1889 / 272 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Nov 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Agitation und von verbotenen sozialdemokratischen Flugblättern in seiner Verfügung gesprochen hat. Hr. Träger hat behauptet, solche Verstöße von Beamten seien nur gegen die oppo⸗ sitionellen Parteien vorgekommen, eine konservative Wahl⸗ versammlung werte niemals verboten, nur für die Kartell⸗ parteien werde von Beamten agitirt. So liegt die Sache doch nicht. Nach einem Referat der „Freisinnigen Zeitung“ vom 3. Oktober 1889 hat ein Gemeindevorsteher im Kreife Insterburg die Vertheilung von Stimmzeiteln und Flug— blättern zu Gunsten der freisinnigen Partei angeordnet, er hat sogar den Wählern als Gemeindevorsteher Steuerermäßi⸗ ung versprochen, wenn sie für die freisinnige Partei 46 würden. Da hat der Gemeindevorsteher aller— dings das Unglück gehabt, abgefaßt zu werden von dem lediglich aus freisinnigen Mitgliedern bestehenden Kreis—⸗ ausschuß. Das würde ja dem Abg. Träger gefallen, wenn die Regierung bei den Wahlen eine neutrale Stellung beobachtete. Wenn aber er und seine Freunde die Wähler aufklären wollen, dann müssen sie es auch der Regierung von ihrem Standpunkte aus gestatten. Hoffentlich wird die Re⸗ gierung das immer thun, und darin liegt kein Verstoß gegen das Wahlgesetz. Wir sind fest überzeugt, daß in dem Antrag Rickert ein Mißtrauensvotum gegen die Bundesregierungen liegt, und dazu werden wir uns niemals hergeben. Abg. Freiherr von Heereman verzichtet auf das Wort. Abg. Müller-Marienwerder: Der Abg. Rickert hat sich mit nebensächlichen Punkten beschäftigt, die mit der Begrün⸗ dung seines Antrages nichts zu thun haben. Was den Fall Henneberg anbetrifft, so muß ich meine Bemerkungen aufrecht erhalten. Die Wahlprüfungskommission hat die Frage, ob das Verfahren des gothaischen Ministeriums iorrekt gewesen sei, ausdrücklich bejaht. In dem schriftlichen Bericht der Wahlprüfungskommission heißt es, daß die Begründung des gothaischen Ministeriums eine zutreffende sei und daß eine enger umgrenzte und den gegebenen Verhältnissen unmittelbarer entnommene Thatsache sich kaum denken lasse. Dies hat nur die Minderheit der Kommission in Abrede gestellt. Durch die Gültigkeitserklärung der Wahl des Abg. Henneberg hat sich der Reichstag der von mir vertretenen Auslegung des Sozia— listengesetzes angeschlossen. Wie ungerechtferligt der Rickert— sche Antrag ist, hat die Bezugnahme auf die Muser'sche Bro— schüre gezeigt. Hat denn Hr. Rickert gar kein Verständniß dafür, daß er in dieser Sache dem Bundesrath gegenüber eine eklatante Niederlage erlitten hat? Für das Deutsche Reich ist es ja weiter kein Unglück, wenn Hr. Rickert in dieser drasti— schen Weise von Mitgliedern des Bundesraths abgeführt wird. (Der Präsident rügt diesen Ausdruck als unparlamentarisch.) Aber das wäre ein Unglück für das Ansehen und die Würde des Reichstages, wenn die Einzelstaaten von uns aus Gelegenheit erhielten, dem Reichstage gegenüber solche unbegründeten An⸗ griffe zurückzuweisen. Jede Regierung wird sich gekränkt füh— len, wie es die badische gethan hat, und wenn wir nicht den Beweis dafür, daß unsere Vorwürfe begründet sind, erbringen, so werden sie uns in jedem Falle eine Niederlage bereiten. Ob Muser Recht hat, oder der Herr Bundesbevollmächtigte, können wir hier ja nicht ohne Weiteres entscheiden, im Zwei— felsfalle möchte ich aber dem Letzteren größeren Glauben bei⸗ messen, weil ihm das amtliche Material zu Gebote steht. Hr. Rickert ist darauf zurückgekommen, daß er etwas Selbstver— ständliches, aber auch ganz Harmloses verlange und nicht begreife, wie Jemand eine solche Aufforderung übelnehmen könne. Der Abg. Rickert ging so weit, zu behaupten, die Beamten glaubten sich der Billigung der vorgesetzten Behörden zu erfreuen, wenn sie bei den Wahlen einen Druck ausübten. Liegt darin nicht eine Andeutung, daß dies von den Regierungen gebilligt wird? Rickert hat zu verstehen gegeben, daß die Regierungen, wenn sie nicht nochmals diese Instruktion ausdrücklich vor jeder Wahl wiederholen, eigentlich im Hintergrunde die Absicht haben, diese Ansicht bei den Wahlen wachzuhalten. Das ist eine ganz unerhörte Insinuation, die Hr. Singer etwas deutlicher und offener ausgesprochen hat. Un⸗ genauigkeiten in meinem neulichen Vortrage können mir nicht vorgeworfen werden. Daß ich den Fall Henneberg richtig aufgefaßt habe, habe ich bereits bewiesen. Auch in dem Fall Schmidt (Sagan) ist ein Verstoß gegen das Gesetz nicht nach— zuweisen. Das Material in dem dazu eingegangenen Proteste läßt sich nicht für die Behauptung verwerthen, daß der Amts— vorsteher in Kottwitz sich einer tendenziösen Anwendung des Gesetzes zu Ungunsten der Liberalen schuldig gemacht habe. Bei diesem Fall kamen geradezu Kuriosa vor? in der Wahl— prüfungskommission wurde von freisinniger Seite der Antrag gestellt, die Wahl des Abg. Schmidt (Sagan) für ungültig und an dessen Stelle den Ober-Bürgermeister von Forckenbeck für gewählt zu erklären. Hrn. Träger bemerke ich, daß ich die Kompetenz des Reichstages, sich mit dieser Sache zu beschäftigen, durchaus nicht bestritten habe; der Reichstag muß dann aber für einen solchen Antrag eine andere Begründung haben als die, welche sich auf Zeitungsnotizen und anderes unbegründetes Material stützt. Was für ein Zetermordio würde in der Presse erhoben werden, wenn z. B. in Preußen der Minister des Innern auf Grund von Zeitungsnotizen, vielleicht auf Grund einer Rede des Hrn. Stöcker, in die Kommunalverwal⸗ tung Berlins eingriffe. Ebenso unzulässig ist hier ein Eingriff des Bundesraths in die Verwaltung der Einzelstaaten. Der Abg. Träger bestritt meine Behauptung, daß zur Vertheilung von Flugblättern ein Wandergewerbeschein erforderlich sei. Nach der bezüglichen Gewerbeordnungsvorschrift, deren Vater ja der Abg. Träger selost ist, in Verbindung mit dem Preß— gesetz trifft diese meine Behauptung vollständig zu. Wenn der Abg. Träger das seiner Zeit selbst in die Gewerbeordnung hineingebracht hat, so hat er damals flüchtig gearbeitet.

