Wies ba den, 31. Oktober. (Wiesb. Pr) Ihre König liche Hoheit die Kronprinzessin von Schweden traf gestern Nachmittag von Baden⸗Baden hier ein, um den Pr. Metzger wegen eines Fußleidens des Prinzen Gustav Adolf zu konsultiren. Am Taunusbahnhofe wurde Ihre Königliche Hoheit von Ihrer Majestät der Kbnigin von Rumänien empfangen und in das Rheinhotel geleitet Heute Vormittag kehrte Ihre Königliche Hoheit nach Baden-Baden zurück.
Bayern. München, 30. Oktober. (Allg. Ztg.) Die Ankunft Sr. Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten und seiner Erlauchten Schwester erfolgte heute Nachmittag mittels Sonderzuges. — Zur Vorfeier des fünfzigjährigen In⸗
aber-Jubiläums des Prinz⸗Regenten hatten sich heute
bend in den oberen Sälen des Kunstgewerbehauses die Offiziere des 1. Feld-Artillerie⸗Regiments zu einer geselligen Vereinigung eingefunden. Des Weiteren waren erschienen die vom Regiment geladenen Gäste, die Generalitãt der Garnison München und eine größere Anzahl früherer Offiziere des Regiments.
Hessen. Darmstadt, 31. Oktober. (Darmst. 3tg.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Se, Groß⸗ herzogliche Hoheit der Prinz Heinrich haben sich heute Vormittag zu Jagden nach Romrod begeben.
Eisaß⸗Lothringen. Straßburg, 30. Oktober. (N. M. 3.) Wegen militärischer Hüllfeleistung bei ein⸗ tretender Wassersnoth ist zwischen dem General—⸗ Kommando des TV. Armee-Corps und dem Ministerium für Elsaß-Lothringen eine Verein— barung getroffen worden, wonach die für Preußen getroffenen allgemeinen Bestimmungen auch für Elsaß⸗Lothringen n. keil erhalten und auch bei sonstigen Nothständen sinngemäße Anwendung finden sollen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 31. Oktober. (W. T. B. Se. Majestät der Kaiser empfing heute Mittag den Besu Sr. Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs von Sachsen-Weimar und machte demselben Nachmittags einen Gegenbesuch. Am Vormittag hatte der Kaiser eine Depu⸗ tation der General-Synode beider evangelischen Bekenntnisse empfangen. Auf die Ansprache des Präsidenten Haase. in welcher derselbe dem Kaiser als väterlichem Gönner die Huldigung der evan⸗ gelischen Kirche ausdrückte, erwiderte Se. Maje stät, er brauche nicht zu wiederholen, daß er an der geistlichen Ent⸗ wickelung der evangelischen Kirche den lebhastesten Antheil nehme, Der Arbeiten der Synode den besten Erfolg wünsche⸗ und sich über den erneuerten Beweis des Patriotismus, welcher in der evangelischen Kirche gepflegt werde, freue.
Graf Kälnoky hat heute Abend 8 Uhr in Begleitun des Legations-Ralhs von Wydenbruck die Reise uh Friedrichsruh angetreten, nachkem er am Nachmittage den Besuch des nl Botschafters Fürsten Lobanoff empfangen hatte.
Der Prinz Ferdinand von Coburg ist heute Abend nach So fia abgereist.
Prag, 31. Oktober. (W. T. B.) Die von der Majorität der Adreßkommission beschlossene Resolution beantragt, über den Gregr'schen Adreßantrag zur Tages⸗ ordnung überzugehen. In der Begründung dieses An—⸗ trages führt die Resolution aus, der Adreßentwurf des Abg. Dr. Gregr sei weder der Form, noch dem Inhalte nach zur Vor⸗ lage an den Kaiser geeignet, weil in demselben Gegenstände berührt werden, welche in die Kompetenz der Legislative oder der Regierung fielen. In Erwägung, daß der Landtag seine staatsrechtlichen Anschauungen und Ueberzeugungen und die Wünsche des böhmischen Volks wiederholt zur Kenntniß des Monarchen gebracht habe, mit dem Hinweis auf die wohlwollende Würdigung, welche die Rechtsverwahrung der böhmischen Abgeordneten zum Reichsrathe in der Thronrede vom 8. Oktober 1879 gefunden habe, und in endlicher Er⸗ kenntniß, daß es im gegenwärtigen Zeitpunkt unmöglich sei, sofort die nöthigen Vereinbarungen zu erzielen, um den vom Landtage angestrebten und stets anzustrehbenden Einklang zwischen den freiheitlichen Institutionen, den Be⸗ dürfnissen der Gegenwart, den Erfordernissen der Einheit und Machtstellung des Reichs einerseits und den im Volk fort— lebenden historischen Institutionen andererseits zu erreichen, sei es vertrauensvoll der Krone anheimzugeben, den Zeitpunkt selbst zu wählen, in welchem das große Werk durch die Königskrönung abzuschließen sei. -
ie Kommission für Durchführung des gleichen Rechts beider Landes sprachen bei den autonomen Be⸗ hörden hat, wie der „Presse“ gemeldet wird, den ganzen Gesetzentwurf des Landesausschusses in der heutigen Sitzung durchberathen und verschärft, indem auf Antrag Krofta's eine Aenderung des Entwurfs dahin vorgenommen wurde, daß die Gemeinden schon verpflichtet sein sollen, Eingaben, welche in einer andern als der Amtssprache des Bezirks eingereicht werden, in der Sprache der Eingabe zu erledigen, wenn sich u dieser Sprache wenigstens ein Fünftel der Einwohnerschaft ekennt; dies gilt auch bei Eingaben an die Bezirksvertretung, wenn im selben Bezirk wenigstens Eine Gemeinde ist, welche nicht die Sprache des ganzen Bezirks spricht. Der Landes—⸗ ausschuß⸗Entwurf hatte fünf Gemeinden verlangt.
Bregenz, 30. Oktober. (Wien. Ztg.) Der Landtag a de heute mit begeisterten Hochrufen auf den Kaiser ge⸗ schlossen.
Ezernowitz, 30. Oktober. (Wien. Ztg.) Der Landtag nahm heute das Tilgungsgesetz, betreffend die Pro⸗ pinationsschuld, an.
