1889 / 271 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Nov 1889 18:00:01 GMT) scan diff

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u. s. w. Beamten 3 verletzt, von fremden Personen leinschließ⸗ lich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 24 getödtet und 2 verletzt. Außerdem wurden bei Nebenbeschäf⸗ tigungen 31 Beamte verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei nr, II 628,951 Km Betriebs länge und 930 596 921 . en Achskilometern) 230 Fälle, darunter die größte nzahl auf die Verwaltungs bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktionen zu Köln Lrechtsrheinisch) ( 3), zu Elberfeld (26) und zu Hannover (19), ver hältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Langen, sind in den Verwaltungs bezirken der Königlichen Eisenbahn⸗-Direktionen zu Köln srechtsrheinisch), u Elberfeld und auf der Main-Neckar-Eisenbahn die meisten nfälle vorgekommen. B. Größere Privatbahnen mit je über 155 Em Betriebslänge (bei zusammen 1314,44 km Betriebslänge und 25 843 655, geförderten Achskilometern) 7 Fälle und zwar auf die Hessische Ludwigs; Eisenbahn 5 Fälle, auf die Ostpreußische Südbahn und auf die Mecklenbur⸗ gische Friedrich Franz-Eisenbahn je 1 Fall. C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Betriebslänge— (bei zusammen 1739,50 kin Betriebs länge und 12315 7159 . Achskilometern) 8 Fälle und zwar auf die Lübeck⸗ züchener Eisenbahn 5 Fälle, auf die Güstrow⸗-Plauer, auf die 1. und auf die Unterelbesche Eisenbahn je Fall.

In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „R u. St.-A.“ wird eine Nachweisung über versteuerte Rübenmengen sowie Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im deutschen leb im Monat Oktober 1889 veröffentlicht.

Die Schiffe des Uebungsgeschwaders, Geschwader⸗ Chef Contre-⸗Admiral Hollmann, sind am 12. November d. J. theils in Venedig („Kaiser“, „Irene“), theils in Triest („Deutschland“, „Preußen“, „Friedrich der Große“ Wacht“) angekommen und beabsichtigen, am 18. November d. J. wieder in See zu gehen. S. M. Kreuzer⸗Fregatte Leipzig“ (Flaggschiff des Kreuzergeschwaders), mit dem Geschwader⸗ Chef Contre⸗Admiral Deinhard an Bord, Kommandant Kapitän zur See Plüddem ann, sowie S. M. Kreuzer „Pfeil“, Kommandant Korvetten-Kapitän Dräger, sind am

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17 November d. J. in Malamocco bei Venedig angekommen. Das Ablösungskommando für S. M. Kreuzer

„Habicht“, Kanonenboot Hyäne“, Fehn „Nachtigal“ und Hulk „Cyclop“ unter Führung des Korvetten⸗Kapitäns Burich, ist am 26. Oktober d. J. mit dem Dampfer „Lulu Bohlen“ in Kamerun angekommen und die abgelösten Be⸗ satzungen dieser Fahrzeuge haben unter Führung des Kor⸗ vetten⸗Kapitäns Rittmeyer am 2. November d. 9 mit dem genannten Dampfer von Kamerun aus die Heimreise an⸗

getreten.

44 Posen, 12. November. In der 6. Plenarsitzung des Provinzial-Landtages wurden folgende Gegenstände er— ledigt:

22 Gehalt des voa dem Provinzial⸗Ausschuß zu wählenden Landes-Direktors wird auf jäbrlich 15 009 festgesetzt, bei freier Dienstwohnung im Ständehause, deren Werth auf 2660 angenommen, und pensionsberechtigt ist. Der Landtag genebmigte die Verwendung der Ersparnisse bejw. Ueberschüsse bei dem Fonds zur Unterhaltung der Provinzial ⸗Chausseen und Tie Verwendung des Bestandes vom Wege-Beibülfen⸗ fonds vro 1887,88, 1888,89 und 1889 90 zur Beseitigung der durch das Hochwasser der Jahre 1888 und 1889 ent ftandenen Beschädigungen an den Pro inzial-Chauiseen und Brücken. Ein zum Neubau der Warthebrücke bei Schrimm bisher angesammelter Fonds von 50 15 soll zum Neubau der Warthebräcke bei Obornik verwendet werden. Von dem Berichte über die Verwaltung der Provinzial-Hülfskasse, sowie von dem Berichte über die Landeskultur⸗Rentenbank und von den Jahresberichten über die Verwaltung des Landarmen , Korrigenden, und Zwangserziehungswesens pro 1857/88 und 1888/89 wurde Fenntniß genommen, obne. Bemerkungen oder Anträge daran zu knüpfen. Ueber die Rechnungen der Land armen Direktion pro 1886/87 nud 1887 88 wurde Decharge ertheilt. Der Landtag genehmigte den von der Landarmen-Direktion mit der Gemeinde Czarkow abge⸗ schlofsenen Vertrag über Austausch von Landparzellen, ferner die Verträge mit den Klichowiczschen Ebeleuten und mit den Kunde'schen Ebeleuten zu Czarkow Über Ankauf von Landparzellen.

ur Fertigfstellung der wangserziebungs-⸗Anstalt in

chubin wurden 27 500 M bewilligt. Die Vorlagen, betteffend die Berichte über die Blindenanstalt in Bromterg, die Hebammen ⸗Anstalt in Posen und die Gärtner -Lehranstalt in Koschmin pro 1. April 18357 bis Ende März 18389 wurden durch Kenntnißnahme für erledigt erachtet.

