Se. Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Präsident des HU ber⸗Verwaltungsgerichts, Persius, von Tirol.
Aichtamtlich es. Dentsches Reich.
Preußen. Berlin, 28. August. Se. Majestät der Kaiser und König sind, wie ‚W. T. B.“ aus Potsdam meldet, heute früh 7 Uhr mittels Sonderzuges von der Wild⸗ parkstation nach Küstrin abgereist, um daselbst den Festungs— manövern beizuwohnen.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing am Montag Mittag den Besuch Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Alexander.
— Die vier ältesten Söhne Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin haben, dem, W. T. B.“ zufolge, mit dem heute Nachmittag 15 Uhr von Kassel ab— gegangenen Schnellzuge die Rückreise nach Potsdam angetreten.
— Der Königlich schwedisch-norwegische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, von Lagerheim, hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations-Sekretär Gude als interimistischer Geschäftsträger.
— Der hiesige Gesandte der Argentinischen Republik, Carlos Calvo, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
— Der General⸗Lieutenant von Kalten born⸗Stachau, Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division, hat sich zur Beiwohnung der Brigade⸗Manöver der 3. und 4. Garde— Infanterie-⸗Brigade in das Gelände bei Schwiebus und Stern— berg begeben.
— Der kommandirende Admiral Freiherr von der Goltz hat sich gestern zu Inspizirungen nach Wilhelmshaven und Kiel begeben. .
Münster, 27. August. Der Ober-Bürgermeister Windthorst hat durch Straßenanschlag und die in Münster erscheinenden Zeitungen nachstehende Bekanntmachung ö ö ö
e. Majestät der Kaiser und König und Ihre Majestät die Kaiserin und Königin haben mich zu beauftragen geruht, zur öffent⸗ lichen Kenntniß zu bringen, wie entzückt Allerhöchstdieselben seien von dem Ihnen gestern hier bereiteten Empfange.
FIhre Majestäten sprachen wiederholt Ihre Anerkennung aus sowoßl über die würdige Haltung, die aufrichtige Herzlichkeit und Begeisterung der Bevölkerung, als über den reichen, geschmackvollen Schmuck, welchen die Stadt angelegt, und insbesondere über die glaͤnzende, wirkungsvolle Illumination, welche in ihrer eigenartigen Schönheit und Pracht alle Erwartungen übertroffen habe.
Des Kaifers Majestät haben mir weiter den ausdrücklichen Be⸗ fehl ertheilt, allgemein bekannt zu geben, wie wohlthuend Allerhöchst ⸗ diefelben berührt worden seien von den Worten, welche die städtische Vertretung beim Einzuge an Ihre Majestäten zu richten die
Ehre hatte. . Vit mir werden alle Bewohner Münsters von diesen Aller⸗
nädigften Kundgebungen sich umsomehr beglückt fühlen, als wir uns i sind, durch die im Namen der Stadt gehaltene Ansprache nur der innersten Gesinnung und wahren Meinung der hiesigen Bevölkerung
Ausdruck gegeben zu haben. ; Hoch lebe unser erbabenes Kaiserpaar!
Württemberg. Friedrichs hafen, 26. August. Am Sonnabend Abend trafen auf Einladung Ihrer Majestäten des Königs und der Königin Se. Königliche Hoheit der Herzog Albrecht von Württemberg und Se. Hoheit der Prinz Ernst zu Sachsen-⸗Weimar hier ein und nahmen im Schlosse Quartier. Höchstdieselben begaben sich am Sonntag Vormittag nach Villa Seefeld mit dem Extraschiff, welches bestimmt war, Ihre Königlichen Hoheiten die Frau Prinzessin Catharina, den Prinzen unddie Prinzessin Wil helm nebst Prinzessin Pauline sowie die zur Zeit auf Besuch in der Villa Seefeld weilende Gräfin Elisabeth. Wald⸗ burg-⸗Wurzach abzuholen. Die Herrschaften nahmen bei Ihren Masestäten das Diner ein und kehrten Nachmittags mit dem⸗ selben Schiff nach Villa Seefeld zurück, wiederum begleitet von dem Herzog Albrecht und dem Prinzen Ernst zu Sachsen— Weimar, welche sodann Abends über Friedrichshafen nach Stuttgart beziehungsweise Ludwig sburg abreisten. — Heute ist der Staats⸗Minister Freiherr von Mittnacht nebst Ge— mahlin mit einer Einladung zum Diner beehrt worden.
— (StA. f. W.) Wie seit Kurzem in der preußischen Armee, so werden nach einer Bestimmung Sr. Majestät des Königs auch bei den württembergischen Truppen die wirklichen Feldwebel und Wachtmeister sowie die in deren Range stehenden Dirigenten der Negiments⸗ 2c. Mufiken ein besonderes Abzeichen zur Unterscheidung von den bisher die gleiche Gradauszeichnung führenden Vize⸗ Feldwebeln erhalten. Dieses besondere Abzeichen besteht in einer schmalen goldenen bezw. silbernen Borte, welche auf dem Waffenrock 2c. oberhalb des Aufschlags getragen wird.
Baden. Karlsruhe, 27. August. (W. T. B.). Se. Königliche Hoheit der Großherzog ist auf der Mainau eingetroffen. — Das Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs hat sich während seines Aufenthalts in Badenweiler wesentlich gebessert.
Mecklenburg ⸗ Schwerin. Schwerin, 27. August. Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Kaiserliche Hoheit die Großherzogin sind von ihrer Reise nach St. e nf zurückgekehrt und haben bis auf Weiteres in dem agdhause Ihrer Kaiserlichen Hoheit, Gelbensande, Auf⸗ enthalt genommen. Dort wällen auch der Erbgroß⸗ herz og, Königliche Hoheit, und die Herzogin Cäxcilie, Hoheit, während die Herzogin Alexandrine, Hoheit noch ihre Kur in Homburg v. d. Höhe fortsetzt. — Gestern hat Se. Königliche Hoheit der Großherzog das Großherzogliche Füsilier-⸗Regiment Nr. 90, das zur Zeit bei Rostock vereinigt ist, und heute das Großherzogliche Grenadier-Regiment Nr. 89, das bei Güstrow exerziert, besichtigt. (.)
