1889 / 186 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Aug 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Ausdruck, daß die zwischen den deutschen und englischen Sol⸗ daten während so vieler Jahre bestandene Brüderschaft lange fortdauern werde.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin ver⸗ ließ gestern Abend Kassel und traf heute Morgen 7 Uhr 12 Min. auf der Station Wildpark ein, von wo Sich Aller⸗ höchstdieselbe sofort zu Wagen nach dem Neuen Palais begab.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta ist heute Morgen 7 Uhr 40 Minuten in Potsdam angekommen und hat Sich vom Bahnhof zu Wagen nach Schloß Babelsberg begeben.

Das „Armee⸗Verordnungs-Blatt“ enthält folgende Aller höchste Kabinets⸗Ordre, betr. die Ernennung Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien und Irland, Kaiserin von Indien zum Chef des 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiments und anderweite Bezeichnung desselben:

„Ich habe Ihre Majestät die Königin von Großbritannien und Irland, Kaiserin von Indien zum Chef des 1. Garde ⸗Dragoner⸗ Regiments ernannt und bestimme hierdurch zugleich, daß dieses Regiment fortan . 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiment Königin von England“ benannt werden soll. Ich habe hiernach an das General⸗Kommando des Garde ⸗Corps verfügt und beauftrage das Kriegs Ministerium, die Bekanntmachung der Namensänderung an die Armee zu veranlassen.

Osborne, den 2. August 1889.

Wilhelm.“

An das Kriegs ⸗Ministerium.

Das „Armee⸗Verordnungsblatt!/! veröffentlicht folgende Allerhöchste Kabinets⸗Ordre, betreffend die Verstärkung der Leibgen darmerie:

«Ich befehle hiermit, daß Meine Leibgendarmerie um einen Zug zu verstärken ist, bestehend aus 1 Offizier (Premier⸗ oder Second⸗ Lieutenant) vom Kürassier⸗Regiment Königin (Pommersches) Nr. 2, 2 Unteroffizieren und 24 Mann. Zur Bildung desselben kommandirt jedes Linien⸗Kürassier⸗ Regiment 3 Kürassiere (beziehungsweise Ge⸗ freiteR, das Leib⸗Kürassier⸗Regiment Großer Kurfürst (Schlesisches) Nr. I) sowie das Kürassier⸗Regiment Königin (Pommersches) Nr. 2 außerdem je 1 Unteroffizier. Die Bewaffnung der Mannschaften ist dieselbe wie die der Leibgendarmerie. Der Waffenrock ist von weißem Kirsey mit aufgeschlagenen Schößen; Schoffutter sowie Kragen, Aermelaufschläge, Schabkacken und Schabrunken von karmoisinrothem Tuch; Achselklappen weiß mit karmoisin⸗ rothem Vorstoß ohne Namenszug. Im Uebrigen hat sich die Uniform der Mannschaften derjenigen der Leibgendarmerie anzuschließen. Außerdem erhalten dieselben einen zweiten Waffenrock von blauem Tuch. Wegen einer Gala ⸗Uniform für den Offizier und die Mannschaften habe Ich besonders verfügt. Die Bildung des Zuges ist bis zum 1. August dieses Jabres zu beenden. Das Kriegs Ministerium hat hiernach das Weitere zu veranlassen.

Magdeburg, den 28. Juni 1889.

Wilhelm.

; von Verdy.“ An das Kriegs⸗Ministerium. g

Der Bundesrath hat in der Sitzung vom 4. v. M. beschlossen:

1) dem Absatz 1 unter Ziffer 4 der vorläufigen Ausführungs« bestimmungen zu dem Branntweinsteuergesetz vom 24. Juni 1857 tritt die folgende Bestimmung hinzu:

ANeben den Kosten für die sonstigen nothwendigen Zubehörstücke der Sammelgefäße und Meßapparate werden auch die Kosten

a. der eisernen, hölzernen oder anderen derartigen Unterlagen unter den Sammelgefäßen,

b. der. Rohrleitungen von den Vorlagen bis zu den Sammel⸗ efäßen beziehungsweise in den mit Meßapparaten ausgerüsteten

rennereien von den Vorlagen bis zu den Apparaten und von den letzteren bis zu den Branntweinaufbewahrungsgefäßen,

C. der Bohrung von Plombirlöchern zum Zweck des amtlichen Verschlusses der vorerwähnten Rohrleitungen, der Sammel⸗ gefäße und Meßapparate

von der Branntweinsteuergemeinschaft getragen.

2 der Absatz 2 a. a. O. hat zu lauten:

Dagegen haben die Brennereibesitzer die Kosten für die Unter⸗ , der vorbezeichneten Gegenstände, sowie für die sonstige, den maßgebenden Vorschriften entsprechende Einrichtung und Unterhaltung ihrer Betriebsanstalten zu tragen.

3 In denjenigen Fällen, in denen Kosten der unter 1 bezeichneten Art bei Einreichung der Liquidationen (Bundesrathsbeschluß vom 15. Dezember 1887, 5. 644 der Protokolle) nicht mit in Aufrechnung gebracht, worden sind oder in denen die Erstattung derselben abgelehnt ist, dürfen Antraͤge auf nachträgliche Vergütung dieser Kosten nur dann berücksichtigt werden, wein sie vor dem 1. Oktober d. J. an⸗ gebracht worden sind. .

Durch Verfügung des Finanz-Ministers vom 30. Juli sind die Provinzial⸗Steuer⸗Direktoren beauftragt worden, die Hauptämter ihres Verwaltungsbezirks alsbald mit der nöthigen Anweisung zu versehen und eine entsprechende Bekanntmachung durch die Regierungs⸗Amtsblätter zu erlassen.

. Der Oberst⸗LLieutenant 4. D. von Zakrzewski, Mitglied des Hauses der Abgeordneten für den h. Posener Wahlbezirk (Neutomischel, Grätz, Schmiegel, Kosten), ist in Kissingen gestorben.

Das Recht des Anliegers an einer öffent⸗ lichen Straße geht nach einem Urtheil des Reichs⸗ erichts, V. Civilsenats, vom 5. Juni d. J, im Geltungs⸗ ereich des Preußischen Allgemeinen Landrechts nicht weiter, als das Kommunikationzinteresse (Zugang, Zufahrt und Licht) un be din gt erfordert; einen Anspruch auf die Fortgewähr der durch die Lage seines Wohnhauses bedingten thatsächlichen Vortheile hat er nicht.

