1889 / 274 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Nov 1889 18:00:01 GMT) scan diff

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mengung des Vorbehalts mit der eigentlichen Eidesformel zuzulassen. ;

Der Schuldentilgungskommissär der Kammer der Ab⸗ geordneten, Abg. von Ruppert, hat über die Geschäftsführung vom 16. September 1887 bis 1. November 1889 Bericht erstattet, welcher er und sein Stellvertreter. Abg. Dr. von Schauß, sich unterzogen haben. Das Ergebniß ist, der „Allg. Ztg. zufolge, Nachstehendes:

Die allgemeine Staatsschuld bat sich von Ende August 1887 bis Ende August 1889 um 9 545 020 M 31 3 Gon 226 938 611 4 92 A auf 217 393 591 A 61 4) gemindert, wovon 7 604 452 M auf Heimjahlung verlooster und bejw. gekündigter Kavi⸗ talien treffen und 1 937 996. auf Rücahlung der 12. und 13. Rate an den ron der Reichs - Hauptkasse bebufs Einlösung der unverzinglichen Kasse Anweisungen gewährten Vorschüssen. Die Gisenbabnschu!d verminderte sich in der gleichen Periode um 3257 ½ 17 3 (von 967 514 628 ½ 66 3 auf 967 5135 371 4 49 3). Die Grundrentenschuld verminderte sich um 3 108 482 58 * (ron 158017196 M6 60 3 auf 154 08714 M 02 35. Die Landeskultur ⸗Rentenschuld ferner erhöhte sich um 1965 400 4 won 239 100 M auf 345 500 M½, durch weitere Ausgabe von 4 0p Londeskultur-Rentenscheinen. Bei dieser letzteren Schuld hat eine Ver- loosung noch nicht stattgefunden; vielmehr wurden die zum Anfall gekom⸗ menen geringen Tilgung betrãge, da eine Verloosung weder im Interesse der Landes kultur - Rentenanstalt, noch in jenem der Besitzer Lon Landes- kultur ⸗Rertenscheinen gelegen und auch ein Rückkauf von Renten—⸗ scheinen mit Rücksicht auf deren hohen Coursstand nicht thunlich war, zur Deckung von sogenannten Kapitalspitzen und zur Zahlung ron Tarlehenskapitalien verwendet und auf diese Weise ihrem ref bestimmten Zwecke zugeführt. Was dene Stand der

nlehenekredite betrifft, so ist bei der allgemeinen Staats— sckuld an alten Krediten ein Rest von 49395715 02 3 noch nicht realisirt; bei der Eisenbabnschuld bestand Ende Anugust 1889 ein Anlehens-Kreditrest von 65 394 353 Æ 44 , nach⸗ dem sich die thatsächlich verbleibenden Kreditreste zu 72 946 467 4M 80 um 6552 114 ½ 36 3 gemindert haben, von welcher Minde. rung 5 90? 618 Æ 62 3 auf die mit Schluß der Baurechnung des Jahres 1885 verbliebenen und durch Gesetz vom 10. April 1886 eingezogenen Kreditreste mebrerer Bahnlinien und Bauvornahmen, 388 5275 „6 auf Coursgewinne von An- lebens ˖ Aufnahmen zu 14 0900 000 Æ, und 260 9668 M 71 A auf Ueberschüsse, Erlöse ꝛc. treffen. Von der Landeskultur Rentenschuld stehen noch, nachdem von dem gesetzlichen Maximal- betrag zu 2000 000 S seit Bestehen der Anstalt 345 060 6 an Rentenscheinen zur Ausgabe gelangt sind, 1 654 500 M zur Ge— währung von Darlehen an Kulturunternebmer zur Verfügung. Der Prinz⸗Regent hat dem Haupt ⸗Comits in Leipzig, an dessen Spitze der Stadtrath daselbst steht, und etwaigen im Königreich Babern sich bildenden Orts ⸗Comités vorlaufig auf die Dauer eines Jahres die Allerhöchste Bewilligung ertheilt, zum Zweck der Errichturg eines Denkmals zur Erinnerung an die Vöster— schlacht bei Leipzig auf dem dortigen Schlachtfelde eine Sam m⸗ lung freiwilliger Gaben durch Aufruf in öffentlichen Blättern oder Anschlägen im Königreich Bavern vorzunehmen.

Sachsen. Dresden, 14. November. (Dresd. Journ.) Die , . Kammer beschloß in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwurf, eine Befreiung vom Vertragsstempel be⸗ treffend (Aufhebung des sogenannten Agnitionsstempels), durch Schlußberathung zu erledigen und trat sobann ein in die allgemeine Vorberathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Wegfall der Pen sionsbeiträge der Civilstaats—⸗ diener. Der Abg. Starke sprach sich gegen die bean— tragte Maßregel aus mit Rücksicht darauf, daß aus sittlichen Gründen die Heranziehung der Arbeiter zu Beiträgen für die Alters- und Invalidenversorgung beschlossen worden sei und daß man den Arbeitgebern es erschwere, die Arbeiter mit dem Altersversorgungsgesetz zu befreunden, wenn gleichzeitig die Beamten von der Pflicht zur Leistung von Penfionsbeiträgen befreit würden, sodann aber auch mit Rücksicht auf die noth⸗ wendige Rückwirkung der Maßregel auf die Gemeinden. Der Abg. Bebel sprach für die Vorlage, von der er sich die Wirkung versprach, daß man zu gelegener Zeit auch die Arbeiter von der Beitragspflicht zur Invaliden⸗ und Altersversorgung befreien werde. Ebenso erklärten sich die Abgg. Kirbach, von Oehlschlägel und Niethammer, wenn auch aus wesentlich anderen Gründen, mit dem Gedanken des Entwurfs einver— standen, der auch vom Staats⸗Minister von Nostitz-Wall—⸗ witz namentlich mit dem Hinweise darauf vertreten wurde, daß die Vorgänge im Reiche und in den Nachbarstaaten, wenn sie auch für Sachsen nicht unbedingt maßgebend zu sein brauchten, doch von den Beamten zu Vergleichen herangezogen würden, daß eine Besserstellung der Beamten wünschenswerth, eine Aufbesserung aber nicht möglich sei und daher die

egierung gern die Gelegenheit ergriffen habe, eine Maß— regel in Vorschlag zu bringen, die sich in gerechter Weise und ohne . u nahe zu treten und ohne große Schwierig⸗ keiten sofort i, , , lasse. Die Vorlage wurde schließlich der ersten Finanzdeputation überwiesen.

