1889 / 253 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Oct 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Ratibor, Fr. Manecke, Stabsarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Hamburg, Pr. Toeplitz, Stabsarzt der Landw. 2 Aufgebots vom Landw. HYezirk J Breslau, Pr. Su ther. Assist. Arzt J. Kl der Res. vom Landw. Bezirk Jüterbog, diesem als Stabsarzt, Dr. Riedel, Assist. Arzt L Kl. der Landw. 2. Aufgebots vom Landw. Bezirk 1 Berlin, Dr. Hartwich, Assist. Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw. Bezirk Reuffadt, der AÄbschied bewilligt. Pr. Heinz, Assist. Arit 2. Kl. dom Inf. Regt. von Horn (3. Rhein.) Nr. 29, Pr. Lutz, Assist. Arzt 2. RI. vom Hess. Feld⸗Art. Regt. Nr. 11, Beide unter Uebertritt zu den Sanitätsoffizieren der Referde, Jahn, Marine ⸗Assist. Arzt 1. Kl. von der Narine⸗Station der Ostsee, dieser unter Uebertritt zu den Sanitätsoffizieren der Seewehr 1. Aufgebots, aus dem aktiven Sanitãtẽ corps ausgeschieden.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Oktober. Ueber die Abreise , Majestäten des Kaisers und der Kaiserin von enua berichtet W. T. B.“: ; Se. Majestat der Kaiser Wilhelm, Ihre Majestät die Kaiserin und Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich ver⸗ ließen gestern Vormittag um 1I9 Uhr 15 Minuten an Bord Sr. Majestät Schiffe „Kaiser“, „Hohenzollern und „Irene“ unter dem Donner der Geschützfalven des italienischen Ge⸗ schwaders und der Forts den Hafen zur Fahrt nach Athen. In dem Augenblick, als sich die. Schiffe in Bewegung setzten, hißten sämmtliche Schiffe des ita⸗ lienischen Geschwaders und alle Handelsschiffe die Flaggen. Sr. Majestät Schiff „Kaiser“ salutirte mit 21 Kanonen⸗ schüssen die Stadt; ebenso grüßten die deutschen Schiffe das italienische Geschwader, als sie dieses passirten, unter Salven und Hurrah der Matrosen sowie dem Gesange der National⸗ hymne. Die Kaiserlichen Majestäten grüßten unausgesetzt die auf den Suaig zahlreich verfammelte Menschenmenge. Vor Abfahrt der Schiffe hatte der Hafen Kommandant die Ehre, Ihrer Majestät der Kaiserin einen Blumenstrauß zu über⸗ reichen. Das Meer war bewegt.

Heute traten die vereinigten Ausschüsse des Bundes⸗ raths fuͤr Handel und Verkehr und für Rechnungswesen zu einer Sitzung zusammen.

Der Staatssekretãr, Staats⸗Minister Graf Bis marck ist, dem „W. T. B.“ zufolge, in der vergangenen Nacht in Brin disi eingetroffen und hat sich mit dem ganzen 40 Per— sonen zählenden Gefolgs Sr. Majestät des Ka isers und Königs heute Morgen nach dem Piräus eingeschifft.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Zoll⸗ und Steuerdirektor Golz ist hier eingetroffen.

Der Herzoglich braunschweig-lüneburgische Bevoll— mächtigte zum Bundesrath, Vorsitzende des Staats- Ministeriums, 1 Geheime Rath Dr. Otto, ist von Berlin wieder abgereist.

S. M. Fahrzeug „Loreley“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän von Henk, ist am 21. d. M. im Piräus ange— kommen.

In der Ersten Beilage des „Reichs- und Staats— Anzeigers“ wird ein Privileg ium wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Kreis-Anleihescheine des Kreises Löbau im Betrage von 345 300 M veröffentlicht.

Bayern. München, 22. Oktober. (W. T. B.) Die von allen Mitgliedern der Centrumspartei, auch von Bucher und Ritkler, unterschriebenen kürchenpolitischen An⸗ träge gehen dahin: den Regenten zu bitten, das Ministerium u der Erklärung anzuweisen, daß das Placetum regium fich auf Glaubens- und Sittenlehre nicht erstrecke, ferner den altkatholischen Centralverein als eine von der katho— lischen Kirche verschiedene Religionsgesellschaft zu behandeln, und im Bundesrathe dahin zu wirken, daß die Wirksamkeit des Jesuitengefetzes vom 4. Juni 1872 auf die Redempto risten zurückgenommen werde.

Württemberg. Ludwigsburg, 20. Oktober, (St.⸗A. f. W) Se; Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm begab sich heute Nachmittag in das hiesige Amtsgerichtsgefängniß und sprach etwg eine Viertelstunde mit der Person, die . einen Revolverschuß auf Höchstdenselben abgegeben atte.

Ueber das Attentat auf den Thronfolger wird dem „St. A. f. W.“ aus Ludwigs burg noch geschrieben;

„Der Schuß war von außen am Zaun auf der Seite des Marienwegs uber das unterste Gebüsch weg in den Garten abgefeuert worden, als der Wagen mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm und der Prinzessin Pauline am Arjutanturhäuschen vorüber fubr. Die Kugel hat man nicht gefunden. Der Prinz fuhr weiter zur Kirche. Sein Adjutant, Jäger, Kammerdiener und einer der Posten vor Marienwahl verhafteten den Verbrecher, der einen Flucht versuch machte, aber dann, den Revolver mit noch 5 Schüssen in der Tasche, sich ruhig fassen und auf die Schloßwache führen ließ, wo das erste Protokoll aufgenommen und er dann um 103 Uhr in das Amtsgerichtsgefängniß übergeführt wurde, begleitet von einer entrüsteten Menge. Am liebsten hätte man annehmen mogen, es sei die That eines Verrückten; aber den Eindruck macht der Mensch keineswegs. Schon lange trug er sich mit dem Gedanken, seit er in einem baverischen Blatt gelesen habe, der württembergische König wolle die katholische Linie von der Thronfolge ausschließen. Am Sonnabend trieb er sich in der Nähe von Marienwahl herum, ertundigte sich nach dem Prinzen und der Frau Prinzessin fragte, wann er von der Jagd heimkomme ꝛc, dann Übernachtete er in Eglosheim, um am Sonntag Morgen auf der Lauer zu steben zu der Stunde, wo der Prinz die Gewohnheit hat, zur Kirche zu fahren. Auch dem Prinzen, der ihn im Gefängniß aufsuchte, erwiderte er ruhig, daß er gegen seine e on gar nichts habe, er wolle nur einen latholischen König in Württem⸗

erg; er habe auch keine Mitwisser, es sei sein eigener Entschluß gewesen.

