griechische Gesandte Vlachos und der Staats⸗Minister Graf von Bismarck. Links von Sr. Majestät dem Kaiser saß zunächst Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht, dann Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, Ihre Durch⸗ laucht die Prinzessin Friedrich von Sachsen⸗Meiningen, Se. Durchlaucht der Prinz Carl von Hohenzollern, der General⸗ Sberst von Pape, der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums Br. von Boetticher und der Chef des Großen Generalstabes Graf von Waldersee. Rechts von Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich saßen: Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich J Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Marga⸗ rethe, Se. Durchlaucht der Prinz Albert von Sachsen Altenburg, die Oberhofmeisterin Gräfin von Brockdorff, Se. Durchlaucht der Prinz Heinrich XIX. Reuß und die Palastdame Gräfin Brühl. Links von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin saßen: Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht, Ihre“ Königliche Hoheit die Prinzessin Victoria, Se. Hoheit der Prinz Friedrich von Sachsen⸗Meiningen, die Fürstin von Hatzfeldt⸗Trachenberg, Se. Durchlaucht der Prinz Heinrich WXX. Reuß. . . .
Bei der Prunktafel fehlte diesmal die Musik. Um 8 Uhr wurde die Tafel aufgehoben, und in derselben Folge, wie die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften gekommen, bewegte sich der Zug durch die Bildergalerie nach den Parade— Kammern, woselbst eine halbe Stunde später die Allerhöchst⸗ befohlene Abendgesellschaft und die Abschiedscour vor Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin-Braut stattfand. Die geladenen Personen versammelten sich nach ihrem Range, im Rittersaal das diplomatische Corps, in den Brandenburgischen Kammer die Gemahlinnen der Chefs Fürstlicher Häuser und die Excellenzen⸗Damen, in der Rothen Sammet-Kammer die übrigen geladenen Damen, im Königszimmer die Excellenzen⸗ Herren; in den Parade-Vorkammern die General-Majors und Räthe 1. Klasse und die übrigen geladenen Herren.
Die Hohe Braut nahm die Cour inmitten der Aller— höchsten Herrschaften entgegen; es war ein langer Zug, der bei Höchstderselben vorüberdefilirte. Nach
Cour trat man an die reichbesetzten, an den Wänden verschiedener Säle aufgestellten Büffets heran. Die Hohe Braut wie die Allerhöchsten Herrschaften bewegten Sich in huldvoller Güte zwischen Ihren Gästen, und von Manchem nahm die Hohe Braut bei dieser Gelegen— heit noch einmal Abschied. . .
Es war 10, Uhr, als Sich Ihre Majestäten und die Erlauchte Prinzessin-Braut zurückzogen und damit den Schluß der Festlichkeit herbeiführten.
— Heute traten die vereinigten Ausschüsse des Bundes— raths für das Landheer und die Festungen, für das See— wesen und für Rechnungswesen, alsdann die vereinigten Aus— schüsse für das Landheer und die Festungen und für Rech— nungswesen zu einer Sitzung zusammen.
— Der Bergrath Jordan, Mitglied des Hauses der Abgeordneten für den 5. Trierer Wahlbezirk (Saarbrücken — Ottweiler —St. Wendel), ist am 13. d. M. nach kurzer Krank—⸗ heit gestorben.
— Nach der im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlichten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen — ausschließlich Bayerns — im Monat August d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 7 Entgleisungen und 1 Zusammen— stoß auf freier Bahn, 16 Entgleisungen und 14 Zusammen— stöße in Stationen und 185 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen und andere Er⸗ eignisse beim Eisenbahnbetriebe, sofern bei letzteren Personen getödtet oder verletzt worden sind). Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Verschulden 197 Personen verunglückt, sowie 51 . erhebli und 91 unerheblich beschädigt. Von den beförderten Reisenden
wurden 4 getödtet und 8 verletzt, und zwar entfallen je
eine Tödtung auf die Wismar-Karower Eisenbahn und auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-Direktionen zu Magdeburg, zu Hannover und zu Berlin, vier Ver— letzungen auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisen— bahn-Direktion (linksrh.) zu Köln, zwei Verletzungen auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Hannover und je eine Verletzung auf die Verwaltungs— bezirke der Königlichen Eisenbahn-Direktionen zu Elber⸗ feld und zu Bromberg; von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 21 ge— tödtet und 143 verletzt, von Steuer- u. s. w. Beamten 1 ge— tödtet und 1 verletzt, von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 9 ge⸗ tödtet und 10 verletzt. Außerdem wurden bei Nebenbeschäftigungen 1ͤ Beamter getödtet und 35. Beamte verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 31 024,12 km Betriebs⸗ länge und 952 843 846 geförderten Achskilometern) 212 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eiern r tien zu Breslau (25), zu Berlin (23) und zu Elberfeld (2); verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen, sind auf der Main— Neckar Eisenbahn, im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Elberfeld und auf den Großherzoglich Oldenburgischen Staatseisenbahnen die meisten Unfälle vor⸗ gekommen. B. Größere Privatbahnen — mit je über 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 1814,44 Km Be⸗ triebslänge und 26 641 480 geförderten Achskilometern) 10 Fälle und zwar auf die Hessische Ludwigs⸗-Eisenbahn 8 Fälle, auf die Schleswig⸗-Holsteinische Marschbahn und auf die Ostpreußische Südbahn je 1 Fall. C. Kleinere Privat⸗ bahnen — mit je unter 150 km Betriebslänge — (bei zu— ammen 1739,50 km Betriebslänge und 13 3653 660 geförderten 9 6 1ẽ Fall und zwar auf die Wismar⸗Karower enbahn.