Präsident von Levetzow: Der Hr. Abg. Müller hat esagt: „Wenn es Jemand unternehmen wollte, an den Abg.

ickert das Ersuchen zu richten, in Zukunft logisch und ver— nünftig zu sprechen, so würde er diesen Ausdruck mit Recht für eine Impertinenz erklären können.“ Es kommt nicht so sehr auf den strengen Wortlaut wie auf den Sinn an, den ein Redner in seine Bemerkung legt. Ich muß diesen Sinn bier dahin verstehen, daß ich diefe Redewendung des Abg. Müller für parlamentarisch unzulässig erkläre. (Abg. Muller meldet sich zum Wort zur Geschäftsordnung.) Ich bemerke, daß zur Geschäftsordnung Einwendungen gegen das, was ich eben gesagt habe, nicht zulässig sind.

Abg. Müller Gur Geschäfisordnung): Ich verwahre mich nur dagegen, daß ich irgend an die Möglichkeit gedacht haben sollte, in meinen Worten den Sinn gefunden zu sehen, als ob ich irgendwie ernstlich eine derartige Bemerkung über den Abg. Nickert hätte machen wollen.

Abg. Singer: Der Herr Bevollmächtigte für Baden hat

behauptet hat. Er führte an, daß das verboten sei. Man sollte doch von Jemandem, der eine große Partei des Landes beschimpft . ;

Präsident von Levetzow: Hier in diesem Hause beschimpft Niemand etwas. .

Abg. Singer: Der Artikel ist nur ein Abdruck aus Berliner Blättern gewesen, in denen derselbe unbeanstandet erschienen war. In demselben war auch nicht eine Spur von Bestrebungen, die unter das Sozialistengesetz fallen. Die Reichskommission hat das Verbot auch wieder aufgehoben, was ja nicht selten ist. In keinem Lande werden so viele Verbote aufgehoben, wie in Baden. Die übrige Arbeiterpresse, in welche der Artikel übergegangen, ist nicht verboten wor⸗ den. Die Auffassung in der Muser'scken Broschüre entspricht auch den Thatsachen. In dem Verfasser derselben lebt noch das alte juristische Gefühl, von dem unser Richterstand vor dem Sozialistengesetz beseelt war. Muser will nicht Verbote von Zeitungen und Vereinen, nicht Aus⸗ weisungen von Personen auf Grund einer Tendenz, sondern nur von Thatsachen, die einen berechtigten Grund dafür ab⸗ geben. Darin liegt das Verdienst der Broschüre. Was die Einquartierungen betrifft, so hätte der Bevollmächtigte für Baden richtiger darüber referiren können. Den Gastwirthen, deren Geschäft man vorher durch das Verbot für die Soldaten, in denselben zu verkehren, fast ruinirt hat, wurde doch die Last der Einquartierung auferlegt. Ist es da nicht erklärlich, wenn die sozialdemokratische Presse fragte, wie das stimmen könne, und selbst auf die Gefahr des Verkehrs der einquar— tirten Soldaten mit den Sozialdemokraten in diesen Gast— wirthschaften hinwies? Daß die Sozialdemokraten die Armee zum Treubruch verleiten wollen, hat der Bevollmächtigte für Baden nicht nachgewiesen. Auch der Nachweis, daß gegenüber Herrn Geck das Sozia— listengesetz zur Anwendung gebracht werden mußte, ist Hrn. von Marschall nicht gelungen. Ich habe nicht gesagt, daß der mecklenburgische Erlaß aus Anlaß der letzten Ersatz= wahl entstanden, jondern nur, daß er dadurch in Funktion getreten ist. Auf die Beschwerde ist nur die Widerrechtlichkeit der Verhaftung ausgesprochen, die strafrechtliche Verfolgung des Amtsverwalters von Oertzen aber abgelehnt worden. Ich selbst habe die Ueberzeugung, daß Hr. von Oertzen der Wider— rechtlichkeit seines Erlasses sich bewußt war. Die Wähler ge⸗ rathen hierbei in eine Zwickmühle; strafrechtlich wird der Be— treffende nicht verfolgt, und das Disziplinarverfahren wird abgelehnt, weil er strafrechtlich nicht verfolgt werden kann. Das Vertrauen in den Rechtsstaat geht dabei vollständig in die Brüche. Aus den Ausstellungen des Abg. Müller gegen mich geht nur hervor, daß er und seine Partei Alles, was gegen meine Partei geht, nicht unter die Rubrik der Wablbeeinflussungen stellt. Ein objektives Urtheil ist bei Ihnen eben ganz und gar unmöglich. Der vorliegende Antrag ist aber an eine Adresse gerichtet, die pflichtmäßig das Wahlrecht zu schützen hat. Dadurch, daß sich alle Verhandlungen hier im Reichstage zu einer Verurtheilung der sozialdemokkatischen Partei zuspitzen, erkennen Sie nur die Wichtigkeit unserer Partei an. Weil Sie gegenwärtig über die Majorität ver— fügen, haben Sie nicht das Recht, derartig gegen uns vor— zugehen. Spielen Sie doch nicht gar zu sehr mit der Macht, die Sie jetzt in Händen haben, und lassen Sie sich bisweilen auch ein klein wenig von dem Rechtsgedanken leiten! Damit schließt die Diskussion. Persönlich bemerkt Abg. Fieser: Gegen den Vorwurf des Abg. Rickert, daß ich ohne eine Veranlassung meine reaktionäre Gesinnung über Beschränkung der Redefreiheit ausgesprochen habe, behaupte ich, daß meine Au führungen durch die unerhörten Aeußerungen des Abg. Singer und des Abg. Rickert hervorgerufen sind über unsere Landesfürsten und über die Zustände in Baden. Der Abg. Rickert hat zwar versucht, in seinen heutigen Ausführungen seine Aeußerungen abzuschwächen. Hr. Rickert hat sich mit Hohn dagegen erklärt, daß man Baden einen Musterstaat nenne; die Mißstände forderten geradezu eine Bundezexekution gegen Baden heraus. Nicht den Schatten eines Beweises hat er für seine Behauptungen erbracht. Wenn ich mich mit Bezug auf die Acußerungen Singer's auf den Ordnungsruf des Herrn Präsidenten berufe und diese dadurch als abgethan betrachte, so berufe ich mich bezüglich der Acußerungen des Abg. Rickert auf die Anschauung aller Parteien des Hauses, wonach es unzulässig ist, ein ganzes Land ohne irgend einen Grund oder den Schein eines Rechts bloßzustellen. Im Schlußwort bemerkt Abg. Rickert: Nachdem der Herr Präsident den Abg. Müller bereits rektifizirt hat, ist es mir nicht mehr möglich, ihm zu sagen, was ich über seine Methode zu diskutiren denke. Ich ziehe nur die Konsequenz, wenn ich keinen Grund sehe, mit diesem Herrn weiter zu diskutiren. Das Parlament, welches sachliche Dis— kussionen gebietet, wird dadurch herabgewürdigt. Gegen Hrn. von Marschall bemerke ich, daß ich bezüglich der badischen Preßverhältnisse meine Angaben nicht aus der Muser'schen Broschüre habe. Ich leitete die gegenwärtigen badischen Preßverhältnisse aus dem System der AÄmtsverkün⸗ diger her. Wenn das eine interne badische Angelegenheit sein soll, die hier nicht zu diakutiren sei, so bitte ich aber auch, mir nicht zu sagen, daß ich mich nur mit ö die Muser'sche Broschüre über sie ausgelassen habe. ir miß⸗ fällt auch durchaus nicht Alles in Baden. Im Gegentheil, ich liebe die Badenser, und auch Hr. von Marschall hat nicht das badische Wesen völlig abzustreifen vermocht, obgleich das bei der Vertretung einer solchen Politik leicht möglich ist. Der Schwerpunkt der Diskussion liegt für mich in der von ihm gegebenen Inter— pretation des 5. 9 des Sozialistengesetzes. Ich hoffe noch, daß auch dieser Reichstag diese Interpretation nimmermehr annehmen wird, daß nämlich, wenn einmal eine Versamm⸗ lung, in der ein sozialdemokratischer Redner gesprochen hat, aufgelöst ist, diesem Redner überhaupt nicht mehr in Ver— sammlungen zu reden gestattet wird. Auch insofern ist die Debatte für mich aufklärend gewesen, als einer der Herren von rechts die Aufrechterhaltung einer völligen Neutralität der Regierung bei den Wahlen für unmöglich erklärt hat. Die Regierung ist die Hüterin der Gesetze, und das Wichtigste, die Wahlfreiheit, zu schützen, ist immer ihre Pflicht. Wenn Sie auch von unbewiesenen Thatsachen sprechen, so ist doch konstatirt, daß im Lande eine Masse von Beschwerden vor⸗ handen sind. Wir haben seit dem Jahre 1878 und seit jener glänzenden Rede des Abg. von Bennigsen gegen das Sozialistengesetz in Bezug auf reaktionäre Wandlungen ganz kolossale Fortschritte gemacht. Das Rechtsgefühl sst durch

