1889 / 187 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Aug 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Gestern führten Se. Majestãt Ihre Majestãt der Königin von England die Mannschaften des deutschen Geschwaders am Schloß von Osborne in Parade vor. Abends erfolgte die

Abreise Sr. Majestät.

Ueber die Anwesenheit Sr. Maiestät des Kaisers und Königs am englischen Hofe liegen heute folgende

Meldungen des „W. T. B.“ vor: * 8. August. In den Gärten von Osborne House

and heute Vormittag eine Parade der Offiziere und Mann⸗ Hh des deutschen Geschwaders vor Ihrer Maj estät der Königin Victoria statt. Se. Majestät der Kaiser, Allerhöchstwelcher die Uniform eines englischen Admirals trug, befehligte persönlich die in der Stärke von etwa 1509 er— schienenen Matrosen und hatte dieselben in einem Carrs aufgestellt. Der Parade wohnten Se. Königliche Hoheit der Prinz von Wales und die anderen Mitglieder der Königlichen Familie jowie der erste Lord der Admiralität, George Hamilton, bei. Der Kaiser sprach nach der Parade den Mannschaften im Namen der Königin deren hohe Anerkennung für ihre vor— ügliche Haltung aus und schloß die Ansprache mit einem imaligen Hoch auf Ihre Majestät, in welches die Mann⸗ schaften enthusiastisch einstimmten. . . Abends trat Se. Majestät die Rückreise an. Bei dem Abschiede begleitete Ihre Majestät die Königin den Kaiser bis an den Wagen und küßte ihn auf beide Wangen. Sämmtliche Mitglieder des englischen Königs—⸗ hauses fuhren mit nach dem Quai von Osborne, wo sie von Sr. Majestät herzlichen Abschied nahmen; nur der Prinz und die Prinzessin von Wales begleiteten Se. Majestät bis zur Jacht „Hohenzollern! Nach einer sehr herzlichen Verabschiedung dampfte die „Hohenzollern“ Abends gegen 8 Uhr unter dem Donner der Geschütze nach Dover ab. Dort stößt die „Hohen⸗ zollern“ zu dem deutschen Geschwader, welches bereits um 4 Uhr Nachmittags zur Abfahrt nach Dover die Anker ge⸗ lichtet hatte und morgen in aller Frühe die Fahrt nach Ant⸗ werpen fortsetzen wird. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Au gusta empfing gestern den Besuch Ihrer Maje stät der Kaiserin und Königin und besuchte heute Aller— höchstdieselbe im Neuen Palais.

Die Allerhöchsten Kabinets⸗-Ordres, durch welche Se. Majestät der Kaiser und König Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien und Irland, Kaiserin von Indien das 1. Garde-Dragoner-Regiment und Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen von Groß— britannien und Irland, Herzog von Cambridge das Infanterie⸗Regiment von Goeben (Z. Rheinisches) Nr. 28 verliehen haben, lauten folgendermaßen:

Durchlauchtigste Großmächtigste Fürstin, Freundlich geliebte Muhme, Schwester und Großmutter!

Die aufrichtige Genugthuung über den mir gewordenen freund lichen Empfang in Ew. Königlichen und Kaiserlichen Majestät Landen bat in mir den innigen Wunsch angeregt, Ew. Königlichen und Kaiserlichen Majestät einen Beweis meiner herzlichen Zuneigung geben zu dürfen. Nicht besser aber weiß ich diese zum Ausdruck zu bringen, als wenn ich Ew. Königliche und Kaiserliche Majestät bitte, zu meiner Armee und Marine in nähere Beziehungen treten zu wollen und zu genehmigen, daß ich Ew. Königlichen und Kaiserlichen Majestãt Ernennung zum Chef des 1. Garde ⸗Dragoner⸗Regiments aussprechen darf. Meiner Armee, welche an meinem gegenwärtigen Aufenthalt hierselbst den regsten Antheil nimmt, wird dies zur hohen Ehre gereichen, umsomehr, da sie schon Ew. Königlichen und Kaiserlichen Majestät Herren Söhne zu ihren Mitgliedern zählen darf. Ich habe das 1. Garde⸗Dragoner ⸗Regiment gewählt, weil bei ihm mein riel⸗ geliebter Vater, Ew. Königlichen und Kaiserlichen Majestät Schwieger⸗ sohn Dienste geleistet hat, und weil das Regiment durch sein Verhalten in Krieg und Frieden mir dafür bürgt, daß es fich seines hohen Chefs allzeit würdig erweisen wird. Das Regiment wird fortan .1. Garde ⸗Dragenet Regiment Königin von England“ benannt und angewiesen werden, Ew. Königlichen und Kaiserlichen Majestät den Rapport und die Offizier ⸗Rangliste zu den bestimmten Terminen einzureichen. Indem ich noch binzufüge, daß Ew. Königliche und Kaiserliche Majestät mir durch Erfüllung meiner Bitte eine herzliche Freude bereiten, verbleibe ich mit der Versicherung der voll⸗ kommensten Hochachtung und unwandelbarer Freundschaft

Ew. Königlichen und Kaiserlichen Majestät freundwilliger Vetter, Bruder und Enkelsohn

Osborne, den 2. August 1889.

Wilhelm.

An die Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland, Kaiserin von Indien.“

Durchlauchtigster Fürst, freundlich lieber Vetter!

Ich möchte die jetzige freudige Gelegenheit Meiner Anwesenbeit in England nicht vorübergehen lassen, ohne den schon lange gehegten WBunsch, Ew. Königliche Hoheit in nähere Beziehungen zu Meiner Armee treten zu seben, zur Ausfübrung zu bringen, indem Ich Ew. Königliche Hobeit beute bitte, die Stelle als Chef des Infanterie · Regiments von Goeben (2. Rbeinisches) Nr. 238 annehmen zu wollen. Wie Ich auf die Erfüllung dieses Wunsches überhaupt hohen Werth lege, so möge Ew. Königliche Hoheit die Wahl gerade des genannten Regiments daran erinnern, daß dat selbe schon in früberen Zeiten aus Anlaß der treuen Freundschaft und glorreichen Waffenbrüderschaft zwischen Deutschland und England die Ehre Tgehabt: hat, einen hervor- ragenden englischen Feldberrn, den Feldmarschall Herzog von Wellington, lange Jahre an seiner Sxitze zu sehen. Das Regiment wird stolz darauf sein, fortan Ew. Königliche Hobeit, den jetzigen bewährten Oberbefehlshaber des britischen Heeres, seinen bohen Chef nennen zu dürfen, und es wird sich gewiß dieser neuen Ehre fortgesetzt würdig beweisen. Ich babe das Regiment angewiresen, Ew. Königlichen Hobeit den Rapport und die Offizier⸗ RNangliste einzureichen und verbleibe ö

Ew. Königlichen Hobeit freundwilliger Vetter Wilhelm.

