— Ihre Majestät die Kgiserin und Königin Au gust a erwartet morgen den Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Schweden und begiebt Sich in den nächsten Tagen zum Kurgebrauch nach Schlangenbad.
— Ueber die Ankunft und den Empfang Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin in Karls— ruhe liegen aus dem, W. T. B.“ nachstehende Telegramme vor:
Karlsruhe, 15. August. Ihre Majestäten der Kaifer und die Kaiserin sind heute Nachmittag, kurz nach 4 Uhr, mittels Sonderzugs hier eingetroffen und am Bahnhof von Ihren Königlichen Hoheiten dem Groß— herzog und der Großherzogin sowie den Mitgliedern der Großherzoglichen Familie empfangen worden. Ihre Majestäten und das Großherzoglich Paar begrüßten Sich auf das Herzlichste mit wiederholter Umgrmung und Kuß; hierauf begrüßten Ihre Majestäten die Prinzen Karl und Tudwig, Hoheiten. Se. Majestät der Kaiser nahm sodann die Vorstellung der anwesenden Herren ent⸗ gegen. Zum Empfange waren erschienen: die Mitglieder des Staats-Ministeriums, die Spitzen der Behörden, die Generalitãt und das Offizier ⸗Corps. Der Kaiser schritt hierauf mit dem Groß⸗ herzog die Front der aufgestellten Ehren-Compagnie ab, deren Kapelle beim Eintreffen des Extrazuges die Nationalhymne gespielt hatte, und nahm den Frontrapport entgegen. Nach kurzem Verweilen im Fürstenzimmer bestiegen die Majestäten die bereit stehenden vierspännigen Galgwagen zur Fahrt in die prächtig geschmückte Stadt. Der Einzug erfolgte unter Kanonendonner und Glockengeläute. Vor dem Bahnhofe war eine Escadron des Leib-Dragoner⸗Regiments aufgestellt, welche sich dem Wagen anschloß Im zweiten Wagen folgten Ihre Majestät die Kaiserin und Ihre König— liche Hoheit die Großherzogin. Die Straßen vom Bahnhof bis zum Schloß waren mit einer Doppelreihe von Fahnen⸗ masten und Guirlanden reich geschmückt, die Häuser mit Teppichen. Flaggen und Tannengrün prächtig dekorirt. Die Vereine der Stadt und die Feuerwehr bildeten Spalier; hinter demselben wogte eine dichtgedrängte Menschenmenge, welche die Majestäten mit endlosen, begeisterten Jubelrufen begrüßte. Vor dem Rathhause brachte der Ober-Bürgermeister Lauter, an der Spitze der städtischen Behörden, dem Kaiser und der Kaiserin den ehrfurchtsvollen Gruß der Stadt dar, worauf Se. Majestät in Seinem und der Kaiserin Namen dankte. Ihre Majestät sowie die Großherzogin nahmen Bouquets entgegen, worauf die Fahrt fortgesetzt wurde. Auf dem Schloßplatz hatten die Kriegervereine des Landes Aufstellung genommen. Se. Majestät fuhr die Front der Vereine entlang und ließ letztere defiliren. Der Vor— beimarsch dauerte eine Stunde. Nach dem Sr. Majestät von dem General-Major Deimling erstatteten Stärke-⸗Rapport hatten 18000 Mitglieder von Kriegervereinen vor dem Kaiser in der Front gestanden. Vor dem Schloß war abermals eine Ehren⸗Compagnie aufgestellt. Gleich nach der Ankunft daselbst wurden Ihre Majestaten in Ihre Gemächer geleitet.
Kurz nach 7 Uhr Abends begann im Gartensaal des Schlosses das Galadiner, zu welchem nahezu 1090 Einladungen ergangen waren. Später concertirten sämmtliche Kapellen der 28. Division unter Leitung des Musikdirigenten Boettge im Schloßgarten, ? ö
Zum Ehrendienst bei Sr. Majestät dem Kaiser sind der Ober⸗Stallmeister von Holzing, der Flügel-Adjutant Major Müller und der Kammerherr von Marschall befohlen. Bei Ihrer Majestät der Kaiserin haben den Ehrendienst der Hof— Jägermeister von Kleiser und der Kammerherr von Chelius.
Karlsruhe, 20. August. Se. Majestät der Kaiser begab sich heute früh um 6 Uhr zur Jagd und fuhr um 9g Uhr mit Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog mittels Extrazuges nach Jöchlingen, um einer Gefechtsübung der
28. Division beizuwohnen. Auf der Fahrt nach dem Bahnhofe wurde Se. Masestät von der Bevölkerung enthusiastisch be— grüßt. Um 1 Uhr findet bei Hofe ein Dejeuner statt.
Ihre Majestät die Kaijerin besuchte heute Vor— mittag mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin den hiesigen Wohlthätigkeitsverein. Namens der Vorstaände begrüßte Geheim-Rath Ulmann Ihre Majestät, welche lebhaftes Interesse an den verschiedenen Zweigen der Vereinsthätigkeit an den Tag legte.
— Durch Entscheidung vom 13. Mai 1889 (Nr. 735) hat das Reichs-Versicherungsamt die Entschädigungs— ansprüche eines Arbeiters zurückgewiesen, welcher verunglückte, als er auf das Dach der Fabrik seines Arbeitgebers gestiegen war, um zu sehen, ob es in der Nähe seiner unmittelbar an das Kesselhaus der Fabrik grenzenden Wohnung brenne. Derselbe war hierbei durch ein unverwahrtes, von Ruß geschwärztes und darum schwer von der aus getheerter Dach pappe bestehenden Dachbedeckung zu unterscheidendes Oberlicht getreten und herabgestürzt. Das Dach war den Arbeitern nicht allgemein zugänglich, ihnen vielmehr das Betreten des⸗ selben verboten, und es mußte, um hinauf zu gelangen, erst eine Fallthüre gehoben, eine Leiter herbeigeholt und angestellt werden. Hiernach konnte die Beschaffenheit des Daches, ins— besondere der Oberlichtfenster, als eine Betriebsgefahr für die Arbeiter nicht angesehen werden. Der Betrieb vollzog sich nicht auf dem Dache, und der Kläger befand sich, als er in seinem Privatinteresse das Dach betrat, nicht im Betriebe. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Betriebe bestand nicht, und es liegt somit kein Unfall „bei“ dem Betriebe im Sinne des Unfallversicherungsgesetzes vor.