— Heute feiert in ländlicher Zurücgezogenheit der Direktor im Ministerium der geistlichen, Unterrichte⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten, Wirkliche Geheime Rath Dr. , . Edmund Greiff sein fünfzigjähriges
ien stjubiläum. Es ist ein Leben, reich an Mühe und Arbeit, an Erfolgen und Auszeichnungen, auf welches der Jubilar an diesem Ehrentage zurückblickt. Geboren den 31. Oktober 1818 zu Elbing, besuchte er das Gymnasium
seiner Vaterstadt und widmete sich, nachdem er im Herbst 1836 das ,, bestanden hatte, dem Studium der Rechts und taatswissenschaft auf der Universität Berlin. Außer den eigentlichen Fachvorlesungen hörte er hier, von vielseitigem wissenschaftlichen n eleitet, philosophische Vorträge bei Steffens, philologische ei Boeckh und historische bei Leopold von Ranke. Am 15. Oktober 1835 wurde er als Auskultator bei dem Stadtgericht zu Elbing vereidigt. 1841 legte er die zweite juristische Prüfung und 1845 mit Auszeichnung die höhere Verwaltungsprüfung ab. Darauf wurde er als Regierungs— Assessor bei der landwirthschaftlichen Verwaltung beschäftigt. Von 1846 bis 1850 war er Spezial-Kommissar in Sprottau, von 1850 ab Kollegial-Mitglied der Generalkammission in Breslau. Im Januar 1854 erfolgte seine Beförderung zum Regierungs⸗Rath. 1861 als Hülfsarbeiter in das Ministerium für Landwirthschaft berufen, wurde er 1864 zum Geheimen Regierungs- Und vortragenden Rath, 1868 zum Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath ernannt. Im März 1873 trat er in das, Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-A Angelegenheiten als Abtheilungs-Direktor und Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath über. Hier leitete er zuerst das gesammte Unterrichtswesen. Nach— dem für dieses im Jahre 1882 zwei Abtheilungen eingerichtet waren, wurde er Direltor der Ersten Unterrichts— Abtheilung, welcher die Angelegenheiten der Wissenschaft und Kunst im Allgemeinen, sowie der Universitäten, Museen, Kunstakademien, technischen Hochschulen und der sämmtlichen höheren Schulen zugetheilt sind. In dieser Stellung wirkt der Jubilar noch heute. 1884 wurde ihm der Charakter als Wirklicher Geheimer Rath mit dem Prädikat Excellenz ver⸗ liehen. 1886 übernahm er den Gorsitz des neu gebildeten Kuratoriums der Königlichen Bibliothe?, welche sodann unter seiner Oberleitung einer durchgreifenden Reorganisation unter— zogen wurde. . Jö
Seine zahlreichen Verdienste um die Wissenschaft, die ihm auch ein anerkannt vortreffliches Werk über die Landes— kulturgesetzgebung verdankt, ehrte die Universität Göttingen, indem sie ihn bei ihrem 150 jährigen Jubiläum im Jahre 1887 honoris causa zum Dr. juris promovirte. Wenn er in dem Diplom als „ab omnibus aestimatus, vir venerabilis, nullius liberalis artis expers, pietate morum suavitate spectatissimus“ prädizirt wird, so entspricht diese Anerkennung der Wahrheit. In ungewöhnlichem Maße ist es dem Jubilar gelungen, sich die Verehrung weiter Kreise und das Vertrauen seiner Vor— gesetzten zu erwerben. Wie sehr aber seine Wirksamkeit an der Stelle, auf die es vor Allem ankommt, anerkannt wird, das beweist die Allerhöchste Gnadenbezeugung, welche Se. Majestät der Kaiser und König den früheren Ordensaus— zeichnungen am heutigen Ehrentage durch die Verleihung des Rothen Adler-Ordens J. Klasse mit Eichenlaub hinzuzufügen geruht haben.
— Der Königlich dänische Gesandte am hiesigen Aller— höchsten Hofe, von Vind, ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
— S. M. S. „Leipzig“, Kommandant Kapitän zur See Plüddemann, mit dem Geschwader⸗Chef, Contre— Admiral Deinhard an Bord, ist am 13. d. M. in Mozam⸗ bique eingetroffen und beabsichtigte, am 14. desselben Monats wieder von dort in See zu gehen. — Der Dampfer „Lulu Bohlen“ ist mit dem Ablösungs-Kommando für S. M. Kreuzer „Habicht“, Transportführer Korvetten-Kapitän Burich, am 15. Oktober d. J. in Puerta de la Luz (Canarische Inseln) . und hat am selben Tage die Weiterreise fort⸗ gesetzt.
— In der Ersten Beilage des „Reichs- und Staats— Anzeigers“ wird eine Nachweisung der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reich für die Zeit vom 1. April 1889 bis zum Schluß des Monats September 1889 veröffentlicht.