Osborne, den 2. August 1889.

An des Prinzen Georg von Großbritannien und Irland, Herzogs von Cambridge Königliche Hoheit.“

Ihre Majestät die Kaiserin Augusta hat aus 3 des 50jãhrigen Dienst⸗ Jubiläums des Generals der Infanterie von Strubberg folgendes Handschreiben an denselben gerichtet:

Wohl selten hat das Jubiläum eines treuen Dieners der Krone und des Vaterlandes Mich mehr betroffen, als das Ihrige, folge Ich doch seit so langen Jahren mit Anerkennung und Theilnabme Ihrer ehrenvollen Laufbahn und bin Ich Ihnen für die Meiner Er⸗ ziehungs Stiftung als Kurator geleisteten selbsilosen und unschãtzbaren Dienste zu so warmem Dank verpflichtet. Sie kennen diese Ihnen gewidmete Gesinnung und Ich brauche sie heute kaum jzu wiederholen. Wenn Ich auf die Zeit zu⸗ rück blicke, die Sie in der Armee gedient haben, so ist sie in Meinem Gedäãchtniß untrennbar pon dem hehren Bilde des Kaisers und Königs, Meines heimgegangenen Gemahls, der Sie per⸗ söͤnlich ebenso schätzte, wie Er Ihr Wirken anerkannte. Ich glaube Iknen daher eine besondere Freude durch ein Andenken zu erweisen, welches dieses Bild vergegenwärtigen und Sie gleichzeitig erinnern soll an Ihre in Dankbarkeit Ihnen sftets wohl⸗

eneigte 6 Au gu sta.“ Babelsberg, den 8. August 1889.

An den General der Infanterie ron Strubberg. Berlin.

Der Bundesrath hat in der Sitzung vom 4. v. M. (G. 366 der Protokolle) beschlossen: . 1) dem §. 89 Absatz 3 der Ausführungsbestimmungen zum Zucker⸗

teuergesetz folgende Fassung zu geben:

; 6. . der GGfrghae bat der Lagerinbaber durch Unterzeicknung der Aufnahmeverhandlung als richtig anzuerkennen und zugleich ebenfalls schriftlich zu erklären, daß er fuͤr den Betrag der Verbrauchsabgabe, welche auf den Zuckervorräthen ruht, so weit die letzteren nicht etwa auf dem Fabriklager erweislich durch Zufall zu Grunde gehen, bis zum Nachweis der Entrichtung der Abgabe oder bis zur stattgebabten Abfertigung des Zuckers aus dem Fabriklager im gebundenen Verkehr die Haftung übernehme“, und . .

2) im § 12 des Zuckerniederlage ⸗Regulativs hinter haftet“ ein Komma und die Worte einzuschalten: ;

„insoweit der Zucker nicht etwa im Vergütungslager oder bei der Versendung ron demselben im gebundenen Verkehr erweislich durch Zufall zu Srunde gebt.“ . . ;

In einer Verfügung an die Prorinzial-Steuer⸗Direktoren vom 31. Juli bemerkt der Finanz⸗Minister, es werde durch vorstehenden Bundesrathsbeschluß anerkannt, daß für Zucker, welcher vor dem Uebergang in den freien Verkehr erweislich durch Zufall zu Grunde geht, weder die Verbrauchsabgabe zu entrichten, noch die gewährte Materialsteuervergütung zu erstatten ist. Ob und inwieweit ein zufälliger Untergang des Zuckers als erwiesen anzusehen sei, hat in jedem einzelnen Falle das Hauptamt nach Maßgabe der Bestimmungen unter 14 der Anweisung zur Ausführung des Vereinszollgesetzes zu entscheiden.

Der Reichstags⸗Abgeordnete für den sächsischen 11. Wahlkreis, Rittergutabesitzer Günther auf Saalhausen, ist, laut Mittheilung des W. T. B.“ aus Dresden, gestorben.

Der kommandirende General des III. Armer⸗-Corps, General: Lieutenant? nsart von Schellendorff, hat eine längere Besichtigungsreise angetreten.

Der Inspecteur der Feld⸗Artillerie, General⸗Lieutenant Jacobi, ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.

In der Ersten Beilage des „Reichs- und Staats— Anzeigers“ befindet sich das „Gesetz, betreffend die Für— sorge für die Wittwen und Waisen der Geistlichen der evangelischen Landeskirche in den neun älteren Provinzen der Monarchie, vom 15. Juli 18892, sowie das „Kirchengesetz, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Geistlichen, vom 15. Juli 1889“.

Baden. Karlsruhe, 7. August. (W. T. B.) Die Karlsruher Ztg.“ meldet: Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen wurden bei der gestern Nachmittag gegen 3 Uhr erfolgten Ankunft auf der Mainau am Landungsplatz von Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin in tiefer Bewegung begrüßt. Ihre König⸗ liche Hoheit die Kronprinzessin ist schon seit längeren Jahren nicht mehr auf der Mainau gewesen, Höchstdieselbe war daher durch das Wiedersehen sehr ergriffen. Der heutige Geburts—⸗ tag Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin wurde im engsten Kreise im Stillen begangen, wie überhaupt der Aufenthalt auf der Mainau nur der Pflege der Gesundheit Höchstderselben gewidmet und in strenger Zurückgezogenheit und unter Vermeidung aller Ermüdungen zugebracht werden wird.

Hessen. Darmstadt, 9. August. (W. T. B.) Se. Najestät der König von Rumänien ist zum Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs in Seeheim ein— getroffen und beabsichtigt am Nachmittage nach Frankfurt a. M. zurückzureisen. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich von Preußen ist nach Berlin abgereist.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 8. August. (W. T. B.) Der Kaiser empfing heute den gestern von seiner Inspek— tionsreise zurückgekehrien Erzherzog Albrecht in langerer Privataudienz. Gestern Vormittag hatte der Kaiser den Reichs Finanz Minister von Kallay, welcher Bericht über seine Reise nach Bosnien erstattete, in befonderer Audienz empfangen.