— S. M. Kanonenboot, Wolf, Kommandant Kapitän⸗ ö Credner, ist am 11. August er. in Apia ange— ommen.
Fulda, 19. August. (W. T. B.). Zu der morgen hier stattfindenden Bischofs-Konferenz haben ihre persönliche Theilnahme zugesagt: die Erzbischöfe von Köln, Posen und Freiburg, der Fürstbischof von Breslau, die Bischöfe von Trier, Limburg, Fulda, Hildesheim, Osnabrück, Ermland, Kulm, Mainz und der katholische Feldpropst der Armee, Bischof Dr. Aßmann aus Berlin. Das Bisthum Münster wird durch den Kapitularvikar Dr. Giese, das Bisthum Paderborn durch den Domkapitular Dr. Schulte vertreten sein. — Die Sitzungen beginnen morgen früh 38 Uhr, nach einer kurzen Andacht in der Bonifaciusgruft. Den Vorsitz führt der Erz— bischof von Köln.
— 20. August. (W. T- B.) Die zu der Bischofs—⸗ konferenz angemeldeten Theilnehmer sind is auf den Ver— treter des Bisthums Paderborn, Domkapitukur Br. Schulte,
sämmtlich hier eingetroffen. Die Konferenz wird voraussichtlich bis zum Donnerstag dauern.
Bayern. München, 19. August. (W. T. B.). Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent ist mit dem preußischen Gesandten, Grafen zu Rantzau, sowie dem Minister⸗Präsi⸗ denten Frhrn. von Lutz und den obersten Hofchargen heute Nachmittag 23 Uhr mittels Extrazuges hierher zurückgekehrt.
Heute Abend 7 Uhr ist Se. Majestät der Schah von Perfien hier eingetroffen und von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten sowie den Prinzen des Königlichen Hauses am Bahnhof empfangen worden. Außerdem waren die obersten Hofchargen, der Minister des Aus⸗ wärtigen und die Generalität zum Empfange erschienen. Auf dem Bahnhofsperron war eine Ehren-Compagnie aufgestellt, und bei der Einfahrt des Zuges ertönte Kanonen⸗ salut. Der Prinz Regent fuhr mit dem Schah in einem von einer Reiterabtheilung eskortirten Wagen nach der Residenz Die die Straßen füllende Menschenmenge begrüßte den Schah mit lebhaften Zurufen.
Württemberg. Friedrichshafen, 18. August. Se. Majestät der König ist nebst Gefolge heute Nachmittag 1 Uhr 18 Min. von Stuttgart wohlbehalten hier eingetroffen und hat sich sofort in das Schloß begeben, um Ihre Majestät die Königin zu begrüßen. .
Stuttgart, 19. August. (W. T. B.) Der Schah von Persien nahm gestern Vormittag die Sehenswürdig— keiten der Stadt in Augenschein. Abends fand auf Schloß Wilhelma große Galatafel statt, bei welcher Se. König— liche Hoheit der Prinz ö einen Toast auf Se. Majestaͤt den Schah von Persien ausbrachte, den dieser mit einem Hoch auf Se. Majestät den König und das Kö— nigliche Haus erwiderte. Später besuchte der Schah das von der Stadt Cannstatt gegebene Gartenfest. — Heute Vor— mittag machte der Schah einen Ausflug in die Umgebung. Um 114 Uhr Nachmittags trat Se. Majestät die Weiterreise nach München an. — Se. Majestät der König war am Sonntag Vormittag nach Friedrichshafen abgereist.
Baden. Karlsruhe, 19. August. (W. T. B.) Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen hat sich zum Besuch Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prinzessin Wilhelm nach Kirch— berg begeben, nachdem der bisherige Aufenthalt auf der Mainau so günstige Wirkung gehabt hatte, daß die Aerzte diese Veränderung erlaubten.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 19. August. (Weim. Itg.) Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin trafen heute Nachmittag von Wilhelmsthal hier ein und haben sich sofort zu weiterem Auf— enthalt nach Ettersourg begeben. — Se. Durchlaucht der Prinz und Ihre Hoheit die Prinzessin Heinrich VII. Reuß haben von Wilhelmsthal die Rückreise nach Wien an— getreten.
Oefsterreich⸗ Ungarn. Wien, 19. August. (W. T. B.) Unter den zahlreichen dem Kaiser aus dem Auslande zu—⸗ gegangenen telegraphischen Geburtstagsglückwünschen ee . sich auch ein solcher der serbischen Regentschaft.
— 20. August. (W. T. B.) Nach Meldungen aus Pest ist in dem von den Aerzten abgehaltenen Consilium beschlossen worden, einen operativen Eingriff beim Grafen Julius Andrassy nicht vorzunehmen, da dessen Befinden ein be— fr iedigendes ist.
