„S = Der Berichterstatter Uhl führt weiter aus, daß ö iber Europas mit der Erstellung römisch⸗irischer Bader mit schwedischer Heilgymnastik theils schon m en en, theils wie Wiesbaden, . 3 Gastein diese Heil⸗ einrichtungen für die allernächste. Zeit geplant haben. In BVaben⸗Baden feien für das Friedrichsbad 2 Mill. Mark verausgabt worden und werden zur Zeit ein , Armen⸗ bad und ein Frauenbad mit 1B Mill. Mark Aufwand er⸗ richtet, da trete man bei uns nicht mit einer übermäßigen Forderung auf, wenn man für Wildbad zur Erhaltung einer theilweisen Ebenbürtigkeit mit anderen größeren Bädern eine Summe von No 000 S verlange. — Der Kommissionsantrag geht auf Verwilligung. — Verschiedene Redner . daß die Eigenart des Wildbades, von dem das Volkssprüch⸗ wort sage „gerade recht wie's Wildbad“ unter den geplanten Neueinrichtungen nothleiden könnte, und sprechen sich gegen die Verwilllgung aus. — Der Staats⸗Minister des Innern von Schmid, bittet dringend um An⸗ nahme der Exigenz. Wildbad, welches 1875 eine Frequenz von 4754 Badegästen gehabt, sei voriges Jahr nur noch von 3659 Gästen besucht worden; es sei nicht zu ver⸗ kennen, daß dasselbe sich in einer gewissen Krise befinde, welcher man mit denjenigen Mitteln begegnen müsse, von denen man eine Ueberwindung, derselben erwarten dürfe. Wildbad sei nur zu einem kleinen Theil auf die . aus dem eigenen Lande angewiesen, es sei ein Weltbad; die Personen, welche Wildbad besuchen, fragen ihren Arzt: welches Bad rathen Sie mir an? und diese Aerzte, nament⸗ lich der größeren Städte, stehen fast alle. zu der modernen wissenschaftlichen Anschauung und pflegen ihre Patienten dahin zu schicken, wo diejenigen Heilfaktoren in Wirksamkeit sind, von denen man glaubt, daß durch sie der Patient Heilung und Wiederherstellung findet. Seiner Mei⸗ nung nach solllte hier nicht an den paarmal hunderttausend Mark gespart werden, damit Wildbad wieder auf die frühere hohe Frequenz hinübergebracht werde. Es handle sich hier um eines der größten hygienischen Institute des Landes. — Der Kommissions⸗-Antrag auf Verwilligung der Exigenz wurde mit 44 gegen 36 Stimmen angenommen.
— 2. Juni. Der „Staats⸗Anzeiger“ veröffentlicht fol⸗ gendes Königliche Dekret; . -
„Se. Majestät der Könäg haben gnädigst zu verfügen geruht, daß zur fünfundzwanzig jährigen Feier Aller⸗ höchstihres Regierungsantritts eine Jubiläum s— medaille in Gold, Silber und Bronze geschlagen werde, welche auf der einen Seite das Bildniß des Königs, auf der Reversseite eine entsprechende Inschrift erhalten wird und die von den damit Beliehenen an einem seidenen, schwarz und roth gestreiften Bande auf der Brust getragen wird. Dies wird Höchstem Befehle gemäß hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
t, den 1. Juni 1889. Stuttgar 3 Der Ordens⸗Kanzler:
Freiherr von Mittnacht.“
Baden. Karlsruhe, 3. Juni. (Karlsr. Ztg.) Gestern Vormittag besuchten Ihre Königlichen Hoheiten der Groß⸗ , und die Großherzogin den Gottesdienst in der
oßkirche, dem auch Se. Hoheit der Erbprinz von An⸗ 9 n n geen. Braut anwohnten. Danach ertheilten die Großherzoglichen Herrschaften verschiedeneng , Personen Audienz. Um 121 Uhr trafen Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Johann Georg und Max von Sachsen aus Freiburg hier ein, wurden am Bahnhof von dem Flügel⸗-Adjutanten vom Dienst empfangen und nach dem Großherzoglichen Schlosse geleitet. Der Großherzog empfing die Prinzen am Hauptportal und führte dieselben zu der Großherzogin, wonach sie ihre Wohnung bezogen. Um 1 Ühr fand Familientafel bei, Sr. Großherzog⸗ lichen Hoheit dem Prinzen und. Ihrer Kaiser⸗ lichen Hoheit der Prinzessin Wilhelm statt, an welcher die Großherzoglichen Herrschaften mit den sächsischen Prinzen theilnahmen. Auch Se. Kaiserliche Hoheit der Groß⸗ fürst Michael Michailowitsch von Rußland war von Heidelberg dazu herübergekommen, sowie der Bruder Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prinzessin Wilhelm, Prinz Georg von Leuchtenberg. Die sächsischen rinzen verweilten hier bis gegen 5 Uhr und kehrten dann nach Freiburg zurück. — Dem Badischen Frauenverein wurde von Ihre Königlichen Hoheit der Großherzogin zum Zweck der öffent— lichen Ausstellung eine große Anzahl aus Schwe den her⸗ rührender Gegenstände überlassen. Dieselben enthalten unter Anderem: ein Pastellportrait der schwedischen Prinzen, des Herzogs von Schonen und des Herzogs von Södermanland, schwedische Handarbeiten 2c. Der Badische Militärvereinsverband, unter dem Protektorat Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs, hat erfreulicher Weise eine stets wachsende Stärke zu verzeich⸗ nen. Demselben sind neuerdings wieder fünf Vereine mit zusammen 163 Mitgliedern beigetreten. In gleicher Weise ist auch die Zahl der Einzelmitglieder in steter Zunahme be— griffen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 4. Juni. . C.) Das Großherzogliche Hoflager ist, nach der Rückkehr Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin, nach Bel— vedere verlegt worden. Die Erbgroßherzoglichen Herr⸗ schaften haben in Schloß Ettersburg Aufenthalt ge⸗ nommen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 3. Juni. (Cob. Ztg.) Dem Landtage des Herzogthums Coburg, welcher heute zusammentrat, ist neben einzelnen kleineren Vor⸗ lagen auch ein Gesetzentwurf mit dem Voranschlag für den Staatshaushalt des Herzogthums Coburg auf die Zeit vom 1. Juli 1889 bis 30. Juni 1893 und der Entwurf zum Abgabengesetz für das Herzogthum Coburg auf die Etatsperiode vom 1. Juli 1889 bis 30. Juni 1893 zuge⸗ gangen. Derselbe wurde der Finanzkommission überwiesen. Nach dem neuen Abgabengesetz werden künftig statt der seit⸗ herigen 16 Steuertermine nur 14 Steuertermine . werden, während die 3 untersten Klassensteuerstufen überhaupt außer Hebung bleiben sollen.