Wie die „Schles. Ztg.“ dem Lühmann schen Handbuche über die Domanialbezirke in der Provinz Posen entnimmt, hat die Ansiede lungs-Kommission in der Provinz Posen bisher erworben: im Kreise Bomst ein Gut mit 709 ha, im Kreise Gnesen sieben Güter mit 3025 ha, im Kreise Inowrazlaw zwei Güter mit 1336 ha, im:; Kreise Koschmin ein Gut mit 597 ha, im Kreise Jarotschin vier Güter mit 2614 ha, im Kreise Lissa drei Güter mit 3078 hr, im Kreise Mogilno drei Güter mit 1604 ha, im Kreise Obornik ein Gut mit 417 ha, im Kreise Schildberg ein Gut mit 949 ha, im Kreise Rawitsch zwei Güter mit 518 ha, im Kreise Schroda ein Gut mit 660 ha, im Kreise Schubin zwei Güter mit 1248 ha, im Kreise Wongro⸗ witz 10 Güter mit 3705 ha, im Kreise Witkowo vier Guter mik 1840 ha, im Kreise Fraustadt ein Gut mit 54 ha, im Kreise Znin fünf Güter mit 3681 ha, oder in Ganzen 25 2865 ka Großgrundbesitz. In den Provinzen Posen und Westpreußen hat die Ansiedelungskommission bis zum 1. Januar 1889 angekauft: a. Großgrundbesitz 36 M7 ha für den Preis von 21 913 136 4 20 3; b. bäuerliche Wirthschaften 1288 ha 43 a 62 4m sür den Preis von 870 125

Bayern. München, 12. November. (Allg. Ztg.) Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Therese feierte heute ihren Geburtztag, aus welcher Veranlassung das rühstück bei ihrem Vater, Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz⸗ Regen ten, mit der Frau Herzogin Adelgunde von Modena und den übrigen hier weilenden Familienmitgliedern einge⸗ nommen wurde. Se. Königliche Hoheit der Herzog Max Emanuel ö nach Paderborn zu vierwöchigem Auf⸗ enthalt abgereist. Ihre Königliche Hoheit die Herzogin begab sich mit ihren beiden Söhnen, den Prinzen Sieg⸗ fried und Christoph, é Mittag mit dem Drient⸗ Expreßzug nach Ebenthal bei Wien, um während der

nächsten vier Wochen Aufenthalt bei ihrer Mutter, der Frau

(W. T. B.) Die Abgeordneten kammer erledigte heute den Etat des Finanz⸗Ministeriums und mehrere andere kleinere Etats nach den vom Ausschuß gestellten An⸗ trãgen.

13. November. (W. T. B.) In der Abgeordneten⸗ Kammer begründete heute der Abg. von Soden den Eentrumsantrag, betreffend die Zurückberufung der Re dem ptoristen. Der Br. Kul tus⸗Minister Freiherr von Lutz erklärte: er stehe dieser Frage wohlwollend gegenüber. Würde es fich um einen gewünschten Beweig des Wohlwollens gegen Bayern handeln, so würde der Bundezra gewiß bie Zurückberufung gestatten. Es handle sich aber um die prinzipielle Durchführung eines Reichsgesetzes. Die bayerische Regierung werde daher bei dem Bundesrath nachzuweisen haben, daß die Redemptoristen keine den Jefuiten verwandte Kongregation seien. Nachdem von Sch auß hoch Ramens der Linken erklärt hatte, daß sie dem Antrage nicht zustimmen könne, wurde der Antrag des Centrums mit S1 gegen 74 Stimmen angenommen.

Sachsen. Dresden, 12. November. (W. T. B) Die weite Kammer wählte in ihrer heutigen Sitzung mit kfklamation Dr. Haberkorn (Zittau), den Ober⸗Bürgermeister

Streit (Zwickau) und den Handels kammer⸗Präfidenten Georgi (Plauen) wieder in das Präsidium. Als Schriftführer wurden die Abgeordneten Spegd und Ahnert einstimmig wieder⸗ ewählt; stell vertretende Schriftführer sind die Abgeordneten Hen, und Haertwig.

13. November. (W. T. B.) Der Landtag ist heute Mittag 12 Uhr von Sr. Majestät dem König im Thron⸗ saale des Königlichen Schlosses mit folgender Thronrede eröffnet worden:

„Meine Herren Stände! Ich habe Sie beute zur Wieder⸗ aufnabme Ihrer verfaffungsmäßigen Thätigkeit berufen und beiße Sie berzlich wilkommen. Ihr Zufammentritt erfolgt ju einer Zeit, in welcher sich die wirtbfchaftliche Lage des Landes günstig und erfreulich gestaltet hat. Industrie und Handel sind in weiterem Aufschwung begriffen und es ist damit zugleich eine Befferung der Verhältnisse der arbeiten den Klassen eingetreten. Ich freue Mich, bestätigen zu können, daß die in allen Theilen des Landes und bei allen Klassen der Bevölkerung erkennbare acbeitsame Thätigkeit auf den meisten Gebieten nicht obne entsprechen den Lohn bleibt und daß das Vertrauen auf die Erhaltung des Friedens die Zuversicht auf weitere fruchtbare Er— folge befestigt. . ö

Der wichtigste Gegenstand, welcher Ihrer Berathung unterliegen wird, ist die den Staatahausbalt betreffende Vorlage. Meine Regie⸗ rung bat sie mit aller durch die Umstände gebotenen Vorsicht auf⸗ gestellt. Gleichwohl baben unter dem Einfluß des Aufschwungs von Handel und Gewerbe sowie der Steigerung der Erträgnisse der Zölle und Reichsstenern die Einnahmen um soviel böber eingestellt werden können, daß nicht nur reichliche Mittel zur Förderung aller Zweige der Staatsverwaltung und der Jateressen von Wissenichaft ünd Kunst vorgesehen, sondern auch weitere Schritte zur . der Gemeinden in Aussicht genommen werden konnten. Es wird Ibnen daher vorgeschlagen werden, den Schul— gemeinden neben der schon bisher gewäbrten Ueberweisung eines Teils der Grundsteuer eine fernere bedeutende Unter- stützung in der Form von Beiträgen zur Besoldung der Lehrer zujuwenden und in Verbindung damit auf eine allgemeine Ermäßigung dez-Schulgeldes in hen Volksschulen des Landes und eine verbältniß ac ige Erböbung des Minimalgehaltes der Lehrer hinzuwirken .