Nach der Pol. Corr.“ werden sich nachste ende Per⸗ sonen bei der Reise nach Berlin im Gefolge des Kaisers und des Erzherzogs Franz Ferdinand von DOesterreich-Este befinden:

Der General- Adjutant Sr. Majestãt Me Eduard Graf Paar; der Kammer- Vorsteber St. Kaiserlichen und Königlichen Hobeit des Eriberzogs Franz Ferdinand von Desterreich ⸗Este, Oberst Leo Graf Wurmbrand⸗Stupvach; die Flũgel Adjutanten Sr. Majestãt: Qberst· Lieutenant Anton Resch. Korvetten Kapitän Moritz Sachs, Major Rudolpa Freiberr von Saar; der Adjutant des General ⸗Adjutanten Sr. Majestät Hauptmann Oskar Freiberr Weber von Ebenbof.

Von der Militärkanjilei Sr. Majestät: der General⸗ Adjutant und Vorstand der Militärkanzlei St. Majestät, GM. Artbur Bolfras von Ahnenburg; der Oberst⸗Lieutenant Albert von Koller; Official Arollinar Skfibniem ski; Official Moritz Chalaupka.

Von der Kabinets kanzlei Sr. Majestät: der Kabinets⸗ Tirektor Staaterath Arolvh Freiherr von Braun; der Kabinetssetretãr Regierungs- Rath Karl König von Aradrär; Hofsekretaͤr Franz von Hawerda⸗Webrlandt.

Vem Oberst⸗Hofme isterstabe: der Direktor für Hof⸗Eisen. babnreisen, Hofrath Alexander Ritter ron Klaudv; Reise· Rechnung. fübrer, Hof⸗Zahlamte ka sirer Eugen Dolezalek; Hofarzt Dr. Friedrich

Allmayer.

Vom K. un7 K. Ministerium des Aeußern: der Minister des Kaiserlichen Hauses und des . Gustav Graf Kalnoky von Köröspatat; der Erste Sektions Cbef Ladislaus von Szöghend⸗ Marich; Legations ˖ Rath Christoph Graf Wydenbruck.

Ferner; der Chef des Generalstabes Z3M. Friedrich Freiherr von Beck; Hauptmann Victer Dankl, zur Disposition des Chefs dez Generalstabez. .

Außerdem wird sich eine Anzahl von Ordonnanzen und Dienern im Gefolge Sr. Majestät befinden. Ueberdies werden nach Berlin vorausgesendet; der Erste Stallmeister Qberst Aram Berjericho be Berzericje et Kakas⸗Lomnitz mit einem Oberbereiter, einem Bereiter und mehreren Hofreitknechten.

Frankreich. Paris, 7. August. (Fr. C) Bou— langer hat heute seine Kandidatur im 18. Pariser Arrondissement und Rochefort seine für das 19. Ar— rondissement guf, der Seine⸗Präfektur anmelden laffen, weil sie nicht die Erklärung abwarten wollen, nach der sie als flüchtige Angeklagte aller bürgerlichen Rechte verlustig sind.

5. August. (W. T. B.) Im Palais Luxembourg fand heute Nachmittag die erste Sitzung des obersten Staatz—⸗ gerichtshofes statt. An den Eingängen zum Palais hatte sich nur wenig Publikum angesammelt, die gewöhnliche Wache war durch ein Bataillon an ne vermehrt. Die Sitzun wurde um 11 Uhr eröffnet. Der vom Gerichtsschreiber Sorel vorgenommene Namensaufruf ergab, daß 26 Senatoren fehlten. Der Gerichtsschreiber verlas sodann mehrere auf den Prozeß bezügliche Altenstücke; hierauf nahm der General— Staatsanwalt das Wort zur Begründung der An— klage und legte dar, daß Boulanger sowohl als Direktor der Abtheilung für Infanterie im Ministerium des Krieges, wie während seines Kommandos in Tunis und als Kriegs-Minister komplotirt und Ver— bindungen mic verdächtigen Persönlichkeiten unterhalten habe, um für sich Propaganda zu machen. Hierauf trat eine Pause in der Sitzung ein. Nach Wiederaufnahme der Sitzung setzte der General-Staats anwalt sein Plaidoyer fort; er wies auf die von Boulanger begangenen Handlungen der Un— redlichkeit und Untreue hin und kam dann auf die Rollen zu sprechen, welche Rochefort und Dillon ge— spielt hätten, die als Mitschuldige Boulanger's anzusehen seien. Mit einer Schilderung des Vorlebens Dillon's, eines ehemaligen Offiziers, der aus der Armee ausgeschloffen worden sei, schloß der General-Staatsanwalt für heute sein Plaidoyer; die Sitzung wurde zur Fortsetzung desselben auf morgen vertagt.

Die der Rechten angehörenden Mitglieder des Gerichtshofes beschlossen, sofort nach Verlesung der An— klageschrift die Kompetenzfrage aufzuwerfen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. August. (W. T. B.) Der Herzog und die Herzogin von Edin⸗ burg sind heute Abend in das Ausland abgereist.

Italien. Rom, 8. August. Ein Telegramm aus Neapel meldet das heute daselbst erfolgte Ableben des ehemaligen Minister-Präsidenten und Ministers des Aus⸗ wärtigen, Cairoli.

(Benedetto Cairoli, im Jabre 1326 in Pavia als Sohn eines Arztes geboren, studirte in Zürich und betbeiligte sich an den Kämpfen der Garibaldi'schen Fzeischaaren bei Calatafimi, vor Palermo (1830) sowie bei Mentana (1867). Seit dem Jahre 1860 gehörte er dem Parlament an, wo er auf der äußersten Linken seinen Platz nahm und 1878 zum Präsidenten gewählt wurde. Vom König nach dem Rücktritt Depretis mit ver Neubildung des Kabinets beauftragt, übernahm er die Präsidentschaft desselben und nach der Demission Corti's auch das Ministerium des Aeußern Bald darauf war es ihm vergönnt, durch seinen Muth und seine Geistesgegenwart den König Humbert vor dem Dolchstoß des Verkrechers Paffanante (in Neapel, am 17. November 1878) zu bewahren, wobei er selbst erheblich verwundet wurde. Im Dejember desselben Jahres legte er sein Portefeuille nieder, um im Juli 1879 abermals Mmister⸗ Ptäsident zu werden. In dieser Stellung, die er bis zum Jahre 1881 bekleidete, gelang es ihm, die Abschaffung der Mablsteuer und des Zwangscourses durchzusetzen. In den letzten Jahren beschränkte er sich auf die Führersckait der radikalen Partei im Parlament)

(W. T. B.) König Humbert kondolirte der Wittwe Cairoli's telegraphisch Namens der Königlichen Familie; ebenso sprach der Minister-Präsident Crizspi im Namen der Regierung sein Beileid aus. Sämmtliche Zeitungen widmen dem Dahingeschiedenen warme Nachrufe. Der König hat angeordnet, daß die Leichen feier auf seine Kosten statt⸗ finden soll, da Cairoli in der Königlichen Villa Caps di Monte gestorben ist. Der Feier werden Crispi und sämmtliche Minister beiwohnen. Die Leiche wird dem Wunsche Cairoliss entsprechend nach Groppello übergeführt. Die Börse bleibt am Beisetzungstage zum Zeichen der Trauer geschlossen.