Bayern. München, 15. Oktober. (W. T. B.) Der
Prinz und die Prinzessin von Wales trafen mit den Prinzen Albert Victor und Georg sowie den Prinzessinnen Victoria und Maud gestern Abend sl“ Uhr hier ein, wurden vom englischen Gesandten am Bahnhofe empfangen und stiegen im Hotel „Bellevue“ ab. Dort empfingen Ihre Königlichen Hoheiten den Besuch der ihnen verwandten Herzogin Maximilian in Bayern. Heute früh reiste der Prinz nebst Familie mittels Extrazuges zunächst nach Venedig weiter. Gestern Morgen ging die feierliche Beisetzung der irdi— schen Ueberreste des Erzbischofs Dr. von Steichele mit großer Pracht und unter starker Betheiligung der hiesigen Einwohnerschaft sowie zahlreichen Landvolks vor sich. Der Leichenzug bewegte sich vom erzbischöflichen Palais an der Promenadestraße unter dem Gelaute sämmtlicher Glocken der katholischen Kirchen der Stadt durch die Prannerstraße über den Maximiliansplatz, dann durch die Herzog Max-Burgstraße und die Löwengrube bis an das Hauptportal der Metropolitankirche. An den Beisetzungsfeierlichkeiten nahmen Theil: der gesammte Klerus, der päpstliche Nuntius, die Bischöfe von Augsburg, Regensburg, Eichstädt und Passau, der General-Adjutant, General Freiherr Freyschlag von Freyenstein als Ver— treter Sr. Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten, die sämmtlichen Minister, die obersten Hoschargen, der öster— eichische Gesandte, die Reichsräthe, die Abgeordneten, die Spitzen der Behörden und die Stadtkollegien, die öffentlichen Schulen und zahlreiche Vereine. Die Leichenrede hielt Dom⸗ pfarrer Kagerer. ;
— Zur Malzaufschlagsnovelle werden, wie die M. „Allg. Ztg.“ meldet, für die Ausschußberathung vorerst von einer Seite Anträge auf Erweiterung der Aufschlags— minderung um 1 46 bis zur Produktion von 2000 hl und . auf Ablehnung der Erhöhung für die Großbrauereien, erner Anträge auf weitere Minderung des Aufschlags für
die Kleinbrauereien bis auf 4 M für den Hektoliter und zu— gleich auf Erhöhung des Aufschlags für die Großbrauereien bis zu 7 6 für den Hektoliter vorbereitet.
Sachsen. Dresden, 14. Oktober. (Dr. Journ.) Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Johann Georg und Max sind heute früh nach Freiburg im Breisgau abgereist.
Württemberg. Friedrichshafen, 13. Oltober. Ihre Majestäten der König und die Königin empfingen gestern den Besuch Sr. Hoheit des Fürsten, Sr. Durchlaucht des Erb⸗ prinzen und Ihrer Königlichen Hoheit der Erbprinzessin von Hohenzollern, geborenen Prinzessin von Bourbon. Höchst⸗
90
dieselben kamen L achmittags 12142 Uhr hier an, nahmen bei Ihren z 14*stäten das Diner ein und fuhr Abends mittels obitrazuges nach Sigmaringen zurück. — . Nachmittag trafen Ihre Kaiserliche Hoheit die Prinzeffin Wilhelm von Baden mit ihrem Bruder, dem Herzog Geyr von Leuchtenberg, und dessen Gemahlin, geborenen Trin en von Montenegro, Kaiserlichen Hoheiten, von Schloß Kirchber aus zum Besuch bei Ihren Majestäten ein, nahmen an 36. Königlichen Tafel Theil und kehrten gegen Abend wieder nach Kirchberg zurück. — Gestern Nachmittag ist Se. Hoheit der Prinz Herrmann zu Sachsen-⸗Weimar von Baden Baden, wo er als Leiter der großen Armee-Herbstrennen zehn Tage geweilt hatte, wieder hier eingetroffen.
Stuttgart, 14. Oktober. (St.- A. f. W.) Gegenwärt; wird eifrig an der Einrichtung der elektrischen Bel euch des Königlichen Residenzschlosses gearbeitet. Die Draht dazu werden vom Maschinenhause des Hof-Theaters aus durch dieses geleitet. — An der Anfang November im Reichsamt des Innern stattfindenden Berathung der Vorschriften für Dampfkessel ꝛc. nimmt aus Württemberg Professor Ba uber Maschinen-Ingenieur⸗Fachschule des Polytechnikumz Theil.
Wie bei anderen Eisenbahnverwaltungen, schreibt der „St.-A. f. W.“, so hat sich auch in Württemberg in den letzen Jahren der Eisenbahngüterverkehr in einem Maße und so rasch vermehrt, daß der vorhandene Guͤter— wagenpark das Bedürfniß nicht mehr zu decken im Stande ist. Die Zahl der Güter-, Gepäck- und Viehwagen betrug im Jahre 1878 4898, hierzu wurden im Laufe des Jahres 1887s88 neu angeschafft 2715 Stück; es sind mithm im letzten und im gegenwärtigen Jahre verfügbar gewesen 5113 Wagen. Für die Etatsperiode 1889/91 ist die Anschaffung von 490 neuen Wagen vorgesehen und eingeleitet; deren Ablieferung hat auch bereits begonnen, sie wird aber vor nächsten Sommer nicht vollendet sein können. Schon im April d. J. wurden sodann von einer Wagenlesh— gesellschaft 113 Güterwagen gemiethet und in den Diens estellt; eine größere Anzahl von Miethwagen war nicht zu ekommen; neuerdings sind weitere Verhandlungen wegen An— miethung von Wagen eingeleitet worden.
Hefsen. Darmstadt, 14. Oktober. (Darmst. Zig) Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Ehristign zu Schleswig-Holstein traf mit den Prinzessinnen— Töchtern heute Vormittag, von Mainz kommend, hier ein. Ihre Königliche Hoheit reiste im Laufe des Nachmittags wieder ab, während die Prinzessinnen-Töchter hier verblieben.
Der Finanzausschuß der Zweiten Kammer wird am 17. d. M. eine Sitzung abhalten. Neben einer größeren Anzahl anderer Gegenstände stehen auch, wie der „Köln. Ztg.“ mitgetheilt wird, der Antrag des Abg. Dr. Sch röder und Genossen auf Uebernahme der Kosten der Volksschule durch den Staat und die Vorlage des Großherzoglichen Finanz⸗Ministeriums, die Erbauung von Nebenbahnen betreffend, auf der Tagesordnung.
Mecklenburg⸗ Schwerin. Ludwigslust, 14. Oktober. (Meckl. Nachr.) In Folge schlechten Wetters fand die für heute angesetzte Hofjagd nicht statt. Den Tag verbrachte Se. Majestät der Kaiser von Rußland im engeren Familienkreise. Heut? Abend 8 Uhr fand Tafel statt, an welcher der russische Botschafter Graf Schuwalsw und andere hochgestellte Personen theil nahmen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 14. Oktober. (Th. C.) Ihre Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin ist im besten Wohlsein in Castellamare eingetroffen und hat nach zweitägigem Besuch bei Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog am 10 die Reise nach Palermo fortgesetzt.