Bei Andauer der in jüngster Zeit eingetretenen Steigerung der Arbeitslöbne und eines Theils der Waarenvreise hält Meine Re⸗ gierung aber auch eine durchgreifende Aufkesserung der Beamtengehalte für nothwendig und bofft auf Ihre Zustimmung, wenn sie dieselbe für die Finanzperiode von 1892/93 in Aus— sicht nimmt. Schon für die nächste Finanjperiode aber schlägt Ihnen Meine Regierung den Wegfall der Penfionsbeiträge für alle Beamten, Geistlichen und Lehrer vor, und um schon jetzt der Lage der niedriger besoldeten Beamten, welche von der Preissteigerung am empfindlichften getroffen werden, eine verhältnißmaäßige Erleichterung zu Theil werden ju lassen, wird die einstweilige Gewährung von Beihülfen an Letztere beantragt werden.

Es wird Ibnen sodann, einer bei dem letzten Landtage gegebenen Anregung zufolge, vorgeschlagen werden, der Frage der Gewährung von Penfionen an berufsmäßige Gemeindebeamte in Städten mit der Städteordnung für mittlere und kleine Städte und in Landgemeinden gesetzgeberisch näher zu treten.

Weitere Gesetzentwürfe werden Ihnen zugehen zur Ausfüllung einer in den bestehenden gesetzlichen Vorschriften über Grundstück⸗ zusammenlegung hervorgetretenen Lücke und zur Abänderung einiger mit der neueren Gesetzgebung nicht mehr im Einklang stehenden Be—⸗ stimmungen der allgemeinen Armenordnung. Auch wird die auf dem vorigen Sandtage nicht zur Verabschiedung gelangte Verlage über die Kostenerhebung in Sachen der richtstreitigen Gerichtabarkeit von Neuem Gegenstand Ihrer Berathung werden.

Das Eisenbahnwesen sorgsam auszubilden und zu verbessern, wird sich Meine Regierung auch ferner angelegen sein lassen. Der seit dem letzten Landtage eingetretene und in dieser Höhe nicht geabnte Verkehrsaufschwung hat aber der Verwaltung der Staate bahnen Aufgaben gestellt, welche eine Erböbung der Leistungs fähigkeit ibrer An- lagen und eine Vermehrung ibrer Betriebsmittel unahweielich erfcheinen lassen. Die Einstellung der bierfür erforderlichen Mittel ist im Staatshaushalt vorgeseben. . wird Ibnen eine Vorlage zugeben, welche die Erbauung mehrerer Lolalbahnen zur Hebung des wirthschaftlichen Woblstandes der bis jetzt von den Wohltbaten des Gisen ang gebs nicht berührten Landestbeile zum Gegenstand hat.

Von J. T bei dem letzten außerordentlichen Landtage Meiner Re gierung ertMtilten Ermächtigung jur Gewährung von Unterstützungen aus der Stantskasse aus Anlaß der im Laufe dieses Sommers vor⸗ gekommenen Wasserschãden, insbesondere zur Wiederberstellung der zerstörten Verkebrsmittel, ist Gebrauch gemacht worden. Das frag⸗ liche Unterstützungiwerk ist aber nech in der Ausführung begriffen.

So mögen denn die Verbandlungen auch dieses Landtages zum Heil und Segen des Landes gereichen!“

Württemberg. Stuttgart, 12. November. Der Präfident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. Frei⸗ rr von Mittnacht und die Staats-Minister Dr. von nner, Dr. von Faber, General⸗Lieutenant von Steinheil, Dr. von Sarwey und von Schmid, sowie der Kabinets⸗Chef Geheimer Rath Dr. von Griesinger und der Hofkammer— Präsident von Tscherning hatten gestern die Ehre, zur König⸗ lichen Tafel geladen zu werden.

Baden. Karlsruhe, 11. November. (Karlsr. Ztg.) Bei der am 9. d. M. vorgenommenen Ersatz wahl eines Abgeordneten der Universität Heidelberg zur Ersten Kammer der Ständeversammlung wurde Kirchen⸗Rath Pro— fessor Dr. Adolf Hausrath in Heidelberg gewählt.

Zu der am Reformationgfest erhobenen Kollekte für die Befriedigung der kirchlichen Bedürfnisse der zerstreuten Evangelischen unseres Landes sind an Hrn. Hofprediger D. Helbing auf Befehl Sr. Königlichen Hoheit des Groß⸗

Herzogin Clementine von Sachsen⸗Coburrg ⸗Cohary zu nehmen.

herzogs 1000 M übermittelt worden.

Mecklenburg Schwerin. Schwerin, 12. November. (Meckl. Nachr.) m engeren Ausschusse des Land⸗ tages ist außer dem Reskript, betreffend den Ankauf der im Lande befindlichen Eisen bahnen aus allgemeinen Landes⸗ mitteln, nebst den hierauf bezüglichen Verträgen mit Begrün⸗ dung und deren Anlagen, auch ein Reskript vom 30. Oktober, betreffend die Organisation der demnächstigen Ei senbahn⸗ verwaltung, sowie der Entwurf einer Verordnung, betreffend die Errichtung eines Landes-Eisenbahnraths, ferner ein Entwurf von Normativbestimmungen über den Verwaltungs⸗ Et at der demnachstigen Eisen bahn verwaltung, die Verwen⸗ dung der Jahresüberschüsse derselben 6, und eine Verordnung, bett die Ausgabe von Landesschuldverschreibungen für den Erwerb von Eisenbahnen, zugegangen.

Der Landes-Eisenbahnxrath soll bestehen: a. aus acht von den Ständen für die Dauer von drei Jahren ge⸗ wählten Mitgliedern, nebst einer gleichen Anzahl von Stell⸗ vertretern; b. aus vier vom Großherzoglichen Ministerium des Ine aus den Kreisen der Land- und Forstwirthschaft, der