In der Zweiten Kammer ist von den Abgg. Philipp und Genossen der Antrag eingebracht worden, die Er⸗ hebung der Schlachtsteuer und der Uebergangs— abgabe für vereinsländisches Fleischwerk spätestens Ende des Jahres 1890 einzustellen und die betreffenden Gesetze insoweit, als es sich nicht um bis 3. fällig gewordene Beiträge jener Abgaben handelt, aufe he en. Die Abgg. Starke und een fh beantragen: die Kammer wolle die Staatsregierung ersuchen, alsbald in Erwägung ziehen zu wollen, ob eine Landesanstalt zum Zwecke der Ver— h der Grundstücke des Landes gegen

asserschäden zu errichten sei.

Bei dem Etat der Zuschüßsse entfaͤllt der wesentlichste Theil der Mehrausgaben auf die erböhten Zuwendungen an die Schulgemeinden des Landes und auf Mehrleistungen an Beamte und im Interesse von Beamten, Geistlichen und Lehrern. Bei den Volksschulen erklärt sich der Mehrbedarf von 3659 395 durch den Wegfall der Mitgliederbeiträge jum allgemeinen Lehrerpensionsfonds und zur allgemeinen Schullehrer⸗ und Waisenpensionskasse, sowie dadurch, daß die Dispositions⸗ summen zur Unterstützung von Schulgemeinden bei Neu. und Umbauten von Schulhäusern erhöht werden sollen und bei den Warte⸗ eldern und Pensionen der Lehrer und Hinterlassenen ein bedeutender

uwachs zu erwarten stebt. Als Dotation ward den Schul

meinden abermals die Hälfte der Einnahmen aus der Grundsteuer Üübermiesen, welche auf 1 559 233 M bemessen ist Außerdem hat die Regierung in Anbetracht der günstigen Finanzlage beschloffen, den Schulgemeinden zur Abminderung der zum Theil noch immer drückenden Schullasten eine weitere Beihülfe, welche auf 1 700 000 A angestzt ist, zu gewähren. Davon follen den Lehrern und Lehrerinnen an den einfachen Volksschulen Beihülfen zu deren Diensteinkommen in Höhe von 300 Æ für jede ständige Lchrerstelle und 180 für jede Dülfslehrerstelle gewaͤhrt werden. Im Hinblick guf die steigende Tenden der Arbeitslöhne und Waarenpreife ist die Regierung jzu dem Beschluß gelangt, eine Neuregelung aller Beamtengebalte für die Finanjperiode 1892/93 in Aussicht zu nehmen. Um aber schon jetzt denjenigen Beamtenklassen, welche von der Preiesteigerung am inpfindlichften betroffen werden, eine Ver⸗ besc ef ibrer Lage zu Theil werden zu lassen, ist die Gewährung von Beihülfen an die niedriger besoldeten Beamtenkategorien in Höhe

ron etwa boo ihrer Bezũge in Aussicht genommen Für alle Beamten, ein⸗ schließlich der in Wartegeld stebenden, ist die Aufhebung der seitherigen Pensionsbeiträge in Aussicht genommen, was einer Erhöhung um um L 0so bei Gehalten bis zu 3000 „, um 14 96 bei solchen dis zu 6000 und um 2 Mο0 bei denen über 6000 M gleichkommt. Ebenso ö die bisberigen jäbrlick en Mitgliederbeiträge bei dem Emeritirungs⸗ fonds für Geistliche, der Predigerwittwen⸗ und Waisenvensions⸗ fondskasse, der Lehrerpensionskasse und der allgemeinen Schullehrer⸗ wittwen⸗ und Waisenpensienekasse in Wegfall kommen.

Mecklenburg ⸗SEtrelitz. Neustrelitz, 15. November. (Meckl. Nachr) Ihre Königlichen Hoheiten der , und . Großherzogin sind von Schwerin hier wieder ein⸗ getroffen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 15. November. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser ist heute Abend nach Gödö llö ab— gereist. Ebendahin haben sich auch Se. Königliche Hoheit der Prinz Leopold von Bayern und Gemahlin begeben.

Die Landtage ron Oesterreichisch-Schlesien, Salzburg und Istrien find nach Erledigung ihrer Ge— schäfte , worden.

Pola, 16. November. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich, von Preußen besichtigte gestern das Seearsenal und besuchte das Kriegsschiff „Kron⸗ prinzessin Stephanie“, sowie das Artillerieschiff „Novara“, wo Exerzitien der Mannschaften stattfanden. Gestern Abend fand in dem Marinekasino ein Galadiner statt, bei welchem der Hafen-Admiral Baron 36. er einen Toast auf Se. Majestät den Kaiser il helm aus⸗ brachte. Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich gab seiner Befriedigung daruͤber Ausdruck, daß ihm durch die Gnade des Kaisers Franz Joseph und nach dem Willen seines Kaisers und Königs vergönnt sei, die österreichischen Offiziere als Kameraden begrüßen zu können, erinnerte in warmen Worten an den zwischen Oesterreich und Deutschland bestehen⸗ den Bruderbund und schloß mit einem Hoch auf Se. Ma— jestät den Kaiser Franz Joseph. Beide Teaste wurden mit stürmischem Jubel aufgenommen.

Budapest, 15. November. (W. T. B.) Der volks— wirthschaftliche Ausschuß des Unterhauses hat den Gesetzentwurf, betreffend den Markenschutz, mit einem Amendement angenommen, demzufolge das Strafmaximum bei Mißbrauch einer geschützten Marke von 1000 auf 2600 Fl. und das Maximum der eventuellen Entschädigung von 3060 auf 5000 Fl. erhöht wird.

Frankreich. Paris, 14. November. Der Präsident Carnot unterzeichnete, wie wir dem „Journal des Debats“ entnehmen, einen Abänderungserlaß zu dem Gesetz vom 27. Juli 1887, welches die Errichtung von 13 neuen Kavallerie⸗ Regimentern anordnet. Statt vier der geplanten Husaren— Regimenter sollen zwei Kürassier- und zwei Dragoner— Regimenter errichtet werden, wodurch es ermöglicht wird, daß alle ungbhängigen Kavallerie-⸗Divisionen auf gleiche Weise zusammengesetzt sind.

Das Winisterium hat beschlossen, sofort nach der definitiven Konstituirung der Kammer, also am Montag oder Dienstag nächster Woche, eine Erklärung abzugeben, welche die Richtschnur seines Verhaltens und das Pro— gramm her . erledigenden Arbeiten enthalten wird.

15. vember. (W. T. B.) Der Prinz von Wales ist heute hier eingetroffen.

Die Deputirten kammer beschäftigte sich auch heute mit Wahlprüfungen. Im Ganzen wurden bis jetzt 448 Wahlen für gültig erklärt.

Toulon, 15. November. (W. T. B.) Der Marine⸗ Minister Barbey hat den Befehl gegeben, die Herstellung der auf den befindlichen Kriegsschiffe so viel als

möglich zu heschleunigen.

