aus nen, ereignete sich bei Trodenborn ein Unfall, indem die Pferde vor einem hart am Wege von Zigeunern unterhaltenen Lagerfeuer scheuten, wobei die Wagendeichsel brach. Die Höchsten Herrschaften mußten den Wagen verlassen und tralen den Heimweg zu Fuß an, konnten jedoch später, nachdem die Deichsel schnell ö. worden war, den Wagen wieder benutzen.
Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Coburg, 24. September. (Cob. Ztg. Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Edinburg sind heute hier wieder ein⸗ getroffen.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 24. September. Ber Landtag des Fürstenthums nahm in feiner heutigen Sitzung den Gesetzentwurf, betreffend die Kraftloserklärung der Aktien, und chuld⸗ verschreibungen auf Inhaber, einstimmig an und ge— nehmigte ebenso die von der Regierung Behufs Hebung der „'Obstbaumzucht für jedes der letzten drei . der laufenden Finanzperiode geforderten 2400 „6, el der Berathung des Forstdiebstahlgesetzes entspann sich über die Frage der Strafmündigkeit der Kin der eine längere Bebatte. Schließlich wurde der 8. 11 der Re⸗ gierungsvorlage, nach welchem wegen einer nach diesem Gesetze strafbaren Handlung Kinder unter 14 Jahren, entgegen der vom Reichsgesetze gezogenen Altersgrenze von 123 Jahren, nicht strafrechtlich verfolgt werden sollen, mit einer Stimme Ma⸗ jdorität angenommen.
Schaumburg⸗Lippe. Bückeburg, 23. September. (Hann. Cour. Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin sowie der Prinz Hermann sind heute Vormittag iG. Uhr von hier nach der Fürstlichen Besitzung Steyrling bei Wels) in' Desterreich abgereist und gedenken bis Ende November daselbst zu bleiben. 7 der Begleitung der Fürst— lichen , befinden si die Hofdame Gräfin Bernstorff, Kammerherr von Alten und Oberst von Strauß und Torney.
Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg, 23. September. (Karlsr. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Baden ö gestern früh hierselbst den Gottesdienst in der Jung-St. Peterkirche und besichtigte nachher, geführt von dem Staatssekretär von Puttkamer, der Geistlichkeit 2c, die Erneuerungsbauten dieser Kirche. Danach nahm Se. König— liche Hoheit die Meldung des Gouverneurs von Straßburg, General-Lieutenants von Lewinski, und des Commandeurs des Badischen Pionier-Bataillons Nr. 14, Majors Keißner, entgegen, ertheilte einige Audienzen und stattete später in dem Hause des kommandirenden Generals und des Gouverneurs Besuche ab. — Nachmittags folgte der Groß⸗ herzog einer Einladung des Präsidiums des Pferdezuchtvereins für Elsaß⸗Lothringen zu dem auf der Sporeninsel veranstalteten Pferderennen. — Gegen 6 Uhr Abends erfolgte über Saar— burg die Abreise nach Bolchen, woselbst Se. Königliche Hoheit Abends nach 9 Uhr eintraf und bei dem Kaiserlichen Kreisdirektor Grafen Villers Quartier nahm. — Für die folgenden Tage beabsichtigt Se. Königliche Hoheit, den Manövern der 30. Division (General-Lieutenant von Berg— mann) anzuwohnen.
Wien, 24. September. (Presse.)
Oefterreich⸗ Ungarn. Se. Majestät der Kaiser hat sich heute mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Leopold von Bayern von Gödöllö zu mehrtägigem Aufenthalt nach Visegrad begeben.
— 26. September. (W. T. B.) Se. Majestät der König von Griechenland empfing gestern den Grafen Kälnoky in einer einstündigen Audienz. Abends fand bei Sr. Majestät ein Diner statt, an welchem außer dem Hern von Sparta, dem Großfürsten Paul, und dessen
emahlin und deren Hofstaaten der griechische Gesandte Dragumis, der dänische Gesandte Graf von Knuth und der russische Geschäftsträger Fürst Kantakuzenos theilnahmen. Heute Vormittag machte der König von Griechenland in Begleitung des griechischen Gesandten Dragumis dem Grafen Kälnoky einen längeren Besuch.
Die Deputation des russisch-lithauischen Dra⸗ goner-Regiments Nr. 14 tritt morgen Mittag die Rück— reise an.
Triest, 26. September. (W. T. B.) Von der Polize. wurden nunmehr diejenigen Personen, welche in jüngster Zeit wie derholt Petarden geworfen haben, sowie die Verfer⸗ tiger derselben ermittelt. Nachdem in der Wohnung des Schrift⸗ setzers Dominico Sacco aus Neapel eine aussuchung gehalten, wurden dieser, sowie der hiesige Handelsakademiker Clementini, der Handlungsgehülfe Jappi und der Gym⸗ nasialschüler Raskowich verhaftet. Sämmtliche Verhastete stehen im Alter von 19 bis 20 Jahren.
Lemberg, 26. September. (W. T. B.) Für die Ver⸗ muthung, daß den Attentaten gegen Offiziere in Jaroslau politische Motive zu Grunde liegen könnten, hat die bisherige Untersuchung nicht den geringsten Anhaltspunkt ergeben; durch dieselbe sind vielmehr Umstände festgestellt worden, aus denen auf gemeinverbrecherische Motive zu schließen ist.
Pest, 26. September. (W. T. B.) Ein Hand—⸗ schreiben des Kaisers an den Erzherzog Joseph kon— statirt die in der Ausbildung der ungarischen Land— wehr ⸗Infanterie gemachten Fortschritte, sowie die neuer— dings glänzend bewährte Geschicklichkeit der Landwehr— Kavallerie. Der Kaiser dankt dem Erzherzog und spricht den Kommandanten sowie den Truppen der ungarischen Landwehr seine vollste Zufriedenheit aus.
Frankreich. Paris, 24. September. (Köln. Ztg.) Das endgultige ahlergebniß ist folgendes: Am letzten Sonntag wählten von 576 Wahlkreisen 573, da die Inseln Bourbon und Guyana erst am 6. Oktober stimmen werden. 393 . waren , 180 gaben zu Stichwahlen Anlaß. Die 393 gewählten Abgeordneten sind 232 Republi⸗ kaner, 85 Royalisten, 53 Bonapartisten und 22 Boulangisten. Von den 180 Etichwahlen sind die Aussichten in 137 den Republikanern günstig, in 43 ungünstig. Von den 393 bei der ersten Abstimmung Gewählten sind 166 neue Mitglieder. Von diesen sind 97 Republikaner und 66 gehören der Opposition an. 30-waren früher schon einmal Abgeordnete, 136 sind parlamentarische Neulinge, In Paris wurden 259 915 republikanische, 23 52d monarchistische und bonapartistische und 201 962 boulangistische Stimmen abgegeben.