Großbritannien und Irland. London, 31. Oktober. (A. C.) Vom Königlichen Hoflager in Balmoral wird gemeldet, daß am Montag Abend auf Eraiggowan ein Freudenfeuer zu Ehren der Vermählung der , . Sophie von Preußen mit dem Kronprinzen von riechenland angezündet wurde. Auf dem Hügel wurde ein Fackelzug gebildet, welcher nach dem Schlosse zog, wo auf die Gesundheit der Braut und des Bräutigams ein Glas ge⸗ leert wurde Mr. Alfred Milner, der erste Privatsekretär des Schatzkanzlers Goschen, ist zum General-Direktor des egyp⸗ tischen Rechnungshofes ernannt worden an Stelle Mr. Palmers, der als Nachfolger Sir Edgar Vincents zum finanziellen Rathgeber der egyptischen Regierung ernannt wurde.
Belgien. Brüssel, 30. Oktober. Zu der bevorstehenden Antisklaverei⸗Konferenz wird dem „Hamburg. Corresp. geschrieben: Immer stattlicher wird die Zahl der zu der Brüsseler , , m abgeordneten Vertreter der Mächte. Belgien hat außer dem General-Sekretär Baron Lambermont den General- Direktor der Archive des Aus⸗ wärtigen Amts zu seinem Vertreter ernannt; Beide sind von jeher am Congo-Unternehmen betheiligt und haben auch an er Berliner Congo⸗Konferenz theilgenommen. England ent⸗ sendet auch einen höheren Marine⸗Offizier zur Konferenz; Deutschland giebt seinem Gesandten Fachmänner bei. Das Amt des Sekretärs der Konferenz wird dem General⸗Direktor im Auswärtigen Amt Arendt übertragen. Im Auswärtigen Amt trifft man alle Vorbereitungen für diese Konferenz, deren Berathungen wohl bis Weihnachten dauern werden.
Türkei. Konstantinopel, 31. Oktober. (W. T. B) Das Journal, Tarik“ begrüßt bie hevorstehende Änkunst Kaiser Wilhelms als ein glückliches Ereigniß für die Türkei und erblickt in dem Besuch des Kaisers den Beweis, daß Deutschland die weise Politik, welche der Sultan verfolge, billige. Das Journal bemerkt weiter, daß seit Friedrich dem Großen sich die Türkei der Sympathie. Deutschlands erfreue. Der Kaiser werde mit großer Herzlichkeit von dem mohamedanischen Volke empfangen werden, und die Zusammen⸗ kunft der beiden Monarchen werde die guten Beziehungen be⸗ festigen, welche zwischen den beiden Kaiserreichen bestehen. Deutschland strebe nach der Aufrechterhaltung des Friedens; die Türkei verfolge dieselbe Aufgabe, indem sie eine strikte Neutralität beobachte.
Bulgarien. Sofia, 1. November. (W. T. B.) Der bisherige ferbische Agent Body erhielt von seiner Regie⸗ rung den Auftrag, sich auf seinen Posten nach Monastir zu begeben. Bis zur Ernennung seines Nachfolgers wird der Sekretär Petrovic die Geschäfte des diplomatischen Agenten irn,
nter den der Sobranje vorzulegenden Gesetzent— wür fen befindet sich auch die Vorlage, betreffend den Bau einer Eisenbahn, welche Jam boli mit Slivno, Star⸗ dagora, Cirpan und Philippopel verbinden soll. Die Bahn, welche schmalspurig gebaut werden soll, wird 220 km lang sein und hauptsächlich zur Ausfuhr von Getreide über Jamboli und Burgas dienen.
Dänemark. Kopenhagen, 1. November. (W. T. B.) Eine vom Finanz-Minister Estrup im Reichstage eingebrachte neue gollvorlage führt Zollfreiheit ein für Kohlen (jetzige Erträge des Kohlenzolls 1 Million), für Kaffee (jetziger Zollertrag 3 Millionen), für Reis (jetziger Er⸗ trag 1“ Million), für . sjetzt 1/5 Million), für Salz Getziger
Ertrag 00 66 Kronen), für Thran und vohes Eis. Ermaͤßggt
soll der Zoll auf Petroleum werden; der Minderertrag hieraus wird auf 800 000 Kronen geschätzt. Erhöht sollen werden die
ölle auf Wein, Spirituosen, Bier, Taback, Obst, Spargel, Blumen, Spezereien, Kakes, Kakao. Die Minde reinnahme in Folge der Zollveränderungen wird im Ganzen auf 31/0 Millionen Kronen geschätzt.
Amerika. Aus NRew⸗Hork, vom 30. Oktober, wird der Allg. Corr.“ per Kabel gemeldet: ö Drei Jahre hinter einander ist die Ernte in Nord⸗ und Süd⸗ Dakota mißrathen, und die heurige Ernte ist nicht besser als die vorhergegangenen. Die große Bevölkerung, deren Existenz fast gänzlich von der Landwirthschaft abhängt, befindet sich folglich in großem Nothstande. Einer ungefähren Schätzung nach sind nicht weniger als 100 009 Personen thatsächlich verarmt.
Parlamentarische Nachrichten.
Für die 7. Plenarsitzung des Reichstages, Montag, den 4. November 1889, Nachmittags 1 Uhr, ist folgende Tagesordnung festgesetzt:
Berathung der Darlegung der Anordnungen, welche von der Königlich preußischen Regierung, der Königlich sächsischen, der Groß herzoglich hessischen Regierung und der Regierung der freien und Hansestadt Hamburg unter dem 26. September, 26. Juni, 28. und 277. September d. J auf Grund des 5§. 28 Absatz 2 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 18378 mit Genehmigung des Bundesraths getroffen worden sind. — Erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, be—⸗ treffend die Abänderung des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Be⸗ strebungen der Sozialdemokratie, vom 21. Oktober 1878.
(Weitere „Parlamentarische Nachrichten“, insbesondere den Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstages, s. Beilage.)
Zeitungs stimmen.