8. August, Abends. Das Journal „Esercito“ meldet, daß vom 10. d. M. ab 70 000 Mann vom stehenden Heere unbeschränkten Urlaub erhalten würden. Es gehe daraus hervor, daß die Befürchtung, der Friede könne gegen⸗ wärtig gestört werden, nicht ernst zu nehmen sei. Das Gerücht von einer Demission des Kriegs-Ministers erklärt der „Esercito“ für unbegründet.

Schweiz. Bern, 8. August. (W. T. B.) Das Fürstenthum Monaco ist der internationalen Kon⸗ vention über den Schutz des literarischen und künstlerischen Eigenthums beigetreten. Hiervon sind die an der Konvention betheiligten Staaten in Kenntniß ge— setzt worden.

Niederlande. ar; 8. August. (W. T. B.) Von einer angeblichen Verschlimmerung in dem Befinden des Königs, wie solche von auswärtigen Blättern gemeldet wurde, ist hier Nichts bekannt.

Türkei. Aus Athen, vom 6. August, wird dem Standard“ berichtet: „Der griechische Can fn in Heraklion auf Kreta meldet, daß dort ein blut iger Kam pf zwischen Türken und eingeborenen Kretensern stattgefunden . 10 Personen wurden im Ganzen getödtet. Die türkischen Truppen schritten nicht ein.“

Bulgarien. Sofia, 8. August. (W. T. B.) Prinz Ferdinand ist hier wieder eingetroffen. Der Minister Strans ky ist auf Urlaub geen f ö

Die bulgarische Regierung hat, wie die „Corr. de l'cst mittheilt, die Enrsendung des Generalstabs-Chefs, Oberst⸗Lieutenants Petrow, zu den großen Manövern der ssterreichisch-ungarischen Arm ee beschloffen, welche im September stattfinden werden. Diesbezüglich richtete die Regierung eine Anfrage an das zskerreichische Kriegs= Ministerium.

Afrika. Egypten. Aus Kairo, vom 7. August, meldet ein Telegramm des „Reuter schen Bureaus“:

Die egyptischen Truppen räumten Sarras und besetzten den zwischen Sarras und Wadi Halfa gelegenen Ort RFatuka. Ueber 200 Flüchtlinge von Wad-el. Njumi's Streit- nacht sind in Bellana angekommen und viele andere wurden von ken Kanenenbogten aufgenommen. In Tos ki befinden sich über 1200 selcher Flückilinge. Bellana wird von dem 109. egvptischen Bataillon bejckt gehalten, während das 9. und 13. Bataillon nach Wadi Haffa arücgek. brt sind. Vier der in der Schlacht bei Toski ver⸗ nundeten egyptischen Soldaten sind gestorben. Bezüglich

Gerüchte über, das Bestehen eines geheimen Ein rerständnisses zwischen dem gefallenen Derwischführer Niumi und Personen in Unter, und Ober ⸗Egypten ist E bekannt. daß gewisse Leute von unbedeutendem Einfluß in Bimban, Keneh und Kairo in Briefwechsel mit ibm standen; aber die Reldung des Londoner Daily Chronicle, kaß ein verrätheriscker Briefwechsel in Njumi's Lager entdeckt worden sei, durch welchen kotgestellte Staats beamte kompromittirt würden, entbehrt der Be⸗

gründung.

mn,

Zeitungõstimmen.

Für die sächsischen Landtagswahlen ist das Kartell iwichen Nationalliberalen und Konservativen wieder neu geschlossen worden, und zwar im Wesentlichen mit Rücksicht auf die bevorstehen den Reichstagswahlen. Aus diesem Anlaß schreibt das „Chemnitzer Tageblatt“ über die Bedeutung des Kartells:

Es ist nicht der Zusammenschluß von Nationalliberalen und Fonservativen, worin die Bedeutung des Kartells liegt und was die Ozpesitionellen fürchten. Wesen und Bedeutung des Kartells unde die Ursache der Frrcht, welche das selbe den Oppositionsparteien einflößt, liegen vielmehr darin, daß nicht bloß die ausgesprochenen Ankänger der natiornalliberalen und der konservativen Partei sich zu gemeinsamem Handeln zusammengefunden haben, sondern daß auch, allen Denen, welche, sei es aus Widerwillen gegen des Parteigezänk, oder sei es, weil keine der bestebenden Parteien ren politischen Ueberzeugungen entspricht, keiner Partei angehören, abet vom nationalen Gedanken erfüllt und in Treue zu Kaiser und Reich steber, die Möglichkeit des Anschlusses geboten ist. Es giebt eine große Menge von Wählern, die sich nicht in den Dienst einer bestimmten Partei stellen wollen, die aber recht gern zur Urne treten rürden, wenn sie damit nicht für eine beftimmte politische Richtung Partei ergreifen müßten. Diese Möglichkeit gewäbrt ihnen da? Kartell. Es giebt ferner eine ganze Menge von Leuten, die aus den Banden einer extremen Partei, in denen sie sich nicht mebr wohl Käblen, gern berauskommen möchten, wenn sie dies in der Art thun onnten, daß sie damit nicht einen radikalen Bruch mit ihrer politischen Vergangen heit vollziehen müßten. Diese Leute, und es sind baupt sächlich ebemalige Anhänger der alten Fortschtittspartei, finden im Kartell das, was sie suchen Das Kartell ist gewissermaßen varteilos, d. b. es steht über den Parteien insofern, als es die einigenden Punkte der staatserbaltenden regierungsfteundlichen Ordnung parteien in den Vordergrund stellt und alles Trennende möglichst weit zurückdrärgt. Es ist eben die Vereinigung aller wabren Reichs⸗ und Vaterlandsfreunde zu gemeinsamem Kampfe gegen alle Die— kerigen, welche Feinde einer rubigen Entwicklung der Verhältnisse in Feich und Staat auf dem Boden des historisch Gewordenen sind. Das Kartell ist, um es kurz zu sagen, der Sammelplaß aller ver— ständigen Leute, die nicht dem Götzendienste eines einieitigen Partei- rtogtamms ergeben sind. Und weil es das ist, deshalb wird es von Aen Denen gehaßt, verdächtigt und verhöhnt, welche das eigene Intereffe über das Gemeinwohl stellen und im Nebel des Partei geistes die Freiheit des Blickes für das, was wirklich Neth thut und lam allgemeinen Besten dient, verloren baben, die vom Untrieden und ren der Unzufriedenheit der Bürger leben und deshalb eine rubige, gemäßigte und gedeihliche Weiserentwickelung der deutschen Politit richt wänschen können. Diese Leute setzen seit Jahr und Tag ver— gebens alle Hebel an um das Kartell zu untergraben und jene Ver⸗ mdung besonnener Anhänger verschiedener Weltanschauungen zu Frengen, welche der weinhin sichtbare und nicht mißzuverstehende lusdtuck der erfteulichen Thatsache ist, daß die deutsche Staats krnst sich stetig auf einer mittleren Linie bewegt und die Geister ikt zu verhetzen, sondern zu versöbnen sucht. Es liegt in er Natur der Sache, daß einem xratriotischen Zusammenwirken kecksinniger Liberaler und konservativer Männer sich ab und zu Schwierigkeiten in den Weg stellen, daß der gegensäͤtzliche Ünter⸗ Fund der politischen Neberzeugungen, der ron starken gemeinsamen Empfindungen überdeckt war, an die Oberfläche iritt und daß Kurz⸗ sichtigkeit und Verflimmung über dem Parteirortheil des Augenblicks die großen vaterländischen gar fe und das Wehl der Gesammt⸗ keit vergessen. Solche Mißbelligkeiten und Verstimmungen werden immer wieder überwunden werden, so lange ein lebendiges und nächtiges Nationalgefübl alle kleinlichen Gesichtspunkte in die jweite Linie dtãngt⸗

Zu dem Thema Terminhandel im Kaffeegeschäft wpricht sich die „Bayerische Handelszeitung“ folgender⸗ maßen aus: Mit Einfübrung des Terminbandels hat sich ein neuer Faktor nie Vermittlung zwischen Produktion und Konsum eingedrängt, ja nicht nur ctwa gleichberechtigt eingedrängt, sondern er bat förmlich ie Fübrung übernommen und durch seine Extravaganzen den früheren seliden Handel start erschüttect und unsicher gemackt. Zu Gunften des Termiabandels wird von den Vertretern des selben angeführt, daß der⸗ Ilbe im gegenwärtigen Zeitalter des Tampfes und der Elektri; itãt fr den zokbandel, wenn er sich seinen Plaz auf dem Weitmarkte sichern xill. nicht zu entbehren sei; er soll als Versicherung dienen für den Frrorteur, welcher die Preisschwankungen zwischen der Zeit der Ab⸗ dur in fernen Landen und der Zeit der Ankunft am europäischen Seerlatz nicht auf sich nehmen will; er soll dem Großhandel die Nöalid teit gewäbren, durch Abschlüsse auf spãtere Licferungstermine ich einen ibm günstig erscheinenden Preis für zu erwartende Waare ä sichern; er soll endlich auch den Besitzer von effettiver Ware in Stand setzen, sein Lager zu versichern auf die Weise, daß er, Wer er glaubt, ein erreichter hoher Cours werde nicht so lange Elten, als bis er feinen Vrrratk umgesetzt hat, eine entsprechende Dmität an der Börse verkauft und sich auf diese Weise den Nutzen tert. Wenn der Terminbandel in diesem Rahmen geführt würde, ut die se Aufgabe zu erfüllen sich zum Ziele fetzte, fo ließe fich gan; riß nichts dagegen einwenden. Lie ferüngegeschäfte und Spekulation n Waarenbandel haken ibre volle Berechtigung. wie jd auch vicle uduftriezweige obne Lieferungsabschlüsse nicht existiren konnten. Das ermingeschäft giebt sich wohl den Schein eines Lieferungsgeschäffes, aber nach und nach zu einem Spiel ausgeartet, und zwar zu einem Erie der schlimmsten und gefäbrlichften rt, welches die Mioral in * Heschaft welt untergräbt, die Soliditãt und das Vertrauen, das Gren cke sPbedem gengssen bat, vernichtet und den Nationalwehlstand ent.. Mit dem Terminkandel baben fich Glemente in den gute bineingedraͤngt und die Sberhand erhalten, welche von einem 23. und Empfangen nichts wissen wollen sondern nur darauf aus · ö. durch größere oder kleinere Schwankungen ihre Differenzen ein · insen. . Daß hiervon der Sandel und der Konfum voribeil. 1 beeinflußt ist, wird besonders in Anbetracht der in den letzten eren durchgemachten Erfahrungen Riemand ernstlich bebaußten 2 Das Getriebe an den Terminbörfen bat sich auch tbatsächlich 4 mem reinen Spiel entwickelt, und wir feben bei unserer vorge⸗ Ttittenen Civilisation Dinge vor sich geben, gegenüber denen

e wi eren Spielbanken in Baden⸗Baden, Wiesbaden und Homburg, in ie die noch exisirende in Monaco reine Kinderei genannt werden nen. Wer an einer Spielbank fein Geld verliert, muß dasfelbe

in erster Lixie auch besitzen und das Opfer persõnlich unter Aufopfe⸗ Tung von Zeit an Ort ünd Stelle tragen. Das Alles ist bei einer Betheiligung am Kaffeeterminbandel nickt nötbig. Der verhälmniß mäßig kleine Cinschuß wird unter Um ständen kreditirt, und erft wenn Preis schwankungen jum Nachtbheil eintreten, müßen die Nachschüsse geleistet werden. So wird die Spielwuth förmlich groß gejogen, und wenn bierüber statifstische Aufjeichnungen existirten. würde man wabr⸗ scheinlich flaunen, welche Opfer dieselbe verschlungen bat.

Statiftik und Volkẽwirthschaft.