ndustrie oder des Handelsstandes berufenen Mitgliedern, nebst einer gleichen Anzahl von Stellvertretern; . aus zwei aus der General-Direktion vom Großherzoglichen Mini nerium des Innern bestimmten Mitgliedern und deren Stellvertretern. Das Ministerium ernennt auch aus der Zahl der Mitglieder des Landes⸗Eisenbahnraths den Vorsitzenden und dessen Stell⸗ vertreter auf die Dauer von drei Jahren. Der Landes⸗ Eisenbahnrath hat in allen wichtigeren, das öffentliche Verkehrswesen der Eisenbahnen berührenden Fragen auf Verlangen des Großherzoglichen Ministeriums des Innern sein Gutachten zu erstatten, auch kann er in Angelegen— heiten dieser Art selbständige Anträge an das Großherzog⸗ liche Ministerium des Innern richten. Er ist ferner in allen die Verkehrsinteressen des Bezirks der Großherzoglichen Eisenbahnverwaltung oder einzelner Distrikte berührenden wichtigen Fragen zu hören. Insbesondere gilt dies von wichtigeren Maßregeln bei der Feststellung oder Abände⸗ rung der Fahrpläne und der Tarife, vor Allem von den Anordnungen wegen Zulassung oder Versagung von Aus— nahme⸗ und Differenzialtarifen. Die Einberufung des Landes— Eisenbahnratés nach Schwerin erfolgt auf Anordnung des Großherzoglichen Ministeriums des Innern durch die General— Direktion, so oft ein Bedürfniß dazu vorliegt, mindestens aber zweimal im Jahre. Die Verhandlungen des Landes-Kisen— bahnraths und, soweit erforderlich, auch die darauf getroffenen Entscheidungen werden von der Großherzoglichen Regierung den Ständen auf den ordentlichen Landtagen mitgetheilt.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 12. November. (Weim. Ztg.) Ihre Königliche Hoheit die Erbg roßherzogin, welche sich von Venedig zu mehrtägigem Aufenthalt nach Stuttgart begeben hatte, ist heute Abend von dort kommend hierher zurückgekehrt.

Sachsen⸗ Altenburg. Altenburg,. 11. November. Se. Hoheit der Herzog, welcher sich von Gmunden zunächst nach Berlin und Dessau begeben hatte, ist von dort hier wieder eingetroffen.

Elsaß⸗⸗ Lothringen. Straßburg, If2. November, (N. M. 3.) Die Eröffnung der Sitzungen der Bezirks tage in Elsaß-Lothringen findet am 18. d. M. statt.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 13. November. (W. T. B) Se. Majestät der Kaiser und der Minister des Aeußeren, Graf Kälnoky, sind heute früh hier eingetroffen Um 10 Uhr empfing der Kaiser die Theil nehmer an der hier tagenden Bischofskonferenz in einer etwa 20 Minuten dauernden Audienz.

Prag, 12. November. (Prag. Abdbl.) Im böhmischen

Landtage wurde heute ein Antrag des Abg. Dr. Kucera und Genossen auf Abänderung der Landtagswahlordnung eingebracht, welchem zufolge die einfache Mehrheit des beschluß⸗ fähigen Landtages zu Aenderungen der Landtagswahlordnung hinreichen soll. ;

Brünn, 11. November. (Prag. Ztg.) Der mährische Landtag wurde, nach Annahme des Antrages Pros kowiß auf Herabsetzung der Zuckertarife und Festsetzung der Lan desum lagen mit 35 Proz, heute geschlossen.

Triest, 12. November. 6. T. B.) Heute Nachmittag ankerten in der Bucht von Muggia die deutschen Panzet= schiffe „Deutschland“, „Friedrich der Große“ und „Preußen“. Der von denselben gegebene Salut der öster— reichischen Flagge wurde vom Kastell erwidert.

Frankreich. Paris, 12. November. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach haben die Minister im heutigen Mi ni ster⸗ rath beschlossen, bis nach Beendigung der Wahl— prüfungen im Amte zu bleiben.

Auf der Place de la Concorde waren heute um fassende Vorsichtsmaßregeln zur Aufrechthaltung der Ord— nung bei Eröffnung der Kammersitzung getroffen. Zahlreiche Sicherheitsagenten hielten sich auf dem Platze auf, in den benachbarten Kasernen waren die Truppen konfignirt. Um 2 Uhr Nachmittags bewegte sich eine zahlreiche Menge mit Déroulsde Laisant, Pauly, Mery, Castelin, Menorval, Mermeix und anderen boulangistischen Deputirten an der Spitze über den Platz. Die Polizei ließ jeroch nur die Deputirten passiren und zerstreute das Gefolge, eine Abtheilung der Gardes republicaines zu Pferde verhindern sede Massenansammlung. An den Zugängen zur Place de la Toncorde drängte sich eine überaus zahlreiche Menschenmenge, welche ein Polizeikordon zurückhielt. Die Ankunst der übrigen boulangistischen Deputirten, auch diejenige von Joffrin, ging ohne Zwischenfall, fast unbemerkt vorüber, doch kam es späler am Ausgange der Deputirtenkammer zu ein, zelnen Zwischen fällen, wobei Derou lde, ferne die boulangistischen Deputirten Le Hérisss und Bondeau, sowie der Redacteur des Drapeau“ Foussin verhaftet wurden. Diese waren um /e Uhr noch in Haft, werden aber vorausfichtlich heute Abend wieder in Freiheit gesetzt

In der Rue Royale und auf dem Wege zur Post fanden in

Laufe des Nachmittags etwa 60 Verhaftungen statt. diese Verhaftungen erfolgten lediglich wegen der Weigerung, den Anordnungen der Polizeibeamten nachjn— kom men, welche beauftragt waren, die Ansammlung ven Gruppen zu verhindern. . Der Sen ai vertagte sich nach einer kurzen geschãftlichen Sitzung, welche etwa 16 Minuten dauerte, auf Montag.

Die Sitzung der Deputirten kammer eröffnete der Alterapräsident Pierre Blanc mit einer Ansprache, in welcher er konstatirte, daß die Republik nunmehr zum fünften Male über den Angriff ihrer verbündeten Feinde triumphirt habe. Die Kammer müsse der Wiederkehr schmerzlicher Prüfungen begegnen, indem sie die 1 beseitige, welche solche Prüfungen veranlasse, Er hoffe, die Kammer werde nicht wieder in früher begangene Fehler verfallen und auf⸗ reizende Streitigkeiten, sowie unfruchtbare Diskussionen ver⸗ meiden. Blanc erinnerte ferner an den Erfolg der Aus⸗ stellung, welche Frankreich bei allen Nationen zum Ruhme gereiche und füge hinzu: „An uns ist es jetzt, Frankreich glücklich zu machen, indem wir ihm Ruhe, Arbeit, wirthschaft⸗ liche Sparsamkeit und soziale Gerechtigkeit geben. Hierauf begann die Abstimmung zur Wahl eines provisorischen Präfidenten, bei welcher auf Floquet 345 von 510 ab— gegebenen Stimmen fielen. Zu Vizepräsidenten wurden Casimir Perier und Develle , Die Wahlen wurden von der Kammer sehr beifällig aufgenommen. Floquet sprach seinen Dank für die Wahl aus; sodann ver⸗ fagte sich die Kammer bis Donnerstag zur Vornahme von Wahlpüfungen. .