Au weitere Fragen schwieg er, namentlich schien ihn die Frage des Prinzen J beugen, ob ihm denn nicht der Gedanke gekommen sei, er könnte ein unschuldiges Kind treffen. Der Prinz hat in Allem vollkommene Seelenruhe bewahrt, und kein Tropfen Bitterkeit ist in sein Herz gekommen, gewiß der Einzige hier und überall, obwohl er zum Opfer ausersehen war. Viele Gott sei Dank. sind zum Himmel gestiegen und viel Theilnahme und Liebe hat dem Prinzen gehuldigt. Es war den ganzen Nachmittag eine Wallfahrt nach Marienwahl, wo viele das Herz trieb, sich einzuschreiben, die das sonst nicht gewöhnt sind.

Noch am Abend kam ein Telegramm von Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Charlotte, die ties erschüttert ist; ebenso von den Königlichen Majestäten und Glückwünsche von allen Seiten. Der . auswärtige Gratulant soll Fürst Bismarck

von Friedrichsruh gewesen sein. Auch Se. Majestät der Kaiser und die Käiferin haben von Monza aus ihren berzlichen Glück= wunsch und Jank für die göttliche Bewahrung ausgesprochen. Möge das traurige Greigniß ein neuer Kitt sein, der die Herzen Württem bergs mit feinem Fürstenhaus um so inniger, verbindet !

Wie dem „Sberschwäb. Anzeiger aus Ludwigsburg vom 21. Oktober ,, wird, hat der Thäter in dem letzten Verhör, welches er in Gegenwart des Justiz⸗Ministers von Faber und des Ersten Staatsanwalts Br. Elben aus Stuttgart vor dem ö Amtsrichter Walter, zu bi dn hatte, alle zuerft gemachten Angaben widerrufen und simulirt Geistesstörung. Verschiedene Umstände lassen jedoch darauf schließen, daß der Verbrecher nicht ge i st es⸗ gestört ist, sondern den Plan reiflich überlegte und Mit⸗ wiffer hat; dringende Verdachtsgründe sollen dafür sprechen, daß er Anarchist ist. ;

Aus Stuttgart, vom heutigen Tage, berichtet W. T. B.“ In der Person' dessenigen, der auf den Prinzen Wilhelm schoß, ist nunmehr der 35 jährige Gerber Martin Müller aus Winnenden, wohnhaft in Oethlingen bei Kirchheim unter Teck, ermittelt und fest gestellt. Derselbe arbeitete im vorigen Jahre in einer Lackfabrik zu Um und gab nach Aus— sage seiner dortigen Nebenarbeiter schon damals Beweise von

Geistesgestörtheit.

Sachsen⸗ Coburg Gotha. Coburg, 22. Oktober. (Cob. Ztg. Der Landtagsausschuß für das Herzog⸗ thum Coburg ist auf den 28. d. M. hierher einberufen worden.

Hamburg, 23. Oktober. (W. T. B.)) Die Gesandt⸗ schaft des Sultans von Zanzibar ist heute nach London abgereist.

1.

ener, Wien, 2. Oktober. (Wien. Ztg.) Laut einer Kaiferlichen Entschließung vom 2. d. M. soll mit dem 1. Januar 1899 ein drittes Bataillon bei dem Eisenbahn⸗- und Telegraphen⸗Regim ent aufgestellt werden. Der Reichs⸗Kriegs-Minister, FJ M. Freiherr von Bauer hat in Folge dieser Allerhöchsten Ent chließung die ur Durchführung derselben nöthigen Verfügungen im Wege arif, Verordnungen ergehen lassen. .

Budape st, 22. Oktober. (W. T. B) Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Baroß, gab heute im Finanzaus⸗ schusse des Unterhauses über den auf den Staats—⸗ bahnen eingeführten Zonentarif die Erklärung ab, daß vom 1. August bis 16. Oktober die Zahl der Reisenden um 116, Millionen, die Einnahmen in demselben Zeitraum 147 000 Fl. mehr betragen haben. Das Resultat ist im Monat September ein noch günstigeres als im August.

In der gestrigen Sitzung des ungarischen Re ich s⸗ tages wurde, wie die „Presse“ meldet, der Bericht der ungarischen Regnicolar-Deputa tion über den zwischen Ungarn und Kroatien geschlossenen finanziellen Ausgleich vorgelegt. Die Gesetzesvorlage ist im Wortlaut identisch mit jener, welche der kroatisch⸗slavonische Landtag am 18. d. M. acceptirt hat.

25. Oktober. (W. T. B.) In der Konferenz der Unabhänssgkeitspartei zeigte Jranyi an, er werde bean⸗ tragen, daß der Landes vertheidigungs⸗HMinister Fejervary wegen seiner in der Mono'er Fahnenaffaire abgegebenen Erklärungen in den Anklagezu stand versetzt werde.

Großbritannien und Irland. London, 22. Oktober.

A. 5 Die Berathungen in Hawarden zwischen Mr.

ladstone und den übrigen ö der liberalen Partei fanden gestern nach mehrtägiger Dauer ihren Ab⸗ schluß. Mr. Gladstone begiebt sich heute nach Southport, um morgen bei einer liberalen Kundgebung, daselbst eine Rede zu halten, der in politischen Kreisen mit großer Spannung entgegengesehen wird, da in derselhen voraussicht⸗ lich ein ergänztes Programm der liberalen Partei das Licht der Oeffentlichkeit erblicken wird.