Der General der Infanterie von Strub berg begeht Fur die Feier seines fünszigjährigen ien st⸗ u biläum z. Der Jubilar, im Jahre 18216 geboren, trat 1839 als Second⸗Lieutenant im 30. Infanterie⸗ Regiment aus dem Kadettencorps in die Armee ein. Von 1843 -= 1846 be⸗ suchte er die Kriegsschule, wirlte bit zum Jahre 1849 als Erzieher bei dem Kadettenhause in Berlin und nahm hierauf mit seinem Regiment an dem Feldzuge in der Rheinpfalz und Baden Theil. Nach dem Feldzuge wurde er bei der Mobil⸗ machung 1850 der 29. bezw. der 15. Infanterie⸗Division als Genera . zugetheilt und 1853 auf zwei Jahre nach aris ne n 1865 zum Hauptmann im Generalstabe, S5s zum Stabsoffizier befördert, wurde er 1859 zum per⸗

sönlichen Adjutanten, zwei Jahre später zum Flügel⸗ Abjutanten König KRilhelm g I. ernannt. 1865 Commandeur des 4. Garde⸗Grenadier⸗Regiments Königin, machte er als solcher den Krieg gegen Sesterreich mit; 1868 wurde er zum General⸗Major ernannt und mit dem Kommando der 30. Infanterie⸗Brigade betraut, welche er ag während des deutsch⸗ französischen Krieges führte. Na dem Kriege wurde dem General von Strubberg zunächst die Mission zu Theil, die ersten grundlegenden Arbeiten für die Organisation der Landwehr und Kontrolbehörden innerhalb des neu erworbenen Reichslandes zur Ausführun zu bringen. 1873 mit der Führung der 19. Division beauf— tragt, wurde er im nämlichen Jahre zum General-Lieutenant, 1880 zum General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und k ernannt; diese Stelle bekleidet der 1883 zum General der Infanterie beförderte Jubilar noch heute.

In der Ersten Beilage des „Reichs- und Staats⸗ Anzeigers“ ist eine „Zusammenstellung der Zucker⸗ mengen, welche in der Zeit vom 16. bis 31. Juli 1889 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Steuervergütung abgefertigt und aus Niederlagen 6e, Erstattung der Vergütung in den freien Verkehr zurückgebracht worden sind,“ enthalten.

Der Direktor der Kriegs⸗Akademie, General⸗Lieutenant . hat sich mit 15 tägigem Urlaub nach Ahlbeck egeben.

Der Ober⸗Quartiermeister, General⸗Lieutenant von Holleben, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Kassel, 6. August. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin beehrte heute die Allgemeine Aus—⸗ stellung für Jagd, Fischerei und Sport mit Aller— höchstihrem Besuch. Ihre Majestät, welche Vormittags den Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Sachsen in Wilhelmshöhe empfangen und dort mit dem— selben zu Mittag gespeist hatte, kehr in Begleitung des Großherzogs, der Hofdame Gräfin Keller, des Hofmarschalls von Mirbach und des Erziehers der jungen Prinzen, Haupt⸗ manns von Falkenhayn, Nachmittags 41 Uhr in dem Ausstellungs⸗Park vor, wo Allerhöchstdieselbe von den Herren des Vorstandes begrüßt und zunächst durch die Säle des Orangerie⸗Schlosses mit der großartigen Darstellung der historischen Entwickelung des Jagd— wesens und den werthvollen Kollektiv-⸗Ausstellungen deusscher Fürsten und Jagdvereine, sodann durch das Fischerei⸗ gebäude und den von gewerblichen Ausstellern gefüllten mäch⸗ tigen Jagdsaal geführt wurde. Die Kaiserin, welche überall von dem anwesenden Publikum ehrfurchtsvoll begrüßt wurde, nahm mit lebhaftem Interesse Kenntniß von den in den Aus⸗ stellungsräumen enthaltenen vielfachen Sehenswürdigkeiten und brachte mehrfach Allerhöchstihre volle Anerkennung für die geschmack⸗volle Anordnung des Gesammtaufbaus zum Ausdruck.

Sig maringen, 5. August. (Schw. Merk.) Gestern traf Se. Königliche Hoheit der Prinz Johann Georg von Sachsen hier ein. Heute stattete derselbe mit Sr. Hoheit dem Fürsten von Hohenzollern und dem Erbprinzen von Rumänien Ihrer Königlichen Hoheit der Fürstin— Wittwe von Hohen zollern einen Besuch ab.

Württemberg. Friedrichshafen, 6. August. Der O. A. berichtet: Ihre Majestät die Königin machte heute Vormittag, von einer Gesellschaftsdame begleitet, eine Ausfahrt. R der Nähe des Gasthofs zur Sonne veranlaßte das schöne Wetter die Königin, zu einem kleinen Spaziergang auszusteigen. Kaum hatte Ihre Majestät die Equipage ver— lassen, als die Pferde so wild wurden, daß der Leibkutscher ihrer nicht mehr Herr wurde. In wildem Laufe gingen die Pferde durch, und der Kutscher wurde heruntergeworfen, ohne daß derselbe besondere Verletzungen erlitt.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 7. August. (Goth. Ztg.) Se. hen der Herzog trifft heute, von Coburg e id in Schloß Reinhardsbrunn zu längerem Aufenthalt ein.