Die 5 Delegirten des Wahlbezirks von Montmartre fanden sich, begleitet von den boulangistischen Depu⸗ tirten, heute Nachmittag im Palais Bourbon ein, um ihren Protest gegen die Wahl Zoffrin's zu überreichen. Ser Präsident der Kammer sandte zwei seiner Sekretäre an diefelben ab, welche den Protest entgegennahmen um denselben an die Quästur der Kammer zu übermitteln. Die mit der persönlichen Ueberreichung des Protestes beabsichtigte Kund⸗ gebung fand damit ihre Erledigung.

13. November. (W. T. B.) Die Zahl der gestern vorgenommenen Verhaftungen beträgt im Ganzen 158; von denselben wurden gegen 60 aufrecht . Unter den Verhafteten befindet sich auch der Anarchis Soudais. De rouléde und seine Freunde, welche gestern Abend 9 Uhr wieder auf freien Fuß geletzt wurden, beabsichtigen, eine Beschwerde gegen den Polizeioffizianten ein— zureichen, der sie verhaften ließ.

Italien. Rom, 12. November. (W. T. B.. Der Prinz von Wales ist heute Nachmittag 3 Uhr in Brindisi eingetroffen.

Schweiz. Bern, 12. November. (W. T. B.) Der Bundesrath hat das Gesuch eines schweizer Bürgers in Zürich, welcher für eine schweizerische Unternehmung die Er⸗ mächtigung zur Führung der eidgenössischen Flagge auf See nachsuchte, abschläglich beschieden.

Belgien. Brüssel, 12. November. (W. T. B) Die neue Kammersession ist heute ohne besondere Feierlich⸗ keiten eröffnet worden. Das bisherige Präsidium und Bureau wurden wiedergewählt. Der Präsident bezeichnete die Gesetze über die Sozialreform als den Haupt⸗ gegenstand der Berathung. Von den Studirenden ist eine Petition zu Gunsten der Einführung des allge— meinen Stimmrechts eingegangen; gegen 200 Studirende hatten sich persönlich nach dem Kammerpalast begeben, um dieselbe zu überreichen.

Serbien. Belgrad, 12. November. (W. T. B.) Der König Milan besuchte gestern den russischen und heute den französischen Gesandten und empfing den Besuch des Führers der radikalen Partei, Paschic. .

Bei den Nachwahlen zur Skupschtina in Belgrad und Zaicar sind die Kandidaten der radikalen Partei gewählt worden.

Bulgarien. Sofia, 12. November. (W. T. B.) Die Sobranse hat die Adresse zur Beantwortung der Thronrede angenommen. Dieselbe bildet im Wesentlichen eine Paraphrase der Thronrede, mit Ausnahme einer Stelle, in welcher die Hoffnung ausgesprochen wird, daß die suzeräne Macht die Ininiative zu Schritten wegen Anerkennung des Prinzen Ferdinand ergreifen werde, damit die Bande, welche den Prinzen an das Volk knüpfen, eine weitere Be⸗ festigung erführen. In der morgigen Sitzung wird die Adresse unterzeichnet werden. Im Verlaufe der heutigen Debatte hielt der oppositionelle Abg. Tichatscheff eine Rede, in welcher er die Vortheile einer Versöhnung zwischen Bulgarien und Rußland, und zwar unter Beibehaltung des Prinzen Ferdinand als Staatsoberhauptes, betonte. Minister⸗Präsident Stra mb uloff zählte darauf in einer mit größtem Beifall auf⸗ genommenen Rede die Anstrengungen auf, welche von der Regent⸗ schaft und späterhin von der der Regentschaft folgenden Regie— rung im Sinne einer Verständigung mit Rußland aufgeboten worden seien. Diese Anstrengungen seien jedoch vollständig resultatlos geblieben. Andererseits hob der Minister die lobende Anerkennung hervor, welche Bulgarien von mehreren Seiten zu Theil geworden sei, und deduzirte daraus, daß Bulgarien in . inneren Konsolidirung unentwegt weiter fortschreiten müsse.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (14) Sitzung des Reichstages, welcher der Staakssekretär Dr. von Boetticher sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien beiwohnten, stand als erster Gegenstand auf der Tages⸗ ordnung; die Fortsetzung der Berathung des von den Abgg. Rickert und Hr. Hermes eingebrachten Antrages, betreffend die in den Verwaltungen vorgekommenen Verstöße 6867 den 8. 43 Absatz 3, 4 und 5 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich, gegen §. 17 des , , . für den Deutschen Reichs⸗ kag vom 31. Mai 1869 (Bundes⸗Gesetzbl. S. 145 ff.) und gegen die 85. 3 und 258 des Reichsgesetzes gegen die

emeingefahrlichen Bestrebungen der Sozialdemo⸗ ratie vom 21. Oktober 1878.

Die Berathung war am Montag in Folge der Beschluß⸗ unfähigkeit des Hauses abgebrochen worden. Der Antrag Rickert⸗Hermes ist bereits mitgetheilt, Abg. Müller (Marien⸗ werder) hatte hierzu den Uebergang auf motivirte Tages⸗ * beantragt.

Abg. von Marquard sen rechtfertigte als Vorsitzender der Wahlprüfungs⸗Kommission das Verfahren und die Grund⸗ sätze der Kommission und . den Uebergang zur Tages⸗ ordnung über den Antrag Rickert, da der Antrag inhaltlich selbstverständlich und deswegen überflüssig sei.