Ueber die Thätigkeit des Hauses der Gemeinen in der verfloffenen Parlamentssession theilt der neue. Hansard“ interessante Einzelheiten mit. Es fanden danach in der letzten Session 122 Sitzungen statt, welche im Ganzen 1043 Stunden dauerten; die längsten Sitzungen waren die am 27. und 28. August, an welchen Tagen das Haus um 3 Uhr Nachmittass zusammentrat und über 13 Stunden tagte. 1625 Reden wurden von Mitgliedern der Regierung und 565 von früheren Ministern gehalten. Der Sprecher sprach 497 und der Vije - Sprecher 280 Mal. Außerdem wurden 5187 Reden von Priratmitgliedern gehalten, was im Ganzen 8545 Reden ausmacht. Die Gefammtzahl der Anfragen während der Session war 5745, welche, wenn man für Frage und Antwort nur eine Minute berechnet, 69 Stunden oder 13 Tagessitzungen von je 8 Stunden Dauer in Anspruch nahmen. Im Laufe der Session wurden 339 Vorlagen eingebracht, größtentheils von Privatmitgliedern Viele erreichten nicht einmal das Stadium der zweiten Lesung. Im Ganzen wurden 118 neue Gesetze der Gesetz Sammlung hinzugefügt.

, , und Polen. St. Petersburg, 23. Oktober. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin trafen gestern

von Gatschina hier ein, um in der Kasan'schen und Peter⸗ Pauls-Kathedrale Andachten zu verrichten und statteten

darauf dem Großfürsten und der Groß fürstin Konstantin in Pawlowsk einen . ab.

Der neuernannte türkische Botschafter Hus ni Pascha ist gestern hier eingetroffen. .

Nachstehender Depeschenwechsel zwischen dem preußi— schen Kaiser-Alexander⸗Garde-Grenadier⸗-Regi⸗ ment und, dem russischen Infanterie⸗Regiment Wyborg wird vom „Russky Inwalid“ veröffentlicht:

Nowgorod, dem Commandeur des Wyborgschen Infanterie⸗ Regiments Obersten Zerpizki. Das Alexander ⸗Regiment, beehrt durch die Gegenwart seines erhabenen Chefs, sendet dem Wborgschen Regiment seinen kameradlichen Gruß. Oberst von Rauchhaupt.“

Die Antwort lautete: Berlin, dem Obersten von Rauchhaupt. Das Wyborgsche Regiment Kaiser Wilhelm, gerührt durch das kameradschaftliche Gedenken des Regiments Kaiser Alexander III. trinkt die Gesundbeit des rubmreichen Grenadier⸗Regiments, wobei es mit dem Gefühle warmer Dankbarkeit sich der Anwesenheit seines erhabenen Chefs inmitten des Regimentz im vergangenen Jahre und seiner beständigen n Gnadenbeweise für das mir anvertraute Regiment erinnert. Oberst Zerpizki.“

Schweiz. Bern, 22. Oktober. (W. T. B.) Die vom Bundesrath am 30. August gegen die Urheber und Ver⸗ breiter des Manifestes der schweizer Anarchisten eingeleitete strafrechtliche Untersuchung ist nunmehr ab⸗ geschlossen. Der Untersuchungsrichter Favey und der für diese , . ernannte Bun desanwalt Stock⸗ mar stellen den Antrag: in Anklagezu stzand zu versetzen und den Bundes⸗Assisen zur Aburtheilung zu üͤberweisen Albert

Nicolet aus La Ferrisre (Bern) gegenwärtig in Chaux de Fond, Felix Niklaus Darbelay aus Liddes (Wallis) gegen⸗ wärtig in Lausanne, und Ferdinand Haenzi aus Günsberg (Solothurn) gegenwärtig in Basel, und zwar den erstgenannten als Urheber des Anarchisten⸗Manifestes, die beiden Letzteren als Theilnehmer. Der Bundesrath hat sich mit diesen Anträgen ein verstanden erklärt.

Belgien. Brüssel, 22. Oltober. (W. T. B.) Prinz Ferdinand von Coburg ist heute Morgen 6 Uhr von aris hier eingetroffen und im „Hotel Flandre“ abgestiegen. Um 2 Uhr machte der Prinz dem Grafen von Flandern seinen Besuch, den dieser alsbald erwiderte, Um 5 Uhr 35 Minuten trat der Prinz die Rückreise durch Deutschland an.

Griechenland. Athen, 23. Oktober. (W. T. B. Der König und die Königin von Dänemark sin gestern Nachmittag hier eingetroffen. Der König und Lie Königin von Griechenland waren den dänischen Majestäten bis Korinth entgegengefahren. Der Bürger⸗ meister von Athen hielt auf dem Bahnhofe eine Bewillkomm⸗ nungtzansprache, und die versammelte große Volksmenge be⸗ grüßte die hohen Gäste mit lebhaften Zurufen. Die Stadt hatte festlichen Flaggenschmuck angelegt. .

25. Oktober. (W. T. B.) Der Prinz von Wales mit seinem Sohne, dem Prinzen Albert Victor, ist heute hier eingetroffen und von dem König Georg und allen Mit⸗ gliedern der Königlichen Familie mit großer Feierlichkeit empfangen worden.

Dänemark. Kopenhagen, 22. Oktober. (W. T. B.) Der Fin anz-Minister hat im Folkething heute eine Vorkage eingebracht, nach welcher eine Biersteuer von 7 Kronen per Tonne oder 2 Oere per Halbflasche erhoben werden soll. Der Minister führte aus, daß sich der Ertrag aus dieser Steuer auf ca. 11 Millionen belaufen werde, wovon 4M. Millionen, mit etwa 2 Kronen per Kopf, unter die Kom⸗ munen vertheilt werden würden. Bei Annahme des Gesetzes würde er eine Zollreform beantragen, nach welcher der Kaffeezoll ermäßigt, der auf Wein und Spirituosen aber erhöht werden solle.

Amerika. New⸗York, 22. Oktober. W. T. B.) Ein Telegramm aus Guatemala meldet, daß der Kongreß von Central-Amerika die Grundlagen für eine Ver⸗ einigung der Staaten Central-Amerikas angenommen habe.

Afrika. Zanzibar, 23. Oktober. (W. T. B.) Der Reichs-Kommissar Hauptmann Wißmann hat die in Usa—⸗ rama eingefallenen Aufständischen bei Somwe ge⸗ schlagen und ihnen einen Verlust von 30 Todten beigebracht.