Am 16. und 17. d. M. wird in Eisenach eine Zusammen— kunft von Beauftragten der thüringischen Staatsregierungen behufs Verhandlung über die Bil dung einer gemeinschaft— lichen Invaliditäts- und Alters-Versicherungs— anstalt für die thüringischen Bundesstaaten statt— finden. Seitens des Großherzogthums werden an derselben theilnehmen: der Wirkliche Geheime Rath Dr. Freiherr von Groß, der Geheime Staatsrath Dr. Heerwart und der Regierungẽ— Rath Stier.
Oefterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. Oktober. (W. T. B) Die auf heute Abend anberaumte Abreise Sr. Majestät des Kaisers nach Meran ist in Folge der durch das Hochwasser eingetretenen Verkehrsstörungen verschoben worden.
Die außerordentliche Gesandtschaft des Sultans en ist heute Abend nach München abgereist.
Budapest, 14. Oktober. (Prag. Abdztg.) Der Ung. Post ; zufolge überreichte der Staatssekretär Tibad dem Minister des Innern Gesetzentwürfe über Verwaltungsgerichte und einen obersten Gerichtshof in Kompetenzfragen. Außerdem werden im Ministerium des Innern Gesetzentwürse über die Lokalpolizei und ein Normativ für die prak— tischen Verwaltungsprüfungen ausgearbeitet.
Dasselbe Blatt bemerkt anläßlich eines Artikels des Pariser „Temps“ über ein angebliches Gespräch des Minister⸗ Präsidenten von Tis za in Ostende, von kompetenter Stelle werde erklärt, der Minister⸗Präsident habe keine Gelegenheit gehabt, ein so langes politisches Gespräch zu führen. Bezüglich der Details müsse konstatirt werden, daß Tisza niemals Frankrei und dem französischen Volke feindlich gesin nt gewesen sei; er sei aber auch von Anfang an ein entschiedener Freund des deutsch-österreichischen Bündnisses ge— wesen und sei es noch heute, weil er dasselbe nicht nur im allgemeinen europäischen Interesse, sondern speziell auch im Interesse seines Vaterlandes gelegen halte. .
— 15. Oktober. (W. T. B.). Der Kaiser hat ein Handschreiben an den Kardinal Haynald gerichtet, in welchem er ihn anläßlich seines fünfzigjährigen Priefterjubi— läums beglückwünscht, seine segensvolle Thätigkeit anerkennt und dem Wunsche Ausdruck giebt, daß er noch lange eine Zierde der Kirche und des Landes bleiben möge.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 15. Oktober. (W. T. B.) Der Kriegs⸗Minister hat eine Ordre ver⸗ oͤffent lich, wonach in Ausführung des Kaiserlichen Befehls vom 18. Juni 1888 die Formirung zweier Artillerie—⸗ Mortier⸗Regimenter zu je vier Batterien angeordnet wird.
Italien. Palermo, 14. Oktober. (W. T. B.) Der
Minister-Präsident Crispi hielt heute bei einem
daß die Re⸗
Banket eine Rede, in welcher er hervorhob, habe, erstens
gierung einen zwiefachen Kampf auszufechten
auf dem Felde der nationalen Einheit und dann in Bezug auf die geistige Freiheit. Trotz der Klagen und Drohungen on Innen und von, Außen werde Rom italienisch und unantastbar bleiben. Die Regierung habe der girche die volle und unbeschränkte Ausübung ihrer religiõsen Befugnisse. zugesichert, vorausgesetzt, daß die⸗ selbe nicht in die Rechte der Nation übergreife. Alle Männer von gereiften Ideen müßten sich von den Verfechtern der Un— gronung, der nationalen Zwietracht und sozialen Zerrüttung trennen. Der Bruch der Handelsbeziehungen mit Frankreich abe sich unabhängig von dem Willen und von der Politik der ttalienischen Regierung vollzogen und sei die Folge eines von Frankreich angenommenen Systems, in Erwartung des Ablaufs her bezüͤglichen Bestimmungen des Frankfurter Vertrages, alle seine kommerziellen Beziehungen abzubrechen. Die mißlichen virthschaftlichen Verhältnisse Italiens seien übrigens nicht allein diesem Bruche zuzuschreiben. Die Differenzial—⸗ Tarife zwischen Frankreich und Italien würden aufgehoben verden, sobald das Parlament die Regierung dazu ermächtige; die ganze Welt müsse der Markt für Italien sein; übrigens fange die wirthschaftliche Lage bereits an, sich zu bessern. Frispi wies entschieden zurück, daß die auswärtige Po⸗ sitik Italiens von Größenwahn und Imperialismus ein— gegeben, daß sie servil oder herausfordernd sei. Treu den Grundsätzen der Tugend, denen Italien seine Wiedergeburt perdanke, werde es den jungen Nationalitäten beistehen, sich zu entwickeln, sich zu befestigen, die Herren ihrer Ge⸗ schicke zu bleiben. Es sei der Regierung gelungen, den von iner früheren Regierung ins Werk gesetzten mil itärischen Unternehmungen in Afrika einen wesentlich friedlichen Charakter zu verleihen. Ein Fürst, der Italien gegenüber nie sein Wort gebrochen habe, reiche ihm seine Hand; ein großes Königreich werde sich seinem Handel, ein unermeßliches Gebiet seiner Kolonisation eröffnen. Wie könne man die Politik der Re⸗ gierung servil oder herausfordernd nennen, eine Politik, die Italien zestatte, mit der ersten Seemacht der Welt, mit den größten Mächten des Kontinents auf gleichem Fuße zu verhandeln, ine Politik, welche den Kaiser Wilhelm nach Italien geführt habe und ihn jetzt zum zweiten Mal dorthin führe! — Die Rede Crispi's wurde häufig von lebhaften Beifallsbezeugun— gen unterbrochen, namentlich die auf Rom bezügliche Stelle rief großen Enthusiasmus hervor; am Schlusse der Rede brachte man dem Minister eine begeisterte Ovation dar. Das Banket wurde um 11 Uhr 30 Minuten auf— gehoben. 4] Senatoren und 140 Deputirte betheiligten sich an demselben; 160 andere hatten ihre Zustimmung zu der Politik Crispi's erklärt, indem sie gleichzeitig ihr Be— dauern ausdrückten, nicht persönlich gegenwärtig sein zu können.