Elsaß⸗KLothringen. Metz, 5. August. (Lds. Ztg. f. Els.⸗Lothr.) Eine hier gestern abgehaltene Versammlung zu Gunsten der Kanalisirung der Mosel nahm einstimmig folgende Resolution an:

„Die am Sonntag, den 4. August 1889, im Stadthause zu Metz Versammelten 200 an der Zahl , Eingesessene der Stadt Metz, des Bezuks Lothringen und der weiteren Rhein. und Moselgegend, allen Berufskreisen angebörig, sprechen sich einmüthig dahin aus, daß die Kanalisirung der Mosel und der unteren Saar als ein unabweisbares Beduͤrfniß erachtet werden muß. Für Lothringen insbesondere ist sie unerläßlich nothwendig zum festeren Anschluß an das übrige Deutschland, in dem allein das wirthschaftliche Heil des Landes zu finden ist, zur Erschließung der Schätze, die sein Boden birgt und zur Verbreitung der Erzeugnisse. die seine Gewerb⸗ thätigkeit weiten Absatzgebieten mitzutheilen in der Lage ist. Die Be— stimmungen des Frankfurter Friedens begründen die Annahme, daß es bei dem, was bis jetzt hier zu Lande zur Schiffbarmachung der Mosel und der Saar geschehen ist, nicht bewenden soll. An die Lantesregie— rung von Elsaß Lothringen richten wir daher vertrauentvoll die Bitte, mit Nachdruck die geeigneten Mittel zu ergreifen, damit das an⸗ , Werk vollendet urd die in den oberen Gebieten unserer

eiden Hauptflüsse begonnene Kanalisirung bis zur Mosel mündung bei

Koblenz fortgesetzt werde. Wir glauben uns der Hoff nung bingeben zu dürfen, dabei die Einrichtungen so getroffen und das Vorhandene derart umgestaltet zu sehen, daß im Verkehr mit dem Rbein Um⸗ ladungen vermieden werden und auch Schiffe von größeren Dimensionen bis an unsere westliche Lander grenze gelangen können.“

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, J. August. (W. T. B.) Wie die „Politische , , erfährt, ist eine No te der griechischen Regierung betreffs der Insel Kreta gestern durch den griechischen Gesandten in Wien, Dragumis, dem Ministerium des Aeußern überreicht worden. In derselben wird konstatirt, daß die von der Pforte zur Beruhigung Kretas ergriffenen Maßnahmen sich als ungenügend erwiesen. Die früher einander bekämpfenden Christen ständen jetzt vereint den Mohamedanern gegenüber, von den tinkischen Behörden eien unter die mohamedanische Bevölkerung in den Slädten

affen vertheilt worden. Falls Massakres vorkommen sollten, würde die griechische Regierung als eine parlamentarische vielleicht nicht im Stande sein, einer Volksbewegung zu Gunsten der kretensischen Christen zu widerstehen, während sie wunsche, durch die Anrufung der Großmächte eine Eventualität zu beseitigen, welche eine Intervention Griechenlands noth⸗ wendig machen könnte.

Wie aus Preßburg gemeldet wird, hat eine württem⸗ bergische Militär⸗Deputation dem 6. Husaren⸗Re⸗

giment König von Württemberg, welches anläßlich dez a n n. des Königs Karl eine Deputation nach Stuttgart ge andt gate einen Gegenbesuch abgestattet. 9 Anwesenheit des Offiziercorys des gesammten Regiments fand dabei ein Verbrüderungsfest statt, bei welchem begeisterte Toaste auf beide Reiche und deren Herrscher ausgebracht wurden.

Frankreich. Paris, 7. August. n dem bereit; erwähnten Manifest Boulanger' s, welches die Ueber. schrift trägt: „An das Volk, meinen alleinigen Richter“, geht der Verfasser, wie wir dem „Hann. Cour.“ entnehmen, die Anklage schrift gegen ihn Punkt für Punkt durch: die militärische Lau bahn des Generals, die geheimen Agenten und Agentinnen, den „falschen Zeugen“ Buret⸗ den Kaffee in Täfelchen, die Epauletten⸗ GHeschichte, die 44 schwarzen und farbigen Porträts, die angeb—⸗ lichen Subventionen zu Preßzwecken, den „verächtlichsten Theil der Anklageschrift“, die geheimen Fonds des Kriegs⸗Mini— steriums und den Reservefonds u. s. w. Hinsichtlich der letzteren legt er dar, er wäre gezwungen gewesen, den Reserve⸗ fonds, der bei seinem Amtsantritt 1979 575 Fr. betrug, anzugreifen, weil das für die geheimen Ausgaben bewilligte Budget in jenem Augenblick unzureichend war.

„Der Auskunft dienft nahm S6 000 Fr. mehr in Anspruch, alt dafür ausgesetzt war. Alle Patrioten, die sich der Zwischenfälle er⸗ innern, welche dem Schnäbele⸗Handel vorangingen oder ihn begleiteten, alle Offiziere, die mit mir arbeiteten und wissen, was wir damalt thaten, werden finden, dies sei sehr wenig! Und wenn ich nicht mehr ausgab, so erklärt sich dies eben dadurch, daß ich in jenen Tagen viel uneigennützige Hingebung fand.

Sollten Sie denn vergessen haben, Herr General⸗Staattanwalt, daß wir niemals dem Kriege näher standen? .. . . Sie behaupten freilich, niemals wäre der Auskunftsdeenst so vernachläsfigt worden. Nur ein Vorfall mag hier Platz finden um Ihnen zu be— bein daß meine Mitarbeiter und ich unserer Pflicht getreulich nachtamen.

Der Militär ⸗Attachs einer großen Macht hatte mit außerordent⸗ lichem Geschick ein weitverzweigtes Spionagesystem eingerichtet, gegen das wir ohnmächtig waren. Nach tausend Mühen gelang es uns, zu erfahren, wo er seine Papiere verbarg. In einer Nacht bemächtigte man sich ihrer. Ja, Hr. General-Staatsanwalt, eine ganze Nacht lang hatten wir die Spionenliste, die Abschrift der Berichte, welche der Attachs seiner Regierung gesandt hatte, in den Händen; Allcz konnten wir in einer Nacht kopiren, und am nächsten Morgen fand der Offizier bei seinem Erwachen alle Dokumente an ihrem Platz Niemals hat er gewußt, auch nach seiner Ver— setzung nicht, wie gewisse Enthüllungen zu unserer Kenntniß ge— langt waren. Wie theuer uns dies zu stehen kam, finden Sie doch einen Franzosen, der sagt, es wäre zu theuer gewesen! Und mo ist ein verständiger Mann, der nicht begriffe, daß für solche Opera⸗ tionen viel Geld unerläßlich ist? Im Verlaufe dieses Handels ließ ich das Spionengesetz zur Annahme bringen. Es ist nicht meine Schuld, wenn dasselbe nicht strenger zur Anwendung gelangte, und ich schwöre Ihnen, daß es anders geworden wäre, wenn ich noch länger im Kriegs- Ministerium geweilt hätte.“ ;

Das Kapitel der . und der Reservefonds schließt mit der Behauptung, General Boulanger hätte nach genauer Rechnungsführung 2000 Fr. aus seiner Tasche gegeben, aber sie von seinem Nachfolger Ferron nicht zurückverlangen wollen. Nach der ö. ung der Anklageschrift wären nämlich nach dem Weggange Boulanger's 30 0090 Fr. zu wenig in der Kasse gewesen, aber nun habe er in len den Empfangschein eines Al de Mondion vom 31. Mai 1887 beigebracht, dem— zufolge General Boulanger ihm für Missionen in Deutschland und Belgien 32 000 Fr. bezahlt habe.