Nach zuverlässigen Nachrichten, welche dem Reichs⸗Komm issar Hauptmann Wißmann zugegangen sind, werden Emin Pascha und Stanley, in Begleitung des Italieners Eafati und von sechs Engländern, Ende November in Mpwapwa innerhalb der deutschen Interessen sphäre erwartet.

*

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (2.) . des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. von Boetticher sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kom⸗ missarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Wahl der Präsidenten und Schriftführer.

Bei der Wahl des Ersten Präsidenten wurden nur 195 Stimmzettel abgegeben, das Haus war also nicht be⸗ schlußfähig und die Sitzung mußte ab gebrochen werden. Die nächste Sitzung mit der gleichen Tagesordnung wurde auf Donnerstag, den 24, Nachmittags 1 Uhr, anberaumt.

(Weitere „Parlamentarische Nachrichten“ s. Beilage.)

Zeitungsstimmen.

Die Rede, mit welcher im Allerhöchsten Auftrage der Staatssekretär des Innern Dr. von Boetticher gestern den Reichstag eröffnete, wird heute von den Blättern zum Gegen⸗ stand von Erörterungen emacht. .

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ führt hierbei Folgendes aus:

„Mit lebhafter Befriedigung wird die feste Versicherung der Threnrede aufgenommen werden, daß die persönlichen Beziehungen, welche Se. Majestät der Kaiser mit den Herrschern befreundeter und verbündeter Nachbarländer im letzten Jahre gepflogen hat, dazu ge⸗ dient haben, im Auslande das Vertrauen auf die ehrliche Friedens liebe der deutschen Politik zu befestigen. Wenn von höchster Stelle der Glaube als berechtigt bezeichnet wird, daß der Friede der europäischen Welt auf der Grundlage der bestehenden Verträge mit Gottes Hülfe auch im nächsten Jahre erhalten werde, so wird das deutsche Volk mit besonderer Dankbarkeit der erfolgreichen Bemühungen seines Kaiser⸗ lichen Herrn um die ungestörte Fortdauer der wirthschaftlichen Arbeit und die nicht gehemmte Entfaltung der Kräfte der Nation gedenken.

Im Uebrsgen enthält die Thronrede die Ankündigung einer Reihe von Gesetzentwürfen, deren Vorlage bereits bekannt war oder gemuth⸗ maßt werden konnte Die Erbaltung des Friedens ist nur möglich, wenn die deutsche Wehrkraft fich auf der Höhe erhält, die sie Dank der Bewilligungen der nationalen Mehrheit des Reick stages erreicht hat. Die stetig fortschreitende militärische Entwickelung der Groß⸗ mäͤchte Europas macht jedoch einen Stillstand in dieser Richtung unmöglich, und so wird denn, wie die Thronrede bervorhebt, die Mit wirkung des Reichztages in Anspruch genommen werden, um die Tüchtigkeit und Schlagfertigkeit des Heeres den Verhälmissen ent⸗ sprechend auszugestalten. ;

Daß der Reichstag in dieser , es nicht an der patriotischen Gesinnung, die ihn in früheren essionen beseelt hat, fehlen lassen wird, darauf darf man bei seiner Zusammensetzung fest vertrauen, und so werden denn die erforderlichen Mittel sowohl für das Heer als die Marine in ausreichender Weise zur Verfügung gestellt werden. damit den auf Erhaltung des Friedens gerichteten Bestrebungen des 6 und seiner Verbündeten der nothwendige Nachdruck gegeben werde.“

Weiter bemerkt die „National⸗Zeitung“:

„In der auswaͤrtigen Politik hat man gelernt, mit kurzen Daten zu rechnen, und die Thronrede schließt sich diesem vorsichtigen Ge⸗ brauch an, indem sie ihre Berechnung der Zukunft auf die Aussichten des nächsten Jahres beschränkt. Diese Zurückhaltung kann indessen die Bedeutung der Momente nur erhöhen, welche von der Thronrede fur die verstärkte Friedenszuversicht, die aus ibr spricht, angeführt werden. Die persönlichen Beziehungen, welche der Kaiser mit den ie er, befreundeter und verbündeter Nachbarreiche gepflogen hat, aben nach den positiven Versicherungen der Thronrede ein in hohem Grade erfreuliches Resultat ergeben.“

y. schreibt der Reichsbote“: Mit besonderer Freude wird man es überall begrüßen, daß die Thronrede in so hervorragender Weise die friedliche Lage betont. Fir und die Welt, so weit ihr an der Erhaltung des Friedens legen ist, haben das vor Allem den Bemühungen unseres Kaisers, einem freundlichen Entgegenkommen gegen die Herrscher unserer achbarländer zu verdanken. Wir können Alle nur wünschen, daß Hott diese hochherzigen Bemühungen unseres geliebten Kaisers auch semerhin und auch auf seiner Reise in den Orient segnen wolle!“

; In einer Besprechung des, Hannoverschen Couriers“ eißt es: ö Die Verträge bilden die Grundlage des heutigen Staaten⸗ ssstems und zu ihrer Sicherung bringt das deutsche Volk ungeheure SFpfer für die höchste Vervollkommnung seiner Vertheidigungskräfte.

dem Augenblick, wo wir nachlassen, die Wehrkraft zu Lande und ä Waffer nach jeder Richtung hin zu vervollkommnen, wird der Muth uanserer Feinde herausgefordert, die Verträge zu zerreißen, durch welche das Deutsche Reich in seiner gegenwärtigen Gestaltung von Curopa anerkannt worden ist. Das mögen Alle sich wohl bedenken, velche ohne Rücksicht auf die europäische Gesammtlage immer von steuem in dem Volke den Glauben zu erwecken suchen, daß es unge rechtfertigt von den deutschen Regierungen sei, fortgesetzt Forderungen jur Erl hung unserer Wehrkraft vor den Reichstag ju bringen. Freuen wir uns des gesicherten Friedens und halten wir daran fest, kaß, um ihn dauernd zu wahren, die beste Gewähr bei einem allzeit schlagfertigen und kriegstüchtigen Heere rubt.“