— 26. September. (W. T. B.) Zwei Deutsche, welche vor mehreren Wochen unter der Anschuldigung der Spionage in Tarascon verhaftet und zu Anfang d. M.
gegen Kaution aus der Haft entlassen wurden, sind 6j durch ben Untersuchungsrichter vollständig außer Verfolgung gesetzt worden.
Rußland und Polen. St. Peters burg, 26. September. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ be⸗ zeichnet die Meldungen der „Correspondance de l'Est / über zahlreiche Verhaftungen und Haussuchungen in Kijew, Charkow und Due fg sowie uͤber eine angebliche Ent⸗ deckung einer großen Verschwörung gegen das russische Reich als durchaus unbegründet. Nichts derartiges habe stattgefunden.
— Zur Frage von dem Fortbestehen der friedens⸗ richterlichen Institutio nen auch in den Provinzial— städten, wo sie bekanntlich nach dem Gesetze über die Land- hauptleute aufgehoben werden, wofern nicht das Justizressort ihre Erhaltung in größeren Städten für wünschenswerth halten sollte, erfahren die „Nowosti“, daß auf diesbezügliche Anfragen Seitens der örtlichen Gerichtshof-⸗Präsidien die Stadt⸗-Vertre⸗ tungen von Kasan, Ssaratow, überhaupt fast aller Städte des Wolgagebiets und auch der Städte Süd⸗-Rußlands sich für die Beibehaltung der Friedensrichter ausgesprochen haben.
Italien. Maddalena, 25. September. (W. T. B.) Der Dize⸗Admiral Racchia übergab heute dem hiesigen Platz Kommandanten den Bronzekranz zur Niederlegung am Grabe Garibaldi's, den der König beim Passiren von Caprera am 17. August zu widmen versprochen hatte. Die Garnison und die Matrosen der vor Anker liegenden Schiffe woh nten sodann der feierlichen Niederlegung des Kranzes bei; die Geschütze des Geschwaßers und diejenigen des Forts „Camicia“ gaben dabei Salutschüsse ab.
Portugal. Lissabon, 20. September. (Pol, Corr.) Der König wird durch Krankheit noch immer in Cintra zurückgehalten. Seit drei Wochen ist der Monarch außer Stande, die laufenden Geschäftsstücke zu erledigen. Trotzdem hat er vorgestern mit mehreren Ministern konferiren und eine Anzahl, dringender Dekrete unterzeichnen können. Die Krankheit des Königs ist keineswegs gefährlich, aber sie hindert ihn am Gehen und hält ihn ans Bett gefesselt. Der Hof dürfte Eintra demnächst ver⸗ lassen, um sich nach Casas, einer Hafenstadt am Ausfluß des Tajo zu begeben. Der Kronprinz Don Carlos ist am 17. d., von seiner Reise nach Frankreich und Italien in Cintra eingetroffen. — Die Deputirtenwahlen sind auf den 20. Oktober festgesetzt. Es ist zweifellos, daß die Mehrheit derselben zu Gunsten der Regierung ausfallen wird, schon deshalb, weil die Parteien der Opposition ihre Kräfte zersplittern, statt sich zur Bekämpfung des Kabinets zu vereinigen. Die Wahlen in die administrativen Vertretungs⸗ körper sind auf den 3. November angesetzt. — Eine neue Dampferlinie (Mala Real Portuguesa) ist kürzlich zwischen der Hauptstadt und den portugiesischen Kolonien in Ost- und Westafrika eröffnet worden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 24. Sep tember. .) Der König und der Kronprinz sind heute früh in Christiania eingetroffen. Behufs Abhaltung von Staatsrath-Sitzungen sind der Minister des Aeußern, Freiherr Akerhielm, sowie die Staatsräthe Freiherr Palmstierna, ö Akerhielm und Oestergren nach Christiania berufen worden und werden heute Abend dorthin abreisen.
Dänemark. Kopenhagen, 25. September. (F) Zum General-Direktor des Post- und Beförderungswesens ist der bisherige Kontorchef Justiz-⸗Rath Lund ernannt worden. — Die Zoölleinn ahmen betrugen in den ersten fünf Monaten dieses Finanzjahres 13 810 185 Kronen oder 575993 Kronen mehr und die Kriegssteuer 1 348 470 Kronen oder 1657723 Kronen mehr als in der gleichen Zeit des vorigen Finanzjahres.
Asien. China. Wie dem „Standard“ aus Shanghai gemeldet wird, ist die chinesische Regierung im Begriff, Repressalien gegen das amerikanische Verbot der Chinesen-Einwanderung in die Vereinigten Staaten zu ergreifen. Nach Telegrammen aus Peking prüfen der Kaiser und sein geheimer Rath einen Vorschlag des Censors Su, der dahin geht, alle in chinesischen Diensten stehen⸗ den Amerikaner aus Ching auszuu w eisen. Nicht nur sei dieses entschiedene Vorgehen in Aussicht genommen gegen Amerikaner, welche untergeordnete Stellungen bekleiden, sondern es herrsche auch eine starke Agitation zu Gunsten größerer Einschränkung der Privilegien der in den Vertragshäfen ansässigen amerika⸗ nischen Kaufleute und Missionäre.
Afrika. Aus Zanzibax, 25. September, meldet „W. T. B.“: Der Reichs⸗Kommissar Hauptmann Wißmann hat bei einer zur Sicherung der Karawanenstraßen unterno mmenen Rekognoszirung, vier Tagereisen von Bagamoyo entfernt, zwei Lager der aufständischen Araber zerstört und dann den Marsch nach Mpwapwa portgesetzt.
Zeitungsstimmen.
Ueber Schutzzoll und Freihandel äußert sich die e ir nns für Elsaß-Lothringen“ in folgendem
rtikel:
Die Berichte der Handelskammern haben fast Übereinstimmend konstatirt, daß das Jahr 1888 einen namhaften wirtbschaftlichen Auf— schwung zu verzeichnen batte; selbst solche Handelskammern, welche der gegenwärtigen Wirthschasispolitik abhold sind, haben nicht umhin gelonnt, anzuerkennen, daß ein frischer Zug durch das wirthschaftliche Leben gehe und daß der wirthschaftliche Aufschwung an Um fang und Lebhaftigkeit gewonnen babe.