Statistik der Krankenversicherung der Arbeiter im Jahre 1887.

Nach den vom Kaiserlichen Statistischen Amt in Band 38 (Neue Folge) verõffentlichten Tabellen und Erlãuterungen zu denfelben ketrug die Zabl der Mitglieder der 7, nach dem Gesetz über die Kranken' versicherung der Arbeiter vom Jahre 1883 organisirten, Kaffenarten, auf welche sich die Angaben erstrecken (öas Gesetz über die Unfall und Krankenversicherurg der land und forstwirtbshaftlichen Arbeiter ift in den eirzelnen Staaten erst theils im Jabre 1858, tbeils mit 1889 in Kraft getreten), am Sckluß des Jahres 1887 4812226 Personen und wenn man die naxpschaftskaffen (zur Krankenversiche⸗ rung der Arbeiter in Bergwerken, über welche von Reichswegen keine Nachweise geführt werden) dan re Lnet, 5 225 287 Personen. Da sich die Reichs bevölkerung für Ende 1887 auf 47776 5600 Einwohner berechnet, so machten die Versicherten demnach 10,9 0 derselben aus.

Auf die einzelnen Kassen arten kamen: Gemeinde ⸗Krankenversiche⸗ rung 628 955 Personen (1300 bejw., wenn mar die Knappfchafts⸗ kassen mit einrechnet 12,1900), auf die Orts. Krankerkassen 1 369 016 Personen (39 4 bezw. 36,5 o), auf die Betriebs, (Fabrik) Kranken= kasen 1 374 683 Personen (285,4 bezw. 25,3 C), auf Tie Bau⸗rankfen—⸗ kassen 17311 Personen (9.3 kezw. O, 3 oJ, auf die Innusgs. Kranken. lasen 41 7090 Personen (0.8 bew. C, S vo), auf die eingefchrie benen Hülfe. kassen 727 127 Personen (15,0 bejw. 13, 9 Cο, auf die landesrechflichen Hülfekaßsen 1475 371 Per enen (3,0 bezw. 2, So/sch. Die Knaprfchafte— kafsen zäblten 383 661 Mitglieder oder 7.3 νο9. Der Mitgliederjakl nach stehen mithin voran die Orts. und die Betriebs. Krankenkasfen; dann folgen die eingeschriebenen Hülfs⸗ und die Semeinde⸗ Kranker kaffen (bier wären die Knappschaftekassen einzuschalten), dann die landes rechtlichen Hälfekasen, die Innungs⸗ und zuletzt die Bau-Krarken. kaffe. Im Jahre 18587 katie die letztgenannte Kategorie die relativ stärkfte Zunabme an Mitgliedern aufjuweisen, nämlich 5i77 Perfonen (42.7 9), indefsen kann auf die Zablen dieser Kassenart kein großes Gewicht gelegt werden weil sie für besendere Unternehmungen und auf kurze Witksamkeit berechnet sind. Die beiden Arten ron Hülfskasfen zeigten eine etwas läufige Bewegung: die eingeschriebenen Hülfe kafsen batten Ende 1387 1 Kaffe weniger und nur 2975 (EO, 40 /o) Mitglieder mehr als zu Arfang, die landesrechtlichen Hälfèekassen 2 Raffen weniger und 1964 Mitglieder (1,4 c) weniger als zu Anrang 1857.

Die Zahl der Kafsen war Ende 1887 (gegen Anfang 1887: Ge—

meinde Franken rersicherungskassen 7343 (gegen 7228), Ortẽ-Kranken= kafsen 3754 (3716. Betriebs-Krankenkassen 5724 (5664), Bau. Krankenkassen 98 (33), Innungs ˖ Kranker kafsen 350 (328. einge— schriebene ülfskafsen 1838 (1839), landesrechtliche Hülfskafsen 466 (468) z sie hat zugenommen um 257 Kassen (19573 gegen 193358)

Die Mitgliederzahl hat sich im Jahre 1887 um 282208 (62 Cο) vermehrt; bei den Gemeinde ⸗rankendersicherrngskassen betrug die Zunchme 5494 (O, 9 ), bei den Otts. Rrankenfassen 209 259 123 0), bei den Betriebs- Krankenkassen 54216 (4, 160, bei den Bau⸗Krankenkassen 5177 (42.7 60), bei den Innungt. Kranken⸗ kafsen 7051 (20,3 ͤ¶), bei den eingeschriebenen Pülfekassen 2975 (9,4 ), während die landesrechtlichen Hülfekassen, wie schon erwähnt, eine Abnabme um 18614 Mitglieder (1.4 0) aufjuweisen haben.

Was die Vertbeilung der Kassen auf die einzelnen Staaten des Deutscken Reichs beirifft, so batten die meisten Kassen: Preußen S747). Bayern (4321), Sachsen (2150). Hessen (713), Elsaß⸗ Lothringen (958), Baden (H55) c.; der Gefammtzabl der Mitglieder nech stand ebenfalls Preußen voran (2510 676), dann aber folgte Sachsen (610 906), hierauf Bavern (411 808). Hamburg (255 1851 in 172 Kassen). Elfaß Lotbringen (174 085), Württemberg (1698 214), Baden (151 758), Hessen (168 072) 2.

Der Umfang der durch die Kassen vermittelten Krankenfürsorge drückt sich in den Zablen der Erkrankungsfälle und Krank heitstage aus (mebrere Erkrankungsfälle, welche im Laufe des Jahres ein und dasselbe Mitglied betrafen, find dabei eberso oft ge—= zäblt). Es kam nach den vorliegenden Berechnur gen auf ungefähr je 3 Versicherte 1 Erkrankungefall (U cuf: O4 Fall); mit anderen Worten (da die Fälle zwei bezw. mehrfacher Erkrankung im Laufe des Jahres dech wobl zu den Ausnahmen gehören) es erkrankte ungefähr 4 der Kassenmitglieder, und die Durchschnittsdaucr der Krarkbeit, soweit sie Aufwendungen der Kasse zur Folge katte, war etwas über 2 Wochen. Die meisten Erkrankungen fielen auf die in Bau⸗Krarkenkassen Versicherten. was wobl den bei Bauten häufig vorkommenden Verletzungen zuzuschreiben ist. Es kamen bei den Kafsen, welche während des ganzen Jahres in Thätigkeit waren, im Durckschnitt arf 1 Fall 1555 Tage und auf 1 Mitglied 94 Er⸗ krankungefälle und 5.8 Krankbeite tage (bei den Bau⸗-Krankenkaffen erf 1 Mitglied O5 bezw. 8.7).