Italien. Venedig, 15. November. (W. T. B.) Zu Ehren der Offiziere des deutschen Geschwaders findet am 18. d. M. ein von dem Admiral Noce veran⸗ staltetes Festbankett statt.

Rumänien. Hu karest, 15. November. (W. T. B.) Die Frage der Kammerauflösung hat ernsthafte Diffe⸗ renzen unter den Mitgliedern des Kabinets ver— anlaßt; der Conseils-Präsident Catargi und der Finanz— Minister Vernes cu befürworteten die unverzügliche Auflösung, während der Kriegs-Minister, Generak Mano, und der Minister des Aeußern Lahovary die Auflösung von dem Verhalten der Kammer masorität gegenüber dem Kabinet abhängig machen wollen.

16. November. (W. T. B.) Wie die „Agence Rou⸗ maine“ meldet, hat der Minister⸗-Präsident Catargi seine Demission eingereicht. Der König hat diefelbe an⸗ genommen und den Kriegs-Minister, General Mano, mit der Bildung eines neuen Kabinets beauftragt.

Serbien. Belgrad, 15. November. (W. T. B.) Das „Amtliche Blatt“ veröffentlicht ein Communiqué, demzufolge der Zweck der Reise des Königs Milan lediglich der Besuch des Königs Alexander gewesen ist. Heute Abend g. fe König Milan mit dem Orientzüge Belgrad wieder verlassen.

Amerika. Washington, 13. November. (A. C.) Die Mitglieder des Panamerikanischen Kongresses sind nach Vollendung ihrer langen Rundreise in den Vereinigten Staaten hierher zurückgekehrt.

Süd⸗ Amerika. Brasilien. (W. T. B.) Nach in N. eingegangenen Meldungen aus Rio de Janeiro ist daselbst eine revolutionäre Bewegung zum Ausbruch gelangt, welche den Umsturz der Regierung und die Herstellung einer Republik bezweckt. Die Armee unterstützt die revo—⸗ lutionäre Bewegung. Es ist (ine provisorische Regie⸗ rung eingesetzt, zu deren Mitgliedern Da fon seca und Ben⸗ jam in Constant gehören.

Aus Rio de Janeiro direkt liegt folgendes Telegramm des „W. T. B.“ vom heutigen Tage vor: „Das gesammte Mänisterium hat demission irt. Der bisherige Marine—⸗ Minister Ladaris ist von Soldaten, die an der Empörung theilnahmen, schwer verwundet worden.“

Parlamentarische Nachrichten.

Die 17. Plenarsitzung des Reichstages findet Montag, den 18. November, Nachmittags 1 Uhr, statt; auf der Tages⸗

ordnung stehen:

Mündlicher Bericht der Kommission für die Geschäftsordnung betreffend die Frage über die Fortdauer des Mandats des Abg. Dr. Bürklin. Berichterstatter: Abg. Freiberr von Ellrichshausen Zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feßk. stellung des Reichs baushalts⸗ Etats für das Etats jahr 1896 / g und zwar folgende Spezial ⸗Eiats: a. Reichs amt des Innern, ad a. mit dem mündlichen Bericht der Kommission für den Reichs. haushalts. Etat. Berichterstatter: Abg. Graf von Behr⸗Behrenboff. Die Berathung wird fortgesetzt mit Titel 12 des Kapitel 7a der fortdaueraden Ausgaben (iur Unterbaltung deutscher Postdampfer. verbindungen). b. Reichs⸗-Eisenbahnamt, e. Verwaltung der Eisenbahnen, ad ce. auf Grund mündlichen Berichts der n für den Reichshaushalts Etat. Berichterstatter: Abg.

iffenè.

Die Kommission für das Sozialistengesetz nahm in ihrer gestrigen Sitzung 5. 10 in der neuen Fassung der Novelle an, wonach derselbe lautet: Zuständig für das Verbot und die Auf— löfung (8c. einer Versammlung) ist die Poliz ibehõrde. (In dem Gesetz von 1878 ist noch der folgende Abfatz hinzugefügt: ‚Die Be— schwerde findet nur an die Aufsichtsbehoörden ste ct.) §. 11 wurde im ersten Absatz, welcher im ursprünglichen Gesetz und in der Novelle gleichlautet, ohne Debatte, im zweiten Absatz in der von der Regierung vorgeschlagenen Fassung angenommen. Er lautet im ursprünglichen Gesetz:; Bei periodischen Drud· schriften kann das Verbot sich auch auf das fernere Erscheinen er. strecken, sobald auf Grund dieses Gesetzes das Verbot einer einzelnen Nummer erfolgt. In der Novelle dagegen heißt es: „Bei periodischen Druckschriften kann auch das fernere Erscheinen ver— boten werden, sobald nach Erlaß des Verbots einer ein— ielnen Nummer das Verbot einer weiteren Nummer erfolgt.“ Daju gelangte ein Amendement Kulemann mit 15 Stimmen zur Annahme, wonach das Verbot des ferneren Erscheinens erfolgen muß, sobald innerhalb eines Jahres das Verbot einer zweiten Nummer erfolgt ist. S. 12 bestimmt, wer zuständig if für das Verbet von Bruckschriften. Hier schlägt die Regierungt— vorlage keine Aenderung vor; der Paragraph wurde angenommen; ebenso die §§. 13 bis 19 nach der Regierungsvorlage unver' ändert wie im Gesetz von 1578. Die ss. 22 bis 25 einschließlich, welche Aufenthalts und Konzessionsbeschränkungen gegen Personen, welche gewerbemäßig agitiren, androhen, wurden nach dem Vorschlage der Regierung gestrichen.

Die Kommission zur Berathung der Novelle zum Bank. gesetz hat gestern Abend nach längerer Debatte die Vorlage der Regierung mit 8 gegen 4 Stimmen unverändert ange“ nom men.

(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.)

Zeitungsstimmen.