Genua, 14. Oktober. (W. T. B.) Das aus sieben Schiffen bestehende permanente italienische Geschwader ist heute Nachmittag von Spezia hier eingetroffen und hat mit dem heute von San Remo eingelaufenen deutschen Geschwader Salutschüsse gewechselt.
Serbien. Belgrad, 14. Oktober. (W. T. B.) Die Skupschtina wird sich in den nächsten Tagen mit den Wahl— prüfungen beschäftigen; zu der dann stattfindenden feierlichen Eröffnung wird eine Botschaft der Regentschaft erwartet.
Der französische Gesandte Patrimonio ist von seinem Urlaube zurückgekehrt.
Die Einwanderung von 1200 Familien aus Nontenegro, welche als am 1.13. d. M. bevorstehend an— gekündigt worden war, ist thatsächlich noch nicht erfolgt; die diesbezügliche Kommission hat ihre Arbeiten, bei denen es sich darum handelt, eine so erhebliche Menge neuer Bewohner an— zusiedeln und zu vertheilen, noch nicht abgeschlossen.
Schweden und Norwegen. (F.) Stockholm, 12. Ok⸗ tober. Nach den Mittheilungen des Staatscomptoirs haben die Staatseinnahmen in den ersten drei Quartalen dieses Jahres betragen: Zölle 31 435 881 Kronen gegen 2168 338 Kronen, Branntweinsteuer 9408 213 Kronen gegen II 235 8483 Kronen, Staatseisenbahnen (an das Staats— Iomptoir abgelieferte Ueberschüsse) 4 800 000 Kronen gegen l 0900 Kronen oder zusammen 45 644 094 Kronen gegen E ö504 185 Kronen in der gleichen Zeit des Vorjahres.
. Dänemark. Kopenhagen, 14. Oktober. (W. T. B.) Die Königliche Residenz ist heute nach Kopenhagen verlegt worden. Der König und die Königin verließen mit der Kaiserin von Rußland und den Großfürsten um 3 Uhr Fredensborg. Die Kaiserin wurde am Bahnhofe von der zahlreich versammelten Menschenmenge mit lebhaften Hochrufen begrüßt. Die Kaiserin und die Großfürsten werden Kopenhagen morgen früh mit der „Derssawa“ verlassen.
— (F.) Auf der Tagesordnung des Folkethings stand am Sonnabend das von dem Abg. Grafen Holstein-Ledreborg, dem Führer der gemäßigten Linken, vorgelegte Finanzgesetz für 1889/90 zur ersten Berathung. Bei Beginn der Sitzung beantragte Graf Holstein-Ledreborg folgende Tagesordnung, welche mit 55 gegen 17 Stimmen angenommen wurde: „Indem das Folkething dem vorliegenden Entwurf den Uebergang zur zweiten Lesung versagt und dadurch das provisorische Gesetz rom 1. April 1889, betreffend die Einnahmen- und Ausgaben⸗ benilligun für das Finanzjahr 188990 verwirft, welches provisorische Gesetz nicht nur gegen 8. 49 des Grundgesetzes, sondern auch gegen dessen 5. 25 verstößt, geht es zur Tages⸗ ordnung über.“
Amerika. New⸗York, 14. Oktober. W. T. B.) Die internationale Konferenz der Seeuferstaaten tritt am Mittwoch, den 16. d. M. in Washington zusammen.
.
Zeitungsstimmen.
Zu dem Artikel des, Hamburger Correspondent en Der Reichskanzler und seine Gegner“, dessen wir in Nr. 242 des „Reichs- und Staats⸗Anzeigers“ an dieser Stelle Er— ung thaten, schreibt die ‚⸗Norddeutsche Allgemeine
1 ung“:
»Die Angaben in dem Hamburger Artikel enthalten jedenfalls werthvollere Anknüpfungspunkte für die dereinstige Geschichtsschreibung, Als die Kritiker von rechts und links zugeben wollen. In einer
insicht aber enthält der Artikel einen Irrthum, daß namlich die hjorität der Staats ⸗Minister in der Konseilsitzung vom 5. Juni 18 gegen die n gewesen wäre. In letzterer dissentirten tbatsãchlich nur drei itglieder des eigentlichen Staats. Ministeriums. er Irrthum mag dadurch veranlaßt, worden sein, daß außer en. Mitgliedern des Staats⸗Ministeriums auf Höchsten Befebl noch Porstaͤnde der Reichtämter und andere hohe eamte zu der Konseilsitzung , . worden waren. Im Uebrigen halten wir den Hamburger Artikel für einen dankenswerthen
Beitrag zur Klarstellung der Geschichte der Gegenwart und ihrer Genesis, und glauben nicht, daß sich sein Inhalt durch die einfache Behauptung, daß der Artikel Unrichtigkeiten enthalte, oder von sagen⸗ haften Komplotten“ rede, abtbun läßt. Einen weiteren Zweck als den der Feststellung von Thatsachen für künftige Geschichtschreibung vermögen wir für die Hamburger Veröffentlichung nicht auf— zufinden. Dieselbe bewegt sich auf einem Gebiete, auf welchem Behauptungen und Konjekturen bisher einen größeren Spielraum haben als feststehende Thatsachen. Den Eindruck aber, daß im Jahre 1878 die Initiative zu der Entfremdung zwischen der national liberalen Partei und der Regierung micht von letzterer ausgegangen ist, theilen auch wir. Dagegen balten wir die Annahme nicht für richtig, daß der Reichskanzler aus politischer Berechnung die Scei⸗ dung der Wege, welche damals eintrat, von langer Hand erstrebt
und ber beigeführt habe; rolitische Entschließungen von erheblicher
Tragweite und Wirkung pflegen überhaupt nicht Ergebnisse persön— licher Willkür zu sein, sondern ihre Kausalentwickelung aus Wirkung und Gegenwirkung verschiedener Strömungen und Kräfte zu entnehmen. Die Ziele der deutschen Politik waren damals die gleichen wie heute und wie seit einem Vierteljahrhundertt Die Mittel, ihnen näher zu kommen, bleiben aber bei Aenderungen der Umstände und bei wechselnder Haltung der Personen, auf deren Mitwirkung die leitenden Kräfte angewiesen sind, nicht immer dieselben.