Braunschweig. Braunschweig, 27. August. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, reiste am Montag von Kiel nach Flensburg, kam Nachmittags in Hamburg an und besuchte heute die dortige Ausstellung. Heute Nachmittags
Königliche Hoheit in der hiesigen Residenz Im Gefolge Höchstdesselben befanden sich:
Flügel -Adjutant Ritt⸗ persönliche Ad⸗
traf Se. wieder ein. General ⸗Major von Winterfeld, meister von Seydewitz und der jutant Graf von Bismarck⸗Bohlen. Bald nach Ankunft Höchstdesselben fand im Se f. ein Diner statt, an dem der General⸗Hof⸗Intendant Freiherr von Löhneysen, welcher Mittags hier eingetroffen war, der General-Major von Winter⸗ feld, der Schloßhauptmann von der Mülbe, der persönliche Adjutant Major von Mitzlaff, die Flügel-Adjutanten Ritt⸗ meister von Seydewitz und von Krosigk Theil nahmen. Mit dem fahrplanmäßigen Zuge um 6 Uhr 24 Minuten reiste der Regent dann mit den zur Tafel geladen gewesenen Herren nach Blankenburg ab. Von Halherstadt aus wurde ein Sonderzug benutzt und erfolgte die Ankunft in Blankenburg um 9 Uhr 35 Minuten. — Der Kammerjunker Cramer von Clausbruch reiste Nachmittags nach Blankenburg ab, woselbst der Vize⸗Ober⸗-Stallmeister Freiherr von Girsewald bereits ein⸗
getroffen ist.
Elsaß⸗Lothringen. Metz, 25. August. Der Wortlaut der Stiftungsurkunde, welche in den Grundstein des Kaiser-Wilhelm-Denkmals zu Metz eingeschlossen wurde, lautet nach der „Landes-Zeitung für Elsaß⸗-Lothringen“, wie olgt: f gt3n Jahre des Herrn Eintausend achthundert und neun und achtzig am dreiundzwanzigsten August hat der Allerdurchlauchtigste Herr und Fürst Wilhelm der Zweite Deutscher Kaiser und König don Preußen ꝛc. mit Seiner hohen Gemahlin der Allerdurch— lauchtigsten Kaiserin und Königin Augusta Victorig den Grundstein zu diesem Denkmale Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm des Ersten, seines glorreichen Herrn Großvaters gesegneten Angedenkers, feierlich gelegt, diese Urkunde Allerhöchstselbst unterzeichnet und hier mit eigener Hand eingemguert. Errichtet wird dieses Denkmal zur. Ehre des großen Kaifeg welcher das deutsche Vaterland unter seinem rubm— reichen Scepter geeinigt, demselben diese Lande wiedererworben und nach schweren siegreichen Kriegen den Frieden seines Reichs und der Welt mit starker Hand behütet und geschirmt hat, ein Vater seines Volkes, durch weise und gerechte ö ein Förderer der dauernden Wohlfahrt feiner Unterthanen in nnablässiger treuer und wirksamer Fürsorge, bis nach einem reichkgesegneten Leben Gott der Herr ibn im einundneunzigsten Jahre seines Alters zu sich abberufen hat, beklagt und verehrt von den dertschen Fürsten, von seinem treuen Heere und ven dem ganzen deatschen Volke. Des zum Zeugniß ist dieses Denkmal cuf Anregung deutscher Männer, weich? zur Leitung des Unternehmens gewäblt haben den Beiirks— Präsidenten für Lothringen, Hans von Hammerstein, den Bürgermeister der Stadt Metz, Alexander Halm, den praktischen Arzt Dr. C. Braun, den Bankdirektor L. Lazard, sämmtlich zu Metz, den Amtsgerichts Rath R. Sxffert zu Diedenhosen, den Bürgermeister R. Hein zu Finstingen, den Oberförster F. Grimmel zu St. Axeld und Andere' mehr, entworfen und ausgeführt von dem Bildhauer Ferdinand ron Miller aus München zu der Zit, da Fürst Chlodwig von Hobenlohe-Schillingsfürst Stattbalter in Elfaß Lothringen und der General der Infanterse Rudelf xon Sppeln. Bronikowski Gouverneur der Festung Metz waren. Die Mittel zur Errichtung dieses Denkmals sind duich freiwillige Gaben aus Lothringen und aus allen Kreisen des ganzen deutschen Volkes beschafft worden, gesammelt von Städten und Dörfern, von Einzelnen und von zahlreichen Vereinen und Genossenschaften, von Militär- und Civilpersonen jedes Standes, alle beseelt von dem einen Gedanken, ihrem entschlafenen großen Kaiser treue Liebe und dankbare Verehrung zu erweisen. *
Ueber den Empfang der Deputgtion aus dem Land⸗ krejse Metz berichtet die genannte Zeitung: Die Vorstellung fand durch den Kreisdirektor Gundlach statt. Die Deputation bestand aus den Herren: Marchal aus Lorry und Pierret aus Woippy als Vertreter des 1. Kantons Metz; Méa aus Dornot und Camus aus Gorze für den Kanton Gorze; de Verneuil aus Fleury und Lorrain aus Goin für den Kanton Verny; Sidot aus Servigny und François aus Colligny für den Kanton Pange; Pallez aus Rugy und Lorrain aus Antilly für den Kanton Vigy.
Hr. Marchal aus folgender Anrede: .