nicht die Spur eines Beweises für die Dinge erbracht, die er

die Handhabung des Sozialistengesetzes geradezu abgestumpft

„Südwesideutsche Volksblatt“ wegen eines Artikels über die Muser'sche Broschüre

und dieser Schaden ist unreparirbar, besonders wenn Sie jetzt ein solches Gesetz für immer annehmen. Wenn Sie unz unsere heutige Niederlage vorhalten, so wünsche ich uns noch viele solcher Niederlagen, wenn wir dabei nur immer die wichtigsten Rechte des Volkes schützen. Der Antrag Müller, welcher lautet: Der Reichstag wolle beschließen: in Erwägung, daß in allen Zällen, in welchen bei Prüfung von Wahlen Verstöße gegen den 8 43 Absatz 3, 4 und 5 der Gewerbe—⸗ ordnung für das Deutsche Reich, gegen 5 17 des Wablgesetzes für den Deutschen Reichstag und gegen die 5§. 9 und 28 des Reichs— gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozial- demokratie vom 21. Oktober 1873 festgestellt worden sind, Seitenz des Bundesraibs die vom Reichstage gewünschten Mittheilungen an die Regierungen der Bundesstaaten gemacht worden sind, in fernerer Erwägung, daß nach dem Inhalt der Reichstags. wahlakten die Annahme begründet erscheint, daß die von Behörden oder Einzelbeamten begangenen Verstöße der beregten Art, soweit sie rechtzeitig zum Gegenstand von Beschwerden bei den oberen In stanzen gemacht worden sind, ihre Remedur gefunden oder, soweit sie nicht rechtzeitig ankänzig gemacht, sondern erst später zur Kognition der vorgesetzten Instanzen gebracht sind, doch demnächst ihre Rüge erfahren haben, in Erwägung endlich, daß die Verpflichtung aller Bebörden und Beamten die genanaten gesetzlichen Vorschriften genau zu beobachten, selbstverständlich ist, über den Abgeordneten Rickert und Dr. ũ ber norden. ö. wird gegen die Stimmen des Centrums, der Freisinnigen, Polen und Sozialdemokraten angenommen. Mit der Minder . stimmen auch die Nationalliberalen: Hoffmann (Königs erg), Dommes, Poll, sowie der fraktion lose Hildebrand.

Schluß nach 41 Uhr.

Antrag der Hermes zur Tagesordunng

Statiftik und Volkswirthschaft.

Die Eisenbahnen Deutschlands, Englands und Frank- reichs in den Jahren 15835 bis 1857.

Das neueste Heft des Archivs für Eisenbahnwesen“ bietet eine statistische, aus amtlichen Quellen geschöpfte Uebersicht über die Ent⸗ wickelung des deutschen, englischen und französischen Eisenbahnnetzes in den Jahren 1885 bis 1887, welcher die folgenden Angaben zu Grunde liegen: -

Voran zu bemerken ist, daß die Angaben für Deutschland sich auf das Betriebsjahr, für England und Frankreich auf den Jahre schluß beiieben, ferner, daß die Zablen für Frankreich nur das euro— päische Frankreich betreffen, und zwar die Haupt- und Nebenbahnen (lignes d'intérét gensral et local).

Die Betriebslänge der Bahnen in Deutschland betrug am Jabresschluß 1857 88 3983561 km gegen 37 511 Km am Jahresschlu⸗ 1385 56, in England am Jahresschluß 13887 31 521 ẽRm gegen 30 867 km am Jahresschluß 1885, in Frankreich Ende 183 3397? km gegen 32236 km Ende 1885. Die Zunahme der Be triebslängen in den Jahren 1885 bis 1887 berechnet sich mithin für Deutschland auf 4,9 F, in England auf 2,2 o, in Frankreich anf 84 Co. Die Betriebs länge der deutschen Babnen war gros ßer als die der englischen bezw. französischen (Ende 1387 883 verglichen mit dem Jabresschluß 1887) um 7340 km bew. 5389 Em-

Das gesammte Anlagekapital bezifferte sich Ende 188783 beiw. 1887 für die Cisenbahnen Teutschlands auf 3 62 146 949 (gegen 1885 86 um 1,9 C, höber), für die englischen Bahnen au 15 919 433 0560 M (gegen Ende 1885 um 3,7 G höher), für die fran, zösischen Bahnen auf 10 856 000 000 M (gegen Ende 1885 um 477 *, höher) Das in den deutschen Bahnen angelegte Kapital war mithin um 7017286131 niedriger als das in den englischen und um gö3 S538 O01 S niedriger als das in den französischen Bahnen an— gelegte. Auf den Kilometer kamen Ende des Jahres 1887 / 88 in Deutschland durchsénittlich 255 071 6 (Ende 18855/3665 261 355 4 oder 24 c weniger), in England Ende 1887 536 767 0 (gegen 528 714 M Ende 1855 oder 1,5 0,½ mehr), in Frankreich Ende 185 319 557 ½ (gegen 321 593 6 Ende 1885 oder O,6 i weniger)

Als Gesammt Betriebs Einnahme buchten die deutschen Eisenbahnen Ende 1887388 1989 621 592 (gegen 94 51 1 785 Ende 18385 86 oder 8,6 υη mehr), die englischen Bahnen Ende 185 1418857520 4 (gegen 1391 115 480 ς Ende 1885 oder 26h mehr), die franjösischen Bahnen Ende 1887 S57 182 414 (gegen S54 324 747 M Ende 1885 oder O,. 5 οίσ mehr).