Daß der Hamburger Artikel einen wunden Punkt berührt hat, beweist die gereizte Kritik, welcke bm aus dem fortschrittlichen Lager zu Theil wird, und die sorgliche Verschiebung der Begriffe von Ur— sache und Wirkung, von Zweck und Mittel. Die Kritik, welche der Artikel hervorgerufen hat, verstärkt für uns sein Gewicht, sowie den Wunsch nach Vervollständigung der darin gegebenen Andeutungen, wenn wir auch die thaisächlichen Informationen des Verfassers, wie schon erwähnt, nicht überall für zutreffend halten.“
Das „Vaterland“, Organ des kon servativen Landes⸗ vereins im Königreich Sachsen, spricht sich über das Kartell folgendermaßen aus:
Nicht aus irgend welchen untergeordneten Parteirücksichten, nicht aus klug abgezirkelter Berechnung. — aus dem innersten Willen der Nation ist das Kartell als eine historische That hervorgegangen. Und hierin liegt seine bohe Bedeutung für die Zukunft. Das Kartell ist hervorgegangen aus der Treue zum Königthum, es hat sich bewährt in diefer Treue, mit dieser Treue wird es fortbestehen! In dem festen Glauben an seine historische Mission stehen wir Konservativen Sachsens aber — unbeirrt durch Anfechtungen von rechts und links — unter der bewährten Führung unseres erlauchten Hauses Wettin mit unwandelbarer Treue allzeit zu Kaiser und Reich!“
Ueber das Schweine⸗Einfuhrverbot bringt das „Frankfurter Journal“ folgende orientirende Betrachtung: „Der Kampf um das Schweine-⸗Einfuhrverbot wogt noch immer mit unverminderter Heftigkeit auf und ab, und seitdem die Oppo— sitionsparteien die Frage der Lebensmittelvertheuerung zu ihrer Wahl parole gemacht haben, ist der Friede wieder in weite Ferne gerückt. Daß eine Fleischvertheuerung momentan und an vielen Orten ein— getreten ist, läßt sich ja leider nicht leugnen, daß dieselbe aber ledig⸗ lich durch das Schweine⸗Einfuhrverbot erfolgt fei, ist durch Zahlen schlagend widerlegt. Aber nicht nur auf falsche Behauptungen stützt sich der Kampf gegen das Verbot, sondern die Führer dieses Kampfes verkennen auch vollständig die Wirksamkeit und die Hauptursache des Verbots in rein wirthschaftspolitischer Beziehung. Bekanntlich besteht für unsere deutschen Grenzen nach Westen hin eine Sperre für die Ausfukr von lebendem Vieh, welche Seitens Eng— lands, Frankreichs und Belgiens durch das Auftreten der Viehseuchen in Deutschland motirirt wird. Besonders Nordost-Deutschland und bier wiederum hauptsächlich Schleswig-Holstein, welches bis zu dieser Sperre den englischen Markt mit schwerem Rindrieh und Schafen versorgte, wurde durch dieses Einfuhrverbot nach England schwer ge— troffen. Das ergiebt sich aus den amtlichen Zahlen der Ausfuhr. Es wurden ausgeführt in den ersten sieben Monaten des Jahres: 1888 1889 Schafe Ss 390 498 230 Rinder ; S6 715 12912 und in den Monaten August bis Dezember 1889 wird diese Ausfuhr gewiß noch ganz erheblich geringer sein. Auch die Erlaubniß, ge— schlachtetes Vieh in England einführen zu dürfen, wird den Rückgang des schleswig⸗holsteinischen Viehhandels nicht aufhalten können, da das Schlachten des Viehes, das Verpacken ꝛc6 den Hauptvortheil des Geschäfts vorweg nimmt. Das ganze Bestreben der deutschen Reichs regierung geht nun darauf hinaus, die englische Regierung zur Zurück- nahme des Einfuhrverbots zu bewegen. Diese letztere weist jedoch immer wieder auf das Auftreten der Maul. urd Klauenseuche in dem deutschen Osten bin und erklärt sich erst dann bereit zur Aufhebung des Verbots, wenn diese Seuchen gänzlich erloschen und die Heerde dieser Krankheiten unschädlich gemacht sind. Nun steht es aber fest, daß in Rußland, den Balkanländern und Ungarn die Maul- und Klauenseuche „endemisch“ ist, d. h, daß sie dort überhaupt nicht mehr auszurotten ist. Was ist da wohl natürlicher und gerechtfertigter, als daß sich Deutschland gegen diese Seuchenheerde absperrt, um somit unserem Viehexrvort für England, Frankreich und Belgien wieder freie Bahn zu schaffen? Diese Recht— fertigung sollte sich jeder klar machen, ehe er den Anklagen der Opposition sein Ohr leibt.“
Statistik und Volkswirthschaft.