„Majestät! Im Namen der Deputationen der fünf Kantone des Landkreises Metz heiße ich Se. Majestät den Kaiser und Ibre Majeftat die Kaiserin herzlich willtommen und drücke den tief gefühlten Dank aus für die Ehre, die uns heute zu Theil wird. Wir benutzen die Anwesenbeit Ew. Majestäten in unserem theuren Lothringen, um Allerböchstdenstlben unsere Trete und Erzebenheit zu versichern Wir hoffen, daß unser erlauchter Herrscher alle Kräfte aufbieten werde, um den Frieden auf⸗ recht zu erhalten, der für den Ackerbau und den Wohlstand des Landes eine Lrbensfrgge ift. Gott erbalte Ew. Majestäten, sowie der ganzen Kaiserlichen Familie eine blühende Gesundheit und gebe Aller⸗ hböchstdenselben lange und glückliche Tage. Zum Andenken an die Reise Ew. Majestäten nach der Hauptstadt Lothringens erbitten wir uns die Erlaubniß, unseren geliebten Herrschern durch Vermittelung der hier anwesfenden jungen Leute einige Erzeugnisse des einbeimischen Äckerbaues und einiges Obst aus den Gärten des Metzer Landes zum Zeichen unserer Treue und Dankbarkeit Alleruntertbänigst darzubieten.“
Der Bezirks-Präsident Freiherr von Hammerstein stellte alsdann noch verschiedene Personen, welche die Deputation begleiteten, den Kaiserlichen , vor. Hr. Marchal (Sohn) aus Lorry trug ein Bündel Gerste und Frl. Pierret aus Woippy präsentirte einen Korb mit Mirabellen; Hr. Emil Henriot von dem Pachtgute de la Hauton⸗ nerie bei Louvigny trug Hafer und Frl. Lorrgin aus Goin einen Korb mit Birnen; Hr. Sidot (Sohn) aus Silbernachen präsentirte Korn, Frangzois (Sohn) aus Colligny r Frl. Pallez aus Rugy Aprikosen und Lorrain aus Antilly Pfirsiche. Hr. Meg (Sohn) aus Dornot trug einen mit Trauben gefüllten, prächtig ausgestatteten Korb des Frl. Philippot aus Ars a. d. Mosel, welche Ihrer NMaje flat der Kaiserin einen prachtvollen Blumenstrauß darbot und folgende Ansprache hielt: .
„Allergnädigste Herrscherin! Es ist mit einem Gefühl großen Glücks und wohlberechtigten Stoljes, daß ich Ew. Majestät hier im Namen des Kantons Gorze beglückwünsche. Wir danken Allerhöchst⸗ derselben für die große Ebre, die uns beute beschieden; der 23. August 1889 wird fernerhin mit goldenen Schriftzügen in der Geschichte der Stadt Metz und ihrer Umgebung eingeschrieben bleiben. Um unserer Änhänglichkeit und Treue für die durchlauchtigste Person Ew. Majestät durch ein äußeres Zeichen Ausdruck zu verleihen, bitten wir unsere Allergnädigste Kaiserm, diese Früchte aus unserem lieben Metzer Land huldvollst entgegenzunehmen.“
Ihre Majestät dankte aufs Freundlichste für diese Auf⸗ merkfamkeit und hatte für einen Jeden ein liebevolles, wohl— wollendes Wort. Se. Majestät der Kaiser beantwortete seiner— seits die Ansprache des Herrn Marchal mit der, Versicherung, er werde sein Mögliches thun, damit der Frieden, den er immer geliebt, unserem Lande erhalten bleibe, und indem er dankte für die von der Deputation an den Tag gelegten Ge⸗ sinnungen. Der Kaiser erkundigte sich hierauf über den Aus⸗ fall der diesjährigen Ernte, den Stand der Weinberge und ob man mit dem Endresultat des Jahres zufrieden sei. Se.
Lorry begrüßte die Majestäten mit
Majestät hatte dann noch ein freundliches Wort für einen Jeden im Einzelnen und die Deputation wurde entlassen. Ent⸗ zückt über die Freundlichkeit unseres Herrscherpaares und von der bestrickenden Anmuth der Kaiserin im höchsten Grade ein— genommen, schieden sie mit dem Gefühle, daß es für sie ein höchst glücklicher Tag gewesen.
Der Bürgermeister von Metz hat gestern Folgendes bekannt gegeben:
Se. Majestät der Kaiser haben mich beauftragt, den Bewohnern der Stadt Metz Seinen Dank und den Dank Ihrer Majestät der Kaiserin für die Allerböchstihnen gestern hier bereitete herzliche und schöne Aufnahme auszusprechen. Indem ich diesem Allerhöch ten Auf. trage freudigst nachkomme, gebe ich zugleich bekannt, daß Se,. Majestät durch das Ober ⸗Hofmarschallamt mir die Summe von 2000 6 für die Armen der Stadt Metz haben übermitteln lassen und daß über die Verwendung dieses Allerböchsten Geschenls binnen kürzester Frist weitere Mittheilung ergehen wird.“
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 28. August. (W. T. B.) Das „Fremdenblatt“ versichert auf das Bestimmteste, daß die von pansslavistischer Seite verbreiteten tendenziösen Meldungen, denen zufolge von österreichischen Offizieren begleitete Kanonen von Wien nach Bulgarien gesandt worden wären, vollkommen erdichtet seien. Es befinde sich kein öster— reichischer Offizier in irgend einer bulgarischen Festung zur Ueberwachung der Befestigungsarbeiten, ebenso wenig werde an ein eventuelles Kommando der bulgarischen Armee durch österreichische Offiziere gedacht. Wenn Bulgarien früher seine Gewehre aus Rußland bezogen habe und jetzt anders woher , so könne man dagegen keine berechtigten Einwendungen erheben.
Prag, 27. August. (W. T. B.) Der böhmische akademische Leseverein ist durch behördliche Anordnung aufgelöst worden. Als Grund der Auflösung wird von dem Organ der Jung-Czechen „Narodni Listy“ das Verhalten der Vereinsdeputation auf dem Studenten-Kongresse in Paris n.
udapest, 27. August. (W. T. B.) Heute Vormittag fuhren die Minister und Notabilitäten bei dem Schah von Persien vor und gaben ihre Karten ab. Dieser besuchte hierauf die Akademie der Wissenschaften, woselhst er von dem Professor Vambery in persischer Sprache begrüßt wurde, und sodann das National-Museum. Später unternahm der Schah in Begleitung des Erzherzogs Joseph eine Dampfschiffahrt nach der Margaretheninsel, besuchte Abends mit dem Erzherzog Joseph die Gala⸗-Oper und kehrte nach Schluß derselben in das Hotel „Königin von England“ zurück.