Anhalt. Ballenstedt, 3. Juni. (Anh. St.⸗A. )
7 Hoheit die Erbprinzessin Leopold ist heute mit der
rinzessin Antoinette Anna von hier nach Dessau abgereist. .
Oe rreich⸗ Ungarn. Pest, 4. Juni. (W,. T. B) Das ,,. nahm heute mit überwiegender Majorität das Budgetgesetz an.
Großbritannien und Irland. London, 4 (W. T. B) Das Oberhaus hat sich bis zum 18. vertagt. .
m Unterhause beantragte Chaplin einen Beschluß zu Gunsten einer Konferenz zur Berathung der Frage wegen Einführung der Doppel währung mittelst eines internationalen Abkommens. Maclean stellte einen Unterantrag, dahin lautend; der Bericht der Währungskommission berechtige die Regierung nicht zu einer Aktion in dieser Frage. Der erste Lord des Schatzes, Smith, wies auf die vor einigen Tagen von Lord Salis⸗ bury und dem Kanzler der Schatzkammer, Goschen, dar⸗ gelegte Haltung der Regierung hin und betonte: die Regie⸗ rung dürfe nicht das Vertrauen der Kaufmannschaft durch Einmischung in die Währung erschüttern; derartige Ver⸗ änderungen müßten vor Allem im Allgemeinen angenommen und von der Kaufmannschaft als erforderlich angesehen wer⸗ den, ehe die Regierung Schritte thun könne. Die Debatte wurde sodann abgebrochen. Das Haus vertagte sich bis zum 17. d.
Frankreich. Pgris, 4 Juni. (W. T. B.) Der Präsident Carnot ist von Boulogne, wo derselbe eine Flottenrevue abhielt, hier wieder eingetroffen
Bei einem heute Abend zu Ehren des Ministerpräsidenten Tirard von dem Comité der italien ischen Aus steller veranstalteten Banket bemerkte Tirard in Erwiderung eines von dem Vorsitzenden Camondo auf Carnot und. das Gedeihen Frankreichs ausgebrachten Toast: Italien sei der klassisch Boden der Kunst; gewiß sei letztere nicht das einzige Band, welches Frankreich und Italien mit einander verbinde, aber es sei dasjenige, welches am Besten das fried— liche Bündniß zeige, dessen universelle Tragweite wir heute kennzeichnen wollen. Tirard schloß mit einem Toast auf das Gedeihen Italiens.
Der Senat ö. heute den von der Deputirtenkammer bereits votirten Gefetzent wurf, nach welchem die Unter⸗ suchung eingeführten geschlachteten Viehs künftig an der Grenze selbst erfolgen soll, angenommen.
In der Deputirtenkammer interpellirte der Abg. Felix Faure den Minister des Aeußern über die Fab ade von Haiti, welche niemals effektiv gewesen sei, derselbe warf dem Vertreter von Frankreich in Haiti vor, daß diefer nicht strikte Neutralität beobachtet habe, und meinte, daß der⸗ selbe nicht weiter auf seinem Posten in Port-au⸗Prince verbleiben dürfe. Der Minister des Aeußern, Spuller, erwiderte, er habe stets die Beobachtung einer strikten Neutralität gegenüber den beiden Prätendenten anempfohlen. Der Vertrag zwischen Frankreich und Haiti, von dem man gesprochen habe, sei apokryph. Frankreich habe niemals daran gedacht, aus der Neutralität herauszutreten. — Im weiteren Verlaufe der Sitzung brachte Faure eine Interpellation, betreffend die Kon⸗ vertirung der pripilegirten egyptischen Staats⸗ schuld, ein. Der Minister des Auswärtigen, Sp uller, sagte in der Beantwortung derselben, theoretisch wie rechtlich sei die Konvertirung zulässig, doch unterliege sie der Zustim— mung der Mächte, und dieser Umstand werde zu Verhand⸗ lungen Anlaß geben. Die französische Regierung sei der Ansicht, daß ein so wichtiges Vorhaben wie die Konver⸗ tirung zu einer Prüfung der Frage betreffs Räumung Egyptens berechtige. Das Verhalten der Regierung werde nothwendigerweise ein verschiedenes sein, wenn sie mit einem von englischen Truppen besetzten Egypten, oder wenn sie mit einem unabhängigen Egyplen verhandeln werde. — Im Laufe der Berathung des Budgets für das Ministe⸗ rium des Auswärtigen erklärte der Minister Spuller, die Regierung verfolge die Politik des Friedens und der Gerechtigkeit, mit Achtung für alle, Inter⸗ essen, wie sie zum Ausdruck gelange in der glänzenden Ausstellung. Diese Politik verleugne nichts von der Macht des alten Frankreich; man müsse anerkennen, daß die Aus⸗ stellung ein Pfand des Friedens und ein Zeugniß der Kraft des modernen und republikanischen Frankreichs sei. Diese Politik sei ohne Großsprecherei und ohne Schwäche, sie wisse, was sie wolle und was sie gelte, und müsse gehand⸗— habt werden mit Kaltblütigkeit und Geduld. Man könne heute von Frankreich sagen: „Patiens quia fortis⸗-. — Der Antrag der Linken, den Botschafterposten beim Vatikan auf— zuheben, wurde hierauf mit 314 gegen 232 Stimmen ab— gelehnt.
Italien. Rom, 5. Juni. (W. T. B.) Der Konsul Durando ist am Dienstag nach Triest zurückgekehrt. Unter den Deputirten sind auf die Affaire Durando bezügliche Dokumente vertheilt worden, welchen ein kurzer Bericht des Minister⸗Präsidenten Crispi vorausgeht, der besagt: die Untersuchung habe ergeben, daß Durando nur die ihm unter solchen Verhältnissen als Konsul zukommende Pflicht genauer Beobachtung, kraft der bestehenden österreichisch— italienischen Konsular-Konvention, erfüllt habe.
Venedig, 4. Juni. (W. T. B.) Der König und die Königin von Griechenland trafen heute an Bord der Hacht „Ämphitrite“ hier ein und setzen morgen um 2 Uhr 40 Minuten ihre Reise nach St. Petersburg über Wien fort.
Schweiz. Bern, 3. . (W. T. B.) Bundesversammlung ist heute zusammengetreten. Im Nationalrath rieth der Präsident Ruffy in einer Eröffnungsrede von der Agitation gegen das Refe⸗ ren dum, namentlich auch mit Rücksicht auf die Nothwendig⸗ keit vollständiger Einigkeit, ab. In das Präsidium des Vationalraths wurden gewählt: zum Präsidenten Suter aus St. Gallen (Centrum), zum Vize⸗Präsidenten Häberlin aus Thurgau (radikal.