Großbritannien und Irland. London, 19. August. (W. T. B.) In der heutigen Unterhaussitzung erklärte in Beantwortung einer bezüglichen Anfrage der Unter-Staats— sekretär Fergusson: Die Anwesenheit des englischen Ge— schäftsträgers und des englischen Militär-Attachss bei der am 16. d. M. stattgehabten Gedenkfeier des jüngst durch den Namen der Königin ausgezeichneten preußischen Garde⸗-Dragoner-⸗-Regiments sei ein selbstverständlicher Akt der Artigkeit; die Thatsache, daß es sich dabei um die Jahresfeier der tapferen Rolle jenes Regiments in der Schlacht von Mars la Tour gehandelt habe, gebe der Sache keine politische Bedeutung. Das heroische Verhalten des Regiments bei jener Gelegenheit sei eine Waffenthat, auf welche alle Deutschen stolz seien und die alle Nationen ohne Rücksicht auf die Geschichte und die Ergebnisse des Krieges, während dessen dieselbe stattgefunden, bewundern könnten. Die Theilnahme englischer Offiziere an der Feier scheine spezieller Weisungen nicht zu bedürfen. (Beifall. — fragte, ob die Behauptung eines Berliner Blattes be—⸗ gründet sei, daß während des Besuchs des Deutschen Kaisers in Osborne ein Einvernehmen erzielt worden sei, welches die Identität der Politik zwischen den dem Dreibund angehörigen Mächten und England über die europäischen Fragen sichere und Vorkehrungen für alle Folgen dieser Politik treffe. Der Unter-Staatssekretär Fer⸗ gus son erwiderte: der fragliche Zeitungsartikel beruhe augen⸗ scheinlich auf reiner Vermuthung; welchen Charakters der Artikel habe, zeige sich in der Angabe desselben, daß die mit Lord Salisbury getroffenen Arrangements von dessen Nach⸗— folgern festgehalten werden würden. Fergusson fügte hinzu: er müsse die Labouchére am 19. vor. Mts. ertheilte Antwort aufrecht erhalten, daß die Aktion der eng⸗ lischen Regierung im Falle eines Krieges ebenso wie bei allen anderen Fragen der Politik durch die jeweiligen Umstände und Englands Interessen entschieden werde. Die Regierung sei keine Verpflich—⸗ tungen eingegangen, die ihre Freiheit in jener Hinsicht fesselten. Labouchere fragte Fergusson ferner: ob dessen Antwort so zu verstehen sei, daß absolut keine Unterhaltung über diesen Gegenstand während des Besuchs des Deutschen Kaisers stattgefunden habe? Fergus son erwiderte: er wisse nicht, welche Unterhaltungen während des Besuchs des Deut— schen Kaisers stattgefunden hätten, es sei aber absurd, anzu— nehmen, daß kein Meinungsaustausch erfolgt sei. — Endlich erklärte Fergusson auf eine bezügliche Anfrage: Die Schweiz habe vorgeschlagen, die Arbeiterschutzkonferenz bis zum nächsten Frühjahr zu vertagen, ohne jedoch ein bestimmtes Datum für den Zusammentritt derselben anzugeben.
— (A. C). Zur schleunigen Erledigung der Sessionsgeschäfte hielt das Unterhaus am Sonnabend eine Sitzung, welche fast ausschließlich Geldbewilligungen für den Staatsdienst gewidmet war. Die Sitzung verlist. ehne
wischenfälle. Die Session dürfte, falls nicht unvorhergesehene eignisse eintreten, am 31. d. M. geschlossen werden.
Labouchsre
Frankreich. Paris, 19. August. (W. T. B.) Bei dem Präsidenten Carnot fand heute der Empfang dec hier anwesenden Maires statt. Der Empfangsakt trug ein sehr herzliches Gepräge, zahlreiche Maires richteten an den Präsi⸗ denten Versicherungen ihrer Ergebenheit für die Republik.
Italien. Rom, 19. August. (W. T. B.) Der König, der Kronprinz, der Marine⸗Minister und der Admiral Racchia begaben sich heute früh mit einem Torpedoboot zur Besichtigung der Armstrong'schen Etablissements von Neapel nach Pozzuoli. — Heute Abend ist der König in Begleitung des Kronprinzen und des Minister-Präsidenten Crispi an Bord der Savoia“, gefolgt von einem Ehren— geschwader, direkt nach Tarent abgereist.
In der neuen, vom 15. d. M. datirten, heute zur Ver⸗ öffentlichung gelangenden Encyklika des Papstes heißt es in Bezug auf die gegenwärtige Lage der Kirche, daß die Feinde der Kirche in ihren Angriffen fortführen, um den Glauben und die Fundamentalgrundsätze der Religion zu zerstören, und daß der Krieg gegen den heiligen Stuhl immer hartnäckiger werde. Der Papst empfiehlt die Verehrung der heiligen Jungfrau und des heiligen Joseph als des Beschuͤtzers und Vorbildes insbesondere der Arbeiter. Der Papst ordnet schließlich besondere Gebete zu Ehren des heiligen Joseph und die feierliche Begehung seines Namenstages an.
Schweiz. Bern, 19. August. (W. T. B.) Gestern wurde hier ein in den rohesten Ausdrücken abgefaßtes Mani— fest der schweizer Anarchisten an die Arbeiter ver— breitet, welches gegen den Bundesrath und, wegen der Ausweisung von Anarchisten, gegen die politische Polizei und den Bundesanwalt gerichtet ist. Das anarchistische Manifest wurde von der Polizei konfiszirt.
Rutland und Polen. Der bereits telegraphisch erwähnte Kaiserliche Befehl an den Dirigirenden Senat, betreffend die Reorganisation der Provinzial— Behörden für die bäuerlichen Angelegenheiten, lautet nach der Uebersetzung der „St. Pet. Ztg.“, wie folgt:
„In der ständigen Sorgfalt um das Wohl Unseres Vaterlandes, haben Wir Untere Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten gerichtet, welche einer geregelten Entwickelung der Wohlfahrt inmitten der Bauernbevölkerung des Reiches entgegenstehen Eine der Haupt— ursachen dieser ungünstigen Erscheinung besteht in dem Mangel einer dem Volte nahestebenden festen Regierungs⸗ gewalt, welche die Fürsorge für die Bauernbevölkerung mit den Bemühungen um den Abschluß der Bauernangelegenheit und mit den Pflichten der Aufrechterhaltung der Sittlichkeit, der allgemeinen Ordnung, der Sicherheit und der Rechte von Privatpersonen auf dem flachen Lande in sich vereinigte.
Indem Wir wünschen durch die Beseitigung dieses Mangels die lokale Gewalt in die ihr gebübrende und mit dem Vortheil des Staates übereinstimmende Lage zu versetzen, haben Wir den Ministern des Innern und der Justiz befohlen, unter Zugrundelegung der von Uns besonders gegebenen Hinweise auf der Basis derselben dem⸗ entsprechende Gesetzprojekte auszuarbeiten.
In Ausführung dessen sind entworfen und gegenwärtig im Reichs rath geprüft die Projekte: 1) des Gesetzes uber die Land ⸗Bezirke⸗ bauptleute; 2) des Reglements über die Organisation des Gerichtswejsens in den Ortschaften, wo das betreffende Gesetz zur Einführung gelangt ist; 3) des Reglements über die Gemeinde⸗ gerichte in denselben Ortschaften; 4) des Verzeichnisses der Aemter der standigen Mitglieder und Sekretäre der Gouvernements⸗Behörden, der Präsidenten, Sekretäre und Translateure der Kreis⸗Plena, der Land ⸗Hauptleute, der Kreis ⸗Mitglieder des Bezirksgerichts und der Stadtrichter, und 5) des Reglements über die Art der Inkraftsetzung des Gesetzes über die Land⸗Bezirksbaurtlente.