Nach einer Mittheilung der „Ungarischen Posi“ hätte sich der Zustand des Grafen Julius Andrassy gebessert und die Kräfte derart zugenommen, daß der Graf täglich Ausflüge zu Schiff unternimmt.
Großbritannien und Irland. London, 27. August. (W. T. B) Der Erbgroßherzog von Hessen ist heute nach Schloß Bal moral zum Besuche der König in gereist, deren Ankunft aus Wales morgen daselbst erwartet wird.
In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte der Staalssekretär für Indien, Viscount Croß: England habe nicht die geringste Absicht, Kaschmir zu annektiren, — Der Ausstand der Dockarbeiter gewinnt mit ,, Tage größere Ausdehnung. Die „Allg. Cerr.“ berichtet darüber:
Auch die Kohlenträger und Gasarbeiter haben sich der Bewegung angeschlossen. Einer ungefähren Schätzung nach haben nördlich von der Themse zwischen 3060 und 4000 Koblenträger die Arbeit ein= gestellt, und es sind Anzeichen vorhanden, daß diese Zabl sich wesent⸗ lich vergrößern wird. Die Strikedewegung steckt auch and ere Gewerke on, weiche mit dem Ausstande der Dock. und Werftarbeiter gar nichts gemein haben; in Folge dessen erließen die strikenden Dodarbeiter ein Manifest an alle Londoner Gewerke, worin diese ersucht werden, von weiteren Arbeitseinste lungen abzustehen. Obendrein sind zahlreiche Fabriken durch den Massen ⸗ strike zur Unthätigkeit verdammt, da es ihnen entweder an Kohlen oder Material zum Betrieb mangelt. Viele Biscuit und Konserven ⸗ fabriken feiern, weil weder Mehl noch Obst ausgeladen werden können. Das Theeschiff Glenogle‘ wurde am Sonnabend von den Commis der Handlungshäufer, für welche der Thee bestimmt war, ausgeladen. Ganze Schiffzladungen von Obst und Fleisch verfaulen. Bick— lang ist das Verbalten der Strikenden ordentlich und friedlich gewesen, und in Folge des Taktes und der Umficht der unter städtischer Verwaltung strhenden Cim-Pelizei sind Reibungen vermieden worden; es ist jedoch für wünschendwerth erachtet worden, militärische Vorsichtsmaßtegeln zur Unterdrückung etwaiger Ausschreitungen zu treffen. Die Notb unter den strikenden Arbeitern ist groß und dürfte noch schlimmer werden, falls dem Sirife nicht bald ein Ende gesetzt wird. Die Mittel, über welche die Führer des Strikes verfügen, sind nicht groß; es sollen für den Unterhalt der Strikenden bis jetzt nur 3000 Pfd. Sterl. eingegangen sein Inzwischen jahlen die beschäftigungslosen Arbeiter lein: Wohnungsmiethe und darben dabei. Die Dockgesellschaften ihrerseit? fielen sich auf den Standpunkt des „non possumus?. Die Dock, so erklaͤrte der Vorsitzende des London & India Docks ⸗Ausschusses, hätten sich feit Jahren nicht bezablt gemacht. Kaum sei es hesser geworden, so drohe der Strike die Hoffnungen der Aktionäre auf Ver⸗ zinfung ihres Kapitals zu nichte zu machen. Der Strike werde London als Hafenvlatz dauernd schätigen. Es sei schon jetzt al Fbeurer Hafen verschrlen. Gestern ging das Gerücht, daß die Dolch. verwaltungen geneigt seien, den Arbeitern Zugeständniffe zu machen, und heute follen aufs Neue Unterhandlungen für die Beilegung des Ausstandes beginnen. . ;
Die „Londoner Prefse“ steht dem Strike der Dollarbeitet fast durchgängig sfympathisch gegenüber, und kein einz'ges Blr ebauptet,* daß ihre Forderungen unvernünftig seien. It⸗ bisheriges maßvolles Auftreten bat zu diesem unleugbare⸗ Wohimellen. der zffentlichen Meinung nicht. unwesentlich, ben getragen. Die ‚Times“ hebt hervor, daß die meisten Reder gleichfalls der Meinung feien, die Dockgesellschaften sollten jetzt, wo sich die Zeiten gebessert haben, gegen ihre Angestellten etw liberaler fein. „Es möge schiedsgerichtlich festgestelll werden. ö schreibt sie, ob die Dockgesellschaften sich wirklich jetzt so schlech stehen, daß den Löhnen nicht noch eine Kleinigkeit iugelegt werde kann, und ob das Unternehmersystem so unzertrennlich von der Arbei in den Docks ist, das es nicht durch ein besseres ersetzt werden dürfte. . Die. Daily News“, welche gleichfalls auf ein Schiedsgericht dringt, bezeu shre Achtung vor der in Hyde Park abgehaltenen Volksbersammlun und dem Eintreten aller Hafenarbeiter für ihre gedrückten Geno „Cinem solchen Schritte follte man in einem Lande, welches sos rl, auf sein Cbristenthum hält., nicht mit einem bloßen spöttisch⸗ Lächeln begegnen. Mittlerweile sind die Wirkungen des Strikes. I gut sie auch fchtießsich fein mögen, beklagenswerth. Aehnlich äußern sich die übrigen Blätter. .
Im „W. T. B.“ sind über den Verlauf des Strikes
folgende neueren Nachrichten eingegangen: 2.