Die ‚Deutsche volkswirthschaftliche Correspon— denz“ erhofft von der Orientreise Sr. Majestät des Kaisers einen großen Aufschwung der wirthschaftlichen Beziehungen zu Südost⸗Europa, indem sie ausführt:

Bekanntlich hat sich Griechenland, dieses rührige und auf- strebende Gemeinwesen, neuerdings eifrig bemüht, seinem Handel durch den Abschluß von Verträgen mit den größeren mittel! und weft, europäischen Staaten einen erböbten Aufschwung zu verleihen. Auch das Deutsche Reich ging mit Griechenland einen derartigen Vertrag ein, der am 9. Juli 1884 abgeschlossen wurde. Was die Wirkungen dieses Vertrages anlangt, so vermag die deutsche Reichsstatiftit darüber deshalb leider keine genaue Auskunft zu geben, weil ein großer Theil deutscher Erzeugnisse nicht direkt, sondern durch Vermittelung anderer Länder, vornehmlich Oesterreich Ungarns und Englands, nach Griechenland gelangt, während andererseits auch aus Griechenland selbst über die Entwickelung des dortigen Außenhandels bisher nur lückenhafte Daten vorliegen. Nach den Mittheilungen des Statistischen Bureaus des griechischen Finanz ⸗Ministeriums belief sich im Jahre 1887 die Einfuhr dieses Landes im Spezialhandel auf 131 849 325 Fr; hieran waren betheiligt Rußland mit 543 Millionen, Großbritannien mit 3144, Oesterreich mit 173, die Türkei mit 16,58, Frankreich mit 104. Rumänien mit 8,3, Italien mit 6,1 und Deutschland nur mit 3,2 Millionen Francs. Letzterer Betrag ist offenbar ein sebt geringer, obwohl die Angabe der deutschen Reichsstatistik noch bintet demselben zurückbleibt; nach ihrer Angabe betrug die Ausfuhr des deutschen Zollgebiets nach Griechenland im Jahre 1880 nämlich 118 Millionen Mark; dieselbe erreichte im Jahre 1883 ihren höchsten Betrag mit 2,42 Millionen, hat dann geschwankt und wird für 18587 auf 1,59 Millionen Mark angegeben. Ist dieser Betrag nun auch als zu niedrig anzunehmen, fo ist es doch ausgemacht, daß unsere Sxportverbältnisse nach Griechenland noch einer großen Steigerung fähig sind, und wir hoffen, daß jetzt die Zeit gekommen ist, von welcher sich ein neuer Aufschwung derselben anbahnen wird.

Dehnen wir unsere Betrachtung weiter auf die übrigen Staaten des europäifchen Ostens aus, so begegnen wir lier erfreulicheren Verhältnissen, wie folgende Tabelle lehrt.

Die Ausfuhr Deutschlands betrug Millionen Mark nach

Rumänien Serbien Bulgarien der Türkei zusammen 1880 11,52 0,72 ö 671 19, 10 1881 15,73 0,21 25, 03 1882 15,45 z: 0, 35 ö 24,44 1883 24,71 55 0,41 37,42 1884 22, 23 3. 0,44 . 33,98 1885 16,B78 ? 0, 55 28, 45 1886 21,93 2.68 2, ) 36, 00 1887 30,51 1.68 1,ů⸗46 11,99 45,64

Wenn auch diese Zahlen, wie die vorber mitgetheilten, alt erschöpfend für die Ausfuhr nach jenen Ländern nicht angeseben werden können aus den oben erörterten Gründen, so laffen sie doch jedenfalls auf einen im Allgemeinen günstigen Fortschritt der Ver sorgung der osteuropäischen Länder mit deutschen Erzeugnissen fchließen. Wir finden nach jedem dieser vier Staaten eine erfreuliche Steigerung der deutschen Ausfuhr; hat sich dieselbe seit 1880 nach der Türkel fast verdoppelt, so stieg sie nach Rumänien sogar auf weit über dat Doppelte. In der That bildet Deutschland beute auch das wichtigste Importland Rumäniens, während noch bis zum Jahre 1886 Sester— reich Ungarn diesen Vorrang behauptete; an der Gesammteinfubt Rumäniens im Jabre 1857 im Weithe von zig, Millionen Lei (Francs) war nämlich Deutschland mit 90 Millionen, von den übrigen Ländern Oesterreich nur mit 53,4 Millionen, Großbritannien mit S6,8 und Frankreich mit 25.0 Millionen betheiligt. ;

Daß Deutschlands Politik übrigens ihre alte passive Rolle in den grientalischen Ländern längst aufgegeben hat, haben seit Jahren die Vorgänge vor Allem in Konftantinopes gejeigt. Zahlreiche deutsche Beamte und Militärg haben in türkischen Biensten einfluß . reiche Stellungen inne; deutsches Kapital und deutfche Fn— telligenz bahen im Bau von neuen Gisenbahnen ausgedehnte Ver⸗ wendung, gefunden; deutsche Dampfer verkehren jetzt regelmäßig in Konstantinopel und den übrigen Häfen der Levante; schließlich bat nun auch Deutschlands Kaiser noch durch feinen Befuch in Atben und Konstantinopel, deutschez Wesen! und dDeutfche Kraft in erbabenster und edelfter Weise jenen Völkern zur Ansckauung gebracht durch alle diefe Vorgänge ist der Ginfiaß des Deutschen Reich im Orient zu einer derartigen? Bedeutung gestiegen daß unsere in du striellen und kommerzielũlen . dat Terrain auf das Beste vorbereitet finden; mögen t also nun nicht mehr jögern, mögen sie durch einen einmal feßlge chlagenen Bersuch sich nicht irre machen lassen, fondern muthig Theil nehmen an den friedlichen Eroberungen in jenen Gebieten, weiche noch so große Vortheile versprechen.

Die Bebel ' sche Privaterhebung über das Tru cksy stem wird von den, Meclenburgischen Nachrichten“ zum Gegenstand folgender Erörterung gemacht;

Nach § 115 der Gewerbeordnung sind die Gewerbetreibenden verpflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter baar in Reichswäbrung auszu⸗ zahlen. Sie dürfen den Arbeitern keine Waaren kreditiren. Die Verabfolgung von Lebengmitteln fällt, sofern sie zu einem die An— schaffungskosten nicht übersfteigenden Preise erfolgt, unter die vorftebende Bestimmung nicht; auch können den Arbeitern Wohnung, Feuerung, Landnutzung und regelmäßige Beköstigung, Arzneien und ärztliche Hülfe, sowie Werkzeuge und Stoffe zu den ibnen übertragenen Arbeiten unter Anrechnung bei der Lohnjablung verabfolgt werden Hiermit ist das sogenannte Trucksystem verboten, d. h. die Unsitte, die Arbeiter in Waaren oder in Bons auf Waaren zu entlohnen. Waaren, die der Arbeiter häufig nicht braucht und wieder, natürlich viel billiger, veräußern muß oder deren angerechnete Preise dem Arbeitgeber einen unredlichen Gewinn verschaffen.

Verfechter des Truckspstems giebt es nicht, und thatsächlich kommt es in Deutschland unter der Wachsamkeit der Polizei und der Gerichte im Allgemeinen und der Aufsichtsbeamten für die Fabriken im Besenderen selten mebr zur Anwendung. Gleichwohl hat es der Abg. Bebel neuerdings zum Gegenstand einer Privaterhebung ge⸗ ,. und zwar mit Rücksicht auf die Einrichtung von Kantinen in abriken.