In
Rumänien. Bukarest, 4. Juni. (W. T. B.). der Deputirtenkamm er appellirte heute der Minister⸗ Präsident Catargi an den Patriotismus aller Partei⸗ gruppen, für das Budget f stimmen. Carp erwiderte hierauf, daß die konstitutionelle Partei für das Budget stim⸗ men werde, wenn die Finanzgesetze früher zur Abstimmung gelangen würden. Hiermit erklärte sich Catargi einverstanden, worauf die Debatte sortgesetzt wurde, — 5. Juni. (W. T. B) Die Session der Kammer ist bis zum 13. (J. a. St.) Juni verlängert, um die Ab⸗ stimmung über das Budget und die Finanzgesetze noch
uni. uni
Die
Der
Schweden und Norwegen. Christian ia, 2. Juni.
Bericht des Zollcomités lam gestern im Storthing zur Vertheilung. Auf Grund verschiedener Umstände * es dem Comité nicht möglich gewesen, eine vollständige Bearbeitung des Zolltarifs vorzunehmen, dasselbe off aber, daß dies im nächsten Jahre werde geschehen önnen. Die jetzt vorgeschlagenen Zollerhöhungen treffen meistens Waaren, die als Bedürfnißartikel nicht zu be— zeichnen sind, z. B. getrocknete oder candirte Baum früchte, wie Korinthen, Orangen, Orangenschalen, Feigen u. s. w. Ferner soll erhöht werden: der Zoll für Hopfen von auf 50 Oere, Senf, ungemahlen von 10 auf 25 Oere, do. gemahlen oder zubereitet von 60 Oere auf 1 Krone, Lakritzensaft mit oder ohne 5. von anderen Stoffen von 20 auf 46 Oere, Saft von Frucht oder Beeren, Most, bis 18 Prozent Alkohol enthaltend, von 26,5 auf 32 Oere, Thee von 1,60 auf 2 Kronen, alles per Kilogramm. Der Zoll auf Zucker von allen Arten, Trauben⸗ und Stärkezucker, Trauben⸗ und Stärkesyrup, soll von 41 auf 49 Oere per Kilogramm , werden; dagegen wird aber eine andere Tara— erechnung in Vorschlag gebracht, wodurch die Zollermäßigung iemlich ausgeglichen wird. Die Veränderungen des Zolltarift (. am 1. Juli in Kraft treten. Das Comits ersucht gleichzeitig die Regierung, bei der Vorlage der Zolltarifanträge in der näch— sten Storthingssession auch eine vergleichende Uebersicht über die Zolltarife in anderen Ländern vorzulegen, ferner eine Uebersicht darüber, wie die schwersten Zölle — Kaffee, Zucker, Petroleum sich auf die Familien in den verschiedenen Gesellschaftsschichten und den verschiedenen Landestheilen ver— theilen, und schließlich eine Uebersicht darüber, wie sich eine Staatseinkommen⸗ und Vermögens steuer auf die größeren Landestheile und innerhalb der verschiedenen Einnahmeklassen repartiren würde.
Zeitungsftimmen.
Die „Kölnische Zeitung“ schreibt:
Eine Uebersicht über die Geschichte der sozialpolitischen Gesetz .; gebung zeigt, mit welcher Vorsicht und Umsicht die Reichsgewalten Schritt für Schritt auf dem unbekannten Wege vorwärts gingen, wie sorgsam sie sich davor hüteten, die verschiedenartigen Verhält- nisse nach einer einheitlichen Regel zu beurtheilen und gewissermaßen in das Prokrustesbett des Juristen einzuzwängen, vielmehr bestrebt waren, ihren Eigenthümlichkeiten in weitestem Maße Rechnung an— gedeihen zu lassen. Die Bedeutung, welche die sozialpolitische Ge⸗ setziebung in ihren unmittelbaren Wirkungen hat, gehabt hat und haben wird, braucht nicht erst besonders betont zu werden; wer die Augen nicht abnchtlich gegen die Außenwelt verschließt, kann sie nicht verkennen, und die Zahlen der Armen und Verbrecherstatistik werden im Laufe der kommenden Jahre schon zur Genüge darthun, daß die Hoffnungen, die man in dieser Beziehung hegt, keine vergeblichen oder trügerischen sind. Nicht minder be— deutsam aber sind ihre mittelbaren Wirkungen; die Anschauungen über das Verhältniß zwischen dem Staat und der Volkswirthschaft sind durch sie in einer Weise beeinflußt und verändert worden, die geradezu beispiellos ist. Man hat unter ihrem Einflusse sich immer mehr mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß die stärkste Be— tonung des Wohlfahrtszweckes dem wahren Staate, namentlich dem wahren monarchischen Staate entspricht, daß der Staat verpflichtet ist, im Nothfall in die wirthschaftlichen Verhältnisse ordnend und regelnd einzugreifen, wesentlich zu dem Zweck, um den Armen und Bedrängten seinen Schutz gegenüber den Reichen und Slarken an . gedeihen zu lassen. Die goldenen Worte der Kaiserbotschaft haben ihre Wirkung ausgeübt; wenn wir jetzt so weit sind, daß kein Gesetz mehr erlassen werden kann, ohne daß man es vom sozialen Stand punkt aus beurtheilt, ohne daß man prüft, ob es den soziglen Anfor— derungen Genüge leistet, so ist dies zum guten Theil die Wirkung der sozialpolitischen Gesetzgebung, und das berühmte Wort des Reichs kanzlers von der Salbung jedes Gesetzes mit sozialem Del ist kein leeres Wort geblieben, sondern ist in Fleisch und Blut übergegangen. Aber auch die Belebung der gemeinnützigen Gesinnung, die rege Ent- faltung werkthätiger Liebe zum Besten der arbeitenden Klassen, diese unsere Zeit ehrende und edel nde Gesinnung und Thätigkeit ist zum guten Theil auf diese Gesetzgebung zurückzuführen. Die Gesellschaft hat sich das Beispiel der Gesetzgebung zum Vorbild dienen lassen, sie ist durch sie an die sozialen Pflichien erinnert worden, die ihr obliegen, sie hat die großen Anstrengungen, welche Staat und Gesetzgebung zur Hebung der Arbeiter machen, zum Anlaß genommen, auch ihrerseits die ganze Kraft aufzubieten, um das soziale Sphinxräthsel zu lösen. Brauchen wir in diesen Tagen, wo die erste Unfallverhütungs-Ausstellung in Berlin stattfindet, nach Beispielen zu suchen, um die erfreulichen Wirkungen, welche die sozialpolitische Gesetzgebung in dieser Be— ziehung ausgeübt hat, zu beleuchten? Es ist mit Bestimmtbeit zu erwarten, daß dieselben in Zukunft noch weit zahlreicher und bedeutsamer zu Tage treten werden, als dies bisher der Fall war. Vergessen wir endlich nicht, daß durch die sozialpolitische Gesetzgebung der Gedanke wieder zu der ihm gebührenden Herr—⸗ schaff gelangt ist, daß im wirthschaftlichen Leben der Einzelnen wie des ganzen Volkes nicht nur der wirthschaftliche Egoismus, das Selbstinteresse, herrscht, sondern daneben auch sittliche Kräfte, siitliche Beweggründe wirksam sind, denen einen immer bedeutenderen Einfluß zu verschaffen der Beruf der kommenden Jahre sein wird. Gewaltig ist die Arbeit, die hinter uns liegt, aber die Erfolge, die wir erreicht haben, entsprechen ihr auch. Mag auch an der sozialpolitischen Gesetz⸗ gebung noch vieles verbessert und verändert werden, sie wird ihren Grundgedanken nach uns für immer erhalten bleiben, sie wird jetzt und immerdar für die Welt ein vorbildliches Beispiel dafür sein, was ein Volk, das von den ihm obliegenden sozialen Pflichten durchdrungen ist, was eine Monarchie, die sich mit Stolz eine soziale nennt, zum Besten des Arbeiterstandes zu leisten im Stande ist. Die Schöpfer dieser einzig dastehenden Gesetzgebung dürfen aber mit dem Dichter sagen: Exegi monumentum aere perennius.
