, daß, wie der Herr Vorredner ausführte, datz Wallonische zum Französischen in der Verwandtschaft einer platten Sprache zu einer Hochsprache sich befindet. Die Thatsache möchte ich aber feststellen nach den Berichten sie mögen angegriffen werden können oder nicht —, die mir vorliegen, ö doch die Sprachen so verschieden sind,

sowie den . Ortschaften sei

daß jedenfalls Einer, der das Hochfranzösische spricht, das Wallonische nur ganz ausnahmsweise versteht, und daß umgekehrt auch das Ver— ständniß, des Französischen für den Wallonen außerordentlichen Schwierigkeiten unterliegt. Wir haben Beschwerden bis in die neuere Zeit von den Gerichtsbehörden in der Rheinprovinz darüber entgegen nehmen müssen, daß bei den öffentlichen mündlichen Verhandlungen es als unmöglich sich herausgestellt hat, daß Zeugen und Angeklagte, welche der wallonischen Sprache allein mächtig waren, von französischen Dolmetschern verstanden werden konnten. Der Gerichtshof war außer Stande, auf Grund der Unterhaltung zwischen Dol—⸗ meischer und Wallonen sich irgend ein Urtheil über die Sachlage zu bilden, und von der Justizverwaltung ist der dringende Wunsch mir gegenüber ausgesprochen worden, für einen besseren Unterricht der wallonischen Bevölkerung zu sorgen. Datz Französische, meine Herren, wird in den wallonischen Schulen erlernt wie eine fremde Sprache. Anzuerkennen ist, daß das Erlernen des Franzoͤsischen durch die Wallonen ein Leichteres ist, als das Erlernen des Deutschen. Es liegt das in der ganzen, vielleicht allerdings weit zurückliegenden Verwandtschaft der Sprachen. Der Wortschatz derselben, die Wendungen, die Konstruktionen derselben sind, wie das die Sprachforscher wiederholt dargethan haben, wesentlich verschiedene. Der Ausgangspunkt der Unzufriedenheit, der der Herr Vorredner Ausdruck gegeben hat, liegt auch bier wieder außerhalb des Gebiets der Schulverwaltung; sie bewegt sich auf dem Gebiet des Geschäfts⸗ , Die zu diesem Gesetz am 28. August 1876 erlassene erordnung hat die Bestimmung, daß zunächst auf die Dauer von

5 Jahren der Gebrauch der französischen Sprache gestattet sein soll!

für die mündlichen Verhandlungen der Schulvorstände, der Gemeinde vertretungen und Gemeindeversammlungen in den Landgemeinden der Bürgermeistereien Bellevauxr und Weismes, sowie der Landgemeinden saymonville und Jourbrodt der Bürgermeisterei Büttgenbach. Der ier bezeichnete Bezirk ist ein ganz außerordentlich kleiner Ausschnitt aus der übrigen schon recht kleinen Wallonie, und nach Ablauf von 10 Jahren ist die Erleichterung der Verwaltung, welche in den Jahren 1876 und 1881 zu Gunsten dieser Theile der Wallonie in sprachlicher Hinsicht gegeben war, hinfällig geworden. Die Schulverwaltung war unbedingt genöthigt, dieser allgemeinen politischen Anordnung Rechnung zu tragen und eine Aenderung in dem Sprachverhältniß der Schule eintreten zu lassen. Diese Ver änderungen vollziehen sich mit einer gewissen elementaren Noth⸗ wendigkeit. Meine Herren, wie auch in andern, kleinen n unsereß Staats schwinden allmählich, die Lehrer, welche die fremde Sprache als ihre Muttersprache beherrschen. Ünter den 31 Lehrpersonen der Wallonie es sind auch Lehrerinnen darunter, darum gebrauche ich diesen neutralen Ausdruck befinden sich nur noch 8 geborene Wallonen. Unter den Lehrern, welche deutschen Ur ac sind, befinden sich heute bereits 4 Lehrer, die erst das Französische lernen müssen, um dort Unterricht geben zu können, und diefe 4 Lehrer sind heute noch nicht im Stande, Unter