Der freifinnig ⸗freihändlerischen Versuche, die Bedeutung dieser Thatsache zu verkleinern bezw. die Verdienste der Wirthschaftspolitit hieran in Abrede zu stellen, ist schon mehrfach gedacht worden. Ganz besonders sind nun die Gegner der Wirthschaftspolinik durch den Bericht der Handelskammer von Bochum in Erregung versetzt worden, weil er eß unternimmt, die günstige Entwickelung des Jahres 1888 auf jene Politik zurückzuführen und zugleich einen En Nr. 224 des „R- u St.Anz.“ mitgetheilten) Rückblick auf das, was in den letzten ij0 Jahren auf diesem Gebiete zu Wege gebracht und geleistet worden, zu werfen.
Aber Thatsachen beweisen, und die von der Bochumer Handelsz kammer angeführten Thatsachen, welche den Beweis liefern, daß die durch das Schreiben des Fürsten Bismarck vom 15. Dezember 1878 an den Bundesrath eingeleitete Umkehr auf wirthschaftlichem Gebiete von den segengreichsten Folgen begleitet war, sind unwiderleglich,
Unsere Industrie bat sich mächtig entwickelt und ist in wichtigen Zweigen auf dem Weltmarkt wetibewerbsfähiger denn je geworden.“ Gegen diese Thatsache ist noch von keiner Seite eine Einwendung versucht worden: die Zeiten des „Billig und schlecht, sind vorüber und Deutschlands Industrie hat in Bezug auf ihre Leistungen, wie in Bezug auf ihren Absatz Fortschritte gemacht, welche von Nieman⸗
dem bestritten werden. Die Ausfuhr hat in vielen Artikeln bedeutend zugenommen und dag Ausland sieht zum Theil mit Furcht und Neid auf die Fortschritte, die unsere Industrie und unser Handel von Jahr ju Jahr aufweisen. Die Ausfuhr bat sich von 1880 — 1888 Ddermehrt don 2946 auf 3352 Millionen Markt.
Babei sind die Preise der Fabrikate fast durchweg billiger ge— worden; felbst die Lebensmittelpreise, welche in der letzten Zeit etwas angejogen haben, stehen noch hinter den Preisen von der Zeit vor Einführung der Schutzzollpolitik zurück.
Ferner hat sich die Arbeitsgelegenheit wesentlich gebessert. Zahl⸗ reiche neue Fabriken und Werke sind entstanden, seitdem Mitte der siebziger Jabre viele ihre Thätigkeit hatten einstellen müssen. Die Zahl der Arbeiter bat sich beispielsweise im Steinkohlenbergbau seit Tem Jahre 1878 bis 1887 vermehrt von 173713 auf A7 357, die Zabl der Arbeiter auf sämmtlichen Bergwerken von 278 962 auf Is7 634, die Zahl der Arbeiter auf sämmtlichen Hütten von 33 099 auf 12744. — Ebenso hat sich die Kaufkraft der Bevölkerung ge⸗ hoben und die Löhne sind gestiegen.
Und was prophezeiten die Freihändler im Jahre 1879 von den Wirkungen der Schutzzollpolitik? Es werde die Produktionsfähigkeit vermindert werden, das Kapital auswandern, die Fabriken würden gleichfalls ins Ausland verlegt werden, die Seestädte würden ruinirt, das Rhedereigewerbe und der Schiffbau ihrem Untergange entgegen gehen. Der Export werde nachlassen, ebenso der Imwmport. Besonders traurig würden die Verhältnisse der Arbeiter sich gestalten. Es werde ihnen an Arbeitsgelegenbeit fehlen und ebenso würden Fabrikate und Rahrungsmittel fehr vertheuert werden. Karz, die Gewerbethätigkeit, der Handel und der Verkehr würden stetige Rückschritte machen und das ganze Land mehr und mehr verarmen.
Alle diefe Prophezeiungen sind nicht in Erfüllung gegangen. Statt dessen ist die günstige wirthschaftliche Entwickelung eine unbe⸗ streitbare Thatsache Wenn die Freihändler sie nicht auf die Wirth⸗ schaftepolitik zurückführen wollen, so müssen sie wenigstens zugeben, daß diefe nichts geschadet hat, wahrend von der Freihandelepolitik feststeht, daß sie Deutschland zu ruiniren drohte.“
Zur Geschichte des Sozialistengesetzes giebt die „Nationalliberale Correspondenz“ folgende Uebersicht:
„Am 20. Mai 1878, nach dem Hödelsschen Attentat, wurde dem Reickstage der erste Gesetzentwurf zur Abwenr sozialdemokratischer Ausfchreitun en vorgelegt, welcher mit großer Mehrheit abgelehnt wurde, weil man noch der Meinung war, auf dem Boden des gemeinen Rechts fei mit den bestehenden oder mit zu verschärfenden Bestim⸗ mungen des Preß⸗, Vereins und Strafgesetzes auszukommen. Es folgte nach dem Nobiling'schen Attentat die Auflösung des Reichstages und die Vereinbarung des noch heute bestebenden Gesetzes vom 21. Oktober 1878 durch eine konservatio⸗nationalliberale Mehrheit. Die Gültigkeits: dauer des Gesetzes war in dem ersten, abgelehnten Entwurf auf drei Jahre festgesetzt gewesen, in dem zweiten Entwurf war eine Gültig— keitsfrist überhaupt nicht vorgesehen; doch fügte der Reichstag eine solche bis zum 31. März 1881 hin u. Im Frühjahr 1880 schlug dann die Regierung eine Erneuerung des K mit Gültigkeit bis zum 31. März 1886 vor; die Mehrzahl des Reichstages setzte aber diese Frist bis zum 30. September 1884 herab. In dieser Gestalt fand das Gesetz eine verhältnißmäßig noch zahlreichere Majorität als das ursprüngliche; dieselbe verstärkte sich noch durch etwa 15 Centrums mitglieder. In März 1884 wurde dem Reichstage ein Gesetzentwurf vorgelegt, welcher die Geltungsdauer des Gesetzes auf zwei weitere Jahre, bis zum 369. September 18386, zu verlängern vorschlug. Dieser Gesetzentwurf wurde in der Abstimmung vom 19. Mai 1834 mit 189 gezen 157 Stimmen angenommen. Dafür stimmten die beiden konfervativen Fraktionen und die Nationalliberalen geschlossen, 39 Centrumsmitglieder und 27 Mitglieder der deutschfreisinnigen Partei (25 ebemalige Sezessionisten und 2 ehemalige Fortschrittler; von den letzteren waren aber noch einige ‚abkommandirt'). Im Fe bruar 1886 wurde dann eine Erneuerung des Gesetzes auf fünf