Die Vertreter der strikenden Dockarbeiter batten beute ö Konferenz mit den Mitgliedern des Direktionsrathes der London und „‚East India“ Decks. Der Direktionsrath lehnte d
Forderungen der Strikenden betreffs einer Lohnerhöhun bis auf 6 Pence für die Stunde mit einem nhl ne lsh 96
. für den Tag und Abschaffung des Systems der Ärbeits⸗
— In Clonakilty endete gestern die gerichtliche Verhandlung gegen die irifchen , William O'Brien und Ji. Gilhooly nach mehrtägiger Dauer mit einem Schuldigspruch. O'Brien und Gilhosly waren auf Grund des Zwangsgesetzes angeklagt, die Pächter des Grundbesitzers Smith Barry, zur Verweigerung der Pachtzinszahlung aufgewiegelt zu haben. O'Brien wurde zu 2 Monaten und Gilhooly zu 6 Wochen Gefängniß ohne harte Arbeit verurtheilt. Nach Verbüßung ihrer Haft werden O'Brien und Gilhooly Bürgschaft für ihr gutes Verhalten während der nächsten 12 Monate zu stellen haben, widrigenfalls sie 3 bezw. 2 Monate länger im Gefängniß zuzubringen haben. O'Brien lehnte es ab, die Berufung gegen das Strafurtheil einzulegen und wurde nach dem Ge⸗ 3 J ö ä an. . wurde gegen
r ig auf freien Fuß gesetzt, da er gegen das Ur— theil zu appelliren beabsichtigt. ö. .
Rrankreich. Paris, 27. August. (Köln. Ztg.) Der Rath der Ehrenlegion hat in seiner gestrigen 5 ent⸗ schieden, daß gemäß dem Dekret von 1852 Boulanger und Dil lon aller Rechte und Ehren ihres Grades entkleidet sind.
Die boulangistischen Blätter veröffentlichen ein Manifest Boulanger's an die Wähler des Seine-Depar— tements. Der General legt ihnen die Kandidatenliste für die nächsten Wahlen vor, verlangt die Verfassungsrevision durch eine konstituirende Versammlung, welche aus dem all— gemeinen Stimmrecht hervorzugehen habe, und die Abschaffung des Senats, der darch seine Unehren— haftigkeit gebrandmarkt sei. Die zu erwählende Kammer werde weder eine gesetzgebende Versammlung sein, noch eine konstituirende, ihr einziges Mandat bestehe darin, der Willkür— herrschaft Trotz zu bieten. Die vorgeschlagenen Kandidaten sind alle Boulangisten, mit Ausnahme des für den 8. Kreis, welcher Bonapartist ist. Unter den Bewerbern sind Naquet, alle boulangistischen Abgeordneten und Journalisten, Rochefort, Mermeix von der „Cocarde“, Lucien Nicot von der „France“, Massard, Roche u. g., ferner mehrere der wegen Beiheiligung an boulangistischen Umtrieben entlassenen Beamten, General Thibaudin 2c. Boulanger selbst tritt im 2. Wahlkreise Mont— martre auf.
— 28. August. (W. T. B.) Eine im Cirkus Fernando abgehaltene, von etwa 5000 Personen besuchte Versamm⸗ lung, in welcher Laguerre als Ankläger gegen die Re— gierung auftrat und in langer Rede sich über das Urtheil des obersten Staatsgerichtshofes aus sprach, be— schloß eine Tagesordnung zu Gunsten Boulanger's. An den Eingängen zum Saale drängte sich eine lärmende Menge und warf mit Steinen nach den Polizeibeamten. Die Stadtgarde zu Pferde war genöthigt einzuschreiten und nahm zahlreiche Verhaftungen vor.
Italien. Rom, 28. August. (W. T. B.) Wie mehrere Blätter melden, hat der verhaftete Arbeiter Frattini ein— gestanden, die Bombe auf dem Colonna-Platz ge— worfen zu haben. Zwei der Mitschuld dringend verdächtige Personen sind gleichfalls verhaftet worden.
Türkei. Nach Berichten des „W. T. B.“ aus Kreta über Athen, vom 27. August, soll die Pforte den Abbruch der Unterhandlungen, zwischen der Kommission der Aufständischen und Schakir Pascha angeordnet haben.
Rumänien. Bukarest, 27. August. (W. T. B.) An⸗ läßlich des Geburtstages des Thronfolgers begab sich heute der Kommandant des 3. Linien-Regiments, in welchem der Thronfolger dient, an der Spitze sämmtlicher Offiziere des Regiments nach Singia, um dem König und dem Thronfolger Glückwünsche zu überbringen. Bei dem Diner brachte der König den Toast auf das Wohl des Thronfolgers aus. — Der „Monitorul“ veröffentlicht ein Gesetz, betreffend die Errichtung einer höheren Kriegs— schule zur Heranbildung von Generalstabs-⸗Offizieren.
ö. Dänemark. Kopenhagen, 27. August. (W. T. B) Der Kronprinz Constantin von Griechenland ist heute Abend 7 Uhr 40 Minuten hier eingetroffen und hat nach kurzem Aufenthalt die Weiterreise nach Fredensborg angetreten.
— 28. August, (W. T. B.) Der König wird morgen der „Der shawa“ mit welcher die russische Kaiser— amilie hier eintrifft, entgegenfahren.
Alsien. Afghanistan. Der Aufstand in Badakshan ist, einem Telegramm der „Times“ aus Kalkutta vom 25. . M. zufolge, völlig unterdrückt. Der Emir hält die Provinz mit 6 Infanterie⸗ und 2 Kavallerie⸗Reaimentern sowie einer Batterie Artillerie besetzt. Die Mirs sind geflohen und die Autorität des Emirs wird überall wieder anerkannt.
Seitungõftimmen.