Die Betrachtungen der „National-Zeitung“ über die Budgetdebatte kulminiren in einer Kritik der Rede des Herrn Richter. Es heißt darin:
„Es war sehr bemerkenswerth, mit welchem erbitterten Eifer der Führer der Deutschfreisinnigen sich immer und immer wieder gegen die Rede des Herrn von Bennigsen vom Mittwoch wandte: man hat in den Reihen dieser Partei offenbar eine richtige Empfindung dafür,
daß im Lande die Bennigsen'sche Rede eine ti'fe Wirkung hervorbringen wird vermöge ihrer Verbindung ernster Genug— thuung über die Weltstellung und die Zustände des Vater. landes mit der unabhängigen Gesinnung, welche freimüthig Kritik üht und der weiteren Entwickelung nach Maßgabe der eigenen Ueber zeugung die Aufgaben vorjeichnet. Aber vergebens hat Hr. Richter das verbrauchte Manöver wieder hervorgesucht, zu unterscheiden zwischen einem Bennigsen, resp. einer nationalliberalen Partei, welche ehedem auch eine gewisse Hochachtung der Hrn. Richter und Genoßen verdienten, und einem Bennigsen, resp. einer national liberalen Partei, über welche Hr. Richter jetzt den Stab zu brechen genöthigt ist. Ende der sechsziger Jahre, zur Zeit des Norddeutschen Bundes, an welche Hr. Richter in dem Sinne erinnerte, daß damals die Nationalliberalen die⸗ selben, angeblich unerfüllt gebliebenen w gehabt hätten, wie die Fortschrittspartei, da haben die Vorbilder des Hrn. Richter — „er selbst stand damals noch in der zweiten Reihe — genau die selhe Sprache geführt, wie er heute; die Begründung der nord- deutschen Bundesverfassung, und später die der deutschen Reichs⸗ verfassung, war nach den damaligen Reden dieser Herren genau so kurzsichtig und freiheitsmörderisch, wie irgend etwas, was Hr. Richter heute aus den Vorgängen der letzten Jahre so charakterisirte.
i. Richter begann seine Rede seltsamer Weise mit einer ganz gegenstandslosen Polemik gegen militärische Mehrforderungen, welche
in Folge des neuesten fraszösischen Wehrgesetzes gestellt werden könnten. Solcke sind aber gar nicht gestellt worden; nur einige „militärische Korrespondenten' von Zeitungen hatten sie grundloser Weise vor der Reichstags Eröffnung angekündigt; dem Anschein nach stammt die Disposition der Rede des Hrn. Richter schon aus dieser Zeit, und er hat sich nicht entschließen können, sie zu ändern. Immerhin ist es beachtenswerth, daß in diesem Zusammenhang erklärt wurde, wenn das Septennat nicht bestände, so würden die Herren Richter und Genofsen demnächst im Hinblick auf das neue französische Gesetz eine Herabsetzung der deutschen Friedens stãrke des Heeres beantragen; die Wähler wissen also, welcher beständigen Beunruhigung durch immer neues Rütteln an unserem Heerwesen sie unter den obwaltenden europäischen Verhältnissen Thür und Thor öffnen würden, wenn sie einen Reichstag nach dem Herzen des Hrn. Richter wählten Die letzte Kraft nahm der Redner zusammen, um zum Schluß grau in grau ein Bild der dentschen Zustände zu malen. Wenn er in Lem schon oben berührten Zusammenhange be— bauptete, die von den Nationalliberalen ebenso wie von der Fortschritts partei Ende der sechsziger Jahre gehegten Hoffnungen auf die innere poli⸗ tische Entwickelung seien unerfüllt geblieben, so mag er * darüber, soweit es sich um die Zeit bis zum Ende der siebziger Jahre handelt, mit den ehemaligen Nationalliberalen unter seinen jetzigen Parteigenossen auseinandersetzen, welche die politischen Reformen jener Zeit im Reiche und in Preußen in heftigen Kämpfen mit Hrn. Richter anders be⸗ urtheilt haben. Was die seitherige Entwickelung aher betrifft. so be⸗ ruht Hrn. Richter's Urtheil auf seiner und seiner Genossen Unfähig⸗ keit, irgend eine neue Aufgabe der staatlichen Entwickelung zu begreifen. Während das Reich dabei ist, vielen Millionen Sicherheit gegen die schlimmsten Wechselfälle des Lebens zu schaffen, trägt Hr. Richter schmerzliche Sorge darüber zur Schau, daß die heutige Politik die Menschen gerade in Bezug auf ihre sozialen Verhältnisse un⸗
zufrieden mache!“
Die „Magdeburgische Zeitung“ beschäftigt sich namentlich mit der Rede des Abg. Bebel, indem sie schreibt:
„Die Rede des Sozialdemokraten Bebel war der beste Beweis dafür, wie selbst auf sonst ganz gescheidte Köpfe der Sozialismus auf die Dauer einen verwirrenden und verderblichen Einfluß ausübt. Dem Fluge der Ausführungen Bebel's auf das Gebiet der hohen Politik zu folgen, können wir uns wohl versagen. Es war ein neuer Äufeuß alter Liebknecht'scher Spekulationen. Bezeichnend für den Geist, der die deutsche Sozialdemokratie durchweht, bleibt es aber doch, daß eine Partei, die sich als Vertreterin der arbeitenden Klassen aufzuspielen pflegt, es vorzugsweise liebt, sich in Spielereien zu verlieren, von denen die Arbeiterwelt keinerlei Nutzen ziehen kann.