Abg. Rickert wies auf die Verstöße von Beamten bei

den Wahlen als allgemein bekannte Thatsache hin und be⸗ zeichnete es als eine Pflicht des Reichstages, die Wähler in der freien Ausübung des Wahlrechts zu schützen. Der Redner olemisirte dann gegen die Ausführungen der Abgg. von arquardsen und Fieser und gab eine eingehendere Kritik der politischen Verhaltnisse in Baden, die von amt⸗ licher Beeinflussung keineswegs so frei seien, wie man sie darzustellen pflege. Antrag sei nicht von Rück⸗ sichten auf die kommenden Wahlen eingegeben, sondern verdanke seine Entstehung einer Anregung des. Abg. Miquel. Die Verstöße, die zur Kenntniß der Wahlprüfungs⸗Kommission gekommen seien Redner führte eine Anzahl im Detail vor reichten vollkommen aus, um den Antrag zu recht—⸗ fertigen. (Bei Schluß des Blattes dauerte die Rede fort)

(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet fich in der Ersten Beilage.)

In der gestrigen ersten Sitzung der Reichstags⸗ kommission iur Vorberatbung der Novelle jum Sejialistengefetz wurde auf Vorschlag des Vorsitzenden Grafen Behr beschlosen, von einer Generaldebatte Abstand zu nehmen, da gegen jwei Lesungen vorjunehmen Zum Referenten wurde Abg. Kurtz ernannt. Zu §. 1, welcher junächst zur Diskussion gestellt wurde, lag ein Antrag des Abg. Kulem ann vor, det eine Definition der unter die Bestimmungen des Geseßes fallenden Bestrebungen gab. Diese Definition lautete: Bestrebungen sezialdemokratischer, kommuniftischer oder anarchistischer (diese Bestimmung feblt im geltenden Gesetz) Natur sind als strafbar bezeichnet, sofern dieselben darauf gericktet sind: 1) auf gewaltsame Weise den Umsturz der bestebenden Staate ordnung berbeizufübren, 2) auf gewaltsame Weise oder durch eine die Eintracht der Bevölkerungeklassen gefäbr⸗ dende Anreijung zur Begebrlichkeit eine Aenderung der bestebenden wirtbschaftlichen Verbältnisse berbeijnführen, 3) durch beschimpfende, Aergerriß erregende Aeußerungen auf die religiösen Ueberzjeugungen Anderer, auf die Vaterlandsliebe oder auf die Institute der Familie und der Ebe, die sittlichen Grundlagen des Staats ju untergraben. In der über diese Anträge stattgebabten Debatte erklärte sich der Staats ⸗Minister Herrfurth gegen sie, da die in dem bisherigen Geseß gegebene Definition sich als ausreichend erwiesen babe. Bei der Abstimmung wurde zunäckst ein Antrag, den Antrag Kulemann einer Subkommission zu Üüberweisen, abgelebnt, sodann der Antrag Kulemann vom Antrazgsteller jurüg. gezogen, darauf ein Antrag Munckel: in dem Gesetz vom Jahre 1878 die Worte oder Gesellschaftzordnung‘“ zu streichen, abgelebnt und schließlich 8. 1 des Gesetzes von 1578 in der durch die Regierungs— vorlage modifizirten Fassung mit 15 Stimmen angenommen.

Im 5. Possener Landtagswahlbezirk (Kosten, Grätz, Neutomischel, Schmiegel) ist an Stelle des verstorbenen Oberst Lieutenants a. D., von ö Fabrikbesitzer Cegielski in Posen, Pole, mit 324 gegen Wettke, konserv., welcher 29 Stimmen erhielt, zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Im 5. Trierer Landtagswahlbezirk (Saarbrücken— Ottweiler⸗St. Wendel) ist an Stelle des verstorbenen Bergrath Jordan in St. Johann der Staats⸗-Minister von Maybach mit gämmtlichen 640 abgegebenen Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Seitungõstimmen.

Zur ersten Lesung der Sozialisten vorlage schreibt der „Hamburgische Correspondent“:

UNUeberblickt man die Reden, welche die erste Lesung des Sozialisten⸗ gesetzes ausgefüllt haben, so fällt ez zunächst auf, daß sich in den jenigen der Opposition ein unverkennbares Gefübl der eigenen Schwäche kundgiebt, da sie anstatt, überzeugender Darlegungen der Unzulässigkeit oder Entbebrlichkeit des Gesetzes nichts vor— zubringen wußten als eine Wiederholung der seit langer Zeit ver— nommenen Deklamationen, auf welche jedoch der Bedeutung der Sache balber sowie im Interesse der Richtigstellung verschiedener Meinungen nochmals eingegangen werden mag.

Genau so wie wir das Wesen des Sozialistengesetzes kurz darzu⸗ legen versucht haben, ist es von Seiten der Vertreter der verbündeten Regierungen sowie der Redner der nationalliberalen und konservativen Partei betrachtet und entsprechend vertreten worden, und zwar, wie die Abgg. von Cuny und Kulemann sich ausdrückten, als ein Spezalgesetz,. das als präventives dem blos regressiv wirken denden gemeinen Strafrecht jur Seite tritt. Eben diese Er⸗ gänzung des Strafrechts ist eine unabweisbare Nothmendigkeit, weil die bestehende Staats, und Gesellschaftgordnung es nicht in Ruhe abwarten kann, daß von Seiten der Sozialdemokratie zur Ver wirklichung ibrer Pläne übergegangen wird und damit die Voraus setzung der Anwendung des gemeinen Strafrechts eintritt. Denn dieses kebrt sich ur gegen den jur That gewordenen verbrecherischen Willen, mag er sich nun als wirklich vollendetes Verbrechen, oder als bloßer Versuch darstellen.