Die Vortheile der Invaliditäts- und Altersversicherung . von der „Landes-Zeitung für Elsaß— othringen“ in folgendem Artikel beleuchtet:
8 „Unter den verschiedenen erläuternden Schriften, welche über das nvaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetz bereits erschienen sind
. den Zweck verfolgen, den Millionen durch dieses Geseß ver— icherter Personen das Verständniß desselben zu erleichtern, ist auch ein von den Reichstags⸗Abgeordneten Gebhard und Geibel heraus gegebener „Führer durch das Invaliditäts⸗ und Altergversicherungs⸗ deseh hervorzuheben Das 172 Seiten umfassende Buch bezweckt in, , durch eine gemeinverständliche. Darstellung des In ‚ h 1 des Gesetzes auf die weitesten Volkskreise belehrend einzu⸗ 3. en. In eine n Schlußabscknitt wird der Lebensgang eines zutschen Arb eiterg geschildert, wie er sich, auch unter wenig
a gen äußeren Verhältniss-n, durch die Wirkungen des Gesetzes
ungig, gestalten wird. Friedrich Adalbert Schulje tritt am , 1891 in Braunschweig bei einem Schlosser in die Lehre. . beendigter Lehrzeit wandert er in Deutschland herum, wird . zeitweilig arbeitslos, er genügt seiner Militärpflicht und gebt . 67 Maschinenschlosser auf einem Schiff nach Ost Asien. Nach ö ückkehr verbeirathet er sich mit einem ebenfalls versicherten
ir mädchen, welches nun von dem Rechte Gebrauch macht, die , . Beiträge zurückuufordern. Dies erweist sich jedoch als
e . , . die Frau wird nach einiger Zeit invalid und würde . ei kurzer Sorte gn der Versicherung aus eigenen Beiträgen
in nf. auf eine erbebliche Rente gehabt haben. Schulze hat sich e . als selbständiger Schlossermeister niedergelassen und setzt . 6 die bis dahin für ihn obligatorische Versicherung freiwilllg 3 räwird zeitweilig Invalide und erhält eine vorübergehende e, welche auf Grund seiner 21 Ouittungskarten mit 1956. 6 88 D
jährlich berechnet wird. Später ist er wieder arbeitsfähig, hat jedo am 1. Juli 1925 das Unglück, überfahren zu . . e mit dem Leben davon, wird aber dauernd Invalide und beansprucht nun seine Rente, die in den verschiedenen Instanzen verschieden be⸗ messen und endlich auf jährlich 222 37 R festgefetzt wird, die er bis zu seinem am 20. Juli 1940 erfolgenden Tore bezieht. Ein kleiner Erwerb ist ihm dabei als Nebenverdienst geblieben. Weiter erfahren wir über Schulze aus dem Buch noch Folgendes:
Wie wichtig die Rente für ihn und die Seinigen nach Lage der Verhãltnisse war, wieviel größer das Ungemach der Familie Schulze gewesen wäre, wenn ihm dieselbe gefehlt hätte, wieviel weniger er im Stande gewesen wäre, mit seiner siechen Frau, welche durch Naäͤharbeiten nur wenig verdienen konnte, zu leben, ohne darben zu müssen, und wieviel schwerer er es gehabt hätte, seine beiden Söhne so weit zu bringen, daß sie jetzt als Handwerker ihr Brot felbst zu verdienen im Stande sind, das bedarf keiner weiteren Ausführung. Seine Frau starb 1935. Der älteste Sohn hatte sich, 26 Jahre aft, eben selbständig gemacht und verheirathet. Bei ihm verbrachte Schulie die letzten fünf Jahre seines Lebens, obne das drückende Gefühl haben zu müffen, seinen Kindern zur Last zu leben und ihnen die Gründung des eigenen Haus— standes und Tie Erlangung eigenen, bescheidenen Wohlstandes durch die Bürde der Sorse für einen erwerbsunfähigen und vielfacher Pflege bedürftigen Vater zu erschweren. Er selbst hatte zwar nicht das erreicht, was er im Besitze guter gewerblicher Kenntniffe und beseelt vom besten Willen erreichen zu können gehofft hatte; aber er war doch trotz der erlittenen schweren Schicksalsschläge bewahrt geblieben vor der äußersten Noth. Bewabrt hatte ihn aber davor die gesetz⸗ liche Invaliditäts und Altersversicherung! Der Segen derselben ztigte sich zu der Zeit, von der wir schreiben, jährlich an Hundert— tausenden von Fällen im Deutschen Reiche; er war für jeden klar, der sein Auge nicht absichtlich der Wahrnehmung der wehlthätigen Wirkungen des Gesetzes, betreffend die, Invaliditäts. und Alters. dersichgtung vom 22. Juni 1889, verschließen wollte. Leute solcher Art sollen ja wohl ein halbes Jahrhugdert früher und noch un— mittelbar, vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vorgekommen sein — unser Friedrich Adalbert Schulze erinnerte sich noch in seinen späten Lebenstagen, daß er in seiner Jugend abfällige Urtheile über dasselbe gehört und oft vernommen hatte, daß folche besonders in Zeitungen häufig zu lesen gewesen wären — aber jetzt, zu der Zeit, von der wir erzählen, der Zeit des Todes von Friedrich Adalbert Schulze, kann man sich kaum vorstellen, daß es se solche Leute ge— geben habe . .