Es gehört zu den Säßen Liebknecht ⸗Bebel'scher Weisheit, daß alles Unheil der Gegenwart von der Einverleibung der Reichslande herrührt, und es ist eigentlich vergeblich, dagegen immer und immer wieder anzustreiten. Nach den Freiheitskriegen war der Landbesi Frankreichs unverändert geblieben, und doch fand das Geschrei na Rem für Waterloo stets willige Ohren jenseits der Vogesen. Der Racheruf für Sadowa ist nicht einmal auf eine verlorene Schlacht zurückzuführen. Das sind historische Thatsachen, aber in der Welt, in der Hr. Bebel und seine Freunde leben, hat man für Thatsachen keinen Sinn. Vor lauter Träumereien uud Grübeleien sieht man die Dinge nicht, die wirklich sind. Hr. Bebel wünscht Bemühungen zu Gunsten
Berdeise für die Bemühun erf ds Kaisers ufd der deutschen Rrziemmng in dieser Richtung zu Tage treten. Er wünscht, daß man aufhöre, die Völker, gegen einander zu verhetzen in demselben Augenblicke, wo er ein Bündniß mit Frankreich empfiehlt, um desto stärker dem russischen ‚„Erbfeind gegenüberzustehen. Aus dieser Welt der Träume und Spekulationen oder aus den Stimmungen heraus, wie sie bei der spystematischen Verhetzung der ein⸗— zelnen Schichten der Bevölkerung durch die soziglistischen Agitatoren wohl begreiflich sind, muß wohl auch die Gegenüberstellung der deutschen und der englischen nd französischen Bourgeoisie. beurtheilt werden. Wir meinen, „die feige, niederträchtige, servile deutsche Bourgeoisie“' wird getrost den Vergleich mit dem Bürgerthum aller Länder aufnehmen. Das deutsche Bürgerthum ist es gewesen, das aus freiem Antriebe seit Jahr und Tag zu Wohlfahrtseinrichtungen der mannigfaltigsten Art, für die Hr. Bebel und seine Freunde freilich nur höhnische, verächtliche Worte haben, um die Hebung der Lage der arbeitenden Klassen bemüht gewesen ist. Welche Verzerrung der Thatsachen endlich in der Gegenüberstellung des Verlaufs der Aus- stände der Bergarbeiter in Deutschland und der Dockarbeiter in Eng⸗ land! Es mag Herrn Bebel unbequem sein, einzugestehen, aber die Wahrheit ist es doch, daß in Deutschland ein weit mächtigerer Mann als der Kardinal Manning in England, der Deutsche Kaiser selbst, für die berechtigten Forderungen der Arbeiter eingetreten ist. Wenn die Sozialdemokratie diese Thatsache zu vertuschen sucht, so läßt sich das nur erklären aus der Besorgniß, daß die arbeiterfreund—⸗ lichen Bestrebungen der deutschen Regierung und der bürgerlichen . ihren eigenen Bestrebungen den Boden abzugraben an— angen.“
Zu dem Streit über das „Kartell“, welcher nunmehr in der Presse abgeschlossen scheint, bringt die Wiesbadener Presse“ folgendes Schlußwort:
»Zur Mehrheitsbildung sind immer mehrere Parteien er forderlich. Dieser Umstand macht eine Verständigung der staats⸗ erhaltenden Parteien unbedingt nothwendig, denn ohne eine solche würde das Parlament absolut nichts Positives zu leisten vermögen. Die Verständigung ist aber schon bei den Wahlen n f. Die Erfahrung hat gelehrt, daß obne eine solche Verständigung sehr leicht eine nicht leistungsfähige Majorität zu Stande kommen kann, durch welche die höchsten Interessen aufs Spiel gesetzt werden. Die Vorbedingungen eines Zusammenwirkens finden sich vor Allem in den Grundsätzen und Anschauungen der beiden konservativen und nationalliberalen Parteien Die Thatsache, daß es gesetzgeberische Aufgaben gegeben hat, über welche eine Verstän— digung der drei Parteien nicht zu erzielen war, beweist gar nichts, denn nicht um die Vergangenheit handelt es sich, sondern um Gegen⸗ wart und Zukunft.
In Bezug auf die von der Regierung als die wichtigsten anerkannten Aufgaben der Gegenwart und nächsten Zukunft herrscht bei den drei genannten Parteien im Wesentlichen Ueber⸗ einstim mung Die wichtigste Aufgabe bleibt immer noch die Sicherung des Vaterlandes gegen äußere Gefahr, denn ohne diese Sicherung sind alle Reformen im Innern von fragwürdigem Werthe. Auf diesem Boden finden sich die drei Parteien un⸗ zweifelhaft zusammen. Sie begegnen sich aber ebenso in einer Reihe anderer wichtigen Punkte. Was hat nun gegenüber dieser Sachlage das Gezaͤnk darüber, ob früher einmal in dem einen oder dem anderen Falle die syenellen Abmachungen des Jahres 1897 falsch interpretirt worden sind oder nicht, für einen Zweck? Und welchen Zweck hat, vor Allem das Beharren auf bestimmten Personen? Eine Verständigung kann nicht erzielt werden, wenn von der einen Seite an Personen starr festgehalten wird, die der anderen Seite nicht genehm sind. Wenn dem Wunsche des Kaisers auf Verständigung der staatserhaltenden Parteien, der von der Mehrheit der Bevölkerung getheilt wird, entfprochen werden soll, so wird das mit einigem guten Willen sehr leicht fein. In den gegenseitigen Vorwürfen über angebliche Verletzungen von Abmachungen, in den gegenseitigen Ber dãchtigungen und Angriffen off enbart sich ein solcher guter Wille freilich nicht?.
Entscheidungen des Reichsgerichts. Die unter fremdem Namen erfolgte fälschliche Anfertigung
einer schriftlichen Anzeige über ein Verbrechen oder Vergehen oder über eine sonstige Thatsache und die Einreichung 2 an die
des Friedens in einem Augenblicke, wo immer neue, J
tändige Bebörde ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, Fe e gen vom 58. April 1889, nicht als Urkunden⸗ älschung zu bestrafen.
— In Bezug auf den durch die deutsch-⸗spanischen Handels und Schiffahrtsverträge vom 30. März 1868 und vom 12. Juli 1883 eregelten gegenseitigen Markenschutz für Deutschland, einer- f. und fuͤr Spanien und seine Kolonien (namentlich auch Cu b a) andererfeits hat das Reichsgericht. III. Strafsenat, durch Urtheil vom 31. Janugr und 17. Februar 1889 folgende Sätze gusge⸗ sprochen: Jur Wirksamkeit eines von einer spanischen (cu anischen) Firma für Deutschland im n. Zeichenregister eingetragenen Waarenzeichens bedurfte es keiner Bekanntmachung des Reichs fanzlers im Reichs ⸗Gesetzblatt, daß deutsche Waarenzeichen. Namen und Firmen in Spanien (Cuba) einen Schutz genießen. Der gesetz · liche Schutz der Marke in ihrem Heimathsstagt Spanien (Cuba) bildet ebenso nach dem Handelsvertrage von 1868 wie nach dem vom Jahre 1883 die Voraussetzung für ihren Schutz im deut—⸗
schen Reichsgebiet
Etatiftit und Volkswirthschaft.