ahr; beantragt. Der Reichstag nahm den Gesetzentwurf mit 169 gegen 137 Stimmen, jedoch mit der Beschränkung auf zwei Jahre, an. Da ür stimmten die beiden konservativen Fraktionen und die National ⸗ liberalen geschlossen und. 27 Mitglieder des Centrums; die Deutsch— freisinnigen stimmten diesmal geschlossen dagegen, es fehlten aber 14 Mitglieder. Im Winter 1887— 88 kam dann die Regierung mit dem Voischlag, das bestehende Gesetz nicht nur auf weitere fünf Jahre für, gültig zu erklären, sondern (zum ersten Mal) auch noch eine Reihe neuer verschärfter Bestimmungen hinzuzufügen. Die letzteren wurden indessen vom Reichstage abgelehnt und das unveränderte Gesetz abermals auf zwei Jahre verlängert Die Majorität war 163 gegen 80. Dafür stimmten wieder die Konservativen und National liberalen geschlossen sowie 8 Centrumsmitglieder; fast die Hälfte des Centrums feblte. Dies war die letzte Verhandlung Über das Sozialistengesetz, und es wurde dadurch eine Gültigkeitsdauer bis 30. September 1890 festgesetzt. Die entscheidende Beibülfe des Centrums und der Deutschfteisinnigen bei, einem so langen Bestand des Gesetzes ergiebt sich daraus aufs Klarste.“
Ueber das Ergebniß der französischen Wahlen bringt die „Schlesische Zeitung“ folgende orientirende Be— trachtung:
Das Ergebniß der am Sonntage vollzogenen Wahlen zur fran⸗ zösischen Deputirtenkammer sch int die von den Republifanern während des ganzen Wahlkampfes in immer steigendem Maße zur Schau ge tragene Zuversicht rechtfertigen zu wollen. Der große, von Mo— narchisten, Bonapartisten und Boulangisten gegen die bestehende Staats- form unterngmmene Ansturm kann als gescheitert gelten. Jedenfalls ist auch jetzt schon, vor den Stichwahlen, das Verhältniß der Gewählten für die Republikaner günstig zu nennen. Im ersten Wahlgange sind 224 Anhänger der bestehenden Staatsform und 159 Gegner derselben gewählt worden, während im Jahre 1885 bei der ersten Wahl 187 Mitglieder der Rechten und nur 140 Republikaner aus der Urne bervorgingen und erst die Stichwahlen den Republikanern eine Mehrheit von 380 gegen 204 Stimmen. verschafften. Wenn aber auch die Anhänger des berrschenden Systems im Ganzen ihre Position behauptet haben dürften, so feblt es doch bei ibnen im Einzelnen nicht an peinlichen Verlufien. Während alle irgend bedeutenderen Parteifübrer der Rechten, Paul de Cassagnae, Baron Mackay, Graf de Mun voran, gewaͤhlt sind, ist die bedeutendste politische Kapazität der Dpportunisten, Jules Ferry, in dem von ihm seit der Begründung der dritten Republik behaupteten Wahlkreise St. Dis einem Bonapartisten unterlegen; der frühere radikale M nister⸗-Präsident Goblet ist in Amiens geschlagen, und Clsmenceau steht in einer sehr zweifelhaften Stichwahl. Auch der Thierarzt Antoine, der im Anfang dieses Jahres von den Oppor tunisten als Retter der parlamentarischen Republik gegen Boulanger aus Metz verschrieben worden war, wird vorauesichtlich unterliegen, und zwar gegen den Beulangisten Laur. Die radikalen Parteigrößen Floquet, Lockrox und Pelletan stehen in Paris zur Stichwabl. Auch von den sechs Ministern, die zugleich Abgeordnete sind, haben nur vier im ersten Wahlgange durchdringen können; indessen dürste der Minister der. öffenilichen Arbeiten, Joes Guyot, in Paris und der Minister des Innern Constans, über dessen Nieder lag: die Boulangisten zu früh gejubelt haben in Toulouse schließlich doch noch gewäblt werden Was die Republikaner aber über diese kleinen Verluste trösten kann, ist der verhältnißmäßig sehr bescheidene Erfolg der Boulangisten. Allerdings zählt die grose republikanische Nationalpartei⸗ der Boulangisten in der Provinz 16 Gewählte, unter diesen den Revancheapostel Deroulède und den — allerdings unmwählharen — Freund und Mitverurtheil ten Boulanger s, den „Grafen? Dillon; aber die boulangistischen Kandidaten in der Provinz sind. meistentheil Anhänger der Rechten, welche man als „wiedergewonnene Republikaner: bei den Wählern eingeschmuggelt hat. Wo also die Boulangisten in der Prorinz gesiegt, haben, ist dies nicht aus eigener Kraft geschehen. In Paris aber, der Hochburg des Boulangismus, wo Boulanger am 27. Januar d. J. mit 215 000 gegen 162 0060 Stimmen in die Kammer gewäblt worden war und jetzt die be kanntesten Namen seiner Partei auf der Kandidatenliste standen, sind
236 000 republikanische und nur 198 900 boulangistische Stimmen ab gegeben worden. Boulanger selbst hat allerdings in seinem Bezirk Pöontmartre, trotz seiner Ünwähl barkeit, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten, dafür sind aber in Jen übrigen Bezirken nur vier sciner Parteigrößen durchgedrungen, während ein großer Theil der übrigen boulangistischen Kandidaten, u. a. auch Rochefort, im zweiten Wahlgange unterliegen dürfte. Der, wenn auch nur relative Erfolg der Republikaner in Paris dürfte diefe selbst um so mehr üher— rascht haben, als Paris bisher meist gegen das bestehende System gestimmt hat. Noch bei den Wahlen von. 1885 fand im Seine Departement die Opposition gegen die bestehende gemäßigt republi⸗ fanlfche Regierung durch die Wahl extrem republikanischer Kandidaten ihren Ausdruck. Es war also sehr wahrscheinlich, daß die Haupt⸗ stadt trotz aller moralischen und ma seriellen Niederlagen, welche der Boulanglsmus in letzter Zeit erlijten bat, dies mal ihre oppositionelle Gesinnung durch starke Mehrheiten boulangistischer Stimmen be thätigen würde.“
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur wirthschaftlichen Lage.