An Gesammt-Betriebs⸗-Ausgaben erforderten die dent, Sen Eisenbahnen Ende 188786 574 106 827 (gegen 560 6560 og3 Ende 1885/86 oder 2,4 c mehr), die englischen Bahnen Ende 1857 41 265 329 6 (gegen 735 7598 i40 ½ Ende 1885 oder 6.7 5 mebh), die franjösischen Bahnen 4566 334 569 (gegen 477187 761 4 Ende 1885 oder 4,4 , weniger).

Das Verhältniß der Ausgabe zur Einnahme berechnet sich hiernach für die deutschen Eisenbahnen Ende 185785 aus 52.69 7/o gegen oö, 88 o Ende 1885,86, war also um 6 6 Jo günftiger; für die englischen Bahnen ergeben sich für Ende 1887 gegen 1885 52,2 69 gegen 55,2 Co, mithin ein um 1,9 c günstigeres, für die französischen Babnen 53,2 o gegen 55, 9 Co, also ein um 4 86 gün— stigeres Verhältniß als zwei Jahre vorher.

Die Verzin ung des Anlagekapitals betrug in Deutschland an den bezüglichen obigen Jahresschlüssen 5, 17 gegen 4,4259, war also Ende 1387.33 um I do höber als Ende 1885,86; in England 960 gegen 4,02 , war also Ende 1887 0,5 o niedriger als Ende 1885; in Frankreich berechnete sie sich für Ende 1885 auf 3 64 6; für Ende 1887 feblen die Angaben.

Die durchschnittliche Verzinsung des Anlagekapitals ist in den Jahren 1885.57 bei den dentschen Bahnen um O, 75 Co ge— stie gen, bei den englischen um G02 gefallen. Die höchste Dividende für die Stammaltien erzielten von den deutfchen Pri vathbgbnen im Jahre 1887 die Ludwigs Eisenbahn (Nürnberg Fürth) mik 21 cο und die Lübeck-Büchener Gifenbahn mit 725 9 Die preußischen Staatsbahnen ergaben für 1887,88 durch schnittlich 5.78 0 auf das verwendete Anlagekapital.

Auf den Kilometer Eisenbahnen kamen: Einnahmen: in

Deutschland 28 267 gegen 26 768 M oder 1887,88 5, 5 Co mehr als 1885/85; in England 45913 M gegen 45 075 * oder 185 O, 1 9ioC& weniger als 1885; in Frankreich 25 575 4 gegen 26 740 oder 1887 4,4 00 weniger als 1885; Ausgaben: * in Deutschland 14 1 gegen 15 091 M oder 1,3 0/0 weniger, in England 23 56 A gegen 25 308 M oder 1,ů2 weniger, in Frankreich 15 618 M gegen 14 634 M oder 79, weniger. Der Per sonen verkehr steigerte sich auf den deutschen Bahnen in den zwei Jahren von 275 440 45 beförderten Perfonen auf 3l5 991 747, d . um 14,7 o; auf den englischen Bahnen (die Karten inhaber 1885 924 542, 1887 1066 585 mitgerechnet) von 698 137 573 Personen auf 734 744 620, d. i um 5,2 Go; in Frank⸗ reich von 222 296 822 Personen auf 226 571 024, d. i. um 1.9 Jo.

Die aus em Personenverkehr erzielte Einnahme (einfchließlich der Nebenertrãge) bob sich in Deutschland auf 293 896 21 S (gegen 23 923 360 . d. i. um 7.3 , fiel aber für die Person von durch ; schnittlich 0, 99 auf O,. 3 M, also um 66; in England nahm sie im Ganzen von 595 480 410 M zu auf 511 265 740 4, fiel aber im Durchschnitt, für die Person berechnet, von 085 4A auf G. 3 M oder um 2,3 ; in Frankreich betrug die Vergrößerung der Gesammt. einnahme aus dem Personenverkehr gegen 1885 6 844 8io b (88 385 8656 293 M4 oder 2, “!,: der Burchschnitt Pro Perfon blieb

1,48 A

Im Güterverkehr wurden auf den deutschen Eisenbahnen im Jahre 1857/83 177 368 209 t, 28 389 145 t oder 19, 1 ½ο mehr als 1885/86 befördert; in England 1887 268 926 884 t, 11 638 430 t oder 4.5 vo mehr, in Frankreich 80 284 752 t, 3 151 327 t oder 4.190 mehr alg 1385. Die Einnabmen aus dem Güterverkehr beziffern sich (einschließlich der Nebenerträge) für die Babnen in Deutschland 1887,88 auf 750 733 074 6, um S0 724 978 S oder 12 *0 böber als 1885/ñ86 (bagegen pro Tonne um 5, 8 Go niedriger, 449 Æ durchschnitilich gegen 423 6). Auf den englischen Bahnen hat die Einnahme aus der Güterbeförderung in den beiden Jahren um 9 387 080 M, oder 1,3 ½ 0 zugenommen und Ende 1287 746 825 980 M betragen (wogegen die Einnahme pro Tonne von 2,87 M durchschnittlich auf 2,8 M, also um 3,1 9,— herabgegangen ift). In Frankreich ist die Einnabme für Eisenbabngüler von 1885/87 um 3 201 507 S, nämlich von 490256 461 Æ auf 487 054 954 M, d. i. um O7 oυά: gesunken (pro Tonne im Durchschnitt von 6.358 M auf 6,07 Æ oder um 4. 6 ü).

An Betriebsmitteln besaßen die deutschen Bahnen Ende 1887188 12811 Lokomotiven (3861 mehr als Ende 1885,86), die englischen Bahnen Ende 1887 15 552 Lokomotiven (356 mehr als Ende 1885), die französischen Bahnen 9747 (311 mehr). Personen⸗ wagen waren auf den deutschen Eisenbabnen zu derselben Zeit vor— banden 23 703 (368 mehr), auf den englischen 35 021 (1363 mebr), auf den französischen 22 637 (655 mehr). Güterwagen wurden auf den deutschen Bahnen Ende 1887/88 gezählt 254 385 (4072 mehr als Ende 1885/86) auf den englischen Ende 1887 499 gor (1017 mehr als Ende 1885), auf den französischen Bahnen 249 241 (6928 mehr).