Rohstoffe und Fabrikate. —
Die internationale Handelsbilanz des Jahres 1888 ist in der Budgetdebatte des Reichstages als, ein Beweis für den Rück⸗ gang des wirthschaftlichen Lebens angeführt worden. Allerdings belief sich die Einfuhr auf 3 435 877 000 ½, die Ausfuhr nur auf 3 357 602000 „M, die Einfuhr überstieg also die Aus- fuhr um 83 Millionen Mark. Wie der Staatssekretär des Innern, Dr. von Boetticher ausführte, ist diese negative Handelsbilanz aber nur eine scheinbare: denn wenn die Einfuhr besonders stark in Rohstoffen ist, welche von der beimischen Industrie veredelt werden, so ist das ein Beweis von industriellem Aufschwung und zunehmender Konsumtiontfähigkeit. . .
In der That ist gerade die Einfuhr an Rohstoffen ganz über⸗ wiegend gewesen. Es wurde im Jahre 1888 an Rohstoffen im⸗ portirt 2 249 503 090 S6, während an Fabrikaten nur für 16021 228 66 eingeführt wurde. Auf der anderen Seite überwiegen in der Ausfuhr stark die Fabrikate. Während nur für 834 174 000 6 an Roh⸗ stoffen exportirt wurde, belief sich die Ausfuhr an Fabrikaten auf 2 369 372 000 1
Stellt man die Einfuhr der Rohstoffe — 2 249 503 000 Æ — der Ausfuhr der Fabrikate — 2369 372 0090 1 — gegenüber, so ergiebt sich zu Gunsten Deutschlands eine aktive Handelsbilanz von gegen 120 Millionen Mark. .
Insbesondere verdient hervorgehoben zu werden, daß seit dem Jahre 1886 die Zunahme der Rohstoff⸗Einfuhr eine stetig steigende ist; 1886 belief sie sich auf 1 886 517 000 M, 1887: 2127 885 050 M und 1888 auf 2 249 503 000 S
Schweinefleisch ⸗Preise.
In der Budgetdebatte des Reichstages bildete die Erhöhung des Schweinefleisch⸗Preises als angebliche Folge des Schweineeinfuhr ⸗ Verbots eine Hauptrolle. Dem gegenüber ist es von Interesse zu konstatiren, daß in Guttentag in Oberschlesien, wie die Oberschl. Presse“ meldet, das Schwelnsfleisch deben im Preise vom 60 auf 5 3 füt das Pfund zurückgegangen ist. Weiter wird gemeldet, daß das Schweinefleisch in Dittersbach, Altwasser, Waldenburg, Gottesburg u. a. schon seit einigen Wochen 60 3 kostet, während in Hermsdorf 70 und 75 8 bezahlt werden. Wie das genannte Blatt be— richtet, haben viele Hermsdorfer Hausfrauen an die Fleischer— meister ihres Ortes eine öffentliche, ganz entschiedene Anfrage gerichtet, die dahin lautet, wann der Preisabschlag für Schweinefleisch auf 60 3 pro Pfund zu erwarten stehe, oder ob die Hausfrauen ge⸗ zwungen werden sollten, das benöthigte Schweinefleisch — damit selbst⸗ redend auch die anderen Fleischbedürfnisse — in den Nachbarorten einzukaufen.“
Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotter dam und Amsterdam betrug nach der Mittheilung des Kaiserlichen Statistischen Amts im Septemberheft seiner Monatshefte im Monat September 1889 7645 und in der Zeit von Anfang Januar bis Ende September 72 354 Köpfe; von diesen letzteren kamen aus der Provinz Posen 8776, Westpreußen 7787, Bayern rechts des Rheins 70653, Pommern 5733, Hannover 5596, Württemberg 4775, Schleswig Holstein 3917, Brandenburg mit Berlin 3210, Rheinland 3110, Baden 2916, Hessen⸗Nassau 2484, Königreich Sachsen 1865, Pfalz . . 1628, Großherzogthum Hessen 16581, Schlesien u. s. w. Im gleichen Zeitraum der Vorjahre wanderten aus: Monat Monate September Januar / September 8637 79 952 8155 80 763 9138 61 734 83 16 l 032.
1888 1887 1886 1885
Zur Arbeiterbewegung.
Die Kohlengrubenbesitzer zu Durham erklärten der Londoner „Allg. Corr.“ zufolge am 29. v. M. einer Deputation, die eine Lohnerhöhung von 15 9½ für die Bergleute nachsuchte. daß sie jwar keine Erhöhung gewähren könnten, die der verlangten nahe komme, wohl aber geneigt seien, einen Ausschuß zu ernennen, der mit dem Exekutiv⸗Ausschusse der Durham ˖ Föderat on konferiren und zur Unterhandlung einer Lösung ermächtigt sein solle.
In Wombwell, dem Mittelpunkt der Kohlengruben von Vorkshire, fand am 29. Oktober eine der größten und wichtigsten Versammlungen von Bergleuten statt, in welcher beschlossen wurde, eine Lohnerhöhung und die achtstündige Arbeitszeit in ganz Vorkshire durchzusetzen.
Das soeben erschienene Septemberheft der Monats- hefte des Kaiserlichen Statistischen Amts“ enthält außer den üblichen monatlichen Mittheilungen über den auswärtigen Handel, Großhandelspreise zꝛc. noch folgende Nachweise: 1) zur Kriminal statistik des Reichs für das Jahr 1888 die Zahl, der nach den Paragraphen des Strafgesetzbuchs und anderer Reichsgesetze Ver urtbeilten, zur Statistik der Reichs steuern über die Produktion, Konsumtion und Besteuerung des Salzes im Etatsjahre 1888,88 und über die mit Taback im Erntejahre 1889,90 bepflanzte Fläche.
Kunsft und Wissenschaft.
Dem Antiquarium des Berliner Museums sind einige Gegenstände einverleibt worden, über welche die ‚Voss. ig.; Fol⸗ gendes berichtet: Als Se. Majestät der Kgiser im Oktober v. J. in Jtalien weilte, wurde an der Stätte des alten Pompeji ihm zu Ehren und in seiner Gegenwart eine archäologische Ausgrabung vorgenommen, die in einem Hause der achten Insula der 9. Regio stattfand. Es wurden dabei zu Tage gefördert; ein Broniebecken mit zwei verzierten Henkeln, eine Bronzekanne auf dreifüßigem eisernen Gestell, eine große Glasfiasche und ein kleineres Glasgefäß, eine y aretinischer Art mit schönem Rankenfries und zwei einfache
pfe. .