5 Schon in seinem Ausschreiben über das Kantinenwesen übertreibt der Abg. Bebel. Es wird nämlich darin auf die äbereinstimmen - den“ Berichte der Fabrikinspektoren Bezug genommen, nach denen die Kantinen oder Hausmeistereien in Fabriken, auf Werkplätzen, Ziegeleien sich stark vermehren und Zuftände entwickelt haben sollen, die unter die S8. 115 -= 119 der Gewerbeordnung fallen. In Wahrheit enthalten die Be⸗ richte der Fabrikin pektoren nur sehr spärliche Beobachtungen über die An⸗ wendung des Trudsystems. So sagt der Generalbericht für 1887: „Verstöße gegen die Vorschrift des S. 115 der Gewerbeordnung sind auch im Berichtsjabre nur in seltenen Fällen zur Kenntniß der Auf— sichtᷣbeamten gekommen. Webl aber bemerken verschiedene Berichte, daß die Anwendung des Trucksystems, wo es bisher herrschte, wie 3. B. in der oberfrãnkischen Korbwaaren und der Schwarzwälder Ubren⸗ industrie, fast ganz erloschen sei. Der Generalbericht für 1888 sagt: Fälle der Anwendung des Trucksystems sind, wie insbesondere die über die Lobnzahlung angestellten Ermittelungen ergeben haben, nur vereinzelt wahrgenommen werden.“ Es folgen dann vier Faͤlle von Bestra—⸗ fungen und die Bemerkung des Beamten für Mittel- und Oberfranken, daß bei dem Charakter der Korbwaaren-⸗Industrie als Hausindustrie die in der Presse gemachten Mittheilungen schwer auf ihre Wahrkeit zu prüfen seien. Der Aufsichtz⸗ beamte für Dresden führt aus, wie sich leider die sozial— demokratische Presse dazu hergebe, nickt selten vorkommende Ver⸗ leumdungen von Arbeitgebern Seitens ihrer Arbeiter möglichst ju verbreiten, ohne zu fragen, wie viel Wahres oder Unwahres daran sei. Es wird dann ein Fall mitgetheilt, in welchem der Beamte auf Grund des Artikels einer Parteizeitung Ermittelungen Über eine Fabrikkantine anstellte, welche die gänzliche Grundlosigkeit des behaup⸗ teten Zwanges der Arbeiter, aus der Kantine ihre Waaren zu ent— nehmen, ergaben. Die Zunahme des Kantinenwesens wird gerade in manchen Berichten freudig begrüßt als ein zweckmäßiges Mittel zur Minderung des Brangtweingenusses. Viele Arbeitgeber richten Kantinen ein, die dem Arbeiter leichtes und gutes Bier und guten Kaffee gewähren. Auf Grund einer Beschwerde des sächsischen Gast—« wirthsverbandes berichtete der Stadtrath ven Chemnitz, daß in den dortigen Kantinen der Verkauf von Spirituosen gänzlich ausgeschlossen und der Verkauf meist auf einfaches Bier beschränkt sei und Ün⸗ zuträglichkeiten nicht bemerkt würden. Nur in Baden scheint das Kantinenwesen, weil Wirthe als Pächter angenommen werden, an Mängeln zu leiden. ;

Im Gegensatz zu der Bebel'schen Behauptung stimmen als'o die Fabrikinspektoren darin überein, das das Trucksystem im Schwinden und daß das Kantinenwesen bei verständiger Cinrichtung ein sebr schätzenswerthes Mittel ist, um den Arbeiter billiger, besser und ge sünder zu versorgen, als in der Branntweinschenke. Ein demo⸗ kratisches Blatt glaubt dem Abgeordneten Bebel mit der Kri⸗ minalstatistit für 1888 beispringen zu können, nach welcher 113 Verurtheilungen wegen Trucks, vorgekommen seien Für das ganze Deutsche Reich ist diesl Zahl doch recht geringfügig, und das Blatt übersiebt , , mit dem von ihm behaupteten Wider spruch jwischen den Fabrikaufsichtsberichten und der Kriminalstatistik rollständig, daß die Paragraphen der Gewerbeordnung nicht bloß für Fabriken, sondern für alle Gewerbetreibenden, alfo namentli auch für Handwerker, Händler, Theaterdirektoren, Schiffer ꝛc. gelten.

Es stellt sich also auch hier wieder ein Gebiet heraus, auf welchem die Parteien in der Hauptfache einig sind und kein Recht für die eine oder andere vorliegt, die Sache in besonderer Weife agita. torisch für sich zu verwerthen.“

Zu den nächsten Reichstagswahlen schreibt die Nationalliberale Correspondenz“:

In eine eigenthümliche Verlegenheit kommen die deutsch— freifinnigen Wahlagitatoren in solchen Wahlkreisen, wo sie die ultram ontanen Stimmen nöthig haben, wie in Rheinland und Westfalen. Nach dem Richter'schen Rezept bildet die Ver—⸗ theuerung der Lebengmittel und des Branntweins ein Glanistück in jeder fortschrittlichen Rede, und wenn man dien bei Seite lassen wollte, so bliebe nichts mehr übrig, was irgend Wirkung verspräche. Nun weiß aber Jedermann, daß bei den Zoͤllen auf Lebensmittel die Uliramontanen in eifrigster und entfcheidendfter Weise mitgewirkt haben, wäbrend von din norddeutschen national⸗ liberalen Abgeordneten nur ein einziger für die Erböhung der Getreide. zölle gestimmt hat, und daß ebenfo für das Branntweinfteuergefe das Centrum in der hervorragendsten Weise eingetreten ist. Daz . nun wirklich sehr fatal. Auf der deutschfreisinnigen Walje befindet

ch nur die eine Rede, und die will so gar nicht n wo man die

Unterstützung der Ultramontanen gegen die Nationalliberalen zu suchen genöthigt ist. Da reist z. B. der Abg. Pr. Langer“ hans in dem Wahlkreis Altena Iferlohn umber. * Bei den Wahlen von 1884 baben ihn die Ultramontanen mit ibren rund z000 Stimmen in der Stichwabl gegen einen Nationalliberalen, der einen Vorsprung batte, herausgehauen, im Jahre 1887 haben sie gleich im ersten Wablgang für ihn gestimmt. Und trotzdem ist Hr. ar fen rücksichtsloß gerug, jum Hauptgegenstand semner Rede die drückenden Korn, und Fleischjölle ju nehmen, unter deren Herrschaft der im Schweiß seines Angesichis fein Brot verdienende Arbeiter seinen Hunger nicht mehr stillen könne und Fleisch beute kaum dem Namen nach mehr kenne, was unter den anwesenden Sonaldemokraten iwar großen Beifall findet, aber doch unvorsichtig gegenüber den jabl⸗ reichen und unentbehrlichen ultramontanen Wählern ist. Es geht eben mit der einen Musterrede nicht mehr; die deutschfreisinnige Hartei⸗ leitung wird sich schon die Mübe geben müffen, zwei Schemata aus- zuarbeiten, eins für Wablkreise, wo man die Brot. und Fleischvertheuerer braucht, ein anderes für Wahlkreife, wo man sie ent ehren kann.“

