1889 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Sep 1889 18:00:01 GMT) scan diff

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Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Kaiser und König nahmen heute Vormittag einen längeren Vortrag des Unter⸗Staatssekretärs Grafen von Berchem ent⸗ gegen und arbeiteten darauf noch längere Zeit mit dem Chef des Civilkabinets, Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Lucanus.

Am Nachmittage beabsichtigen Se. Majestät, Sich zu Herrn von Benda nach Rudow zu begeben, um daselbst eine Hühnerjagd abzuhalten.

Ihre Majestät die Kgiserin und Königin besuchte gestern Nachmittag gegen 4 / Uhr in Begleitung der fünf kleinen Prinzen Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich Leopold in Glienicke und wurde später ö Ihrer Königlichen Hoheit zum Neuen Palais zurück egleitet.

Der Kaiserliche Gesandte in Brüssel, Wirkliche Geheime Rath von Alvensleben, hat einen ihm Aller— höchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesen— heit desselben von seinem Posten fungirt der Legations-Rath Graf Metternich als Geschäftsträger.

Der General der Infanterie, Freiherr von Meer— scheidt⸗Hüllessem, kommandirender General des Garde— Corps, hat sich gestern in das Manöver-Gelände begeben, um den Divisions-Manövern beizuwohnen.

Der General-Lieutenant von Teichman und Logischen, Inspecteur der 1. Fuß⸗A1rtillerie-⸗Inspektion ist in 1 Angelegenheit nach dem Schießplatz bei Jüterbog abgereist.

S. M. Kreuzer-Korvette „Olga“, Kommandant Korvetten-Kapitän Freiherr von Erhardt, ist am 3. Sep— tember cr. in Plymouth angekommen und beabsichtigt, am 4. September cr. die Reise nach Kiel fortzusetzen.

K Coburg, 2. September. (Cob. Ztg.) Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Philipp von Sachsen-Coburg-Gotha sind gestern von Schloß Oberhof hier eingetroffen.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 2. September. (Schw. ⸗Rud. Lis. Ztg.) Se. Durchlaucht der Fürst Günther, Vater des regierenden Fürsten, welcher am 24. d. M. sein 88. Lebensjahr zurücklegen würde, ist schwer erkrankt. Schon seit längerer Zeit haben die Kräfte des Hochbetagten in Besorgniß erregender Weise abgenommen; in den letzten Tagen zeigten sich Symptome der Wassersucht. Die Fürstliche Familie hat heute in Gemeinschaft mit dem Sterbenden das heilige Abendmahl genommen.

Elsaß⸗Lothringen. Metz, 3. September. (W. T. B.) Der Statthalter Fürst Hohenlohe vollzog heute Vor— mittag die Grundsteinlegung zu dem Neubau der evangelischen Kapelle des eine halbe Stunde vor dem deutschen Thor zu Lesbordes gelegenen Rettungshauses„Johannes— stift? und kehrte mit dem Nachmiktags-Schnellzuge nach Straßburg zurück.

Oefterreich⸗ Ungarn. Wien, 3. September. (W. T. B.) Der Kaiser ist heute Vormittag mit dem Statthalter von Galizien, Grafen Badeni, in Jaroslau einge— troffen. Auf der Reise wurde derselbe in Krakau, Bochnia, Tarnow, Rzeszow überall feierlichst begrüßt. In Krakau wurde er durch den Statthalter, die Spitzen der Behörden und die Geistlichkeit empfangen. Der Kaiser dankte für den Empfang und sagte, er besuche Galizien gerne, weil er dort immer eines herzlichen Empfanges sicher sei. Der Kaiser fuhr durch die festlich geschmückten Straßen von Jaroslau nach Pawlosiow, wo bis zum 6. September das Hauptquartier sein wird. Dort waren die oberste Geistlichkeit, die höheren Würden— träger, der Adel, sowie Abgeordnete zum Empfang versammelt. Der Landmarschall Graf Tarnows ki begrüßte im Namen des Landtages und des Adels den Kaiser mit einer Ansprache, in welcher er den Monarchen der unerschütterlichen Treue beider Volksstämme von Galizien versicherte. Wenn der Kaiser im Auslande eine solche Ehrerbietung und Begeiste— rung wachrufe, so müsse die Verehrung seiner Völker nur um so größer sein, insbesondere seien die Polen, welche dem Monarchen Alles verdankten, von Dank erfüllt. Der Kaiser betonte in seiner Antwort, daß er dem Wohl Galiziens, dessen Vertreter stets opferwillig für die Machtstellung des Reiches einständen, seine volle Sorgfalt widme.

Brünn, 2. September. (Prag. Abdbl.) Der mährische Landesausschuß beschloß, den vom Landtage für die Frage der Aufnahme eines Landes-Anlehens eingesetzten Beirath für die nächste Woche einzuberufen, um gemeinschaftlich mit dem Landesausschuß die Vorschläge festzustellen, welche in der Anlehensfrage dem Landtage zu unterbreiten sind. Es handelt sich um ein Landes⸗-Anlehen in der Höhe von 10 bis 12 Millionen Gulden. Der Zusammentritt des mährischen Landtages dürfte nach dem 3. Oktober erfolgen.

Budapest, 2. September. (Wien. Abdp.) Der neu— ernannte Minister für Kroatien und Slavonien, von Josi— povic, beabsichtigt, morgen die Leitung seines Ressorts zu übernehmen. Seit dem Tode des Ministers von Bedekovic hatte der Finanz-Minister Wekerle provisorisch das verwaiste Ressort verwaltet.

Fiume, 2. September. (Wien. Abdp.) Fürst Niko—⸗ laus von Montenegro ist mit dem Erbprinzen Danilo hier eingetroffen und hat die Reise an Bord der Yacht „Sibylle“ fortgesetzt.

Grosßꝛbritannien und Irland. London, 3. Sep⸗— tember. (A. C.) Der Herzog von Cambridge ist gestern vom Kontinent nach London zurückgekehrt.

Das Kriegs-Ministerium hat beschlossen, ein neues Fort zum Schutze der Themse- und Meadway— Einfahrt bei Sheerneß zu bauen. Das Fort soll mit zwei 10zölligen, 30 Tonnen schweren Kanonen und zwei 6zölligen, 5 Tonnen schweren Geschützen äusgerüstet werden.