Indem Wir sämmtliche angeführten Gesetzprojekte als Unseren Absichten entsprechend befinden, haben Wir dieselben bestätigt und dem Dirigirenden Senat zugehen lassen, wobei Wir befehlen:
I. Die Wirksamkeit dieser Gesetze ist auszudehnen auf die Gouvernements Astrachan, Bessarabien, Wladimir, Woronesh, Wjatka, Jekaterinoslaw, Kasan, Kaluga. Kostroma., Kursk, Moskau, Nishni Nowgorod, Nowgorod, Oloner, Orenburg, Orel, Pensa, Perm, Poltawa, Pskow, Rjasan, Ssamara, Ssaratow, Ssimbirsk, Smolenkk, St. Peters burg, Taurien, Tambow, Twer, Tula, Ufa, Charkow, Cbersson. Tschernigew und Jaroslaw sowie auch auf die Kreise Welsk, Wologda, Grjasowez, Kadnikow und Totma des Gouwverne⸗ ments Wologda — unter Beobachtung der progressiven Reihenfolge, die durch gegenseitige Bereinbarung der Minister des Innern, der Justiz und der Finanzen bestimmt werden wird.
II. Der Minister des Innern hat nach Uebereinkunft mit den Ministern der Justiz und der Finanzen dem Reichsrath besondere Vorstellungen zu machen über die Kreditanforderungen, welche zur Verwirklichung der gegenwärtigen Reform in den einzelnen der in Artikel 1 angeführten Gouvernements nothwendig sind.
Der Dirigitende Senat wird nicht ermangeln, zur Ausführung dieses die nöthigen Anordnungen ju treffen. Alexander.“
Peterbof, 12. Juli 1839.
Türkei. Konst antinopel, 20. August. (W. T. B) Der bisherige Botschafter in Rom, Photiades Pascha, ist definitiv abberufen und durch den ehemaligen Gesandten in Washington, Tewfik Pascha, ersetzt worden. — Ein Aviso dampfer der Admiralität ist mit Truppen, Kanonen und Munition nach Kreta abgegangen. Aus Syrien gehen unverweilt weitere Truppen dorthin. Im Ganzen werden auf Kreta 30 000 Mann konzentrirt werden. .
Die gegenwärtige Lage auf Kreta wird in einem Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“, wie folgt, dargestellt:
Syra, 17. August. Nachrichten aus Kaadiä, vom 16. 8. zufolge kat das Pluͤndern und Niederbrennen christlicher Dörfer fa gänzlich aufgehört. Tie muhamedanischen Insurgenten sind jetzt damit beschäftigt, die Weinberge außerhalb der Statt zu plündern und die Trauben in der Stadt zu verkaufen. Die Verbindung mit dem Innern der Infel sst noch immer unterbrochen, aber die türkischen Truppen werden demnächst in das Innere marsckiten, um die von den Aufständischen vertriebenen Behörden wieder einzusehen. Ruhe herrscht in Canea, Rethymno und Kandia. — In Kandia wurde am 18. d. M. in der Jeniza mi⸗Moschee eine Versammlung von Muhamedanern abgehalten. Mehrere Ulemas und türkische Ylotabili täten der Stadt hielten Ansprachen, worin sie dringend empfahlen, das Leben und Eigenthum der Christen zu schonen und die von ihren Glaubent⸗ genossen verübten Ausschreitungen, wie Brandstistung und Plünde⸗ rung, mißbilligten. In Anbetracht der entschlossenen Haltung . Militärbebhörden und der besseren Klasse der muhamedanischen Be⸗ völkerung hofft man. daß der gegenwärtigen Unordnung ein En gesetzt und die Ruhe rollkommen wiederhergestellt werden wird. Rebab Pascha, der Präsident des Kriegsgerichts, ist in Canea ein. getroffen. Das englische Kanonenboot „Starling“ ist in Kandia angekommen.
Afrika. Egypten. (A. C.) 17. August, wird berichtet: den Ein bier eingegangenes amtliches Telegramm meldet, daß es hee britenfreundlichen Stämmen gelungen ist, Singat er,. nehmen. Das 2. Bataillon des Königlichen Schützen⸗Regimen
ist om Sudan hierher zurückgekehrt. . 2
Aus Kairo, vom
8 *
Seitungõstimmen.
Die Reise Ihrer Kaiserlichen Majestäten nach züddeutschland und den Reichslanden giebt den Flattern Anlaß zu darauf bezüglichen Kundgebungen. So Hreibt die Karlsruher Zeitung“:
Von Herzen willkommen heißen wir die Kaiserlichen Majestäten Ehrfurcht und Liebe. Die begeisterte Hingabe an das Reich, das le lebendigen und schaffenden Kräfte zu einer großen naticnalen Ein⸗ zät vereinigt, und die oyferbereite, unerschütterlich treue Ergebenheit * den obersten Schirmherrn dieses Reichs kaben jederzeit in unserem ande die Gemüther beseelt. Wie der Fürst dieses Landes uns mit m Beispiel der wä rmsten und tbatkräftigsten Liebe für das nationale Feobl vorangel euchtet hat, jo ist sein Volk ihm begeistert gefolgt und Ft seine Ebre und seinen Stolz darein, das deutsche Banner emvor⸗ Falten mit kräftiger Hand. .