Des Gesammt⸗Vermößen der während des ganzen Jahres 1887 thätig gewesenen Kassen belief sich am Schluß desselben auf 41 279 866 AÆ; die Gesammt Einnahmen betrugen 78 159 963 4, die Gesammt Ausgaben 60517278 0 Von den Einnahmen waren:; Beiträge 65 616 180 1, Eintrittszelder 1084774 66, von den Aufgaben: Krankheitskosten 54 768 504 , Verwaltungs kosten 3773 849 SM, andere 18752925 4 Auf 1 Mit glied kamen in Mark:; Vermögen 90, Einnaßme 171, Auscabe 13,2 (Krankbeitskosten 12.6, Verwaltungekosten O8). Die Krankbeits kosten erforderten auf den Krankheitsfall 31 8 , auf den Krankheitstag 2,90 * Für die einzelnen Kaffen⸗ arten erzah sich als Gesammtvermögen: Gemeinde -Kerankenverfiche⸗ rung 610 662 S6 (auf 1 Mitglied 1,0 6), Orts- Frankenkaffen 10746 390 M (6,2 6), Betriebs ⸗Krankenkassen 20 939 360 6 (13,6 „M6, Bau ˖ Krankenkassen 87 655 M (7,9 66) Irnungk⸗Kranken⸗ kassen 214 411 4 (5,5 „), eingeschriebene Hülféfaffen 5 Cost 247 4 (- 8 *), landesrechtliche Hülfekassen 3 668171 * (21.3 1. Hierbei ist zu bemerken, daß die Niedrigkeit des Ver—⸗ mögens der Gemeinde Krankenversichctrungen sich daraus er— klärt, daß kei dieser Kasserart ein Reservefonds nur dann argesammelt zu werden braucht, wenn Ucberschüsse vorbanden und etwaige Vorschüsse den Gemeinden zurückgezahlt sind, während bei den Orts . Betriebs, Innungs⸗Krankenkassen und den n, , Hülfekafsen mindestens 1,10 des Jabresbetrages der Kassenbeiträge dem Reservefonds zuzuführen ist, bis derselbe auf den Bettag einer durch- schnirtlichen . gebracht ist. Tie Höhe des Vermögens der landesrechtlichen Hülfskaffen ist daber zu erklären, daß unter ihnen schon viele lange vor der Cinfübrung des Krankenversicherungsgefetzes bestanden und Reserven angesammelt baben; daceseibe gilt auch von den Betriebs ⸗Krankenkassen. ö

Die eigentliche Belastung der. Kassenmitglieder gegenüber den Vortheilen, welche sie in Krankbeitefällen von den Kassen wirklich hatten, er iebt sich aus der Differenz zwischen den Beiträgen und Eintrittsgeldern einerseits und den Krankheit ko sten anderer⸗ seits. In dieser Bezichung ist Folgendes hervorzubeben: Bei der , , ,, kamen auf ein Mitglied der Kassen, welche das ganze Jabr 1887 hindurch tbätig waren, Bei— träge und Eintrittsgelder 7 , Krankheitskosten 7.8 4. Differenz; UI M; bei den OSrts-Krankenkassen 149 M bew. 11,4 M, Diff eren; 3,5 M; bei den Betriebs ⸗Kranken kaffen 17.0.4 bejw. 14,4 6, Differen; * 26 ; bei den Bau⸗Krankenkafsen 224 6 bezw. 19,2 46, Differen; 4 3.2 Æ; bei den Innungs⸗ Krankenkassen 132 Æ beiw. 9,5 A, Differ en; 4 3,7 ; bei den eingeschriebenen Hülfskassen 156 * bejw. 12,5 4, Differerz 4 255 M; bei den landesrechtlichen Hälfskasen

13,9 M bezw. 12.1 M, Differen 4 135 AM; bei allen Kassen 14.6 M beiw. 12,0; 4, Differenz 4 2.5 * Es ist jedoch in Betracht zu lieben, daß bei der Gemeinde · Krankenversicherung, den Orts, Betriebs. Bau⸗ und Innungs-⸗Krankenkassen ein Drittel der Beiträge nicht von den Mitglie dern, sondern von den Arbeitgebern geleistet wird, während bei den Häüälfskassen die ganze Differen; den Mitgliedern zur Last fällt, weil die Arbeitgeber für diese Kaffenarten nicht zu Beiträgen verpflichtet sind. Hieraus springt der Vortbeil, welchen die Mitglieder der Zwangskassen vor den anderen haben, flar in die Augen. Die günstigsten wirthschaftlichen Ergebnisse hatten die Betriebs. Krankenkassen aufzuweisen, von denen im Jahre 1857 nabezu J mit bedeutendem Einnahmenberschuß abschlofsen und nur 160, mit Mehr⸗ ausgaben. Am ungünstigsten standen die landesrechtliche Hülfskaffen in Bezug auf den fiaanziellen Johresabschluß da, jedoch konnten auch von ihnen die Mehrzabl noch dem Reservefonds Zufũ drungen machen (49.7 ο dieser Kassen hatten bedeutenden. 19,9 dio gerinzen Cin nahme · Ueberschuß, zo 4 Mehrausgaben). Seit dem Fakre 1333 bat die Gesammtzabl der Kaffen im Reiche von is Fitz auf 18573, also um 797 und die Gesammtjabl Der Mitglieder von 4224173 auf 4842 226, also um 438 6533 zugenommen.

Nach. Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin, sinẽd bei den biefigen Stande sämtern in der Wocke do 6 ö 96 ee, 3 ß ö. zur Anmeldung gekommen: 87 eschließungen, O Lebendgeborene 29 Todtgeboren b21 Sterbefãlle. . 4

Kunft und Wissenschaft.