— Zu der Beendigung des Ausstandes im rheinisch⸗ westfälischen Kohlenrevier bemerkt die Münchener „All⸗ gemeine Zeitung“: .
Der Friedensschluß war um so ersehnter, als die Verluste, die der Strike gebracht, auf beiden Seiten sehr große waren. Daß jeder Krieg, auch, der siegreiche, nach dem treffenden Worte Moltke eine Kalamität ist, gilt durchaus auch von der wirthschaftlichen h führung. Den Grubenbesitzern entgingen während des Strikes sehr beträchtliche Gewinne, den Bergleuten mehrwöchige Löhne, und die Nachwirkung wird bei den, Siegern“ kaum viel weniger lange dauern, als bei den „Besiegten“. . . .
Der größte Erfolg und das höchste Verdienst würde in der Auffindung von Mitteln liegen, welche derartige Arbeitteinstellungen und damit solche ungeheure Verluste am Volkswohlstande für die Zukunft hintanhalten könnten. Die Kohle hat sich in diesen Wochen wieder mehr als je als eines jener einflußreichen Mittel modernen Wirthschaftslebens erwiesen, deren auch nur theilweiser und zeitweiser Ausfall ungemein weit. und tiefgreifende Stockungen in der Gutererzeugung und Güterbewegung hervorruft, und mit Recht hat man ihr in tmn ihrer Unentbehrlichkeit für die heutige Welt den Platz unmittelbar hinter den wichtigsten Nahrungsmitteln ange wiesen. Auf diese ihre hohe Bedeutung für die gesammte Wirthschaft gründet sich auch die Mannigfaltigkeit und Kühnheit der Vorschläge und Pläne, welche von verschiedenen Seiten vorgeführt
zu ermöglichen.
werden, um einer künftigen Kohlennoth vorzubeugen und die Wieder
kehr eines als unerträglich erkannten Zustandes abzuwehren, indem ohne volles Bewußtsein der Folgen ihrer Handlunggweise die Arbeiter ⸗ bevölkerung eines Grubenbeßirkes von wenigen Quadratmeilen für weite Industriegebiete und unberechenbare Menschenmengen Thätigkeit, Grwerb und Subsistenz urplötzlich und rettungslos soll in Frage
n können. ö z ö steleme hat zunächst an eine Einschränkung des Kohlenverbrauchs gedacht, an einen theilweisen Ersatz der Kohle für die Industrie durch andere Mittel, und kein geringerer Mann als der Reichskanzler hat auf die noch vielfach unbenützt gebliebenen Wasserkräfte hingewiesen, die in manchen Gegenden noch der zweckmäßigen und ausgiebigen Verwendung für industrielle Zwecke harren. Die Anregung ist sicher ; sich in hohem Grade beachtenswerth und entspricht einer wirthschafts« politischen Einsicht, die auf dem betreffenden Gebiete schon. beträcht⸗ siche praktische Ergebnisse geliefert hat, indessen bieten diejenigen Pro⸗ vinzen, auf deren mangelhaft benützten Wasserreichthum hingewiesen wird, großentheils nur geringe Aussichten für eine höhere industrielle Entwickelung, und es läßt sich nicht absehen, wie der auf diesem Wege erreichbare Ersatz für die Kohle eine merkliche Einschränkung des Be— darfs an letzterer herbeizuführen vermöchte.
Ein zweiter Vorschlag geht dahin, die Grubenverwaltungen zu verpflichten, einen größeren Theil der geförderten Kohle vom soforti⸗ gen Absatz an die Konsumenten auszuschließen und als Vorrath für Zeiten der Störung oder Einstellung der Kohlenförderung auf Lager ju behalten, um sie dann zur Verwendung bringen zu können. Man erinnert dabei an die seinerzeit wohlthätige Wirkung der früheren Magazinirung von Getreide für Zeiten der Mißernte, die dann mit der gründlichen Umänderung der Produktions- und Verkehrs verhältnisse in Wegfall kam. Bei dem ungeheuren Kohlenverbrauch der heutigen Wirthschaftswelt ist kaum zu erwarten, daß das vor⸗ geschlagene, aus mehrfachen Gründen ohnehin in größerem Maßstabe schwer zu ermöglichende Mittel den beabsichtigten Zweck erreichen oönnte.