Statistik und Volkswirthschaft. Die wirthschaftliche Lage

im Regierungsbezirk Münster wird als eine befriedigende bezeichnet.

ke Arbeitende Klaffe findet bei guten Löhnen qusreichend Be— Häftigung. Der nach Beendigung des,. Arbeiter ⸗Ausstandeg im rheinisch · westfãlischen Rohlenbenirt zunächst eingetretene Arbeiter mangel, welcher durch freiwillige Abkehr der Arbeiter der Entlaffung sowie durch vorsichtige Annahme neuer Arbeiter entstanden war, ist inzwischen behoben, und bei gesteigerten Löhnen ift auch die Arbeitsieistung während. des dritten Wusrtalt wieder erreicht. Die Kohlenpreise sind wesentlich gestiegen. Unter den Handwerkern erfreut sich namentlich das Bau⸗ gewerbe eines lebhaften Aufschwungs.

Die San Lwirthschaft erfreut sich gesteigerter Preise für ibre Erzeugnisse. Dies gilt namentlich von den Viehpreisen. Die Vieh⸗ 823 erfreuen sich eines regen Verkehrs und sind allenthalben stark esucht.

Die mechanische Weberei und Spinnerei, die Baumwollen« Leinen und Halbleinen ⸗Industrie war in flottem Betriebe und im Ganzen lohnend; vornebmlich in der Weberei ist ein erfreulicher Aufschwung bemerkbar. . ; : .

Die in den niederrheinischen Kreisen als Hausindustrie ver treten; Sammetbhandweberei erfreut fich, nach einem Bericht aus Aachen, einer fortgesetzten Besserung. In der Bürger. meisterei Wegberg z. B. sind die im Betriebe befindlichen Stüble von 109 auf 250 bis 300 gestiegen. Dieser Auf⸗ schwung jedoch hat sich nicht auf die Sammetstückweberei aus— gedebnt, welcher Industriejweig verbältnißmäßig nur wenige Weber beschäftigt, da die meisten derselben sich anderen Beschäftigun en ju⸗ gewandt haben. Die Tuchfabrikation sowie die dazu gebörigen Webereien und Spinnereien, ingleichen die Kunstwollfabriken find fortgesetzt in außerordentlicher Weise beschaftigt, sodaß die massenhaften Aufträge nur mit Mübe erledigt werden können. Es sind denn auch verschiedene neue Etablissements in der Entstebung begriffen. Entsprechend der günstigen Lage der Tuchindustrie haben die in den Eifelkreisen von Aachener Firmen als Hausindustrielle beschäftigten Tuchweber gleichfalls guten Verdienst.

Industrieverhältnisse.

Aus Zwickau wird dem „Dresdner Journal“ geschrieben;: Ueber den gegenwärtigen Stand der hiesigen Industrieverhältnisse läßt sich berichten, daß feit den 70er Jahren niemals wieder in allen Zweigen eine so lebhafte Thätigkeit, wie sie gegenwärtig zu beobachten ist, ge berrscht hat. Koblen .! und Eisenindustrie, Wollweberei und Spinnerei, die Herstellung von Kleiderstoffen, Porzellan- und Glasfabrikation baben fast durchgehends die Arbeitskräfte vermebrt; bei dem bis jetzt noch vollauf beschäftigten Baugewerbe berrscht thatsächlich Arbeiter⸗ mangel, sodaß. wenn der Winter nicht gar zu streng auftritt, diesmal, auch schon mit Rücksicht auf die zahlreichen städtischen Bauten, überall lohnender und dauernder Verdienst in Aussicht ist.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus London, vom 15. November, meldet die „Allg. Corr.“: Der drohende Ausstand der BäckergesellQlen ist bereits so gut wie abgewendet, da täglich neue Meister ibre Zustimmung zu dem zehnstündigen Arbeitstag geben. Bis jetzt baben nahezu 760 Bäcker meister und Firmen, darunter die Bread Union“, die 277 Brotläden in verschiedenen Theilen Londons hat und 500 bis E00 Gesellen be⸗ schä ftigt, die Forderungen der Arbeiter genehmigt.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stad Berlin sind bei den biesigen Standesämtern in der Woche vem 3. November bis inkl. 9. November cr. zur Anmeldung gekommen: 394 Eheschließungen, 904 Lebendgeborene, 40 Todtgeborene, 520 Sterbefälle.

gtunss und Wissenschaft.

Der Berliner Zweigverein der Deutschen Schiller— stift ung hielt gestern seine Jahresversammlung ab. Die Zahl der Mitglieder ist im letzten Fahre von 152 auf 141 zurückgegangen. Die Summe der Beiträge sank von 1421 auf 1315 , der Zinsertrag hat sich dagegen in Folge der Kapitalisirung von 2000 um 80 erböbt. An außerordentlichen Zuwendungen gingen u. A ein von Sr. Majestät dem Kaiser 10660 A, von der Kaiserin Augusta 150 4, vom Verein Berliner Presse 109 M, vom Literarischen Verein Schiller 33 6 Die Gesammteinnahme betrug 5190 ½ Unter—⸗ stüßt wurden aus den Mitteln des Vereins 23 Personen mit 3935 M gegen 19 mit 3530 Æ im Vorjahre. An die Central⸗ kasse in München wurden 1200 M abgeführt, die Verwaltung erforderte loß * An Vermögen Resitzt der Zweigverein 56 648 „, er hat im letzten Jahre an Vermögen selbst Weimar überflügelt und wird nur noch von Wien übertroffen. Von der Tentralftiftung sind, wie des Weiteren der Vorsitzende berichtet, im Jabre 1888 37 545 4 zu Unterstützungen verautgabt, und zwar 0h0 S zu lebenslänglichen. 21 285 zu transitirenden Pensionen und 7200 M zu einmaligen Unterstützungen. Die Zweigstiftungen ver⸗ ausgabten 8440 und 1675 Fl. Im Jahre 1859 wurden bis Ende August von der Centralstiftung 42 050 6 vereinnahmt und 39 427 M verausgabt. Vorort ist vom J. Januar 1890 ab wieder Weimar.