Aus vorstebenden Zablen ergiebt sich somit, daß Deutschland in Bezug auf die Ausdehnung seines Eisenbahnnetzes so— wohl England als Frankreich überragt, daß dagegen das in den Eisenbahnen angelegte Kapital sowie der Verkehr, die Einnabmen und Ausgaben in England wesentiich größer sind als in den beiden anderen Ländern.

Literatur.

Lehrbuch des Versicherungsrechts von Dr. William Lewis, o. 5. Professor der Rechte an der Universitä: Greifs⸗ wald. Stuttgart. Verlag von Ferdinand Enke, 1889. 360 S. (Preis 7 A) Der Verfasser erörtert den von ibm zur Bearbeitung gewählten Rechtsstoff in 8 Kapiteln, von denen das erste unter der Ueberschrift „Allgemeine Lehren‘ sich mit dem Gegenstand, der Gefahr und der Dauer der Versicherung, sowie mit den besonderen Versiche. rungs formen der Rückversicherung und der sogenannten laufenden Ver— sicher ung, d. h. der Versicherung unbestimmter Vermögenswerthe während eines bestimmten Zeitraums eschäftigt, wogegen das zweite Kapitel die beim Versicherungs vertrage vor- kommenden Personen, insbesondere die Versicherungsgesell⸗ sckaften resp. Anstalten, das dritte Kapitel die Abschließung des Versicherungsvertrages, sowie die rechtliche Natur der Versiche⸗ rungspolicen . In den beiden folgenden Kapiteln gelangen sodann die aus dem Versicherungsvertrage sich ergebenden Verbindlich⸗ keiten des Versicherungsnehmers resp. Versicherten einerseits und des Versicherers andererseits zur Darstellung. Nachdem hierauf noch im sechften Kapitel von der Aufhebung des Versicherungsvertrages ge— bandelt worden, werden im siebenten Kapitel die Besonderheiten der sog. Personenversicherung und deren Unterarten (Lebens-, Aussteuer⸗ Alters“, Militärdien t-, Geschworenendienstversicherung) einer Erörte⸗ tung unterzogen und im Anschluß bieran endlich im achten Kapitel die Grundzüge der durch das neueste Reichsrecht geschaffenen Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Alters versicherung dargestellt.

Der Verfasser hat das weitschichtige, zum Theil aus entlegenen Qellen beschaffte Material mit großem Fleiß jusammen getragen und hiermit ein übersichtliches Gesammtbild des heutigen Versicherungs— rechts ergestellt, sedaß seine in dem Vorwort ausgesprochene Hoff⸗ nung, daß das Buch nicht nur den Studirenden, sondern auch den praktischen Juristen, wie den Geschäftsmännern von 66. werde, eine wohlbegründete ist. Weniger glücklich dagegen scheint uns der Verfasser in der rechts wissenschaftlichen Bearbeitung des dargebotenen Stoffes gewesen zu sein. Schon die versuchte Definition des Versicherungs vertrages dürfte erheblichen Bedenken unterliegen. Der Verfasser will als Versicherung im Rechtssinne nur diejenigen . gelten lassen, in denen 1) die übernommene Gefahr eine den

egenstand der Versicherung von außen her treffende ist, nicht in dem Gegenstand selbst liegt, 27 die Möglichkeit eines auf ganze Reiben von Verträgen gerichteten, nach einem festen Geschäfts— plan eingerichteten, speziell auf statistischer Grundlage beruhenden Betriebes, wobei die Höhe des Entgeltes nach einer Durchschnitts— berechnung festgesetzt werden kann, gegeben ist? (S. 20). Der Verfasser meint, diese Begriffsbestimmung ertspreche den Anschauungen des Geschäftslebens und müsse daber als eine gewohnbeitsrechtliche gelten. Dem nabeliegenden Einwande, daß darnach eine vereinzelt, d. h. nicht gewerbsmäßig abgeschlossene Versichzrrung auf Prämie wegen Mangels des Requisits zu 2 kein Versicherungevertrag, mithin, entgegen der Vorschrift des Art. 271 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs, niemals Handelsgeschäft sein würde, begegnet der Verfasser durch die Bemerkung, es genüge, wenn das Geschäft zu denen gehöre, „bei denen ein planmäßiger Betrieb sich im Geschäftsleben ausgebildet hat und auch die Regel bildet“ (S. 22). Wie der Verfasser sich hiernach das juristische Wesen der Versiche⸗ rung eigentlich denkt, ist nicht recht ersichtlich. Unseres Ermessens fällt unter den Begriff der Versicherung jeder zweiseitige Vertrag, durch welchen Jemand gegen Entgelt den Ersatz desjenigen Vermögens— schadens übernimmt, der einem Andern aus einem bestimmten Er— eigniß drobt. Durch seine Eigensckaft als Schadensersatz⸗ vertrag unterscheidet sich ein solcher Vertrag ohne Weiteres von dem Sxiel! und Wettvertrage, durch seine Eigenschaft als zwei⸗ seitiger Vertrag von der Bürgschaft, welche auch dann, wenn sie gegen Entgelt übernommen wird, den Charakter eines einseitigen Vertrages bebält. (Soweit in solchen Fällen ein zweiseitiger Vertrag vorliegt, ist dies nicht die Bürgschaft selbst, sondern der betreffende Vorvertrag, das sog. pactum de interceden do) . Ob die vertrags— mäßig übernommene Gefahr dem Versicherungsgegenstand immanent ist oder ibm von außen droht, ist hierbei völlig gleichgültig. Als echte Versicherung gilt uns daher z. B. auch der Vertrag, durch welchen ein Werthpapier gegen die in der Zeit zwischen dem Ankauf und der Ausloosung desselben eintretenden Kursschwankungen versichert wird, desgleichen die durch 5. 1992 Tbeil 11 Titel 8 des Allgemeinen Landrechts den Kaufleuten gestattete Versicherung auf das Bestehen, Steigen und Fallen der Waaren⸗ preise!. Ebensowenig vermögen wir in der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Erstreckung der Versicherung auf den durch das eigne Ver⸗ schulden des Versicherten oder durch die natürliche Beschaffenheit des versicherten Gegenstandes verursachten Schaden etwas Anomales zu erblicken. (S. 50, 207, 259 Note 4)

. Auffällig und schwer verständlich erscheint uns die Ansicht des Verfassers, nach welcher in Folge der Erhebung des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs zum Reichegesktzbuch nicht blos die See⸗ versicherung, sondern auch die gesammte Prämienversicherung reichs⸗ rechtlich geregelt sein soll, sodatz die versicherungsrechtlichen Bestim⸗ mungen des H⸗G. B. nunmehr auch auf die sog. Binnenversicherung unter Ausschlie ßung jeder entgegenstebenden parti kularrechtlichen Norm? analog zur Anwendung zu bringen seien, jedoch nur insoweit, als sie dem regelmätzigen Recht angehören und nicht auf Zweckmäßigkeitsrücksichsen beruben, oder auf eigenthümlicke fee⸗ rechtliche Berhältniffe Rücksicht nehmen? (S. 5). In Konfequenz dieser Auffassung, welche wohl schwerlich jemals Eingang in die Nrarig finden dürfte, will der Verfasser 3. B. die Vorschrift des Art. Soß als ein Prinzip des gesammten deutschen Versicherungärechts angewendet wissen, obwohl diefer Anwendung in Bezug auf Binnen bersicherungen für das Gebiet des Allg. Landrechts zweifellos die Be= stimmung des §. 46 Theil JI Titel 16 entgegensteht.