Durch das Anerbieten der einheimischen indischen Fürsten, bei der Grenzvertheidigung mitzuwirken, wird das indische Heer um 27000 Mann Infanterie und

Preußen. Berlin, 4. September. Se. Majestät der

Ki, 500 Kameele zählendes Transport-Corps verstärkt werden. Ueber den weiteren Verlauf der Strike-Bewegung berichtet die „Allg. Corr.“ Gestern, zum ersten Male seit dem Beginn des Ausstandes, hielten die strikenden Dockarbeiter keinen Umzug, sondern be— schäftigten sich kamit, mit Sammelbüchsen von Haus zu Haus zu gehen und vor den Docks zu picketiren', d. h. zu verhindern, daß die Dockgesellschaften Arbeiter werben. Da John Burns bei der Kund⸗

gebung im Oyde Park am Sonntag geäußert hatte, daß die Docks von Yblacklegs“ gesäubert werden müßten, wandten sich die Direktoören der Deckgesellschaften

an den Polizei⸗-Präsidenten sowie an den Minister des Innern um den nöthigen Schutz. Gestern Abend hieß es in der City, daß 800 strikende Hafenarbeiter in die Albert ⸗Dock eingedrungen seien und die dort beschäftigten Arbeiter gezwungen bätten, die Arbeit einzustellen Es sei jedoch kein Schaden angerichtet worden. Mehreren Vertretern der Presse gegenüber äußerten die Direktoren, doß sie fest entschloffen seien, den Forderungen der Strikenden nicht nachzugeben. Sie erklärten auch, daß sie mit Burns und Tillett nicht weiter unterhandeln wollten, dagegen bereit seien, irgend einen ihrer früheren Angestellten als Wortführer seiner Kameraden zu empfangen. Nachmittags empfingen die Direktoren eine Abordnung von Schiffseignern unter der Führung Sir Donald Currie's, welche an die Direktoren das An= sinnen stellte, den Londoner Schiffseignern zu gestatten, Arbeiter auf eigene Faust Behufs Ausladung und Befrachkung ihrer Schiffe zu engagiren, aber gleichzeitig der Dockgesellschast ihre üblichen Gebühren zu entrichten. Die Direktoren behielten sich ihre Entscheidung für heute Dienstag) vor. Die Werftbesitzer hielten gestern eine Versammlung, in welcher einstimmig nachstehende Resolution gefaßt wurde: Da die Docks ihre Bereitwilligkeit erklärt haben, anstatt der Kontrakt⸗ arbeit die Stückarbeit einzuführen und den Minimallohn von zwei Schillingen zu zahlen, sowie ferner alle Beschwerden ibrer Angestellten zu erwägen, so ist die Versam m lung der Ansicht, daß die Bedingungen ron den Arbeitern angenommen werden sollten. An diesem Beschluß ist die Mehrheit der Londoner Werftbesitzer betbeiligt, sodaß von einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Dockgesellschaften und den Werftbesitzern nicht länger die Rede sein kann. Unter den Arbeitern herischt Unschlüssigkeit, und viele würden die Arbeit zu den Bedingungen der Tock-Direktoren sofort wieder auf— nehmen, wenn sie nicht fürchteten, daran verhindert zu werden. Die Lichterschiffarbeiter find ebenfalls geneigt, die Arbeit wieder auf- zunehmen, da die Aussicht auf Erlangung höherer Arbeite löhne hoff nungẽlos ist.

Der Queensland: Postdampfer Merkara“ lief am Sonntag in Plymouth ein und schiffte daselbst Post und Fahr— gäste aus. Die Letzteren wurden mit der Eisenbahn nach London befördert. Wahrscheinlich wird die Ladung des Schiffes in Plymouth

gelöscht und dort neue eingenommen werden. Der Dampfer »India“ von der British India Gesellschaft, welcher am Donnerstag in London eintraf, wird nach Plymouth zum Löschen zurückfahren. Der Dampfer ‚Liguria“ von derselben Gesellschaft nimmt schon daselbst Ladung und Kohlen ein.

Der Ausstand unter den Ablegern und Bogenfängern in den Londoner Druckereien dauert nicht allein fort, sondern gewinnt an Umfang. Die Arbeiter bestehen auf einem Wochenlohn von 20 Schillingen und 6 Pence pro Stunde für Ueberzeit. Der Ausschuß der Schneidergebhülfen im Osten Londoas beschleß gestern, einen allgemeinen Strike eintreten zu lassen, der baupt— sächlich gegen das ‚Schweißsystem gerichtet ist. Es feiern bereits 10000 Schneider, und in wenigen Tagen dürfte ihre Zahl um das Doppelte gewachsen sein. Die Tagelöhner im Dienste der Unternehmer, welche die neue Strecke der Südwest-Eisenbahn zwischen Westminster Bridge⸗road und Wandswortk-road bauen, strikten gestern Behufs Erzielung eines Lohnes von 6 Pence pro Stunde; gegen— wärtig erhalten sie nur 55 Pence. Dem Beispiel der Londoner Dockarbeiter folgend, haben auch die Werftarbeiter in Charham und Rochester Behufs Erlangung höherer Löhne einen Ausstand begonnen.

Die Angestellten der North Eastern-Eisenbahn veran— stalteten vorgestern eine Kundgebung in Darlington. Ver— treter von Tyneside, Stockton, Middlesborough, Sunderland und anderen Orten waren ersckienen. Der Zweck der Versamm⸗ lung war, über die Einführung eints zehnstündigen Arbeits— tages, Sonderbezahlung für Ueberzeit und Sonntagsarbeit zu berathen. Es wurde beschlossen, daß die Angestellten nur mit den Direktoren verhandeln sollten. Sollten die Letzteren die Forderungen nicht bewilligen, so wird namentlich abgestimmt werden, ob ein Strike zu beginnen ist. . .