— In einer Sandgrube unfern von der Kanalbrücke und von der Begräbnißstätte der 1870 gefallenen französischen Soldaten in der Reh von Illkirch hat man, dem ‚Els. J. zufolge, kürzlich eine Menge menschlicher Gebeine und sogar vollständige Todten⸗ ger ip pe gefunden, welche aus einer zur Zelt der tömischen Herrschaft in Ballien in dieser Gegend gelieferten Schlacht herzurühren scheinen. Eine ganze Reihe von Skeletten liegt gegen Osten gerichtet, während die gegen⸗ Über ruhenden Ueberreste durcheinander liegen. Zut Rechten von
einigen Skeletten befindet sich eine Todtenurne. Diese Entdeckung wird sicherlich großes Aufsehen in der archäologischen Welt erregen. Uebrigens sind schon im Jahre 1828 beim Graben des Kanals ähnliche Ueberreste zu Tage gefördert worden. ;
— In Faim ingen, hart an der Straße nach Lauingen, sind in letzter Zeit wieder Na chgrabungen nach Bauüberresten aus der Römerzeit angestellt worden. Der Schwäb. Merkur“ berichtet darüber: Gegenwärtig ist ein regelrechtes Viereck von etwa 2 m Breite und etwa 13 m Tiefe bloßgelegt. Die Mauern sind sehr gut erhalten. Unter dem Schutt fanden sich viele Scherben von ge— branntem Geschirr, sowie allerlei Knochen von Armen und Beinen. . . dieses Ueberbleibsel der Grund eines Kastells gewesen zu sein.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Tabackernte in Schlesien.
Die diesjährige hiesige Tabackernte kann, wie der Schles. 66. aus Ohlau geschrieben wird, im Vergleich zu den letzten ahren in quantitaver Hinsicht eine gute genannt werden. In Folge der ungünstigen Witterungsverhältnisse scheint aber die Güte des Tabacks gelitten zu haben. Wie im vorigen Jahxe hat sich die mit Taback bebaute Fläche sowie die Zahl der größeren Tabackpflanzer wieder verringert. Die Gewichtssteuer zahlenden Tabackpflanzer haben sich gegen das Vorjahr um 9 vermindert, desgleichen sind 41l 0 a weniger mit Taback bebaut worden als im Vorjahre. Im Ganzen sind in diesem Jahre von 64 Tabackpflanzern, welche Gewichtssteuer zahlen, 6390 a bepflanzt worden. Eingeschätzt sind insgesammt 139 966 kg Taback, also im Durchschnitt rund 2A, 80 kg auf 1 a. Im Jahre 18388 waren 129950 kg oder durch schnittlich 18,933 kg auf 1 a eingeschätzt. Während die Zahl der Gewichtssteuer zahlenden Tabackpflanzer zurückgegangen ist, hat sich die der Flächensteuer entrichtenden Anpflanzer um 26 vermehrt. Im Ganzen haben 120 Tabackpflanzer — gegen 94 im Vorjahre — Flächensteuer zu zahlen. Von den erstgenannten 64 Tabackpflanzern haben angebaut bis zu 10 a 10 bis zu 20 a 9, bis zu 30 a 11, bis zu 40 a 6, bis zu 50 a ?, bis zu 60 a B, bis zu 70 a 1, bis zu g0 a 1, bis zu 100 a 1, bis zu 200 a 6, bis zu 300 a l, bis zu 500 a 1, bis zu 1000 a 1 und über 1000 a1.
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Onarantänewesen.
Niederlande.
Durch eine in dem „Nederlandsche Staats. Courant“ veröffent- lichte Verfügung der Königlich niederländischen Minister des Innern und der Finanzen vom 22. Oktober 1889 ist die Ein und Durchfuhr von Lumpen, gebrauchten Kleidungsstücken und ungewaschener Leib⸗ und Bettwäsche aus Rio de Janeiro vom 26. Oktober d. J. ab verboten worden. .
Gepäckstücke, welche von Reisenden mitgeführt werden, fallen nicht unter dieses Verbot.
Handel und Gewerbe.
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Tino li bat beschlossen. der, bexerstehenden Reneralversqwmlung die
. . von 5 o' gegen Tö/o im Vorfahre vorzu⸗ agen.
— Der Aufsichtsrath der Vietorig⸗-Brauerei, Berlin, hat nach Vorlegung der Bilanz für 1888 8.ͥ0 beschlossen, nach Rück stellung von 43 000 M. ö 42 457 Æ) für regelmäßige Abschreibungen die Vertheilung einer Dividende von 8 Mo, wie im Vorjahre, der Generalversammlung in Vorschlag zu bringen. Der bei Verkauf der Grundstücke Kottbuser Straße Nr. 4a und 4b erzielte Ueberschuß von 52 000 Æ soll mit 10 000 M zur Dotirung der Spezialreserve und mit 42000 S zu außerordentlichen Abschreibungen verwendet werden. Verkauft wurden im Geschäftsjahr 1888,89 41 483 hl gegen 38 347 hl im Vorjahre.
— Der Aufsichtsrath der Spandauerberg-Brauerei hat nach Vorlegung des Rechnungsabschlusses für das verflossene Geschäfts⸗ jahr beschlossen, hei reichlichen Abschreibungen die Vertheilung einer Dividende von 9 960, wie im Vorjahre, der bevorstehenden General— versammlung der Aktionäre in Vorschlag zu bringen.
— Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schles. Ztg.: Das äußerst lebhafte Geschäft hat auch inner— halb der verflossenen Berichtszeit angehalten, sogar eher zugenommen. Die mit Rücksicht auf die vorhandenen Arbeitskräfte wie auf die zur Verfügung gestellten Verfrachtungsmittel nur in beschränktem Maße ermöglichten Leistungen der Förderstätten lassen den Begehr in allen Kohlensorten desto dringender erscheinen, als die vorliegenden Bestel— lungen kaum im Zweidrittel ihres Umfanges erledigt werden können. In der Beschaffung von Arbeitskräften macht sich das Verbot der Zulassung polnischer Zuzügler sehr bemerkbar; bei genügender KArbeiteranzahl würden die Gruben 165 bis 20 υά– mehr Kohle fördern können; so z. B hat die an der Grenze belegene Myslowitz Grube in den letzten 3 Monaten über 50 000 t mehr gefördert als in der selben Zeit des vorigen Jahres. Auch der Mangel an Fahrzeugen, wiewohl solche in der täglichen Mehrzahl von 450 Waggons über die Normalzahl von 3977 Wagen den Gruben zugingen, tritt störend auf, namentlich jedesmal in der zweiten Hälfte der Woche. Die sämmtlichtn Separations˖ und Wäsche⸗ Anstalten waren in voller Thätigkeit, da die Abnehmer streng auf Qualität halten. Die Hohenzollern Grube bei Beuthen O.⸗S. geht mit dem Umbau ihrer älteren Separations , und Verladeanlage vor. Die Förderung der Kleophas⸗Grube hat bereits die tägliche Höhe von 80 Wagzons (800 t) erreicht. — Die Löhne sind bis zu 15 0υὴ über ten früheren Durchschnitt erböbt worden Die Koks. Anlagen, deren Produktion sämmlilich fest verschlossen ist, steben im flotten Betrieb. Die auf einigen Werken im Bau begriffenen Kammern werden mit Anlagen für Theer⸗ und Ammoniak ⸗ Gewinnung versehen und dem— nächst in Betrieb kommen. Die pre n n ist äußerst fest.