Dem Kaiser Heil! Bewegten Herzens sehben wir den Enkel des raten Monarchen, der alljährlich auf badischem Boden Erholung d neue Kraft für seine mit beispielloser Pflichttreue bis in das izchste Greiscnalter hinein geübte Herricheraufgabe srchte und fand. Tie Hauptstadt Badens einziehen. Erfüllt von Freude und Stel; zer seinen Besuch rufen wir ibm unseren Jubelarrß entgegen. In Riem Gemüthe empfinden wir die Weihe des Augenblicks, in dem „ yns veraönnt ist, dem Kaiser die einmüthige, begeisterte peldigung des badischen Volkes darzubringen. Dem Friedens« Rhsten gilt der Jubel eines unter den Segnungen des Friedens zu boher Blüthe des Woblstandes gelangten deutschen Stammes. Der Dank des Volkes für seine dem Frieden gewidmete Smsgesetzte Fürsorge klingt dem erlauchten Gaste unseres Groß— rieglichen Paares stürmisch entgegen. Aber auch die Orferfreudig—⸗ it für den Fall, daß Deutschlands Einbeit und Würde einmal mit m Schwerte in der Hand vertheidiat werden müßte, leuchte dem rer aus den glänzenden Blicken, töne ihm aus den brausenden Zarufen des badischen Volkes entgegen. In guten und trüben Tagen nd Badens Volk unter der Führung seines inniggeliebten Fürsten rer jum Throne des Kaisers steben; das ist das Gelöbnis, das wir m erlauchten Sroßvater des heute bei uns einziebenden Kaiserlichen derrn geleistet haben und das wir erneuern an dem beutigen festlichen d bedeutungsvollen Tage.
Der Kaiserin Heil! Mit dem Willkommenswunsche fär den gaiser klingt der Festgruß an die erlauchte Gemablin des hohen berrs in einen einzigen mächtigen Jubelruf zusammen. Durch echt rutsches, echt weibliches Wesen hat Kaiserin Auausta Victoria sich ne Herzen im deutschen Vaterlande erobert, und es erböht die Weihe s keutigen Tages, wie es die Festfreude unserer Berölkerung erböht, ä wir aleichzeitin mit Sr Majestät dem Kaiser auch Allerböchst⸗ esen bohe Gemahlin in Karlsruhe empfangen dürfen.“
Und im Hinblick auf die Reise nach Straßburg schreibt ie „National-Zeitung“:
„Zum ersten Male seit der Besteigung des Thrones betritt an ireiem Dienstag Kaiser Wilbelm II. und mit ibm die Kaiserin den Reden des Reichslandes. Große Vorbereitungen sind im Fange, um das Herrscherraar würdig zu begrüßen; das griserlicbe Schloß, welches das Reich hatte errichten lassen, debt zum Empfange bereit, es wird jetzt seine Weihe erhalten. Nickt obne eine gewisse Bewegung verfolgt das deutsche Delk das erste Zusammentreffen Kaiser Wilhelm's mit der räichsländiscken Berslkerung. Die Romantik, welche um Straß⸗ k Stadt unvergeübar und den Diedergewinn über Alles theuer gemacht hat, findet sicher auch im Impsinden unseres Kaisers ibre Stätte. Straßburg, wo die Steine Dentschlands Größe und tiefste Demüthigung, dann Deutschlands Diederaufrichtung predigen, ist ja aleichsam ein Symbol deutscher FGeickichte; beute weist dasselbe ror Allem darauf bin, daß das, was zit dem Schwerte wiedergewonnen worden ist, mit dem Schwerte be⸗ zarptet werden muß. Daß dies Schwert blank und scharf ist, daran eilt heute Niemand, weder Freund noch Feind; mit dieser Friedens ärgschaist müssen wir uns genügen lassen; sie leuchtet auch dem Tirzug Kaiser Wilhelm's in der alten Reichsstadt voraus.“
Zu den Trinksprüchen, welche Se. Majestät der Kaiser and König und Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph in rargangener Woche bei dem Galadiner im Königlichen Schlosse zusbrachten, schreibt die „Oesterreichisch- ungarische deereszeitung“:
Von der weittragendsten Bedeutung für den Frieden e Welttbeils und das Wohl der Völker sind die er—⸗ benden Worte. Die Politiker, und zwar solche, die es ad, wie solche, die es zu sein glauben, haben die kehren Dorte nach ihrer Ansicht aufgefaßt und aedeutet, alle aber sie als are gnste Kundgebung im Sinne der entschlossenen Aufrechterbaltung Az Friedens empfunden und erklärt. Die Völker danken, laut zu⸗ Tbelnd oder still befriedigt, den beiden erhabenen und mächtigen Derrschern für die Worte des Friedens, welche eine Aera emsiger un— zritätter Arbeit und Entwickelung, somit zunehmenden Wohl— i die Tischreden im
n 1
r in edlem Streben nach möglichster Vollkommenheit und, so es an soll. Schulter an Schulter Viribus nnitis? zusammensteben nen jeden Störer des Friedens, in All' und Jedem dem Vertrauen Fer Allerböchsten Kriegsberren entsprechen und als wackere Kriegs te alleieit und alleweg kämpfen: Mit Gott für Kaiser und Vaterland“. 5 Ueber unsere Exvortfähigkeit bringt die „Deutsche e irthschaftkiche Correspondenz“ folgende Be⸗ 16 83 1 ng: De 3 Umstand, daß im vergangenen Jahre der Importhandel Säticlands den Exvorthandel wesentlich überm ogen hat, daß auch I egerwärtigen Jabre unser Exvorthandel noch keinen böheren Auf— ung genommen hat, daß namentlich unser Eisenhandel noch eine Keigerte Betheiligung an dem Abfatze auf den auswärtigen Märkten men lasse — alle diefe Thatfachen bewegen unsere sreibändlerischen en, immer wieder die kühne Behaurtung aufzustellen, unsere Er: 3. werde sichtlich durch die Wirkungen der Schutz ollpolitik . 9 ö ; Dm. Babrbeit ist eine derartige Bebaurtung nun allerdings stets entlich Ausgangepunkt für alle freibändlerische Beweisführung ae en; Wenn unsere Gegner auch nicht gerade bestritten, das eine , i che Handelspolitik für die beim ischen industriellen Wältr e mancken Vortheil haben könne, so behauptet man doch a, m, Konkurrenffaͤbigkeit im Welthandel werde zurückgehen; ar ä, er schließlich für den ganzen Stand der Industrie maßgebend cn, so ickleß man weiter, eine schußzöllneri Ke Politik müss⸗ ==oßen und Ganzen stets nachtkeili- sein; selbstverständlich wird 2 die kekannte Benachteiligung des Konsumenten und aber a des sogenannten kleinen Mannes geltend gemacht, welche G. ret eine reine Fiktion geblieben ist. . betrifft * finn die angebliche Benacktbeiligung unserer Ervortfãhigkeit günftigere ist zunãchst unser heutiger Export ein bedeutend lum fer als er jemals während der Freihandelsepoche gewesen ist; einem mt kinzu, daß Unternehmungsluft wie Selbstvertrauen in dar . erbeblichen Maße gefliegen find, und biervon ausgebend mieren . daß diese Entwickelung sich noch fertgesetzt mehr zu dent ted k gestaltet. Unfere Hanfestädte sind fortwäbrend ns der d 1e Wege einzuschlagen und neue Verbindungen aniuknürpfen; zelle, nitigtirẽ der Inzuftrie beraus sind Ervortàmuftzrlager. Aus= ar zäenelzla T, äns Lebsz— Kerufen; es haben sich Vereinigurgen . des Außen handels esellschaften für Kolonisation ge⸗ um urserem Handel, unsereis ganzen wirthschaftlichen Leben
neue Gebiete zu erschließen. Es ist uns nicht bekannt, daß äbnliche Zeichen des Unternehmungsgeistes sich gezeigt hätten, während Deutsch⸗ land unter der Herrlichkeit des Freihantels lebte; es war damals rielmehr die bedauerlichste Erscheinung gerade die, daß unserer In⸗ dusttie Muth und Spannkraft immer mebr verloren gingen. Es scheint sonach also, daß nicht nur die äußerlichen materiellen, sondern auch die moralischen Faktoren unserer Konkurrenzfäbigkeit auf dem Weltmarkte noch immer im Steigen und nicht im Sinken begriffen srien, so daß in diesem Sinne immer wieder neue Faktoren auf den Schauvlatz treten. ; .