Im „W. T. B.“ sind ferner folgende Telegramme über den Dock-Arbeiter-Aus stand eingegangen:

London, 3 September. Die Direktoren der Dock— gesellschaften lehnten heute die von den Rhedern gestern gestellten Forderungen ab, versprachen jedoch, die Möglichkeit einer Vereinbarung sofort in Erwägung zu ziehen. Die Zahl der Strikenden beläuft sich jetzt auf ungefähr 180 070. Ber Führer der Strikenden, Burns, erklärte, das wenn die Rbeder ihre Schiffe nach Southampton senden sollten, um dort Ladungen einzunehmen oder zu löschen, er dorthin gehen würde, um den Strike zu pro— klamiren. Aus den Kolonien ist den Strikenden eine Summe von 3000 Pfd. Sterl. zugegangen Liverpool, 3. September. Unter den biesigen Arbeitern ist ebenfalls der Strike aufgebrochen. Die Schiffe mit Getreide und Mehl ⸗Ladungen sind außer Stande, die Ladungen zu löschen. Heute Vormittag rerhinderte eine etwa 300 Mann zählende Schaar strikender Arbeiter gewaltsam die Löschung von zwei Schiffen.

Rußland und Holen. St. Petersburg, 3. September. (W. T. B) Die Herzogin von Edinburg ist heute in Peterhof eingetroffen.

Italien. Venedig, 3. September. (W. T. B.) Der „Tem po“ veröffentlicht ein Schreiben Menelik's, welches der Chef der Schoa-Kommission, Maconnen, heute empfing und welches die Meldung enthält, daß Menelik als König n , von allen Ländern, ausgenommen einen kleinen Theil von Tigre, welchen man aber Ende September unterwerfen werde, anerkannt worden sei; alsdann soll die offizielle Krönung Menelik's erfolgen. Dem Schreiben ist noch hin⸗ zugefügt, daß Menelik bei Deb ra-Tabor eine Zusam men- kunft mit dem König von Gogiam gehabt habe, dessen Herrschaft er bestätigte. Die Unterredung wäre sehr herzlich gewesen, und der König von Gogiam hätte sich nach vier— tägigem Aufenthalt daselbst in das Land der Gallas begeben.

Serbien. Bel grad, 3. September. (W. T. B.) Wie verlautet, hat anläßlich der jüngsten Rüstungsgerüchte ein Austausch friedlicher Versicherungen zwischen Serbien und Bulgarien stattgefunden. Der serbische Agent in Sofia . Stambuloff, daß Serbien den Standpunkt freundschaftlicher Solidarität zu allen Balkan— staaten annehme. .

Dänemark. Kopenhagen, 3. September. (W. T. B.) Der Königliche Dampfer „Danebrog“ ist heute Abend nach Travemünde abgesegelt, um die Herzogin von Cumber— land abzuholen, welche dort am Mittwoch Abend eintrifft und hier am Donnerstag Nachmittag erwartet wird.

Zeitungsstimm en

Nachtrãglich bringen wir noch die Aeußerung der Landes⸗ zeitung für Elsaß-Lothringen“ zum 2. September:

Der 2. September ist für Deutschland ein nationaler Gedenktag. Kein lautes Siegesfest begebt das deutsche Volk an diesem Tage, sondern ein Fest das Gedächtnisses daran daß die deutschen Fürsten und Stämme, unüberwindlich stark durch ibre Einigkeit, groß und glänzend Das erringen konnten, was Generationen vergeblich ersehnt und erstrebt hatten.

Und mit dem Gedächtniß an diese gewaltige Zeit eint sich das Gelöbniß, in dieser Einigkeit treu und fest zu beharren, treu und fest zu steben zu Kaiser und Reich. . .

Wie der 2. September vom deutschen Volke, ohne Selbsi— überbebung, in ernster Selbstprüfung als der Tag der Grundstein— legung des Deutschen Reichs gefeiert wird, des Reiches, welches den Mittelpunkt bildet jenes großen Bundes, der Europa den Frieden sichert: so hat dieser Gedenktag för keine Nation, für kein Land etwas Herausforderndes oder Verletzendes, und Alle, denen der Friede und die Wohlfahrt ibres Landes, des Reiches und Europas am Herzen k die Feier dieses Tages mit sympathischem Verstaäͤndniß egleiten.“

Zu dem Artikel der, Pall Mall Gazette“ über die Strike⸗ bewegung in London (siehe Nr. 207 des „R. u. St.⸗-A.“) bemerkt das „Chemnitzer Tageblatt“:

Auch in Eneland scheint die Erkenntniß allmählich zum Durch bruch zu gelangen, daß ein starkes Königtbum der einzige Faktor ist, der die bochgehenden Wogen des Klassenkampfes zu besänftigen den Widerstreit der Interessen in gesunder Weise zu lösen und die Arbeiter bewegung in einem sicher gewahrten Bett zu halten vermag, daß eine starke Monarchie gegen Umsturzbestrebungen den festesten und zuver—⸗ lässiasten Damm bildet. Ein starkes Königthum ist aber nur ein solches. welches in Wirklichkeit die Herrschaft ausübt und nicht bloß den ornamen⸗ talen Schmuck eines parlamentarischen Verfassungsgebäudes bildet. Das wahre und echte Königthum ist dasjenige, welches den tragenden Pfeiler eines in organischer Entwickelung entstandenen Staatsgebäudes bildet und, in entscheidenden Momenten den Ausschlag zu geben, befähint und allein berufen ist. Ein solches Königthum ist das deutsche. Wohl unserem Volke, daß es die Zeiten glücklich überwunden hat, wo politische Ideologen in der Nachabmung enrglischer Staats einrichtungen das Heil erblickten und in jedem Duodezfürstentbum eine Parodie der englischen Verfassung aufzuführen bemüht waren. Dem deutschen Volke ist sein Getheiltsein in viele Stämme, die unter ebenso vielen wirklich regierenden Fürsten stehen, mit einem Kaiser über Allen, der den Frieden im Innern wahrt und des Reiches Einigkeit nach außen vertritt natürlich; weil aus seinem Charakter und seiner Verhältnissen hervorgegangen. Dank deshalb einem gütigen Geschick, welches in dem neuen Deutschen Reiche und seiner Verrassung unser Volk nach vielen im Laufe einer zweitausend— jährigen Geschichte gemachten Versuchen endlich die naturgemäßen Grundlagen eines den Bedingungen seines Daseins entsprechenden staatlichen Organismus hat finden lassen, der die Bürgschaften dauernden Bestandes und eines gesunden Fortschritts zu wahrer Frei—⸗ heit, Wohlfahrt und Gesittung in sich trägt. Fort darum mit allen Bestrebungen, die an Stelle des starken deutschen Königthums, das als ein Hort des Friedens und ein Hort des Rechts und ein starker Rächer jedes Frevelmuths dasteht, ein von wechselnden Majoritäten abhängiges parlamentarisches Regiment setzen wollen.“