Für die deutsche Schikler⸗Stiftung tritt die Weimar. tg.“ mit folgenden Worten ein: Die Jahrbundert-Feier von chiller's Geburtstag war der Geburtstag der deutschen Schiller

Stiftung, die den edlen Zweck verfolgt, verdiente Schriftsteller des deutschen Volks und ihre Hinterbliebenen im Fall der Bedürftigkeit durch Spendung einer Ehrengabe ju unterstützen. Die Stiftung hat in den 29 Jahren ihrer Wirksamkeit in segensreichster Weise gewirkt. Aber wieviel wohl gerechtfertigte Hoffnungen hat sie doch unerfüllt lassen müßsen aus Mangel an Mitteln! Der Vorstand der Zweig— Schiller⸗Stiftung in Weimar wendet sich deshalb, um eine Ver— mebrung der Mittel dieser ju bewirken, an die Verehrer des Dichters und an alle Freunde der deutschen Literatur hier mit der Bitte, durch freundliche Gewährung von Beiträgen, einmaligen oder jährlichen, beizutragen, daß die Stiftung bei der Erfüllung ihrer Zwecke mit vermehrten Kräften tätig sein könne. Wie unerläßlich die Ver⸗ mebrung der Einnahme ist, darüber . die Jahresberichte der Hauptstiftung nur allzu beweiskräftigen Aufschluß.“

Zur Feier der 25jä6brigen Amtirung Sr. Königlichen

6 des Pnrinzen Georg als Kurator der Königlichen

kademie der bildenden Künste zu Dresden, bat der aka⸗ demische Rath eine große silberne Medaille prägen lassen, deren Vorderseite nach dem Dresd. Journ. das von Professor Schilling modellirte Bildniß des Prinen und die Aufschrift: Georg, Serʒog ju Sachsen, trägt, während auf der Ruückseite die drei bildenden Künste nach einem Modell von Professor Häbnel dargestellt sind, mit der Umschrift: Ihrem erlauchten Kurator die dankbare Akademie 1864 1889. Diese, in der Gießerei von H. Behrend hergestellte Medaille wurde dem Prinzen durch die von der Akademie abgeordneten Pro- fessoren Hähnel und Große sowie Baurath Lipsius mit dem Aus · drucke des Dankes für seine Wirksamkeit überreicht. Prinz Georg hat die Gabe dankend angenommen.

Ueber die Feier deß 70. Geburtstages des Prof. Dr. Daniel Sanders am 12. d. M. berichten aus Strelitz die dortigen Nachrichten Der gefeierte Gelehrte empfing das eerste Telegramm von dem Großberzog, in welchem derselbe mit den huld ˖ vollften Worten seine Glückwuͤnsche ausspricht und zugleich die Ver . leihung des Ritterkreuzes des Haut ⸗Ordens der Wendischen Krone mittbeilt. Auch die Erbgroßherzoglichen Herrschaften beehrten den Jubilar mit einer Glückwunschdepesche. Die Stadt Strelitz zeichnete ibren großen Sohn durch die Ernennung zum Ehrenbürger aus. Der Magistrat und eine Abordnung des Bürgerausschuffes überreichten feierlichst den Ehrenbürgerbrief. . 4.

Der gestrigen F estsitzung der Atgde mie der Wissen⸗ schaften in München wobnten, . W. T. B. zufolge, die Minister von Lutz und von Feilitzsch, die Mitglieder der Stadtvertretung und andere distinguirte Perfönlichkeiten bei. Die Festrede hielt Pro⸗ fessor von Doellinger über die Zerstörung des Templer ordens ', ferner sprach Professor Scholl über die Anfãnge einer politischen Literatur bei den Griechen. Bie Akademie ernannte hierauf den Dr. Naud⸗St. Petersburg, den Professor des Sanskrit Dr. Kern ⸗Leyden und den Senator, Professor der Chemie Stanislaus Cannijaro Rom zu auswärtigen, sowie den Profeffor der Philologie Dr. Sievers -Halle, den Honorarprofessor und Firektor

r nr und Heinrich Lea⸗Philadelphia zu korrespondirenden Mit⸗ gliedern.

Vom Vorstande des Erholungshauses zu Völlinghausen an der Möbne war, wie der Rhein ⸗Westf. Itg. aus Soest ge⸗ schrieben wird, in Aussicht genommen, die unbenutzte Kapelle St. Nikolai, auch Brunsteinkapelle genannt, an der Schonekindstraße, von der dortigen reformirten Gemeinde zum Abbruch zu erwerben, um das alte Kirchlein als Anstalts. und Filialgottes haus in Völling⸗ hausen wieder aufzubauen. Auf Grund eines eingeforderten Gutachten des Professors Dr. Nordhoff. Vorstehers des akademischen Kunstkabinets zu Münster, welches sich für die Erbaltung des Baudenkmals an seiner jetzigen Stelle ausspricht, hat der Staats ⸗Minister Dr. von Goßler die Genehmigung zum Abbruch der Kapelle versagt, vielmekr die Wiederberstellung des dem Verfalle mit raschen Schritten ent— gegengehenden mittelalterlichen Bauwerkes angeordnet. Die Bau⸗ . sollen aus Provinzialfonds und durch Sammlungen aufgebracht werden.

In den letzten Tagen des Oktober traf man, wie die Frankf. Ztg. schreibt, bei Len Kanalisationsarbeiten am Krautmarkt in Frank furt a. M. auf Bruchstücke römischer Gefäße, denen sich als⸗ bald Heizröhren und Hypokaustvlatten, sowie mannigfache kleinere Thonartefakte zugesellten Am 6. November ergab sich in 25 m Tiefe der Fund eines kleinen römischen Kanals, der aus 46 em breiten Thon— platten gebildet und in Beton gesetzt ist. Auch ein profilirtes Gesims⸗ stück aus Stein, sowie orpdirtes Glas ward der Erde entnommen. Das werthvollste Fundstück ist ein Militärstempel der 14 Legion, der mit Sicherbeit die ganze Römerstätte (die aller Wabrscheinlichkeit nach nur eine sehr begrenzte war und sich auf den damals inselartig. gestalteten Domhügel beschränkte) in die zweite Hälfte des 1. Jahr hunderts verweist. Die Richtung des Kanals weist nach den Häusern der Höllgasse.

Der Alterthum sverein in Kempten bat, dem Schw Merk. zufolge, die Ausgrabungen auf dem Lindenberg am rechten Illerufer, Kempten unmittelbar gegenüber, wieder aufnehmen lassen. Wie bekannt, wurden auf der dortigen Dochfläche bei früheren Ausgrabungen die Grundmauern des Forums und mehrerer Privatgebäude der alten Römerstadt Campodunum blosgelegt. Auch bei den jetzigen Ausgrabungen wurden bereits wieder die Grundmauern mehrerer Gebäude, darunter, wie man rvermuthet, auch die eines kleinern Tempels, aufgedeckt. Man kofft auf diese Weise mit der Zeit noch den ganzen Stadtplan des alten Campodunum festzustellen. Kleinere Gegenstände (wie Schmuck⸗ sachen, Hausgeräthe und dergl.) wurden, mit Ausnabme einer Münze, nicht gefunden. Der Grund hiefür liegt nach Annahme der Sachver⸗ ständigen darin, daß Campodunum, als es vor den andrängenden Ala— mannen nicht mehr gebalten werden konnte, von den Einwohnern mit Hab und Gut verlassen, und daß an der leeren Stätte bezw. in dem Trümmerfeld von späteren Ansiedlern der Umgegend gründliche Säube—⸗ rung gebalten wurde.