Schließlich führen wir an, was die Kölnische Zei⸗ tung“ über die militärischen Forderungen sagt:

Was die Forderungen für Heer und Marine angebt, so sind wir vollkommen überzeugt, daß die militärischen Berather des Kaisers bei der Aufstellung ihres Programms wie bei dem Tempo der Durch; führung desselben die politischen und finanziellen Rücksichten nicht uz den Augen verloren haben. Wir überlassen gern den politischen Kindern die wunderliche Vorstellung, als ob ernste und patriotisch gesinnte Männer von einer verhängnißvollen Nei⸗ zung., Geld in Soldaten, Festungswerke und strategische Eisen⸗ ahnen zu verwandeln, vorwärts getrieben werden, und daß die unabhängigen parlamentarischen Vertreter der nach Bildung, und Besitz maßgebenden Schichten des deutschen Volkes nichts Eiligeres Mn thun hätten, als ein solches Beginnen zu unterstützen. Jeder deutsche Patriot, der unbefangenen Blickes über unsere Grenzen hin- ausschauf, muß erkennen, daß unsere geographische Lage und die dauernden Elemente der internationalen Lage den maßgebenden Männern eine angespannte Wachsamkeit zur Pflicht machen und daß nur das gesicherle Bewußtsein, daß unfere Wehr in guten Händen wohlbehütet ist, den Millionen gewerbfleihiger Bürger jenes rubige Veitrauen in die Zukunft geben kann, welches allein eine aufsteigende virthschaftliche Bewegung ermöglicht.“

Die heutigen Wiener Blätter besprechen die deutsche Thronrede, in der sie eine erneute Bekräftigung der Friedenstendenzen Deutschlands und seiner Verbündeten er⸗ Hen, auf das Wohlwollendste. Das „Fremdenblatt“ hebt hervor: Die schweren Opfer zur Wahrung des Friedens seien nicht umsonst gebracht worden; deshalb hätten die militärischen Autoritäten in Deutschland beim Vergleich der deutschen Heeresstärke mit derjenigen der östlichen und westlichen Nachbarstaaten nicht gleichgültig bleiben können. Namentlich hätte sich Angesichts der Ununterbrochenen Vermehrung des Geschützmaterials in Frankreich die deutsche Armeeleitung zur lräftigsten Nacheiferung entschließen müssen. Ohne die vollste Schlagfertigkeit wäre die Verwirklichung der duf den Welt—⸗ frieden gerichteten Bestrebungen des Kaisers und seiner Verbündeten undenkbar. Dieser Erfolg sei des größten Dpfers werth. Mit großer Freude werde Europa . daß die Friedenshoffnungen durch die persönlichen Beziehungen des Kaisers mit den anderen Herrschern noch an Sicherheit gewonnen, und mit freudiger Zuversicht erfülle alle Freunde des Friedens der besonders betonte Glaube an die Erhaltung des Friedens auch im nächsten Jahre. Die auf Grundlage der bestehenden Verträge vereinigte Kraft Deutsch⸗ lands und seiner Verbündeten werde das stärkste Bollwerk des Friedens bleiben.

Die heutigen Londoner Morgenblätter begrüßen, wie „W. T. B. meldet, die friedlichen Erklärungen der Throne de, mit welcher der Deutsche Reichstag eröffnet wurde, mit Genug—⸗ thuung. Insbesondere hebt die „Daily News“ den durchaus friedlichen Charakter der Thronrede hervor und fügt hinzu, dieselbe scheine den stetigen Entschluß anzukündigen, das in Dst⸗Afrika begonnene Werk fortzusetzen. Der Natur der Sache nach bilde aber Deutschland als kolonisirende Macht eine Bürgschaft des Friedens.

Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheite— ants. Nr. 43. Inhalt: Personal⸗Nachricht. Gesundbeits . stan. Volfstrankbeiten in der Berichtswoche, Pocken in Gnesen. Sterbefälle in deutschen Städten von 40 009 und mehr Ein⸗ vohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Er- krankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt. und Landbezirken. Sanitätsverhältnisse des K. K. öster teihisch ungarischen Heeres, 1. Halbjahr 1839. Witterung. eitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. Tbierseuchen in Dänemark 1857 und 1888. Rotz in den Niederlanden. Veterinärpolizeilicke Maßregeln. Medizinalgesetzgebunz u. s. w. Preußen) Kurse über Gesundheitspflege ꝛc. für Turnlehrer Reg. Bez. Bromberg.) Avort⸗ Anlagen und Düngergruben. Rein⸗ baltung der Straßen ꝛc. (Reg. Bez. Düsseldorf.) Uebertragung der Lungenschwindfucht. (Hessen) Hebammen,. (Frankreich.) gleibaltiges Stanniol zum Einwickeln von Nahrungsmitteln. Reck tsprechung (Reichsgericht Verbot der Einfuhr von Schweinen und Schweinefleisch. Vermischtes. (Preußen. Berlin) Geheim mittel = Thätigkeit der Desinfektion gnstalten 158718838. (Reg, Ber Düsseldorf ) Gekeimmittel. (Frankreich) Impfungen 1887. Bewegliche Oefen. Geschenkliste.

amm,

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Ein von der Vertretung einer offenen Handelsgesellschaft ict ausgeschloffener Gesellschafter ist im Sinne des §. 266 3.2 Str. G-B. als Bevollmächtigter der Gesellschaft J erachten; k.ist demnach, wenn er über Forderungen oder andere ermõgent⸗ sücke der Gefellschaft absichtlich zum Nachtheil derselben verfügt, nach cinem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsengtgz, vom 3. Juni 1889, hegen Untreue aus 5. 266 Str.-G-⸗B. zu bestrasen. Vertragliche Ibmachungen unter den Gefellschaftern, daß jener Gesellschafter über das Vermögensftück, über welchts er zum Nachtheil der Gesellschaft derfügt hat, über baupt nicht zu rersügen habe, stehen seiner Straf— rfeit wegen Untreue nicht entgegen.