In einem Artikel der „Deutschen volkswirth— schaftlichen Correspondenz“ über die Beziehungen des deutschen Handels zu den Schiffahrts verhält— nissen in den italienischen Häfen heißt es:

„Dadurch, daß Italien vermittelst der Gotthardbahn und dann durch das regelmäßige Anlaufen sowohl der deutschen subventionirten Postdampfer, wie anderer Ueberseelinien nach Ost-Asien und Australien in Genug in eine wesentlich nähere Handelsverbindung zu Deutschland geireten ist, haben die italienischen Schiffahrtsverhältnisse und Hafen einrichtungen eine erheblich höhere Bedeutung als früher fuͤr die deutschen Ausfuhrbestrebungen gewonnen. Wenn nun auch die Eisen— bahntarife aus Deutjchland nach Italien immer noch verhältnißmäßig hohe sind, namentlich im Vergleich zu der billigen Wasserfracht, so ist doch die Zeitersparniß, welcke durch eine Eisenbahnversendung aus unseren Industriecentren nach den italienischen Häfen gewonnen wird, wohl in Anschlag zu bringen gegenüber dem Zeitverlust, der durch die Um— schiffung West Europas entsteht. Auf Grund dessen hat namentlich Genug als Einschiffungsplatz von Personen und Gütern aus Deutsch— land nach dem Orient, Ost-Aßen, Australien, Afrika bedeutend ge⸗ wonnen; voraussichtlich wird sich dies in Zukunft aber immer mehr geltend machen, sodaß es nützlich erscheint, sich die Schiffsbewegung in den italienischen Häfen überhaupt und Deutschlands Betheiligung an derselben im Besonderen einmal genarer zu vergegenwärtigen. . . .

Besitzt die italienische Flagze selbstverständlich den größten An— theil an dem Schiffsverkehr in den Häfen Italiens, so steben doch auch die fremden Flaggen in einem sehr regen Verkehr mit diesen Häfen; die diesbezüglich: Betheiligung stieg von 18478 Schiffen mit 6156 842 Reg. Tonnen im Jahre 1871 auf 21534 Schiffe mit 16422 831 Reg.»Tonnen im Jahre 1887.

In den zehn Jahren 13738 87 hat sich nun die Anzahl der in den italienischen Häfen verkebrenden deutschen Schiffe, ähnlich wie diejenige der britischen. verdoppelt; der ersteren Tonnengehalt stieg hierbei aber auf das Fünffache. Im Jahre 1878 waren nämlich von deutschen Schiffen in den italienischen Häfen ein« und ausgelaufen 522 Schiffe mit 281 608 Reg. Tonnen, 1887 dagegen 1050 Schiffe mit 1028199 Tonnen.

Genug stebt allen onderen Hafenplätzen weit voran; hat sein Schiffsverkehr in den letzten 10 Jahren um 1400 Schiffe zugenommen und deten Tonnengehalt sich verdeppelt, so trat im Jahre 1888 eine weitere Vermebrung der Schiffe um 358, also auf II 6598, und des Raumgehalta um 81 945 t, also auf 5 998 904 Reg. -T. ein. Nächst der italienischen Nationalität war am stärksten vertreten die britische mit 1309 Schiffen und 2097 404 t, dann die fran— zöfische mit 529 Schiffen und 501 843 t, dann die deutsche mit 182 Schiffen und 516 853 t. Nicht nur daß Deutschland hierbei seit Jahren den vierten Rang behauptet hat, war auch sein Fortschritt der britischen und franzssischen Schiffabrtsbetheiligung gegenüber sebr bedeutend. Seit dem Jahre 1880, wo die deutsche Sciffahrt mit 1I5 Fahrzeugen von 78 930 Reg. T. an Genuas Schiffahrtsverkebr Theil nahm, hat sich dieselbe im Tonnengehalt vervierfacht. Es darf wohl erwartet werden, daß dieser Aufschwung bei der allgemeinen Anerkennung welche die Leistungsfähigkeit der deutschen Schiffahrt in den italienischen Gewässern findet, sich noch weiter entwickeln werde.“

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Gin und Ausfuhr von lebendem Vieh

war, nach den im Juliheft des Jahrgangs 1889 der Monatehefte zur Statistik des Deutschen Reichs enthaltenen Nachweisungen in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Juli 1889, folgende: Eingeführt wurden von Rindvieb 88 165, Borstenvieh (einschl. der Spanferkel! 197163, Schafvieb 797 Stück, im Vergleich zu dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres 11 082 Stück Rindoieh und 50 661 Stück Borstenvieh mehr, 2837 Stäck Schafvieh weniger. Ausgeführt wurden dagegen 12 912 Stück Rindvieh, 16 495 Stück Borstenvieb und 4988 239 Stück Schafvieh, gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres 73 806 bejw. 273 177 und 310 051 Stück weniger.

Die Zunahme der Einfuhr von Rindvieh beruht zum großen Theil auf einer vermehrten Einfuhr von Zuchtvieh aus den Niederlanden und der Schweiz. Bei der Einfuhr von Schweinen ist die Zunahme der Einfuhr aus den Niederlanden bemerkens— werth (29 171 Stück gegen 13 302 Stück). Diese Einfuhr ersetzt