Was die Anschuldigung betrifft, er hätte bei einem Ge— schäft mit dem „Avenir national“, einem Blatt, das ein kurzes Dasein fristete, Staatsgelder vergeudet, rühmt sich der ehe malige Kriegs⸗Minister wie folgt:

„Um meinen Kundschafterdienst zu ergänzen, welcher in Folge der Vorsichtsmaßregeln der fremden Regierungen sich immer schwieriger gestaltete, wollte ich ein Organ zu meiner Verfügung haben, das mir unter dem Vorwande auswärtiger Korrespondenzen dazu behülflich wäre, überall hin Agenten zu schicken und mit ihnen zu verkehren. Vor Allem wollte ich es ist ein ernstes Geständniß Leute unter der Hand haben, welche mit den Sozialisten eines gewissen Landes Be— ziehungen anknüpften, aus denen ich am Vorabende eines Krieges Nutzen zu ziehen gedachte; aber erst dann. Darum war mir Taran geleger, auf der Redaktion des Blattes Männer zu haben, die sich an sozialistischen Bewegungen betheiligt hatten.“ Des Weiteren ergeht sich die Antwort über das angeb⸗ liche Attentat, die falschen Angaben in Betreff der Hin- und Herfahrten Boulanger's zwischen Clermont⸗Ferrand und Paris, die Rolle, die er im Augenblick des Praäͤsidentenwechsels ge— spielt haben sollte, seine Geldmittel, die Bestechungsversuche u. s. w., und dann schließt das acht Spalten lange Schrift⸗ stück mit einem Appell an die Gerechtigkeit des Volks.

8. August. (W. T. B.) Die gestern früh von dem „Parti national“ und den meisten anderen Morgenblättern gebrachte Nachricht von der Verhaftung des Hauptmanns Bujac bestätigt sich nicht.

Bordeaux, 7. August. (W. T. B.) In dem Prozeß gegen Laisant, Laguerre und Déroöulsde wegen der Uebertretungen bei Gelegenheit des am 9. Juni in Angoulsme veranstalteten Boulangistenbankets hat der hiesige Appellhof heute das erstinstanzliche Urtheil bestätigt, durh welches Laisant freigesprochen und Laguerre zu 100 Fr. Strafe verurtheilt wurde. Anlangend Dẽeroulède, wurde das erstinstanzliche Erkenntniß, soweit es Dẽoroulde von der Anschuldigung der Widersetzlichkeit frei r gh auf

ehoben, und Déroulsde dieses Vergehens wegen zu 300 Fres. eldstrafe verurtheilt. Die Appellationskosten wurden Laguerte und Déroul sede zur Last gelegi.

Rußland und Polen. St. Peters burg, JT. August (W. T. B.) Heute fand im Großen Palgis zu Peterhof die kirchlich Trauung des Großfürsten Peter Nicolajewitsch mit der Prinzessin Miliza von Montenegro nach dem dafür aufgestellten Pro gramm stait. Der Feier wohnten sämmlliche Mitglieder des Kaiserlichen Hauses, der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg⸗Schwerin, der Herzog von Edinburg, sowie die höchsten Würdenträger und das diplb⸗ matische Corgz bei. An der Hochzeitstasel nahmen auch det deutsche Botschafter von SchweiniJz und der englische Bot⸗ schafter . hei ö Amyeiger

8. August. (W. T. B.) Der „Regierungs⸗Anzeige ,, . Verlobung 9 rin, r fin e . von ontenegro mit dem og Geor Leuchtenberg. ; .

. . 9 öh) giner. Bekanntmachung des Admiralitäts⸗Departements Narine Ministeriums werden von PNitte . bis Mitt September Minenübungen auf dem Müttelgrunde im Sun de abgehalten, werden. Der Uebungspiatz, der aun größeren Theil mit Minen belegt werden wird, wir

Kopenhagen, 6. ,, (6). Nah

lb für die Schiffahrt abgesperrt. Die nörd⸗ 6 oil des Grundes, Ellen von dem Seefort Dreikronen belegen, wird durch eine Leuchtfeuer⸗Macht und die zbrigen Seiten des Grundes durch grüne Bojen bezeichnet. ur Verhütung von Beschädigungen der Minen kabel, die zwischen eikronen und dem Uebungsplatze ausgelegt werden sollen, find besondere Bestimmungen wegen der Verankerung der Schiffe erlassen worden.

Amerika. New⸗York, 6. August. (A. C.) Das gonsfulat von Hayti hierselbst macht bekannt, daß Feneral Hippolyte kürzlich hart en nr, an⸗ egriffen habe, jedoch zurückgeschlagen sei und sich nach Saint⸗ arc zurückgezogen habe. Die Siour⸗Indianer

in Dako ta haben einen Vertrag unterzeichnet, Kraft dessen

auf 11 Millionen Morgen Landes ihres Reservat⸗ zebiets verzichten. Dieser Flächenraum wird An⸗ siedlern aufgeschlossen werden.

Afrika. Egypten. Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus?“ aus Toski, vom 6. August, lautet; .

Oberst Wodehouse meldet von Bellanag, daß der einzige am Leben gebliebene Emir der Derwische Wad el Sand ist. Dieser befindet sich mit 2120 Mann und S9 mit Wasser belade⸗ nen Kameelen in den bei Bellana liegenden Höhen. Wahrscheinlich bersucht er, Mataka zu erreichen; boffentlich wird er jedoch von der ron Wady Halfa entsandten Reiterei abgeschnitten werden.

amt

Seitungõftimmen.