Benmnglich der im letzten Kapitel des ö abrißweise dargestell⸗ ten Inftltute der reicherechtlichen Kranken Unfall-, Invallditsts. und Altertversicherung ist der Verfasser der Ansicht, daß diese Institute

sein

mit dem wirklichen Verficherungsrecht nur in einem ganz äußerlichen Zusammenhange stehen '. Insbefondere wird der Invaliditaäͤts. und Altersversicherung der Charakter einer Versicherung aus dem Grunde abgesprochen, weil es sich bei derselben in Wahrheit lediglich um eine staatliche Unterstũtzung der Arbeiter handele (S. 353). Eine Wider legung dieler unseres Erachtens unrichtigen Auffassung würde uns hier zu weit führen. Sk.

Au gusta Victorig. Ein Lebensbild der Deutschen Kaiserin. Dem deutschen Volk dargeboten von Ernst Gverzg.“ Berlin 1889. Verlag der Buchhandlung der Berliner Stadtmiffion. W. Mohrenstraße 77. (Preis 1 M 50 35 Der BVerfaffer, welcher sich bereits als Volkserzähler einen guten Namen erworben hat, bietet in dem vorliegenden Buche, dessen Sprache eine edle und herzliche ist, ein fesselndes Lebensbild der Deutschen Kaiserin Jungen und Alten, Armen und Reichen! dar. Ein Volksbuch im besten Sinne des Wortes, geeignet zur Stärkung der Vaterlandsliebe und der Liebe zum Le erlenfn⸗ sei es den weitesten Kreisen des Volkes empfohlen; insbesondere eignet es sich vortrefflich als Gefchenkliteratur für die reifere Jugend.

Ueber Klima und Acclimatisation nach ethni— schen Gesichtspunkten von Adolf Bastian.‘ Unter diesem bescheidenen Titel ist soeben im Verlage von Ernst Siegfried Mittler u. Sobn, Königliche Hofbuchhandlung in Berlin Kochstr. 68— 70 —, ein Werk erschienen, das für die Grundlegung des Wissensgebäudes, welches die Gegenwart mit lebender Generation“ unter der Aufschrift „Ethnologie“ aufrichten soll, fraglos von klärender Bedeutung sein dürfte Unter Voranstellung des Hauptgesichtspunktes, daß bei planetarischer Stellung der Erde im Solar- System sich aus den im Jahrescyklus geschlossenen Umlaufszeiten die ursächlichen Be⸗ dingungen ergeben, unter welchen die Variationen des organischen Lebens zur Auswirkung gelangen, und unter Entfaltung des Erkenntnißsatzes; Neben den Erscheinungsformen im botanischen und zoologischen Umkreis der jedesmalig ‚geographischen Provinz“ treten im Naturreich des Menschen deutliche ÄAnschauungen entgegen, um für Verwendung komparatip genetischer Methode der Beobachtung eine ibatsächlich gefestigte Unterlage zu gewähren, und zwar nicht nur an⸗ betreffs des ‚Bimanus“ für seinen physischen Habitus, sondern auch in Rücksicht auf den „Homo sapiens‘, als Bürger höberer Welten —, legt Verfasser in diesem seinem lichtzuffrõmenden, aber anstrengendes Studium beischenden Werke anschaulich dar, wie der Gesellschaftsmensch eingesponnen lebt in dem Umgebungskreis seiner geographischen Provinz; wie in der Erdgeschichte die Kontinente als Individuen“ erscheinen und so sich ein Individualitätstyvpus‘ für alle ibre Produktionen bötanischer, zoologischer oder anthroxologischer Art ergiebt. Er rollt im Anschluß bieran die Fundamentalaufgaben der Ethnologie, in den Verkörperungen der ethnischen Gesellschafts- gedanken gebreitet, auf, giebt treffliche Fingerieige für erst noth— wendige Materialbeschaffung für die inductiwwe Lehre vom Menschen“ und kennjeicknet die Ethnologie als „ein wahrbaftes und echtes Kind der Zeit“, hervorgerufen durch die Zeitbedürfnisse bei gegenwärtigem Anwachsen des internationalen Verkehrs in Handel und Wandel, zumal seit dem Zutritt der Kolonialpolitik, was in gutem theo retischen Deutsch bedeutet: In der Ethnologie vereinigen sich eine Reihe der bedeutungsvollsten und weittragendsten Probleme in der Kulturgeschichte der Menschheit, da sich der Blick erweitert über die Erde hinaus und die gesammten Varietäten, unter denen auf ihr das Menschengeschlecht zur Erscheinung gelangt, neben derjenigen Pbhase der Kulturgeschichte, welcher wir selbst angebören in einheimischem Civilisationskreis. Eben deswegen (und nicht unutreffend!) wollen Manche sie auch „Sociologie“' nennen; denn tief greift sie hinein in soziale Fragen und in nationale: sie arbeitet mit an der Lösung internationaler Aufgaben, im Sinne der gegenwärtig herrschen⸗ den Zeitrichtung. Um solcher Mitarbeit willen wird sie ge stützt und getragen von der gebietenden Staatsmacht, „welche gegen— wärtig von Deutschland aus das Gleichgewicht erhält im Völkerrath“ und die ihr auch in der Reichs hauptstadt ihren Tempel erbaut hat. Und zu solcher Mitarbeit will aufrufen und anregen das vorliegende inhaltschwere Werk, welches „unter Rücksichtnahme auf Klima und Acclimatisation sich auf dem Boden der geograpbischen Provinzen bewegt“, den geograpbisch ⸗historischen für den antbropologischen Kreis.