„Die Verfasser des Buches greifen damit der Ansicht der Nach= welt um 50 Jahre vor. Wir meinen, daß es einer so langen Frist kaum hedürfen wird, um die Unentdehrlichkeit sowohl wie den Segen jtnes Gesetzes Jedermann hinlänglich lar und deutlich gemacht zu haben. Ebenso wie schon heuté nach fünf Jahren Riemand das Krankenrersicherungsgesetz entbehren möchte, fo wird auch die In— raliditäts. und Alters versicherung in längstens zehn Jahren als ein hohes Gut unserer arbeitenden Volksklassen und damit der ganzen Nation allgemein erkannt und geschätzt werden.“
Die sozialdemokratische „Volkstribüne“ brachte jüngst einen Artikel, in welchem sie einen zur „Erkenntniß“ seiner Klassenlage „erwachten Arbeiter“ sich über Strikes folgender— maßen aussprechen läßt:
„Wollt ihr (die Unternehmer) nicht gutwillig mir mein Recht, meine berechtigten Amprüche gewähren, so muß ich jeden mir gesetz= lich erlaubten Zwang anwenden. Mit kurzen Worten, ich muß die Arbeit einstellen, ich muß striken. Unterliege ich dabei, was sehr leicht möglich ist , so muß ich wieder und immer wieder striken. Vicht, weil ich glaube, in den fortgesetzt wieder— holten Strikes euch auf einmal zu besiegen, nein, ich fürchte, ich werde in jedem folgenden Strike auch wieder unterlizgen. Aber ich werde durch dieses fortgesetzte Beun⸗ ruhigen eures Geschäftsbetriebes, durch das wiederholte Unterbrechen eurer Berechnungen, durch die empfindlichen Verluste, die ich euch da⸗— durch bereite, euch so schädigen, daß ihr es vorzieht, mir meine gute
orderung auf auskömmlichen Unterhalt und auf das Mehr an Be— aglichkeit des Lebens, auf das ich auch Anspruch mache, zu gewähren, um die Beunruhigung los zu werden.“ —
Hierzu bemerkt die „Deutsche volkswirthschaftliche
Correspondenz“: ö
Nach sozialdemokrgtischer Auffassung bezwecken also Strikes keineswegs eine direkte Verbesserung der wirthschaftlichen Lage der Strikenden durch Eriwingung günstizerer Lohnbedingungen. Man weiß vielmehr, daß man nicht nur in dem ersten, sondern wahrscheinlich auch „in jedem folgenden Strike auch wieder unterliegen wird.“ Trotzdem muß . der zur Erkenntniß erwachte Arbeiter. — so sagt die . Volks tribüne' — „wieder und immer wieder striken', weil es auf das fort. gesetzte Beunruhigen des Geschäftsbetriebes der Unternehmer, auf die wiederholte Unterbrechung seiner Berechnungen, auf die „empfindlichen Verluste', welche den Unternehmern dadurch bereitet werden — der Sozialdemokratie ankommt.
„Klarer kann es nicht gut ausgesprochen werden, wie in den oben
eitirten Sätzen geschehen, daß die sozialdemokratische Absicht beim Strite nicht auf eine Besserung, d. h. eine wirkliche und erreich bare Besserung der wirthschafrlichen Lage des Arbeiters gerichtet ist. son⸗ dern gusschließlich auf empfindliche, den Unternehmern zuzufügende Verluste. Dieses spricht sich auch darin aus, wenn im Weiteren aus— geführt wird, das vom Arbeiter beim Strike durch den selbstverschul⸗ deten Lohnverlust übernommene Opfer sei für ihn von sehr unterge— ordneter Bedeutung; der Arbeiter habe während der Strikezeit eben auch gelebt‘, ob mit oder ohne Unterstützung; es sei ihm dabei nicht schlechter gegangen, als ob er eben so lange wegen Arbeits mangel beschäftigungslos war, er habe in den meisten Fällen nur den doch eintretenden Arbeitsmangel „ vorausgenommen“, das Bedürfniß nach der Arbeit sei in der Regel geblieben, und müsse dann in der Zeit befriedigt werden, während welcher sonst in der Regel keine Beschäf . tigung war. ‚Eines ist aber! — so wird schließlich triumphirend ausgerufen — unwiderbringlich verloren, das sind die Kapitalzinsen der Fabrikanten während des Strikes!“ Da aber doch die bestehende Wirthschafts⸗ und Gesellschaftsordnung obne Kapitalzins nicht denkbar ist, so richtet sich also der Strike nach sozialdemokratischer Absicht direkt gegen diese Ordnung! Und am Schluß dieses interessanten Artikels wird erklärt, die Strikes würden „nothwendig immer häufiger und immer umfang— reicher werden, je mehr die Arbeiterschaft zur Erkenntniß ihrer Lage erwacht. Diese Erkennniß läßt sich aber mit aller Gewalt richt mebr aufbalten. Der Gährstoff ist in die Arbeiterschaft hinein getragen, er läßt sich nicht mehr entfernen oder tödten. — Niemand wird es den Vertretern der bestehenden Staats. und Gesellschafts« ordnung übelnebmen können, wenn sie der hierin ausgesprochenen sotialdemokratischen Zuversicht zum Trotz jeden möglichen Versuch unternehmen, diesen ‚Gährstoff zu entfernen oder zu tödten.“
Statistik und Volkswirthschaft.
Krankenversicherung der Waldarbeiter.
Der Wohblthaten des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 werden in Folge der immer mehr Plaz greifenden statutarischen Ginführung des Versicherungszwanges für die in der Land⸗ und Forst⸗ wirtbschaft beschäftigten Arbeiter auch die Waldarbeiter mehr und mehr tbeilbaftig. In dem Jahre vom 1. April 1888890 find im Betriebe der Königlichen Forstoerwaltung des Regierungsbezirks Potsdam etwa 405 Arbeiter mit ewa 7065 552 Arbeitstagen be= schäftigt worden. Davon sind etwa 4212 Arbeiter gegen Krankheit versichert gewesen, von welchen im Ganzen 141 Arbeiter erkrankten.
. Spar kassen. In den 52 Sparkassen des Regierungsbezirks Frankfurt hat sich die Summe der Einlagen von 102 866 2066 1 am Schluß des
Jabres 1887,86 bis auf 114536 252 0 am Schluß des Jahres 1888 89, also in einem Jahre um 11 670046 . On .
der Sparer hat sich gegen das Vorjahr um 16 882 verme die stärkste Vermehrung entfällt auf die Einlagen mn . 60. 666 und über 609 Æ Es erhellt hieraus, daß neben der Benutzung der Sparkassen Seitens kleiner Kapitalisten jedenfalls die im Allgemeinen gute Geschäftslage und der gute Ver— dierst der Arbeiterbevölkerung einen erheblichen Antheil an der Vermehrung der Sparkassen⸗-Einlagen hat. .