Ueber die portugiesischen Forschungen in Mittel Afrika ist der Allg. Corr.“ aus Lissabon folgende Srahtmel⸗ dung zugegangen: Nach Depeschen ven Lieutenant Cordon, dem

übrer der w , . Forschungsexpedition in der Region des

lusses Zambesi, brach derselbe vom Zumbo am Zambesi auf und drang in südlicher Richtung in Mashtonaland ein, wobei er das Thal des Panham bis zum Thal der Flüsse Umfuli und Sanbata durch— streifte. Sämmtliche Hauptlinge in diesen Regienen huldigten ibm und bißten die portugiesische Flagge auf deren Marsch vom Zumbo bis jum Umfult. Lieutenant Cordon's Expedition pafsirte Diftrikte, in denen mehrere Ruinen alter portugiesischer Festungswerke vorge— funden wurden. Die Reise wurde friedlich zurückgelegt, und die Expedition ward von den Eingeborenen allenthalben gut aufgenommen.“

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Landes ⸗Oekonomie⸗ Kollegium.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung sprach der Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Hermes (Berlin) über die Frage: „Ist die Begründung und Aufhebung von Grunddienstbarkeiten von der Ein— tragung und Löschung im Grundbuche abhängig zu machen, oder ist den Parteien wie bisber die Eintragung bestebender Grund— dienstbarkeiten freizustellen? und befürwortete folgenden An. trag: Das Landes⸗Ockonomie⸗ Kollegium wolle beschließen: 1) die Begründung und Aufbebung der Grunddienstbarkeiten ist nicht von der Eintragung und Löschung im Grundbuche abhängig zu machen. Dagegen ist, dem bisherigen preußischen Recht entsprechend, die Eintragung bestebender Grunddienstbarkeiten den Betbeiligten frei⸗ zustellen. 2) Die Ersitzung von Grunddienstbarkeiten und das Er⸗ löͤschen nicht eingetragéner Grunddienstbarkeiten durch Nießbrauch ist anzuerkennen. 3) Auch die nicht eingetragenen Grunddiennbarkeiten sind gegen Besitzstörung zu schützen.“ . ;

Nach längerer Debatte gelangte dieser Antrag mit großer Mehr⸗ heit zur Annahme.

Im Weiteren wurde nach kurzer Befürwortung folgender Kom— missiongantrag gutgebeißen: ‚Das Landes. Oekonomie Kollegium wolle beschließen: Der Vorbehalt im Artikel 41 Abtheilung 1 des Entwurfs zum Einfübrungsgesetze ist auf die eine Einschränkung bestebender Dienstbarkeiten und Reallasten betreffenden Landesgesetze aus udebnen.“

Geheimer Regierungs Rath Dr. Hermes (Berlin) trat hierauf zu Gunsten des nachstebenden Kommissionsantrages ein: ‚Das Landes Oekonomie Kollegium wolle beschließen: Die im 8. 1014 Abs. 2 und S 1049 des Entwurfs betreffs des Nießbrauchsrechts und der be— schränkten persönlichen Dienstbarkeiten juristischer Personen getroffene Zeitbeschränkung ist zu beseitigen. Auch dieser Antrag wurde ohne weitere Debatte angenommen.

Der weitere Kommissionsantrag: Das Landes-Oekonomie⸗ Kollegium wolle beschließen: Das im Entwurf aufgestellte System der geschlossenen dinglichen Rechte ist insofern bedenklich, als es den Bedürfnissen des Verkehrs auf die Dauer schwerlich ju genügen im Stande sein wird. Namentlich ist die Beschränkung der dinglichen Nutzungsberechtigungen auf Grundgerechtigkeiten, persönliche Dienst⸗ barkeiten und Reallaften um so bedenklicher, als gegenwärtig eine erhebliche Zabl dinglicher Nutzungsberechtigungen anderer Art bestebt“, wurde ebenfalls nach kurzer Debatte durch einstimmige Annahme erledigt.

Der Geheime Juftiz-Rath, Professor Dr. Gierke (Berlin) be⸗ fürwortete den Vorschlag: „Das Landes⸗Oekonomie ⸗Kollegium wolle beschließen: Der Besitzschutz ist dem bloßen Verwaltungsbesitzer gegen den Besitzberrn zu versagen, dagegen dem Besitzer zu eigenem Recht auch dann, wenn er nicht Inhaber ist, zu gewäbren'. Obne weitere Debatte wurde auch dieser Antrag einstimmig angenommen und alsdann die Sitzung vertagt. . .

Der beutigen Sitzung wohnte wiederum der Justiz⸗Minister ULr. von Schelling bei. Den erften Gegenstand der beutigen Tagesordnung bildete die Frage: ‚Erscheint das Institut der Grund⸗ schuld vom Standpunkte des Realkredits aus als ein Be— dürfniß und ist daber die Aufnabme desselben in das Gesetzbuch ju empfeblen?' Freiberr von Gustedt (Berßel) äußerte sich etwa folgendermaßen: Die Kommission habe einstimmi die Beibebaltung des Instituts der Grundschuld in dem Entwu des bürgerlichen Gesetzbuchs für angezeigt erachtet. Ein Theil der Kommission glaubte zwar die Bedürfnißfrage mehr oder weniger verneinen eder doch wenigstens nicht als dring⸗ lich anerkennen zu müssen, namentlich für ländlichen Real⸗ kredit und soweit Preußen in Betracht komme. Aus anderwei⸗ tigen Gründen glaubte aber derselbe Theil der Kommission die Frage, ob die Aufnahme des Instituts der Grundschuld in das Gesetzbüch zu empfeblen sei, bejahen zu sollen.

Geheimer Ober · Regierungs Rath Dr. Thiel (Berlin) hielt es für nöthig, noch zu betonen, daß die Gesetzgebung den Hppothekar= kredit gegen den Personalkredit bedauerlicherweise bevorzuge. Im Interesse der tleinen Landwirthe liege es gerade, den Personalkredit in den Vordergrund zu siellen. Der Personalkredit erfordere versön—⸗ liche wirthschaftliche Tüchtigkeit, er habe mithin auch gleichjeitig eine

der Sternwarte Dr. Abbe⸗Jena, den Professor der Geschichte Albert

erzieherische Wirkung.