richt in französischer Sprache zu ertheilen. Also man mag wollen oder nicht, es wird sich ein ähnlicher Prozeß wie in anderen Grenz bezirken, z. B. in den kleinen niederländischen Bezirken, die noch größer wie die Wallonie sind, vollziehen. Sie mögen den Prozeß , . wollen oder nicht, er vollzieht sich mit einer gew i Naturnoth⸗ wendigkeit. Sämmtliche Geistliche, welche den Religionsunterricht und Katechumenen ⸗Unterricht ertheilen, sind Deutsche von Geburt und ertheilen den Unterricht auch überwiegend in der deutschen Sprache. In den mittleren und unteren Stufen wird der Unterricht in der Religion französisch ertheilt, auf der Oberstufe, wie richtig angeführt ist, deutsch. Aber, was doch auch Seiteng der Katholiken schwer empfunden wird, der französische Unterricht schließt sich dem Lütticher Katechismus an. Ich glaube, auch vom Standpunkt des ernsten Katholiken ist das Verhältniß nicht erwünscht, daß ein anderer Katechismus gebraucht wird, als der Katechismus der Erzdiözese selbst.

Es war noch eine andere Erwägung, die auch von dem Herrn Vorredner gestreift ist, welche die Staattzregierung eg ist das nicht eine einzelne Maßregel der Unterrichtsverwaltung, sondern sie ist im Schoße der Staattzregierung erwogen worden, namentlich mit dem Herrn Minister der auswärtigen? ngeiegenhelten dahin geführt hat, in der Wallonie eine Aenderung durch Aufhebung des französischen Sprachunterrichts durchzuführen. Im Großen und Ganzen gehen die Wallonen nach Belglen, und sie können nach Belgien gehen, weil ihnen die . Schulen diejenigen Mittel, also den Gehrauch der französischen Sprache, an die Hand geben, um dort ihren Erwerb zu finden. Die Zahl der Wallonen, welche nach Deutschland hineingehen, war früher eine sehr geringe, sie wird hoffentlich nach den Maßnahmen der Eisenbahn⸗ verwaltung vom Jahre 1886 eine größer werden; jedenfalls liegt es im allgemeinen Interesse, daß die Wollonen lieber in den deutschen Theilen ihr Fortkommen und ihre Entwickelung finden, altz daß sie wie bis dahin zum größten Theil in Belgien Arbeit nehmen.

Das sind, meine Herren, die Erwägungen, die, wenn auch zum Theil außerhalb der unmittelbaren Schulverwaltung heruhend, doch dahin geführt haben, an dem Unterrichts system, welchetz seit einer Reihe von Jahren in der Wallonie eingeführt ist, festzuhalten. Ich kann damit schließen, womit ich angefangen habe: die Herren müssen sich immer gegenwartig halten, daß es sich nicht um den Ausschluß der Muttersprache der Wallonen handelt, sondern um , f det Französischen, und daß diese Sprache, welche früher Unterrichtszsprache war und später e , ,, . wurde, im Wesentlichen eine fremde Sprache für die Wallonen ist, welche wie andere fremde Sprachen erlernt werden 6 Da erschien es altz einfache Konsequenz, daß man, wenn man eine ftemde Sprache in der Volktzschule lehren muß, seine Kraft auf dag Deutsche konzentrirt. .

Abg., Prinz Arenberg: Auf die Möglichkeit, den Religions⸗ unterricht in der Muttersprache der wallonischen Bevölkerung zu ertheilen, sei der Minister gar nicht eingegangen. Für die anderen Gegenstände möge es schwer sein, geeignete wallonische Lehrer zu finden, für den Religionsunterricht seien in den Geistlichen die hesten Kräfte vorhanden, die das Wallonische, wenn sie es nicht schon verständen, sehr leicht lernen würhen. Alle Wallonen verständen außerbem sehr wohl französisch, wenn es nicht korrumpirt sei.