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a Das soeben erschienene statistische Jahrbuch des Königrei Belgien für 1888 enthält, nach der „Köln. . a. oe h , gaben: Bei einer Einwohnerzahl von 5 N74 743 waren von Ter männlichen Bevölkerung 60,23 υ ,, von der weiblichen 35.28 069 des Lesens und Schreibens kundig, und zwar zeigten kier⸗ dei die Provinzen Luxemburg und Namur den höchsten, Dst— sandern den niedrigsten Prozentsatz. Die Zahl der vom Staate besoldeten Geistlichen betrug ohne den hohen Klerus 5472. Das stehende Heer zählte 45 361 Mann, worunter 200 Stellvertreter (Remplaçants); die aktive Bärgergarde 42 827 Mann. Der Staat beschäftigte 22 531 Beamte, darunter 387 Frauen. 2230 316 Bel⸗ gier sprachen nur französisch, 2485 384 nur vlämisch und 39 550 nur deutsch dagegen sprachen 423 752 Einwohner französisch und vlämisch, 35 250 französisch und deutsch, A5ß vlämisch und deutfch, 13 391 die drei erwähnten Sprachen. Das Land zäblte 6412 Taubstumme. Die Zabl der Gewerbetreibenden belief sich auf 195 557, welke 365 287 Arbeiter und 211 603 Arbeiterinnen beschäftigten. 143 273 Männer und 101 018 Frauen trieben Handel. ff
Kunft und Wissenschaft.
Der Dampfer „National“ mit der deutschen Expedition zur Erforschung der Meere (Plankton ⸗Expedition), unter Lei— tung des Geheimen Medizinal⸗Raths Professors Dr. Henfen, ist wie W. T B.‘ meldet, gestern Nachmittag in St. Vindent auf den Kap Verdischen Inseln eingetroffen. An Bord beßindet sich Alles wobl.
— Bei den interessanten Ausgrabungen in der Nähe von Neustadt an der Donau im Dorfe Eining (Abusina) erhebt sich jetzt meterhoch das Gemäuer des alten Castrum, das etwa von 1500 Personen bewohnt war. Gegen 20 Gebäude hat man schon blosgelegt und noch gegen 70 sind auszugraben. Schmucksachen, Ja— dustriegezenstaãnde, Waffenstücke. Menschen.· und Peerdeskelette Ic. kommen massenhafst zum Vorschein. Aeußerst merkwürdig sind die Beheizungssysteme (Hypokausten) und Badeeinrichtungen. Die Damen bäber sind besonders hübsch eingerichtet, und an Schmucksachen und Toilettegegenständen findet man eine Unmenge.
. namhafte, durch seine egpptischen Forschungen bekannte englische Archäologe Flinders Petrie wird im nächsten Jahre nachdem er seine Arbelten in Fayolm in Egypten beendigt hat, für die Gesellschaft zur Erforschung Palästinas im heiligen Lande Ausgrabungen beginnen. Mitte September wird eine Ausstellung Ler von Petrie in Egypren gemachten Funde in London stattfinden.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Die Ernte im Jahre 1889.
Bei, der Eröffnung des internationalen Getreide- und Saaten marktes in Wien wurde die nachstehende ziffermäßige Darstellung der Ernte im Jahre 1889 mitgetheilt:
(Die Zahl 100 als Mittelernte angenommen)
. . Weizen Roggen Gerste Hafer Oesterreich JJ 865 79 86 J 5 956 56 . 1i1:i .) 380 83 J io 100 Bayern, Franken u. Schwaben 160 110 Bayern, Ober- und Nieder⸗ . 85 85 80
ö Pfalz und Wetterau . 85 70 100 Baden .
JJ 100 Württem⸗ (Winterweizen. 103 berg Sommerweizen. Mecklenburg Dänemark J Norwegen und Schweden. Italien VJ 4 Niederlande Belgien R Großbritannien u. Irland Rußland: Podolien. Bessarabien. Polen. J Cherson u. Jeka⸗ Winterw. terinoslaw Sommerw. Kurland und Lithauen Esthland . . Rumänien: . kleine Walachei 50 große — 65 ü 714 — Indien hatte im vorigen Jahre 7255 000 t Weizen, . in diesem , (Eine normale Durchschnittsernte wird mit 7197 600 t angenommen.) Amerika hatte im vorigen Jahre 416 Mill. Bushels Weizen, in diesem ö Jö ü im vorißen I in diesem o, ?
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Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen. Laut einer Mittheil k aut einer ittheilung des Sanitätsamts zu Beirut sind in Folge Auftretens der Cholera in Schatra Nasrie, Mesopotamien und Basra die Provenienzen des letzteren Hafens einer zebntägigen Qua— rantäne im Lazareth zu Beirut unterworfen worden.
Handel und Gewerbe.
„Magdeburg, 27. August. (W. T. B.) In der von den Gläubigern der Zuckerf irma Schraube heute hier abgehaltenen Versammlung wurde der Antrag auf Liguidation angenommen. Die Verkäufer von Juli. und Äugust-Zucker erhalten die Differenz, die anderen sowie die Buchgläubiger erhalten 2500 vorweg, der Rest wird an sämmtliche Gläubiger pro rata vertheilt. Das Abkommen ist nur gültig, wenn bis zum 19. September alle Gläubiger beitreten. Mandatar für die Liquidation ist Franz Licht, der bisherige Gläubiger⸗ ausschuß bleibt Beirath. — Von den Gläubigern der Zuckerfirmen Rossum und Baumann & Maguet wurde die Liquidation unter ähnlichen Bedingungen, wie bei der Zuckerfirma Schraube an— a,, — 28. August. (B. T. 8) ö eipzig, 28. August. (W. T. B.) Die während der bevor- stehenden Michaelismesse in den Räumen der Leipziger Börsen— halle abzubaltende Garnbörse wird am Freitag, 27. September ihren Anfang nehmen.
Wi en, 27. August. (W. TB) Internationaler Saaten⸗ martt. Nach dem offizielien Markibericht entwickelte sich das Geschäft in Ger ste starker, feine Sorten gesucht, fest behauptet, Mittel sorten stärker angeboten, 10 bis 15 Kr. billiger als Sonnabend. Münchener Firmen kauften 4000 Mtr. Etr. Braugerste, österreichisch ungarischer Weizen nur für den Bedarf im Inlande gekauft; dagegen wurden 120 0060 Mtr. Cir. rumänischen Weizens ab Regens burg für süddentsche und schweizerische Rechnung transito gehandelt.