Der Hauptgegensatz zwischen unseren Gegnern und uns wurzelt aber stets in der Frage, ob in erster Linie überbaupt die natio nalen oder die Welt verkebrs⸗Verbältnisse berücksichtigt werden sollen, mit anderen Worten, ob die wirthschaftliche Entwickelung sich bauptsächlich unter den Antrieben einer internationalen Konkurrenz oder des nationalen Lebens vollziebe. Unseres Erachtens kann gar kein Zweifel darüber obwalten, daß der einzig richtige Standpunkt in dieser Angelegenheit der nationale ist. Wird von diesem Stand⸗ punkt aus daran gearbeitet, unser Gewerbe zu einem konkurrenzfähigen und blühenden ju machen, so ist der Vortheil offenbar ein dorpelter: einmal finden alle diejenigen Umstände eine ge⸗ rechtfertigte Berücksichtigung. welcke bei Entstehung? und Her— ausbildung der einzelnen Preduktionszweige ven Einfluß gewesen sind, und fürs Zweite wird das nationale Leben an und für sich ge— kräftigt und gewinnt an Freudigkeit und Exransions fähigkeit, was wiederum auf die wirtbschaftlichen Verbältnisse befruchtend rückwirken muß. In dem Zusammenwirken dieser beiden Punkte liegt aber unseres Bedünkens der Schlüssel dafür, das auf allen Gebieten unseres wirtbschaftlichen Lebens neue Unternebmungen und selbst ganz neue Gesichtspunkte auftauchen, und daß in Folge hiervon unsere Exvort— fähigkeit nicht nur im Wachsen begriffen ist, sondern jogar im Be- griffe scheint, sich auf eine neue, höhere Stufe emxporzuschwingen.“
Statiftik und Volkswirthschaft. Das Jabr sss.
Ihr Urtheil über die wirihschaftliche Lage im Jahre 1888 f fol ge
aßt die Handelskammer son Görlitz in ihrem Jahresbericht in nde Worte zusammen:
„Der Tod unserer beiden bochverehrten Kaiser im Jahre 1888 warf auch seine Schatten auf das Wirthschaftsleben; man konnte nicht voraussehen, ob nicht politische Verwickelungen in Europa ent— stehen würden; als jedoch um unseren jungen Kaiser bei seinem Etscheinen irn Reichstage die Bundesfürsten und die Vertreter der Freien Städte sich schaarten, mußte es der Welt einleuchten, daß das Deutsche Reich stark in sich selbst dastehe, und die Reisen Kaiser Wilhelm's II. an die fremden Höfe gaben Zeugniß von seiner Absicht, gute Beziehungen zum Aus— land zu unterbalten. So zeigt denn auch durchweg die Geschäftslage, daß, während in der ersten Hälfte des abgelaufenen Jahres von vielen Seiten keine befriedigenden Aeußerungen laut wurden, dann mit wenigen Ausnabmen der Geschäftsgang sich günstiger gestaltet und die Er— gebnisse des Borjahres überholt hat.
Was wir in unserem letzten Berichte über Karitalanlagen sagten, daß die Kapitalisten durch Zinsherabsetzungen in ihrem Einkommen geschmälert sind, hat fortgedauert und dieser Umstand hat in vielen Kreisen Einschränkungen zur Folge gehabt, die namentlich bei manchen Luxuswaaren zu Tage getreten sind, indem deren Absatz nicht so bedeutend gewesen ist, als derselbe unter anderen Verhältnissen geworden wäre.
Von allen Industriezweigen nimmt in unserem Bezirk die Woll— induftrie die erste Stelle ein und auf diesem Gebiete ist ein guter Aufschwung zu berichten. Unsere Tuche und andere Wollstoffe gehen bauptsächlich nach den südeuropäischen Ländern und Amerika, doch nimmt in Italien z. B. die inländische Industrie in Folge der Schutzzölle zu, jodaß die Einfuhr unserer deutschen Waaren dar— unter leidet.“
Ueber die Arbeiter verhältnisse im Fahre 1888 äußert sich der Handelskammerbericht von Lahr folgendermaßen:
„Die Arbeiterverbältnisse sind die gleichen und für beide Theile befriedigenden geblieben. Wie die Fabriken, so waren auch die Arbeiter regelmäßig beschäftigt. Das Angebot von Arbeitskräften war im Allgemeinen mebr als genügend. Rur an brauchbaren, geschulten, fachlich ausgebildeten Kräften, wie sie z. B. die lithographische Industrie, die Glasmanufaktur, die Maschinenfabrikatioa, die mechanischen Werk stätten, die Bau und Kunstschlosserei kedarf, war keineswegs Ueber—⸗ fluß. In einzelnen Betrieben dieser Branchen fanden deshalb auch Erböhungen der Arbeitslöhne statt, wäbrend dieselben im Uebrigen auf der bisherigen Höhe blieben, wobei indessen zu bemerken ist, daß in den vorhergegangenen, weniger günstigen Geschäftsjahren Lohn— herabsetzungen auch nicht zu verzeichnen gewesen sind.