Abg. Rintelen: Was er in seiner Broschüre ausgeführt habe, habe der Minister neulich zu widerlegen versucht, trotzhem der Abg. Stöcker in seiner Rede wesentlich Aehnliches gesagt hahe, dem aber nicht widersprochen worden sei. Es könnten nicht staatliche Behörden entscheiben über rein kirchliche Fragen. Die Kirche müsse das Recht haben, die Lehrer absetzen zu können, wenn diese den Religionsunterricht nicht angemessen ertheilten oder einen nicht kirchlichen Wandel führten. In Gegenden, die keine katholischen Schulen hätten, sei es vorgekommen, daß katholische Kinder in den eyvan⸗

elischen Religiontunterricht geführt worden seien. Später ei, dieses dann , . worden, wenn die Kinder freiwillig den evangelischen Religionsunterricht besuchten, und zuletzt erst sei eine Verftigung ergangen, daß nur mit Erlaubniß der Eltern dieses geschehen dürfe, Es frage sich nun, ob es auch angängig sei, daß den katholischen Kindern die evan elischen Lehr- und Gesangbücher in die ö. gegeben werden könnten, in denen sich Stellen wie die folgenden fänden: Erhalt uns, Herr, bei Deinem Wort und steur' des Papsts und der Türken Mord“. Was würde man dazu sagen, wenn evangelische Kinder in katholische Schulen gesteckt würden. Man würde das als eine Proselytenmacherei im Großen bezeichnen.

. der geistlichen 2c. Angelegenheiten, Dr. von Goßler:

Meine Herren! Es sind drei Punkte, welche der geehrte Herr Vorredner angeführt hat und die eine Veranlaffung zu einer kurzen Erwiderung geben.

Die letzte Beschwerde, welche der geehrte Herr Vorredner vor⸗ gebracht hat, betraf einen hypothetischen Fall, ob ein gewisses Buch in Schulen gebraucht werden dürfte, in welchen sich katholische Kinder befinden. Meine Herren, ich glaube, es würde sehr viel nützlicher sein, wenn bestimmt versichert werden könnte, solche Fälle lägen wirklich vor. Ich bin ganz außer Stande, über einen solchen brypothetischen Fall mich auszusprechen; ich halte es von vocnberein für unmöglich, daß solche Bücher katholischen Kindern in die Hände gegeben werden, oder gebraucht werden in Gegenwart katbolifcher Kinder. Aber die Dinge wären viel einfacher zu erörtern, wenn Sie mir sagen; der Fall ist vor⸗ gekommen. Dann könnte ich dazu Stellung nebmen, vielleicht so⸗ gleich, oder auch auf Grund eines einzuziebenden Berichts.

Was den vorletzten Punkt betrifft, so bezog er sich, wenn ich recht verstanden habe, auf zwei Fälle, von denen aber der eine, wie der Herr Abgeordnete angab, auch schen wieder erledigt worden ist. Abg. Rintelen: alle beide! Oder alle beide. Dann wäre es, glaube ich, richtiger, von vorne herein anzuerkennen, daß die böbere Unterrichtsbehörde eingeschritten ist, anftatt daß wir hier im Landtage uns vielleicht scharfe Sachen sagen. Im Allgemeinen, glaube ick, ift es doch besser, gerechte Beschwerden werden in den unteren Instanzen aus der Welt geschafft, als daß wir uns hier an der Hand prinzipieller Erörterungen über diese Fragen aussprechen. Die Stellung der Unterrichtẽ behörde, wenigstens soweit meine Praxis in Frage kommt, ist auf diesem Gebiet eine ganz klare. Kinder, die zu einer anderen Konfession gehören als diejenige ist, für welche der Religionsunterricht in der Schule ertheilt wird, sollen im Prinzip nicht an dem Unterricht tbeilnebmen. Nur dann, wenn die Eltern es ausdrücklich verlangen, werden sie zugelassen. Also sollte ein- mal eine Verfügung umgekebrt erlassen sein, 59 die Kinder der Minoritãt aus dem Religiontunterricht der Mehrheit erst auf Antrag heraus genommen werden sollen, dann balte ich die Verfügung für positiv falsch, und es scheint auch, wie ich gebört babe, in der Provlnzialinstanz Remedur eingetreten ju sein. Ich darf daran erinnern, 4 wir diese Frage vor zwei oder drei Jabren sebr eingehend erörtert haben, und gerade