Die „Nationallibergle Correspondenz“ erörtert in Folgendem die Lage der Reich sfinanzen: .

„Bie Ziffern über den Abschluß, des Reichs baushalts im Rech- nungẽjahr I888 / 89 bestãtigen die Vorhersage des Staatssekretãrs im Reichs⸗Schatzamt in Betreff der geringeren Erträgnisse der Brannt- weinderbrauchzabgabe und weisen einen Ausfall an der Zuckersteuer nach, der noch erheblich größer ist, als der Staatssekretäͤr während der letzten Ctatsberathung in Aussicht stellte. Das günstige Ge⸗ fammtbild der Reicksfinanzen vermögen diese beiden Einzelyosten ebensowenig zu berinträchtigen, wie den Eindruck einer vorsichtigen und den wirthschaftlichen Bewegungen mit Verständniß folgenden FReichs⸗Finanzgebahrung. Sieht man von der Branntwein.‘ und Zuckersteuer, sowie von der Börsenstempelsteuer zunächst ab, so haben die Zoͤlle, die indirekten Steuern, die Stempelgebühren und die Coßen Verkehrsanstalten an Einnahmen gewährt: 593,6 Mill. im Jahre 1887.88, 612,7 Mill. im Jabre 1885.89 und sind für das sanfende Rechnungsjahr geschätzt auf 604,5 Mill. Mark. Die letztere Ifffer entspricht der Behutsamkeit, mit welcher bei dem Voranschlag des Reichshaushalts verfahren zu werden pflegt. Wenn unvorher— gefehene Zwischenfälle nicht eintreten, ist aber wohl zu erwarten, daß die indirekten Einnabmequellen ihr natürliches Wachsthum abermals kewähren, so daß die Ist⸗Ergebnisse ebensJ das Vorjahr überragen werden, wie die jetzt bekannten endgültigen Ziffern von 1888/89 das Jabr 1887,88 überragen. So sind die Zölle mit 270.8 Mill. ver⸗ mschlagt, haben aber schon im vorigen Jahre rund 283 Mill. erbracht; die Brausteuer ist mit 20,2 um rund 2 Mill. niedriger veranschlagt, lz das Ist Ergebniß des letzten Jahres sich beziffert ü. s. w. Es läßt sich also, wenn die Entwickelung nicht gestört wird, mit Sicherheit auch für dieses Rechnungs⸗ jahr cine langsame Zunahme der (cben erwähnten Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr erwarten. Soweit hieraus eine Folgerung uf die allgemeinen wirthschaftlichen Zustände überhaupt berechtigt ist, führt sie zu dem Schlusse, daß Handel und Wan

del unter normalen Wachsthumsverhältnissen sich ent⸗

wickeln und daß insbesondere die Verbrauchs fähigkeit der Nation sich gehoben hat. Auch dieses Urtheil kann durch die Heranziehung der zunächst abgesonderten Ziffern der Zucker und Brarntwein⸗ und Börsenstempelsteuer nicht umgestoßen werden, Was letztere anlangt, so erscheint das rasche Aufsteigen deg Ertrags ron 19 Millionen im Jahre 1887,88 auf 2A Millionen im vorigen Jahre allerdings geeignet, das Augenmerk auf die Umsätze und namentlich auf die neuen Gründungen an der Börse hinzulenken und die Frage nahe zu legen, ab dieselben im rechten Verhältniß zu den gegebenen inneren Werthen der Verkehrsgegenstaͤnde sich bewegt haben. Doch sind Anzeichen einer unwirthschaftlichen Umfatz⸗ und Wertbsteigerung sonst nicht in solchem Maße vorhanden, daß nicht von einer Rückleitung zu den verständiger weise gangbaren Geschäftsbahnen Abhülfe erwartet werden tönnte. In der That dürfte der Reichs⸗Schatz sekretär gut daran gethan haben, sär das laufende Jahr nur knapp 206 Millignen in Einnahme gestellt zu haben. Gerade diese Position ist ihrer Natur nach außerordentlich wandelbar und will. nur derart bei der Ctataufstellung behandelt sein, daß Mindererträge nicht zu besorgen sind. Die Zucker, und Branntweinsteuer endlich befinden sich, erstere leider immer wieder, letztere begreiflicher Weise noch im unsichersten Stande der Entwickelung. Im Vergleich zu den Erfahrungen, zie Desterreich jetzt mit seiner neuen Branntweinsteuer macht, ist es mindestens nicht allzu tragisch zu nebmen, daß das vorige Jahr einen Ausfall von 385 Millionen bei der Brannt⸗ weinsteuer ausweist. Bei dem Voranschlag, in dem 118 Millionen Verbrguchsabgabe und Nachsteuer und 224 Millionen Maischraum⸗ und Materialsteuer angesetzt waren, feblte eben jede sichere Schätzung des etwaigen Rückgangs in der Erzeugung, bezw. im inneren Ver⸗ btarch. Immerhin hat der Branntwein, der im Uebergangs jahre 1887188 kaum 44, vorher nur ausnahmsweise einmal mehr als do Millionen eintrug, insgesammt rund 100 Millionen im Vorjahre bracht und wird auf zusammen 1351 Millionen Ertrag im laufenden Rechnungsjahre geschäßt. Wenn aber die wider Erwarten geringe CGinnahme für 1558/j869 und der, vielleicht auch in diesem Jabre zu Hesltigende Minderertrag in ursächlichem Zusammenhang mit dem Nehrertrag der Brausteuer stehen sollte, könnte man vom gesundheit lichen Gesichtepunkt aus mit der Wirkung der neuen Steuer ganz zu ˖ ftieden fein; die finanzielle Wirkung ist vorläufig nicht unbefriedigend.“

Zu der in Aussicht stehenden Begründung eines ö Zollvereins bemerkt die „Elberfelder

eitung“:

Am 14. Oltober wird in Wasbington ein Kongreß sämmtlicher menikanischen Staaten zusammentreten, zu dessen Programm auch ie Gründung eines amerikanischen Zollvtreins gehört. Die Idee ines einheitlichen und geschlossenen Wirthschaftsgebietes von der Beringö⸗ bis zur Magell anstraße ist nicht gerade neu; man ist der · selben schon öster begegnet, und sie ist sckon öoͤlter gescheitert.