Ein einziger Punkt bat den Vertheidigern der Vorlage Anlaß zu Bedenken gegeben und jwar ihr wichtigster Punkt, nämlich die Absicht der verkündeten Regierungen, das bisher nur vrovisorische, auf Zeit erlassene Sozialistengeseß zu einem dauernden zu er. beben. Die Gründe indessen, welche die Herren gegen ein dauerndes Sonialistengesetz ins Feld geführt baben, fallen xricht schwer genug in die Waagschale, um die Argumentation ju erschattern, mit welcher die Reichsregierung in der dem Gesetzentwuif beigegebenen Begründung“ auf Grund der bisherigen Erfahrungen ihre An ⸗˖ schauung vertritt. Natürlich wird Or. Windtborst bei der zweiten Leung noch viel kräftiger die Nothwendigkeit betonen, daß der Rei stag arch nicht ein Tüttelchen seiner Macht- vollkommenbeit der Regierung gegenüber aus der Hand geben darf. Aber auch er wird nicht nachweisen können, daß die Re⸗ zierung ihre Befugniß mißbraucht hat, und es wird desbalb nament- lich für eine regierungefreundliche Partei, der die Herren doch ange⸗ hören, nicht so ängstlich auf einer schwerlich erforderlichen Kontrole ju besteben sein, wo so viel wichtigere Dinge in Frage stehen. In der Qpposition gegen die , at sich dieses Mal auch das Centrum befunden, dieselbe Partei, die das erste Mal zwar ins⸗ gesammt gegen das Gesetz gestimmt, dann aber bei sämmtlichen Erneuerungen in der entscheidendften Weise den unentbehrlichen Fort⸗ bestand des Gesetzes hat sichern belfen..

Eine selbstverständliche Folge unserer Auffassung des Sozialisten ˖ gesetzes, daß eg jwar singulaͤres Recht schafft, aber in der ihm unter worfenen Sphäre nichts als gemeines Recht ist, ift die, daß wir keine Bedenken gegen die Annahme der Vorlage als dauerndes 6 können. , früber oder später einmal die Gründe des Geseßes oder die Voraussetzungen seiner Anwendung fort, dann mag mit Lieb- knecht gesagt werden: eessante causa eessat effectus, und dann werden auf Erfordern wohl sämmtliche gesetzgebꝛnde Faktoren bereit sein, ein gegenstandelos gewordenes Gesetz zu beseitigen. Bis dabin wird es, gleichbiel ob als dauerndes oßer jeitweil iges Geseß, als unenthehr⸗ liches Prärentivmittel aufrechterbalten werden müssen, weil jeder Staat die Verpflichtung bat, sich gegen drobende Umsturzbewegungen oder Revolutionen ju schützen. Es dabei lediglich auf Repression an ˖ kommen zu lassen, dürfte ein sebr gewagtes Beginnen sein.“

Die „Mecklenburgischen Nachrichten“ beschäftigen sich mit den statistischen Ergebnissen der Kriminalität im

2 unter „Statistik und Volkswirthschaft“ und bemerken ierüber:

Die jäbrlichen statistischen Erbebungen über die von deutschen Gerichten wegen Verbrechen und Vergehen Verurtbeilten gelten mit Recht als ein Barometer der öffentlichen Rechtlichkeit und Tugend. Seit einer Reibe von Jabren wird nun die wenig erfreuliche Beobachtung gemacht, daß die Verbrechen und Vergeben gegen den Staat, die öffentliche Ordnung, die Religion und die Person sich in steigender Progression bewegen: Die ern gegen Staat, öffentliche Ordnung und Religion baben vom Jahre 1882, wo 51 623 Verurtheilungen erfolgten, bis auf 62 348 im Jabre 1887 juaenommen, und die Verbrechen gegen die Person haben sich von 107 393 im Jabre 1882 bis auf 137 15 im Jahre 18387 vermehrt. Das ist ein Zeichen der zunebmenden Verwilderung und des ungesetzlichen Sinnes, welcher die Obrigkeit, die Religion und die Rechte der Mitmenschen außer Acht läßt. Insbesondere nabm die Robbeit der Gesinnung, welche sich in Körperverletzungen und Gewaltthätigkeiten offenbart, in erschreckender Weise zu: Die gefährlichen r, r. ver⸗ mehrten sich ron 38 231 im Jahre 1882 auf 53 759 im Jabre 1857. Dagegen bewegte sich die Zabl der Verbrecken und Vergeben gegen das Vermögen, welche sich aus der wirthschaftlichen Norb er— klären, schon seit dem Jahre 1882 in absteigender Richtung: damals wurden 185 334 verurtheilt, im Jabre 1887 dagegen 154 652. Dieser Rückgang läßt darauf schließen, daß sich die wirtbschaftlichen Ver⸗ hältnisse im Allgemeinen gebessert und dazu beigetragen baben, die Zabl der Diebstähle ju vermindern.

Jetzt liegt nun eine statistische Uebersicht für 1885 vor. Diese weist einen weiteren Rückgang der Verbrechen gegen das Vermögen auf und bekundet erfreulicher Weise zum ersten Male seit einer langen Reihe von Jahren einen Rückgang der Verbrechen auch gegen Staat, öffentliche Ordnung, Religion und gegen die Person ..... Man wirtd freilich bieraus noch nicht alljuweit gebende Schlüsse zieben können, da hierzu erst die Erfahrung mehrerer Jabre erforder⸗ lich ist. Immerhin darf es als ein charakteristijches Anzeichen aufge⸗ faßt werden, daß, wäbrend bei all diesen Verbrechen und Vergeben fast ausnahmslos eine fortwährende und regelmäßige Steigerung zu beobachten gewesen ist, nunmehr fast überall in gleichem Maße ein Rückgang eingetreten ist. Vielleicht darf man diese Erscheinung dar= auf zurückführen, daß das ereignißreiche Jabr 1883 in Etwas die Zügellosigkeit der niederen Leidenschaften gemildert und das Bewußt⸗ sein für Ordnung und Gesetzlichkeit im Allgemeinen etwas verschärft kat; freilich zeigt jenes Jahr gerade eine Zunahme der Verurtbei⸗ lung wegen Majestätsbeleidigung (von 540 im Jabre 1887 auf 552). Der weitere Rückgang der Verbrechen gegen das Vermögen sie baben sich von 154745 im Jahre 1887 auf 152 552 vermindert bestätigt vollkommen die Richtigkeit der in den Vorjahren zu Tage getretenen Auffassung von der Verbesserung der wirthschaftlichen Verbältnisse und gewährt volle Berechtigung zu der Auffassung, daß auch das Jahr 1883 sich im Ganzen gesunder wirthschaftlicher Verhältnisse erfreut bat.“

Land⸗ und Forftwirthschaft.

Landes Oekonomie Kollegium. Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung beschäftigte sich das Kollegium mit der Frage, betreffend die Gewäbrleistung wegen Viebmängel.