um Schutz der Minoritäten und ich kann versichern, ich hahe die achweisung zur Hand, auch wesentlich zum Schutz der katholischen Minderheiten ist von mir ein Fonds von 30 MS erbeten und

auch von Ihnen bewilligt worden, um der konfessionellen Minorität von Kindern in den Volksschulen den Religiontzunterricht ju gewähren. Denn die Gesetzgebung liegt nicht so, daß wir jetzt die Wc un erg m hen überall zwingen könnten, diesen kleinen Minorifäten einen Religiong⸗ unterricht r Will man die Kinder der kleinen Minorität den Geistlichen der betreffenden Religionsgemeinschaft überlassen, so ö. die Verhältnisse häufig schwierger als man sich in der Theorte onstruirt. Die betreffenden kirchlichen Sprengel sind vielfach ebe roß und die Geistlichen sind außer Stande, diese kleinen linder velleicht in den Mittelpunkt ihres Dekanatös oder größeren Bezirks zu einer Klasse zu vereinigen. Also man muß immer versuchen, den Kindern nachzugehen, nicht die Kinder kommen zu lassen. Ich glaube, daß mit Hülfe der er⸗ wähnten Fonds durch ein ö i, . Zusammenfassen der Kinder oder durch n en fg eines anderunterrichtz, welchen ein Lehrer der fonfessionellen Minderheit ertheilt, von der Unterrichtsverwaltung da⸗ für Sorge getroffen ist, daß die Beängstigungen einer großen Zahl von Eltern über die mangelnde religiöse Ünterweisung ihrer Kinder wird gemindert worden sein.

Waz den ersten Punkt betrifft, so habe ich zu meiner Freude auß den Aeußerungen detß Herrn Vorrednerß entnommen daß er mir nicht etwa vorwirft, falsch citirt zu haben. Die Ausführungen, welche Hr. Rintelen an die, von mir gelegentlich der Bergthung des Windthorst'schen Antrages citirte Stelle seines Vucheg geknüpft hat, haben wohl eine weitergehende Bedeutung, alsz ich hier heute gern erörtern möchte. Was mich razu bewog, auf die Stelle in dem he— kannten Buch zurückzugehen, war, 35. in der Rebe, mit welcher der Hr. Abg. Dr. Windthorst seinen Antrag begrünkete, an verschie⸗ denen Stellen den katholischen Lehrern in schr freundlicher und wohl⸗ wollender Weise die Versicherung gegeben wurhe, es seien die Be⸗ fÜürchtungen, welche die Lehrer vselfach gegenüber der Nr. 1 des Windthorstschen Antrage, ergriffen hatten, nicht so gegruündet altz es vielleicht schien. Es ist namentlich eine Stelle, ie ich in der ersten Spalte auf Seite 621 des stenographischen Berichts be⸗ findet, die ich in einem Sinne habe auslegen und auf Grun deren ich habe annehmen dürfen, daß der Or. Abg Dr. Windthorst lange nicht so weit, ging in den Folgerungen und Konsequenzen seines An⸗ traget, als sie in ber von mir citirten Stelle in dem Buche des Herrn Vorrehnerg gezogen sind. Im e,, . fehlt es wohl an einer prakti⸗ schen Veranlassung bei der heutigen Gelegenheit, sich darüber zu vertiefen, ob die mildere Anschauung des Hrn. Dr. Windthorst die berechtigte ist. oder die etwas strengere des Hrn, Abg. Rintelen. Ich glaube, daß ich in der friedlichen Stimmung, in det ich mich vor acht Tagen befunden habe, auch heute verweilen kann, Ich habe die Hoffnung, daß die strengen Konseguenzen den katholischen Lehrern gegenüber ni gezogen werden,