Die günstigen Folgen des Zollkriegs zwischen Frankreich und Italien machen sich, wie aus Hannover berichtet wird, andauernd Femerkbar. Die Ausfuhr scheint nach Italien und Rumänien ent⸗ schieden im Zunehmen begriffen zu sein; dagegen soll die Ausfuhr nach Rußland und zum Theil, auch nach Oesterreich abnehmen. Die Lage der Arbeiter ist bei vernünftigen Ansprüchen befriedigend. Die Löhne haben in einer ganzen Reihe von Betrieben eine zum Theil nicht unanfehnliche Steigerung erfahren. Die Verbältnisse der Bergarbeiter waren von den wesifälischen Arbeiterbewegungen nicht unberührt ge— blieben. Die hervorgetretenen Erregungen wurden jedoch durch recht- zeitiges Eingreifen der Bergwerksvmerwaltungen überall im Keime er stickt. — Die Lage der Ziegeleien war in den letzten Monaten eine günstige. Der Absatz von Steinen war recht gut, die Preise hoben sich, und die Zahl der beschäftigten Arbeiter stieg um 100.
Wasserbauten in Westpreußen.
Der Schwerpunkt der Bauthätigkeit im Reglerungkbezirk Danzig liegt zur Zeit in den großen Wasserbauten, welche oberhalb der Weichfelmündung an beiden Ufern im Gange sind, um der sehr ver⸗ wilderten untersten Stromstrecke wieder einen geregelten, die beider seitigen Ufer nicht mehr gefährdenden Lauf zu geben. Nach dem raschen Fortschreiten der Uferschutzbauten daselbst darf mit Sicherheit darauf gerechnet werden, daß sie noch bis zum Winter völlig wehr fähig hergestellt sein werden. In, den Niederung gebieten sind überall bedeutende Deichverstärkungsarbeiten im Ganze. Die Vorbereitungen zur Inangriffnahme des durch EGesetz vom 20. Juni v. J. in Aussicht genommenen Durchstichs fuͤr den Wei felstrom jur Herstellung einer neuen Ausmündung in die Sstses sind in den letzten Monaten erheblich gefördert worden. Nachdem durch Kaiserlichen Erlaß vom 20. Juni d,. J. das Statut fur den nach dem erwähnten Gesetze zu bildenden Gesammt-Weichsel⸗ Rogat. Deichverband genehmigt worden, ist unverzüglich mit Auflösung der alfen und mit Bildung der neu zu errichtenden Deichverbände rorgegangen worden. Die Verhandlungen werden alsbald ihren Ab⸗ schluß finden und wird dann von Seiten des neuen Gesammt-er— bandes die gesetzlich für Beginn der Arbeiten am Weichseldurchstich vorgeschriebene Bewilligung eines Zuschusses zu den Baukosten von 7230 000 erfolgen.
Die rasche Entwickelung der Ferien kolonien
ist aus folgenden Angaben, welche der verdiente Förderer jener gemein. nützigen Unternehmungen, Stadtrath a. D. Röstel, im „Nordwest“ macht, zu ersehen. Man verlegt den Anfang der systemarischen Sommelpflegen gewöhnlich in das Jahr 1876, in welchem der wohl thäͤtige Schulverein zu Hamburg die ersten 7 Kinder zur Kräftigung ihrer Gefundheit aufs Land schickte. Im folgenden Jahre gab der selbe Verein die doppelte Anzahl Kinder in Pflege und im Jahre 1578 trat Frankfurt a. M. mit den ersten wirklichen Ferienkolonien nach Züricher Muster hinzu, sodaß die Zahl der Pfleglinge in jenem Jahre auf 151 stieg. Alljährlich nahm die Zahl der betheiligten Städte zu, fodaß für das Jahr 1884 schon über 11803 verpflegte arme Kinder berichtet werden konnte. Wie sich die weitere Entwicke⸗ lung gestaltete, ergiebt folgende Uebersicht. Es betrug die Zahl der
eglinge i . 1385 1886 1887 1888 in den Ferienkolonien. 4302 4416 4810 5 457 d 683836 2 026 2200 2688 linderheilstätten der Sool⸗ 11 4863 5 291 5 396 Kinderheilstätten der See⸗ w,, 600 857 1154 1371 4 804 5162 18759 20074
1 Milchstationen. 2500 . zusammen 13 8099 15884
Seit 1876 ist die Zahl der Pfleglinge also von sieben auf mehr als 25 606 gestiegen! Man bleibt hinter der Wabrbeit nicht zurück, wenn man annimmt, daß aus 500 bis 700 deutschen Orten arme Kinder in irgend einer Form zur Kräftigung ibrer Gesundheit in öffentliche Sommerpflege gegeben werden. Das ist in erster Reihe der Begrün⸗ dung so vieler Heilstätten für Kinder in See! und Soolbädern ju danken. — Auch die finanzielle Entwickelung ist eine günstige gewesen. Im Jahre 1886 betrug das Vermögen bei den Kinderheilstätten der Seebäder rund 710 050 „, 1888 schon mehr als das Doppelte, nämlich über 1 428 000 16; bei den Heilstätten in Soolbädern stellten sich die entsprechenden Summen auf 825 900 und 1 132 000 bei den Vereinen und Comites für Ferienkolonien ze. endlich auf 452 000 und 596 000 MÆ , soweit Angaben darüber vorlagen, was bei Weitem nicht bei allen Kinderheilstätten und Vereinen der Fall war.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Der XII. deutsche Obstbau Kongreß ist am 25. d. M. in Stuttgart im dortigen Stadtgartensaal festlich eröffnet worden. Der Staats⸗Minister des Innern, von Schmid, welcher mit dem Präsidenten der Centralstelle für Landwirthschaft, von Werner, er schienen war, hielt an die zahlreich Versammelten folgende Ansprache:
„Im Auftrage Sr. Majestät des Königs, meines allergnädigsten Herrn darf ich dieser hochansehnlichen Versammlung die freundlichste Begrüßung, den besten Willkomm in Württembergs Hauptstadt ent- bieten. Se. Majestät nehmen reges Interesse für ein fruchtbares Er⸗ 56 der Verhandlungen des deutschen Pom ologenkongresses. Zu den Traditionen der Königlichen Regierung aber gehört es, allem, was zur Pflege und Förderung des volkswirthschaft— lich so bedeutungsvollen Obst: und Gartenbaues dient, wirksame Unterstützung zu gewähren. Dank einem seit Beginn dieses Jahrhunderts konsequent fortentwickelten System von Maßregeln und Einrichtungen im Zusammenwirken mit der Jaitiative und Einsicht weiter Kreise der Bevölkerung, zählen wir zur Zeit über 73 Millionen Obstbäume im Lande, ium Theil in Höhenlagen, wo man deren Fortkommen früher nicht als möglich erachtete. Seit dem Jabre Isß?, in welchem der deutsche , das erste Mal in diesem Lande tagte, hat der Obstbau einen bedeutenden Aufschwung sowohl in extensiver, als mntenfiver Richtung bei uns genommen. Die in reichhaltiger Gliede⸗ rung das ganze Arbeitsfeld der Obstkultur darstellende allgemeine Dbstausstellung aber ist ein beredtes und erfreuliches Zeugniß dafür, daß im ganzen Deutschen Reiche der Obstbau in der auf steigenden TÄinie begriffen ist und jetzt schon einen Hochpunkt erreicht hat, welcher die Perspekrive reicher volkswirthschaftlicher Segnungen eröffnet. Mögen auch die diesmaligen Verhandlungen des Kongresses ein neuer Markstein, eine weitere Etappe allseitiger glücklicher Fortentwicklung , . zum Nutzen der betheiligten Kreise, zum Segen der deutschen