Katechismus der künstlichen Fischjzucht und der

Teichwirthschaft. Wirthschaftslehre der zahmen Fischerei von Eduard August Schroeder. Mit 52 in den Text gedruckten Ab⸗ bildungen. T und 168 Seiten. In Leinwand gebunden. Preis 2 M 50 . Verlag von J. J. Weber in Leipzig. Die künstliche Fischzucht in allen ihren Abstufungen, Befruchtung, Brütung und Ernährung, wie wir sie in diesem Katechismus kennen lernen, bat eine hohe wirthschaftliche Bedeutung, denn wir seben beute durch künstliche Befruchtung und die durch den Menschen unierstützte Brütung Lon Fischlaich die Bevölkerung künstlicher Wasserbecken in so mannigfaltigen Arten und an so verschiedenen Orten entsteben, daß oft die früher seltensten Fische örtlich keine Seltenheit mebr sind. Fast jedes Dorf, jedes Gut, ja jedes Geböft hat seinen größeren oder kleineren Tümpel oder Weiher, der förmlich dazu einlädt, ihn nicht unbenutzt liegen zu lassen, und ist daher ein zuverlässiger oder unbe— fangentr Rathgeber für jene, welche die zahme Fischerei als gewinn bringendes Unternehmen oder aus Vorliebe pflegen wollen, zu be⸗ grüßen Wir sind überzeugt, daß dieser Katechismus der Fischzucht, defsen zahlreicke, vortreffliche Abbildungen zur Verdeutlichung des Inhalts wesentlich beitragen, den Interessenten die besten Dienste leisten wird. «- Erlöst ' betitelt der Damenliebling Villamaria eine spannend geschriebene Novellette, die dem TVI. Jahrgang von A. Haack's Damenkalender für 1890 eingefügt ist. Neben der bekannten reichen Ausstattung in Goldpressung und Goldschnitt bietet dieser Kalender gleichjeitig den Damen die übersichtlichste Einrichtung eines Notiz und Tagebuchs. Ein schelmisches Genre— bild, in Lichtdruck ausgeführt, gereicht dem kleinen Almanach zur Zierde, sodaß derselbe auch in diesem Jahre wiederum eine hervor ragende Stellung in der Geschenkliteratur einnehmen wird. Im gleichen Verlage erschien ein höchst praktischer Comptoirkalender mit Geschäftsnotizen, sowie ein in Leder mit Messingecken gebundener Portemonnaie ⸗Kalender.

Illustrirte Zeit umg. Die am 9. Nobember d. J. erschie⸗ nene Nr. 2419 enthält folgende Abbildungen: Kronprinz Konstantin von Griechenland und seine Gemahlin, Sophie, geborene Prinzessin von Preußen. Daniel Sanders. Die Uniformirung und Ausrüstung der deutschen Schutztruppe für das südwestafrikanische Schutzgebiet. Originaljeichnung von H. Lüders. Die Kaiserreise nach Athen: Die Durchfahrt des Kaiserlichen Geschwaders durch die Straße von Messina. Nach der Natur gezeichnet von E. Stoltenberg Lerche. Eine Künstlerin ohne Arme (Frl. Aimse Rapin). Herbstreigen. Gemälde von Gabriel Max. Nach einer Photographie der Pheotographischen Union in München. (Zweiseitig. ) Johann Jakob e Tschudi, F am 8. Oktober. Richard Gosche, F am 25. Oktober. Die Kaiserreise nach Konstantinepel, 5 Abbildungen. Nach photo- 6 Aufnahmen von Abdullah Fräres in Konstantinopel.

eußere Ansicht des Palais de Reception. Wohnung des Deutschen Kaiserpaares in Konstantinopel. Der große Korridor im Palais de Reception in Konstantinopel. Salon in der Wohnung des Kaisers im Palais de Reception in Konstantinopel. Der große Speisesaal im Palais de Reception in Konstantinopel. Der Palast Yildiz, die Residenz des Sultans Abdul ⸗Hamid, und die Moschee Hamidije in Konstantinopel. Aus der akademischen Kunstausstellung in Berlin: In der Noth fängt der Teufel Fliegen. Bronzefigur von Augufst Sommer. Moden: Morgentoilette aus lachsrofa Surah und weißen Spitzen. Einzelpreis dieser Nummer 1 4

Der Redaktion des Reichs- und Staate Anzeigers“ sind folgende Druckschriften zugegangen:

Die Sozialdemokratie und deren Bekämpfung. Eine Studie zur Reform des Sozialistengesetzeß von W. Kulem ann, Amtarichter

in Braunschweig, Mitglied des Reichttages. Carl Heymann's Verlag.

Folge. Römische Kämpfe und Gelüste—. an das evangelische Deutschland Hannover Linden. 1883. Verbandlungen des Vereins zur Be— förderung des Gewerbefleißes.

Berlin. 1899 Arbeit und Baden. Kritik der theoretischen vo= litischen Oekonomik von Otto Effertz. Puttkammer & Mühlbrecht. Berlin 1889. Erklärung des farbigen Notensyste ms mit kleinen Uebungsstücken. Beweis, daß ein Spielen nach farbigen Roten in ungeahnt kurzer Zeit, eventuell in einigen Minuten sowohl von Spielern wie Nichtspielern zu erlernen ist. Hamburg. Verlagsanstalt und Druckerei Aktien ⸗Gesellschaft (vormals TF. Richter). Hamburg. 15888. Die Stel lung der modernen Org el zu Seb. Bach's Orgelmusik. Unter Zugrundelegung eines am 2. April 1889 im Berliner Organisten⸗ Vereine gebaltenen Vortrages beleuchtet von Otto Dienel, Seminar für Stadtschullehrer, Organist an St. Marien in Berlin. Druck von A. Ostrowgki. Berlin. 1588. Die Erziehung der Gegenwart. Beiträge zur Loösung ihrer Aufgabe mit Berũcksichtigung 23 Fröbel's Grundsätzen.

ülow.

Von Ch. A. B. Hutb.

Königl. Musikdirektor am Königl.

Begründet von B. von Marenboltz⸗ Organ des Allgemeinen Erziehungs-Vereins“ und des 3Frauen-Vereins für Verbefferung der häuslichen Erjiehung?. Neue TVII. Jahrgang. Nr. 18. Redaktion: H. Kübn, Bresden. A. Ein dringlicher Mahnruf von H. Wegener. Carl Manz. un rbefleißes. 1888. VI., VII. und VIII. Heft. Bern bard Simon. Berlin. 1383. Die Vormundschafts ordnung kom 5. Juli 1878 nehst J. Gesetz, betreffend die Geschäftsfähigkeit Minderjäbriger und die Aufhebung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Vom 12. Juli 1875. II. SHinterlegungs ordnung. Vom 14. März 1879. Tert ⸗Ausgahe mit erläuterndem Vorwort und voll ständigem Sachregister. 23 Auflage. Franz Vablen. Berlin. 15533. Deutsche Reichs- Konkursordnung, erläutert von Dr. G. v. Wilmowe fi. Gebeimem Justizrath. 4. verbesserte Auflage. 3. Liefe⸗ rung (Schluß). Franz Vahlen. Berlin. 18898. Das Konkurs verfabren nach der Reichs-⸗Konkursordnung vom IH. Februar 1877 an einem Nechtsfalle dargestellt von Dr. G. . KWilmowèfki, Geheimem Justizrath. 5. verbesserter Abdruck. Fran; Bablen. Berlin. 1889. Grundriß zu rechtswiffenschaft⸗ lichen Vorlesungen an der Königlichen Forstakademie zu Eberswalde. Von Dr. Justus Olshausen, Kammergerichts⸗ Rath. Zweites Heft. Civilrecht. Franz Vahlen. Berlin. 13839. Lebrbuch des Preußischen Verwaltungsrechts. Von G. A. GSrotefend. Lieferung 1. Carl Habel (F. G. 2 Verlagsbuchhandlung). Berlin 1889.