6. T Nach der festen Rechtsprechung des Reichsgerichts entscheidet n die Frage der Strafbarkeit einer von dem Lehrer bei zu bung des Züchtigungsrechts dem Schüler zugefügten arperverletzung die Widerrechtlichkeit der betr. Handlung, der⸗ telt. daß, soweit das zuständige Landesrecht dem Lehrer ein echt zur Züchtigung einräumt, die in Ausübung und innerhalb der

Grenzen dieses Rechts vorgenommene, Züchtigung nicht unter das Strafgesetz fällt, selbst wenn ihre Wirkung in der Zufügung einer Körperverletzung im Sinne des 5. 223 St. G. B, also namentlich, dem Zwecke der Züchtigung entsprechend, in Erregung von körper⸗ lichem Schmerz oder sonstiger geringfügiger, mit Gesundheitsgefähr⸗ dung nicht verbundener Störung der körperlichen Integrität besteht. Im Anschluß hieran hat das Reichsgericht, III. Strafsenat, durch Urtheil vom 3. Juni 1889, ausgesprochen, daß unter dem zustaͤndigen Landesrecht nicht nur die Landes gesetze im eigentlichen Sinne, sondern auch die von den zuständigen Landesverwaltungsbebörden auf Grund der Landes gesetze verfassungsmäßig erlassenen Verordnungen zu verstehen sind. Dagegen fallen nicht darunter Instruktionen einer Schul aufsichts· Instanz, durch welche die Bestimmungen der allgemeinen, das Züchtigungsrecht des Lehrers betreffenden Verordnung eingeschränkt werden. Eine körperliche Züchtigung, welche die dem züchtigenden Lehrer von seinem Vorgesetzten ertheilte Instruktion überschreitet, aber innerhalb der von der obersten Verwaltungsbehörde gesteckten Grenzen sich hält, ist demnach keine im Sinne des Str.⸗G. B. rechts widrige, sondern allenfalls als eine nur disziplinarisch zu ahndende Ueber⸗ schreitung des Züchtigungsrechts zu erachten.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Die Lohnzahlung.

Im Verlage von W. T. Bruer (Berlin W., Lützow⸗Ufer 11) ist soeben der XIII. Jahrgang der Amtlichen Mittheilungen aus den Jahresberichten der mit Beaufsichtigung der Fabriken betrauten Beamten für 1888 erschienen. Nach diesem Bericht waren vornehmlich zwei Fragen der besonderen Aufmerksamkeit der Beamten empfohlen worden: 1) An welchen Wochentagen, in welchen Fristen und in welchen Formen findet die Lohnzahlung statt? und 2) haben sich im Allgemeinen und insonderheit bei den jugendlichen Arbeitern Uebel—⸗ stände herausgestellt. welche auf Zeit oder Form der Lohnzahlung zurückzuführen sind?

Aus der Beantwortung dieser Fragen ergiebt sich, daß in der weitaus größten Zahl der Betriebe der Sonnabend als Tag der Lohnzahlung gebräuchlich ist. Immerhin läßt sich jedoch nicht ver kennen, daß man in einer Reihe von Fällen mit der Sonnabends⸗ löhnung ungünstige Erfahrungen gemacht hat, und daß von Arbeitgebern häufig der Wunsch laut geworden ist, den Zahltag auf einen anderen Tag zu verlegen. Die hierauf gerichtete Bewegung kann zwar im Allgemeinen nicht eine besonders lebhafte genannt werden, tritt jedoch immerhin, namentlich in den Bezirken Köln— Koblenz und Minden ⸗Münster in einer Reihe von Betrieben un. verkennbar zu Tage; andererseits finden aber diese Bestrebungen nicht nur bei den Arbeitern, sondern auch bei manchen Arbeitgebern keines wegs Überall Zustimmung und werden auch Seitens der Aufsichts— beamten, wenngleich manche derselben die Verlegung des Zahltages von dem Sonnabend befürworten, und dieselbe zu befördern bestrebt sind, in ihrem Werthe nicht übereinstimmend beurtheilt.

Was des Weiteren den Tag der Woche anlangt, auf welchen die Auszahlung des Lohnes vom Sonnabend verlegt worden ist, so ist, sowohl in Rücksicht auf den blauen Montag“, als auf den Woch en⸗ markt in vielen Fällen der Freitag gewählt worden, indessen finden sich auch die anderen Tage der Woche häufiger vertreten. Neben dem Freitage wird von einzelnen Aufsichtsbeamten dem Montag der Vor zug gegeben, im Uebrigen sind indessen die Erfabrungen, welche man mit den einzelnen Zahlungstagen gemacht hat, sehr verschieden, der eine hat sich hald hier bewährt, bald dort als ungeeignet erwiesen. Auch waren für die Wahl des anderen Tages verschiedenartige Gründe bestimmend.

Was die der Landwirtbschaft nahe stehenden Betriebe anlangt, so erfolgt im Aufsichtsbezirk Ost⸗ und Westpreußen die Lohnzahlung in Spiritus brennereien, Stärkefabriken,. Molkereien, Käsereien, Brauereien, wenn dieselben nicht etwa selbständig betrieben werden, ebenso, wie bei den landwirthschaftlichen Arbeitern, in Deputat und in bagrem Gelde in vierzehntägigen Raten am Sonntag Vormittag. „Einer Verlegung des Zahltages auf einen anderen Tag würden sich beson⸗ ders in der Erntezeit und bei ungünstiger Witterung große Schwierig keiten entgegenstellen.“ ö