Der Direktor der thierärztlichen Hochschrle Prof. Dr Die der⸗ boff⸗Berlin befürwortete folgenden Antrag der Kommission: Das Landes Dekonomie⸗Kollegium wolle beschließen: 1) Es empfehlt sich, beim Viebhandel die allgemeine Gewäbrleistung wegen Mängel der veräußerten Sache (38. 381, 382) bei sachgemäßer Abkürzung der Klagefrist (Verjäbrungsfrist ohne prinzipielle Ginschränkung) zuzu lassen. 2) Als zweckmäßig wird anerkannt, das beim Viebbandel der Erwerber die Gefahr des veräußerten Thieres erst vom Zeitpunkt der Uebergabe ju tragen bat. 3) Die gesetzliche Verjäbrungsfrist (Klage⸗ frist) für den Gewäbranspruch ist auf 5 Wochen nach dem Zeitpunkt der Uebergabe festzustellen. 4) Im Fall mehrere Thiere gleicher Art durch ein und dasselbe Rechtsgeschäft veräußert worden sind oder aus der⸗ selben Wirttichaft herstammen, oder endlich bei dem Veräußerer der Gefahr der Ansteckung ausgesetzt gewesen sind, so kann der Erwerber, wenn bei einem dieser Thiere eine ansteckende, leicht übertragbare Krank- beit innerbalb der Verjäbrungsfrift als Gewährsmangel festgestellt ist, innerhalb dieser Frist Wandelung bezw. Minderung für sämmtliche Thiere fordern. 5) Die dem Ankäufer wie dem Verkäufer in den S8. 402 und 403 beigelegte Befugniß, innerhalb der Gewährsfrist den Mangel durch Beweisaufnabme feststellen zu lassen, ist bei Annahme des römisch— rechtlichen Systems für die Verjährungsfrist beizubebalten. 6) Der Erwerber kann nur die Wandelung, nicht auch die Minderung ver⸗ langen. In den Fällen der S8. 423 und 430 findet jedoch nur die Minderung statt. ) Der Erwerber bat ron dem Mangel tbunlichst bald nach erlangter Kenntniß dem Veräußerer Mittbeilung zu ö 8) Die Borschriften der §§. 405, 406, 408 sind aufrecht zu erhalten.

Wäbrend der Begründung dieses Antrages erschien der Minister für Landwirtbichaft z, Dr. Freiherr Lucius von Ballbausen.

Der Referent fübrte aus, daß es, unmöglich sei, im Sinne des Entwurfs für die gesetzliche Sewährleiftung eine Liste von Haupt mängeln aufzustellen, welche die Interessenten befriedigen könne, denn die wichtigsten Febler seien in den geringeten Graden ihrer Entwickelung bei manchen Thieren unerheblich.

Ober ⸗Forstmeister Or. Danckelmann (Eberswalze) entgegnete: Wenn die Vertreter der Tbierarzeneiwissenschaft der Ansicht seien, daß eine befriedigende Hauptmängelliste nach der Natur der in Betracht kommenden Krankbeiten und Fehler nicht aufzestellt werden könne, so sei die Voraussetzung des Entwurfs hinfällig. In dem Hinweise auf die Verabredung einer besonderen Mängelgewähr könne ein aus⸗ reichender Ersatz nicht gefunden werden. Das System des Entwurfs begünstige daber die Händler, die sich vermöge ibrer Erfahrung und geschäftlichen Routine einen unbilligen Gewinn verschaffen und namentlich die unerfahrenen kleinen Leute überbortheilen würden. Das deutschrechtliche System sei bier noch nicht annebmbar. Da das gemischte Wirthschafts vstem den Erwerber einfeitig zu sebt begünstige, so bleibe nur die römisch rechtliche Haf—⸗ tung übrig, deren Mängel im Interesse der Landwirthschaft zweck mäßig dahin korrigirt werden könnten, daß die Verjährungsfrist ab⸗

ekärst, dem Erwerber die Anzeigerflicht gesetzlich auferlegt und dem e gere; das Recht der Wandlung gewäbri werde, wenn der Er⸗ werber den Anspruch auf Preisminderung erbeben sollte.

Gebeimer Ober · Regierungs · Rath Dr. Thiel (Berlin) befürwortet folgenden Antrag: ‚Die Bestimmungen über die Gewähr im Vieh bandel sind nach folgenden Grundsätzen zu regeln: 1) Es muß volle Vertragsfreiheit berrschen, daß Verkäufe obne jegliche Garantie mit auf einzelne Febler oder Eigenschaften beschränkten Garantien oder mit voller Garantie in jeder beliebigen Abstufung möglich sind. 2) Für die Fälle, in denen keine besonderen Verabredungen getroffen sind, soll der Käufer nur für bestimmte Mängel und bestimmte Fristen baften, die durch Kaiserliche Verordnung feftzusetzen sind. In die Liste solcher Fälle sind alle den allgemeinen Ge— brauch- und Verkaufswerth erbeblich schädigenden Mängel aufzu—⸗ nehmen, welche für die praktischen bier allein in Setracht kommenden Zwecke genügend sicher bezeichnet werden können. Die Gewäbrsfristen far diese Mangel sind, soweit es sich um Krankbeiten bandelt, nach dem Durchschnitt der Dauer des Krankbeitsverlaufes einer genügend

roßen Anjabl von Fällen zu bestimmen; soweit Untugenden in Frage ommen, genügt eine Gewäbrsfrist, welche hinreichende Zeit zum Er kennen der betreffenden Eigenschaften gewährt.“

Rittergutsbesitzer Knauer (Gröbers) beantragte: Das Landes Oekonomie Kollegium wolle beschließen: Im neuen bürgerlichen Gesetzbuch soll in Betreff der Gewäbrsmängelfrist beim Viebhandel festgestellt werden, daß die Zurdispositionsstellung wegen Gewährs⸗ mängel binnen 24 Stunden nach der Kenntnißnahme Seitens des

Jahre 1888 (vgl. Nr. 263 des „R. u. St.⸗A.“ in der Ersten

Käufers, mindestens aber binnen sechs Wochen erfolgen muß.“