So ist denn auch die Lebensbaltung unserer Arbeiter durchweg eine vernünftige Ansprüche beftiedigende gewesen. Daneben haben die Kranken- und Unfallversicherung ihre segensreiche Wirkung be— währt, wenn schon die letztece, Dank der geringen Gefährlichkeit der meisten und größten unserer Betriebe, verbältnißmäßig wenig in An⸗— spruch genommen wird.
Einflüsse der jozialdemokratischen Lebre machen sich in Lahr selbst
und auf dem Lande fast gar nicht, mebr jedoch, wenn auch keineswegs überwiegend, in Offenburg bemerklich.“
Ueber den gleichen Gegenstand spricht sich die Handelskammer von H. Gladbach wie folgt aus:
In Folge des lebhaften Ganges aller Geschäftszweige unseres Bezirks haben alle Arbeiter im Jahre 1888 volle Beschäftigung ge— funden. Ein Ueberfluß an Arbeitern ist nicht eingetreten, besonders da die Neueinrichtung mehrerer Spinnereien die Nachfrage vergrößerte. Die Läöhne haben sich unter diesen Verhältnissen auf der früberen Höhe erhalten und haben in dem Bezirk der neu errichteten Spinne— reien eine Steigerung erfahren. Wenn man mit dieser günstigen Lohnlage die mäßigen Preise für Kleidung und Lebensmittel, sowie die er⸗ folgreiche Sorge zut Beschaffung guter und billiger Wohnungen und endlich die unleugbaren Vortheile der weitgehenden Versicherung gegen die Folgen der Krankheiten und Betriebsunfälle verbindet, so wird man sich nicht der Ueberzeugung verschließen können, daß die Lage unseret Arbeiterbevölkerung zum weitaus größten Theile eine günstige und in steter Verbesserung begriffene ist.
Nicht so günstig liegen die Verhältnisse bei den Handwebern, welche in der Seiden und Sammet ˖ Industrie beschäftigt sind. Die mecha⸗ nische Weberei erbält in derselben immer größere Ausdehnung und dehnt sich auch auf die feineren und gemusterten Stoffe stets weiter aus, welche bis vor Kurzem noch dem Handstuble vorbehalten waren. Für einen größeren Theil der Handweber, welche überhaupt noch nicht zu anderen Beschäftigungsarten übergegangen waren, war im Jahre 1838 keine oder ungenügende Arbeit geboten, und haben die , n. Gemeinden mannigfache Unterstützung eintreten lassen mũssen. Im Laufe dieses Jahres hat indeß ein unerwarteter Aufschwung der Seidenstoff-Fabrikation auch den Handwebern wieder in größerem Maße Arbeit zugeführt; auf eine länger dauernde Beschäftigung ist aber bei der Ausdehnung der mechanischen Weberei nicht zu rechnen, und dabei werden zur Herstellung immer billigerer Stoffe die Löhne auf ein Maß beruntergedrückt, welches zum nothwendigen Lebensunterhalt nicht mehr binreicht. Für die Handweber in Seidenstoffen und in Sammet wird dieser Zustand und für die betreffenden Gemeinden auch die Nothlage so lange bestehen bleiben, bis für die Weber der Uebergang zu einer anderen gewerblichen oder sonstigen Beschäftigung gefunden sein wird.“
Fürsorge für entlassene Strafgefangene.
In Saarbrücken hat sich unter reger Betheiligung ein Ge—
fängnißverein zur Fürforge für entlafsene Strafgefangene gebildet,
dessen Wirkungskreis sich äber den ganzen Landgerichtsbezirk Saar— ö J.
vräãcken erstrecken sell. .
Veränderungen in den Einkommensteuer-Kapitalien im Großherzogtbhum Hessen von 1870 bis 1889,90. Reach den „Mittheilungen der Großherzoglichen Centralstelle für Landesstatistik, betrug der Zuwachs an Einkommensteuer⸗ Tavitalien für die 19 Jahre von 1870 ab im gesammten Großherzogtum 12383972 Æ oder 97,3 /g. Für die einzelnen Provinzen stellt sich die Zunahme: in der Pro— vin;i Starkenburg auf 46871985 96 oder 94,5 0; für Oberbessen auf 1929 166 oder 64,1 o, für Rheinbeisen auf 5 767 6510 S oder 120,35 . Unter den höchstbesteuerten Gemeinden ergiebt sich für Mainz ein Zugang von 3 205016 1M oder 221, 16346; für Darmstadt⸗Befsungen ein solcher von 1846 646 S6 oder 136,400; für Offenbach 1084 176 M oder 181; für Worms 531 995 4 oder 13900; für Gießen 758 116 M oder 228,7 ;
für Bingen 201 364 4 oder 950.
Die amerikanischen Eisenbahnen. Au‚s Poor's Manual für 1889 werden der „Frkf. Ztg.“ folgende Daten über amerikanische Eisenbahnen gemeldet: Am Schlusse des Jahres 1888 umfaßte das Gesammtnetz der Ver— einigten Staaten 156 081 Meilen, d. i. 7028 Meilen mebr als Ende 13587. Diese Ziffer reprasentirt fast die Hälfte der Meilenzabl jämmtlicher Eisenbahnen der Welt. Der Gesammtbetrag des An— lagekaritals (Bonds, Aktien 3c) der Eisenbahnen in den Verei Staaten bezifferte sich auf rund 93 Milliarden Dollars, aller Aktiven auf rund 9871 Milliarden Dollars. Di einnahmen betrugen in 1888 950 622 088 Doll., die Betrie 653 258 331 Doll., die Nettoeinnahmen, zuzüglich 84 8g7 830 Del andere Einkünfte 382 261 557 Doll. An Zinsen, Dividenden, Par geldern wurden bezahlt 367 553 547 Doll.
Kunft und Wissenschaft.