Bezüglich der Fristen, innerhalb welcher die Lohnzahlung statt⸗ findet, so herrscht die wöchentliche Auszablung des Lohns vor, aber auch die 14 taͤgige oder balbmonatliche Auszahlung ist in vielen Betrieben, zumal in den größeren üblich, hingegen sind größere Zah⸗ lungsfristen verhältnißmäßig selten. Für das Gebiet des Reichs laffen sich aus den vorliegenden Berichten die Industrien mit überwiegend 8 tägiger, und solche mit überwiegend 14 tägiger Lohnzahlungsfrist mit Sicherheit kaum ausscheiden. Beide Fristen wechseln vielmehr innerbalb desselben Industriezweiges je nach den örtlichen Verbältnissen, der Größe des Betriebes, der Nei- gung der Arbeitgeber oder der Arbeitnebmer, und nur für einzelne wenige Industrien scheinen die Fristen für sämmtliche Aufsichtsbezirke vorwiegend dieselben zu sein. So haben namentlich die Cigarren: fabriken vielfach wöchentliche Zahlung. Der Lohn wird in der Regel baar, in Reichswährung sowie unmittelbar an die Arbeiter aus⸗ gezahlt. Fälle des Trucksystem sind selten. Neben dem Geldlohn kommt Naturalienlohn vor, und zwar vor wiegend in ländlichen Bezirken und Betrieben, ferner in ge⸗ wiffen Industriezweigen, namentlich in der Müllerei und Bier brauerei, sowie in kleineren, handwerksmäßigen und bau zindustriellen Betrieben. Wo „Deputat“ gegeben wird, besteht dasselbe nach der Mittheilung des Aufsichtsbeamten für den Bezirk Ost- und West— preußen gewöhnlich in freier Wohnung, Kartoffelland. Garten, Getreide, Brennmaterial, Viehfutter, Winkerstall für eine Kuh u. dgl., und wird vielfach nicht in bestimmten, im Voraus festgesetzten Zeit, abschnitten fondern je nach Bedarf und Wunsch des Arbeiters verabreicht.

Die äußere Form der, Lohnzablung ist verschieden. In kleineren und mittleren Anlagen ist das Geschäft der Zahlung einfach und schnell beendet. Die Auslohnung geschieht auf Grund einer Lohn⸗ liste oder eines Lohnbuches, welche vom Arbeitgeber oder dem von demselben damit Beauftragten geführt werden. Die Auezahlung er folgt hierbei noch vielfach durch den Arbeitgeber selbst, ein Ver⸗ fahren, welches nach der Ausführung einjelner Aufsichtsbeamten für das wünschenswerthe nähere Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeiter nicht ohne einen gewissen Einfluß ist und von diesem Gesichtspunkte aus den Vorzug vor demjenigen verdient, bei welchem die Lohnzahlung durch Beamte oder andere Mittelspersonen erfolgt. In anderen, namentlich in größeren Anlagen, erfolgt die Auszahlung des Lobnes entweder an einer bestimmten, gemeinsamen Zahlstelle, meist der Kasse, durch Linen besonderen Angestellten, oder durch die Vorsteher der einzelnen Betriebsabtheilungen, Werkmeister, Saalmeister, Vorarbeiter u. s. w. Diese erhalten von dem Anbeit geber die Lohnliste für die betreffende Abtheilung ausgehändigt, die Lohn fumme zugezählt, und führen alsdann die Einzelbeträge an die betreffen. den Arbeiter ab. In beiden Fallen wird eine schriftliche Berechnung des Lohnes dem Arbeiter in der Regel nicht mitgetheilt. Dagegen ist dies da der Fall, wo die Auszahlung des Lohnes mittelst eines, theils vor, theils erst bei der Zahlung ausgehändigten Lohnzettels oder eines Lohn buches erfolgt, ein Verfahren, welches häufiger mit der weiteren Einrichtung verbunden ist, daß der Zettel oder das Lohnbuch sich in einer mit dem Namen oder mit der Nummer des⸗ selben versehenen Büchse befindet, die den Geldbetrag enthält, welcher nach der auf dem Zettel oder in dem Buche enthaltenen Abrechnung dem Arbeiter zukommt. Eine Quittung über den empfangenen Lohn wird in der Regel nicht verlangt. jedoch haben die Arbeiter in manchen Fällen da, wo die Auszahlung des Lohnes auf Grund von Lohnlisten erfolgt, nach der Mittheilung mehrerer Aufsichtsbeamten (Potsdam Frankfurt a. D. und Köln⸗Koblenz u. a.) die erhaltene Zahlung durch Eintragung ihres Namens in die Lohnliste zu be⸗ scheinigen, oder auch die vorher erhaltenen Lohnzettel oder Lohnbücher gegen Quittung einzulösen oder als Quittung zurückzugeben.

Die Lohnzahlung an die jugendlichen Arbeiter findet meistens in denselben Fristen und Formen statt, wie bei den erwachsenen Ar= beitern, insbesondere wird den jugendlichen Arbeitern in den meisten Anlagen der Lohn unmittelbar ausgehändigt, falls nicht etwa die Eltern oder ältere Angehörige in demselben Betriebe beschäftigt sind, oder sich zur Empfangnahme des Lohnes in der Fabrik einfinden, in welchem Falle man auch wohl diesen den Lohn für den jugend⸗ lichen Arbeiter auszahlt. Sind auch in einem Theil der Aufsichtsbezirke Uebelstände aus der unmittelbaren Aushändigung des Lohnes an die jugendlichen Arbeiter nicht zur Kenntniß der Aufsichtsbeamten gelangt, so sind doch in anderen Bezirken mehrfach lebhafte Klagen darüber laut geworden, daß die jugendlichen Arbeiter den Eltern nichts oder zu wenig von dem verdienten Lohn abgeben und denselben leicht— fertig im Wirthshause oder auf dem Tanzboden vergeuden. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, hat man in einzelnen Betrieben die von manchen Seiten nicht nur für Kinder und junge Leute, sondern für alle jüngeren oder für alle zur Führung eines Arbeitsbuchs verpflich- teten Arbeiter (Düsseldorf) empfohlene Einrichtung getroffen, daß die jugendlichen Arbeiter Quittungs bücher erhalten, in welchen die Eltern oder deren Stellvertreter den Empfang des Lohnes zu bescheinigen haben. Im Aussichtsbezirk Düsseldorf wurde durch den linkerheinischen Verein fur Gemeinwohl schon seit längerer Zeit auf die Einführung der Lohnbücher hingewirkt. . So empfehlenswerth diese Einrichtung aber auch ist, heißt es in dem Bericht, so schwierig erwies sich ihre Durchführung, und der Erfolg scheiterte nicht selten an der Gleich gültigkeit mancher Eltern. Die Erziehung der Kinder ist leider in rielen Arbeiterfamilien, wo meist die Frau mit verdienen muß, eine mangelhafte, und das Gefühl der Zusammengehörigkeit ein so lockeres, daß die Kinder, sobald sie Geld verdienen, sich eine Kontrole der Eltern überhaupt nicht gefallen lassen wollen. Wenn solche Kinder bei den Eltern wohnen bleiben, so zahlen sie ihnen nur das Kostgeld und ver—⸗ brauchen den übrigen Lohn, wie es ihnen beliebt. Die Eltern wagen keine Einwände zu machen, weil die Kinder sonst einfach drohen, bei anderen Leuten in die Kost zu gehen. So weit der Wirkungskreis des genannten Vereins reicht, bilden indessen diese schlimmen Vor— kommnisse, wie es scheint, eine seltene Ausnahme; außerhalb, und namentlich in den Centren der Eisenindastrie, werden jedoch von den Unternehmern bittere Klagen darüber laut, ohne daß jedoch bisher . Anstrengungen bemerkbar wurden, gegen die Uebelstände vor— zugehen.“