Urber Ausschmückung der Marienburg mit alten Wafen schreibt die Danz. Allg. Ztge : Wie wir hören, hat die am 12. Deꝛember p. J. verstorbene Frau Gräfin ron Krockow, ge⸗ borere vom Semniß, die Bestimmung getroffen, daß verschiedene alte Waffen, nämlich eine eingelegte Armbrust, zwei Pistolen, ein Dolch, eine Lanze, ein weibändiges Schwert, ein Brustschild, sowie in Ricktsckwert in der Marienburg dauernd aufzustellen seien. Es er⸗ sckeint diese Betbätigung eines der Marienburg geneigten Intereffes rim so erfreulicher, als es zur Zeit in derselben noch sehr an alten Waffen aus der Zeit ibres Bestehens, als eine Wacht an der Weichsel zum Schutze von Deutschlands Ost grenzen, fehlt. Der Regierungs⸗Präsident zu Danzig kat bei dankbarer Annahme der Stiftung die Anordnung getroffen. daß die gestifteten Gezenftände in der Marienburg in der Waffenkalle neben des Meifters Schlaigemach in angemessener, zusammenhängender Weise unter näberem Vermerk der Stittung mit Angabe des Namens der Suifterin auf— zustellen seien.

Breslau, 3. August. (W. T. B). Der Professor der klassischen Pbilologie an der hiesigen Univ? sität, Or. Studemund, ist gestorben.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Ungarn.

Dem offiziellen Saatenstandsberickt des Königlich ungarischen Ackerbau Ministeriums in der Woche vom 30. Jul Eis 5. August, entnimmt die . Wien. Itg., nach einem Telegramm aus Bu daxe st, rom 7. d. M., folgende Daten:

Die abweckselnde und zumeist regneriscke Witterung bat die Ein— jübrungs. und Druscharbeiten zwar einigeraaßen bebindert, die letzteren waren aber dennoch im besten Zuge. De Regen war, insbe⸗ sondere für die Knollengewäcse und Die Weingebirze, von wohl · thuender, erfrischender Wirkung Die Ernte ift, mit Ausnahme von ein bis zwei Komitaten, die sich weniger mit der Produktion von Cerealien befasen, im Allgemeinen als beendet zu betrachten.

Hafer kommt in vielen Gegenden erst jetzt unter die Sense.

Die Ergebnisse der Getreide ⸗Ernte läössen sich in folgender Weise gruppiren:

Weizen lieferte im Durckschnitt quantitativ wie qualitativ eine sckwache Mittelernte. In einzelnen Kemitaten ist zwar auch eine Mittel und Gutmittelernte zu rerjeicknen; dies ist jedoch nur in wenigen Gegenden der Fall und besctänkt sich auf vereinzelte Gegenden rechts der Donau, des Gebietes zwischen der Denau und der Theiß so⸗ wie jwischen der Theiß und der Maros.

Reggen liefert eine schwache Mittelernte mit Ausnahme ein= jelner Gegenden, in welchen die Ernte sowehl aualitati wie quan- titarix ein mittelmäßiges Resultat ergab.

In Betreff der Gerste wird der Frähbanban bie und da noch geschnitten und ergab im Durchschnitt eine Ernte unter mittel. Aus— genoxn men sind ein kbis zwei Koömitate, welcke sich einer ziemlich mittelmäßigen Ernte erfreuen. QOualitatir lêßt sowekl der Somæier⸗ wie der Herbstanbau viel zu wänscken übrig. Zumeist ist Ter Kern braun urd leicht, dagegen ist Gerste mit gesumden, voll gewichtigen, schönen, weißen Körnern wenig zu finden.

Der Schnitt des Hafers ist noch im Zuge. Jm vielen Gegen⸗ den und insbesandere links der Donau und in einem Theile rechts der Theiß wie in Siebenbürgen rimmt die Ernte erst jetzt ihren Anfang. Stellenweise ist die Frucht noch nicht ganz grün.

Die Exnte-Aussichten haben sich gegenüber der Vorwoche einiger⸗ maßen gebessert, und wird wabrscheinlich die Ernte sowobl qualitativ wie quantitativ um einige Prozent günstiger sein als schwach mittel.

Mais bat sich unter dem Einflusse der regnerischen Witterung erbolt und schön gebeffert, und nun läßt sich, mit Ausnabme ein zelner Komitate, woselbst die Pflanze schwach stebt und die Kolben leer blieben, im Allgemeinen eine Mittel-, und GSutmittel⸗ Raccolta signalisiren.

Garten“ und Hülsenfrüchte werden einen befriedigenden, stellenr'eise aber nur einen schwachen Mittelertrag liefern.

Hanf und Flachs steben stellenweife sewach, im Allgemeinen aber ziemlich befriedigend.

Karteffeln haben sich rach dem rorwöckentlichen ausgiel igen Regen erholt.

Die Tabackpflanze kat wobl unter der Dürre und später in Folge der Stürme und Wolkenbrüche viel gelitten, trotzdem ist in vielen Eeger den eine mittelmäßige Einte zu gewärtigen; im Allge⸗ meinen wird dieselbe jedech nur schwach mittel bleiben.

Zucker und Futterrübe bat sich nach dem Regen erbolt und wird eine mittelmäßige Ernte liefern.

Der Wein stock hat sich ebenfalls erbolt.

Obst wird im Durchschnitt sebr wenig sein.

Sandel und Gewerbe.

Der Geschästsbericht der Westbolsteinischen Eisen⸗ babn für 1888 89 bezeichnet das Betriersjahr als ein recht gunftiges. Die Einnahme bat 488 277 M 6 38522 ) betragen; der Mebr⸗ einnahme steht eine Mehrausgabe von rund 29 006 6 gegenäber, eranlaßt durch größeren Verbrauch und theuere Koblen, derm ehrte Arbeits löbne, höͤbere Kommunalsteuern, Beittäge zur Unfallversiche⸗ rung u. s. w. Aus dem Ueberschuß wird der Generalversammlung eine Dividende von 4 00 (gleich 1350 für die Prioritãte- Stamm = Aktien und Lo (gleich 38 * für die Stamm . Aktien vor gescklagen werden. Der Erreuerungsfonds bat einen Bestand von 382 8l5 , der Reserr fonds einen solchen von 335 000 , nach statrtenmäßiger Höbe. Beför ert sind 262 00 Personen, 114 559 t Güter. 1539 Pferde, 10621 Rinder, 13216 Schafe und Schweine. Die Länge der Babn beträgt 163 km Die Ausgaben haben pro Kilometer 2665 6 betragen, Legen 2471 4 im Vorjabre. Dag Verhältniß der Einnabmen zu den Ausgaben war wie 160 zu 55.

Die Sãchjisch bõbmische Dam pfschiffabrts · Gesell⸗ schaft ersielte im Monat Juli eine Betriebseinnabme ven 133 927 6 (— 2725 6). Die Gesammt . Einnahme bis ult. Juli bezifferte sich auf 471 5053 M ( 53 357 A).

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