Kavallerie, Is Kanonen, 2 Maximgeschütze und ein 1000 Ponies

zum Theil die frühere Einfuhr von Schweinen aus Dänemark. Der

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ückgang der Ausfuhr, von lebendem Schaf- und . . ist im Wesentlichen durch die Maßregeln, welche Großbritannien, Belgien und Frankreich zur Verhinderung der Einschleppung von Seuchen ergriffen haben, hervorgerufen. Dagegen beruht die Abnahme der Ausfuhr von Schweinen im Wesentlichen darauf, daß Hamburg und Bremen seit 15. Oktober 1888 dem Zollgebiet angeschlessen sind, eine Ausfubr dahin also nicht mehr nachgewiefen wird. Ars der Statistik der Schweine ⸗Ausfubr für die Zeit vom 1 Januar bis Ende Juli 1888 nach den Ländern der Bestlmmung ergieht sich nämlich. daß von der für diesen Zeit raum nachgewiesenen Ausfuhr von Schweinen im Betrage von 270 237 Stück allein nach den früheren Zollausschlüssen Hamburg und Bremen 244 234 bezw. 9848 Stück ausgeführt worden waren, Der Ausfall in der Ausfubr von leben dem Vieh findet im übrigen mehr oder minder durch die Zunahme der Ausfuhr von Fleisch und geschlachtetem Vieh eine Ausgleichung, wie sich aus dem Vergleich der Statistiken der Fleischausfuhr für die Zeit vom 1. Januar bis Ende Juli 1888 und 1889 entnehmen läßt. In dem bezüglichen Jeitraum des Jahres 1888 betrug nämlich Liese Ausfuhr 70 728 D. Ctr. Darunter befanden sich aber 45173 DeCtr. Fleisch, welche nach Hamburg, Bremen und den übrigen Zoll ausschlüssen an der Weser (Bremerbaven, Geestemünde, Brake) ausgeführt und in der Hauptsache für den Konsum da—⸗ selbst bestimmt waren. Ungeachtet nun der betreffende Theil dieses Verkehrs seit dem Zollanschluß der bezeichneten Städte und LanLgebiete in den Nachweisungen über die Waarenausfuhr des deutschen Zollgebiets nicht mehr erscheint, beträgt doch die Ausfuhr von Fleisch und geschlachte em Vieh in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Juli 1889 zusammen 94 31 De Ctr, also 24088 DeCtr. mehr als in dem entjprechenden Zeitraum des Vorjabres. Von dieser Arsfuhr gingen 41 465 D. Ctr. (in der. Hauptsache halbe Schweine (Seiten! aus den hamburgischen Schweine Exportschlächtereien) nach Großbrstannien und 29136 D.Ctr. (in der Hauptsache geschlachtete Hammel) nach Frankreich.

Das Hausirerwesen.

Die Handelskammer von Zittau klagt in ihrem Bericht von 1883 über das Ueberhandnehmen des Hausirerthums, indem sie. schreibt: ‚„Es kann nicht daran gedacht werden, das Hausirwesen gänzlich beseitigen zu wollen; stellt doch auch der Kammerbe,irk selbst eine nicht unbedeutende Anzahl von Hausirern. Es muß aber als eine ebenso bedauerliche als bekämpfenswerthe Thatsache an— geseben werden, daß dem Hausirerthum sich mehr und mehr Elemente zuwenden, welche, nur um auf bequeme und leichie Weise ihren Lebensunterbalt zu verdienen, in gewissenloser Weise die Leicht gläubigkeit und Unkenntniß des Publikums ausbeuten. Es werden auch von den Hausirern Artikel feilgeboten, für welche diese Ver— triebsart kein Erforderniß ist. Die Kammer betheiligt sich mit dem deutschen Gewerbekammertage an der Ergründung der Schritte, welche gethan werden können, um der unglücklichen Entwickelung des Hausir— wesens Einhalt zu thun.“

Kkunft und Wissenschaft.

In den unteren Sälen seiner Anstalt für Perspektive! in Charlettenburg Euisenplatz?, neben dem Königlichen Schlosse) hat der Ingenieur Weeser⸗-Krell gegenwärtig eine Aus stel lung verschiedener seiner Arbeiten veranstaltet. Darunter befindet sich auch die von ihm aufgenommene große Ansicht der Pefterskirche mit dem Vatikan in Rlom, welche in der vorjährigen Kunstausstellung Auf— sehen machte und von uns eingebend besprochen wurde. Die Aus⸗ stellung ist täglich von 10— 6 Uhr geöffnet. Photographien nach dem Bilde der Peterskirche und des Vatikans sind in Größen von 154 cm bis 115 em Bildfläche Länge in der Kunsthandlung von Amsler u. Ruthardt bierselbst ausgesttllt und käuflich zu haben.

Der ordentliche Professor Dr. Heinrich Tborbecke an der Universität Halle ist zum ordentlichen Professor der orientalischen Sprachen an der Universität Heidelberg ernannt worden.

Im Akademiepalast zu Brüssel wird am 10. d. M. der internationale astronomische Kongreß durch den Direktor des Stockholmer Observatoriums, Hrn. Gylden, eröffnet werden. Die gelehrten Gesellschaften Belgiens, die Akademie der Wissenschaften, die astronomische Gesellschaft u. J. w. nehmen an dem Kongresse Theil. Von ausländischen Astronomen sind 60 angemeldet, der Mehrzahl nach aus Deutschland, u a. die Direktoren der Observatorien in Kiel, Bonn, Straßburg. München, Gotha; ferner sind die⸗Nieder⸗ lande, England, Frankreich, Rußland, Schweden und Amerika vertreten. Am 10, 11. und 12. d. M. tagt der Kongreß in Brüssel, am 13 in Lüttich, woselbst das Observatocium besucht wird und auch 6h . Empfang der Kongreßtheilnehmer im Rathharse statt⸗ inde

Stockholm, 4. September. (W. T. B. Zu Ehren der aus⸗ ländischen Tbeilnehmer am Orientalisten⸗-Kongreß fand gestern Abend im Grand Hotel eine von dem General-Sekretär des Kon— gresses, Grafen Carlo Landberg, veranstaltete Festlichkeit statt, welcher auch der König, der Kronprinz, die Staatsräthe, die Mitglieder des diplomatischen Corps und die Spitzen der Militär. und Givil— behörden beiwohnten.

Land⸗ und Forftwirthschaft.

Wein-Ausstellung in Trier.

Bei Gelegenheit der Abhaltung des TI. Deutschen Wein bau-Kongresses in Trier vom 21. bis 25 September 1889 findet auch eine Wein ⸗Ausstellung, umfassend Weine aus dem Gebiete der ganzen deutschen Mosel und ihrer Nebenflüsse, sowie Schaumweine von sämmtlichen Schaumweinfabriken Deutschlands statt. Hinsichtlich derselben sind, wie das Lokalcomitèé mittheilt, folgende Bestimmungen getroffen: . .