ö Ein kühnerer Gedanke, dessen Verwirklichung in der That Abhülfe gegen die Gefahren zu schaffen vermöchte, die aus den bisherigen Besiß⸗ und Ausbeutungsverhältnissen der Kohlengruben erwachsen, ist die Idee der Uebernahme der im Privatbesitz befindlichen Werke in das Eigenthum des Staats und den Betrieb der Staats⸗
verwaltung. Bisher gehört nur ein Theil, wenn auch ein nicht ganz unbeträchtlicher, der Kohlengruben in Preußen, namentlich in Ober⸗ schlesien, dem Staat, und es würde, ähnlich wie bei der Verstaat⸗ lichung des Grundstockes der früheren Privateisenbahnen, ein wahrhaft großartiges Unternehmen sein, den Haupttheil des Grubenbesitzes in die Hände des Staats zu bringen. Die Schwierigkeiten und Hinder⸗ nisse einer solchen mirthschaftspolitischen Umgestaltung sind ebenso einleuchtend, wie die mannigfachen Gründe, die fuͤr und gegen eine solche ins Gewicht fallen. Im gegenwärtigen Stadium unserer Sozialreform dürften die Gegengründe als so überwiegend er⸗ kannt werden, daß dem kühnen Plan eine praktische Inangriffnahme gewiß noch lange nicht folgen wird; indessen hat sich in unserer Zeit schon so Großes, früher als unmöglich Erscheinendes verwirklicht, daß der Vorschlag immerhin nicht aus dem Auge zu verlieren ist.
Wie nah oder fern indessen auch derartige Pläne und Vor— schläge dem Zeitpunkte stehen mögen, wo sie aus dem Bereich der theoretischen Aufstellung und Berechnung in das Stadium staatlicher Prüfung, Vorbereitung und Durchführung treten könnten — ein bedeutsames Ergebniß des nun beendeten westfälischen Strikes darf jedenfalls darin erkannt werden, daß hier wieder einmal in unserer als so materialistisch gekennzeichneten Zeit der enge Zu— sammenhang zwischen wirthschaftlichen und sittlichen Bedingungen und Verhältnissen auf dem großen modernen Arbeitsmarkt mit aller Deutlichkeit hervorgetreten ist. Daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer heutzutage nicht immer in unmittelbaren Beziehungen zu einander stehen können, ist nur zu natürlich; je größer und ausgebrei⸗ teter die Industrie, desto seltener wird dasz, mittelalterliche Verhältniß werden in welchem der Geschäftsherr seinem Arbeiter persönlich gegenübersteht. Aber auch der moderne großindustrielle Betrieb kann schon in seinem eigensten wirthschaftlichen Interesse und zu seinem ungestörten Bestande und Wache thum des sittlichen Momentes gegen—⸗ seitiger Kenntniß⸗ und Theilnahme zwischen Arbeitgeber und Arbeit— nehmer und der Fürsorge des ersteren für letzteren nicht entrathen. Eine solche schuldet der Kapitalist dem schlichten Manne schon im Hinblick auf dessen Subsistenzbedingungen, solange der Arbeiter für den Brotherrn Lebenskraft und Gesundheit in oft recht schwerer Arbeit einsetzt, während sich dieser auch seinerseits der ethischen Pflicht der gewissenhaften Hin—⸗ gebung und der unentwegten Anhänglichkeit an seinen Beruf bewußt bleiben soll. Diese Treue um Treue ist eines der wichtigsten Stücke jur Erhaltung und Förderung des sozialen Friedens, und ihre wirth⸗ schaftliche Bedeutung dürfte der westfälische Strike in überzeugender Weise gelehrt haben.
Amtliche Nachrichten des Reichs-Versicherungsamts. Nr. 11. — Inhalt: Amtlicher Theil. Rekurs. Entscheidungen⸗ — Be— scheide und Beschlüsse. — Nichtamtlicher Theil. Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits— amt. Nr. 23. — Inhalt; Personal⸗Nachricht. — Gesundbeitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. —Volkzkrankheiten und Sterblich⸗ keit im April. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäufern. — Desgl. in deutschen Stadt. und Landbezirken. — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln 2e. — Thierseuchen in Belgien. 1. Vierteljahr. — Rinderpeft in Rußland. „ Veterinärpolizeiliche Maßregeln. — Medizinal · Gesetzgebung e. (Deutsches Reich). Gesundheitlspflege an Bord von Kauffahrteischiffen. QxLeichenpässe. — (Württemberg). Maul und Klauenseuche. — OQesterreich. Vorarlberg.) Sanitätsdienst in den Gemeinden. — (Frank⸗ eich; Zusaßz von Benzoesgure und Saccharin zu Getränken und Nahrunghmitieln. — Ginfuhr von Saccharin . — Einfuhr von tischem Fleisch. — (Hongkong) Deffentliche Gesundheitspflege. — Rechtsprechung. (Landgericht Kübed. Vier, Knack. und gekochte Mettwürste in Lübeck. — Verhandlungen von gesetzgebenden Körper- aften, Vereinen ze. (Itallen Quarantäne. Anftalt in Genug. — Michigan] Diphtherie. — Vermischtes. (Preußen, Berlin) Ge— heimmittel.! (Bahern. Heidelbeerwein. — Geschenkliste. = Sterbe⸗ fälle in deutschen Orten mit 15 0090 und mehr Einwohnern für den Mongt April 1859. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Centralblatt der Abgaben -⸗Gefetzgebung und Ver— paltung in den Königlich preußischen' Staaten. Nr. 1I. — Inhalt: Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Verände⸗ lungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll! und Steuer stellen. Indirekte Steuern: Nachwels der nachträglichen Einnahmen an Branntweinsteuer. — Koslen der für die Zuckerfabriken erforder⸗ sichen Kunstschlösser. — Crkenntniß. Forderung eines Immobiliar— aufstempels vom ganzen Kaufpreise. — Stempelpflichtigkeit der Er⸗ neuerungsverfügungen bei Anstellung eines Beamten auf Kündigung. Personalnachrichten. z Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 22. — Inhalt: mtlicheß: Verordnung vom 35. Mal 1885. = Perfonai. Nachrichten. Rn btamilichen: Die neue katholische Stadtpfarre St. Anna in ichen. — Die Wasserverhältnifse Chieagos (Schluß). — Vor⸗ sihtunn zum Glühen des Füüfandes für Zwischendecken= — Vollen⸗ ding der Westmole im Hafen von Neufahrwasser. — Vermsschtes: mg, von Dortmund nach der Emsmündung. — Preisausschreiben, etreffend den Bau kleiner Wohnhäuser in der Umgebung von Berlin. 8 Wettbewerbung um Entwürfe für die im Sommer 18560 in rene stattfindende nordwestdeutsche Gewerbe und Industrie⸗ uostellung. — Herstellung feuersicherer Decken durch Ümhnllung der ¶ mn rsgen mit Flanschziegeln. — Peilwinde für Strombauten. — ücherschau. = Reue Patente ; al Cifen bahn Verordnungs⸗ Blatt. Itr. 15. — Inhalt: lllerhöchstes Privilegium wegen? Ausgabe von J oh 000 X drei-
wig · Holsteinischen Marschbahn · Gesellschaft. Vom 8. Mai 1889. — Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 29. Mai 1889, betr. Berechnung der Reisekosten. — Nachrichten.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Handausggbe der Civilprozeßerdnung und des Gerichtsverfafsungsgesetzes für das Deutsche Reich, auf der Grundlage ihres Kommentars, nebst einem Anhang, enthaltend die Kostengesetze, bearbeitet von Dr. G. von Wilmows ki, Geh. Justiz⸗Rath, Rechtsanwalt beim Kammergericht zu Berlin, und M. Levy, Justiz⸗ Rath, Rechtsanwalt beim Kammergericht zu Berlin. Zweite vermehrte und verbesserte Auftage— Berlin 8W. Verlag von , Vahlen (Mohrenstr. 13,14). Preis: geh. 6 6 geb. 76 — Obige Ausgabe der Civil prozeßordnung und des Ge⸗ richtsversaffungsgesetzes enthält in übersichtlicher Kärze alle wefentlichen Ergebnisse von Theorie und Praxis unter Berücksichtigung der Kontro⸗ versen nebst den bezüglichen Reichsgerichts-Entscheidungen. Die vor 4 Jahren erschienene erste Auflage ist in juristischen Kreifen mit Bei fall aufgenommen worden. Die jetzt vorliegende zweite Auflage ist in allen Theilen sorgfältig durchgearbeitet und stark vermehrt. Unter Beibehaltung der Methode und des ursprünglichen Zwecks ist das inzwischen hinzugekommene Material für die Auslegung und Casuistik der Prozeßgesetze ausgiebig benutzt und insbesondere die reichs gerichtliche Judikatur erschöpfend berücksichtigt worden. Auch die neue Auflage wird daher ebenso dem praktischen Juristen will⸗ kommen sein, wie sie sich für den Studirenden als handliches Repeti⸗
torium eignen dürfte.