München und Leipzig. Die Gemeindebestenerung im Königreich Sachsen. Von H. A. von Bosse, Geheimem Regierungs⸗Rath. Roßberg'sche Buch⸗ handlung. Leipzig 13930. Grundriß des Prozeß- und Zwangs vollstreckungs⸗Verfahrens nach der Deutschen Civil⸗ vrozeßordnung mit Beispielen. Von Willenbucher, Landgerichts— Direktor. H. W. Müller. Berlin 1889. Die Wirkungen des Krankenkassengesetzes mit besonderer Berüũcksichtigung der Krankenkassen der Stadt Minden Von Rägéczy, Syndikas der Handelskammer zu Minden. J. C. C. Bruns. Minden 1889. Das österreichis ce Warrantrecht unter Berückichtigung eines für Deutschland zu schaffenden Warrantgesetzes. Von A. Simonson, Amtsrichter in Luckenwalde. Franz Vahlen. Berlin 1389. Ent“ scheidungen des Bundesamts für das Heimathwesen. Bearbeitet und herausgegeben von Wohlers, Geheimem Ober- Regierungs ⸗Rath, Mitglied des Bundesamts für das Heimathwesen. Heft XXI, enthaltend die seit dem 1. September 1888 bis zum J. September 1889 ergangenen wichtigeren Entscheidungen. Mit einem die 21 Hefte umfassenden alphabetischen Sachregister. Franz Vahlen. Berlin 1889. Encyvklopädie der Rechtswifsen⸗ schaft in systematischer Bearbeitung. Herausgegeben unter Mit⸗ wirkung vieler Rechtsgelehrter von Dr. Franz von Holtzendorff, vor—⸗ mals Professor der Rechte in München. Fünfte, umgearbeitete und vermehrte Auflage. 1. Lieferung. Duncker u. Humblot. Leipzig 1889. 233 Lagerkatalog von Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königs straße 2. Portugiesische und spanische Sprache, Literatur und Geschichte. 159. Antiquarischer Katalog von Otto Harrassowitz, Buchbandlung und Antiquariat in Leipzig, Querstraße 14. Neuesfte Erwerbungen aus dem Gebiete der Linguistik. Supplement zu Katalog 153 155. 27. Lagerkatalog der Roßberg'schen Buch⸗ handlung in Leipzig, Universitätsstraße 5 (Staats, und Rechts- wissenschaft). Lagerkatalog von Joseph Baer u. Co., Buch händlern und Antiquaren in Frankfurt a. M., Roßmarkt 18, am Gutenberg Monument. 249 Nordwestdeutschland: Braunschweig, Hannover, Lippe, Oldenburg, Bremen, Hamburg, Lübeck,. Mecklenburg, Schleswig⸗Holstein, Lauenburg, 1883. 250 Geschichte Frankreichs seit der Revolution. Histoire de France depuis la Revolution 1889. Antiquarisches Bücherlager von Kirchhoff u. Wigand in Leipifig, Marienstraße 19. Nr. 838 Klassische Philologie und Alterthums kunde. Nr. 839 Theologie. Nr. S0 Philosophie. Freimaurerei. Pädagogik. Deutsche Medizinal⸗-Zeitung, Centralblatt für die Sesammt⸗ interessen der medizinischen Praxis, herausgegeben von Dr. Julius Großer in Prenjlau; Verlag von Eugen Großer in Berlin SW. X. Jahrgang. Nr. 88. Deutsche landwirthschaftliche Genossenschaftspresse, Fachjeitschrift für das landwirtbschaft⸗ liche Genossenschaftswesen, herausgegeben von Kreisrath Haas in Offenbach a. M. XVI. Jahrgang. Nr. 10. Sportwekt, her— ausgegeben von Georg Ehlers und Franz von Wedell. HI. Jahrgang. Nr. 114. Berliner Thierärjitliche Wochenschrift, redigirt von Dr. W. Dieckerhoff und Dr. R. Schmaltz. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin (Richard Schoetz ) Berlin NW. V. Jahrgang. Nr. 44.

Handel und Gewerbe.

Die „Zeitschr. für Spirit. Ind.“ theilt folgenden Bericht über den Handel mit Stärke nach Mittheilungen der Vertrauens— männer in der Zeit vom 6. bis 12. November 1889 mit; Im Laufe der verfloßenen Berichtswoche sind die nachstehenden Abschlüsse in Kartoffelfabrikaten bekannt gegeben. Es wurden verkauft an; Kar toffelmehl und trockener Kartoffel stärke; 100 Sack prima zu 15,25 M per sofort ab Station an der Bahnstrecke Stargard Posen; 200. Sack prima iu 15,20 6 November Lieferung und 200 Sagt prima ju 15,29 6 Dezember ˖ Lieferung, beides frei Station an der Bahnstrecke Schwiebus Frankfurt a. O.; 309 Sack prima zu 16 A, Lieferung bis Neujahr, frei Oderstation im Reg. Bez. Frank⸗ furt; 1090 Sack prima zu 16 M jrei Station an der Bahnstrecke Debisfelde Salzwedel, prompte Lieferung, netto Kassa; 50 Sack prima zu 17,25 Æ und 50 Sack zu 16,275 6, prompte Lieferung gegen Kassa, beides frei Station an der Bahnstrecke Magdeburg Halberstadt; 109 Sack prima zu 18.25 ab Station an der Bahn⸗ strecke Salzwedel = Uelzen, Lieferung sofort, Provision 1 96; 600 Sack prima, Lieferung März-Oktober 1890, und 500 Sack prima, prompte Lieferung, beides zu 16 4 ab Station an der Bahnstrecke Rathenow Stendal; feuchter Kartoffelstärke: 700 Sack zu 7, 0 frei Station an der Bahnstrecke Berlin Frankfurt a. O.

Dem Geschäftsbericht der Berliner Weißbierbrauerei, Aktiengesellschaft vormals F. W. Silsebein, für das Jahr 1888/89 entnehmen wir Folgendes; Troß der in diesem Jabre er⸗ zielten besseren Ausbeute und größeren Absatzes (bei nur 156 Ctr. größerem Malzverbrauch verkaufte die Gesellschaft 1074 t mehr als im vorigen Jahre) ist der diesjährige Bruttogewinn ein kleinerer als der des Vorjahres. Der sich pro 1888,89 ergebende Bruttogewinn beträgt 121 193 , der nach entsprechenden Abschreibungen, Reserve⸗ dotirung u. s. w. jur Vertheilung einer Dividende von Yo antreicht. Da der Vorbesttzer der Brauerei, Herr F. W. Hilsebein, für die ersten beiden Geschaͤftsjahre ein-