mmerhin kann die europäische und die deutsche In— ustrie mit dem Aner kenntnifse zufrieden sein, welches für fie in diesem Projeit liegt. Unsjere Industrie bat namentlich auf den südamerikanischen Märkten fortgefetzt Terrain, meist auf Kosten Frankreichs oder auch Englands gewonnen; wenn aber die Industrie der Vereinigten Staaten dort mit der unsrigen ohne Hülfe eines gemeinfamen Zollsyftems nicht mehr zu konkurriren eh c. l kann uns dieses Anerkenntniß wider Willen nur schmeichel⸗

Das freundliche . der deutschen Behörden bei der Ueberführung der sterblichen Reste des Generals Cgrnot vnn Magdeburg nach Paris findet in dem Pariser »Figgro? folgende Würdigung: . ;

(Die Feierlichkeit, der wir beiwohnten, war nicht nur höchst findrucksvoll, sondern regt auch zu manchen Gedanken an. Zwei Tage ang waren in einer großen deutschen Stadt ein französischer Held und französische Gäste der Gegenstand aller Gedanken und aller

Sympathien. Zum ersten Male seit 1870 fand auf preußischer Erde eine freundschaftliche Kundgebung zwischen Deutschen und Franzosen statt Gine Bevölkerung von über 100 000 Seelen neigte sich achtungs voll vor den sterblichen Ueberresten Carnot' s, ob- wohl diese von der französischen Tricolore bedeckt und von einem Lieutenant begleitet wurden, dessen Uniform schließlich doch für Viele die des Feindes bedeutet. Während dieser Tage war ein Franzose in Magdeburg der Gegenstand besonderer Aufmerksam-⸗ keit und Liebenswürdigkeit ein Gast, dem man die größte Höflichkeit erwies. Und welcher Zuschauer hat wohl nicht an den sonderbaren Gegensatz in menschlichen Dingen gedacht, wenn er den prächtigen Vorbeimarsch der deutschen Truppen und dieses Gefolges von Gene⸗ ralen und hohen Beamten sah, mit dem einer der Unseren geehrt wurde? Das eine Volk ist bis an die Zähne gegen das andere be⸗ waff net, und doch beeilt es sich, wenn sich eine, ger. und schöne Gelegenheit bietet, dem andern die ausgezeichnetste Höflichkeit zu erweisen. Die Haltung der Deutschen verdient durchaus gelobt zu werden. Wenn ein Bewohner des Mondes mit einem Fern glase auf die Erde niedergeschaut hätte, so bätte er nur denken können, daß Franzofen und Deutsche zwei eng befreundete Völker sein müßten. Es war wahrhaft unmöglich, mehr zu thun, als die preußische Re gierung gethan bat... Im Augenblick, als Artillerie ⸗Unteroffi⸗ ziere den mit der Tricolore bedeckten Sarg aufhoben, bemächtigte sich Aller eine lebhafte Erregung. Ein fran zösischer General, getragen von deutschen Soldaten, war das nicht ein seltsamer Anblick Aber noch mehr: es war ein tief ergreifendes Schauspiel, eine glückliche und poetische Seite in der Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen. Alles in Allem genommen, war es eine Kundgebung, die eine se hr merkwürdige Erinnerung hinterlassen wird. Sie verdient, daß man ihr in Frankreich das gleiche Gewicht beilege, wie es die deutsche Regierung gethan hat.“

Die Revue über die englische Flotte.

An Bord des englischen Kriegsschiffes „Seahorse⸗, 5. August 1889. Schon am frühen Morgen hatten alle Schiffe Flaggengala angelegt Am Hauptmast wehte vereint die deutsche und englische Kriegesflagge. Das Wetter, welches am Morgen heftige Regenböen brachte, klärte sich gegen Mittag auf. Schon von Mittag ab waren die weit ausgedehnten Ufer, die Peers von Ryde, der endlose Strand von Ports mouth und Stockes Bay dicht von Menschen besetzt. Ebenso wie am Lande, war es auf dem Wasser. Auf dem gewaltigen Raume mehrerer Quadratmeilen lag Dampfer an Dampfer, Jacht an Vacht, Boot an Boot! Nur die großen breiten Straßen innerhalb der englischen Flotte, welche zu durchfahren mehr als eine Stunde Zeit in Änspruch nimmt, wurden völlig frei gehalten. Bedeutende Aufmerk- samkeit erregte auch die deussche Flotte. Die Panzerkolesse unserer Manöverflotte, die gepanzerten Kreuzer, die Avisos Greif und - Die Wacht“, an Deck alle Matrosen in ihren Paradeanzügen, machten durch die Stärke der Besatzung, die Haltung der Mannschaften einen vorzüglichen Eindruck. Die englische Flotte zeigte nach dein offiziellen Rapport die Stärke von 22 000 Mann Besatzung, gewiß eine statt⸗ liche Zahl. Die große Anzabl mächtiger Schiffe hätte aber vielleicht die dreifache Stärke der Besatzung erfordert. .

Um 33 Uhr Nachmittags verkündete der Donner der Kanonen, daß Se. Mazestät der Kaiser und König Sich an Bord der Vic⸗ toria and Albert“ begeben habe, an deren Hauptmast jetzt die Standarte des Kaisers neben der der Königin wehte. Se. Majestät hatte eng lische Admirals-Uniform angelegt; an Bord befanden sich Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin von Wales mit Töchtern, Se. Königliche Hoheit der Herzog von Cambridge, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein, Se Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen, der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Battenberg und das gesammte Gefolge. Es folgten eine Königliche Jacht mit den Lords der Admiralität, die Kaiser Jacht Hohenzollern und noch eine Königliche Jacht, während der Seahorse“ seitwärts die Victoria and Albert“ cotoyirte. Zuerst gab das deutsche Ge⸗ schwader beim Passiren der Victoria und Albert‘ den Kaisersalut, die Mannschaften paradirten. Ebenso paradirten die Mannschaften aller englischen Schiffe auf Deck und in den Ragen. Beim jedes maligen Vorbeifahren des Kaiserschiffes ertönte unter Mützenschwenken ein lautes dreimaliges . Zurrah!‘ Zuerst wurde die linke Staffel durch fahren. Kurz vor dem Passiren des Axmiralschiffes, Howe mit dem Ober befehlshaber Sir STommerell an Bord gab die gesammte englische Flotte den Kaisersalut. Der Kanal huͤllte sich in seiner ganzen Breite in Dampf. Es war ein großartiges Schau⸗ spiel, und die Salutschüsse bildeten einen ununterbrochenen, mäch⸗ tigen, weithin rollenden Donner! Das Passiren der Staffeln dauerte etwas mehr als eine Stunde! icht vor dem zweiten e f. der Howe“ ließ Se. Majestät der Kaiser und König durch