— Von dem im Verlage der Renger'schen Buchhandlung (Gebhardt u. Wilisch) in Leipzig erscheinenden „Deutschen Fürsten⸗Buch, Lebensbilder der zeitgenössischen deutschen Regenten. (herausgegeben von Prof. Hr. Anton Ohorn in Chemnitz), ging uns die zweite Lieferung zu. In derselben wird das Lebensbild Kaiser Wilhelm's J. zu Ende geführt und beginnt die Biographie Kaiser Friedrich's, verfaßt vom Oberst⸗Lieutenant Fedor von Köppen. Das Heft ist mit einem Porträt Kaiser Wilhelm's J. snach Zeichnung des Malers Herrfurth in Weimar) geschmückt. Das Werk soll in ea. 18 bis 20 Lieferungen zum Preise von je 1 4 voll⸗ ständig sein.
— Von der im Verlage von Paul Kittel in Berlin W. 57 unter dem Titel: „Graf Moltke, ein Bild seines Lebens und seiner Zeit,“ von Hermann Müller-Bohn, erscheinenden Biographie des Feldmarschalls gelangte soeben die zweite Lieferung zur Ausgabe, welche den Aufenthalt in Konstantinopel (18335) nach Moltke's eigenen Reisebriefen in ausführlicher Weise behandelt. Der fesselnden Darstellung wird durch den reichen Illustrationsschmuck dieser Lieferung ein ganz besonderer Reiz verliehen. Wir heben von den Vollbildern hervor: „Graf Moltke im Vortragszimmer des Generalstabsgebäudes zu Berlin' von O Schulz. ‚Die Eltern Moltke's und Graf Moltke als 16jähriger dänischer Kadett“ nach Oelgemälden im Besitz des Feldmarschalls gezeichnet von Reinh. Hoberg, endlich eine Ansicht von Konstantinopel. Das Werk soll mit der 2. Lieferung (Pr. je 50 3) zu Ende September d. J, vollständig sein.
— . Als Festschrift zum 7060 jährigen Gedenktage, dem 7. Mai 1189, hat Dr. Otto Rüdiger den Freibrief des Kaisers Friedrich Barbgrossa für Hamburg publizirt. Die elegant ausgestattete Schrift (welche der Verein für Hamburgische Geschichte seinerseits am Tage seines 50 jährigen Bestehens, dem 9. April 1859, den Freunden der Geschichte der alten Hansestadt gewidmet hat) enthält eine erläuternde historische Einführung und sodann Text und Uebersetzung des Freibriefs nebst einer Nachbildung der Urkunde in Lichtdruck. Hamburg, sagt der Heraus geber, hat des Rothbart's Freibrief stets in Ehren gehalten, und war sich dessen bewußt, daß dieser nebst seiner unvergleichlich günsti⸗ gen Lage der rechte Grund seiner Größe gewesen ist. Stets berief es sich auf sein herrliches Privileg, wenn fremde Arglist und Hab— sucht den freien Elbstrom mit neuen Zöllen beschweren wollte, und ist nöthigenfalls der Gewalt mit Gewalt begegnet. Ja, es leitete sogar aus diesem Privileg ein Hoheitsrecht über den Elbstrom her, das es iedenfalls bis auf den heutigen Tag behauptet hat, indem es die Elbe betonnte und die Fahrstraße in Ordnung hielt. Im dankbaren Angedenken an dieses Privileg stiftete die Stadt Hamburg im Verein mit Lübeck, das durch Kaiser Friedrich J. eine freie Reichsstadt ward, 1839 das bekannte Bild desselben für den Kaisersaal des Römer“ zu Frankfurt a. M. Seit 1881 schmückt auch den Bürgerschaftssaal im patriotischen Hause zu Hamburg ein gemaltes Glasfenster, welches den Kaiser Friedrich J. darstellt, wie er dem Grafen Adolf III. den Freibrief einhändigt.