I) Diese Ausstellung soll umfassen:

a die sämmtlichen noch vorhandenen Jabrgänge der ganzen deutschen Mosel und ihrer sämmtlichen Nebenflüsse, damit ein mög- lichst treues Bild der ron den dortigen Weinbergen erzeugten Natur. weine geschaffen wird. Selbstredend darf nur reiner Naturwein, wo—⸗ möglich eigenen Wachsthums, ausgestellt werden.

b. Schaumweine voa sämmtlichen deutschen Fabriken.

2) Es wird auch sehr gewünscht, daß Weinhandlungen sich bei der Ausstellung betheiligen. Dieselben werden jedoch nicht prämiirt, vielmehr erhalten die Produzenten der betreffenden Weine, deren Namen bei der Ausstellung anzugeben sind, die Prämie unter Nennung der Namen der Aussteller. .

*) Da außer der Probe zur Prämiirung auch von den Mit gliedern des Kongresses eine Kostprobe vorgenommen werden soll, müssen mindestens 2 Flaschen von jeder Probe und, wenn eine öͤffent⸗ liche Ausstellung gewünscht wird, eine ebenso etiquettirte Flasche, mit „Wasser“ bezeichret, zur Einsendung gelangen. Diese Proben sind bis zum 15. September an den Vorsitzenden der Weinprobe—⸗ Kommission, Hrn. Rentner Hubert Kiesgen in Trier, frankirt ein— zusenden und müssen auf der Emballage die Bezeichnung Wein probe“ tragen. Nur grüne Weinflaschen sind stattbaft. Eine Ausstellungsgebühr wird nicht erheben, dagegen verbleiben die Rest⸗ flaschen Cigenthum des Kongresses und findet eine Rücksendung nicht statt. Größere Kollektionen von Schaumweinen, auf eigenen beson— ** e,, . aufgestellt, verbleiben Eigenthum der betreffenden

us steller.

4) Die eingehenden Proben werden von dem Vaörsitzenden und zwei anderen Herren, von denen aber keiner zu den Mitgliedern der Weir prüfungs-Kommission gehört, ausgepackt, sofort mit fortlaufenden Nummern versehen und in ein Buch eingetragen, welches unter Ver schluß des Vorsitzenden verbleibt. Sodann werden die Probeflaschen ihres äußeren Abzeichens entkleidet, am Probetage nach Jahrgängen und Produktions gruppen geordnet, zur Probe aufgestellt, das Empfangs⸗

buch von den mit dieser Arbeit betrauten Herren unterschrieben und von dem Vorsitzenden unter Siegel auf, den Probetisch niedergelegt und darf von dem , . den Preisrichtern erst geöffnet werden,

wenn die Prämiirung vollendet ist.

Die Preisrichter vertheilen sich auf das ganze Flußgebiet der deutschen Mosel; etwa von denselben ausgestellte Weine eigenen Wachsthums sind von der Prämiirung ausgeschlossen; nicht aber von der Kostprobe.

5) Um dem verschieden größeren Lagenunterschiede gerecht zu werden, tbeilt sich die Wein ⸗Ausstellung in folgende 4 Gruppen: J. Gruppe: Saar⸗, Ruwer⸗ und Fellerthal; IJ. Gruppe: Obermosel, von Trier aufwärts und Sauer, die Moselbrücke als Grenze; III. Gruppe: Mittelmosel, von Trier bis Trarbach und IV. Gruppe: Untermosel, von Trarbach bis Koblenz.

6) Das Königliche Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten in Berlin hat das Unternehmen durch Verleihung von 10 silbernen und 20 broncenen Medaillen unterstützt. Mit diesen Prämien und 50 Ehrendiplomen sollen thunlichst alle Qualitäten, auch diejenige des Kleinbesitzers bedacht werden.

Es findet ferner auch eine Ausstellung von Trauben sowie neuerer Apparate und Utensilien für Weinbau, Wein behandlung und Kellerwirthschaft statt

Eine Ausstellungsgebühr wird auch hier nicht erboben, die Aus— steller haben ihre Ausstellungs⸗Gegenstände franko einzusenden. Etwaige Kosten für die Aufstellung und Einrackung werden, falls die Aus— . dies nicht selbst besorgen, bei der Rücksendung per Nachnahme erhoben.

Es wird gebeten die Anmeldung der autzustellenden Gegenstände bis zum 5. September an Hrn. Remner Hubert Kiesgen in Trier zu machen, an dessen Axresse auch die Gegenstände spätestens bis zum 15. September zu schicken sind.

Die Ausstellung der Weine, Schaumweine, Trauben, Apparate und Utensilien ist in dem Kaufhaussaale, größere Kelter werden auf dem Kornmarkte aufgestellt.

Ueber die ausgestellten Weine, Sckaumweine, Apparate und Utensilien wird ein Katalog den Kongreßmitgliedern gratis übergeben, betreffs Inserate für den Katalog wende man sich an die Fr. Lintz'sche Buchdruckerei in Trier.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.

Niederlande.

Durch eine im „‚Nederlandsche Staats-Courant“ veröffentlichte Verfügung des Königlich niederländischen Ministers des Innern vom 22. August 1889 ist die unterm 24. Dezember 1887 erlassene Ver— fügung, durch welche der Hafen von Havanna als vom gelben Fieber verseucht erklärt wurde, wieder aufgeboben worden. (Vergl. . Reichs⸗ Anzeiger Nr. 5 vom 6. Januar 18388.)

Handel und Gewerbe.

Der Diskont der Reichsbank ist heute auf 4 Jο0, der Lombardzinsfuß für Darlehne gegen ausschließliche Verpfändung von Schuldverschreibungen des Reichs oder eines deut ichen Staats auf 43 9, gegen Verpfändung sonstiger Effekten und Waaren auf 5 G erhöht worden.

Die persische Regierung hat für die Provinz Gilan am Kaspischen Meere wegen ungünstigen Ausfalls der dortigen Ernte . am 25. August in Kraft getretenes Getreide-Ausfuhrverbot erlassen.

Wien, 3. September. (W. T. B.) Ausweis der Karl -⸗Lud—⸗ wigsbahn (gesammtes Netz) vom 21. bis 31. August: 255 778 Fl., Mindereinnahme 5152 Fl., die Einnahmen des alten Netzes betrugen in derselben Zeit 184 610 Fl, Mindereinnahme 7780 Fl.