— Die Bankfirma Sal. Oppenheim jun u. Co. in Köln begeht heute die Feier ihres hundertjährigen Bestehens.
— In dem Konkurs über das Vermögen der Ritterschaft⸗ lichen Privatbank in Pommern liegt jetzt der Plan für eine neue nn, aus der Masse vor, welcher beim Gericht in Stettin einzusehen ist. Nach dem Entwurf kommen, wie die ‚B. B. -Z.“ be⸗ richtet, vom 25. November ab etwa 600000 M zur Vertheilung, gleich etwa 23 0 der ursprünglichen Forderungen. Bisher kamen 333, 10 und 46 0½ zur Vertheilung. Zur Masse gehören noch zwölf unbelastete Grundstuͤcke, etwa 120 000 MÆ gute Hypotheken und eine Forderung an Hrn. Kommerzien Rath Quistorp in Höhe von 419 000 K, die im Jahre 1895 fällig wird.
— Nach einem dem Aufsichtsrath der Klosterbrauerei Roederhof erstatteten Bericht der Direktion über die Resul tate des am 1. Oktober abgelaufenen Geschäftsjahres hat sich der Bier⸗ absatz gegen das Vorjahr um eirca 6600 nl gehoben und 42 8783 hl erreicht. Das Gewinn- und Verlust Conto weist nach Absetzung der vertragsmäßigen Tantième für die Direktion einen Gewinnuͤberschuß von 177 000 M aus. Nach Abschreibung von 50000 M6 — 490o des gesammten Kapitals verbleibt zur Verfügung der Generalversamm⸗ lung ein Betrag von 127 450 „, aus welchem nach Vorschlag des Aussichtsraths eine Dividende von 9 Yυ gezahlt und der Rest auf neue Rechnung vorgetragen werden soll.
. a. M., 31. Oktober. (Getreidemarktbericht bon Joseph Strauß.) Der hiesige Markt zeigt vermehrte Festig—⸗ keit. In wirklich Pprima hiesiger Landweizen haben sich ziemlich große Ümsätze vologen. Die Preise sind stetig mit Neigung zur Steigerung; ab Umgegend 1914 — 5 „, frei hier 19 , er fh 199 *, russische Sorten 206 — 21 , für geringe Sorten vorjähriger 171-18 S — Roggen inatt irostz der gegen Schluß der Woche eingetretenen mäßigen Befestigung, die aber nicht intensiv genug war, um bis heute die höchsten Course in Geltung zu lassen. Hiesiger 16z M, russische
Sorten 168/14 — 17, angekommene Schleppladungen Donau⸗Roggen in
Regensburg drücken. Ger ste ist in guten und mittleren Qualitäten lebhaft gefragt, bei fehlendem Rendiment von Thüringen und Bayern. Wir lassen Wetterauer (grobkörnig und weiß) 181 —19 4, Ried· und Franken ⸗ Gerste (Ochsenfurter Gau) 191 203 4, Thüringer und Saale 19H - 209 0 — Hafer, Stimmung befestigt, doch nahm der Verkehr keine wesentlich ver⸗ größerten Dimensionen an; die Notiz 144 15 M bleibt, exquisiter darüber. — Mais (mixed) haben sich die bekannt gewordenen Abschlüsse ungefähr auf Basis vorwöchentlicher Preise vollzogen; gesundes 127 4, kränkliches viel unter Notiz. — Was Chilisalpeter anbetrifft, so lichten sich hier und an anderen Stapelplätzen angehäufte Vorräthe nur sehr schwer, per Februar März 1890 18,30 ½ Parität Frankfurt a. M. übrig. — Für Prima ⸗Speise⸗Kartoffeln zeigt sich zunehmendes Angebot (Chill, neue Amerikaner), per 199 kg 28, 14 —- 3 „, dagegen Mittel sorten für Brennereien 2 M — Roggenkleie 8; — M. Weizen kleie 7,50 — 8 M, Begehr blieb binter dem früheren Jahre zurück. — Spelzfpreu sind nicht über Bedarf angeboten, 2.20 — 40 1 In Mehl haben wir andauernd ziemlich frequentes Geschäft. Zwar ist die Nachfrage nicht mehr von gleicher Lebhaftigkeit, wie vergangene Woche, doch ist die⸗ selbe noch immer groß genug, um Angebote besserer Marken aufn nehmen; namentlich für Weizenmehl haben benachbarte Mühlen das Scepter in Händen; Roggenmehl ab Berlin stramm gehalten. Wir lassen hiesiges Weizenmehl Nr. 0 335 — 34 4, Nr. 1 30-31 K, Nr. 2 255 — 26 , Nr. 3 244 — 253 ½ς, Nr. 4 21 — 22 M6, Ir. 5 17—18 S6 Milchbrot- und Brotmehl im Verbande 544 — 7 4 Norddeutsche und westfälische Weizenmehle Nr. 00 26— 27 M00 Berliner Roggenmehl ab Bahn Magdeburg Nr. O 25 , Nr. 0/1 235 M, Nr. 1 22 M, frei Ufer Frankfurt a. M., Mainz u. Mann⸗ heim ca. 1,25 S theurer, (exquisite Marken ca. I S0 höher). Obige Preife verstehen sich per 100 kg ab hier, häufig auch loco auswärtiger Stationen.