ation!“
* 1
Die Rede des Ministers wurde von der mehrere hundert Per- sonen zählenden Verfammlung mit allseitigem Beifall aufgenommen. Hierauf begrüßte Ober ⸗Bürgermeister Br. von Hack den Kongreß Namens der Stadt Stuttgart. Der Redner gedachte wit Dank der kräftigen Unterstützung der Königlichen Staatsregierung und drückte seine Freude über das schöne Gelingen der Ausstellung aus, deren küberrafchender Reichthum den Glauben an ein geringes Obstjahr nicht auf⸗ kommen lasse. Redner schloß mit dem Wunsch, daß die Kongreßbesucher bei ihrer Heimkehr freundliche Erinnerungen an Stuttgart mitnehmen möchten, was die Versammlung mit freudiger Zustimmung beant— wortete.
Hierauf wurde zur Wahl der Präsidenten des Kongresses geschritten. Zum ersten Praäͤsidenten wurde Kommerzienrath Kobl⸗ hammer, zum zweiten Garteninspektor Lämm erert-Dresden ein stimmig gewählt. ⸗ .
Trier, 24. September. Der hier versammelte deutsche Weinbau⸗Kongreß verhandelte heute über den dermaligen Stand der Reblausfrage und nahm folgende Resolution an: „In Er⸗ wägung, daß, wie dies Oesterreich‚ Ungarn beweise, die Reblaus, sobald' sie fich eingenistet, unaufhaltsam ist, das Kulturalverfahren überall anwendbar ist und bedeutende Kosten verursacht, 1) den Verfandt unbewurzelter, nicht nur aus infizirten Grenzen und Gemarkungen, fondern auch aus größeren, der Gefahr entsprechenden Bezirken zu verbieten, und 2) den Verkehr mit Blindhol; einer strengern Kontrole zu unterwerfen. Eine weitere Resolution, die Regierung zu bitten, die Veredelungs, und Züchtungsversuche thun— lichft zu fördern, fand gleichfalls Annahme. Hierauf hielt Professor Pr. Müller-Thurgau einen Vortrag über neue Forschungsergebnisse 3 dem Gebiete der Weingärung und deren Bedeutung für die Praxis?“.
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Ouarantänewesen.
Brasilien.
Die brasilianische Regierung hat mittelst Erlasses vom 17. August 18893 die Häfen der Pbilippinen-Inseln als choleraverdächtig erklärt und für alle aus jenen Häfen eintreffenden Schiffe die Ab⸗ haltung der in der Reichs Gesundheitsordnung von 18386 vor⸗ geschriebenen Quarantäne im Hafen des Lazareths auf Ilha Grande angeordnet.
Handel und Gewerbe.
Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen- und Stablindustrieller belief sich die Roheisen⸗ produktion des Deutschen Reichs (einschl. Luxemburgs) im Monat August 1889 auf 378 500 t; darunter Puddelroheisen und Sxiegeleisen 178 158 t, Bessemerroheisen 390 039 t, Thomasroheisen Nö 272 t und Gießereiroheisen 44 051 t. Die Produktion im August 1588 betrug 35404, im Juli 1889 371 167 t Vom 1. Januar bis 31. August 1889 wurden produzirt 2 842 343 t gegen 2 814 829 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
— Der Aufsichtsrath der Schultheiß' Brauerei Aktien Gesellschaft, welchem Seitens der Direktion der Rechnunge— abfchluß für das am 31. August beendete Geschäftsjahr 1888. 89 vor⸗ gelegt wurde, beschloß, aus dem vorhandenen Reingewinn nach den üblichen Abschreibungen die Vertheilung einer Dividende von 16 90, wie für das Vorjahr, in Vorschlag zu bringen
— Die nächste Börsenverfammlung zu Essen findet am 30. September 18890 im Berliner Hof“ statt.
— Vom rheinisch - westfälischen Kohlenmaxrkt wird der „K. Volks -Itg.' unterm 23. er. Folgendes geschrieben: Die Förderung im rheinisch westfälischen Kohlenbezirk hat in der abge- saufenen Woche erfreulicher Weife einen wesentlich böheren Arbeits erfolg gezeigt, wie in der vorangegangenen vierzehntägigen Periode. Trotzdem bleibt dieselbe im Durchschnitt immer noch beträchtlich hinter der im August erreichten Leistungefäbigkeit zurück. Die Nachfrage ist in Folge dessen in weiter zunehmender Steigerung begriffen; für den augenblicklichen Bedarf ist sozusagen keine Deckung zu ermöglichen, da der Zwischenhandel guch auf Monate hinaus schon feine verfügbaren Mengen vergeben hat, und bei den Zechen be⸗ kanntlich noch weit schwerer anzukommen ist. Die Haltung ist daher nach jeder Richtung bin fest, und Lie Käufer suchen sich den Abschluß auf denkbar weitgehendste Sichten zu den jetzigen hohen Preifen zu sichern. Was diese betrifft, so ist von einem Innehalten in der raschen Aufwärtsbewegung noch immer nicht, und zwar gegen wärtig um so weniger die Rede, als der immer sühlbarer werdende Kohlenmangel die Verbraucher zwingt, jeden Preis für Kohle anzu— legen. Die leitende Börse für das Kohlengewerbe, die Essener, hat, ebenfo wie diejenige zu Düsseldorf, nach fünfmonallicher Unter⸗ brechung wieder begonnen, Preise für Kohlen und Kokes fest zustellen. Ein Blick auf dieselben zeigt jedoch, welche bedeutenden Schwankungen, die eine Zeit lang jede feste Preisangabe unmög sich machten, noch immer in den Sätzen der einzelnen Werke vor herrschen. Üuf der andern Seite aber zeigt eine Vergleichung mit den letzten im April d. J. von der Börse gegebenen Preisen, welchen Aufschwung diese inzwischen für fast sämmtliche Marken genommen haben. Nach den jetzt gegebenen Festsetzungen weisen die Preise für Kohlen Steigerungen bis zu 5 und für Kokes bis zu -t die Tonne auf.