Die hiesige Königliche Bibliothek hat, wie wir der „Voss. Ztg. entnebmen, neuerdings zwei Haadschriften erworben, eine aus dem 10. bis 11. Jahrhundert von dem Buche Remigius super Matheum und die zweite von des Eustratios und Anderer Kommentare zur Nikomachischen Ethik des Aristoteles. Die erste Handschrift, in Groß⸗Folio, ist deswegen von besonderer Be— deutung, wei von diesem Werke bisber nur eine Abschrift aus dem 185. Jahrhundert bekannt war, die überdies für verloren galt. Die Handschrift des Aristoteles ⸗ Kommentars, welche aus dem 15. Jahrhundert stammte, wird voraussichtlich noch ür die von der Berliner Akademie veranlaßte große Ausgabe der Kommentatoren des Aristoteles verwendet werden. Die beiden Handschriften stammen aus der Sammlung von Carlo Morbio, die jüngst in Leipzig zur Versteigerung kam. Aus der nämlichen Bächerei erwarb die Universitäts-Bibliotbek zu Halle eine Sammlung von 400 Pergament Urkunden, von denen einzelne aus dem zehnten Jahrhundert stammen, dir zur Geschichte Deutsch⸗ lands und Desterreichs vielerlei Quellen enthalten. Eine Reibe italienischer Handschriften der Morbio-Bibliotbek, we für die deutsche Rechtsgeschichte besondere Bedeutung baben, wu Bibliothek des Reichsgerichts in Leipig angekauit.
— Ueber verschiedene neue Alterthumsfu Frankfurter Oder Zeitung berichtet: Bei der am 9. gesetzten Ausgrabung auf dem Urnen ⸗Triedbofe des Fröhlich in Guschterbolländer im Kreise Friedeberg Gräber geöffnet und 25 Urnen und Thonbeigaben für für Völkerkunde erworben. In mehreren Gräbern bef Aschenurne ganz allein ohne Thonbeigaben oder Spuren An Bronzebeigaben wurden gefunden: eine schön verzier eine Nadel und fünf Bronrzeringe. Auf dem angrenzenden B
von Bronze. Ferner bat der Besitzer des im Arnswalder Kreise gelegenen Urnenfeldes auf demselben kürzlich mit mehreren Freunden der Wissenschaft Nachgrabungen veranstaltet. Leider konnte man nur eine Urne, einen sogenannten Thränenkrug, der in einem groß Gefäße stand, unversehrt ausbeben, alle anderen Gefäße,
meist noch Knochenreste enthielten, waren mehr oder weniger zerdrückt. Man nimmt an, daß zur Herstellung der Gefäße schon die Drebscheibe benutzt worden war. Neue Nachgrabungen sollen unter Leitung eines Pro⸗ fessors der Alterthums kunde gescheben — Auch der ‚Hannorersche Courier“ erzäblt von einem neuen Funde auf dem Felde in der Nähe von Skjelskör auf Seeland. Man fand eine Goldbarre aus dem Eisen alter, welcke dem Kopenhagener Museum für Alter thümer übersandt wurde. Sie wog 227.5 Gramm und hatte einen Werth von 487 Kronen (558 Æ)), Kelche dem Finder übermittelt wurden.
— In Mänster hat am 14. d. Mts, Nachmittags, die Legung des Grundsteins ju dem Westfälischen Provinzial⸗Museum für Naturkunde“ ftattgefunden. Die Festrede hielt der dortige Profesor Landois.
St. Petersburg, 20. August. (W. T. B.) Gestern fand die Jubelfeier des 50jährigen Bestehens der Stern warte in Pulkowa statt. Der Präsident der Akademie der Wissenschaften, Großfürst Konstantin Konstantinowitsch, die Minister und andere hohe Würdenträger, sowie der deutsch und der französische Botschafter wohnten der Feier Viele Univeisitaten und Atademien, ingleichen die aus⸗ ländischen Sternwarten, insbesondere die deutschen und das Observa⸗ torium von Greenwich hatten Deputationen entsandt. Unter den zahlreichen G lückwunsch⸗Depeschen befand sich auch eine solche des Kaisers, welcher huldvoll der Verdienste des Observateriums gedachte.
nord ische
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und QOuarantänewesen.
Großbritannien.
Durch Verfügung des Gouverneurs der Kolonie Natal vom 13. Juli 1889 ist in Folge des Ausbruchs der Blattern und Masern auf Mauritius diese Insel als infizirter Hafen erklärt worden. Schiffe, welche von dort kommen und Häfen der Kolonie Natal an— laufen, unterliegen einer Quarantäne.
Egppten.
Amtlicher Mittheilung zufolge ist in den egpptischen Häfen gegen
Ankünfte aus Massovah eine Quarantäne angeordnet worden.
Verkehrs ⸗Anftalten.
London, 19. August. (W. T. B.) Der Union⸗Damvpfer „Pretoria“ ist am Sonnabend auf der Heimreise von Capetown abgegangen. — Der Castle⸗ Dampfer ‚Roslin Castle“ hat heute auf der Ausreise Lissabon xpassirt.
Theater und Musik.
Lessing ⸗ Theater.
Morgen, Mittwoch, findet eine Wiederaufführung des Schau— sriels ‚Der Meineidbauer' statt, in welcher Hr. Paul Nollet seine scauspielerische Thätigkeit in der Rolle des Großknechts beginnen wird. Der treffliche Künstler, der bisher dem ‚Deutschen Theater“ angehörte, ist auf eine Reihe von Jabren für das Lessing⸗Theater gewonnen worden.
Vie toria Theater.
Der große Erfolg des Ausstattungsstücks „Stanley in Afrika“ batte am Sonntag das Haus total gefüllt; die Einnahmeziffer dürfte die böchste gewesen sein, welche obne besondere Preiserhöhung jemals im Victoria ⸗Theater erzielt worden ist. Der Beifall war stürmisch, und nach dem großen Ballet „Einzug der Kultur in Arika“ mußte sich der Vorhang nicht weniger als neunmal beben. .
Friedrich Wilhelmstädtisches Theater.
In der neuen Saison, deren Beginn mit Ausgang dieses Monats
bevorstebt, wird s erste Novität die Operette Karin‘, veif Fer-
— L -mann Zumre, dem glücklichen Komptsisten des Farinelli‘, zur Auf—
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