— Das Aprilheft und Maiheft der Deutschen Jugend“ (illustrirte Monatshefte für Knaben und Mädchen, heraus gegeben von Julius Lohmeyer, Verlag von Gebrüder Kröner in Stuttgart, Abonnementspreis vierteljährlich 120 AM) bieten wieder einen überaus reichen Inhalt. Die bekannte Märchen erzählerin A. Godin bringt der Jugend im Aprilheft ein fehr anmuthiges, phantasie⸗ und gedankenreiches Bergmannsmärchen, Gierig's Abenteuer‘, das Hermann Vogel höchst belustigend illustrirte, Julius Lohmeyer eine packende Ballade: „Sedans Wahlstatt“;
Reymond berichtet über ein interessantes Walfischabenteuer: „Der neue Harpunier?“, von C. W. Allers illustrirt; die beliebte Er⸗ zählerin der Gartenlaube, W. Heimburg, theilt eine rührende Jugenderinnerung in der Geschichte; Der alie Schimmel“ mit, die Her⸗ mann Vogel gleichfalls mit liebenswürdigen Bildern ausstattete. Auch für Erwachsene besonders lehrreich ist der gemüthvolle Artikel von Ludwig Staby Über ‚Unsere Winterschläfer“, den Fedor Flinzer mit trefflichen Illustrationen versah. — Das Maiheft enthält eine stimmungsreiche Erjählung „Johannisnacht«‘ von Julie Ludwig (der Verfasserin, welcher die ‚Deutsche Jugend“ schon so viele schöne Gaben ver⸗ dankt), sehr wirkungsvoll von Alex. Zick illustrirt, dann den Anfang eines farbenreichen patriotischen Lebens⸗ und Kulturbildes: „Andreas Hofer und sein Land Tirol! von Bernhardine Schulze-Smidt, illu⸗ strirt von A. von Rößler u. A.; außerdem ein Original von Ludwig Knaus, aus Julius Lohmeyer's großem Sammelwerk: „Studien⸗ mappen deutscher Meister! Il und Knaus' Mappe, und eine anregende Schilderung des vielgereisten Marinepfarrers Heims, über Verfchie⸗ dene Beförderungsmittel der Völker“, illustrirt von C. W. Allers. Den ,. Inhalt der Hefte bilden mannigfache kleinere Unter ⸗ haltungs⸗Artikel, Räthsel, Beschäftigungs ⸗Aufgaben.
— erliner Salon. Organ für gesellschaftliche Interessen. Redigirt von M. Rum bauer. Die uns vorliegende Nr. 10 dieser eigenartigen . bringt größere Aufsätze von O. von Oberkamp: Wie Frauen lieben, von Gustav Karpeles: Der erste Berliner Salon“, und eine Novelle Das Modell“ von 3 von Hohenhausen; ferner Biographien von Reinhold Begas und
duard von Hartmann, deren Porträts in trefflicher Ausführung beigegeben sind. Notizen aus dem High ⸗Life, Salonberichte aus Berlin, Wien, Paris, eine Skizze: „Maifahrt im Prater“, Mode⸗ briefe, Berichte über Kunst, Gedichte und ein Preisraͤthsel schließen die ebenso interessante wie reichhaltige Nummer.
Gewerbe und Handel.
Hertslet's Coupon-Warner für Nord und Süd— deutschland und Oesterreich' ist in R. Gärtner's Verlag, H. Heyfelder in Berlin, in neunter, sorgfältig ergänzter Auflage erschienen. Das in den Kreisen der Geschäftsleute längst bekannte und als zuverlässig bewährte Büchlein enthält ein vollständiges Ver- zeichniß aller in Berlin und sonst in Deutschland sowie in Desterreich vorkommenden Coupons, welche werthlos oder augen blicklich nothleidend sind, welche auf illegalem Wege in uͤm⸗ lauf gekommen sind oder nicht mit dem vollen Betrage zur Auszahlung kommen, welche ferner auf Thaler lauten und nun⸗
einhalbprozentiger Vorzugs ˖Ansleihescheine zweiter Reihe der Schles⸗
hältniß von 2 Thlr. — 3 Fl. Silber eingelöst werden, welche endlich von Fälschern nachgeahmt worden sind, oder bei denen sonst irgend etwas für einen Kassirer Wichtiges zu bemerken ist. Der ‚Coupon- Warner“ verzeichnet außerdem alle Dividendenscheine, bei denen man aus dem Text garnicht, oder nur mit Mühe erkennen kann, für welche Jahre sie gelten, ob sie zu enn, oder halben, resp. zu zusammengelegten Aktien gehören, oder welche zum Umtausch aufgerufen worden sind. Aus dieser Inhaltsangabe ergiebt sich, wie wichtig der Besitz des Coupon⸗Warners für jede Kassenverwaltung ist, sodaß es einer be⸗ sonderen Empfehlung des Büchleins um so weniger bedarf, als die zahlreichen börsen⸗statistischen Arbeiten des Verfassers sich wegen der Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit, mit der das Material zusammen⸗ getragen ist, des besten Rufes erfreuen.
= Die „Rhein. Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch ⸗ west⸗ fälischen CEisen⸗ und Stahlmarkt: Trotzdem der Ausstand im Kohlendistrikt so gut wie beendet, ist der rheinisch-⸗westfälische Eisenmarkt doch noch nicht in normale Verhältnisse zurückgekehrt. Die Folgen des Arbeiterausstandes lassen sich natürlich nicht von heute auf morgen verwinden und, was den , anbelangt, wird der Markt immerhin noch einige Zeit unter dem Druck der Verhält⸗ nisse zu leiden haben. Das Geschäft in Eisenerzen war, wie leicht begreiflich, weniger lebhaft und es haben sich nament— lich an den Siegerländer und nassauischen Gruben nicht un⸗ erhebliche Vorräthe angesammelt, obgleich man die Förderung so weit als thunlich in mäßigen Grenzen hielt. Es ist daher ziemlich wahr scheinlich, daß die Preise der einzelnen Erzsorten in den nächsten Wochen vielleicht für einige Zeit etwas herunter gehen werden. Das Roheisengeschäft war in Folge des Arbeiterausstandes fast ganz leblos; die Hochofenwerke halten vorläufig mit dem Verkauf zurück; Abschlüsse wurden in den letzten Tagen meist zurückgewiesen und Preife vorläufig überhaupt nicht abgegeben, da die Produzenten zunächst die völlige Wiederaufnahme des regelmäßigen Betriebs, welcher allem Anschein nach baldigst bevorsteht, abwarten wollen. Im Siegerlande, sowie auch in hiesiger Gegend werden voraussichtlich sämmtliche Hochöfen in Betrieb bleiben, doch wird der Ausfall in der Erzeugung nicht uner⸗ heblich sein. Dieser Umstand wird selbstverständlich, sobald das Ge— schäft wieder seinen regelmäßigen Gang genommen hat, festigend wirken. Zu einer regelmäßigen Geschäftsbewegung dürfte es jedoch, wie gesagt, erst dann wieder kommen, wenn die Werke wieder voll arbeiten können und bis man sich darüber klar geworden ist, welcher Ausfall an Koks in Folge des Ausstandes zu erwarten ist. Ueber Spiegeleisen liegen besondere Nachrichten vor, welche ebenfalls ein stilles Geschäft melden. Die Haltung des Walzjeisen— marktes ist im Ganzen eine sehr feste. In der am 27. Mai . in Düsseldorf stattgehabten Generalversamm⸗ lung des rheinisch⸗-westfälischen Walzwerkverbandes wurden die Preise für Stabeisen um 5 ( per Tonne erhöht. Daß die Auf— wärtsbewegung der Preise von Rohmaterialien die Walzwerke zu immer höheren Preisen zwingt, wirkt selbstverständlich hemmend auf unsere Ausfuhr. Die Lager haben natürlich in der letzten Zeit wieder geräumt. In Grobblechen war die Nachfrage eine starke, und soweit die Betriebsstörungen dem Geschäfte keinen Abbruch gethan haben, ist dasselbe lebhaft gewesen. Die Nachfrage nach B andeifen war ebenfalls eine sehr rege und das Geschäft war lebhaft bei steigen⸗ den . Ueber die anderen Walzeisenprodukte, Feinbleche, Draht, Drahtstifte liegen keine Nachrichten von Belang vor. Die Masfchi⸗ nenfabriken und Eisengießereien, sowie auch die Bahn- wagenfabriken waren meist den Umständen entsprechend gut beschäftigt.