London, 3. September. (A. C.) In Blackburn haben in Folge der anhaltenden Stockung in der Baumwollindustrie drei der Firma Harrison gehörige Spinnereien, 32 000 Spindeln und 1700 Webstühle umfassend, den Betrieb eingestellt. Die der Firma Leversey in Blackburn gehörige George-street West Mill sowie die Crossfield Mill, Eigenthum der Firma Coddington, sind ebenfalls geschlossen worden, sodaß jetzt im Ganzen 3000 Webstühle feiern. Tagegen haben zwei Spinnereien in Blackburn (Waterfall und Primrose Mills) den Betrieb wieder aufgenommen.

London, 3. September. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen— ladungen angeboten. ;

Manchester, 3. September. (W. T. B.) 12r Water Tarlor 3, set Water Taylor 83, 20r Water Leigh 83, 350r Water Clayton Le, 33 Mock Brooke st, 46r Mapoll 94, 40r Medio Wilkinson 104. 32x Warpeops Lees Si, 36r Warpcops Rowland Sz, 40r Double Weston 10, 60r Double courante Qualität 133, 32 116d5 18 ν 16 grey Printers aus 32 46r 176. Fest.

Antwerpen, 3. September (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten 1620 B. Buenos ⸗Aires, davon verkauft 1223 B., 362 B. Montevideo, davon verkauft 248 B, 154 B. Algerien, davon ver⸗ kauft 154 B.

Washington, 3. September. (W. T. B.) Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im Monat August um 6076692 Doll. zugenommen, im Staatsschatz befanden sich ult. August 633 275 215 Doll.

New⸗ York, 3. September. (W. T. B) Weizen⸗Ver⸗ schiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Greßbritannien 99 0900, do nach Frankreich 24 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 22000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 32 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents Orts.

3 September. (W. T. B.) Der Werth der in der ver⸗ gangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 7 876 301 Doll., gegen 7259 568 Doll. in der Vorwoche.

3. September. (W. T. B.) Visible Supply an Weizen 14 3960090 Bushels, do. an Mais 11753 000 Busphels.

Submissionen im Auslande.

Niederlande.

13. September, 11 Uhr. Ministerie van Waterstaat. Handel en Nyverbeid im Haag im Ministerialgebäude: Loos Nr. 1651. Lieferung des eisernen Oberbaues für sieben Drehbrücken und eine hohe Fußgängerbrücke über den Kanal zwischen Nigtevecht und der Schutzschleuse im Westen von Utrecht (gehörig zu den Arbeiten, betreffend den Kanalbau Amsterdam Merwede!. Sckätzungswerth: 92109 Fl. Bedingungen käuflich bei den Buchhändlern Gebr. van Cleef im Haag

Verkehrs ⸗Anstalten.

Ham burg, 3. September. (W. T. B) Der Postdampfer Bohemia“ der Hamburg ⸗Amertikanischen Packetfahrt Aktiengesellschaft ist, von New⸗Yerk kommend, heute Nach mittag auf der Elbe eingetroffen.

„4. September. (W. T. B.) Der Postdampfer Rhätia“ der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft hat, von New⸗Vork kommend, gestern Abend 11 Uhr Lizard passirt.

Theater und Mufik.

Deutsches Theater.

Die ersie Aufführung von Faust's Tod“, wie ihn Adolph L'Arronge aus dem zweiten Theil von Goethe's Faust‘ zusammen« gestellt hat, fand gestein im Deutschen Theater eine so glänzende Auf⸗ nahme, wie nach dem glücklichen Verlauf der Generalprobe anzu⸗ nehmen war. Der Bearbeiter hat schon durch den Titel „Faust's

Tod“ deutlich die Richtung gekennzeichnet, welche er verfolgt hat Der zweite Theil des ‚Faust‘, an welchem Goethe bis in sein spätestes Alter gearbeitet hat, bestebt aus einer überwältigenden Menge großer dichterischer Einzelleistungen und rphilofophischer Probleme in symbolischem Gewande, welche eine innere Einbeit des Gedanken⸗ ganges schwer erkennen laffen. Nur ein äußeres Ban? kält sie zu⸗ sammen; ist doch der dritte Akt der Tragödie unter dem Titel Helena“ seinerzeit als selbständiges Gedicht veröffentlicht worden. Alles, was nun nicht mit dem persönlichen Geschick Fausten's, ins besondere mit der Erfüllung der Todesbedingung, wie sie im ersten Theil des ‚Faust“' in den bedeutsamen Worten ausgesprochen ist:

„Werd' ich zum Augenblicke sagen:

Verweile doch! du bist so schön!

Dann magst Du mich in Fesseln schlagen,

Dann will ich gern zu Grunde gehn!“ im engeren Zusammenhange stebt, hat L'Arronge in seiner Be—

arbeitu sig gestrichen. So fehlt gänzlich der zweite Att mit den Scenen zwischen Merbisto, dem Baccalaureus,