Genossenschaftswesen.
Der Ausschuß der Vereinigung der Steuer und Wirth— schafts⸗Reformer hat soeben Musterstatuten für Genossen⸗ schaften mit beschränkter Haftpflicht herausgegeben, und zwar a für Absatz⸗Genossenschaften, b. Konsumrereine mit beschränkter Haftpflicht, C. Vöorschuß ⸗ und Kreditvereine mit beschränkter Haftpflicht. Im Anhang befindet sich die Bekanntmachung vom 11. Juli 1889, betr. die Führung des Genossenschaftsregisters und die Anmeldung zu dem— selben. Preis: Geheftet 1 66 (Verlag ron Franz Vahlen in Berlin W., Mohrenstraße 1314.) Den Statuten ist ein Vorwort des Grafen von Mirbach-Sorquitten, der bekanntlich seit einer Reihe von Jahren für die Zulassung der Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht eingetreten ist, vorausgeschickt. Es heißt darin:
„Bei den bestebenden Genossenschaften ist die unbeschränkte Haftpflicht jedes Mitgliedes mit seinem ganzen Vermögen ein gesetzliches Erforderniß. Bei voller Anerkennung des wirth⸗ schaftlichen Nutzens und der wirthbschaftlichen Bedeutung der bestebenden Genossenschaften wird man doch zugeben müssen, daß diese weitestgehende Haftung tbatsächlich recht sehr viele be⸗ mittelte Personen von der Betheiligung an den Genossenschaften ferngehalten hat, sehr zum Nachtheil der Entwickelung und der Ausbreitung unseres deutschen Genossenschaftswesens. Ein großes Ver mögen, das Resultat der Arbeit mehrerer Generationen, das der Eine ein ⸗ bringen soll, und die ganz geringen Mittel des Anderen, die Erspar⸗ nisse einer ganz kurzen Arbeitszeit, sind in der That sehr ungleiche Einsätze. Ferner: Für viele Arten von Genossenschaften, insbesondere in dem Gebiete der Landwirtbschaft, ist die sehr weitgehende Haft pflicht mit dem ganzen Vermögen durchaus unnoöthig. Was zunächst die Kredilgenossenschaften anlangt, so mag für große Kreditgenossenschaften, insbesondere städtische, die Haftpflicht jedes Genossen mit seinem ganzen Vermögen recht rütz lich sein, für kleinere ländliche Kreditgenossenschaften ist sie nach meiner Ueberzeugung entbehrlich. Ländliche Kreditgenossenschaften, die in den östlichen Distrikten Deutschlands sich zweckmäßig auf den Raum etwa eines Kirchspiels, in den westlichen auf den einer oder mehrerer Gemeinden zu beschränken hätten, werden mit relativ ge— ringen Summen dem berechtigten Bedürfnisse persönlichen Kredits der kleinen Grundbesitzer, der Handwerker genügen können. Die Haft— summen der bemittelten Genossen werden solchen Genossenschaften
eine sehr sichere Kreditunterlage und dadurch billigen Kredit bei Geld Institaten, also in erster Reihe bei der Reichs bank verschaffen. Gerade diese sehr wirksame und für den Genossen selbst ungefährliche, weil festbearenzte, Bürgschaft dürfte die Aufgabe erfüllen, die Mittel der Reichs⸗ bank den kleinen und kleinsten Kreditbedürftigen zuzuführen. — Einem direkten Geschäftsverkehr der Reichsbank mit denselben stehen me nes Er—⸗ achtens unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Zweifellos ent— behrlich ist die Haftpflicht mit dem ganzen Vermögen bei allen anderen genossenschaftlichen Vereinigungen, die in dem wirthschaft— lichen Leben der Landwirthschaft eine Rolle spielen, wie Ver einigungen zum Ankauf oder zum Verkauf bestimmter Erzeug— nisse, Vereinigungen zum Zweck gemeinschaftlicher Herstellung von Produkten, z. B. Molkereigenossenschaften, Vereinigungen zur Ausführung von Meliorationen u. s. w. Es handelt sich bei diesen Genossenschaften um die Aufbringung fest⸗ begrenzter Mittel. Soweit die Einzahlungen der Geschäfts—⸗ antbeile dazu nicht hinreichen, wird der erforderliche Kredit durch die Haftsummen der Genossen sichergestellt. Gerade diesen „Wirtbschafts⸗Genossenschaften' wird durch die gesetzliche Zulassung der beschränkten Haftpflicht ein weites Feld segensreicher Thätigkeit eröffnet. Nothwendig ist es freilich, daß sich Männer finden, welche es sich angelegen sein lassen, solche Genossenschaften ins Leben zu rufen und die ihre Kraft deren Leitung und Verwaltung widmen.“
Kunft und Wissenschaft.
Die Königliche Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität hier— selbst vollzog heute Mittag in feierlichem Festakt in der Aula die Uebergabe des Rektorats. Unter dem Gesange des 10658. Psalms zogen der akademische Senat und die Dozenten unter Vorantritt der in rothe Scharlachmäntel gekleideten Pedelle in den Saal. Nach dem Gesang betrat zunächst der bisherige Rektor, Geheime Rath Dr. Gerhardt, die Tribüne zur Erstattung des Berichtes über die Entwicklung der Universität. Der neue Rektor, Geheime Justiz⸗Rath Professor Br. Hinschius leistete hieraaf den Eid, wurde mit den Insignien seiner neuen Würde bekleidet und hielt darauf seine Antritts⸗ rede über Suarez. Gesang schloß die Feier.
— Ein Denkmal für die beiden Kaiser Wilbelm J. und Friedrich wird der „Elberfelder Ztg. zufolge in Mörs errichtet werden. Die Enthüllung soll am 18. Januar k. J. erfolgen.