Zur Arbeiterbewegung. In einem an alle Direktoren des Koblenbeckens von Mons gerichteten Schreiben fordert der Arbeiter Bund unter Hinweis auf die glänzende Lage der Industrie eine 20 prozentige Lohnerhöhung.

Handel und Gewerbe.

Der erste Warschauer Hopfenmarkt hat in der Zeit vom 25. September bis zum 4. Oktober d. J. stattgefunden.

Die Zufuhr an Hopfen betrug 1656 Pud, von denen 1011 während des Marktes verkauft worden sind. Die Ver— kaufspreise stellten sich für das Pud netto: von den besseren Sorten auf 19 bis 33 Rubel, von den geringeren Sorten auf 16 bis 17 Rubel.

Von Ausländern sind Ankäufe nicht gemacht worden.

In West-Australien ist durch eine Regierungs— Verordnung vom 21. August d. J. die Ein fuhr von Schweinen aus Europa und von allen Punkten außerhalb der australasiatischen Kolonien verboten worden.

Der Aufsichtstath der Berliner Weiß bierbrauerei Aktiengesellschaft vorm. Carl Lands hat beschlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 90, vor— zuschlagen. Die vorjährige Dividende betrug 10 ,,. Der Minder gewinn, trotz eines Mehrabsatzes von ca. 60090 Tonnen, ist eine Folge der theuren Weizen und Futterpreise.

. Die gestrige ordentliche Generalversammlung, der Ver⸗ einigung Gesellschaft für Steinkohlenbau im Wurm Revier wählte die ausscheidenden Mitglieder des Verwaltungsraths wieder. Die Berliner Aktionäre zogen ihre als Ergänzung zur Tages ordnung gestellten Anträge, betreffend die Erwerbung des Aachen Höngener Bergwerks und die Abänderung der Statuten zurück, legten gegen die Nichtzulassung von nicht eingeschriebenen Aktien und gegen die Gültigkeit der heutigen Generalversammlung wegen nicht ordnungs— mäßiger Einberufung derselben Verwahrung ein und wollen eine neue außerordentliche Generalversammlung beantragen.

London, 22. Oktober. (W. T. B.) An der Küste 3 Wenzen⸗ ladungen angeboten.

Manchester, 22. Oktober. (W. T. B.) 12r Water Tavlor 74, zor Water Tavlor 9, 20r Water Leigh 8, 30r Water Clayton 8t, zꝛhr Mock Brooke 8z, 40r Mayoll 9, 40r Medio Wilkinson 109, 32 Warpcops Lees Sz, 36 Warpcops Rowland 93, 40r Double Weston 85, 60r Double courante Qualität 133, 322 116 vds 16 X16 grev Printers aus 32r 46r 182. Ruhig.

New York, 22. Ottober. (W. T. B) Weizen Ver⸗ schiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 44 0090, do. nach Frankreich —, do. nach anderen Häfen des Kontinents —, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 112000, do. nach anderen Häfen des Kontinents Orts.

22. Oktober. (W. T. B.) Der Werth der in der ver⸗ gangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 7 023 903 Doll., gegen 6 247 647 Doll. in der Vorwoche.

ESubmissionen im Auslande.

J. Britisch Indien. 9. Januar 18806. Bombay. Stadtverwaltung: zweijährige elektrische Beleuchtung der Hauptstraße. IH. Niederlande. 5. November, Mittags. Raad van Administratie der Konink- lyke Militaire Academie zu Breda:

Abtheilung 1: Lieferung von 800 m dunkelblaues Tuch für

kurze Jacken,

5000 m dunkelblaues Tuch für Beinkleider, Aermelwesten und

Kapotröcke,

60 m rothes Besatztuch, für die Kadettenuniformen sowie Lieferung des Jahresbedarfs für 1890 an Kleidungs⸗, Ausrüstungs- ꝛc. Gegenständen, mit Ausnahme von Socken.

Auskunft beim Kapitein ⸗Kwartiermeester der genannten Akademie. 1 muß durch in den Niederlanden wohnhafte Personen erfolgen.

Probeweise

III. Rumänien.

5. November, 2 Uhr. Jassy. Stadtverwaltung: 1661 m schmiedeeiserne Röhren von 78 mm innerem Durchmesser, nebst ver⸗ schiedenem Zubehör.

Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs ⸗Anfstalten.

Dem Bericht über die Verwaltung der Eisenbghnen in. Elsaß⸗Lothringen und der, Wilhelm Luxemburg Eisenbahn im Rechnungsjabr 1888/89 entnehmen wir nach der Straßb. Post' folgende Mittheilungen: Die Gesammteinnabme ist von 49 564 198 ½ auf 50 O65 880 AMÆ, also um 01 682 M 1,0 oo gestiegen, während die Betriebsausgabe eine Steigerung von 28 947 546 6 auf 29 659 411 , also um 702 865 66 2,4 0o aufweist, sodaß der Betriebsüberschuß des Jahres 1888/89 gegen den⸗ jenigen des Vorjahres sich um 201 183 9, 9 geringer stellt. Beim Per sonenverkehr ist die Gesammtzahl der beförderten Per- sonen von 12647 753 au 12 627 870, die erzielte Einnahme von 10173167 auf 9761 889 M gesunken. Besser haben sich dagegen