— Des Betriebsergebniß der Weimar ⸗ Geraer Eisenbahn im Jahre 1888 gestattet, daß 35 Go Dividende auf das Prioritäts. Stammaktienkapital gezahlt werden können, gegen 3 ½ν im Jahre 1887 und 25/6 „ im Jahre 1886. Auf die Stammaktien entfällt, nachdem die für diese Seitens der betheiligten Staatsregierungen fuͤr die ersten zehn. Betriebsjahre gewährte Garantie von 4900 Dividende am 1. Juli 1886 geendet hat, für das Jahr 1888 keine Dividende. Die Gesellschaft hat im Personen verkehr 433 906 S6 (1887: 428 532 M6 und im Güͤter⸗ verkehr 585 477 ½ (⸗1387: 546 728 ι ) vereinnahmt. Zuzüglich des Vorjahrsaldos und sonstiger Eingänge wurde eine Gesammteinnahme von 1148 216 S (1887: 1081 516 Æ) erreicht, während die Be⸗ triebsausgaben 687 656 „ (1887: 653 476 ) erheischten. Nachdem dem Erneuerungsfonds 24 g34 „ zugeführt worden sind, verbleiben 435 625 ν½ Reingewinn, wovon 336 0006 M zur Vertheilung der Stammprioritäten⸗ Dividende von 335060 verwendet werden. Von der gekündigten 45 J Prioritäten ⸗ Anleihe sind noch 16 900 M nicht eingelöst und daher seit dem 1. Januar 1885 zinslos.
Königsberg i. Pr., 4. Juni. (W. T. B.) Die Betriebe⸗ einnahmen der Ostpreußischen Südbahn pro Mai 1889 be⸗ trugen nach vorläufiger Feststellung im Personenverkehr 74 000 S, im Güterverkehr 309 5360 e, an Extraordinarien 20 000 S, zusammen 103 530 M, darunter auf der Strecke Fischhausen —Palmnicken 4972 , im Mai 1888 provisorisch 458 685 „ς, mithin gegen den ent— sprechenden Monat des Vorjahres weniger 55 155 ας, im Ganzen vom 1. Januar bis 31. Mai 1889 2215 674 S (definitive Ein⸗ nahme aus russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen provisorisch 2076 500 M im Vorjahre, mithin gegen den enisprechenden Zeitraum des Voriahres mehr 139 1741.6, gegen definitive 2 21337 M, mithin weniger 5663 (S
Liegnitz, 4. Juni. W. T. B). Wollmarkt. Die Zu⸗ fuhren waren etwas schwächer, die Käufer zahlreicher als im Vor— jahre, namentlich auswärtige, der ganze Umsatz, größtentheils Do— minial · Wollen, betrug 2860 - 3006 Ctr. Die Preife waren im Durchschnitt 8-12 6 höher als im Vorjahre Man zahlte für feine Qualität 170— 180 MÆ für mittlere 1565 — 170 606 Die Wäschen waren durchgehends gut. Die Entwickelung und der Verlauf deß Marktes waren ruhig.
Lübeck, 4. Juni. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Lübeck-Büchener Eisenbahn, in welcher 3 267 600 M Aktien⸗ kapital vertreten war, genehmigte die Bilanz sowie die sofortige Aus— zahlung einer Dividende von 78 Jo. Hierauf wurden Senator Lr, Klug und Kaufmann Heinrich Piehl (Lübeck), sowie der Banquier Albert Schappach (Berlin) einstimmig als Mitglieder des Ausschusses wiedergewählt, und dann die Tagesordnung genehmigt.
Manchester, 4. Juni, (W. T. B. 12r Water Taylor 6, zor Water Taylor 9, 20r Water Leigh 8, 30r Water Clayton 85, zer Mock Brooke 8z, 40r Mayoll 9, 40r Medio Wilkinson 10, z3ꝛr Warpcops Lees Sz, 36r Warpcops Rowland 94, 40r Double Weston 95, 60r Double eourante Qualität 134, 32 1165 vds 162016 grey Printers aus 32r /46 174. Stetig.
Mailand, 4. Juni. (W T. B.) Die Einnahmen des Italienischen Mittelmeer Eisenbahnnetzes während der dritten Dekade des Monats Mai iss9 betrugen nach proviso⸗ rischer Ermittelung: im Personenverkehr 1 393 333 Lire, im Guͤter⸗ verkehr 2 064 474 Lire, zusammen 3 457 807 Lire gegen 3 428 425 Lire in der gleichen Periode des Vorjahres, mithin mehr 29 382 Lire. Bern, 4. Juni. (W. T. B.) Die Verhandlungen, welche estern hier zwischen den Direktionen der Schweizer Westbahn Klern⸗ des chemins de fer de la Suisse oceidentale et du Sim- plon) und der Bern⸗Jurg⸗Bahn unter Hinzuziehung von Ver tretern der Bank für Handel und Industrie und der Internationalen Bank in Berlin stattgefunden haben, hatten lediglich die Feststellung der Basis für die Fusionirung der beiden genannten Bahnen zum Gegenstand und ist in dieser Beziehung eine grundsätzliche Einigung herbeigeführt. Die Frage wegen Durchstichs des Simplon und einer . Geldbeschaffung dafür ist nicht Gegenstand der Ver⸗ ndlung. New⸗ York, 3. Juni. (W. T. B.) Weizen⸗Ver⸗ , der letzten Woche von den atlantischen Häfen der ereinigten Staaten nach Großbritannien 24 900, do. nach 6 14 000, do nach anderen Häfen des Kontinents 18 000, do. von alifornien und Oregon nach Großbritannien 50 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents — Orts. — 4. Juni. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 5 441 488 Dollars, gegen
mehr statt im Verhältniß von 1 Thlr. — 3 6 Gold nur im Ver⸗
6 0661646 Dollars in der Vorwoche.