Wagner, dem Homunculus, und mit der sich daranschließenden klassischen Walpurgisnacht auf den Pbarsalischen Feldern; ebenfo fällt der driste Akt vollständig fort, welcher der Helena ⸗Episode im Palast zu Sparta, in Fausten's Burg und in den arkadischen Wunder— gärten gewidmet ist; die zweite Hälfte des vierten Aktes die Kaiserschlacht, die Begegnung zwischen dem Kaiser und Erzsbischof im Zelte ist ebenfalls gestrichen. Was dann von der tragischen Dich tung übrig bleibt, bat L'Arronge beinabe vollständig in das neue Bühnenwerk übernommen. Wenn der Vorhang zum ersten Male in die Höhe geht, ruht Faust cuf blumigem Rasen. Elfen umschweben ihn und Ariel träufelt ihm mit milden Worten Vergessen des alten Leides in das Herz und erweckt die Sehnsucht nach thätigem Handeln, als das höchste Erstrebenswertbe; der Tag bricht as; die Vögel zwitschern im Walde, als Faust der neuen Sonne entgegenwacht. Das zweite Bild führt uns in des Kaisers Prunksaal, in welchem Mepbisto als allgemeiner Helfer aus der Noth sein Wesen treibt; dadurch drängt er sich an den Thron des Kaisers und zieht seinen Begleiter Faust mit in dieselben Kreise. In nächtlichem Dunkel liegt dse stolse Galerie, in welcher Mephisto dem Faust den Weg zu den Müttern verkündet; mit dem leuchtenden, Blitze sprühenden Sclüssel fäbrt Faust ins ‚Unbetretne nicht zu Betretende'. Die nächste Scene ist der s er Kaiserliche Herr sammt seinem Hofstaat sitzin erwartungsvoll im kostbaren Saal vor einer erhöhten Bühne, zu welcher zwei Seitentreppen führen. Mepbisto stellt sich auf der einen auf, um seine Erklärungen und Beschwörungen von dem erhöhten Standpunkt aus kundzuthun, während Faust, nach seinem Aufsteigen aus der Tiefe, auf der anderen Treppe Platz nimmt. Ein unterirdisches Zischen und Brausen, aufsteigende Dämpfe künden die Erscheinung des Paris und der Helena an; ein griechischer Tempel mit schlanken Säulen bildet den barmonischen Hintergrund. Ein Donnerschlag macht der ganzen gespenstischen Herrlichkeit, welche urplötzlich in Nacht versinkt, ein Ende. Der sich nun anschließende Akt spielt im Hochgebirge. Wolken ziehen in seltsamen Gestalten über die Bergesgipfel, und aus den feuchten Gebilden, dem verwandelten Mantel der göttlichen Helena, löst sich die Gestalt Faust's ab. In wunderbaren Formen und farbenprächtigem Schimmer zichen die Wolken langsam weiter, bis sie den Himmel kiar und rein zurücklassen, ein entzückendes, stimmun 36 volles Bild. Dem sinnenden Faust gesellt sich Mephisto zu, dessen satanische Gestalt sich auf dem Bergekgipfel scharf von dem hellen Hintergrunde ab⸗ hebt. Alle Reiche und Herrlichkeiten der Welt können Fausten's Begehren nicht reizen, in ihm regt sich wieder die tiefe Sehnsucht nach thatkräftiger Arbeit für die Menschheit, wie sie Ariel in seine Brust gesenkt hat. Ein so mächtiger Geist braucht aber ein unbegrenztes Arbeitsfeld zu seiner Befriedigung, und ein solches soll ihm der Kaiser zuertheilen, welchem er, mit Hülfe der drei gewaltigen Männer, zum Siege über seine Feinde verhilft. Wir hören aus dem jenseitigen Thale den Schlachtruf der Trompeten und sehen Faust mit den mephistophelischen Genossen hinuntersteigen zum Kampfe. Den fünften Akt giebt L' Arronge fast vollständig. Das köstliche Tyll des Philemon und der Baucis, mit dem Hüttchen und der Kapelle im Hintergrunde, liegt unversehrt da Dann sehen wir Faust als Greis, als allgewaltigen mächtigen Herrn. Sein Palast mit Altanen, Thürmen, Treppen erhebt sich links in berückender Schönheit. Doch ihm fehlt die Zufriedenheit, da er das kleine Hüttchen des Philemon nicht für sich zu erwerben vermag; als dann baid ein leuchtender Feuerschein ibn den Untergang seiner harmlosen alten Nachbarn berichtet, wendet er sich mit Abscheu von seinen wilden Genossen. Um Mitternacht nahen sich vier graue Ge— stalten seiner Thür, von denen nur die Sorge zu ibm einzudringen vermag. Faust will ihre Macht nicht anertennen; selbst als sie ihn durch einen Hauch erblinden läßt, leuchtet ihm dafür im Innern ein helleres Licht. Er will sein begonnenes Werk zu Ende führen und fordert zu neuem Schaffen auf. Unter Mephisto's Leitung, nach den Befehlen des erblindeten Faust, wird von den nächtlichen Geistern weiter gearbeitet. Fausten's ringender Geist bat die Arbeit für die Menschheit als die höchste Weisheit, welche auch die Glückseligkeit im Gefolge hat, erkannt:

„Das ist der Weisheit letzter Schluß:

Nur der verdient sich Freiheit und das Leben,

Der täglich sie erobern muß.“ Damit tritt der Zeitpunkt ein, in welchem er inmitten regen Schaffens den höchsten Augenblick genießt und in Erfüllung seines Versprechens todt niedersinkt. Der Kampf der dämonischen und himmlischen Eeister um Faust's Seele beginnt; links öffnet sich ein glübender Höllenrachen, während von rechts her die himmlischen Heerschaaren heranschweben. In wallenden Gewändern ziehen diese Gestalten langsam näher; von entzücken⸗ der Wirkung sind die Engelköpfchen über den Wolken und die Erschei⸗ nung der Himmelskönigin, wie sie in überirdischem Glanze in höchster Höhe über dem All schwebt. Man ersieht aus der Inbaltsangabe der Darstellung, daß LArronge kühn vorgegangen ist; er hat sebr viel streichen müssen, um das Ganze in die Zeit eines Theaterabends zu— sammenzudrängen, er hat sehr viel fortgelassen, was Manchem als das Schönste in poetischer Beziehung erscheint, wie z. B. die Helena Episode des dritten Aktes; es werden Viele bedauernd Dieses oder Jenes vermissen, was ihnen besonders lieb gewesen ist. Doch zu allseitiger Zufriedenheit wird wohl schwerlich Jemand je das Problem lösen, den zweiten Theil des Faust auf die Bühne zu bringen. L'Arrtonge kat sich die Aufgabe gestellt, der großen Menge die Goethe'sche Dichtung näher zu bringen, indem er das dramatische Ziel begrenzte und dadurch klarer hervortreten ließ. Man mag wünschen, daß ihm dieser große Wurf gelungen sei; aber schwer wird es immer bleiben, im flüchtig gesprochenen Wort die schwierigen Gedankenreihen dem Zuhörer voll begreiflich zu machen. Nur der wird mit dauerndem

„Kaisęerfestspiel in Görlitz. Die großartigen Vorbereitungen zu dem Volksbühnenspiel „Hohenstaufen und Hohenzollern“ sollen den Bewobnern

der Oberlausitz klar und deutlich zeigen, was eine kunstsinnige, für alles Edle und Schöne einmüthig sich begeisternde, kein: Opfer an