Abg. Knörcke: Die Gehälter der Lehrer und Hülfslehrer an den Seminarien entsprächen nicht der Bedeutung und den Anforderungen dieses Amtes. Der Kultus⸗Minister habe im vorigen Jahre erklärt, daß er nach der Lage der Finanzen 16 nicht im Stande sei, die Wünsche auf Erhöhung dieser Gehälter zu erfüllen. Da die Finanzlage sich inzwischen gebessert habe, so hahe er erwartet, daß der Minister jetzt hazu Gelegenheit finden werde. Die ordentlichen Seminar würden aus den bewährtesten und tüchtigsten Lehrern ausgemählt; ihr Gehalt entspreche nicht dem gleicher eren, ee, das Aufrficken derselben sei mit gr, , nen verbunden, namentlich weil ihnen von außen her Kollegen eingeschoben würden. Er wolle nicht über das Minimalgehalt von 1700 . sprechen, aber das Maximalgehalt von 2700 Mt genüge jeden⸗ falls nicht. Noch schlimmer stehe es mit den Hülfslehrern, an welche im Uebrigen die gleichen Anforderungen gestellt würden. Während alle ( ö. ter erhöht worden seien, habe man die ,. herabgedyückt; sie hätten früher , . 1620 , betragen, jetzt nur 1200 Mu Bei bieser niedrigen Gehaltastufe blieben sie 10 bis 12 Jahre stehen. Nachdem im gegenwär ö. Etat wenigstens etwas, wenn auch nicht viel für die Volkeschullehrer geschehen sei, müsse endlich auch für die Seminarlehrer etwas gethan werden; namentlich die Hülfslehrer sollten wenigstens den sogenannten zweiten Lehrern an den Präparandenanstalten gleichgestellt werden.

Abg. Melbeck schloß sich diesen Wünschen an mit dem Hinweis, daß diese Lehrer bei einem Durchschnittsgehalt von 2200 M nach ihrer gesellschaftlichen und amtlichen Stellung nicht standes gemäß leben könnten.

Abg. Lubrecht: Der Gesang, den der Abg. Rintelen an⸗ geführt habe, sei aus der Reformationszeit zu uns gekommen und in den neueren Gesangbüchern bereits vollkommen ge⸗ ändert. Die betreffende Stelle laute jetzt: „Erhalt uns Herr bei Deinem Wort und steure Deiner Feinde Mord“. Katho⸗ 1 Bücher, welche in die Hände evangelischer Kinder kämen, z. B. der Katechismus, enthielten Dinge, die für die Letzteren viel verletzender seien.

Abg. Knörcke: Zu seinem lebhaften Bedauern habe weder der Minister noch ein Kommissar auf seine wohlbegründeten Klagen irgend etwas erwidert. Er wolle daraus nicht den Schluß ziehen, daß der Minister für die Nothlage der Se⸗ minarlehrer kein Herz habe, sondern vielmehr, daß er diesen Beschwerden Abhülfe schaffen werde.

Der Titel wurde bewilligt.

Bei den Tit. 22a. —-26 „Schulaufsicht“ erklärte der Abg ˖ Letocha, daß seine politischen Freunde wie in früheren Jahren, so auch dieses Mal gegen alle Forderungen für die Schul⸗ aufsicht, namentlich gegen die für die Schulinspektion stimmen würden, weil dieses kostspielige Institut zu dem Zweck ge— schaffen sei, die . Geistlichen aus der Kreisschulinspektion zu verdrängen, obgleich dieselben diese nicht gegen Gehalt, sondern nur in i,, ihrer priesterlichen Pflicht, und zwar mit besonderer Umsicht, ausgeübt hätten, wie es bis heute noch die evangelischen Superintendenten im Nebenamt thäten. Diese Ausschließun der katholischen Geistlichen aus der Schulinspektion, namentli der Kreis⸗Schulinspektion, dauere auch heute nach der angeb⸗ lichen Beendigung des Kulturkampfes speziell in . trotz der verfassungsmäßig garantirten Parität, noch fort. Deshalb sei es dem Centrum auch heute nicht möglich, für diese J,, , zu stimmen.

98 Sack: Die Geistlichen in evangelischen Landesthei⸗ len, welche im Nebenamt Kreis⸗Schulinspektoren seien, früher für die mühevolle und verantwortliche Verwaltung dieses Ehrenamts be d. am Schluß des Rechnungs jahres aus der Regierungs⸗Hauptkasse eine kleine Remuneration von 3—00 sc, je na der Anzahl der revidirten