Antwerpen, 31. Oktober. (W. T. B.). Bei dem gestrigen öffentlichen Verkauf von Congo⸗Elfenbein wurden 31 Tonnen zu den bei der letzten Londoner Elfenbein ⸗Auktion bezahlten Preisen verkauft Schöne fehlerfreie Stoßzähne wurden mit 30 — 355 Fr. per Kilogramm bezahlt. .
London, 31. Oktober. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen ladung angeboten. .
Bradford, 31. Oktober. (W. T. B.) Wolle fest, Kolonial⸗ wolle stetig, englische anziehend, Exportgarne gefragt, anziehend, in Stoffen gutes Geschäft.
Submissionen im Auslande.
Ungarn. ; 28. November, Mittags. Pest. Direktion der Königlich Unga— rischen Staatsbahnen: Lieferung von Bau und Werkholz aller Art. Näheres in der Redaktion des „Reichs ⸗Anzeigers“.
Verkehrs⸗⸗Anftalten.
(M. A. Ztg.) Der bisher an jedem Freitag von Verciorova und von Pest nach Paris verkehrende Orient-⸗Expreßzug wird am Freitag, 1. November J. J., zum letzten Male eingeleitet. Vom 1. November JI. J. an wird, nach dem ‚P. Lloyd“, der Orient
verkehren.
Hamburg, 1. November. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht entgleisten bei Boizenburg von den Güter- zügen 307 und 334 beim Rangiren, vermuihlich durch falsche Weichenstellung, mehrere Wagen, wodurch die beiden Hauptgeleise gesperrt wurden. Von hier ist ein Hülfszug abgesandt. Die Passagiere des Courierzuges mußten um— steigen und trafen mit einer vierstündigen Verspätung ein. Verletzt wurde bei dem Unfall Niemand.
— 1. November. (W. T. B) Der Postdampfer „Co- lonig“ der Hamburg Amerikanischen PaAcke fahrt ⸗Aktren⸗ gesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen.
London, 1. November. (W. T. B.) Der Unio n- Dampfer „Durban“ ist gestern auf der Ausreise von den Canarischen Inseln abgegangen. Der Castle- Dampfer Norham-⸗Castle“ ist gestern auf der Ausreise in Capetown angetommen.
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus.
Auf der Königlichen Bühne gelangte gestern Abend ein neues Schauspiel von Hugo Lubliner „Der Name“ zur ersten Auf⸗— führung. Der Verfasser will in einer Reihe handelnd auftretender Personen den guten oder schlimmen Einfluß darstellen, den der „Name“, Rang und Titel auf das Geschick der Menschen gewinnen kann, ein Einfluß, dem die Träger solchen Namens hülflos und rathlos unterworfen sein sollen. Er versucht solche Menschen charakteristisch zu zeichnen, welche unter der Last ihres Namens seufzen und solche, welche auf der Jagd nach einem solchen Namen sind. In heiterem, lustspielartigem Charakter wird das letztere Problem gelöst; der Journalist Franz Roland welcher von einem ehrgeizigen Künstlerin⸗ Vater gedrängt wird, seiner Tochter, einer angehenden dramatischen Künstlerin, einen Namen zu machen, bietet dem Mädchen schließlich seinen eigenen bekannten Namen‘ an. Die Verwickleungen, welche die übrigen zahlreichen Personen mit einander in Beziehung bringen, sind ernsterer Natur; wenigstens wünscht der Verfasser uns von der Gewichtigkeit und der sittlichen Kraft der Ereignisse zu über— zeugen, ohne aber in allen Fällen seinen Zweck zu erreichen. Die junge Frau eines hervorragenden Beamten läßt sich von einem jungen an, den Hof machen; der Gemahl scheint Anfangs, von theilweise gerechter Eifersucht getrieben, die Sache sehr ernst nehmen zu wollen, aber der eheliche Zwist verläuft durch die Dazwischenkunft einer edlen Frau mit einem großen Namen völlig harmlos. Die Marquise von Ne spola — das ist jene edle Frau — faßt den Conflikt sehr tragisch auf und opfert sich für ihre Freundin, indem sie selbst sich dem Chemann gegenüber als die Dame hinstellt, welche der galante Graf Waltersdorf bei der jungen Frau sucht. Dem etwas leichtsinnigen Grafen imponirt dieser heldenbhafte Opfermuth und die Seelengröße der viel verleumdeten Marquise in dem Maße, daß er derselben sein Herz und seine Hand anbietet und nach mancherlei Hindernissen auch dies Ziel erreicht. Die Marquise Nespola spielt die Hauptrolle in dem Schauspiel; ihr namentlich soll der vornehme Name zum Fluch gereichen. Ihr gegenüber, ebenfalls im Vorder⸗ grund der Handlung, steht die Mutter des ö Grafen Walters⸗ dorf, als die Trägerin eines geachteten Namens, welcher Schutz und Sicherheit verleiht. Die hier sich ergebenden ernsteren Konflikte vermochten beim Publikum nur geringe Theilnahme hervor⸗ zurufen, sie erschienen geschraubt und unnatürlich, wie die Charaktere, welche die Träger derselben waren. Die große Zahl von Personen, welche auftreten und zum Theil gar nicht, zum Theil sehr lose durch ihre Schicksale mit einander verknüpft sind, rauben der Handlung die Einheitlichkeit und drücken ihr das Gepräge der Zerfahrenheit und Unordnung auf, Ansprechend und eindrucksvoll erwiesen sich nur wenige, vereinzelt auftauchende lustige Scenen, während die ernsteren durch weitschweifige Erjählungen und zahlreiche Wiederholungen litten. — Die Inscenirung war eifrig bedacht, die besten Effekte herauszuarbeiten und zur Darstellung waren die besten Kräfte heran⸗ gezogen. Frl. Meyer spielte die Marquise Nespola“ sehr ge⸗ schickt; sie war anmuthig im Schmerz und in der Freude, aber einen tinheitlichen Charakter vermochte sie dieser seltsamen unverständlichen Figur nicht zu geben. Den guten Namen verkörperte Fr. Seebach als „Gräfin Waltersdorf“ vornehm und empfindungsvoll; leider klang ihr Organ manchmal zu matt, um überall deutlich gehört werden zu können. Den Erfolg des Abends ernteten Frl. Conrad und Hr. Vollmer als munteres
Liebespaar, in der, man möchte sagen, einzigen anregenden Scene des
Expreßzug Ron Paris nach Bukarest und ezusück nur eiamal per Woche⸗—