ignal alle Admirale und Schiffskommandanten an Bord rufen. Dem Sir Commerell reichte Se Majestãt die Hand, welche dieser entklößten Hauptes küßte. Se. Majestät sprach dem Admiral Seinen lebhaften Dank für die Leistungen der gesammten Flotte und die Revue aus, ebenso den Admiralen und Schiffekommandanken. Um 7 Uhr war die Revue beendet, und unter dem Donner der Kanonen lief die „Victoria and Albert‘ wieder der Rhede von Cowes zu. Gegen 43 Uhr batten sich Ihre Majestät die Königin Victoria von England mit den Damen Ihres Gefolges in OEborne Bay an Bord der Königlichen Jacht Alberta“ eingeschifft. Nachdem der Befehl gegeben war, Ihre Majestät an Bord nicht zu salutiren, war sowobl das deutsche als auch das englische Geschwader abgefahren. Die Musikcorps der deutschen Schiffe srielten die englische Nationallymne, und die Mannschaften k Parade an Bord während des Vorbeifahrens Ihrer

ajestãt. . .

Den ganzen Abend über berrschte an Bord der Schiffe und in den Hafenstädten und Badeorten lebhafter Jubel, und die freudige Festesstimmung erreichte erst ihr Ende mit Anbruch des Tages.

Am Abend empfing Ihre Majestät die Königin noch die von Berlin aus telegraphisch berbeorderte Deputation des 1. Garde⸗ Dragoner ⸗Regiments Königin von England, befstehend aus vier Offi⸗ zieren, mit dem Regiments ⸗Commandeur an der Spitze, und befahl Ihre Majestät die Herren nach der Audienz zum Diner.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterf rage,

Der Fürst von Pseß hat, wie der Gebirgsbote“ schreibt, auf seinen Gruben eine anerkennenswerthe y,, getroffen. Von jeder Abtheilung sind ein Häuer und von jedem Obersteigerrevier ein Schlepper als ständige Deputirte gewäblt worden. Die Deputirten treten vierteljährlich zu einer Versammlung zusammen, in welcher die etwa eingegangenen Beschwerden ꝛe. erörtert werden resp. ihre Erledigung finden sollen. Ueber den Gang der Berhand⸗ lungen wird ein Protokoll aufgenommen, das dem Fürsten zur Kenntnißnahme vorgelegt wird. Derselbe bat ferner bestimmt. daß fleißige und bewährte Arbeiter alljährlich eine Gratifikation erhalten; zu diesem Zweck ist eine bedeutende Summe ausgeworfen.

Kunst und Wissenschaft.

In dem Departement de Motzquitos der Republik Honduras sind. wie centralamerikanische Zeitungen melden, circa 750 englische Meilen oberhalb der Mündung der Flüsse Partook und Quamgroo von einem in Tegucigalpa ansässigen Deutschen, Namens A. J. Müller, die Ruinen einer, wie man annimmt, prähistorischen Indignerstadt aufgefunden worden, welche an Umfang, wie Zahl und Schönheit der vorhandenen architektonischen

Perus gleichkommen soll. Die Stadt ist nur von der Flußseite zu-⸗ gänglich, vom Lande her führt keine Spur eines Weges durch die umlicgenden Felsen und Sümpfe hindurch; aber auch vom Flusse her sind die Ruinen nicht sichtbar, da der Urwald sich zwischen sie und das Wasser eingedrängt und das alte Stadtgebiet selbst fast roll⸗ ständig überwuchert hat. Nicht einmal die dünngesäte Indianer⸗ bevölkerung der Nachbarschaft hatte eine Abnung von dem Vorhanden sein dieser Spuren einstiger Kultur, auch die alten Chroniken des Landes thun derselben keinerlei Erwähnung. Die Regierung von Honduras soll Hrn. Müller das Privilegium ertheilt haben., Aus= grabungen für seine Rechnung zu veranstalten. Die bisher angestellten Nachforschungen haben nach den Angaben der amerikanischen Zeitungen zahlreiche bemerkenswerth sauber gearbeitete Kunst- und Gebrauchs— gegenstände aus Stein, Urnen und andere Gefäße meist mit Schlangen⸗ und Schildkrötenköpfen, oder roh gezeichneten menschlichen Figuren geschmückt, zu Tage gefördert.

Brüsfel, 7. August. (W. T. B.) . Die erste Jahres versamm ˖

lung der internatienalen kriminalistischen Vereinigung wurde heute unter zahlreicher Betheiligung eröffnet. Die Versamm⸗

lung trat in die Ber-thung äber die bedingungsweise Freilassung von k ein und beschloß eine Ergebenheitsadresse an die belgische egierung.

Literatur.

Kaiserin Augusta. Von F. Bornhak. Volks, und Jugendausgabe Berlin, J. J. Heine's Verlag. (Pr. 80 3) Die Ver⸗ fasserin trägt mit die sem Buch dem vielfach ausgesprochenen Wunsch Rech⸗ nung, eine Volksausgabe der Lebensgeschichte Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Augusta zu liefern; die günstige Aufnahme, welche eine größere, reicher ausgestattete Ausgabe fand, läßt hoffen, daß auch die hier vorliegende in weiten Kreisen ihre Leser finden wird. In liebevoller Form wird uns ein fesselndes Bild von dem Wesen und der segensreichen Thätigkeit der hochbetagten Fürstin in diesem Buch geboten, welches die Verfasserin Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großberzogin von Baden gewidmet hat. Seiner Bestimmung als Volksbuch entsprechend, ist der Preis so normirt, daß die Anschaffung für Volks« und Schulbibliotheken mit wenig Kosten verknüpft ist. .

Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee. Von B. von Wern er, Contre⸗Admiral a. D. Leipzig, Verlag von F. A. Brockhaus. Von diesem gefälligen Werk liegen uns die beiden letzien Hefte vor, indem mit dem dreizebnten soeben der Schluß des— selben erfolgte. Es bringt zugleich das Borwort, in welchem der Verfasser nähere Mittheilungen über die Veranlassung zu der Arbeit giebt und die Hoffnung ausspricht: er möchte mit seinen Schilde rungen ein wenig dazu beitragen, daß die Südsee⸗Insulaner von den Europäern geschont und in ihrer Eigenart erhalten würden, indem man ihnen nur das nimmt, was die christliche Religion, den dortigen Verbältnissen angepaßt, fordern muß. Auch diese beiden Schluß lieferungen sind interessant im Tert und bringen eine Reihe hübsch ausgeführter Illustrationen.

Land⸗ und Forftwirthschaft.

Anklam, 6. August. Die „Anklamer Ztg.“ bringt folgende Mittheilung des Bauerhofsbesitzers O. Schultz in Postlow: „Ein neues Zeichen, daß die Steppenhübner doch einheimisch bei uns werden wollen, beweist folgender Fall: Am Sonnabend, den 3. August, hatte ich Heugras⸗Mäher in meiner Wiese beschäftigt, welche mir Mittags erzählten, daß sie ein besonderes, noch nie gesehenes Vogelnest gefunden hätten, in welchen, nach den ausgeschlüpften Schalen zu schließen, an 15 bis 18 Junge ausgebrütet waren, und sie hätten auch in der Nähe hiervon kleine, schwarze, den jungen Rebhühnern ähnliche Kücken gesehen. Hierdurch zur Neugierde angeregt, ging ich am Nachmittag mit, und es dauerte auch garnicht lange, so mähte einer von meinen Mähern trotz der Vorsicht, die ich ihnen anbefohlen hatte, einem von den kleinen Kücken beide Füße ab, welches ich nun gleich tödten ließ. Es war mir dies nun ein voͤllig unbekanntes Vögelchen, schwarz von Farbe, kurze Füße, spitze Flügel und einen ganz tleinen weißen Punkt vorn auf dem kurzen Schnabel Um mich herum piepten noch mehrere Kleine und ich ging nun auf dieselben zu in der Erwartung, die Alten von den Kleinen zu sehen, worin ich mich auch nicht getäuscht hatte, denn ich scheuchte bald eins von denselben auf und sah nun gleich, daß ich es mit den hier bei uns eingewanderten Steppenhühnern zu thun hatte, wovon ich noch in dem letzten Frübjahr einen ganzen Flug auf meinen Feldern gesehen hatte.“

Handel und Gewerbe.

Im Monat Juli er. wurde auf dem A-Netz der Busch⸗ tiebrader GSisenbahn eine Mehreinnahme von lo 800 Fl. und auf dem B Netz eine solche von 18009 Fl. erzielt.

London, 7. August. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen ladung angeboten. z

8. . (W. T. B.) Die Bank von England

hat heute den Diskont von 25 auf 3 0 erhöht.

Snubmissionen im Auslande.

I. Italien.

21. September. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Rom und Präfekiur in Genua: Bau von Waarenballen in Metall konstruktion mit Rolljalusien (ehiusure avvolgibili) nebst Ausfüh- rung der dazu nothwendigen Maurerarbeiten auf dem Kai „Ponte S. Lazzaro“ im Hafen von Genua. Voranschlag 590 000 Lire, vor⸗ läufige Kaution 20 000 Lire.

Näheres an Ort und Stelle.

II. Niederlande.

17. August 1889, Vorm. 11 Uhr. Gemeentebestunr zu Tilburg: Lieferung von 30 gußeisernen Laternenpfählen für die Gemeinde gasfabrik daselbst. . ö

Auskunft an Ort und Stelle. Bedingungen käuflich für 0, 20 Fl. in der genannten Gasfabrik.

Verkehrs ⸗Anstalten.

Auf den Linien der Großen Berliner Pferde ⸗Eisen; bahn -Attiengesellschaft sind in Monat Juli sz 5 436 096 Personen befördert und dafür 1100 839, 38 6 oder durch⸗ schnittlich auf den Tag 35 510. 85 6 eingenommen. Die Einnahme im Monat Juli 1858 betrug 995 508,05 Æ oder durchschnittlich auf den Tag 32 113, 16 4 ; ö

Dresden, 7. August. Man theilt dem Dr. Zourn. von zu⸗ ständiger Seite Folgendes mit: ‚Die . Wurzener Zeitung brachte in ibrer Nummer vom 17. v. M. eine Korrespondenz aus Dresden des Inhalts: daß die bei dem Unfalle in Röhrm gos am 7. v. M. verunglückten Eisenbahnreisenden aus Eibenstod in Nürnberg wegen schlechten Ganges des ausgelaufenen sächsischen Durchgangs wagens ihre Plätze mit solcken in einem anderen Wagen demselben, welcher bei dem unfalle zertiümmert wurde vertauscht batten und daß also, wenn jener sächsische Wagen nicht so ausgelaufen gewesen wäre, die Reisenden aus Eibenstock von dem Unfalle nicht betroffen worden sein würden. Mit dieser Notiz ist dann noch die Frage verknüpft; Wer trägt also indirekt Schuld am Tode der Eibenstocker! Durch die in Folge jener Korrespondenz angestellten Erbebungen bat sich berausgestellt. daß die darin gebrachten Angaben auf Unwahrheit beruhen, denn die verunglückten Reisenden haben den sächsischen Durchgangswagen überhaupt gar nicht benutzt. Sie, haben in Reichenbach den Schnell sug der Linie Leipzig = Hof bestiegen und ihre Plätze in einem saächischen Wagen erhalten, der nur bis Hof zu laufen hatte. Auf diefer Endstation des sächsischen Bahnbereichs waren sie daher zum Wagenwechsel genöthigt und bekamen Plätze in einem baperischen

Ueberreste den größten und berühmtesten Baudenkmälern Mexikos und

Wagen, nicht aber im sächsischen Durchgan Swagen. Da sie in letz

w