— Die Generalversammlung des Eschweiler Bergwerks, Vereinß stellte einstimmig die Dividende pro 1888,89 auf 19,50 — 64 9 fest, nachdem aus dem Spezial⸗Reservefonds für eventuelle Coursverluste, in welchem der Agio Gewinn an den verkauften 753 bo0 At Wurm -⸗Aktien zurückgelegt ist, 67 J24 d entnommen sind. Die Ab—= schreibungen erhöhen sich um 111692 “ auf 630 529 „6 gegen 454 051 ½ im Vorjahre. Die vorgeschlagenen Terrainverkäufe mit einer Einnahme von in Summa 30 800 „ wurden genehmigt.
— Die ‚New⸗ Yorker HdlsZtg. berichtet unter dem 13. d. M: Am Waßlren, und Produktenmarkie spielt fort ˖ wäbrend der Export die Hauptrolle. Derselbe weist wiederum eine kleine Zunahme auf und übertrifft den Import der Woche um ein Bedeutendes; aber auch das Geschäft für den beimischen Konsum fann als recht beftiedigend bezeichnet werden. Bei Baum wolhgr hat der letzte Regierungsbericht, der die Ernte weniger günstig darstellt, dem Zeitgeschaͤf te einen erneuten Impuls gegeben und die Preise der nächsten Termine ca. 5 Points höher getrieben. Lokowaare, in der die Umsätze Föchsft unbedeutend waren, ift dagegen unverändert geblieben. In Brodstoffen ist das Geschäft im Ganzen sehr ruhig verlaufen. Weijen bat zwar, in Folge des offiziellen Ernteberichtes, nach einem anfänglichen Räckgange, besonders in den späteren Terminen, eine plötzliche Steigerung erfahren, die Umsätze sind jedoch dadurch nicht größer geworden. Auch zeigt der Export hierin wie in Mais eine kleine Abnahme, wogegen in Weizenmehl eine Zunahme stantgefunden hat. Am Kaffeem'arkte hat in Brasilsorten die Hausse weitere Fortschritte gemacht, was der guten Kauflust, knappen Borrathen und nicht fonderlich günstigen Ernteaussichten zuzuschreiben ist Milde Sorten sehr fest bei regelmäßiger Nachfrage. Die Tendenz sür Provisionen, d. i. fur Schweinefleisch Produtte, ist fortwährend nach unten gerichtet, doch war das Geschäft im Allgemeinen recht lebhaft. Rindfleisch ruhig und unverändert. Raffinirtes Petroleum ruhig, Pipe line Certificates fest mit 993 e. zum Schluß. Harz bei mäßigen Umsätzen ohne wesentliche Veränderung. Für Wolle hat sich die Situation nicht geändert. Fabrikanten halten im Kaufen zurück, weil ihnen die gegenwärtigen Preise zu hoch erscheinen, und die Umsätze waren dem⸗ gemäß geringfügig. Am Zuckermarkte hat sich für Roh⸗ zucker eine entschieden gunstigere Stimmung eingestellt; die Preise sind bereits eine Kleinigkeit gestiegen und scheinen bei an— haltender Kaufluft weiter höber gehen zu wollen. Auch raffinirte Waare ist fehr fest und zum Steigen geneigt. Das Geschäft in ein⸗ Fpeimischen Manufakturwagren giebt nach wie vor große Befriedigung und das in fremden hat für diese Woche ebenfalls ein gänstiges Resultat aufzuweisen. Ter Import fremder Web⸗ stoffe betrug für die am 12. September beendete Woche 2I73 689 Doll. gegen 3 055 9560 Doll. in der Vorwoche und
2859 497 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.
Wien, 25. September. (W. T. B.) Bei den 177 Em langen Lokalbahnen der Sesterreichischen Lokal- Eisenbabn⸗ Gesellfchaft, welche sowohl in diesem wie im Vorjahre im Betriebe waren, betrugen die vrovisorisch ermittelten Einnahmen im Monat August d J. 82055 Fl, und in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Äugust d. J. 611 831 Fl, während die definitiven Ein⸗ nahmen in der gleichen Periode des Vorjahres. 80 317 Fl. bezw. 565 274 Fl. betragen haben. — Die provyisorisch ermittelten, oben nicht einbegriffenen Einnahmen der 57 km langen. Lokalbahn Hanns dorf —iegenhals betrugen bis Ende August d. J. 112244 Fl., und jen? der am 16. Juli eröffneten 55 km langen Lokalbahnen Herzogenburg — Krems und Hadersdorf — Sigmunds⸗
herberg 200566 Fl. (W. T. B.) Wollauktion.
London, 28. Stimmung sekr fest.
— 265 September. (W. T. B.) Die Bank von England hat heute den Diskont auf 5 G erhöht.
Rotterdam, 25. September. (W. T. B) Bei der heute von der Riederländischen Handelsgesellschaft abgehaltenen Zinnauttion wurden 22600 Blöcke Bankazinn zu 55 bis 55öt, durchschnittlich 55g, verkauft.
September.
Submissionen im Auslande.
IJ. Niederlande. 1) 15. Oktober, 2 Uhr. De Geneesheer-Directeur van s Rijks
Krankzinnigengestieht zu Medemblik.
Li fekung von K 50 000 kg' Kartoffeln während des Zeitraums 1. November 1389 bis 30. Juni 1390. Bedingungen käuflich bei dem Buchhändler M. Nijboff im Haag,
Nobelstraat 18.
2) 23. Oktober, 11 Uhr Vm. WMinisterie van Waterstaat.
Handel en Nijverheid im Haag im Ministerialgebäude;
Fr. 178 Lieferung ꝛc. des Oberbaues für die festen Brücken in den umgelegten Bahnstrecken der Rheinischen Eisen⸗ bahn. Gesellschaft Utrecht -Amsterdam und Utrecht — Rotterdam, unterhalb der Gemeinden Zuilen und Utrecht (gehörig zu den Arbeiten des Kanalbaues Amsterdam — Merwede).