— Die neuen Modelle für ein Kaiser Wilhelm⸗Denkmal in Mannheim sind jetzt in einigen Sälen des Großherzoglichen Schlosses daselbst zur allgemeinen Besichtigung ausgestellt. Bekanntlich ist das Preisrichter Kollegium nicht in der Lage gewesen, bei der ersten Konkurrenz irgend ein Modell zur Ausführung zu empfehlen; es wurden dagegen verschiedene Preise zuerkannt, von denen zwei an die Bildhauer Heer und Moest sowie an Baudirektor Durm nach Karls— rube vergeben wurden. In einer neuen engeren Konkurrenz sind jetzt sieben neue Modelle von Hoffarth und Heß München, Eberlein, Calandrelli und Kruse aus Berlin und Heer und Moest aus Karls— ruhe ausgestellt.
Handel und Gewerbe.
Einer Verfügung des niederländischen Finanz— Ministers vom 27. September d. J. zufolge, haben Miß— bräuche bei der Einfuhr von Velocipeden insofern statt— gefunden, als die letzteren von Händlern unvollständig bezw. in Theile zerlegt eingeführt warden sind, damit Behufs Er— zielung eines niedrigeren Zolles ein geringer Werth angegeben werden konnte. Die niederländischen Zollbeamten sind deshalb angewiesen worden, diesem Mißbrauch künftig zu steuern. — Nach glaubhafter Mittbeilurg, welche den Aeltesten der Kaufmaͤnnschaft von Berlin zugegangen ist, sind in Serbien in jüngster Zeit nachstehend bezeichnete Konkurse zur Ausschreibung ge— langt: 1) Auta Stanojevie, Handelsmann in Paraein — Anmeldung bis 10. u 11. Oktober 1889 (28. u. 29 September 1389 a St.) beim Kreisgericht in Cuprija, Liguidationstermin am 11. Oktober (29. September 1889) 2) Buchdruckerei der Fortschrittspartei in Belgrad — Anmel⸗ dung bis 5. November (24. Oktober) 1889 beim Handelsgericht in Belgrad, Liquidationstermin am 11. November (30. Oktober) 1889.
Submissionen im Auslande.
Spanien. Diputacion provincial 24 Trollwagen
20. November. de Obras del puerto. 2400 Pesetas
Näheres an Ort und Stelle.
de Valencia, Junta (vagonetas):. Kaution
Verkehrs ⸗Anstalten.
Bremen, 15. Oktober. (W. T. B.) Der neu erbaute Centralbahnhof ist heute Morgen dem Verkehr übergeben worden. Die ersten ein. und ausfahrenden Züge waren festlich ge⸗ schmückt. Eine große Menschenmenge war anwesend.
Hamburg, 14. Oktober. (W. T. B) Die Postdampfer Gellert und Italia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt ⸗ Aktiengesellschaft sind, von Hamburg kommend, heute Morgen in New-⸗Jork eingetroffen.
London, 14. Oktober. (W. T. B.) Der Ca stle⸗ Dampfer Dum bar⸗Castle“ ist am Sonnabend auf der Heimreise in London angekommen. Der Castle Dampfer „Norham⸗ Castle“' hat beute auf der Ausreise Lissabon passirt.
— 14. Oktober (W. T. B.) Der Dampfer der Staaten Linie State of Nebraska“ ist zur Ausbesserung des Schadens nach Greenock gebracht worden.
Kopenhagen, 15. Oktober. (E) Die Staatsbahnen hatten im ersten Quartal dieses Finanzjahrces eine Einnahme von 3 93298 538 Kro— nen gegen 4010 808 Kronen in der gleichen Periode des vorigen Finan jahres. — Am 16. d. M. wird auf Hanstholmen am Skagerak in dem umgebauten Leuchtthurme das elektrische Licht in Anwendung kommen. Die sehr kräftige Beleuchtung wird ein sogenanntes Grupvenblinkfeuer, das alle zehn Minuten drei kurz auf einander folgende kurje Blinke mit weißem Schein jeigen wird. Gleichzeitig mit dem elettrischen Licht wird eine Warnungsstation in Thatigkeit treten, die aus zwei großen Sirenen besteht, welche auf dem hohen Küstenrtande in 2200 m Entfernung von einander errichtet sind. Jede Sirene giebt in der Minute ein aus drei Stößen bestehendes Signal.
Theater und Musik.
Philharmonie.
Das erste der von Dr. Hans von Bülow geleiteten Phil— barmonischen Concerte fand gestern bei ausverkauftem Hause stait. Es begann mit dem Vorspiel zu den Meistersingernꝰ von R. Wagner, das die Kapelle präzis und schwungvoll ausführte, wenn auch das Tempo mit Rücksicht auf die Beziebung dieses Vorsxiels zur Oper etwas zu schnell erschien Das Hauxtinteresse des Abends bot das hierauf folgende Klavierconcert von Brabms (op. 83) in B- dur, das hier erst einmal, und zwar vom Komponisten selbst vor einigen Jahren exekutirt worden ist. Es ist unter allen Kompositionen der nord⸗ deutschen Schule dasjenige Werk dieser Gattung, das dem Höhevunkt des bis jetzt unerreichten Es-dur-Concertes von Beethoven am meisten sich näbert. Einer Sinfonie ähnlich, aus vier Sätzen bestebend, fesselt sozleich der erste derselben durch seine breit angelegten Motive, seine markigen Rhythmen und seine klare, fließende Art der Durchsfübrung. Der zweite Satz, ein Allegro appassionato, ist dem Inhalt und der Form nach mabr ein Scherzo zu nennen und macht durch sein heiteres Hauptmotiv und die liebliche Melodie seines Seitensatzes eine ent zückende Wirkung. Ernst und düster erklingt in Andante die dem