Schätzungswerth 306 600 Fl. Beringungen käuflich bei den Gebrüdern ran Cleeff, Buchhänd— lein im Haag.
9 * Loos
Il. Rumänien 1. November. Verwaltungskommission des 27. Regiments zu Bacau. Lieferung von 1300 Leinwand-Fußfetzen, 803 Handtüchern und sI13 Päckchen kleiner Ausrüstungsgegenstände. Näheres an Ort und Stelle.
Verkehrs ⸗Anftalten.
Wie aus Danzig geschrieben wird, ist an der Seeküste und im Frischen Haff die neue, für alle deutschen Küsten und Häfen einheitlich gestaltete Betonnung durchgeführt worden.
London, 25. September. (W. T. B.) Der Union - Dampfer Mexican“ ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen.
Theater und Musik.
Königliches Opernhaus.
Glucks „Orpheus und Eurvdite“ ging gestern neu ein studirt in Scene. Man darf es als einen großen Gewinn betrachten, daß diefe Oper, die nun schon 127 Jahre alt ist, die alteste, die überhaupt in der Gegenwart gegeben zu werden pflegt, wieder dem Repertoire der Königlichen Bühne einverleibt worden ist, und zwar, wie gleich hier bemerkt werden soll, in einer Besetzurg und Ausstattung, welche geeignet ist, das Interesse an diesem Werk auch für die verwöhnte Jetztzeit neu zu be—⸗ seben und zu steigern. ‚Trpbeus und Eurvdike“, dieses Hohelied verlorenen und wiedergewonnenen Liebesglücks und der selbst über den Tod hinausreichenden Macht der Liebe, darf als die Grund lage bezeichnet werden, auf welcher sich die, deutsche Oper auf⸗ gebaut hat. i
Dorobantzen⸗
Die dramatische Handlung wird hier zu dem eigentlichen Wesen der Oper; die enge Verbindung und geistige Durchdringung don Wort und Ton, die thätige Mitwirkung des Chors als handelnde Person, Tie dramatische Wahrheit, welche in den Arien ihren Aus⸗ druck findet, — das Alles tritt in der Glackschen Oper so vollendet in die Erscheinung, daß — neben dem idealen Inhalt — gerade bierauf die mächtige Wirkung beruht, welche den Hörer auch heute noch sesselt, ergreift und bewegt. Ist auch die Harmonik und Instrumentation durch, den Einfluß Richard Wagner's heute eine wesentlich reichere und in Folge der Anwendung sfärkerer Mittel eine überwältigendere, so wandelt die Gluchsche Mußik doch die Bahnen, welche in weiterer Entwickelung hierzu führen mußten, und es ist ein Beweis ihrer Klassizität, daß sie auch heute noch durch ihre einfacheren Formen im Stande ist, dieselben Wir⸗ kungen zu erzielen.
Die Infcenirung war eine geschmackuolle und würdige. Besonders wirksam war der im zweiten Äkt hervortretende Gegensatz zwischen der Ünterwelt und dem Elysium; das Arrangement der Schattenreigen war malerisch und stimmungsvoll, die Chöre sangen diskret. Die Rolle, des Orpheus war in den Händen der Fr. Staudigl, die sich ihrer Aufgabe mit wachsen⸗ dem Erfolge entledigte. Vielleicht hätte der Vortrag einzelner Arien noch etwas dramatischer ausfallen können, im Ganzen aber wurde ihr srefflicher Gesang von einem wahrhaft künstlerischen Spiel auf das Beste unterstützt, und es ist nicht zu bezweifeln, daß Fr. Staudigl diese Partie als bald zu ihren besten zäblen wird. Frl Leisinger, die schon früher einmal die Curvdike sang, bewährte sich als solche auch diesmal wieder ausgezeichnet. Frl. Weitz (Eros) hat leider zu viel Tremolo in der Stimme, als daß sie in den Rahmen und den Stil der alten deutschen Oper genau hineinvaßte. Der Gesammieindruck der gestrigen Aufführung war ein in jeder Richtung hervorragender.
Lessing ⸗ Theater.
„Der Fall Clémenceau‘ erlebe am zreitag das Jutziläum der iGo. Aufführung, eine Thatsache, durch welche jecenfäus das Vorurtheil widerlegt wird, das so langlebige Grsolge 11 Bertin ni ch mehr möglich seien. Der große Aniheil, welchen die Tarnellung und die Inscenesetzung des Lessirg⸗Theaters an diesem Ersolge haben, wird dadurch bewiesen, daß das eigenthümliche Wert von Alexander Dumas in Berlin eine größere Anzahl von Aufführunzen gefunden at, als sie dem Schauspiel in Paris selbst gegönnt war.
Wallner · Theater.
Gestern Abend gelangte Francis Stahl's Volksstũck Der rechte Schlüsfel“ zur ersten Aufführung und fand bei den Zuschauern eine sebr freundliche Aufnabme, Die Novität lehnt sich eng an ältere erfolgreiche Possen und Lastspiele sowohl in der Grund⸗ stimmung wie in der Moral der Handlung an; aber ehrliche Arbeit, einfache und sparsame Lebensweise in vorbildlichen Gestalten gegen= über der Unlauterkeit und Charakterlosigkeit auf die Bühne zu stellen und dos gute Element siegen zu lassen, hat fortdauernd Berechtigung. und es ist erfreulich, zu beobachten, daß unser Publikum an solchen harmlosen und doch scenisch wirksamen Stücken noch Geschmack findet, daß es also der starken Gewürze französischer oder im französischen Geschmack gehaltener Dramen zu einem Bühnenerfolge nicht unbedingt bedarf. — Cin alter Schlossermeister siebt zu seinem Kummer seinen ältesten Sohn dem Kreise, des Handwerks entfremdet; der Sohn wird Kaufmann, Banguier, heiraihet eine vornehme adelige Dame und wird von seiner Frau verlassen, als das schwankende Gebäude feines Glücks zusammenbricht. Nur durch das thatkräftige Eingreifen des Vaters, jenes alten Schlossers, wird der ehrliche Name des Sohnes, der alle ihm anvertrauten Gelder veruntreut hat, ge⸗ rettet. Nach jahrelanger mübsamer Arbeit in der Fremde kehrt dann der sittlich geläuterte Sohn zu seinem Vater zurück; die Arbeit und die Liebe sind .der rechte Schlüssel', mit
welchem sich der Sohn des Vaters Herz wieder öffnet. —